Autor Thema: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert  (Gelesen 39630 mal)

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Offline Jürgen

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Re:BKA-Chef: Terror in Madrid rechtfertigt Vorratsdatenspeicherung
« Antwort #15 am: 15 Dezember, 2004, 01:26 »
Warum erklären die nicht gleich das ganze Land zum Hochsicherheitsknast mit Kontaktsperre und Isolationshaft ???

Selbst die Nazis konnten Kriminalität nicht verhindern, nur die Informationen darüber unterdrücken.
Kriminelle und Terroristen sind flexibel genug, aber die ehrlichen Bürger werden ihrer Intimsphäre beraubt. Wr hat eigentlich wen auch immer ermächtigt, nach und nach alle Bürgerrechte abzuschaffen oder bis zum Totalverlust zu verstümmeln? Das nicht-öffentliche Wort, egal, ob schriftlich, elektronisch oder direkt übertragen, hat gefälligst vertraulich zu bleiben. Alles Andere ist meines Erachtens ein Umsturzversuch, der unser verfassungsmässiges Widerstandsrecht auslösen könnte.
Artikel 10 und 13 sind wohl nur noch Makulatur  :'(
Art. 20. Verfassungsgrundsätze - Widerstandsrecht
 (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.  >:(
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Offline Atilla

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Re:BKA-Chef: Terror in Madrid rechtfertigt Vorratsdatenspeicherung
« Antwort #16 am: 15 Dezember, 2004, 09:19 »
@ Jürgen

Wir sind doch schon viel weiter. In Dresden wurde vor kürzlich ein Theaterstück abgesetzt, (Die Weber). Es war auf die Gegenwart angepasst, und so viel Kritik will dieser Staat eben dann doch nicht.
Also: immer schön Christiansen schauen; labern,labern,labern und bloß nichs ändern.

Stasi läßt grüßen!
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Offline SiLæncer

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Die TKÜV schaltet auf scharf. Ab dem 1. Januar 2005 haben Kommunikationsanbieter die für staatliches Lauschen erforderliche Technik einzurichten - auf eigene Kosten. Datenschützer und die betroffene Provider sind empört.

"Es rechnet sich nicht mehr", klagt Frank Simon, Geschäftsführer des Providers ECCE TERRAM im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Der Diensteanbieter stellt zum Ende des Jahres seine E-Mail-Angebote ein. Simon kapituliert vor den neuen Verpflichtungen nach der TKÜV - der Telekommunikations-Überwachungsverordnung.

Seit dem Ende des Bundespost-Monopols läuft die Telekommunikation der Bürger nicht mehr über den Staat selbst. Wollen Ermittler nun mitlauschen, müssen die Behörden erst einmal die ausgetauschten Inhalte in die Hände bekommen. Das geht nicht, ohne die Provider in die Pflicht zu nehmen.

Grundsätzlich regelt das schon seit 1996 das Telekommunikationsgesetz (TKG), und seit Anfang 2002 beschreibt die TKÜV im Detail, wie Anbieter den staatlichen Lauschern zur Seiten stehen müssen. Eine Übergangsfrist gewährte einen Aufschub, doch damit ist zum 1. Januar 2005 Schluss. E-Mail-Provider müssen aufwendige Hardware-Schnittstellen anschaffen, welche dann E-Mails der Kunden in die Ermittler-Hände legen.

Doch neue rechtliche Lausch-Möglichkeiten gibt die TKÜV den Sicherheitsbehörden damit nicht an die Seite. Statt Pauschalüberwachung und Vorratsspeicherung dürfen weiterhin nur einzelne Bürger belauscht werden, wenn sie verdächtig sind, bestimmte Straftaten begangen zu haben. Auch muss die Überwachung richterlich abgenickt werden. Erst dann treten die Provider auf den Plan. Mit den nun anzuschaffenden Gerätschaften.

"Unverhältnismäßig"

Vordergründig sind Big-Brother-Sorgen damit unbegründet. Der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Sachsen-Anhalt, Oberstaatsanwalt Peter Vogt, wies gegenüber SPIEGEL ONLINE auf die derzeit geringe Bedeutung des staatlichen Lauschens im Internet hin: "Die Kommunikationsüberwachung in diesem Bereich wird überschätzt."

In der Tat nennt die Statistik für das Jahr 2002 gerade einmal fünf Anordnungen zum Abfangen von E-Mails. Für das Jahr 2003 fehlen noch offizielle Daten; auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE nannte das Wirtschaftsministerium 144 Lauschvorgänge. Damit entfallen nur gut 0,5 Prozent der Überwachungen auf den E-Mail-Bereich - Telefone werden wesentlich häufiger angezapft.

Genau das löst aber Entrüstung seitens der Provider aus.

Unverhältnismäßig sei die Verpflichtung der Provider, teure Schnittstellen anzuschaffen. "Viele Unternehmen müssen in Überwachungstechnik investieren, ohne jemals eine Anordnung zu bekommen", gibt Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender vom Verband der deutschen Internetwirtschaft, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE zu bedenken. Mit Einstiegskosten von "20.000 Euro aufwärts" rechnet der Verband; hinzu kommen laufende Kosten für den Betrieb der Überwachungsvorrichtungen. Schätzungsweise 2000 bis 2500 Unternehmen sind betroffen, meist aus dem Mittelstand. Ernste "finanzielle Schwierigkeiten" fürchtet dort der Brachenverband.

Das Wirtschaftsministerium verweist auf Ausnahmen. Für Anbieter mit weniger als 10.000 Teilnehmer regelt die TKÜV Erleichterungen, und bei weniger als 1000 Teilnehmern muss die teure Hardware gar nicht mehr angeschafft werden, auch wenn die Provider weiterhin verpflichtet bleiben, mitzuhelfen.

Die Reichweite dieser Ausnahmen ist derzeit aber gar nicht abschließend geklärt. Das TKG versteht "Teilnehmer" als bloße Vertragspartner, doch etwa bei Resellern kann ein Vertrag Tausende Nutzer umfassen. Hätte in einer Kette von Zwischenhändlern kein Beteiligter mehr als 1.000 Kunden, wäre nirgendwo eine Abhörbox erforderlich. Auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE erteilt das Wirtschaftsministerium dieser Interpretation eine Abfuhr. Entscheidend sei ausschließlich die Zahl der "Endkunden". Und bei Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro dürften die Provider ohnehin wenig Lust auf Tricksereien haben.

Im Gegenteil betont der Branchenverband eco, dass sich kein Provider aus der Pflicht stehlen wolle. "Denn das Internet ist schließlich unsere Geschäftsgrundlage" kommentiert Michael Rotert gegenüber SPIEGEL ONLINE.

Kostenloser Selbstbedienungsladen

Zum 1.1.2005 droht damit eine Zwickmühle. Einerseits wirken umfangreiche Verpflichtungen der Provider bei nur wenigen Überwachungen unangemessen. Andererseits sorgen sich Datenschützer schon heute über die jährlich deutlich steigende Anzahl von Überwachungen. Bisher trug vor allem der Bereich der (Mobil-) Telefonie dazu bei. Sollen nun auch im Bereich E-Mail-Kommunikation die staatlichen Lauscher bequemer versorgt werden, dürfte auch dieser Bereich anziehen und die Zunahme der Überwachungseingriffe insgesamt noch steiler ansteigen.

Provider stöhnen wegen der Kosten, Datenschützer befürchten mehr Überwachungen, und der Bürger sieht sich einer vereinfachten Überwachung ausgesetzt. Nur die staatlichen Lauscher freuen sich einmal mehr. Zum 1. Januar öffnet für sie der kostenlose Selbstbedienungsladen.

Quelle : www.spiegel.de

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Offline Jürgen

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Sicher nicht CC, sondern BCC, sonst erfährt's ja jeder Empfänger 8)

Obwohl, Leute, die offenen E-Mails kritische inhalte anvertrauen, würden wohl noch nicht einmal den zweiten To: Eintrag für die Grossohren bemerken    :o

Nebenbei, soweit ich weiss, ist die Polizei sicher nicht die richtige Adresse, die arbeitet vielerorts immer noch mit dem Ein-Finger-Such-System auf der alten Adler. Man erkennt sie oft noch an den zwei gefärbten Fingern vom Kohlepapier.
Oder kricht jetz' jede Wache A0L ??? Ähhh...
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Bürgerrechte und Technik: Die Zukunft der Überwachung
« Antwort #19 am: 27 Dezember, 2004, 15:27 »
Kommt "Big Brother", der kalt und grausam alles kontrollierende Staat? Die Realität ist profaner und pragmatischer als die düstere Utopie: "Big Brother" kommt nicht, er schleicht sich ein. Seine Überwachungsinstrumente sind längst hier - von der Rasterfahndung bis zur LKW-Maut.

Die Justizbehörde von Washington DC hat ein perfektes System der Verbrechensbekämpfung gefunden. Medial veranlagte Menschen werden unter Drogen gesetzt und an ein Computernetzwerk angeschlossen, damit sie Verbrechen vor der Tat vorhersehen können. Die so genannten pre-cogs sind eine Zukunftsvision des amerikanischen Autors Philip K. Dick aus dem Jahr 1956, die Steven Spielberg in seinem Film "Minority Report" umgesetzt hat.

So etwas wäre auch für reale Strafverfolger reizvoll. Schon BKA-Chef Horst Herold träumte in den siebziger Jahren davon, vor dem Täter am Tatort zu sein. "Kommissar Computer" setzte auf präventive Verbrechensbekämpfung, Kriminalgeografie und elektronische Rasterfahndung. Als Herold 1981 in den vorzeitigen Ruhestand ging, waren seine Ideen politisch umstritten, aber heute gehören sie zum polizeilichen Alltag.

Im Raster der Ordnungsmacht

Die Öffentlichkeit nimmt das kaum wahr. Entscheidend für den Erfolg einer Rasterfahndung ist die Erstellung eines Profils des mutmaßlichen Täters. Bei der Fahndung nach der terroristischen RAF ging die Polizei davon aus, dass die Mitglieder der Organisation in großen Wohnanlagen leben, polizeilich nicht gemeldet sind und ihre Miete bar bezahlen. Durch den Abgleich der Datenbestände von Einwohnermeldeämtern und Energieversorgern sollte der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt werden. Je unauffälliger ein Täter lebt, desto genauer muss sein Profil erstellt werden.

Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde die Rasterfahndung in Deutschland eingesetzt, um unter den etwa 50.0000 Studenten aus islamischen Ländern so genannte Schläfer und potenzielle Terroristen herauszufiltern. Das Ergebnis war allerdings mehr als dürftig und hat kaum verwertbare Ergebnisse gebracht - auch das ist typisch für die bei Kritikern als heillos überschätzt geltende Rasterfahndung, die auch zu RAF-Zeiten erfolglos verpuffte. Die Fahndungserfolge, die deutsche Polizeibehörden bei der Verfolgung von Mitgliedern der Roten Armee Fraktion vorweisen können, wurden durch klassische Polizeimethoden erreicht. Einzig das Kölner Versteck des entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer wäre beinahe entdeckt worden, doch die heiße Spur ging verloren.

Der technische Fortschritt könnte der Rasterfahndung jedoch mehr Biss verleihen. Die Möglichkeiten der Polizei in den siebziger Jahren waren noch sehr beschränkt, da sich den neugierigen Blicken nur Daten zu Stromrechnungen, Autobesitzern und Melderegistern öffneten. Heute ist dagegen so gut wie jeder Lebensbereich elektronisch erfasst. Fast alle Aktivitäten der Bürger lassen sich verfolgen. Die juristische Basis für die Rasterung sind der Paragraf 98 der Strafprozessordnung und entsprechende Regelungen in den Polizeigesetzen der Länder. Mit der Verabschiedung des "Terrorismusbekämpfungsgesetzes" darf jetzt auch der Verfassungsschutz ohne richterliche Anordnung die Daten von Banken, Telekommunikationsunternehmen und Fluggesellschaften durchforsten.

Polizeigesetze als Überraschungspaket

In der aktuellen Terroristenhysterie wird das Polizeigesetz immer mehr zur Wundertüte polizeilicher Maßnahmen. "Wir haben jetzt eine Rasterfahndungsbestimmung in unserem Polizeigesetz, die selbst die Polizei seinerzeit bei der Verabschiedung des Polizeigesetzes gar nicht für notwendig gehalten hatte", sagt Dr. Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein.

Manche "Restriktionen" laufen regelrecht auf eine Veralberung des Publikums hinaus. Man lese einmal Artikel 31 des Bayrischen Polizeiaufgabengesetzes. Da ist erst akribisch beschrieben, über welche Personenkreise die Polizei Daten erheben und verarbeiten darf. Und am Ende heißt es dann: "... und über sonstige Personen". Eine Begrenzungsfunktion polizeilicher Maßnahmen hat eine solche Vorschrift nicht.

Die Polizeigesetze der Länder bieten auch die Möglichkeit zur Videoüberwachung öffentlicher Räume. Es gibt in Deutschland kaum noch eine größere Stadt ohne videoüberwachte Plätze oder zumindest ohne eine Diskussion zur Einführung solcher Systeme.

Die Vorreiterrolle in Sachen Videoüberwachung übernahm die Stadt Leipzig, die seit 1995 öffentliche Plätze im Zentrum mit Kameras beobachten lässt. Große Widerstände dagegen gab es keine, obwohl an selber Stelle nur sechs Jahre zuvor Demonstranten von Stasi-Kameras ins Visier genommen worden waren. Mittlerweile sind viele Kommunen bundesweit dem Leipziger Modell gefolgt.

Einige deutsche Städte nähern sich immer mehr dem englischen Vorbild. Das Inselreich gehört zu den Ländern, die ihren Bürgern mit einem umfangreichen Überwachungssystem auf die Finger schauen. Die Londoner Innenstadt hat mit 800 Kameras auf 21 Quadratkilometern die höchste Kameradichte Europas und die britische Polizei testet derzeit ein System, mit dem die Autofahrer im Lande kontrolliert werden sollen. "Automatic Number Plate Recognition" verbindet die automatische Erkennung von Nummernschildern mit Fahndungs-, Zulassungs- und Versicherungscomputern. Es wird auf der britischen Insel immer schwieriger unbeobachtet seiner Wege zu gehen, egal ob zu Fuß, per Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

In Deutschland haben Datenschützer vor der Einführung des Mauterfassungssystem Toll Collect gewarnt, da sie eine totale elektronische Verkehrsüberwachung befürchten.

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Bürgerrechte und Technik: Die Zukunft der Überwachung - Teil 2
« Antwort #20 am: 28 Dezember, 2004, 14:23 »
Wachsende Missbrauchsgefahr

Gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität treffen immer öfter auch den normalen Bürger. Die zunehmende Verbreitung von Digitaltechnik bei Polizei, aber auch in Logistik und Verkehr schafft Missbrauchspotenziale: Ein Staat, der sie nutzt, könnte schnell zum "Big Brother" werden.

Vom 1. April nächsten Jahres dürfen Finanzämter und alle anderen Behörden, die sich mit dem Einkommen der Bürger beschäftigen, bundesweit Bankdaten aller Kontoinhaber abfragen. So können zum Beispiel die 660 Niederlassungen der Bundesagentur für Arbeit alle Angaben der Antragsteller zum Arbeitslosengeld II überprüfen. Diese umfassenden Überwachungsmöglichkeiten wurden politisch damit begründet, Geldflüsse von Terroristen zu rekonstruieren und die Geldwäsche der organisierten Kriminalität zu unterbinden.

Der Umgang mit der Überwachung von Telefongesprächen stimmt auch nicht besonders optimistisch, denn hier belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen der vorderen Plätze. Lag die Zahl der Überwachungsmaßnahmen 1995 bei bescheidenen 4674 Anordnungen, so sind sie von 21.874 im Jahr 2002 im vergangenen Jahr weiter auf insgesamt 24.441 Anordnungen gestiegen. Eine Zunahme von mehr als 400 Prozent in weniger als einem Jahrzehnt.

Biometrie

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland soll nicht nur guten Fußball zeigen, sondern die Verantwortlichen wollen auch mit technischen Innovationen glänzen. Neben der Einführung von personalisierten Eintrittskarten mit Funktranspondern will der Branchenverband Bitkom das Turnier zum Experimentierfeld für biometrische Überwachungsverfahren machen.

Die Personalisierung von Zutrittsmöglichkeiten greift auch im öffentlichen Raum weiter um sich. Bei der Weltmeisterschaft dürfen nur Fans mit einer Eintrittskarte ins Stadion, die mit einem Funkchip versehen ist und persönliche Angaben enthält. Was im Stadion beginnt, kann auch an anderen Orten eingesetzt werden, wie zum Beispiel in einem Kaufhaus oder einem Einkaufszentrum. Die Technologie kann im Extremfall als Zutrittsschranke funktionieren, die per sozialem Ausschluss nur kaufkräftige und konsumwillige Kundschaft zulässt.

Smart Tags

Die Zukunft gehört intelligenten Produkten, die mit kleinen Computerchips ausgerüstet sind. Unter dem Stichwort "pervasive computing" werden die Chips zu einem Netzwerk verbunden, das die Menschen in allen alltäglichen Situationen begleiten soll. Der Nutzen intelligenter Möbel soll unter anderem darin liegen, dass der Kühlschrank die Haltbarkeit der Lebensmittel kontrolliert. Eine harmlose Spielerei, die trotzdem ihr Quäntchen zu einem durchaus bedrohlichen Szenario beitragen kann.

Großkonzerne wie IBM, Hewlett Packard und Rank Xerox arbeiten an der Realisierung von miniaturisierten und miteinander kommunizierenden Mikrochips in Kleidung, Brillen, Haushaltsgeräten, anderen Einrichtungsgegenständen und dem menschlichen Körper. Das Unternehmen Applied Digital Solutions aus Delray Beach in Florida hat gerade die Zulassung der US-Arzneimittelbehörde (FDA) für die Vermarktung ihres "VeriChips" erhalten.

Der Chip in der Größe eines Reiskorns wird unter der Haut eingpflanzt und nutzt die RFID-Technik, um medizinische Daten seines Trägers per Funk zu übertragen. Die Einführung dieser Technik wird die Datenschutzprobleme verschärfen und die Unübersichtlichkeit verstärken, denn das Anlegen personenbezogener Datensammlungen droht durch "pervasive computing" zum Regelfall zu werden.

Was tun?

Seit vielen Jahren versuchen Politiker aller Parteien den Datenschutz einzuschränken und die staatliche Kontrolle zu steigern. Leistungsfähige Technik, riesige Datenbestände und die allgemeine Terrorismusangst machen möglich, wovon die staatliche Neugier bisher nicht zu träumen wagte.

Die Datenschützer geraten dabei immer weiter ins Hintertreffen und werden in der öffentlichen Diskussion als Blockierer wahrgenommen. Politiker und Sicherheitsbehörden nutzen die Angst vor Terroranschlägen zur Durchsetzung neuer Kontrollmöglichkeiten.

Die Bürger akzeptieren nach aktuellen Umfragen fast jede Überwachungsmaßnahme. Die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, das Ausspionieren der Flugreisenden und die Fingerabdruckpflicht für Ausweisdokumente führt zu keinerlei öffentlichen Proteststürmen.

"Wir können von Glück reden, dass die Polizei dieses Füllhorn an Befugnissen nach meiner Beobachtung - von Einzelfällen abgesehen - bislang nicht missbraucht hat", erklärt Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. "Es ist ungewiss, wie lange und wie sicher wir uns darauf verlassen können, dass die Polizei keinen Unfug mit ihren vielen Befugnissen und Instrumenten macht".

Die polizeistaatlichen Möglichkeiten sind größer als je zuvor und hätten dem einstigen BKA-Chef Horst Herold sicher gefallen. In Steven Spielbergs Zukunftsvision "Minority Report" wird das System der präventiven Verbrechensbekämpfung am Ende abgeschafft. Damit entfernt sich der Regisseur von der literarischen Vorlage von Philip K. Dick, der dem Individuum keine großen Chance gegen ein unmenschliches System einräumte.

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Bundestag bleibt bei Nein zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten
« Antwort #21 am: 26 Januar, 2005, 16:53 »
Der Rechtsausschuss des Bundestags hat sich am heutigen Mittwoch mit großer Mehrheit gegen Pläne des EU-Rates gestellt, Telcos und Internetprovider zur mindestens ein- bis dreijährigen Vorhaltung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verkehrsdaten zu verpflichten. Bei der im EU-Rat vorgeschlagenen Vorratsdatenspeicherung geht es um sämtliche Verbindungsdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen.

Die Rechtspolitiker nahmen nun einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und den Grünen an. Mit dem darauf basierenden Beschluss erinnert der Bundestag erneut an seine bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zum Ausdruck gekommene Ablehnung einer Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten. Gleichzeitig fordert er die Bundesregierung auf, "dies zur Grundlage ihrer Verhandlungen auf EU-Ebene zu machen".

Sollten in den anstehenden Beratungen in Brüssel "Rechtstatsachen dargelegt werden", die aus Sicht der Bundesregierung eine Überprüfung der im Rahmen der Beratungen zum TKG eingenommenen Position in dieser Frage notwendig erscheinen lässt, erwarten die Abgeordneten "eine unverzügliche Information" ihrer zuständigen Gremien. Damit wollen sie sich die Möglichkeit offen halten, eine erneute Stellungnahme abzugeben, welche "die Bundesregierung dann ihren weiteren Verhandlungen zu Grunde legen wird"- Anfang Dezember hatte sich auch der Innenausschuss einstimmig gegen die von der Wirtschaft und Datenschützern abgelehnte Datenjagd angesichts des momentanen Stands der Debatte ausgesprochen.

Die FDP-Fraktion hatte einen weitergehenden Antrag gestellt, mit dem der Rechtsausschuss den ursprünglich von Großbritannien, Frankreich, Irland und Schweden vorgelegten Entwurf für einen Rahmenbeschluss zur EU-weiten Vorratsdatenspeicherung (PDF) grundsätzlich ablehnen sollte. Die Bundesregierung sollte damit eindeutig aufgefordert werden, die Einführung der umstrittenen Maßnahme zur pauschalen Überwachung des Nutzerverhaltens über die EU-Gremien zu verhindern. Eine derartig umfassende Speicherung von Datentypen wie unter anderem "Internet-Protokolle einschließlich E-Mail, Datenübertragungs- und Netzübertragungsprotokolle, Sprachübermittlung über Breitband, Daten zur Umsetzung der Netzadresse" greife "unverhältnismäßig stark in die Privatsphäre der Nutzer ein", schrieb die FDP zur Begründung. Ein adäquater Nutzen für die Strafverfolgung sei dagegen nicht belegt. Der Antrag wurde angesichts der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse jedoch abgelehnt.

Bürgerrechtlicher appellieren derweil in einem offenen Brief auch an das Europaparlament, auf einen vergleichbaren Beschluss hinzuwirken. Die EU-Abgeordneten sollen den Ministerrat "klar und vorbehaltlos" auffordern, "von der Einführung einer Verkehrsdaten-Speicherungspflicht abzusehen." Im Einklang mit einem früheren Aufruf von rund 90 europäischen Bürgerrechtsorganisationen weisen der Frankfurter Jurist Patrick Breyer, der Chaos Computer Club (CCC), dergrossebruder.org, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), das Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit sowie STOP1984 darauf hin, dass eine Vorratsdatenspeicherung angesichts kaum zu erwartender Erfolge bei der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung unverhältnismäßig in die Menschen- und Bürgerrechte einschneide.

Es dürfe nicht sein, heißt es in dem Aufruf, "dass der auf demokratischem Weg in Deutschland gefundene Konsens, keine Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten einzuführen, durch einen hinter verschlossenen Türen gefassten Exekutivbeschluss des EU-Rates umgangen wird." Breyer hat zudem grundsätzliche Zweifel, ob das Ministergremium die Einführung von Mindestspeicherfristen überhaupt im Rahmen der so genannten Dritten Säule ohne tatsächliche Mitbestimmung des EU-Parlamentes fassen kann. Es handle sich nämlich "nicht um eine Maßnahme der Mitgliedsstaaten, sondern um eine Inanspruchnahme Privater."

Auf Zustimmung stieß der Brief bereits beim liberalen EU-Abgeordneten Alexander Alvaro. Ihm fehlen "insbesondere Angaben darüber, ob und in welchem Umfang die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung tatsächlich beeinträchtigt wurde." Gangster und potenzielle Attentäter dürften seiner Ansicht nach "auf Grund neuerer technischer Mittel die Verfolgbarkeit ihrer Daten leicht zu verhindern wissen". Demgegenüber würden viele Unschuldige pauschal überwacht.

Daneben befürchtet Alvaro "enorme Belastungen für die europäische Telekommunikationsindustrie". Alleine bei größeren Festnetz- und Mobilfunkunternehmen im Bereich der klassischen leitungsvermittelnden Telefonie sei zu erwarten, dass pro Jahr um die fünfhundert Milliarden zusätzlich zu speichernde Datensätze mit einem Datenvolumen von rund 8 Terabyte entstehen. Die Justiz- und Innenminister der EU halten bislang trotzdem an der Einführung der umstrittenen Maßnahme möglichst noch vor dem Sommer fest. Sie haben sich allein dahingehend verständigt, die bisherigen Vorschläge aus den Reihen des EU-Rats zu konkretisieren.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/55575

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BamS: Minister streben weiter nach Vorratsdatenspeicherung
« Antwort #22 am: 13 März, 2005, 11:24 »
Bundesinnenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries verhandeln nach Informationen der Bild am Sonntag mit Telefonunternehmen über eine längere Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten. Es gehe darum, einen Rahmenbeschluss für die Europäische Union vorzubereiten, der den Behörden im Kampf gegen Terror und Kriminalität helfen soll. Geprüft werde, ob die Verbindungsdaten für Telefongespräche, SMS-Botschaften und Internetverkehr künftig bis zu 12 Monate zentral gespeichert werden sollen. Ähnliche Bestrebungen wurden 2004 vom Parlament im Zuge der Änderungen des Telekommunikationsgesetz abgelehnt.

Laut BamS trafen sich Schily und Zypries im Februar mit Industrievertretern, unter ihnen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke. Nach Angaben des Blattes zeigte sich Ricke bereit, Telefonverbindungsdaten unter bestimmten Bedingungen künftig bis zu 6 Monate zu speichern. Bisher gilt eine Frist von höchstens 90 Tagen. Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) unterstützte - wie schon im Vorjahr - die Pläne: "Der Zugriff auf diese Daten ist ein besonders wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Straftaten, insbesondere von organisierter Kriminalität und Terrorismus. Es ist gut, dass auf EU-Ebene eine Mindestspeicherfrist von 12 Monaten in Angriff genommen wird", sagte er dem Blatt. Gespeichert werden sollten aber nur die Nummern und Internetadressen, nicht die Inhalte von Gesprächen oder E-Mails.

Wirtschaftspolitiker und Datenschützer sprechen sich gegen solche Überlegungen aus. Der SPD-Telekommunikationsexperte Hubertus Heil sagte der Zeitung: "Die Innenminister wollen ein teures Spielzeug, das die Unternehmen belastet und den gläsernen Menschen schafft." Der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag, erklärte: "Wir würden in einem Datenmeer ersaufen, weil kein Computer solche Mengen verarbeiten kann." Auch der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hatte gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt.

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Absprachen über Vorratsdatenspeicherung lösen Empörung aus
« Antwort #23 am: 14 März, 2005, 17:57 »
Die Vereinbarungen zwischen Bundesministern und der Deutschen Telekom über bis zu zwölfmonatige Speicherfristen von Telekommunikationsverkehrsdaten stoßen bei Datenschützern, Parlamentariern und im Rest der Branche auf teils heftige Kritik. "Es kann nicht sein, dass wir zig Millionen Deutsche ein Jahr unter einen Generalverdacht stellen und unbescholtene Bürger wie Kriminelle behandeln", empört sich der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin. "Die geplante Ausweitung der Überwachungsverpflichtungen stellen für die Wirtschaft untragbare Mehrbelastungen dar", sagt Jan Mönikes, Geschäftsführer der Initiative Europäischer Netzbetreiber. Mit großen TK-Firmen wie der British Telecom, Colt oder Versatel sei nicht gesprochen worden. Mönikes warnt: "Angesichts des Jobgipfels der Bundesregierung mit der Opposition am Donnerstag ist das ein absolut falsches Signal."

Bundesjustizminister Brigitte Zypries, ihr Kollege aus dem Bundesinnenministerium, Otto Schily, sowie Vertreter von Sicherheitsbehörden hatten im vergangenen Monat das heftig umstrittene Thema der Vorratsdatenspeicherung mit dem Altmonopolisten besprochen. Hintergrund sind die aktuellen Gesetzgebungspläne auf EU-Ebene. Dabei geht es um die Verpflichtung von Telcos und Providern, sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung aller Internet- und Telefon-Dienste anfallen, über bis zu drei Jahre hinweg vorzuhalten für Zwecke der Strafverfolgung. Momentan erarbeitet die EU-Kommission einen neuen Vorschlag, in dem sie dem Brüsseler Flurfunk zufolge Speicherfristen von einem Jahr vorsieht. Die Anforderungen der deutschen Strafverfolgungsbehörden gehen nicht so weit.

Laut eines Ergebnispapiers der Hinterzimmergespräche mit der Telekom, das heise online vorliegt, drängen die Ermittler und Geheimdienste auf eine Speicherdauer von 180 Tagen für IP-Adressen und Login-Daten, die Verbindungsdaten bei einem Festnetzgespräch sowie im Mobilfunkbereich überdies die Standortkennung sowie "gegebenenfalls Kartennummer (IMSI) oder Kennung der Endeinrichtung (IMEI)". Die Telekom soll sich bereit erklärt haben, die entsprechenden persönlichen Daten für diese Zeitlänge zu archivieren. Momentan speichert sie der Konzern 90 Tage. Entgegen der Vorgaben der Sicherheitsbehörden liebäugeln Schily und Zypries mit der einjährigen Lagerhaltung.

Der Innenminister hatte am gestrigen Sonntag am Rande der CeBIT erklärt, die Ermittler müssten "alle Möglichkeiten nutzen, um an die Planung von Verbrechen mit terroristischen Aktionen heranzukommen. Die Verhandlungen mit der Wirtschaft seien aber "noch nicht am Ende". Laut Branchenverbänden haben sie jedoch noch gar nicht wirklich begonnen. "Wir sind überrascht, dass die Linie der Bundesregierung anscheinend schon steht", erklärte Hannah Seiffert, Justiziarin beim Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Auch für den Bitkom, der kürzlich vor den hohen Kosten und den datenschutzrechtlichen Folgen der Vorratsdatenspeicherung gewarnt hatte, bleiben die auf EU-Ebene diskutierten Pläne "in dieser allumfassenden Form völlig inakzeptabel". Im Dialog mit der Politik würden momentan die gegenseitigen Argumente ausgetauscht, erläutert der Bitkom-TK-Experte Volker Kitz. "Geheimverhandlungen" gebe es aber nicht.

Die Weichen scheinen trotzdem bereits weitgehend gestellt zu sein. Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) begrüßte zumindest bereits die Pläne zur längeren Datenspeicherung, die seiner Ansicht nach keinen tieferen Eingriff in die Grundrechte darstellen. "Herrn Schily geht es um einen weiteren Schritt zum totalen Überwachungsstaat", hält der FDP-Politiker Mertin dagegen. Deutschland werde zum "unrühmlichen Vorreiter" auf dem Weg in die Big-Brother-Gesellschaft. Einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung diene das Vorhaben aber nicht, da die Behörden nur irgendwann im Datenmüll ersticken würden. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar lehnt eine "flächendeckende Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten" weiterhin entschieden ab und empfiehlt der Politik, endlich über Alternativen wie eine fallabhängige "Quick Freeze"-Speicherung nachzudenken.

Die Woge der Empörung schwappt besonders hoch, weil sich im Bundestag noch Mitte Februar alle Fraktionen erneut entschieden gegen die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben. Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz wirft den Bundesministern daher "Verrat an den Interessen" des Parlaments vor. Die im Raum stehende einjährige Speicherung würde vor allen Dingen die Bürger über die erhöhten Kosten der Telefongesellschaften treffen. Der innenpolitische Sprecher der Liberalen im EU-Parlament, Alexander Alvaro, kritisiert zudem, "dass dieser Plan einer totalen Überwachung aus juristischer, technischer und ökonomischer Sicht auf absolut wackeligen Beinen steht". Auch der TK-Verband der Telekom-Wettbewerber, der VATM, fordert die Bundesregierung auf, beim Bundestagsbeschluss zu bleiben. Es wäre den Bürgern und Unternehmen nicht zu vermitteln, wenn über die EU eine gegenteilige Regelung eingeführt würde.

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Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
« Antwort #24 am: 06 April, 2005, 16:28 »
Als große "Grauzone der digitalen Welt" bezeichnet Harald Lemke, Staatssekretär im hessischen Innenministerium, die Möglichkeit zur Anonymisierung von Kommunikationsspuren im Cyberspace. "Das Internet 2010 ist anonym, alles ist verschlüsselt", warnte der Politiker am heutigen Mittwoch die rund 1000 Teilnehmer des 8. Europäischen Polizeikongresses in Berlin. Er warf die Frage auf, wie da die "öffentliche Sicherheit und Ordnung in dieser Nebenwelt sicher zu stellen sind" und sprach von einer enormen "strategische Herausforderung". Ein großer Dorn im Auge ist Lemke daher insbesondere, dass vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierte Forschungsprojekte wie AN.ON nur "das einzige Ziel haben, anonymes Surfen zu erlauben".

"Glücksspiel und virtueller Sex wird von einer global agierenden Industrie angeboten, die von ständig wechselten Lokationen aus agiert", malte Lemke sein Szenario aus. Dabei unternahm er auch einen "Abstecher in widerwärtigste Form der Internet-Kriminalität: die Kinderpornographie". Heute würde man in diesem Feld die Täter zwar "alle kriegen", wie der Spiegel jüngst titelte. Aber nur, schränkte Lemke ein, "solange sie dumm und bequem sind". Müssten sie doch nur zum Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein gehen, empörte sich der Staatssekretär über den AN.ON-Projektpartner, um dort "praktische Hilfestellungen" zum Kaschieren ihrer Kommunikation zu bekommen. Dass man bei den Datenschützern sogar "gerichtliche Erfolge gegen das BKA feiert", könne selbst ihn als Norddeutschen "emotional machen". Denn was könne man der Bevölkerung noch bei einem Terroranschlag sagen oder einem Kleinkind, "das missbraucht wird", wenn die Taten über "steuerlich geförderte Internet-Kaskaden verschleiert werden"? Aber auch ohne Mittel vom Staat werde die Telekommunikationswelt auf Voice-over-IP (VoIP) umgestellt, wo sich jegliche Unterhaltung "mit einfachsten Mitteln" verschlüsseln lasse.

Mehr als um Kinderschänder sorgt sich Lemke angesichts dieses sich abzeichnenden abgeschirmten Netzes um die effektive Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Terrorismus. "Hier können wir uns nicht mehr auf die Dummheit und Bequemlichkeit der Täter verlassen", erklärte der Staatssekretär. Diese würden vielmehr die technischen Möglichkeiten sehr schnell adaptieren. "Terroristische Strukturen werden an den Kommunikationsstrukturen ansetzen", ist sich Lemke sicher. Weitere Einschnitte in die Bürgerrechte scheinen ihm daher unerlässlich: "Wer den globalen Cyberspace 2010 nur unter den Blickwinkel Privacy betrachtet, verabschiedet sich von jeder ernsthaften Debatte", sagte der E-Government-Beauftragte Hessens. Eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik müsse den Schutz der Privatsphäre gegen Risiken unkontrollierbarer Infrastruktur abwägen.

Die von der Politik in Brüssel und Berlin geforderte Einführung einer Vorratsdatenspeicherung im TK-Bereich sieht Lemke allerdings nicht als Allheilmittel im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Allein über die Proxy-Server der Deutschen Telekom seien 2004 pro Sekunde eine Million der angeforderten reinen Verkehrsdaten ohne die eigentlichen Kommunikationsdaten gelaufen, stellte er klar. Bei dem prognostizierten Wachstumsfaktor 100 wären dies im deutschen Internet 2010 rund 24 Millionen Terabyte jährlich. Eine Speicherung dieser Daten würde trotz eines einberechneten rasanten Preisverfalls bei Festplatten gut 220 Milliarden Euro im Jahr verschlingen. Und damit seien die Datenmengen noch nicht einmal für die Auswertung indexiert. Lemke betonte daher, dass er "das aktuelle Thema Vorratsdatenspeicherung nicht diskreditieren" wolle. "Aber sie allein löst unser Problem nicht."

Die Polizei müsse insgesamt informationstechnisch weiter aufrüsten, da die Informationsverarbeitung der Kernprozess ihrer Arbeit sei. Gefragt sind laut Lemke nicht nur "leistungsfähige Werkzeuge zur Auswertung größter Datenmengen", sondern auch "effiziente Formen internationaler Zusammenarbeit" und direkt vernetzte, Hierarchien hintanstellende Online-Polizeistreifen. Der Staatssekretär warnte in diesem Zusammenhang davor, sich momentan nur auf den Ausbau des digitalen Behördenfunks zu konzentrieren. Vielmehr müssten alle täglichen Arbeitsabläufe der Polizei etwa durch ein standardisiertes Dokumentenmanagement oder die Integration unterschiedlicher Melderegister in Polizeisysteme weiter verbessert werden. Die knappen zur Verfügung stehenden Gelder würden dabei aber nur "suboptimal" ausgegeben. "Wir leisten uns in Deutschland den Luxus von neun Vorgangsbearbeitungssystemen", monierte Lemke. Drei würden reichen.

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Offline Jürgen

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Re:Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
« Antwort #25 am: 07 April, 2005, 01:04 »
Ich glaube, das ganze Gerede um Terrorismus ist nur vorgeschoben.
Für solche Übeltäter gibt es immer noch genug unkontrollierte Kommunikationswege, z.B. über Handys von Strohmännern ("freigeschaltete" Prepaid-Karten und Geräte "vom Flohmarkt"), Telefonzellen diverser Provider, Internet-Cafes und öffentliche -Terminals, Kassiber aller Art, Mehrfach-Verschlüsselung, Camouflage, Nutzung vorher verabredeter Stichworte etc. pp.

Die Massnahmen richten sich gegen die Masse der  unbescholtenen Bürger, Terroristen  und Wirtschaftskriminelle werden sich weiterhin zu tarnen wissen.
Man wird niemals erreichen, alle schwer-kriminellen Verabredungen aufzudecken, aber elememtare Bürgerrechte gehen mit der zunehmenden Überwachung zum Teufel.
Dagegen waren Stasi und die Überwachungsorgane der 1000 Jahre Waisenknaben, George Orwells 1984 ein alter Hut...
Kein Support per persönlicher Mitteilung!
Fragen gehören in's Forum.

Veränderungen stehen an. Dies ist der bisherige Stand:
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,1mØ Multifeed, mit Quattro LNBs; Multiswitches 4x 5/10(+x) - alle ohne Terrestrik und modifiziert für nur ein 12V DC Steckernetzteil (Verbrauch insgesamt 15 Watt)
1mØ mit DiSEqC 1.3/USALS als LNB2 an DVB-S2 STB, aktuell 30°W bis 55°O
1.) FM2A88X Extreme6+, A8-6600K (APU mit 4x 3,9 GHz und Radeon HD8570D), 16GB DDR3 1866, 128GB SSD, 3TB HDD, Win10 x64 Pro 1909 / 10.0.17763.107, Terratec T-Stick Plus (für DAB+), Idle Verbrauch ca. 35 Watt
2.) FM2A75 Pro 4, A8-5600K (APU mit 4x 3,6 GHz und Radeon HD7530D), 8GB DDR3 1600, 128GB SSD, 2TB HDD, Win10 x64 Pro, Idle Verbrauch ca. 45 Watt
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Re:Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
« Antwort #26 am: 07 April, 2005, 16:53 »
Ich kann Jürgen nur vollinhaltlich zustimmen. Für manche ist eben unerträglich, wenn um sie herum etwas passiert, was sie nicht kontrollieren können.
Bekanntlich agieren die Bösewichter und die Polizei reagiert nur. Angesichts der komatös leeren Staatskassen erst recht.

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EU-Verhandlungen zur Vorratsdatenspeicherung verzögern sich
« Antwort #27 am: 08 April, 2005, 06:41 »
Nach Informationen der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) werden die Justiz- und Innenminister nicht wie zunächst geplant am 14. April auf ihrer Ratssitzung in Brüssel weiter am heißen Eisen der Vorratsspeicherung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verbindungs- und Standortdaten schmieden. Die Ursache für die Verzögerung liegt demnach in der noch ausstehenden Klärung zahlreicher offener Fragen zu der pauschalen Überwachungsmaßnahme in der vorbereitenden Ratsarbeitsgruppe zur Kooperation in Kriminalfragen. Auf ihrer letzten entscheidenden Sitzung Anfang März konnten die Abgesandten der Mitgliedstaaten keine einheitliche Linie finden. Die Arbeitsgruppe soll nun am 19. April das Thema erneut behandeln. Die Luxemburger Ratspräsidentschaft sowie das Bundesjustizministerium wollten zu den sich abzeichnenden Verzögerungen am heutigen Donnerstag keine Stellung beziehen.

Ein Protokoll der zweitägigen Besprechungen auf der Arbeitsebene im März, das der EDRi in die Hände gespielt wurde, gibt Aufschluss über die Unstimmigkeiten. Wie eine Regelung einer Kostenübernahme für die Anlage der gewaltigen Datenberge durch die TK-Wirtschaft aussehen könnte und ob diese überhaupt in dem angestrebten Rahmenbeschluss erwähnt werden soll, ist demnach noch unklar. Die Luxemburger haben sich bisher nur dazu durchgerungen, dass der Kostenaspekt nicht gänzlich ignoriert werden kann. Den Rest wollen sie den Mitgliedsstaaten überlassen. Tschechien ist derweil das erste EU-Land, das Providern vom 1. Mai an sämtliche Ausgaben für eine Datenvorhaltung für Sicherheitsbehörden sowie fürs Abhören der Telekommunikation erstatten will.

Die Tschechen haben daher darauf gedrängt, Speichervorschriften unterhalb von sechs Monaten zuzulassen. Deutschland bestand aber auf diesem Minimum. Bei der Obergrenze scheint sich Italien dagegen mit einer Dauer von bis zu 48 Monaten durchgesetzt zu haben. Vertreter der Bundesregierung präsentierten zudem das "Kompromisspapier", welches das Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium jüngst mit einer Handvoll größerer Anbieter ausgearbeitet hatte. Eine zu konkrete und technische Liste der zu speichernden Verkehrsdaten erschien manchen Ländern aber bedenklich. Auch mit dem Vorschlag, Ermittlern nur bei "schweren" Vergehen Zugang zu den Datenlagern zu gewähren, stießen die Deutschen auf wenig Gegenliebe. Ob Anbieter die Daten für eigene Marketingzwecke nutzen dürfen sollen, wie dies Schweden und Luxemburg fordern, ist ebenfalls noch nicht ausgemacht. Generell scheinen sich die Minister von den Bedenken aus der Kommission und dem EU-Parlament, dass ihr Rahmenbeschluss größtenteils keine rechtliche Basis haben würde, nicht irritieren zu lassen. Bis Gerichte entscheiden würden, heißt es bei der EDRi, wären die Vorgaben auch schon in nationales Recht umgesetzt und würden dann kaum noch revidiert.

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Bundesregierung rüstet weiter für die Vorratsdatenspeicherung
« Antwort #28 am: 13 April, 2005, 16:28 »
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat unter Telekomunikationsanbietern im Bereich Fest- und Mobilnetz sowie unter Internetprovidern eine Umfrage zum heftig umstrittenen Thema der Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten, die bei allen Formen der Telekommunikation anfallen, gestartet. "Die Bundesregierung benötigt vor weiteren Beratungen auf EU-Ebene eine Abschätzung über die den Telekommunikationsunternehmen für die Umsetzung dieser Anforderungen entstehenden Aufwände", heißt es im Anschreiben der Sondierung. Eine Vorentscheidung über die Einführung derartiger Pflichten sei damit nicht verbunden, stellt die vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Behörde klar. Eine Teilnahme ist bis zum 1. Mai möglich.

In dem Fragebogen, den der Chaos Computer Club auf seiner Website veröffentlich hat (PDF), will die RegTP unter anderem wissen, ob die Firmen bereits ein System zur Speicherung von Verkehrsdaten in Betrieb haben. Insbesondere geht es dabei auch um die Abschätzung der Kosten, die eine Aufrüstung vorhandener oder der Aufbau neuer Speicherinfrastrukturen verschlingen würde. Ferner möchte die Regierung wissen, ob die Ablage und Übermittlung der Daten in bestimmten Formaten und Diensten -- via E-Mail, Fax oder Postversand -- die Kosten drücken könnte.

Dabei geht man in Berlin davon aus, dass Auskunftsersuchen nur zu den üblichen Geschäftszeiten, die Antworten aber "grundsätzlich unverzüglich erfolgen" sollen. Genauere technische Anforderungen oder Vorgaben für die Antwortzeiten werde es aber nicht geben. Auskünfte sollen dabei auch über die von den Anbietern besonders gefürchtete "Zielwahlsuche" erteilt werden, bei denen jegliche Anrufe, die eine bestimmte Nummer erreichen, aus der vollständigen Datenbank der gespeicherten Verbindungen herausgefischt werden müssen. Bei dieser Form der "Rasterfahndung" geraten zwangsweise auch viele Adressen unverdächtiger Personen ins Visier der Ermittler. Ob die Maßnahme der Vorratsdatenspeicherung und ihrer Nutzungsmöglichkeiten überhaupt verhältnismäßig oder verfassungsgemäß ist, thematisiert der Fragebogen nicht.

Als allgemeine Grundlage legt die Regulierungsbehörde die Liste der Daten zu Grunde, auf die sich deutsche Telekomgrößen mit den Strafverfolgern bei Gesprächen mit dem Bundesministerien für Justiz und Inneres Ende Februar zur Empörung von Konkurrenten, Datenschützern und Bundestagspolitikern hinter verschlossenen Türen verständigt hatten. Für ein halbes Jahr sollen die Unternehmen demnach IP-Adressen und Login-Daten, Verbindungsdaten bei einem Festnetzgespräch sowie im Mobilfunkbereich überdies die Standortkennung sowie "gegebenenfalls Kartennummer (IMSI) oder Kennung der Endeinrichtung (IMEI)" vorhalten.

Die in Brüssel momentan diskutierten Papiere gehen aber deutlich darüber hinaus, insbesondere was die angeforderten Daten betrifft. Es geht um sämtliche Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Zudem soll die "normale" Speicherfrist mindestens ein Jahr betragen. Die Verhandlungen in Brüssel verzögern sich momentan aber, weil sich die Mitgliedsstaaten über zahlreiche prinzipielle Fragen der Maßnahme noch nicht einig sind.

Wie Statewatch betont, haben inzwischen auch die Rechtsdienste sowohl des EU-Rates als auch der EU-Kommission die juristische Basis des geplanten Rahmenbeschlusses des Ministergremiums angezweifelt. Wie der Koordinator der Vorratsdatenfrage im EU-Parlament, Alexander Alvaro, sind sie zu der Auffassung gekommen, dass statt dem Rat hauptsächlich die Binnenmarktkommission über die Datenspeicherung entscheiden sollte. Diese hat den Mitgliedsstaaten allerdings bereits im Rahmen der 2002 verabschiedeten Richtlinie zur Verarbeitung personenbezogener Daten die Möglichkeit eingeräumt, ihre TK-Anbieter zu einer Vorratsdatenspeicherung zu verpflichten. Tony Bunyan von Statewatch fordert daher, dass der neue Vorstoß aus Brüssel gänzlich zurückgezogen werden sollte. Seiner Ansicht nach haben die Strafverfolgungsbehörden bereits alle Befugnisse, die sie brauchen. Andererseits müssten die Nutzer bald ihre eigene Überwachung durch die Privatwirtschaft im Staatsauftrag bezahlen.

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Das Bundesinnenministerium denkt daran, Anonymisierungsdienste zur Protokollierung von Verbindungsdaten zu verpflichten. Dies geht aus einer Fußnote im Anhang der Umfrage der Regulierungsbehörde zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten hervor. Darin heißt es: "In Fällen, in denen die vom Internet-Access-Provider ursprünglich vergebene IP-Adresse durch Proxyserver oder Anonymisierungsdienste verändert wurde und die ursprünglich vergebene IP-Adresse nicht im Header mitgeliefert wird, sollten diese Proxyserver oder Anonymisierungsdienste aus fachlicher Sicht ebenfalls zu einer Protokollierung verpflichtet werden. Diese Frage bedarf noch näherer Prüfung."

Andreas Pfitzmann, technischer Projektverantwortliche für Deutschlands einzigen Anonymisierungsdienst AN.ON, wies gegenüber heise online darauf hin, dass "eine Speicherpflicht den Betrieb eines Anonymisierungsdienstes erheblich teurer" mache: "Wir haben fünf Mixbetreiber hintereinander, jeder ist verpflichtet zur Vorhaltung. Damit ist es etwas anderes, wenn man bei fünf Leuten nachfragen muss und nicht bei einem." Auch der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert gab zu bedenken, dass der Datenzugriff nur dann erfolgreich sein kann, wenn sämtliche hintereinanderliegenden Zwischenstationen (Mix-Kaskaden) in Deutschland stünden. AN.ON bietet verschiedene Mix-Kaskaden an, die teilweise nur über inländische Server, teilweise aber auch über Server im Ausland gehen. Derzeit gibt es einen Server in New York, weitere Server sind in der Schweiz und in Südkorea geplant.

Pfitzmann prophezeit denn auch, dass "der Gewinn für die Strafverfolgung gering sein dürfte, da bei unserem Dienst der Datenverkehr binnen kürzester Zeit komplett über das Ausland geroutet werden würde." Er präzisierte, dass dies aber nicht die Entscheidung der Betreiber, sondern die der Nutzer sein würde: "Wenn wir nur eine Mix-Kaskade anbieten, die über das Ausland geht, werden die Nutzer natürlich diese wählen. Anderenfalls müssten wir die Auslandskaskaden dicht machten, wozu wir uns aber nicht verpflichtet fühlen." Pfitzmann hält den Betrieb eines Anonymisierungsdienstes aber auch dann für sinnvoll, wenn es weltweit die gleiche Rechtssituation gäbe. Denn auch dann würde er immer noch die Nutzerdaten gegenüber Unbefugten wie Geheimdienste und andere Lauscher schützen.

Laut eines Sprechers der Regulierungsbehörde wurde der fragliche Anhang vom Bundesinnenministerium verfasst, deshalb wolle man dazu keine Stellung nehmen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verneinte gegenüber heise online, dass die Einführung einer generellen Protokollierungspflicht der Anonymisierungsdienste geplant oder geprüft werde: "Nur wenn konkrete Hinweise etwa auf die gewerbsmäßige Verbreitung von Kinderpornographie oder auf andere Delikte des einschlägigen Straftatenkatalogs vorliegen, kann das Bundeskriminalamt oder die Staatsanwaltschaft eine Protokollierung beantragen", erläuterte der Ministeriumssprecher den rechtlichen Status quo. In der Folge werde nur für die verdächtige Person eine Protokollierung der Verbindungsdaten vorgenommen.

Das Bundesinnenministerium prüfe derzeit, ob diese gezielte Protokollierung von Verbindungsdaten verdächtiger Nutzer derzeit überhaupt noch möglich ist. Dabei gehe es darum, ob neue Anonymisierungsdienste ein solches Vorgehen zuließen beziehungsweise neue Anonymisierungstechniken dies verhinderten. "Die Entwicklung in diesem Bereich schreitet rasch voran", erklärte der Sprecher. Eine Änderung der geltenden Rechtslage sei aber nicht geplant.

Die Anfang April von AN.ON eingeführte neue Version der Anonymisierungssoftware macht im Übrigen Sperrungen durch einzelne Länder nach Angaben von Entwickler Stefan Köpsell "extrem aufwendig und damit praktisch unmöglich". Nach Angaben von Köpsell nutzen zurzeit etwa 2000 bis 3000 Menschen den Anonymisierungsdienst gleichzeitig. Monatlich rufen sie über 200 Millionen Internet-Adressen anonym ab. Die Software wurde bereits über eine Million Mal heruntergeladen. Damit die neue zensurresistente Version funktioniert, müssen die Nutzer dem neuen Feature explizit zustimmen. "Denn ihr Rechner soll in einer Art Peer-to-Peer-Netz als alternativer Zugangspunkt zu unserem Anonymisierungsdienst dienen", erläutert Köpsell.

Der Sprecher der Regulierungsbehörde bezeichnete die Umfrage zur Vorratsdatenspeicherung als sinnvoll. Mit ihrer Hilfe würden endlich die Fakten über das tatsächliche Ausmaß einer Vorratsspeicherung der Verbindungs- und Standortdaten über den Zeitraum von sechs Monaten bekannt. Er bezweifelte jedoch, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden würden. Auch eine Studie zu den Kosten der Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) war nicht veröffentlicht worden -- angeblich hatten beteiligte TK-Firmen dagegen protestiert. Nennenswerte Kosten waren damals in der Studie vom Marktführer Deutsche Telekom genannt worden. Der Bonner Konzern hätte, wie Insider damals vermuteten, wohl im Falle einer Veröffentlichung eine Gewinnwarnung herausgeben müssen. Eine Studie zu den Verbindungsdaten würde wohl ebenfalls Betriebsgeheimnisse offenbaren, da sie Auskunft über die seitens eines Unternehmens abgewickelten Datenvolumen geben würde.

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