Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 124947 mal)

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #90 am: 13 August, 2006, 00:19 »
Was war.

*** Das Schöne am Journalismus ist, dass es immer etwas Neues zu lernen gibt, immer neue Worte buchstabiert werden müssen. Nehmen wir nur die "Degetoisierung" des deutschen Fernsehvolkes, die der Musikantenstadlerisierung auf dem Fuß folgt. Oder das "Heroengebrumm", mit dem internationale Fußballstars auf die Zumutung antworteten, zur Eröffnung der Bundesligasaison das Deutschlandlied singen zu müssen.

*** Diese Woche habe ich das Wortungetüm "islamischer Faschismus" lernen müssen. Gut, die Wikipedia sagt uns, dass Islamfaschismus schon länger aus den Federn gelehrter Zeit-Redakteure quillt. Doch was islamischer Faschismus wirklich bedeutet, hat der britische Innenminister John Reid (und nicht etwa George W. Bush) in einer Rede deutlich gemacht: Die Europäische Menschenrechtskonvention sei vor 50 Jahren verabschiedet worden, um vor faschistischen Staaten zu schützen, aber nun gehe die Gefahr von "faschistischen Individuen" aus. Und im Kampf gegen faschistische Individuen habe man das Recht, kurzfristig verschiedene Freiheiten zu modifizieren. Wer solche Wort liest, bekommt eine leise Ahnung, warum es Großbritannien selbst ist, das Selbstmordattentäter produziert, muslimische Briten mit stiff upper lips. Rund 1000 dieser Briten können sich vorstellen, als Selbstmordattentäter zu enden, heißt es in "Umfragen".

*** Nach dem Terroralarm in Großbritannien kommen auch auf uns erhöhte Sicherheitsmaßnahmen zu, die gravierend sind. Wer die politische Debatte in Deutschland verfolgt, bekommt den Eindruck, dass die bürgerlichen Rechte gleich mit dem Handgepäck aufgegeben werden müssen. Wie der Kampf gegen das faschistische Individuum die Moral verludert, zeigen die Reaktionen auf die Nachricht, dass die entscheidenden Hinweise von pakistanischen Ermittlern aus den Verdächtigen "herausgepresst" wurden. Mit einem Nein beantwortet ein Kommentator der FAZ die selbst gestellte Frage, ob es in den auf Rechtsstaatlichkeit achtenden Ländern "tatsächlich möglich ist, bei der Vorbeugung gegen einem zu allem entschlossenen Feind der Zivilisation saubere Hände zu behalten". Beim faschistischen Individuum darf also ein bisschen gedaschnert werden, Guantanamo light wird an der Mainzer Landstraße eingerichtet.

*** Wir leben in einer panspektrischen Gesellschaft (ha, noch ein neues Wort, dankefrauprofessor), weil wir unablässig Datenspuren hinterlassen, am Telefon, beim Surfen, in der Mail. Inmitten der pausenlosen Beobachtung der der endlosen Datensammelei kommt es auf die richtige Mathematik, auf die richtigen Algorithmen an, im Guten wie im Bösen. Eine verschlüsselte SMS aus Pakistan wurde von den britischen Behörden abgefangen und entschlüsselt. Sie wies die Mitstreiter an, sofort mit dem Chip&Fish-Leben aufzuhören und den Plan X durchzuführen. Den Rest erledigte eine Razzia im Großen, die auch den arg gebeutelten Ruf von Scotland Yard wiederherstellen sollte.

*** Großbritannien als Vorbild war in der letzten Woche schon vor dem Alarm in der Diskussion. Schließlich werden dort die Bahnhöfe lückenlos überwacht, auch wenn die Video-Leitstellen der British Transport Police Hunderte von Kilometern entfernt liegen. So etwas will man nach den beiden Kofferbomben auch in Deutschland haben, nicht zur Sicherheit, aber zur besseren Aufklärung. Man? Ja, Jedermann und -frau. Ein Kommentar in der alternativen Tageszeitung macht das klar: "In einer demokratischen Gesellschaft mit Videoüberwachung leben die Menschen unbeschwerter als in einer Diktatur ohne Videoüberwachung." Aber sind das die einzigen Alternativen, die wir in der panspektrischen Gesellschaft haben? Übrigens gibt es demokratische Gesellschaften, in denen alle Videos dem Staat in Form seiner Gerichte gehören. Das bringt mich in eine Position, einen alten Fehler zu korrigieren. "Du aber darfst dem Staat nicht geben, was des Staates nicht ist", heißt es in der Antigone des Sophokles in der Übersetzung durch Hölderlin.

*** Vor fünf Jahren, als der Fehler passierte, hätte ich diesen Link noch nicht setzen können. Da war Hölderlin ein Stub. Heute ist ein Link auf die Enzyklopädie der Informations-Hobbits noch am selben Tag möglich, an dem bekannt wurde, dass Günter Grass bei der Waffen-SS war. Dabei ist die Diskussions-Seite besser als jeder Kommentar des Fäuletonisten. Diese Aussage ist allerdings nur mit einem Regional-Code gültig.

*** Damit komme ich zu den negativen Seiten des Journalismus. Die gibt es, weil Journalisten auch nur Menschen sind, wie Blogger. So gibt es Interviews, die an der Grenze zum Borderline-Journalismus geführt werden. Die in Deutschland so bewunderte Wired musste gerade Geschichten zurückziehen, die ehrbare Nachrichtenagentur Reuters entschuldigt sich gerade in Israel für ihren photoshoppenden Fotografen. Dafür lernen wir die wahre Seite des Krieges kennen. Und weil jede Wahrheit einen Mutigen braucht, der sie ausspricht, wackelt mein Hinterteil. Und breitbeinig stehe ich da.

*** Wo bleibt das viel gepriesene Positive? Ist es der 25. Geburtstag des PC, an dem sich einige alte Säcke daran erinnern, dass sie alte Säcke geworden sind? Fällt es heute aus, wie damals beim PC, als mit negativen Signalen gearbeitet werden musste, damit das Timing stimmt? Aber nicht doch. Wir haben ja die deutsche Telekom, ausgerechnet. Sie arbeitet perfekt positiv mit negativen Signalen. Mit rekordverdächtigen 43 angeschlossenen Haushalten ist ihr Bundesliga-IPTV gestartet, meldet die Süddeutsche Zeitung. Vergessen wir mal die Kosten für die VDSL-Infrastruktur, die die Telekom partout nicht öffnen will – Regulierungsferien ist übrigens auch ein tolles neues Wort. Üben wir mal folgende Divisionsaufgabe: Für jeden Bundesligaspieltag überweist die Telekom etwas unter 1,5 Millionen Euro an die Deutsche Fußball-Liga. Dividiert durch 43 Haushalte ist das also das viel gepriesene Triple Play, mit Einnahmen von 427,85 Euro.

Was wird.

In einem richtigen Terroristen-Wochenrückblick darf der Unabomber Ted Kaczynski nicht fehlen, der als Student durch einen Psycho-Test der CIA schwer geschädigt wurde. 17 Jahre lang versuchte er, die verhängnisvolle Computer-Welt wegzubomben. Seine Bombenbaupläne, zu denen die bisher raffinierteste Flugzeugbombe zählt, die am 15. November 1979 an Bord einer Maschine der American Airlines explodierte (durch einen Rechenfehler wurde nur ein Brand entfacht), werden nun öffentlich versteigert. Die Einnahmen aus der Auktion, die alle Habseligkeiten von Kaczynski feilbietet, sollen den Opfern und ihren Angehörigen zukommen, denen Kaczynski insgesamt 15 Millionen Dollar zahlen muss. Besonders wertvoll soll sein verschlüsseltes Tagebuch sein, das vom FBI nur geknackt werden konnte, weil man die zugehörigen Verschlüsselungs-Pads fand. Kaczynski ist den USA die Todesstrafe erspart geblieben, weil er als geistesgestört gilt. Seine entfernten Verwandten wollen sie in Europa wieder einführen.

Aus aktuellem Anlass muss der letzte, der Wetware gewidmete Teil des lustigen Sommerrästels verschoben werden. Die vorab ausgewählten Bilder wollten einfach nicht zu diesem kleinen Wochenrückblick und seinen so gar nicht lustigen Themen passen. Immerhin folgt nach dieser Wochenschau kein öder Brennpunkt. Ein klitzekleines Rätsel mag ich mir aber dann doch nicht verkneifen. Welcher Firmenchef hat in dieser Woche folgendes logisch vertrackte Statement abgegeben: "Today is a big day for xyz. This marks the full turning point for the company going forward." Gestern standen wir noch vor dem Abgrund. Heute ...

Und morgen, morgen ist dann der 50. Todestag von Bertolt Brecht, Brecht, dem bösen Brecht dem asozialen. Dem von all den saturierten Feuilletonisten abgeschriebenen Dichter. Dem Hassobjekt der Verkünder anschwellender Bocksgesänge. Der Drangsal all der geplagten Oberschüler, denen die verbrauchten Deutschlehrer keinen Zugang mehr zu Brechts Lyrik und Dialektik des Theaters vermitteln können.

Alle Laster sind zu etwas gut
Nur der Mann nicht, sagt Baal, der sie tut.
Laster sind was, weiß man was man will
Sucht euch zwei aus: Eines ist zu viel!
Nicht so faul, sonst gibt es nicht Genuss!
Was man will, sagt Baal, ist, was man muss.
Wenn ihr Kot macht, ist's sagt Baal, gebt acht
Besser noch, als wenn ihr gar nichts macht!

Die seltsame Nicht-Aufregung und dann doch historisierende Einverleibung anlässlich Brechts 50. Todestag verleitet dazu, sich ebensolch einen Kollaps wie Frau Berg angesichts der Bayreuther Festspiele zu wünschen. Wenigstens etwas Aufsehen. Ansonsten aber gilt auch in diesen kriegerischen Zeiten, bei all diesen umherschweifenden faschistischen Individuen aus welcher Ecke auch immer und für all die geschriebenen und noch zu schreibenden Wochenschauen, was für den guten Menschen von Sezuan galt:

Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach:
Sie selber dächten auf der Stelle nach
Auf welche Weis dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss!
Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #91 am: 20 August, 2006, 10:21 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.


*** Reden wir weiter vom Journalismus, dem Schönsten aller Berufe, über den es viele Witze gibt, die die große Beliebtheit unserer Zunft zeigen. Ich lerne wöchentlich nicht nur neue Wörter, sondern auch neue Sachen kennen: nehmen wir nur den schottischen Gel-Büstenhalter. Den kannte ich noch nicht, allen Satansweibern von Tittfield zum Trotz. So ein Möpse-Simulator soll nach Meinung der Experten, die absolut nicht vernünftig erklären können, wie man im Flugzeug bei 0 bis -5 Grad (PDF-Datei) eine ordentliche Menge TATP herstellen kann, ein richtiger Knaller sein. Billige Witze über die Arbeit der Kontrolleure und Kontrolleusen schenke ich mir, sind wir doch auf einer seriösen IT-Website, inmitten der norddeutschen Tiefebene. Die zum Unmut mancher Leser sich nicht auf neue Treiber und BIOS-Versionen beschränkt, sondern laufend darüber berichtet, wie Anti-Terror-Dateien und weitere verfassungswidrige Vernetzungen gezimmert werden in einer Welt, in der Datenschutz nur noch als lästiges Relikt überkommener sozialer Marktwirtschaft gilt. In der sich Politiker laufend darüber beklagen, wie unbeschätzt und unüberwacht das Land zu ihren Füßen liegt. In der jeder Fahndungserfolg zum Hilfeschrei wird, noch mehr Technik einzusetzen. So wird aus der bunten Welt eine schwarzweiße Welt, von der dann Schwarzbücher berichten. Dass Gel-Büstenhalter in Zukunft nur noch mit RFID-Chips verkauft werden dürfen, die das Gel als solches an der Grenze identifizieren, zeigt bald, wie spannend IT-Technik im Alltag sein kann.

*** Mit dem letzten Teil des Sommerrätsels heißt es Abschied von einem Sommer zu nehmen, der ganz ohne große Sommerlöcher ausgekommen ist. Ein einmaliges Zusammentreffen von einem Grillfest, einem Terroralarm und einem aufmuckenden Mailserver verhinderte vorige Woche, dass Rätselbilder in den Text kamen. Anders als bei der bündigsten Wissenrepäsentation gibt es hier keine Preise zu gewinnen. Dafür sind die fünf Fragen schwerer als die nach der Zahl 42, geht es diesmal doch um die Wetware, den Menschen, den großen Unbekannten. Schon Jubi-Brecht fragte sich, wer das siebentorige Theben erbaute.

Der ganze Artikel

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #92 am: 21 August, 2006, 19:48 »
Das letzte Sommerrätsel liegt hinter mir, die letzten Sommerlöcher haben sich geschlossen. Vor uns liegt eine Zeit, in der sich Messen. Pressekonferenzen und sonstige IT-Termine nur so stapeln: die Branche ist aus dem Urlaub zurückgekehrt. Ob es jemals wieder Urlaub geben wird, ob ein nächstes Sommerrätsel kommt – wer weiß das schon so genau, wenn der oberste Finanzpeer zum Verzicht auf Urlaub aufruft. War es doch ganz schön in der DDR, damals. Wobei die Frage "Reisen oder Rente?" noch echte Alternativen bereit hält. Wer Spartipps von der Sorte "Scheuen Sie sich nicht, im Müll herumzuwühlen" erhält, dürfte kaum den nächsten Urlaub planen.

Die erste Frage suchte den Mann, der einen verbreiteten Kompressions-Standard entwickelte. Phil Katz, dessen PKZIP in der DFÜ-Szene eine wichtige Rolle spielte, wurde entsprechend schnell enträtselt. Seine Firma PKWare entwickelte sich bis zum Erscheinen von Windows 95 prächtig, entpuppte sich für Katz aber auch als eine Familienhölle. Die Firma wurde von seiner resoluten Mutter diktatorisch geführt. Phil Katz starb als Alkoholiker in einem herabgekommenen Motel.

In der zweiten Frage ging es um einen Mann, der seiner Familie ganz andere Probleme bereitete. Davis Wolfgang Hawke ist derzeit auf der Flucht. Er gilt als einer der erfolgreichsten Spammer aller Zeiten. Seine Gewinne soll er in Goldbarren getauscht und vergraben haben, bis die weiße arische Volksfront zum Endkampf gegen das internationale Judentum antritt. Derzeit sucht AOL die Barren. Hawke stammt aus einer angesehenen jüdischen Familie, sein Urgroßvater war der Bürgerrechtler Andrew Sledd, der erste Präsident der Universität Florida. Unter dem Namen Andrew Britt Greenbaum war Hawke im Alter von 15 Jahren die Nummer 10 der amerikanischen Schachspieler und auf dem Weg, einer der ganz Großen im Weltschach zu werden. Seine Welt brach im Jahre 1992 zusammen, als sein Idol und Lehrmeister, der Schachweltmeister Bobby Fischer in den USA geächtet wurde. Hawke gründete beeinflusst von Fischers Antisemitismus die Kampfgruppe "Knights of Freedom", die auf ihrer Homepage für eine US-amerikanische SS warb. Zur Finanzierung des Kampfes gründete er die Amazing Internet Products, die Penis-Verlängerungsmittel vertrieb.

Die dritte Frage erbrachte jede Menge Antworten, von Otto Normalverbraucher bis zum Internet-DAU. Im Kontext der Bloggerei wurde aber nach Joe (UK) oder Fred Bloggs (USA) und seiner Familie gesucht. Familie Bloggs spielt in vielen Informatik-Lehrbüchern eine Rolle, wenn es um extensionale und intensionale Instanzen einer Klasse geht.

Die vierte Frage blieb ungelöst. Durch einen Scan leicht verfremdet, tauchte im WWWW ein Gesicht auf, das viele Leser mit Al Bundy aus der schrecklich netten Familie assoziierten. Das ist mir insofern peinlich, weil es sich um Gerald Combs handelt, den Vater von Ethereal, das heute als Wireshark firmiert. Unterhalb der langhaarigen, langbärtigen Promi-Ebene besteht die Open Source-Gemeinschaft aus netten, unspektakulären Menschen.

Das kann man auch von Florian Pfaff sagen, der bereits in diesem WWWW erwähnt wurde. Der einstmals bei der Bundeswehr als SASPF-Programmierer arbeitende Pfaff bekam im Frühjahr 2003 von seinen Vorgesetzten erklärt, dass das Programm im bevorstehenden zweiten Irak-Krieg eingesetzt werden soll. Darauf stellte der überzeugte Katholik die Arbeit ein und ist darum heute ein Kandidat für den Panter-Preis der taz. Im Sommerrätsel blieb er unerkannt.

Gibt es jemals wieder Urlaub? Werden wir die Sommersonne wieder sehen? Was ist mit dem nächsten Sommerrätsel? Die ungelösten Fragen türmen sich, wie der Sommer.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #93 am: 27 August, 2006, 02:15 »
Was war.

*** Wie die Woche war? Ich könnte den Titel der Computer-Aufzeichnungen von Charles Bukowski zitieren: "Den Göttern kommt das große Kotzen." Und es mit dem Rückblick sein lassen. Doch schon der etwas frei übersetzte Titel der Aufzeichnungen zeigen, dass wir mal wieder gegen die Fakten kämpfen müssen wie Christopher Robin und Pu, der Bär im Hundert-Morgen-Wald. "The Captain Is Out to Lunch And The Sailors Have Taken Over The Ship", das klingt schon etwas anders. Und dennoch haben die Götter das große Kotzen gekriegt. "Die menschliche Rasse übertreibt alles. Ihre Helden, ihre Feinde, ihre Bedeutung." Nach 77 Jahren hat die menschliche Rasse Pluto von seiner Arbeit als Planet entbunden. Während sich Pluto einen neuen Job sucht, ist uns die Plutokratie der Verzichtsberater erhalten geblieben. Wir sollen keinen Urlaub machen und auf den Neukauf eines Autos verzichten. Und wenn wir arbeitslos sind, dann soll auch noch ein Urlaub gestrichen werden, den es in dieser Form gar nicht im Sozialgesetzbuch gibt. Das erweiterte Besuchs- und Reiseverbot ist wichtig, ist doch die Vermittlungssoftware hochempfindlich. Ich persönlich wäre schon glücklich, wenn die Politiker darauf verzichten würden, ihre Stammtischsätze in Zeitungen zu kotzen.

*** Die norddeutsche Tiefebene ist vor allem das. Eben. Steile Flanken für Mutige gibt es nicht mehr, seitdem der Deister von einer Alpinistenkommission zur Nichtalpe herabgestuft, der Brocken wegen der Häcksen von der Gleichtellungskommission zur Bergin erklärt wurde. In dunklen Nächten wird man dort die neue Häckse Paris Hilton treffen können, das ist schon das wirklich Schlimmste, was hier passieren kann. Das gefährlichste Gewässer ist die reißende Ems, die vom großen Emssperrwerk in Schach gehalten wird. So eben das Land, so ruhig sind seine Götter. Selbst Irmin, der Blutrünstigste unter ihnen, hielt nichts von großen Königen und mehr von flachen Hierarchien. Doch halt! Einen großen König hatten wir doch. Das war der dicke König Sigmar von Goslar. Der erbte das Land Niedersachsen, als Rüttel-Schröder da rein durfte.

*** Nun hat sich der spät berufene Umweltengel und Pinguin-Fan Gabriel einen Genossen zur Brust genommen, in dessen Parteibuch-Wiki jemand ein Foto vom braven Mustersozi mit einem leicht anrüchigen Untertitel parkierte. Wie man unschwer bemerken kann, ist das alles ein schräger Kommentar zum endlosen Kapitel der Forenhaftung, die auch uns Tiefebenenbewohner in dieser Woche beschäftigte. Was die Anwälte bewegte, die ihrer Mandantschaft einen "hochwertigen und zielgerichteten Service in allen Fragen des Wirtschaftsrechts bietet", weiß ich nicht. Bislang verzichtete Gabriel übrigens nur auf Atomkraftwerke. Sollte sein Beispiel Schule machen, droht uns der Verzicht, sich unseres eigenen Verstandes zu bedienen.

*** Der immer noch amtierende Popbeauftragte der SPD scheint übrigens irgendwo zwischen Gunter Gabriel und Peter Gabriel angesiedelt. Sigmar "I will rock you" Gabriel fordert eine Musik, die sich einem wachen Bezug gegenüber der Wirklichkeit nicht verschließt. Wie beispielsweise Tokio Hotel, das sind ganz wache süße Jungs: "Tom: Wenn das Hotel uns das erlauben würde, dann würde ich schon gerne mal ein Zimmer richtig zerlegen. Grade nach einer Show mit Adrenalin im Blut...". Das bringt mich nach all den Sommerrätseln zu der Sommer-Hitparade, die ohne Erlaubnis von Hotels auskommt. Aber wieso eigentlich Sommer-Hitparade? Wieso überhaupt Sommer? Adrenalin im Blut kann man auch ohne kreischende Teenies haben. Nach den Jubelarien über die entspannten Deutschen in der Sonne über der WM und der anschießend allzu erwartbaren Stöhnerei über die Bruthitze versteckte sich der Sommer doch nur hinter einem Trauerkleid, das nur zu gut zu der Stimmung passt, die einem überfallen mag, wenn man all die neuen Patrioten und Beschwörer des relaxten Nationalgefühls so aufmarschieren sieht. Der gute Deutsche aber geht videoüberwacht und terrordateigespeichert seinen Weg. Vielleicht sollte man statt "Wir Deutschen" doch mal lieber wieder Maxim Billers "Deutschbuch" aus dem Bücherschrank kramen: Man ist dann gewarnt, dass uns wohl demnächst auch noch die nächste Renaissance von Ernst Jünger droht. So bleibt möglicherweise als Musik dieses Sommers nur noch "Nimm mich mit (nach Caracas)" – und das ausgerechnet von der Deutschmusikquotenpropagandistin Inga Humpe, die in ihrer 2raumwohnung "Melancholisch schön" vor sich hindudelt ... Aber das entscheiden wir dann doch lieber nächste Woche, wenn möglichweise der Frust über den entschwundenen Sommer (wenn auch nicht über die immer noch vorhandenen Neonationalisten) verflogen ist.

*** Aber ach, kurz mag man noch in Erinnerung an den verflossenen Sommer und das Sommerrätsel verweilen. Aus gegebenem Anlass möchte ich auf die Auflösung des letzten Teiles hinweisen, die nunmehr das richtige Foto von Gerald Combs (Ethereal/Wireshark) enthält – alle Ähnlichkeiten mit fiktiven Personen wie Ken Clark oder Al Bundy sind zufällig. Aus ebenso gegebenem Anlass möchte ich außerdem noch einmal auf den nicht erratenen Florian Pfaff hinweisen, der nach wie vor der Gegenstand von spitzfindigen juristischen Erörterungen ist, die das Gewissen als Berufsrisiko definieren. Soldaten gehen also freiwillig ein gewisses Berufsrisiko ein, wenn sie in eine Kriegshandlung verwickelt werden, die ihren religiösen Überzeugungen widerspricht. Ob das in dem Kleingedruckten steht, das begeisterte Gamer in Leipzig unterschrieben haben? Wobei die Bundeswehr grundsätzlich gut beraten ist, auf der größten deutschen Baller-Show den Nachwuchs zu akquirieren. Das sieht man an dem Rundendreher Sebastian Vettel, der die Strecke zuvor auch nur am Computer trainieren durfte. "In echt" fuhr er dann so explosiv, als ob Dell- und Apple-Batterien in seinem Tank steckten.

*** Jaja, die Computer, Produkte heimatloser Tramps, die in den seltsamsten Hütten enden. Der nette Verlag in der norddeutschen Tiefebene hat eine kleine Umfrage zu Gebraucht-Notebooks gestartet. Ich persönlich bin der Meinung, dass mehr als 200 Euro für solch ein Gerät zuviel Geld ist, aber ich schreibe auch nur spartanisches ASCII, programmiere nicht und hechel auch nicht nach dem Vorteil, "optimal vernetzt kollektives Wissen zu akkumulieren", bis der Blog platzt. Also habe ich mich dieser Tage gefreut, für ein paar Scheinchen das Update von einem Thinkpad X21 zu einem X30 geschafft zu haben. Auf beiden laufen Windows XP und Linux völlig problemlos. Und knallen tun sie auch nicht. Das ist übrigens keine Werbung, weil diese Geräte nicht mehr gebaut werden. Schlimmstenfalls steigen die Preise auf dem Gebrauchtmarkt. Aber 200 Euro, 200 Euro, da war doch noch was? Richtig! Vor 10 Jahren stellte Larry Ellison Ende August den ersten NC aus der Vorserie vor, für alle, die nur schreiben wollen und denen dabei Windows im Weg ist. Auf der Europa-Pr*mi*re in Paris crashte Ellison den Rechner bei dem Versuch, eine CD von Mariah Carey zu bestellen und gleichzeitig einen Song von Mariah Carey abbbbzzzuuuussspppppppllllnnn. Man mag das für den Aufstand der unbelebten Materie gegen die Geschmacklosigkeiten derjenigen betrachten, die sie zu beherrschen meinen und mit unsäglichem Gedöns belästigen. Der weise Jo Bager aber schrieb zukunftsweisend: "Abgesehen davon ist gerade in Deutschland die Internet-Infrastruktur noch meilenweit davon entfernt, eine NC-Architektur zuzulassen."

*** Heute haben wir das Internet in Deutschland. Und das ist ganz furchtbar, auch ohne NC, denn das Internet ist auch ein Terrornet. Die Bits und Bytes stehen nicht immer auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung und müssen demnach scharf kontrolliert werden. Und wer bitte gibt mir die Garantie, dass dies nicht der Lageplan für einen besonders perfiden Bombenteilchenbeschleuniger ist? Ist nicht schon verdächtig, dass hier das Wort anonym auftaucht, Kennzeichen merkbefreiter Strategen, die "irgendeine Art von Vorratsdatenspeicherung" anonymer Daten fordern? Vernagelte Hardliner dieser Art leben anscheinend gern in Schleswig-Holstein, wo gerade der Bungsberg als höchster Berg nach einer Kommissionssitzung von Justizminister Uwe Döring und Innenminister Ralf Stegner zurücktreten musste. Seinen Platz nimmt ab sofort Konrad Freiberg aus Schwarzenbek ein. Der ist zwar kleiner, aber nach der wissenschaftlich erhärteten Umlaufbahn-Abräumthese (siehe Pluto weiter oben) ungleich würdiger, weil er sich aktiv für die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung einsetzt und eine Kronzeugenregelung will, die bislang nur üble Denunziationen produziert hat.

Was wird.

Bleiben wir in Schleswig-Holstein. Dort findet am Montag zu Haitabu eine Akademie der letzten Daten-Wikinger statt, die den seltsamen Titel Mach's gut. Mach's besser!" trägt. Behandelt wird so das Datenschutzmanagement in Unternehmen und Verwaltungen. Dabei nimmt sogar der erwähnte Bungsberg-Regulator von der Schlei, Ralf Stegner, an einer Diskussion darüber teil, ob Datenschutz als Ordnungsprinzip zur Optimierung von Unternehmensabläufen genutzt werden kann. Höhepunkt der Tagung ist der Auftritt von Peter Cullen, seines Zeichens der oberste Datenschützer von Microsoft. Er soll welterstmalig ein neues Konzept seines Unternehmens vorstellen, wie bei der Entwicklung von Software Datenschutz implementiert wird. Wieder einmal setzt die Erde inmitten der acht Planeten unseres Sonnensystems neue Standards! Dank Microsoft.

Dann gibt es kein Halten mehr, denn die IFA bricht aus. Das ist eine Messe wie die CeBIT in meiner lieblichen Heimatstadt, sie unterscheidet sich von der CeBIT nur darin, dass nicht der freie Stamm der Sachsen die Messe organisiert, sondern die Berliner, bekanntlich ein Reitervolk aus der hinteren Mongolei, das mit der Graffitti-Sprühdose im Sattel aufwächst. Die Inhalte von IFA und CeBIT unterscheiden sich ansonsten nicht mehr großartig, was beispielsweise Nokia gemerkt hat. Die Finnen bleiben beiden Veranstaltungen fern und beehren genau wie Apple die Photokina in Köln mit einem Stand. Wobei im Fall von Apple die Stammes- und Götterfrage kompliziert ist. Wheels of Zeus deuten immerhin auf einen Stamm in Fetatistan hin. Und dann sind da noch die bemitleidenswerten Kölner, ein Stamm, der bedingt durch langjährige römische Anwesenheit verlernt hat, wie richtiges Bier gebraut wird. Wie war das noch? Genau: Den Göttern kommt das große Kotzen.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #94 am: 03 September, 2006, 03:53 »
    Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** <KRASSLANGWEILIGERHAL>Ich denke</KRASSLANGWEILIGERHAL>, also bin ich. Ich dachte, ich denkte, als eine Dachtel mich wieder zurückholte in die wilde wirre Welt der flexiblen Menschen, wie sie Richard Sennett einmal beschrieben hat. Die Welt, in der die flexibel Arbeitenden sich nicht über die Fragmentierung ihrer Arbeit beklagen, weil alles von einem großen Office mit der richtigen Office-Software gesteuert wird. Eine Welt, in der "Ihr Potenzial. Unser Antrieb" ein eingetragenes Warenzeichen von Microsoft ist. Klingt komisch wie der Satz eines Prachers, ist aber so. Es heißt nicht "Ihr Potenzial ist unser Antrieb". Denn dieser Satz könnte sich verändern, etwa "Ihr Potenzial war unser Antrieb". In der Welt der flexiblen Menschen ist es nur natürlich, dass die flektierbaren Verben auch kontrolliert werden müssen. So gesehen ist es vollkommen logisch, wenn "Unser Antrieb" bei Microsoft ein Patent auf die Konjugation von Verben bekommt: Wir können nur Präsens. Mehr Potenzial ist nicht. Den Rest treibt Microsoft zu neuen Features und Patenten und nichts trübt das Ausschöpfen der Potenz durch den Antrieber.

*** Die Konjugation hat Konjunktur. Nach den neuen Rechtschreibungsregeln heißt es ja verbindlich "wir downloadeten Dateien" und "wir haben Dateien gedownloadet". Sehr nützlich ist so ein Konjugations-Feature in Word, das entsprechende Sätze gleich unter Strafe stellt, vielleicht mit einem Deklinations-Add-on, das bei jedem Deppenapostroph die schwule Büroklammer aktiviert. Was dann in Word noch fehlt, ist ein ausgereiftes Kürzelmanagement. Nehmen wir nur in der Nuttenposse die klevere Adressierung in der Fanpost der Anwaltskanzlei von Sigmar Gabriel. Mit 4Herrn Marcel Bartels hat Anwältin Steffi vorgem8, wie sinnvoll Kürzel sein können, gerade wenn es um Bordst1chwalben geht, zu denen der sozialdemokratische Pop-Beauftragte vom Lebensministerium niemals wollte. Denn in Deutschland gibt es lebensmachenden 6 in geordneten Bahnen bei Muttern und Vatern.

*** Doch nicht nur Zahlenkürzel sind ungemein praktisch. In ein gut integriertes Kürzelmanagement gehören auch Buchstabenkombinationen wie VeNaGUA (Verbund Nachrichtengewinnung und Aufklärung), das supertolle Intranet des BND, das schon am kommenden Montag mit anderen Datenströmen zur Anti-Terror-Datei zusammengedönert werden soll. Nehmen wir nur das Kürzel SA für sexuelle Auffälligkeiten, das ein SPD-Innenexperte aufnehmen will. Wer den Schniedel pützt und die Wiefel wienert, bereitet sich womöglich darauf vor, für die Umma einen Bad day zu begehen. Das ganze natürlich nicht ohne Vorbereitung, mit dem Potenzial von Word: "Schreibe deine Nachricht in Word, konfiguriere sie, schneide sie aus, füge sie ein und schicke sie ab. Dann beende die Verbindung. Während du eine Nachricht schreibst, darf deine E-Mail nie geöffnet sein."

*** Die Datei, die Datei, die hat immer recht. Inmitten der Deklination der Indexdatei zur Volltextdatei mit googleeskem Ausmaß hat sich die Aufregung um die vom Bundestag selbst beschlossene strikte Zweckbindung der Mautdatenerhebung etwas gelegt. Ohne Mautdatenfahndung donnern Schwerverbrecher auf ihren Trucks unbesorgt durch Deutschland, verkündeten populistische Hüpfdohlen unentwegt. Bis zum Beweis des Gegenteils, mit der Veröffentlichung einer Phantomzeichnung in hessischen Zeitungen. Mit der Verhaftung des geständigen Täters zeigt sich der ganze Unsinn der Mautdatenfahndungsdiskussion. Nach dem Mord, der die erneute Diskussion ins Rollen brachte, benutzte der Fahrer offenbar die B3 und keine Autobahn. Aber irgendwozu muss das Mautsystem ja noch gut sein, abseits der Betriebskosten von 555 Millionen Euro beim Bundesamt für Güterverkehr und den 710 Millionen, die Toll Collect für seine Mühen jährlich bekommen soll.

*** Durch einen Irrtum amerikanischer Ermittler ist nicht die ranghöchste deutsche Bloggerin Lyssa Borchert zur mächtigsten Frau der Welt gekürt worden, sondern ihre Interviewpartnerin Angela Merkel. Offenbar beeindruckte die Bundespodlerin mit ihrer souveränen Art 2.0, den Kongo auf einem Globus zu finden, ohne Google Earth anwerfen zu müssen. Etwas, das sonst eine Spezialität der Machtfrau Nummer 12, der Afrikareisenden Melinda Gates ist. Bemerkenswert dabei, dass Susanne Klatten, die mächtigste Wirtschaftsbossin Deutschlands, es nur unter die Drop-Offs schaffte, für deren Fotostrecke man ausgesucht hässliche Porträts verwendete. Angesichts der Dominanz der Most Powerful Women in the Media hätte es wohl auch Eva Herman unter die Top Ten gebracht. Doch sie verzichtete und rief die nominierten 100 Frauen auf, in die Küche 2.0 zurückzukehren und die Enkel zu hüten.

*** Denn, seien wir doch mal ehrlich: die Frauen sind an allem Schuld. Put the Blame on Mame, Boys, auch für den Tod des großen Glenn Ford, dem unvergessenen Johnny mit seiner Gilda. Glenn Ford, der ein bisschen wie ein Sigmar Gabriel aussah, der zuwenig Marshmellows und Fastfood gegessen hat, war der letzte große Cowboy. Mit den Frauen hatte er vielleicht Probleme, wie beim Handschuh-Striptease zu sehen, dem zweitberühmtesten Striptease nach der Show von Ursula Martinez. Aber mit 0,4 Sekunden zog er den Film-Colt schneller als John Wayne. Und mit "Rock around the Clock" brachte er 1955 den Rock 'n Roll in den Film.

*** Das bringt mich zur immer wieder verschobenen Wahl des Sommerhits im Herbst. Und was auch immer dieser Sommer gewesen sein mag, so bleibt meine Wahl für die Begleitmusik nun doch "Tu Vuo' Fa' L'americano" in der Version von Quadro Nuevo – nicht nur, weil man immer gerne so talentiert wie Mr. Ripley wäre, sondern weil Venedig auch ganz anders als kalt sein kann. Da mögen die Leser noch so sehr der Ansicht sein, früher sei alles besser gewesen und daher das "Wort zum Sonntag" der Toten Hosen präferieren. Genauso aber wie das "Heise House Band Project" irgendwie die Gründungsphase nie so recht erreichte, blieben andere Musiken in diesem Sommer zwar nicht ungehört, hatten aber doch keine Chance zum WWWW-Sommerhit gekürt zu werden. Kein Willem Breuker, kein Chick Corea, keine Dead Kennedys und kein Joe Strummer, nicht Brian Eno, der nur einen weiteren Tag auf der Erde besingt, nicht die Gang of Four, die weniger in Mustern, denn in der kurzen Geschichte des 20 Jahrhunderts stöbern, nein. Einfach nur ein Song zu einem Sommer, an den wir uns gerne erinnern werden – weniger aufgrund all der nicht sehr gelassenen nationalistischen Patrioten, dafür aber wegen all der entspannten Einwohner dieses Landes, die sich recht unbefangen und meist bunt bemalt dem Sommer und seinen Vergnügungen hingaben.

Was wird.

In einem Interview mit den IBM-Poddern von DeveloperWorks hat sich Tim Berners-Lee über Web 2.0 und den strunzdummen Jargon all der Berater aufgeregt, die es auch bei uns gibt. Die in ihrem digitalen Maoismus wie die Junggardisten der Großen Proletarischen Kulturrevolution nichts anderes können, als die Abrufzahlen von YouToube und Flickr zu besabbern. Noch ist alles Web 1.0, ein Internet, das Menschen mit Menschen verbindet. Noch gibt es Menschen, die andere nicht danach fragen, wieviel Feeds ihr RSS-Reader verdauen muss. Noch gibt es intelligente Menschen, die nicht die Gleichschaltung 2.0 mitmachen. Aber es gibt genug Veranstaltungen wie diese Transitions-Konferenz, die zeigen, wie weit die Verblödung fortgeschritten ist mit der 360-Grad-Themen-Abdeckung im Onlinebereich. Ja, darf's nicht noch ein paar Grad mehr sein?

Vor wenigen Tagen hat die mächtigste Frau der Welt die elektronische Gesundheitskarte zur Chefinnensache gemacht. Das ist insofern erfreulich, als die für die Karte zuständige Gematik mit Anzeigen in der Zeitschrift iX begonnen hat, das Personal für die Chefin zu suchen. Da passt es doch, dass sich die IT-Trends Medizin mit einer Bestandsaufnahme des Sandes im Getriebe versuchen. Außerdem gibt es eine Pr*mi*re zu vermelden: Erstmals gibt es ein Bürgerforum, auf dem das gemeine Volk fragen stellen darf. Den tapferen "Bochumer und Essener Pionieren" sei gewünscht, dass sie auch Antworten erhalten, was da im Jahre 2010 in unsere Kartenfächer im Portemonnaie wandert. Immerhin leben sie nahe am Mammo-Highway, von dem es auch nur Staunachrichten gibt.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #95 am: 10 September, 2006, 00:21 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Was Hund ist, schweigt. Dafür schnattern die Menschen umso lauter. Sonderseiten in den Zeitungen, Sonderausgeben bei den Magazinen, Verschwörungstheorien und natürlich den Puzzle-Sondereditionen all mixed in the same bag. Im dröhnenden Mashup zum 11. September kann diese kleine Wochenschau nicht einfach zu den IT-Themen zurückkehren, sie hat dies schon früher und später nicht getan.

*** In den zurückliegenden Ausgaben dieser Wochenschau verlinkte ich auf Fotos, die im einhundersten Stockwerk eines Turmes des World Trade Centers vom 22-jährigen Paul Battaglia aufgenommen wurden. Den Arbeitsplatz des IT-Werkers gibt es nicht mehr, Paul starb am 11. September 2001. Der menschenleere Büroraum ist im Web eine von vielen kleinen Gedenkstätten. Im Gästebuch findet sich nach fünf Jahren genau ein (1) halbherziger Versuch einer Erklärung von offizieller Seite.

*** Vor fünf Jahren schrieb ich an dieser Stelle: "Wir haben das Pearl Harbour des neuen Jahrhunderts auf den Bildschirmen gesehen, wieder und immer wieder, und warten auf sein Hiroshima." Damit habe ich mich geirrt. So war der Schlag gegen die "Felsenfestungen" von Osama Bin Laden einer, der mit einem Bruchteil der ganzen Kraft der US-Armee erfolgte, eine merkwürdig zögerliche Aktion. Und Hiroshima als Chiffre steht jetzt für eine einzige Bombe, mit der die befürchtete Atommacht Iran den Staat Israel auslöschen könnte. Nach fünf Jahren geht es weiter wie bisher, da kann man unmöglich diese abgedroschene Floskel vom "Kampf gegen den Terror" weiter benutzen. Nein, die Werber haben da schon Recht, dass alles eine Frage des guten Marketings ist. Reden wir lieber von den emotional anrührenden Lovemarks, fangen wir besser an, vom Kampf für eine bessere Welt zu sprechen. Wer Distributed Computing kennt, wird gegen distributed Prisoning nichts sagen können, wenn es denn für eine bessere Welt geschieht. Ist dann nicht jeder vergitterte Bau, den die CIA betreibt, ein Liebeszeichen für eine neue, hellere, bessere Welt? Hat es nicht seine Logik, wenn die Waffen im Kampf für eine bessere Welt anders aussehen als Haubitzen und Sprengbömbchen, sondern schlichte Saatgutkörner sind?

*** Der Kampf für eine neue bessere Welt ist natürlich der Kampf für eine neue besonders flache Welt, in der es nicht auffällt, dass die Regierung Bush praktisch hirntot ist, die Regierung Blair praktisch abgedankt hat und die Regierung Merkel praktisch auf einem umgekehrten Gipfel thront. Der Vorteil einer flachen Welt liegt bekanntermaßen darin, dass die Argumente unendlich flach sein dürfen. Nehmen wir nur die deutsche Polizeigewerkschaft, die das Kunststück fertig bringt, von der Einrichtung eines weltweiten Gottesstaates zu faseln und gleichzeitig den Gammelfleischskandal zum Thema zu addieren. Das Ziel von Al Quaida ist die Wiederherstellung des Kalifats, aber zur Demontage der Grundrechte durch geschickt verknüpfte Anti-Terror-Dateien macht es sich besser, wenn von einem weltweiten Gottesstaat die Rede ist. Schließlich ist der Kampf für eine neue Welt auch ein globaler.

*** Wenn die neue Welt flach ist, dann hat das auch mit der Software zu tun. Im verlinkten Interview mit der FAZ erklärt der Flachwelttheoretiker Thomas L. Friedman, dass der PC, das Internet und die "Workflow Software" ganz entscheidenden Anteil daran haben, dass die Welt so flach geworden ist. Gemeint ist das, was heute eher unter dem Begriff Social Software firmiert. Das Wissen tröpfelt auf einen flachen runden Tisch mit 38 Metern Durchmessern, weil jeder etwas anderes wissen will und mal eben schnell darüber chattet. In dieser Scheibenwelt ist es nicht weiter verwunderlich, wenn die Antwort 42 bei eBay eine schlappe Million Euro kosten soll.

*** In einer flachen besseren Welt kann es keine Frage der Perspektive mehr geben, sondern nur noch die von Gut und Böse. Das Gegenstück zur Social Software ist das Social Engineering, eine der beliebtesten Methoden der ach so schlimmen Hacker. Social Engineerering ist böse. Wenn es in feiner Gesellschaft stattfindet und von Privatdetektiven betrieben wird, ist es gut und als "Pretexting" sogar rechtlich abgesichert, wenn auch eine kolossale Dummheit. Wer noch auf einer Rundwelt lebt, wird sich darüber amüsieren können, dass ausgerechnet Hewlett-Packard Integrity-Server vertreibt und das Garagen-Denkmal der Gründer bei Sun gelandet ist. Derweil werden findige Hacker in Österreich gesucht, die das "Posttexting" beherrschen und die Daten aus einem C64 auslesen können, bei dem die streikende Datasette offenbar Rätsel aufgibt. Derweil gibt es schon mehr Natascha-Kampusch-ExpertInnen als Experten für den Kampf für eine bessere Welt. Aber manche halten ja auch eine 40 Jahre alte TV-Serie für einen Ausblick auf die integren Heroen einer besseren Welt. "No more Heroes" sangen einst die Stranglers, und das ist der bessere Kommentar zu einer Welt, die noch weit davon entfernt ist, besser zu werden, da sie keine Helden mehr braucht.

Was wird.

Gegen die wohlfeilen Gedenken zum 11. September lohnt es sich, den Blick von der neuen Welt in Flachbauweise auf die alte Welt in Kugelform zu richten. Wie wäre es mit einem Gedenken an den 12. September, als in Deutschland vor 20 Jahren ein fast perfektes Verbrechen passierte? Das schreibe ich in einer Woche, in der die Deutsche Emissionshandelsstelle im Rahmen des eGovernment-Wettbewerbes des Preis für das beste virtuelle Unternehmen kassiert hat. Das Gegenstück liefert diesmal nicht der dicke Umweltkönig Sigmar Gabriel, der eigentlich zu den Popp-BeauftragtInnen will. Sondern eher Werner Neubauer.

Wer historisch denkt, denkt nicht an den Pop-Beauftragten Gabriel oder die von Schröder vererbten Scorpion-Rebellen und ihren Pfurz of Change, sondern an die wahren, echten Rebellen mit einem Grund von IBM, die am 13. September 1956 die Festplatte vorstellten, dieses unzuverlässige Ding, Eingang zum großen Daten-Nirwana. Meine erste Festplatte war 5 MByte groß, kostete 3500 DM und semmelte nach 5 Monaten ab. Damals erklärte mir ein Techniker, dass ich nichts Besseres von einer 30 Jahre alten, überkommenen Technologie erwarten könne. Heute erklärt uns Utimaco, dass sie 35 Jahre lang warteten, bis sie eine Verschlüsselungen für die Viecher produzierten.

Warnung: Ab hier wird es extrem parteiisch, seitig und unflach, denn ich mache ausdrücklich Werbung für die Wizards of OS 4, eine der besten deutschen Veranstaltungen, wenn es gilt, einen klaren Kopf in Digitalien zu bewahren. Passend zum Software Freedom Day findet die WOS 4 in Berlin statt. Obendrein ist die Columbia-Halle Heimstätte des Schreibrechts-Wettbewerb. Kurzum, die Konferenz ist ein guter Grund, endlich einmal die richtigen Blues-Akkorde zu lernen. Oder wollen WWWW-Leser etwa nur das theweleitsche Fever in der Interpretation des Nasenflöten-Orchesters hören?

(E)(A)Woke up this mornin' turned on the news
somebody's trying to steal the blues.

(A)They try to license E-Major and put my songs in danger
(B)It's my favourite blues chord soon it ain't free no more.

Went to O'Malley's to fetch me some gin
sat down at the bar when i saw him walking in
His name was Tux he gave me a grin
said try open source fella that's how you win.

cause culture is free and should always be
it's creative and common for both you and me
let's share this song so we can get along
let's share this song so we can get along

Das nächste WWWW berichtet natürlich leif von dieser wunderbaren Veranstaltung. Denn wie heißt es so schön in Digitalien: Creating your own blog is about as easy as creating your own urine, and you're about as likely to find someone else interested in it. Pissen für eine bessere Welt, das hat was.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #96 am: 17 September, 2006, 01:45 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Er war da. Der deutsche Papst besuchte das deutsche Bayern und die Welt staunte über Bayern, das nicht ganz Deutschland ist und seinen Papst, der nicht der Papa aller Deutschen ist. In der norddeutschen Tiefebene, wo einstmals der Stamm der Sachsen lebte, ist die entschlackte Variante der päpstlichen Religion zu Hause. Ganz zu schweigen von Berlin, wo der Papst Partymeister Wowi im Wahlkampf unterstützt hätte, wäre er denn in der Gegenwart angekommen. Doch in Bayern bringt die mit Fußballmannschaften konkurrierende Sekte genügend Anhänger zusammen, um den Papsteinsatz zum Spektakel werden zu lassen. Da brauchte es nur noch eine bewegende Rede des Oberhirten einer Religion, die seit den Kreuzzügen ihren Glauben mit dem Schwert verbreitet hat, um richtig Stimmung zu machen im jüdisch-christlichen Abendland und muselmanischen Morgenland.

*** Er war auch da. Ganz in Schwarz missionierte Vater Lawrence Lessig in Berlin die Massen auf der Wizards of OS, machte ihnen Mut, doch nicht den Traum von der "Read/Write-Society" aufzugeben, in der jeder Mensch die Inhalte mixen kann, ohne gleich von der Content-Industrie ans Kreuz genagelt zu werden. Selbst Jesus. Passend dazu gab es quelloffenes Freibier vom Feinsten, nämlich Lessigs Freie Kultur unter einer freien Lizenz. Sehen wir mal davon ab, dass das Buch in der deutschen Version der absolute Ladenhüter ist, weil a) Free Culture auf Englisch viel sexier klingt oder b) kein freier Mensch ein theoretisches Buch dieses Kalibers lesen will. Freibier im Sinne der Normalsterblichen gab es auch, nach Lessigs Messe, in abendmahlgerechten Halbliterpappen, die zur Feier der Registered Commons spendiert wurden. Und Frieden war auf Erden, bei den Zauberern und Elfen. Und ein himmelblaues offenes Netz spannte sich über die, die da glaubten und sich nicht von der miserablen Internetverbindung stören ließen. Eine heile Welt, die Zwietracht selten stört. Immerhin wurde so endlich einmal bekannt, dass es zum Beispiel Spezialisten gibt, die gezielt Links von heise online auf Wikipedia-Inhalte unterwandern. Der Konter? Ein harter Permalink-Schwinger, tief angesetzt.

*** Mit einem Zauberstab püriert, ansprechend gewürzt und verflüssigt, kann noch die dickste c't als Köstlichkeit verspeist werden. Das ist noch nicht der ultimative Kochwettbewerb "Kochen mit Heise" oder "Amuse Geil aus der norddeutschen Tiefebene", sondern eine schlichte Regel des Journalismus: Wer Prognosen macht und gesichertes Wissen verspricht, sollte seine geflügelten Worte wie Bob Metcalfe essen können. Nun hat Microsoft ein Versprechen abgegeben, die Kanonen ihrer Rechtsanwälte nicht auf die zu richten, die das Single-Sign-On a la mode de Microsoft verwenden wollen. Die Frage ist, was ein Versprechen juristisch wert ist. Immerhin entsteht diese Kolumne am Software Freedom Day. An so einem Tag hat auch Microsoft bei mir ein Versprechen gut, zumal die Firma mit ihrem Zune einen MP3-Player auf den Markt gebracht hat, der offenbar ungeschützte Audiodateien frei von jedem DRM-Teufelszeug abspielt, wenn die ersten Berichte stimmen. So viel Lernfähigkeit von einer Firma, die einstmals mit Play for sure auf DRM setzte, muss einfach honoriert werden. Außerdem darf man niemals vergessen, wer der eigentliche Arbeitgeber ist.

*** Wenn von Honoraren die Rede ist, dann waren in den letzten Wochen meistens die der Ärzte gemeint. Bei der elektronischen Gesundheitskarte, die derzeit hauptsächlich aus simulierten Geräten und Diensten besteht, war hingegen nur von Einsparungen die Rede. Der Bitkom freute sich über 500 Millionen Euro jährlich, die gespart werden, die Testgesellschaft Gematik über die Einsparung der teuren SICCT-Kartenleser, deren Spezifizierung noch nicht abgeschlossen ist. Nun ist ein Papier der Gematik bekannt geworden, das davon ausgeht, dass die Einführung der Gesundheitskarte im ungünstigsten Fall 7 Milliarden Euro Kosten in der Infrastruktur verursachen kann. Dabei sind die Karten selbst nicht mitgerechnet, da Peanuts. Nach 10 Jahren sollen sich Kosten und Nutzen die Waage halten, so rechnet man bei der Gematik. Das größte IT-Vorhaben der Welt ist damit die größte IT-Beschaffungsmaßnahme der Welt. Jede Ähnlichkeit zur LKW-Maut, die jährlich 1,3 Milliarden Unterhalt kostet, und mit einem gezielten Schritt die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, ist zufällig rein.

*** Zum letzten WWWW habe ich einige Mails erhalten, in denen die Entrüstung vibrativ zu spüren war, dass man doch niemals so über die tragischen Ereignisse des 11. Septembers schreiben kann, die den Blutzoll der Amerikaner forderten. Die einfache Antwort: wenn man schon von Zoll spricht, dann sollte auch der richtige Body Count Bemessungsgrundlage sein: Heute vor 144 Jahren starben etwa 23.000 Amerikaner. Und zum Vorwurf des Anti-Amerikanismus textmittig einen Ausflug in die Zukunft des was wird. In der nächsten Woche ist der Neuantrag meines Journalistenvisums für die USA fällig. Das letzte Journalisten-Visum, erteilt am 7. September 2001, wurde schlicht per Telefon bestellt. Heute braucht es: Eine schriftliche Bestätigung aller auftraggebenden Redaktionen, eine mehrseitige Beschreibung in Form eines Essays, worüber man in den USA berichten will. Sämtliche Ausbildungs- und Abschlussnachweise inklusive Telefonnummern der Institutionen dieser Nachweise. Eine Liste der Reisen der letzten 10 Jahre, inklusive Belege, wer für diese Reisen bezahlt hat. Und einen Aufsatz über die amerikanische Demokratie. Alexis de Tocqueville hatte es einfacher. Aber zu seiner Zeit war der Papst nicht die reine Vernunft und der Islam eine Religion unter Vielen.

*** Eine Woche mit fünf Jahren Nine-Eleven und 25 Jahren Chaos. Die nächsten Jahrzehnte werden auch nicht ordentlicher, dafür um so spannender, nach dem verlorenen großen Krieg. Aus dem Schuttberg des WTC erwächst auch den Chaoten neue Arbeit. Die Trümmerfrauen von heute schleppen keine Backsteine auf dem Rücken, sondern haben den Laptop im Backpack. Der Rauch verzieht sich, die Tränen sind getrocknet. Keine Zeit zu Weinen, wusste schon der Mann hinter der großen Sonnenbrille und singt mit Grabesstimme durch die Nebelschwaden.

Was wird.

Mit dem Pretexting bei Hewlett Packard hat es nicht ganz geklappt. Der Staatsanwalt will Anklage erheben und selbst der US-Kongress interessiert sich für das Social Hacking in der Bel Etage der Konzernzentrale. Während HP verspricht, vom bösen Tun Abstand zu nehmen, lädt es deutsche IT-Journalisten in ein besonders exklusives Schlosshotel ein, sich über die neue HP zu informieren. Ob die Mauern besonders abhörsicher sind, wird nicht verraten. Vielleicht hätte man ein Rotel nehmen sollen.

Während die Geldverdiener in Berlin ihr zauberhaftes Treffen beenden, starten die Geldausgeber in Brüssel ihre Show: Die europäische OSCON von O'Reilly ist der angesagte Laufsteg, wenn es gilt, VC-Gelder einzusammeln. Etliche Firmen, die im letzten Jahr debütierten, sind obendrein von großen Konzernen geschluckt worden. Da macht es doch nichts, wenn teilnehmende Firmen sich verpflichten müssen, böse Worte über den Verlag mit den lizenzfreien Tierstichen zu unterlassen. Nennen wir das einfach Pre-Pretexting oder schicker Pretexting 2.0.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #97 am: 24 September, 2006, 00:13 »
Was war.

*** Aus gegebenem Anlass kommentiert heute nicht Hal Faber aus der norddeutschen Tiefebene, diesem flachen Niedersachsen, dass nur ein Feuilletoniker der Süddeutschen Zeitung als amerikanische Tiefebene beschreiben kann. Hal ist weit weg in Amerika und dort nicht in einer Tiefebene, sondern auf Paahdy in einem tiefen Tal, den sechzigsten Geburtstag von Uschi Obermaier feiernd. Man beachte diesmal nicht die Oberweite, sondern die Unterkategorien der international anerkannten Enzyklopädie der Taschentuch-Experten. Für die Künstlerin Uschi Obermaier finden wir: Deutscher | Frau | Schauspieler | Fotomodell | Playboy-Model | Geboren 1946 | Groupie. Groupie! So wird die Frau eingeordnet, die das Sex-Symbol einer ganzen Generation war, die längst nicht mit mit jedem schlief, sondern häufig einschlief, was ganz schön konterrevolutionär war. Womit sie sich den ewigen Hass der Linken zuzog, wie er noch im moralinsauren Geburtstagsartikel der tageszeitung zu spüren ist. Hier zeigt sich übrigens, dass ePaper sinnvoll sein kann: Wer den Dummfug lesen will, muss zahlen. Der taz mit ihrem 68er-Komplex ist sowieso nicht zu helfen.

*** Guten Tag. Ich bin die Vertretung von Hal Faber und möchte mich Ihnen kurz vorstellen. Ich bin eine Datei, genau genommen eine von vielen Projektdateien, die mit dem "Gemeinsame-Dateien-Gesetz" möglich wird. In diesen unseren Zeiten, in denen das GDG das BGB ablöst, ist es ganz passend, dass ich Ihnen etwas aus dem Leben einer Projektdatei erzähle. Denn wir Projektdateien werden wohl von Menschen definiert (PDF, nach "Alternative:keine" nur schwer lesbar). Aber wir werden in Computern angelegt und sind praktisch unkaputtbar, denn "Computer vergessen nie". Das stammt nicht von mir, einer kleinen, unscheinbaren Projektdatei, deren Wohl und Wehe von einem Computer abhängt, sondern von Per Ström, dem schwedischen Spezialsten für Projektdateien. In seinem Buch "Überwacht", dass ein fauler Babelfisch zur Überwachungsmafia verschlimmbesserte, zeigt er, dass der (gerade abgewählte) schwedische Sozialstaat keine einzige Datei löschte, die vorübergehend für Projekte wie Kampf gegen den Terror, Eindämmung des Rauschgifthandels und Stillegung der Zwangsprostitution eingerichtet wurden. Für mich als Projektdatei ist das eine beruhigende Perspektive.

*** Ich möchte Ihnen an dieser Stelle in Vertretung von Hal nicht von den Schattenseiten erzählen, die das Leben einer Projektdatei auch kennt. Vom Streit mit unfähigen besserwisserischen Programmdateien, von der fürchterlichen Enge im Arbeitsspeicher oder den trödelnden NAS, in denen wir uns schlafen legen. Von den Gefahren, die uns von Hunden wie Lucky und Flo drohen, die illegale Dateien erschnüffeln können. Nein, das lange Leben einer Projektdatei kennt aufregende, tolle Momente, wie es die spannende Story des HP-Projekts Total Care zeigt. Es beginnt schon mit der Geburt: Wir Projektdateien entstehen ja meistens auf trojanische Art, wir werden als Jungfischchen ausgesetzt und müssen unseren Weg durch die Computer antreten, die mit gutem oder feindlichem Nährboden ausgestattet sind, müssen Daten erschnüffeln und damit langsam groß werden. Doch der schönste Moment kommt, wenn wir Jungdateien aufeinander treffen. Was bei Menschen der Sex ist, ist bei uns ein freudiger Abgleich von Details, ein Daten-Drilling und Fakten-Mining, das nur für Außenstehende absurde Ausmaße anzunehmen scheint. Denn was gibt es Schöneres im Leben einer Projektdatei, als ein Photo des Urgroßvaters eines Projektobjekts austauschen zu dürfen? Der HP Privacy Innovation Award, den die beste dabei entstehende Projektsammeldatei bekommt, ist doch nur das Sahnehäubchen oder halt, in unserem Maßstäben, eine besonders schicke Dateiendung.

*** Im Jahre 1910 erschien "Die Welt in 100 Jahren", in der Robert Sloß eine Welt beschrieb, in der "jedermann sein eigenes Taschentelephon haben [wird], durch welches er sich, mit wem er will, wird verbinden können, wo er auch ist. Dazu wird der Bürger der drahtlosen Zeit bloß den Stimm-Zeiger auf die betreffende Nummer einzustellen brauchen, die er zu sprechen wünscht. Als der deutsche Dichter Stefan George vom Taschentelephon erfährt, freute er sich über ein Gerät, das den Menschen unabhängig macht vom Staat, der nicht mehr der Kommunikation folgen kann. Heute ist das großartige drahtlose Jahrhundert da, natürlich begleitet von einer Projektdatei für die vorbeugende Straftatenbekämpfung.

*** Es hat schon seine Richtigkeit, dass Hal Faber heute zum Weltherztag die Finger von der Tastatur lässt. Er ist eindeutig ein Apfeltyp und schwer stressgefährdet wie alle Journalisten, die sich mit dem Aufrufen, Löschen und Drucken von Dateien beschäftigen. Dabei kennen Projektdateien auch Stress, wenn viel gesucht, indiziert und umgestellt werden muss. Nehmen wir nur den geizgeilen Fall der großen Projektdatei von Technorati, die 54,8 Millionen Blogs beobachtet. Da klettert der Rechtsanwalt Steinhöfel mit Tempo und Schmackes in die oberen Aufmerksamkeitsränge. Man muss es ein rundum erfreuliches Phänomen nennen, wenn Menschen anfangen, bewusster einzukaufen, gerade in Deutschland, wo es in allen Städten wirklich gute Computerhändler gibt. Als am Streit unbeteiligte Projektdatei empfehle ich meine Schwesterdateien, den Heise IT-Markt und den Heisetreff. Und dann gibt es da noch etwas, Stichwort Nikolaus, das sich Geld nennt. Während jede Projektdatei Sex kennt und sich darauf freut, haben wir mit dem Konzept Geld unsere Probleme. Denn wir wissen ja, wie billig es ist, zwei Dateien zusammenzukippen und grep zu starten. Das machen wir ja freiwillig, weil es der Höhepunkt im Leben einer Projektdatei ist. Dann aber soll das Anlegen neuer Projektdateien schlappe 86 Millionen pro Jahr kosten. Wieviel kostete eigentlich die Stasi?

Was wird.

Für eine Projektdatei gibt es nichts Schlimmeres als den finalen Gang zum Drucker. Vielen guten Projektdateien hat es das Herz gebrochen, gedruckt und veröffentlicht zu werden. Weil häufig, wie bei der Projektdatei Northwoods prickelnde Details ans Tageslicht kommen, die unter die Rubrik Staatsterrorismus fallen. Harmlos ist es, wenn der Truthahn für die Soldaten im Irak simuliert ist. Gravierender ist da schon, wenn ein Flugzeugabschuss simuliert werden soll. Und niemand wird von nichts etwas gewusst haben.

Es gibt aber Dateien, für die ist der Druck der allergrößte Kick. Extra für diese Foto-Dateien gibt es die Photokina, die am Dienstag in Köln geöffnet wird. Erstmals soll Apple auf dieser Messe ausstellen und wer das wirklich glaubt, wird auf die Gigapixel-Quicktake warten. Für Journalisten gibt es im Vorfeld der Messe die letzte Gelegenheit, Holzfäller zu werden und damit einen anständigen Beruf zu ergreifen.

Für Glaskugelexperten sieht die Sache anders aus; Angesichts der entsetzlich langweiligen Debatte um IPTV ist es mehr als eindeutig, dass Apple in Köln den Einstieg in das Megageschäft der Teleportation betreibt. Vergesst Gucki, den Mausbiber! Ja, ich kannte mal eine Projektdatei, die enthielt sämtliche Geschichten der endlosen Saga um Perry Rhodan. Sie ist heute noch die meistgelesenste Datei beim BKA. Während dem und alledem feiern die Menschen seit Tagen einen anderen Doppel-Geburtstag.

"Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die Orion, winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt."

Wie kommt das gigantische Sicherheitssystem ohne Projektdateien aus? Woher bekommt Tamara Jagellovsk wohl ihre Informationen? Wir waren dabei, als Helga Legrelle den Wasserhahn von Hasso Sigbjörnson reparierte!

Quelle : www.heise.de

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #98 am: 01 Oktober, 2006, 00:12 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Tschüss, kleine Projektdatei und danke für die Aushilfe. Wenn du unter den wachsamen Augen von BKA und BND groß und größer wirst, vollgestopft mit Faktoiden aller Art über den Islam, Terror und die Cocktail-Bars der CIA, dann nehme ich dich zur Entspannung mal mit in die Oper. Opern sind ja nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes eine brandgefährliche Sache. Besonders die von Mozart. Bis zur letzten Mozartkugel (!) geht es bei ihm immer wieder um den Islam. Man nehme nur diese Saray-Geschichte, komplett mit einer Entführung durch die Prä-CIA. Eine wirklich hundsgemeine, kaum glaubliche Geschichte. Ein vom Christentum zum Islam übergetretener Pascha Selim, der auf eine schicke Hinrichtung verzichtet, weil er die Unmenschlichkeit der Christen nicht mit Gleichem vergelten will, das ist starker Tobak, viel zu starker Tobak. Im Zuge des allgemeinen Tobak-Verbotes muss man den frei mauernden Mozart einfach verbieten. Aushilfsweise könnte zumindest der Mozart-Fan Schäuble die Sprechrolle des Paschas übernehmen und en roulant erfahren, wie das ist, nicht die harte Tour voller Projekt- und Terrordateien zu gehen.

*** Weil die kleine Projektdatei in meiner Vertretung ein bisserl Data-Drilling für das WWWW betrieb, hatte ich Zeit, ein paar alte Bekannte aufzusuchen. Zum Beispiel in Köln auf der Photokina, einer Messe für digitale Knipsen. Am Stand der Lomografen reparierte ein Techniker analoge Kameras, indem er sie mit einem Gummihämmerchen beklopfte. Wahrscheinlich war das Teil einer raffinierten Absatzstrategie, denn die Lomo-Fabrik arbeitet wieder. Interessant wie immer die Beobachtung, wie Apple die Fotografen anfixt, damit sie Apple-Hardware kaufen und bei jedem neuen Feature ihrer Software Beifall klatschen. Gegen die richtigen Mac-Sex-Foto-Ikoninnen vom Schlage einer Valerie Lewis hat ein nüchterner Vertreter wie Martin Parr, der für die Drucker vom Spionagekonzern Hewlett Packard warb, keine Chance, trotz seiner Bildergeschichten vom Sex in Amsterdam. Jedenfalls wird klar, warum die Verkörperung des PC auch zu den Chancenlosen gehört, selbst wenn ein begnadeter Komiker wie John Hodgman mit von der Partie ist, der 700 Hobo-Namen musikalisch vortragen kann.

*** Die "Wegelagerei" der GEZ, die den "Innovationsstandort" Deutschland austrocknet, die die Ärzte mit ihren Internet-Computern für die elektronische Gesundheitskarte "in den Ruin treibt", produziert weiterhin populistische Blüten in der Politik. Ich könnte all die genannten Begriffe mit Links unterfüttern, aber wir haben ja nicht ewig Zeit, die Platitüden über die Gebührengeier zu lesen. Immerhin gibt es auch ernst gemeinte Vorschläge, ausgerechnet von den Grünen, die einstmals das Blödsehen abschaffen wollten. Der witzigste Kommentar kommt von der GEZ selbst und ist in diesem Werbespot zu finden. Zu sehen ist ein schwarzes Schaf, das gut drauf ist und eine beflissene Studentin im Kreise ihrer beiden Liebhaber (das Schaf hat keine Chance). Während ihre Lover TVau glotzen liest sie Adornos Erziehung zur Mündigkeit, ausgerechnet jenes Buch mit Vorträgen von Adorno, die im rechtlich-öffentlichen Hessischen Rundfunk gesendet worden waren. Eigens für die Vorträge hatte sich Adorno sogar einen Fernseher angeschafft, meinen seine Biographen. Aber wie sieht heute die Erziehung zur Mündigkeit aus? Ich muss dem wirren Hal-Hasser recht geben. Kinder gucken längst kein Fernsehen mehr und schauen allenfalls bei Autohupe und ähnlichen Angeboten vorbei. Der eigentliche Skandal ist die Tatsache, dass TV-Anstalten die GEZ-Gebühr instrumentalisieren und etwas vom Bildungsauftrag faseln dürfen, während sie Boßdorfsche Schleimspuren hinterlassend Radsportler alimentieren und bei dem leisesten Anhauch von Wut das große Zucken kriegen.

*** Mit Wumm hat es gebenqt, sehr laut und sehr lustig für die Vorständler, die ihre Gehaltserhöhung auch mit dem erfolgreichen Abschluss des Handy-Geschäftes begründeten. Noch lustiger sind die Reaktionen der Politiker vom Schlage eines Jürgen Rüttgers. Über Jahre hinweg hat er die Willfährigkeit eines Peer Steinbrücks beklagt, der sich in NRW jederzeit mit Nokia ins Bet^H^H^H^H^H^H^H arrangierte. Am Ende hat Benq alles richtig gemacht. Ein neuer Name wird sich schon finden lassen. Spontan fällt mir Xing ein, aber das ist ein arg bemühter Witz. Ich kann einfach keine guten Witze erzählen. Vor allem keine guten KZ-Witze, die Joe Weizenbaum immer parat hat.

Was wird.

Im Juni 1971 bekannten 374 Frauen im Stern "Wir haben abgetrieben". Details über die mutige Aktion in einer aufregenden Zeit stehen heute auf der Hausfrauenseite. Heute mag man über die Selbstanzeige lächeln, doch sind Selbstanzeigen immer mit einem gewissen Pathos verbunden. Das gilt zum Beispiel für die französische Variante, mit der Aktivisten gegen Kopierschutzsysteme bekennen, welch böse Taten sie begangen haben. Eine Film-DVD mit Open-Source-Software geschaut, ganz böse Sache das. Eine ähnliche Aktion wird auch bei uns am 5. Oktober gestartet, wenn sich die wuchtigen Türen des ersten deutschen Online-Gefängnisses öffnen, all die Bekenner der Aktion "Wir haben privat kopiert!" aufzunehmen. Hoffentlich sind die Zellen angenehm, die Mitinsassen gut drauf. Ich war jung und wollte vögeln, so schnitt ich meiner Angebeteten Band um Band mit tollen Songs. Leider entpuppten sich meine Favoriten wie Harper Valley PTA und King of the Road als der eigentlichen Sache nicht dienlich.

Die Frankfurter Buchmesse steht vor der Tür, komplett mit der Verleihung der Giga-Maus durch Eltern for Family und HP for Plumbers. Passend zur Messe gibt es auch eine Aktion der Verleger, die den "weltweit schnellsten Dummie aller Zeiten" geschrieben haben, nämlich Urheberrecht for Dummies. In ihm heißt es hysterisch zu dem neuen, die Privatkopie abwürgenden Urheberrecht in Verkennung der Tatsachen: "Sollte es in seiner bisherigen Fassung Gesetz werden, hätten in seiner zu Ende gedachten Konsequenz weder Buchhändler noch Verlage mehr etwas zu verkaufen und Autoren nichts mehr zu verdienen." Beim weltweit schnellsten Dummie hatte das Hirn der Verfasser wohl Schwierigkeiten, die Finger zu kontrollieren und den aktuellen Stand der Novelle zu registrieren.

Oh, passend zur Buchmesse muss natürlich eine Buchempfehlung ins WWWW. Gleich doppelt passend, weil das unsichere Internet auch ein Produkt der Militärtechnik ist, entscheide ich mich für die Messe Neuerscheinung "Don't talk – Do it. From Flying to Word Processing. PAA to IBM" von Ulrich Steinhilper. Ein deutscher Jagdflieger, der in der Battle of England mehrere Maschinen abschoss, ehe er selbst über England gebodigt wurde und nun in der englischen Cromwell Press seine Ideen über das korrekte Abschießen und den richtigen Zeileneinzug verbreitet. Das ist politisch unkorrekt und damit einfach passend. Wer immer beim Thema Computer und Rüstung zusammenzuckt, muss weiter zucken.

Der letzte Absatz muss natürlich die Geschichte mit Uschi Obermaier von voriger Woche aufklären. Während sie in der Twen im Juni 1969 mit scharfen Fotos als "Miss Kommune und ihr Leben zu Acht" portraitiert wurde, warb sie züchtig, aber extrem knapp bekleidet in der Schülerzeitung "Underground" für den Bastelcomputer Logikus. Das andere superscharfe Werbe-Mädel war übrigens Iris Berben. Das war der erste Computer, auf den und die erste Anzeige, auf die ich reingefallen bin.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #99 am: 08 Oktober, 2006, 01:42 »
Was war.

*** Wenn der Herbst kommt, dann hält man schon einmal inne, bleibt in der norddeutschen Tiefebene stehen und schaut zurück auf das Erreichte. Was man hat, was man will, wo die nächste Tanke ist und wer wohl wieder mal die Wochenschau beschissen findet. Große Gedanken also, die man mit einem gewissen Stolz über das Erreichte nach vorne zu den Stirnlappen schicken kann. Stolz kann ich also behaupten, dass ich wirklich etwas habe: keine Ahnung. Noch stolzer bin ich aber, dass meine Leser genau dies wissen. In der vorigen Wochenschau hatte ich behauptet, dass Uschi Obermaier und Iris Berben in der Zeitschrift "Underground" für den Computer Logikus geworben hätten. Stimmt nicht. Sie sind nur auf Seiten abgebildet, auf denen für den "Geheimschriftübersetzer" beziehungsweise das "Intelligenztestgerät" geworben wird: Wenige Tage nach der Wochenschau frachtete ein Paketdienst einen vollen Karton auf meinen Schreibtisch, darin enthalten die gesamten drei Jahrgänge der "Underground" aus dem Verlag Bärmeier & Nikel. Mit dem Logikus, der für 68 Deutsche Mark bei einer 2001 GmbH bestellt werden konnte. Schau heimwärts, Alzheimer! So bin ich von einem Leser wieder einmal davor bewahrt worden, zum Tom Kummer der IT zu werden. Was insofern eine gute Sache ist, als der nächste Kummerkasten wöchentlich mit den "hintergründigsten Reportagen" gefüllt werden wird, damit die "neue Generation der Leistungselite in diesem Land, urban und weltoffen, die heute nur eingeschränkt das wöchentliche Medienangebot nutzt", etwas zu lesen hat. Natürlich gehört hier ein Link hin, doch sei der treue WWWW-Surfer gewarnt. Es ist ein Bild dabei, und Uschi Obermaier ist nicht drauf.

*** Hintergründigste Geschichten aus der Welt der IT sind immer super spannend. "Am Ende hatte der Verwaltungsrat nicht den Mut, mir in die Augen zu blicken. Sie haben nicht 'Danke' und nicht 'Auf Wiedersehen' gesagt." So sprachmächtig wie erschütternd beginnt Carly Fiorinas Buch "Tough Choices", das bei uns unter dem Titel "Mit harten Bandagen" erscheinen wird. Fiorina ist der gleiche Jahrgang wie Steve Jobs und Bill Gates, hat aber die großartige Chance, das Scheitern einer Irrsinns-Fusion und die Einführung einer paranoiden Firmenkultur beschreiben zu können. Schließlich war es Fiorina, die die Operation Kona einleitete, bei der man sich mitnichten um die Tierchen seiner Mitarbeiter kümmerte.

*** Wenn der Herbst da ist, die Ernte eingefahren, beginnt die große Grübelzeit. Wer sind wir? Wohin gehen wir? Was machen die Lottozahlen? Philosophisch veranlagte Naturen glauben, dass sich der Mensch vom Roboter durch seine Seele unterscheidet. Diese Seele ist eine Art vorformatierte, bootfähige Festplatte, die mit Daten gefüllt wird bis zum Lebensende. Dann steht eine megamäßge Konferenzschaltung mit Myriaden vom Webcams an, die vom Seelenbrowser durchsucht werden. Der große Robert Anthony Wilson, dem wir die Zahl 23 und ein paar diskordianische Spielereien verdanken, steht vor seiner großen Schaltung und doch ist kein Geld auf dieser Seite des Universums da, ihm die letzten Tage zu erleichtern. Ich fühle mich geehrt, helfen zu dürfen und finde die Antwort besonders ermutigend.

*** Das kann ich von einer Vielzahl der Antworten auf die kleine Meldung vom Unfalltod von Dirk Haaga nicht behaupten. Haaga gehörte zu den sympathischen Geschäftsführern einer Branche, die nicht unbedingt für sympathische Geschäftsführer bekannt ist, sondern mehr für Hohlformen mit übergezogenem Jackett. Es spricht für ihn, dass sich viele an seine Hilfsbereitschaft erinnern und ihre Anteilnahme ausdrücken wollen. Kurzum: nichts spricht gegen die Spendenaktion zum Gedenken an einen großzügigen Menschen, die der Linux-Verband gestartet hat.

*** Gestorben ist einer, der zeitlebens Angst vor der Armut hatte und der doch der reichste Österreicher war. Friedrich Karl Flick, der mit seinen Millionen die "deutsche Landschaft" pflegte, mit dem das wg. salonfähig wurde. Ihm verdankte Helmut Kohl seinen kostbaren "Blackout". Bis an sein Lebensende weigerte sich der reichste Flick, Zahlungen an den Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zu leisten. Wie kein Zweiter prägte Flick das Bild vom gewissenlosen deutschen Unternehmer – nur sein Vater war ihm auch darin überlegen.

*** An der Spitze von Microsoft einen deutschen Unternehmenschef zu geben, das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Jürgen Gallmann hat sie besser gelöst als mancher Vorgänger. Wer erinnert sich noch an blasse Vorgänger wie Kurt Sibold oder Richard Roy? Gallmann versuchte sich am Dialog mit der Politik und konnte selbst in der komplizierten Auseinandersetzung mit der Europäischen Union Verständnis für europäische Entscheidungsprozesse vermitteln. Die "Verlagerung von Entscheidungsspielräumen in die Corporation", die ihn zum Abschied trieben, sind eine höfliche Umschreibung für die neue Microsoft in der Vista-Ära, die erst in Umrissen erkennbar wird. Was nicht heißen soll, dass Microsoft mit Wattebällchen wirft.

*** Die Forderung nach dem Verbot von Wahlcomputern, die der Chaos Computer Club aufgestellt hat, ist übertrieben. Schließlich haben es die CCCler geschafft, ausgerechnet The Simple Chess Programm von Tom Kerrigan in die 16 KByte RAM der Wahlmaschinen zu portieren. Tom Kerrigan ist ein Gutachter im Streit um die Wahlmaschinen von Diebold. Die richtige Forderung wäre, alle Wahlcomputer im Schach gegeneinander antreten zu lassen, während die Großmeister der Zunft auf ihren Toiletten eingeschlossen werden. Mit d2-d4 eröffnete der holländische Stemcomputer im Stil von Bobby Fischer. Das ist ein guter Anfang.

Was wird.

Des Menschen Seele ist vielleicht eine Festplatte, der Menschen Daten hält jedoch ein großer Computer bereit, der in den USA beim FBI steht. Von jeder Reise merkt sich der Computer 34 Datensätze, die ursprünglich 50 Jahre lang gespeichert bleiben sollten. Jetzt sind es nur drei Jahre für: Buchungscode (Passenger Name Record), Datum der Reservierung, geplante Abflugdaten, Name, andere Namen im PNR, Anschrift, Zahlungsart, Rechnungsanschrift, Telefonnummern, gesamter Reiseverlauf fur den jeweiligen PNR, Vielflieger-Eintrag (beschränkt auf abgeflogene Meilen und Anschrift[en]), Reisebüro, Bearbeiter, Codeshare-Information im PNR, Reisestatus des Passagiers, Informationen über die Splittung/Teilung einer Buchung, E-Mail-Adresse, Informationen über Flugscheinausstellung (Ticketing), allgemeine Bemerkungen, Flugscheinnummer, Sitzplatznummer, Datum der Flugscheinausstellung, Historie aller nicht angetretenen Flüge (no show), Nummern der Gepäckanhänger, Fluggaststatus mit Flugschein aber ohne Reservierung (Go show), Spezielle Service-Anforderungen (OSI – Special Service Requests), Spezielle Service-Anforderungen (SSI/SSR – Sensitive Security Information/Special Service Requests), Information über den Auftraggeber, alle Änderungen der PNR (PNR-History), Zahl der Reisenden im PNR, Sitzplatzstatus, Flugschein fur einfache Strecken (one-way), etwaige APIS-Informationen (Advance Passenger Information System), automatische Tarifabfrage (ATQF).

Die Kritik an den Krötenschluckern ist groß, denn viele Daten verführen zum Missbrauch, nicht nur die Mail-Adresse. Klein dagegen die Aussicht, sich bei einer noch zu gründenden EU-Agentur für Grundrechte über die Weitergabe der Flugdaten beschweren zu können. Es ist noch etwas hin, bis die Oscars für die Datenkraken verliehen werden, begleitet von einer Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung und Sicherheitswahn. Doch der Hinweis auf das geplante Treiben in Bielefeld, der "Hauptstadt des Datenschutzes", kann nie schaden.

Auch bis zur Welt des Trusted Computing vergehen noch ein paar Tage. "Dieses gesamtheitliche Konzept wird sich zwangsläufig gegen nicht-standardisierte Sicherheitsmechanismen durchsetzen", verkünden Veranstalter und Sponsoren. Unter ihnen HP, ausgewiesener Spezialist für die vertrauenswürdige Computernutzung. So ist das im Herbst, wenn Bäume sich entblättern.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #100 am: 15 Oktober, 2006, 04:14 »
Was war.

*** Ich bin ein nur ein einfacher Wochenrückblicker, der bedeppert in die nächste Woche lugt. Hätte ich mehr Verstand, wüsste ich die Lottozahlen oder wenigstens den Unterschied zwischen Gut und Böse. Heute am 14. Oktober, an dem diesen Zeilen in einen nicht explodierenden Laptop wandern, kam vor 80 Jahren Pu der Bär (von geringem Verstand) in die Buchläden, die Faktoren dieser Welt zu bekämpfen. Von ihm lernten wir, niemals vor den Faktoren zu kapitulieren. Vor 100 Jahren erblickte Hannah Arendt "bei Hannover" das Licht der Welt, eine Frau von großem Verstand, die gegen die Dummheit und Autoritätshörigkeit kämpfend noch immer die meistgehasste Frau in Israel ist. Von ihr gibt es immer noch viel zu lernen. An ihrem Geburtsort im Stadtteil Linden steht heute das Ihme Zentrum, eine hochverdichtete Ruine, unter deren Pflastern kein Strand ist, sondern Beton. Beton und Israel, das passt schon.

*** Ich muss noch einmal auf die Religion zurückkommen. Auf den im letzten WWWW verlinkten Glauben daran, dass wir mit vorformatierten Festplatten auf die Welt kommen und am Ende als vernetzte Webcam ohne Rückkanal selbige verlassen. Auf den Vorwurf des technischen Nihilismus, der solche schlimmen Gedanken von jemandem verlinkt, der gegen den heiligen "frango ut partefaciam" Steinhöfel antritt, der wiederum knapp nach dem heiligen Bonifatius kommt. Doch was ist schon Religion, wenn nicht eine Konvention mit ungeliebten Konsequenzen?

*** Bleiben wir nur bei Bonifatius im Stadtstaat Bremen (nebenbei: Glückwunsch an Werder, weiter so ...), den die Wandermönche von Roland Berger für 13 Millionen Euro geraten haben, sich soweit wie möglich von der operativen Arbeit vom Kindergarten ab an zurückzuziehen. "Angestrebt ist die radikale Veränderung der Aufgabenwahrnehmung im Rahmen einer Gesamtphilosophie, die eine wirkungsvolle strategische Gesamtsteuerung des Konzerns Bremen ermöglicht": Die Gesamtphilosophie des Konzerns Bremen passt genau in einen Kühlschrank. Was wir hier wirklich brauchen, ist ein Frühwarnsystem wie vielleicht jenes von der Firma Armex, die für ihren Kidtracker im Jahre 2004 den Big Brother Award bekam. Nur eben kostengünstiger, damit Kevin & Co später die in sie gemachten Investitionen zurückzahlen können, an die Konzerne Bremen, Hannover, Hamburg usw.

*** Wenn sich heute die Geschichte der Bibel wiederholt, dann vielleicht in einem Land, das Krieg um Öl im Nahen Osten führt und darum alle Jugendlichen mit RFID-Chips "getagged" hat, damit sie im Fall der Fälle schnell einberufen werden können. Nehmen wir nur die Acedah von Isaak, wie sie der Tanach erzählt. Das Chippen der Kinder für einen Gott wie Astarte oder Moloch ist für die Gläubigen eine Selbstverständlichkeit geworden, erzählt uns Douglas Rushkoff in seinem Comic "Testament". Schon wieder ein Hinweis auf die Verleihungen der Big Brother Awards in Bielefeld, der heiligen Stadt des Datenschutzes? Oder weist die Bibeladaption von Douglas Rushkoff auf eine Religion hinter der Religion? Wie sagte noch Steve Jobs: "Why stop at Cairo, when you can go all the way to Mecca?" Wenn die Seele auf den iPod wandern kann und mit gestärkter Pumpe für das nächste Leben beginnen kann?

*** Geht es noch wirrer? Aber sicher doch: Während in London Anzeigen mit Opfer-Bildern von den Bombenattentaten des 7. Juli 2005 schocken, aber nur für eine Organisation namens CALM (Campaign Against Living Miserably) werben, werden die Taten der Bomber heftig diskutiert. Nach einem Bericht der Sunday Times sollten sich die Attentäter nicht mit Bomben in die Luft sprengen, sondern das Nervengas Sarin in die Kabinen der Cricketspieler einleiten, die 2005 das 2. Match England gegen Australien bestritten. Die Order von Al Quaida soll allein deswegen nicht akzeptiert worden sein, weil einer der Täter auch Cricket spielte. So unwahrscheinlich die Geschichte klingt, weil sie nicht in das Schema der Selbstmordattentate passt, so mag sie doch ihren Hintergrund in einem Land haben, das seine Soldaten zurückholen will. In einem moslemischen Land hätte es britischer moslemischer Kämpfer bedurft, um einen belastbaren Frieden herzustellen. Unterdessen treffen moslemische Kämpfer zum Schutz der russischen Pioniere im Libanon ein, die "Helden Russlands" sind. Über die Herkunft der Truppen schrieb Anna Politkowskaja ihren letzten Text. Sie war nicht, wie Wladimir Putin behauptet, eine typische Vertreterin der Presse, sondern eine der Mutigsten ihrer Zunft.

*** Mutig, das ist so eine Sache, die auf keiner Skala geritzt werden kann. Mutig war oder ist Nadesha Reiser gewesen, als sie sich von Hans Reiser trennte. Mutig war Danièle Huillet, als sie die Beziehung mit Jean-Marie Straub einging und fortan nur noch Danièle* war, oder eben Straub-Huillet, ein Doppelwesen. Was bleibt, steht in der Akademie für militärische Erinnerungen. Zuletzt waren es "Jene ihre Begegnungen" (Quei loro incontri), in denen die Sache mit der Webcam zum Finale etwas anders als Verfasstheit der Menschen gedeutet wird: "Ihr ganzer Reichtum ist der Tod. Er zwingt die Menschen, sich anzustrengen, sich zu erinnern und vorauszusehen."

*** Hatte ich nicht versprochen, diesmal witzig zu sein? Gut, es gibt nette Witze, gerade wenn es um Sicherheit geht, für die doch eigentich Chuck Norris steht. Aber wenn man diese Nachricht über die Wahlmaschinen liest, die in einer geschützten Umgebung gelagert werden, dann gibt es Witze, die mit einer Kette von Sicherungsmaßnahmen so scheppern, dass die Hölle gackert. In einer besonders geschützten Umgebung werden also die Wahlergebnisse der Zukunft errechnet. Wie schrieb einstmals Karl Kautsky: "Papier ist geduldig, wenn Wahlversprechen darauf verewigt werden." Kautsky glaubte immer an den Fortschritt. Nun haben wir ihn. Wahlmaschinen sind noch geduldiger.

Was wird.

Ganz groß, ganz fesch kommen die Münchener Medietage daher, aus aktuellem Anlass auch MuTube genannt. Da wird gekreischt, wenn das supergeile IP-TV tripelt und vor Entzücken gestöhnt, wenn die Chief Blogging Officer auftreten und ihre Peitschen beim Toppen schwingen. Ja, wenn man so will, auch eine Art verspätetes Tuesday Wonderland, zu dem das mittlerweile doch sehr gelangweilt wirkende Esbjörn Svensson Trio nur noch mager schunkelnden Clubjazz spielt, der gerade noch solchen CBOs als Avantgarde durchgehen mag. Wessen Horizont etwas weiter ist als der von Bobos  (alt oder neu), der feiert nicht e.s.t, sondern hört lieber Wollny/Kruse/Schaefer – das ist moderner Trio-Jazz (nichts für ungut, sei in Richtung Jarrett/Peacock/DeJohnette hinzugefügt).

Den Medientaglern aber sei immerhin gewünscht, dass die Fleischbeschau der Branche das Niveau des 1. Berliner Opernfestivals erreichen möge, bei dem Ida Mante im Vordergrund steht. Wenn Medien ihre Tage haben, ist der Open Source-Porno "Good Girl" von Erikalust fast chancenlos, sein Download eine Handlung, die Hass erregt. Wir leben nun einmal in einer Welt der nackten Tatsachen.

Ist Deutschland auf dem Weg in den Überwachungsstaat, den ultimativen Big Brother Preis kassierend? Es gibt Zeitgenossen, die das bejahen, wenn sie Nachrichten über den Test der Gesichtserkennung bei den Mainzer Jecken lesen. Andere sind weiter und denken, dass mit der GEZ-Gebühr die allseitige Überwachung mit Fahndung nach Mail-Adressen bereits Realität ist. Das klingt etwas krank, doch die Realität ist noch kranker: Wer mit dem Laptop auf der Bank surft, entreichert den rechtmäßigen WLAN-Besitzer und muss obendrein die bei fortschrittlichen Politikerinnen zunehmend unbeliebter werdende GEZ-Gebühr zahlen. Aber seien wir ehrlich: Wer, wenn nicht die GEZ mit ihren Gebühren für Internet-PCs und Geldautomaten hat Einblick in die Nebeneinkünfte der Politiker, die nicht wie Hartz-IV-Empfänger behandelt werden wollen? Leider, leider, leider ist die GEZ schon im Jahre 2003 ein umjubelter Preisträger der Big Brother Awards gewesen, als sie in der Kategorie "Lebenswerk" gewürdigt wurde. Doch wenn es um Freiheit statt Angst geht, wäre vielleicht noch ein kleiner Sonderpreis fällig, für den unbekannten Mann, der frech auf der Bank den Gebührenstaat entehrt.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #101 am: 22 Oktober, 2006, 03:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Darling...." Wie seltsam, dass ein einziges Wort, mit jenem unverwechselbaren Timbre in der Stimme gehaucht, bereits ausreicht, um einen trivialen Sonntag in einem wunderbaren Feiertag zu verwandeln.

"Darling ... ich brauche deine Hilfe." Das klang dramatisch, wie immer, wenn Sabrina Probleme hatte, die nicht mit einer grazilen Bewegung weggetupft werden konnten. Wahrscheinlich hatte sie wieder etwas auf Telepolis gelesen, was sie beschäftigte. Aber nein: "Ich habe da was in diesem entzückenden Forum gelesen, wo sich all die netten Spinner aufhalten. Was ist eigentlich ein Gelübde? Und warum hört Twister auf? Wird sie Cellitin oder Ritaschwester? Die tragen alle so schrecklich schwarze Kleider."

Ich überlegte angestrengt. Es gibt keine einfachen Antworten, wenn sich jemand aus dem Leben verabschiedet, in dem er oder sie viele Freunde gefunden hat. Der Cyberspace ist da nicht viel anders als die netten Flecken in der norddeutschen Tiefebene. War Twister zu häufig online, gar forumssüchtig geworden? All das Geunke über die vielen Internet-Süchtigen hilft nicht weiter, selbst wenn der Heiseticker ein- und dieselbe Meldung mehrmals bringt, damit sie wahrer und wahrer wird. Und Twister hat doch viele Freunde, oder? Gerade vorgestern, als sie mit blauschwarz glitzerndem Haar passend zum Schwarzbuch Datenschutz in Bielefeld auf der Demonstration gegen den Überwachungsstaat redete, da schien sie viele Freunde zu haben.

Sabrina unterbrach meine Grübelei. "Darling, kann es sein, dass Twister nun Angst hat vor diesem Internet oder einfach die Lust verloren hat, mit einem Computer anderen Computern Nachrichten zu schicken, die gefressen werden? Ich meine, da ist so ein Netz voller entzückender Webseiten und dann die niedlichen Blogs mit den Kastenkippern und all das und dann kommt der schlaue Wolf daher und frisst alles weg, einfach alles."

"Das ist doch Quatsch. Ein Wolf frisst Zicklein und Großmütter, meinetwegen auch Katzen, aber doch nicht Computer und Webseiten."

"Doch Darling, es gibt solche Wölfe", hauchte Sabrina und raschelte in einem Berg Papier herum. Wie brachte sie es nur fertig, selbst die profansten Gesten mit so viel Eleganz auszuführen, als sei sie bei Hofe? Huldvoll überreichte sie mir eine Pressemitteilung des Innenministers von Nordrhein-Westfalen:

"Wer die Überprüfung von Daten auf Rechnern potenzieller Terroristen für einen Einbruch in den grundgesetzlich geschützten Wohnraum hält, hat das Wesen des Internet nicht verstanden. Der Nutzer befindet sich weltweit online und verlässt damit bewusst und zielgerichtet die geschützte häusliche Sphäre. Der Standort des Computers ist dabei völlig unerheblich. Es findet zudem keinerlei Überwachung der Vorgänge in der Wohnung selbst statt."

Sabrina lächelte triumphierend, aber vor allem so bezaubernd, und ihre grünen Augen glitzerten: "Siehst du, der Ingo Wolf ist doch ein kluger Mensch. FDP! Der würde doch nicht einfach so von einem 'Wesen' reden, wenn es kein 'Wesen' gibt. Dieses Internet, das ist gar nicht unter uns Menschen, sondern weit weg da draußen. Das ist praktisch eine Überschicht, die dem Staat gehört. Die Überwachung der Überschicht ist dann seine Aufgabe, genau wie die Unterdrückung der Unterschicht."

Ich spürte, wie meine Stimmung langsam aber sicher wegbröckelte wie die Marktanteile des Internet Explorer. Will dieses zauberhafte Wesen Sabrina das Wesen des Internet etwa mit dem OSI-Modell erklären? Das Versprechen im roten Samtkleid, eine ferne, schier unerreichbare Anwendungsschicht vor Augen, gab ich mir die Parole 'jetzt oder nie'.

"Sabrina, erinnerst du dich noch an den wunderbaren hübschen kleinen Wecker, den ich dir geschenkt habe? Auch der gehört zum Wesen des Internet, weil er über diese Technik namens Powerline mit einem Rechner verbunden ist, damit ich dich abends räkeln sehen kann. Da würde der Staat glatt in der Wohnung mit dabei sein, wenn ..."

"Du hast WAS gemacht? WAS macht der Wecker, wenn ich mich räkel? Was für ein Schwein bist denn du? Ich fass' es nicht." Mit ihren Pantöffelchen stürmte sie aus dem Zimmer, es krachte und knallte in ihrem Schlafzimmer. Die schöne Technik. Eine Person erschien, eine Furie, ein Monster mit einer geöffneten Flasche, einer Magnumflasche, meiner Magnumflasche.

"Sabrina, nun hör doch mal zu, Sabrina! Nein!! Hör auf!" Pitschpatschnass das schöne Sakko, die Hose hinüber. Wenigstens hatte ich dem Telefon ein Kondom übergezogen, in Erinnerung an alte klebrige Glühweingeschichten.

"Du Spanner, du Niete, du Wichser! Du bist unterste Unterschicht! Du ..."

"Sabrina, nun hör mir doch endlich mal zu! Unterschicht, das sind doch die Leute, die nicht die Fußnoten im neuen Angebot der T-Com verstehen. Ich habe es nur gut gemeint, wenn jemand ein Auge auf dich wirft."

"Vielleicht hat Twister ja das Handtuch geworfen, weil es immer mehr werden, die es gut meinen und Güter überwachen wollen. Die 1984 nicht stoppen, sondern einen Big Brother wie anno 1984 haben wollen. Wegen der Sicherheit. Am Ende wird die Sicherheit auch noch ein Wesen sein und das Grundgesetz Futter für den Reißwolf. Nee, nee. Deine Mission 1017 ist hier beendet, mein Lieber."

So hatte ich Sabrina ja noch nie erlebt. Nein, das war nicht mehr das zarte verhuschte Wesen, das 1999 in der Frauen-WG Fanta aus der Teetasse trank, nur darauf wartend, in die Welt des guten Geschmacks eingeführt zu werden. Eine Furie, die nicht mehr erkennen will, dass Webcams eine gute Sache sind, wird sicher nicht mehr erkennen können, was für ein Schutzengel ich für sie war, immer bereit, mit Autoschlüssel und Sakko, mit Kreditkarte und Handy. Auf dem Rückweg überlegte ich, dass eigentlich Twister Schuld an dem ganzen Schlamassel ist. Dass die Situation so aus dem Ruder gelaufen ist. Diese ganze Sensibilität und Scheu vor harmlosen Überwachungskameras, das kann nicht gut sein. "Ich ist ein Anderer", wollten diese Typen da in Bielefeld auf ihrer Demo als Parole brüllen. Vielleicht hat Twister wie Rimbaud in die Wüste rübergemacht, weil es da keine Kameras gibt. Au, verdammt, die Polypen ...

"Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte."

"Was ist denn los? Bin ich zu schnell gefahren? Stimmt was mit dem Licht nicht? Das kann ich erklären, das ist ein Opel, der mal von Bloggern getestet wurde und nun bei uns ...."

"Alles in Ordnung. Aber sie sind durch unsere neue Geruchsschranke gefahren. Und ihr Wagen stinkt wie ein Bordell nach einem Politikerbesuch. Wenn Sie mal bitte in dieses Röhrchen blasen wollen."

"Aber ..."

"Kein Aber. Gleich erklären sie mir noch, Sie wüssten nicht einmal, dass wir in einem Schnüffelstaat leben."

*** Mit Sabrinas Entdeckung ist die Geschichte sicher nicht zu Ende. Vielleicht lernt sie ja eines Tages Hal Faber kennen, diesen rachsüchtigen Computer, dieses labernde und linkende Schreibprogramm oder diesen sonstwie entbürgerten Journalisten, so genau weiß man das nicht – der Heise-Parkplatz ist notorisch ziemlich dunkel, wenn das Manuskript übergeben wird.

*** Das heutige WWWW steht auch im Zeichen von John Gould, der heute vor 198 Jahren geboren wurde. Gould schrieb 60 Jahre lang eine wöchentliche Kolumne für den Christian Science Monitor und stellte damit einen bis heute ungebrochenen Rekord auf.

Was wird.

Auch die Diskussion um Überwachung und Sicherheit ist noch längst nicht vorbei. Die Gefahr, dass wir ziemlich gedankenlos in einen Überwachungsstaat schlittern, besteht nach wie vor. In München startet die Systems, und gleich am ersten Tag hält der rege Branchenverband Bitkom eine Pressekonferenz darüber ab, wie unverzichtbar die Biometrie ist, wenn es um einen sicheren Staat geht. Positiv erwähnt werden muss natürlich das Computermuseum München, das seine Exponate auf der Messe ausstellt und damit hilft, die eine oder andere leere Fläche zu füllen. Nur wer vergisst, aus welchen Wurzeln sich die heutige Technik speist, wird unkritisch die Fortschritte in der Biometrie und der Homeland Security bejubeln können.

Südlich von München beginnt die RSA Security Conference, über die der große Aryabhata seinen Schutzschild hält. Der Streit hält an, ob er wirklich Einsteins Relativitätstheorie 1400 Jahre früher entdeckte. Er erinnert an die alten Debatten, wie alt die Zivilisation wirklich ist.

Doch was ist Zeit, was ist Vergangenheit und was wird Zukunft sein? Der vorletzte Beitrag, mit dem sich Twister im Heiseforum verabschiedete, trug die Unterschrift "The future's so bright I'm gonna wear shades." Mit einer großen Umarmung für Twister schließt dieser Wochenrückblick mit den letzten Zeilen aus dem Gedicht "What You Realize When Cancer Comes" von Larry Smith.

When they take your picture now
you wet your lips, swallow once
and truly smile.

Talk of your lost parents
pulls you out, and
brings you home again.

You are in a river
flowing in and through you.
Take a breath. Reach out your arms.
You can survive.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #102 am: 29 Oktober, 2006, 05:15 »
Was war.

*** Willkommen zur lästigen langen Nacht der Zeit, der Nacht der Schocker und des Gruselns, in der ängstliche Naturen zu ihrem Schmuseschädel greifen, wenn sich die SAP-Zeit endlos dehnt und dehnt, bis der letzte Batchprozess gelaufen ist. "Horas non numero nisi aestivas" steht auf dem Gedenkstein des Architekten William Willetts, einem großen Kämpfer für die Sommerzeit: "Ich zähle nur die Sommerstunden." Willett, der mit der Massenbauweise seiner "Willett-Häuser" zu Reichtum gekommen war, ärgerte sich im Pamphlet "The Waste of Daylight" schlicht darüber, dass seine Arbeiter im hellen Sommermorgen nicht ein, zwei Stunden früher mit dem Mauern beginnen konnten. Für seinen Kampf um die bessere Arbeitszeit griff er zu einer Reihe von Tricks, zu denen nicht zuletzt die Inschriftenfälschung gehörte. "Horas non numero nisi serenas" stand nämlich auf jener altehrwürdigen römischen Sonnenuhr, die einstmals als ältester Zeitmesser galt: "Ich zähle die sonnigen Stunden." Willett war es auch, der eine alte Berechnung aufgriff, die Benjamin Franklin 1784 als Botschafter in Paris durchkalkulierte. Was beide zu den Kosten des künstlichen Lichtes addierten, das eingespart werden kann, ist bis heute die Grundlage vom Märchen der energiesparenden Sommerzeit. Wir glauben das einfach. Denn manchmal sind Märchen ganz ungemein tröstlich, besonders wenn es um die unheimliche Zeit geht, die mit der Zeit auch noch wächst und wächst.

*** Ein bissiger Karl Kraus schrieb einmal im vorigen Jahrhundert: "Der Skandal beginnt erst dann, wenn die Polizei ihm ein Ende bereitet." Bei solchen Sätzen wird der Fortschritt deutlich, der inzwischen stattgefunden hat. Denn bei uns beginnt der Skandal, wenn die Polizei anfängt, zu überlegen, was sie gegen den Terror tun soll. Bundesinnenminister Schäuble hat ein Programm zur Stärkung der inneren Sicherheit vorgelegt, das vorerst 132 Millionen Euro kosten soll. Ein Schnäppchen, wenn wir damit vor dem grauslichen islamistischen Terror sicher sind. Ein Skandal, wenn man annimmt, dass es keine absolute Sicherheit geben kann. Denn dann ist das gesamte Programm eine einzige Feinderklärung des Staates gegen missliebige Staatsbürger wie Murat Kurnaz.

*** Für 64,7 Millionen Euro soll ein Online-Durchsuchungskommando rund um die Uhr genau 4600 Chatrooms abhören, in denen möglicherweise Islamisten ihre Aktionen planen. Wer immer sich in diesen Chatrooms in arabischer oder türkischer Sprache, auf Bahasa Melayu oder Bahasa Indonesia unterhält und deutsche Bezüge anklingen lässt, dessen Computer soll unverzüglich Ziel einer Online-Durchsuchung werden. Der Rest der Bevölkerung hat nichts zu befürchten, denn er hat ja nichts zu verbergen. Es sei denn, er oder sie hat in einem schwachen Moment das "FON-Versprechen" abgelegt, das als schwer verdächtige Wlandenbildung interpretiert wird. Oder einen VHS-Kurs belegt oder mit dem falschen Autohändler verhandelt. Wir leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, Kontaktperson zu werden, da macht ein bisschen Online-Durchsuchung gar nichts aus. Zumal so ein klitzekleiner Dateneinbruch des Staates selbstredend etwas ganz anderes ist als das, was der Paragraph 202a des Strafgesetzbuches unter dem Begriff "Ausspähen von Daten" unter Strafe stellt:
"(1) Wer unbefugt Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, sich oder einem anderen verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden."

*** "Das ist ein kluger Mann, der Herr Schäuble. Auf den Herrn Schäuble lasse ich nichts kommen." Das sagt Herr Schily, der Herrn Schäuble in Sachen Biometrie eng verbunden ist. Derweil reist Herr Schröder durch die Lande, ein genialer gasverkaufender Literat. Und alle zusammen beklagen sie den Verfall der guten Sitten und den schlechten Ruf, den der Beruf des Politikers in unseren Gesellschaft hat. Empört wird von Vorfällen berichtet, in denen Politiker als Parasiten beschimpft werden. Moment einmal, da war doch was? Blättern wir zurück zu einem WWWW, in dem Hal Faber 2.0 debütierte. Und sich über die Broschüre "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, 'Abzocke' und Selbstbedienung im Sozialstaat" verwunderte, die heute leider nicht mehr beim Wirtschaftsministerium bestellt werden kann, da sie "vergriffen" ist. In dem Werk, das der damalige Minister Clement persönlich in Auftrag gegeben hatte, ist natürlich "nur volksmundig" von Parasiten die Rede, wie Clements Sprecherin damals betonte. Außerdem kam gleich nach der Veröffentlichung aus dem Ministerium eine offizielle Stellungnahme:

"Biologen verwenden für 'Organismen, die zeitweise oder dauerhaft auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben, übereinstimmend die Bezeichnung 'Parasiten'. Natürlich ist es völlig unstatthaft, Begriffe aus dem Tierreich auf Menschen zu übertragen. Schließlich ist Sozialbetrug nicht durch die Natur bestimmt, sondern vom Willen des Einzelnen gesteuert."

Den Willen des Einzelnen gilt es zu bewundern, auch bei einem Wolfgang Clement. Freuen wir uns mit ihm, dass er die Leitung des neu gegründeten Adecco-Instituts übernommen hat, das die Zukunft der Arbeit erforscht. Schließlich ist es ein Verdienst des Leiharbeits-Konzerns Adecco, dass die Leiharbeit entprekarisiert worden ist. Außerdem war Wolfgang Clement mit seinen fünf Aufsischtsratsmandaten, etwa bei der RWE kurz davor, den Gang zur Arbeitsagentur anzutreten. Wo ein Wille, da ist ein Leihweg! Oder, um es mit aktuellen Hartz-IV-Vokabeln zu schmücken: Die Unterschicht ist nichts anderes als das Resultat der Anstrengungen und des Handelns derer, die Oberschicht bleiben wollen.

*** Ach, und was haben wir uns wieder gefreut, als ihrer großen Weisheit anteilhaftig werden durften und sie höchstpersönlich gesehen haben, unsere großen Wirtschaftslenker, ob sie nun in einem eher düsteren Saal in Düsseldorf auftraten oder im Scheinwerferlicht der TV-Sender, deren Reportern sie ihre neuesten Initiativen zur Gesundung des Wirtschaftsstandorts Deutschland verkünden, der leider künftiglich ohne eine größere Zahl von des Konsums fähigen Mitbürgern auskommen muss. Man muss kein Keynesianer sein, damit einem bei diesem Anblick Keynes' Spruch einfällt: "Auf lange Sicht sind wir alle tot", kommentierte er trocken den blinden Glauben in die Selbstheilungskräfte des Marktes, den nun wieder all diese mediokren Manager und Firmeninhaber verkünden, die ihre kleinbürgerliche Angst um den eigenen Geldbeutel unter dem Rubrum der Besorgnis großer Wirtschaftslenker und weitsichtiger Ökonomen verkaufen. Aufs neue schlägt die Arroganz der "Zufriedengestellten" zu. Solche Leute erscheinen ja nicht einmal mehr einer Neuauflage dessen Wert, was einmal Klassenkampf genannt wurde. Kein Wunder, dass das Soziologendeutsch vom "abgehängten Prekariat" und die Propagandavokabel der "Unterschicht" eine Diskussion dominieren, auf die sich die NPD schon lange gefreut (und gut vorbereitet) hat. Es ist auch nicht das erste Mal, dass eine Kleinbürgerschicht aus Angst vor dem sozialen Abstieg ein ganzes Land in den Abgrund reißt.

*** Aber so ist das: Mitunter handelt der Mensch aber gar nicht vom eigenen Willen gesteuert, sondern es handelt ihn. Man kennt das ja von den Freudschen Versprechern, wenn man etwas sagen will, aber seine Mutter meint. "Wenn wir Ihre Meinung hören wollen, sagen wir Ihnen diese", ist so ein netter Satz, den ein Sprecher einer großen Softwarefirma einmal zu einer vermuteten Sicherheitslücke produzierte. Um Probleme dieser Art kümmert sich die Tiefenpsychologie. Nun haben sich im Auftrag einer Firma namens Known Sense Tiefenpsychologen mit der IT-Sicherheit beschäftigt. Herausgekommen ist ein 64 Seiten starker "Berichtsband" und die Erkenntnis, dass eine Sicherheit von 100% am Arbeitsplatz von den dort arbeitenden Menschen gar nicht ausgehalten werden kann. Ein absolut dichtes IT-System wird von den Menschen als Zwangssystem empfunden, in dem sie sich auch gedanklich von der Firma entfremden. Wie sagt es der kundige Tiefenpsychologe: "Durch technologische Innovationen zunehmend sachlich geprägte Arbeit, die immer weniger Eigenes, immer weniger Menschliches zulässt, erscheint leblos und fade." Als Resultat kommt es dann zu einem triebgesteuerten "unbewussten Befreiungsschlag gegen die Unternehmenskultur", gewissermaßen zum einem Schädelküssen toter Admins, zum "unkontrollierten Ausbruch entsichernder Handlungen". Bitte schön: Viel anders wird es den jungen Hanseln nicht vorgekommen sein, die in Afghanistan mit den Schädeln spielten. Jetzt jammert die Politik über das Offensichtliche und darüber, dass das schöne Image der Bundeswehr als Technisches Hilfswerk mit Waffen dahin ist. Vielleicht dämmert die perverse Erkenntnis, dass zum Töten ausgebildete Menschen nicht unbedingt der beste Ersatz für Polizeiaufgaben im Innern sind.

Was wird.

Was naht, ist Halloween, das Fest der illuminierten Schädel, eine ur-amerikanische Sitte, inklusive aller Verkleiderei und Schädelspalterei. Ich jedenfalls käme nicht auf die patriotische Idee, unseren Hund als Reichstag zu verkleiden und selbst vielleicht als Brandenburger Tor herumzulaufen. Selbst als überdimensionierte c't mit Beinen käme ich mir wirklich doof vor. Obgleich das (nicht mehr ganz aktuelle) c't-Titelbild mit den Betriebs-Kürbissen schwer schockt, jedenfalls mehr als das Rebrush mit hockender Domina. Das Geisterfest ist immer auch ein Anlass, an die guten Geister zu denken und ihnen zu danken. Inzwischen sind über 80.000 US-Dollar aufgelaufen, die helfen sollen, den Abschied des großen Robert Anthony Wilson erträglich zu gestalten, der einstmals frenetisch beim CCC gefeiert wurde.

Berufsbedingt habe ich in dieser Woche zwei Betriebssyteme installieren müssen, den schnittigen Molch und die schöne Aussicht. Mark Shuttleworth von der Molch-Fraktion ist schon oben gewesen; nun soll Charles Simonyi folgen, der ehemalige Chef-Programmierer von Microsoft. Charles Simonyi begann als Nachtwächter an einem Ural-II-Computer in Ungarn, als Sohn eines traumatisierten Professors, der den Volksaufstand in Ungarn vor 50 Jahren knapp überlebte. Er lernte den von Peter Naur geschriebenen Gier Algol Compiler in Assembler auswendig und konnte damit aus Ungarn ausreisen. In einem Interview erzählte er einmal von seiner Angst vor den Marsianern. Dass sie eine Tages kommen und alle Programmierer der Welt in New Mexico zu einem neuen Manhattan Project zusammenpferchen würden. "Ich müsste mit dem großen Bill Atkinson zusammenarbeiten, mit Bruce Artwick und Bill Budge!" Nun wird er den kleinen grünen Männchen entgegen fliegen und ihnen den ungarischen Programmierstil erklären.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #103 am: 05 November, 2006, 11:01 »
Was war

*** Diese Kolumne ist wie ein guter Geldschein. Auf der einen Seite nährt sie den Autor mit seinen Hunden, Kindern, Katzen. Auf der anderen Seite löst sie sich beim Lesen auf, genau wie die Geldscheine, die von defekten Geldautomaten unter das Volk gebracht wurden. Auf einmal ist alles Nichts, das ist die Umkehrung der neuesten Dotcom-Blase namens Web 2.0, die aus einem Nichts wie Sevenload eine mit 130 Millionen Euro bewertete Firma macht, nur weil ein Werber unverkäufliche Plakatflächen umdeklarieren kann, als seien sie zum Vollpreis verkauft werden. Ja, die gute alte Dotcom-Zeit ist wieder da, mit jungen Entrebobos, die die erste Blase nur vom Hörenklatschen kennt. So jung und notgeil sind sie, dass sie mit Webcam-Handy den Macker rauskehren und Passagiere nötigen müssen, das ganze 2.0-trendig natürlich bei YouTube ausgestellt. Du musst ein Schwein sein in dieser Welt, sangen die Prinzen, das ist so 1.0. Du musst auf YouTube zeigen, dass dir dein Schweinsein gefällt, das ist leuchtendes, echtes Web 2.0.

*** Die Sache mit diesem Web 2.0 wäre nicht weiter wichtig, gäbe es nicht prominente, die auch dieses Mödchen ausnutzen, ihren Minderwertigkeitskomplex zu füttern. Nimmt man dieses Interview mit Hubrand YourBurda, so findet man bemerkenswerten Unsinn über den Unterschied zwischen Rudi Dutschke und Bob Dylan. Dahinter eine angeblich bis heute anhaltende latente Computerfeindlichkeit, die unter anderem dazu führte, dass Burdas winziger Verlag Flickr nicht kaufen konnte, als die Fotoklitsche im 2.0-Gedröhn maßlos überschätzt wurde. Erst jetzt, wo die 68er in Rente gehen und Habermas sich nur noch um nachgekaute Literatur kümmert, haben junge Entrebobos eine Chance, es mit den Rolling Stones oder den Beatles aufzunehmen. In der Software wohlgemerkt, nicht in der Mucke. Aber da in der Software, da kann man was richtig bewegen.

*** Halloween ist vorüber, ein Fest, an dem unser kuschliger Heisig beziehungstechnisch mit einer hübschen Begleitung auftauchte. Zum Gruseln taugte nicht einmal die Vorstellung der Umverpackungen durch Microsoft. Die schwer verkäufliche Hölle fror erst zu, als Microsoft und Novell das ultimative Halloween-Dokument veröffentlichten. Noch ist nicht ganz klar, was zootechnisch entsteht, wenn ein patentmäßig eingeschüchtertes Chamäleon mit einer Büroklammer herummacht, aber es dürfte ungefähr auf einen vistagrünen flugunfähigen Vogel hinauslaufen. Geldtechnisch wären das die bereits erwähnten Scheine, die sich in Luft auflösen. Der Schachzug von Microsoft ist geschickt und verdient Anerkennung, weil das Gesprächsangebot an andere Linux-Distributoren den gewünschten Effekt erzielt: wenn alle auf das Patentabkommen eingehen, dann muss Microsoft ja Patente an Linux besitzen. Gates und Ballmer zeigen ganz nebenbei, was für Stümper McBride und Blepp mit ihren Prozessen und Beweisen, mit den Codezeilen und den nicht wörtlich übernommenen Konzepten und Methoden sind.

*** Auch heute gibt es im Wochenrückblick die unvermeidlichen Abschiede und Gedenktage in hemmungslos subjektiver Auswahl. Nach schwerer Krankheit starb der Widerstandskämpfer Peter Gingold im Alter von 90 Jahren. Für den Mit-Gründer des Auschwitz-Komitees gibt es heute eine Trauerfeier im Frankfurter DGB-Haus. 28 Jahre lang musste Peter Gingold darum kämpfen, bis er die Staatsangehörigkeit des Landes bekam, das sich so gern auf Goethes Erbe beruft. Als Peter Gingold BRDeutscher wurde, erließ Bundeskanzler Willy Brandt ein Berufsverbot für Gingolds Tochter. Ein weiterer Regierender, Theodore Roosevelt, lies sich einmal dazu hinreißen, Journalisten als Muckraker, als Mistkratzer, zu bezeichnen. Er bezog sich dabei auf Ida Tarbell, die heute vor 149 Jahren geboren wurde. Das ist vielleicht kein besonders rundes Datum, passt aber. Mit ihren unermüdlichen Recherchen über die unsauberen Geschäftsmethoden John D. Rockefellers gilt Ida Tarbell als die Begründerin des investigativen Journalismus. Sie recherchierte drei Jahre, wobei sie von Mark Twain unterstützt wurde, und schrieb 19 Artikel über Rockefeller. Ihre Recherchen führten mit dazu, dass Rockefellers Öl-Imperium im Mai 1911 zerschlagen wurde.

Was wird

Weil sich die geneigte Leserschaft des Newstickers nur langsam an die tägliche Vista-Meldung gewöhnt, darf die Woche ruhig mal mit einem Knaller beginnen. In München eröffnet der große Bill Gates die Konvergenz-Konferenz von Microsoft, komplett mit Neuheiten über Microsoft Dynamics und einer Bierparty im Bavaria Bräu. Dass Gates gerade in Linuxtown auftritt, ist offenbar ein Nebeneffekt der Demission des deutschen Statthalters Jürgen Gallmann, der ursprünglich die Konferenz eröffnen sollte. Auf alle Fälle klingt der "Event" besser als die taggleiche Vorstellung der neuen Data Integration Suite, die Sybase in Hamburg vorstellen wird, Mineralwasser inklusive.

Es sind die Schlagworte wie Konvergenz und Innovationspatente, nicht die Inhalte, die über die Köpfe bestimmen. In dieser Hinsicht hat Siggy "Pop" Gabriel (SPD) seine Lektion gelernt, als er unter der Woche den New Deal in der Umweltpolitik ausrief und von grünen Märkten schwärmte. Komplettiert wird dieser Deal durch den Kabinettskollegen Michael Glos (CSU), der den Kündigungsschutz nach dänischem Vorbild abbauen will, wobei ganz undänisch den Gefeuerten im ersten Monat zur Strafe kein Arbeitslosengeld gezahlt werden soll.

Mit einem New Deal wartet Gabriel nun auch abseits der grünen Märkte auf. Er will von seinem Parteigenossen Marcel Bartels das Honorar für seinen Anwalt eintreiben. Der wollte eine Satire aus der Welt schaffen und produzierte damit eine weitere Satire um hübsche Anwältinnen und seltsame Anschreiben. Möglich, dass die Sache eines Tages verfilmt wird, vielleicht unter dem Titel "Der nicht mit den Nutten tanzt".

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #104 am: 12 November, 2006, 00:13 »
Was war.

*** Ich frage mich ja manches Mal schon, ob ich schlicht zu blöd bin für diese Welt, zumindest für diese Medienwelt. Oder, um nicht gleich in Sack und Asche gehen zu müssen, einfach zu naiv, so naiv, dass ich noch an das Gute im Menschen glaube. Ja, denkt es in mir so vor sich hin, ich zahle gerne meine Rundfunkgebühren, schließlich sind die öffentlich-rechtlichen Sender ein wichtiges Korrektiv in der Medienlandschaft. Und selbst ein Altherrenwitze reißender, sich juvenil gebärender Blondschopf, der als Deutschlands bester Entertainer gilt, erscheint noch nicht als Gegenbeweis, dass ARD und ZDF nicht doch eine im Bürokraten-BastianSchlick-Deutsch "Bildungsauftrag" genannte Funktion haben, die sie auch erfüllen. Immerhin zeigen Länder, die keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kennen, wie tief man im Fernsehen sinken kann. Aber ach, es häufen sich die Alltagsabende und Wochenenden, an denen jeder über die GEZ an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten geleitete Cent schmerzt. Wenn Traumpaare in der ARD um die Wette tirilieren, während so genannte volkstümliche Musikanten und andere, eher minderbegabt Schlager darbietende Figuren im ZDF vor sich hinjodeln, ergibt sich fast schon automatisch die Frage, ob nicht in Wirklichkeit die Privatsender das wahre Korrektiv sind. Der Abgrund, der sich nach dem potenziellen – nun doch abgeblasenen und wohl nie ernsthaft in Erwägung gezogenen – Einstieg von Berlusconi bei ProSiebenSat.1 aufzutun schien, erscheint als der ehrlichste Aufenthaltsort für deutsche Fernsehmacher. Ob wir eine GEZ-Gebühr für Internet-PCs brauchen, mag umstritten sein – wenn wir dafür Fernsehen 2.0 bekommen, dann nur her damit.

*** Das aber, das dürfte dann zu ganz neuen Verwerfungen führen, nicht nur wegen all der seltsamen Erregung, die den Niedergang des Privatfernsehens beklagt, die Finanzierung vernünftiger TV-Anstalten aber im Dunkeln lässt. All dieses 2.0 treibt aber sowieso gar seltsame Blüten. Es mag manche Leser langweilen, aber wir sollten daher noch einmal einen Blick auf dieses 2.0 werfen. Auf die Bobos  2.0 und ihr schickes neues Internet 2.0. Denn die Sache nimmt überhand. Mittlerweile schwappt der Begriff zurück in die reale Welt, es gibt sogar Zement 2.0. Nach all dem Katzencontent in den Weblogs ist es nur konsequent, wenn es Ein Herz für Tiere 2.0 heißt und eine aktive Community von 23,1 Millionen Haustieren ihre Rechte einfordert. Und für unsichere Menschen, die nicht genau wissen, was der ganze Zauber soll, gibt es Life-Coaching vom Typ 2.0 durch die Internet-Psychologin Felicitas.

*** Mit 2.0 wird das Web nicht nur persönlich, sondern so persönlich, dass es peinlich wird. Prompt gibt es Menschen, denen die Trennung von Berufs- und Privatleben nicht mehr gelingt. Im schlimmsten Fall geben sie ihre Privatsphäre preis und flickrn und youtoubn und podcastn, was das Zeug hält. Selbst die Wut im Bauch wird dann sozialverträglich auf einer Wuthalde abgeladen. Selbr schuld, könnte man meinen und die Sache abtun, aber die Privatsphäre ist eine ganz seltsame Medaille mit ganz vielen Seiten. Man könnte sich ja auch im Web 2.0 anonym bewegen, ist das beliebteste Argument der neuen Bobos. Nehmen wir nur StudiVZ, den Klon einer US-amerikanischen 2.0-Idee, die gerade ganz stolz ist, eine Million Studenten in Deutschland versammelt zu haben. In deren Geschäftsbedingungen heißt es: "Im Profil oder in sonstigen Bereichen des Portals absichtlich oder in betrügerischer Absicht gemachte Falschangaben – insbesondere das Vortäuschen einer fremden Identität – können zivilrechtliche Schritte nach sich ziehen." Studi, bleib bei deinem Namen, auch wenn viele Details darauf hindeuten, dass StudiVZ selbst es nicht so genau nimmt und sich im Ausland schon einmal hinter einer Kontaktanbahnungsfirma namens Parship versteckt. Welche zum Holtzbrinck-Konzern gehört, der in StudiVZ investiert hat.

*** Im vorherigen WWWW habe ich auf den Geschäftsführer von StudiVZ verwiesen, der immerhin so konsequent ist, sein Schweinsein 2.0 mit Fotos, texten und Videos im Web 2.0 auszustellen. Auch wenn mittlerweile seine diversen Toilettenvideos und Bilder gelöscht sind, kann man in den Textruinen noch lesen, wie Fragen aus einem Bewerbungsinterview als "Anmachspruch" genutzt werden können. Wobei eine Anstellung bei StudiVZ nach erfolgreicher Bewältigung der Anmache dazu führen kann, dass es schnell ans Machtergreifen geht. Machtergreifen wohlgemerkt, nicht das übliche Wischiwaschi von "leitende Funktion übernehmen". Wer dann noch mit dem Kürzel RMVP über eine Domain namens Völkischer-Beobachter.de im "Kampfblatt der Vernetzungsbewegung Europas" darüber jubiliert, dass Millionen deutscher Studenten bis zum Herbst mobilisiert sein werden, der zeigt sein wahres Antlitz. Ist es wirklich nur eine harmlose Partyeinladung, die das "Gebot der Pflicht" zur Feier des Führergeburtstages und des "Erfolges unserer Bewegung" oder zeigt sich nicht eine braune Denke, die gleich mit der Einladung das Abspielen von undeutschem Rap und Jazz nicht gestattet? Vor lauter Ekel mag es einem egal sein, was man hört, ob Gnarls Barkley, Russell Gunn, Matthew Shipp oder beispielsweise Wu-tang Clan, Hauptsache, es ist etwas, was diesem Herrn nicht behagt. Natürlich gibt es diejenigen, die geblendet von den Millionen deutscher Studenten auf StudiVZ und der schieren Größe und dem blitzsiegartigen Erfolg des Unternehmens von einem Streich eines dummen Jungen sprechen. Die, die Kritik an einem echten 2.0-Unternehmer, der diese Vorlage zum 65. Geburtstag Adolf Hitlers für seine Community verwendete, als blogvölkisch abtun und sich ganz tief bücken. "Europa steht standhaft und treu zum StudiVZ" titelte der neue Völkische Beobachter. Das mit seinen gefakten Niederlassungen Europa nach Strich und Faden verarscht.

*** Seit Montag ist das Fläschchen-Täschchen-Gebot auf Flughäfen in Kraft. Es geht auf einen Terrorarlarm in London zurück, bei dem möglicherweise ein Mix von Flüssigkeiten zum Einsatz kommen sollte. Nun hat sich in dieser Woche Elizabeth Manningham-Buller zu Worte gemeldet, die Chefin des Inlandsgeheimdienstes MI5 und damit die oberste Terror-Bekämpferin des Vereinigten Königreiches. In einer ihrer seltenen öffentlichen Reden nannte sie die Zahl von 200 islamistischen Gruppen mit insgesamt 1600 bekannten Personen, die über 30 konkrete Terror-Anschläge planen. Man könnte jetzt die Gegen-Aufstellung von Massoud Shadjareh zitieren, dem Vorsitzenden der britischen Islamic Human Rights Commission. Danach sind seit dem mutmaßlichen Terror-Anschlag mit verschiedenen Flüssigkeiten 1000 Menschen in Großbritannien verhaftet worden. 29 wurden im Zusammenhang mit terroristischen Akten verurteilt, davon waren 8 Personen Moslems. Verlinken ist derzeit nicht möglich, die entsprechende Presseerklärung musste gelöscht werden. Denn der Krieg gegen den Terror eskaliert, wie jeder Krieg. So wurde eine Frau verhaftet und angeklagt, weil auf der Festplatte ihres Computers terroristische Texte gespeichert waren. Das ist der Tatbestand. Wie glücklich können wir uns darum schätzen, dass in der BRD nun 132 Millionen Euro da sind, die IMAS zu gründen, den Blogwart aller Festplatten, in Verehrung von Markus Wolf. Vergessen wir nicht mit Ingo Wolf, dass wir online zielgerichtet die geschützte häusliche Sphäre verlassen. Und wenn wir etwas offline speichern?

*** Vielleicht sollte man in diesen Fällen das richtige Verschlüsseln lernen. Nicht unbedingt mit Windows Vista, das allein durch sein Design unglaublich sicher ist. Da gibt es Vista-Versionen mit dem Verschlüsselungs-Werkzeug Bitlocker, das den britischen Terror-Jägern eine Absage erteilt. Scharf, was? In den Fällen, in denen kein Trusted Platform Module (TPM) im Rechner steckt, speichert Bitlocker den Schlüssel zum Entschlüsseln auf einem USB-Stick. Und die Vista-Hilfe mahnt: Es gibt Fälle, in denen der Stick den Behörden übergeben werden muss. Dagegen hilft nur der schicke Privacy Dongle aus Bielefeld. Und der oder die Erste, die jetzt im Forum mit dem abgelutschten Bielefeld gibbet nich kommt, den wird die Hölle 2.0 holen. In ihr wird 24 Stunden lang gegruschelt. Ein endloses Bewerbungsinterview gewissermaßen, ganz ohne diese Kastrationsängste.

Was wird.

Seit mehreren Tagen berieselt mich ein Blatt mit der Werbung, dass der Mensch zu einem Drittel aus Muskeln besteht. Für jemanden, der so fett ist, wie ich es bin, ist das natürlich eine Herausforderung. Ohne Frage ist die Medica die wichtigste Veranstaltung der kommenden Woche. Zeigt sie doch nicht Viagra, Hoodia und Anatrim oder sonst ein Mittelchen, den Ständer zu bekommen. Denn frei nach dem großen Kant nutzt nur ein guter Schluck. Was ist schon Fett, was Göbelmasse, wenn VDE-konform aktive RFID-Implantate mir jederzeit mitteilen können, dass ich satt bin oder einen über den Durst getrunken habe, wenn ich Tanja-Anja abschleppen will. Leute! Sind wir nicht alles Schweine? Schweine 1.0, Schweine 2.0 usw, usf. Ach ja, ich habe vergessen: Die einen sind Prosciutto, die anderen einfach nur Speck.

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