Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125693 mal)

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Was war. Was wird. Vom Regen (NL) in die Traufe (D).
« Antwort #690 am: 13 August, 2017, 06:20 »
Keine Atempause. Genau, Geschichte wird gemacht. Jedenfalls ist Wahlkampf. Geschichte wird gemacht? Ach, geh, weg, wo kämen wir denn da hin, klagt Hal Faber: Bob und Alice drehen sich im virtuellen Grab.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Der Leuchtturm am Safe Harbour ist abgebaut, die Schiffe sind weg, genau wie die gehackten Teslas der italienischen Botschaft. Der Ravezauber durch das Camp ist vorbei und Still Hacking Anyway Geschichte und spurlos verschwunden. Doch Geschichte will nicht nur gemacht, sondern auch verstanden werden, nicht nur im öden Wahlkampfmodus, sonst sind die Ludditen einfach nur Maschinenstürmer. Dabei waren diese Menschen eigentlich frühe Hacker, die mit eigenen Arbeiterkooperativen für ihren Lebensstandard kämpften, wie dies der kybernetische Kommunist Richard Barbrook formuliert. Der war einst mit der kalifornischen Ideologie bekannt geworden und propagiert heute als Corbyn-Berater die App Corbyn Run und freut sich über What was done.

*** Alice und Bob sind das berühmteste Paar der IT-Geschichte. Nicht gerade ein Liebespaar wie Romeo und Julia oder Homer und Marge, aber doch wie ein Paar, das in aller Öffentlichkeit ein Geheimnis miteinander teilen will. Die Geburtsstunde ihrer seltsamen Beziehung war 1978, als Rivest, Shamir und Adleman ihren Aufsatz über das Public-Key-Verfahren in der Kryptografie publizierten. In einem gemütlichen Plausch am Rande der SHA erklärte Phil Zimmermann, wie sehr ihn damals das Paper von RSA elektrifizierte. Das ging soweit, dass Alicebob als Name für sein Programm in der Überlegung war, bevor ihn die Werbung von "Ralph's Pretty Good Groceries" animierte, sein allererstes Programm "Pretty Good Terminal" oder PGT zu nennen. Später entstand dann PGP und neben Alice und Bob tauchte Trent auf, als eine der Instanzen im Vertrauensmodell von PGP. Heute hält Zimmermann das Vertrauensmodell für überholt. Als später auf der SHA im Vortrag über p=p gesprochen wurde, wie das Vertrauensmodell ersetzt werden kann, war Zimmermann längst wieder in Den Haag. So verpasste er, dass Alice und Bob und alle Heiseleserinnen und Heiseleser dafür Geld spenden können, das Kryptografie etwas einfacher wird. Das Projekt gehört jetzt zu denen, für die bei der Wau Holland Stiftung ein Konto eingerichtet wurde, womit Spenden mit Quittungen möglich sind.

*** Bei Facebook experimentieren sie mit Chatbots und so haben es Alice und Bob als solche zu neuem Ruhm gebracht, diesmal nicht mit Key-Chiffren, sondern mit einer selbstentwickelten chiffrierten Sprache, die LOLWUTweit vom Englischen abwich. Prompt gibt es die bekannten KI-Debatten über den Untergang unserer Zivilisation und natürlich einen Vergleich mit der Gefährlichkeit von Nordkorea. Standen Alice und Bob kurz davor, die Herrschaft über die Menschheit an sich zu reißen, wie es die Frankfurter Allgemeine schrieb? Wohl kaum. Jede KI ist großen menschlichen Leistungen weit entfernt. Und auch die Facebook-KIs babbelten einfach nur sinnloses Kauderwelsch. Auch dazu gab es auf dem Camp hinter dem Deich ein paar interessante Aussagen: Was macht wohl eine KI, die alles daran setzt, unsere Privatsphäre zu schützen? Findet sie eine Verschlüsselung, die stärker ist als die Vollbit-Verschlüsselung des Heise-Lieblings Kryptochef? Derweil warnen selbst Regierungsberater, dass Alice und Bob sich ihre sichere Kommunkation an den Hut stecken können, wenn die Regierungen sich von den Sicherheitsparanoikern weiter so ins Bockshorn jagen lassen.

*** Wie auf dergleichen Sommercamps üblich, war die SHA2017 ein großer Familienausflug mit vielen Kindern. Eindrücklich konnte man sehen, wie Smartphones vergnügte junge Wesen begleiteten, die alles andere als verdummt erschienen. Wie, das ist nur eine x-beliebige Korrelation? Aber genau so agumentiert der Panik-Artikel der US-Psychologin, die bereits 2007 vor dem durch Computer geförderten Zusammenbruch der Kindheit warnte. Gegen ihre neue Panikattacke gibt es etliche Einwände, wie den von der Verwechslung von Korrelation und Kausalität. Bittesehr, es gibt auch Studien, die Entwarnung geben. Verdummen Kinder, ist das ein Zeichen, dass sie überbehütet aufwachsen, schreibt gar der Psychiater Jan Kalbitzer, Fachmann für Digitalparanoia. Noch mehr so Bockshörner, und wir verdummen wirklich alle.

*** Paranoia, Schmaranoia, da war doch was? In der Zeitschrift Atlantic, an der mittlerweile das Emerson Collective von Lara Powell Jobs beteiligt ist, erschien eine Geschichte über einen Mitarbeiter des nationalen Sicherheitsrates der USA, der über ein verschwörungstheoretisches Memorandum stolperte und gefeuert wurde. Inzwischen ist das ganze Memorandum online verfügbar und bietet eine Innensicht in die Trumpokratie. Der Text ist wichtiger als das wirre Google-Manifest, das dieser Tage für Furore sorgte und eine ganze Debatte ins Bockshorn jagte. Da gibt also es einen tiefen Staat von "Kulturmarxisten", die sich mit Muslimbrüdern, Bankern, EU-Politikern und bestechlichen Abgeordneten zusammengetan haben, um Trump zu schaden. Diese Kulturmarxisten arbeiten mit Transgender-Regeln, die verhindern, dass "echte Männer" den Sumpf austrocknen können. Dieser tiefe Staat ist das Ergebnis eines Kulturmarxismus oder auch des westlichen Marxismus, der über Jahrzehnte im Weißen Haus gepflegt und gehegt wurde und entscheidend von den Toleranz-Analysen von Herbert Marcuse geprägt wurde. Seine Narrative sind Sätze über den unehrlichen, illegitimen oder korrupten Präsidenten. Das Fazit: Trump muss jetzt zuschlagen, um diesen Sumpf auszutrocknen. Als Trump über seinen Freund Sean Hannity erfuhr, dass der Autor aus dem Weißen Irrenhaus gefeuert wurde, soll er sehr wütend gewesen sein. Die amerikanische Variante einer Dolchstoßlegende ist da und dürfte aktiviert werden, wenn die Trump-Kids bemerken, dass sich nichts ändert. Wir zählen derweil die Bockshörner.

*** Die Konsequenzen von Trumps Politik werden bald von ökonomischen Brüchen begleitet, bei denen Feuer und Wut auf Trumps Amerika hagelt. Man lese, wie Richard Dawkins den Präsident beraten würde, nur um schließlich einzugestehen, dass ein Donald Trump auf niemanden hört – und wenn, dann auf einen Steve Bannon, der ihn mit Weisheiten aus World of Warcraft beglückt. So gehen wir mit Bill und Melinda Gates einen Schritt zurück und befragen einen Ex-Präsidenten, was zu einem gelungenen Leben gehört, natürlich stilecht im VR-Modus. Bockshörner hingen nicht an der Wand des Interview-Zimmers, und waren auch sinst nicht zu finden, wie man hört.

Was wird.

Zurück in Deutschland fielen den erschöpften Heimkehrern von der SHA die Wahlplakate auf, bei denen durch die Bank weg alle Parteien versuchen, sich an Blödheit zu übertreffen. "Nicht Aktenkoffer, sondern Schulranzen verändern die Welt", das klingt schick, ist aber grottenolmfalsch. Es sind die Ideen der Börsenheinis oder der von Jugend forscht, die zur materiellen Gewalt geworden, die Welt verändern. Wo bleibt eigentlich das ehrliche Plakat wie "Zehn Jahre Bundestrojaner. Wir belauschen euch weiter!". So ist das deutsche Dösen ausgebrochen, verbunden mit dem hübschen Zeitvertreib beim Zuschauen, wie sich die Grünen in der Dieselfalle winden und einander würgen. Aber dazu hat ein Kollege das Passende gesagt. Der nächste Gipfel kommt bestimmt.

Genießen wir lieber die Reste des Sommers. Bald startet der Wahl-O-Mat, nur nicht der für das schöne Niedersachsen, wo es auch ran an die Urnen geht, nach einem sorgfältig inszenierten Entlastungsangriff zum Dieselgipfel. Wer unterdessen über die fiesen Algorithmen grübeln will, die hastunichtgesehen so eine Wahl beeinflussen, lädt sich halt die Handreichungen der Deutschen Gesellschaft für Informatik runter. Und bittschön, wer nach dieser Meldung zur SHA Sorge hatte, darf die Zeilen lesen, die die Pressebetreuung des Bundeswahlleiters zur freundlichen Kenntnisnahme schickte: "Der Bundeswahlleiter nutzt einzelne Komponenten der Produkt-Suite IVU.elect für die Bundestagswahl, allerdings in einer speziellen, an die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Bundestagswahl angepassten Version. Die ausgewählten Softwarekomponenten unterstützen den Teilprozess der Wahlen, der in den Zuständigkeitsbereich des Bundeswahlleiters fällt (siehe hier). Diese vom Bundeswahlleiter verwendete Version ist nicht identisch mit der Anwendung, die in den Niederlanden zum Einsatz gekommen ist." Vom Regen, der mit einem gekonnten Wolkenbruch auf der SHA schlussendlich die Kartents demoliert, kommen wir noch früh genug in die Traufe, oder um es mit Luther in diesem noch immer gefeierten Lutherjahr zu sagen: "Wenn man dem Regen entleuft, so kompt man mitten ins Wasser."

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Was war. Was wird. Von Sackgassen und Auswegen
« Antwort #691 am: 20 August, 2017, 00:12 »
Köpfe lassen sich nicht wie Nummernschilder abmontieren, ansonsten können beide recht gleich behandelt werden. Mit Fahrzeugen preschen Menschen andere Menschen nieder. In Deutschland döst man sich zur Wahl.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

Er hängt an keinem Baume,

Er hängt an keinem Strick.

Er hängt nur an dem Traume

Der deutschen Republik.

Die Sezession, die Lossagung der Südstaaten von Amerika und die Bildung einer Konförderation war kein Kampf um allgemeine Menschenrechte, sondern der Versuch, die Produktionsmethode einer modernen Sklavenhaltergesellschaft auszudehnen und in anderen US-Staaten sowie in Mittel- und Südamerika einzuführen. Wer da von einem lost cause schwärmt und von einem Kampf für die Demokratie fabuliert, verdreht die Geschichte.

Die Neuner, die unter August Willich und Gustav Kämmerling gegen die Konföderierten ins Feld zogen, sangen das Heckerlied und sahen diesen Krieg als direkte Fortsetzung der deutschen Freiheitskämpfe von 1848 an. Auch Friedrich Hecker kämpfte in der Truppe der US-Armee, wenngleich er sie 1848 für gescheitert hielt und den wunderbaren Traum einer deutschen Republik aufgegeben hatte. Gut, es gab auch Südstaatler, sogar mit einem Traum von einer Verfassung zu einer Sklaven haltenden Demokratie ohne Parteien.

Der US-amerikanische Bürgerkrieg kannte Schlachten mit Verlusten auf beiden Seiten, die die Landung vor Dünkirchen weit überstiegen. Am Ende war das Land so zerrissen, dass General Lee verfügte, dass er keine Statuen von sich sehen wollte. Nichts, was die Nation noch weiter spaltete. Soweit die Geschichte, doch wer einen Fluss voller Blut an seinem Golfclub haben will, bekommt ihn auch, mit malerischer Aussicht und weitab von irgendeiner historischen Schlachtstätte. Rekorde holen andere, die Umdenken förderten, während der Präsident versagte. Muss man es gleich so dramatisch sehen? Ist da vielmehr nicht jemand, der wieder und wieder in eine Sackgasse rennt?

"Die Trump-Präsidentschaft, für die wir kämpften und die wir gewannen, ist vorbei. Wir sind immer noch eine große Bewegung und werden etwas aus der Trump-Präsidentschaft machen. Aber diese Präsidentschaft ist vorbei. Sie wird etwas anderes sein." Mit diesen Worten hat Steve Bannon seinen Rückraustrittwurf aus den "engen Kreisen" um Trump kommentiert. Auch für ihn hat der Präsident versagt, nur eben anders. Nun geht das Zerreißen weiter. Der Gegenpol ist übrigens nicht Alt-Left.

Auf der Hackerkonferenz HAR hatte er einen gefeierten Auftritt mit dem berühmten stehenden Beifall. Der Stand von Wikileaks war ständig umlagert. Auf der Folgekonferenz OHM wurde er per Video aus der Londoner Botschaft eingeblendet und füllte gleich zwei Vortragszelte und brachte die Hacker zum Feiern. Auf der SHA in der vorletzten Woche wurde Julian Assange genau einmal erwähnt, im Vortrag seiner Mitautorin Suelette Dreyfuß und der Kampagne Blueprint for Free Speech. Doch nun geht es wieder aufwärts mit Assange.

Zuerst erschien ein Porträt von seinem Lieblingsjournalisten Raffi Khatchadourian, in dem Assange sich ärgerte, dass Putin all das Lob für die harte Arbeit von Wikileaks einstreichen konnte. Danach folgte ein Besuch des republikanischen Abgeordneten Dana Rohrabacher, dem Assange versicherte, dass Russland nicht hinter den DNC Leaks steckt, sondern dies eben die harte Arbeit von Wikileaks war. Der ehemalige Redenschreiber von Ronald Reagan wird es mit Genugtuung gehört haben, ist er doch einer der wenigen US-Politiker, die die Annektierung der Krim durch Putins Regierung in Ordnung fanden.

Was wird.

Früher war der August Messezeit, heute ist er für den Wahlkampf da. Doch in Deutschland ist das eher eine träg dahinschlurfende dösige Sache. Das #fedidwgugl-Haus der CDU mit einem begehbaren Wahlprogramm gilt dann schon als Hammer. Game over, Datenklau! Dazu gibt es Lästereien, wo überall die AfD klaut, ob bei Fotos oder bei bekannten Sprüchen wie "Wohlstand für alle!". Schlurfig entsteht aus den Befunden um die fehlende Digitalmilliarde prompt ein Gerätsel um den künftigen Digitalminister der CDU bzw. ob es eine Digitalministerin von der CSU sein darf, weil ein Plus an Twitter-Followern ja irgendetwas aussagt im Digitalen.

Dabei gibt es genug Skandale: Die einen wissen es noch immer nicht, warum sie gipfelgefährdende Subjekte waren. Andere erfahren, wie sie trotz eines Freispruches im Namen des Volkes im BKA-Computer gespeichert bleiben, zur Sicherheit, mit Daten die zur Löschung 2026 markiert sind und munter weiter existieren. Auch der wie immer zuverlässig versagende deutsche Verfassungsschutz mit seinen Landesschlafämtern steuerte seine unrichtige Erkenntnislage bei, auch dies zu unser aller Sicherheit.

Sicherheit kann man bekanntlich nie genug haben, wenn einem die Freiheit egal ist. In der kommenden Woche wird sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Berliner Bahnhof Südkreuz im Beisein eigens akkreditierter Journalisten über die elektronische Gesichtserkennung informieren. Wie heikel das Thema ist, erklärt der Akkreditierungshinweis gleich selbst: "Es ist darauf zu achten, dass beim Abfilmen der Laptop-Bildschirme für die jeweilige Gesichtserkennungstechnik eine Verpixelung derjenigen erfassten Personen erfolgt, die nicht freiwillige Testpersonen sind (Recht am eigenen Bild). Ein Hinweis dazu, welche Bilder zu verpixeln sind, wird vor Ort gegeben."

Wie wäre es mit einem weiteren Hinweis an die journalistischen Kleingruppen auf ihrem geführten Rundgang: der SmartBeacon/S von Blukii, den die freiwilligen Testpersonen als Schlüsselanhänger tragen, ist alles andere als ein einfacher RFID-Chip, der ihre Anwesenheit meldet. Es ist ein aktiver Transponder mit einer Reichweite von 20 Metern und verfügt über einen Beschleunigungs- und Temperatursensor. So könnte glatt gemessen werden, mit welcher Geschwindigkeit "Verdächtige" abtauchen.

Juristisch ist alles übrigens ganz wunderbar unkompliziert, wenn Gesichter von einer Software erkannt werden sollen. Auf dem europäischen Polizeikongress 2017 meinten Befürworter der Methode, sie sei einfach nur eine Ausweitung der automatisierten Kennzeichenerfassung von Automobilen, nur mit dem Unterschied, dass man Gesichter nicht einfach abschrauben kann. Ähnlich einfach sieht man es in Berlin. "Nach Auffassung der Bundesregierung genügt Paragraf 27 des Bundespolizeigesetzes", so die Auskunft der Regierung auf eine Anfrage des Grünen Abgeordneten Konstantin von Notz.

Ganz anders sehen das Juristen: In der aktuellen Zeitschrift für Datenschutz haben sich Gerrit Hornung und Stephan Schindler mit dem biometrischen Auge der Polizei beschäftigt und die "Rechtsfragen des Einsatzes von Videoüberwachung mit biometrischer Gesichtserkennung" klamüsiert: "Der polizeiliche Einsatz eines solchen Instruments bedarf einer expliziten gesetzlichen Regelung und kann nicht auf bereits vorhandene Regelungen zur Videoüberwachung gestützt werden." Der Einsatz der automatischen Gesichtserkennung sei weit mehr als das einfache "Herstellen von Bildaufnahmen", das der Polizei erlaubt sei. Die Regelungen zum Datenabgleich seien zu unpräzise. Jetzt, wo die Debatte angefangen hat, kann eine Demonstration auf die Sprünge helfen. "Der Mensch ist beides zugleich, eine Sackgasse und ein Ausweg," erkannte einstmals ein deutscher Philosoph.

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Was war. Was wird. Wer die Wahl hat, hat die Wahl.
« Antwort #692 am: 27 August, 2017, 03:39 »
Bavaria rules the waves, äh, the trains, äh, doch nicht. Vom unfähigsten Verkehrsverhinderer bis zum hartgesottensten Webverbieter steht einiges zur Wahl. Der, der Kalif anstelle der Kalifin werden will, tut dabei nur so, als gehöre er nicht dazu.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist Wahlkampf. Alle wollen Kalif werden anstelle der Kalifin oder ihr mindestens einen tollen Thermomix und seinen Politmix andrehen. Diese unsere Demokratie zeigt sich von ihrer hässlichsten Seite, die Republik ist tapeziert mit Plakaten voller Platitüden. Gut, gerecht und gerne, das ist alles zum Gähnen. Wenn es mal rauer zugeht, werden Hipster beschimpft, weil sie Englisch sprechen können, von einem Politzwerg, der Anteile an einer Firma besitzt, die eine Software namens Taxbutler herstellt. Zugegeben sehr einfach gestrickt, aber an einen großen Anspruch erinnernd, ist LIBERTÉ, EGALITÉ, FCKAFDÉ noch der beste Slogan.

*** Zum Wahlkampf anno 2017 gehört, dass ein bayerischer Innenminister und CSU-Parteimitglied unbedingt Bundesinnenminister werden will. Das aber stört den amtierenden Bundesinnenminister und CDU-Parteimitglied Thomas de Maizière so sehr, dass er eine aufwendige (staatlich finanzierte) Wahlkampfaktion durchführen lässt. Dabei hängt er auch noch seinen juristischen Sachverstand an den Nagel und gibt am Berliner Südkreuz den harten Hund. Unterstützt von seiner liebsten Antiterror-Polizeitruppe, der Bundespolizei lobpreist er die Gesichtserkennung als einen "unglaublichen Sicherheitsgewinn", noch bevor das sechsmonatige Projekt mit der Auswertung der Ergebnisse begonnen hat. Mit "wurschtiger Ignoranz" (Berliner Zeitung) vergleicht er die Gesichtserkennung mit dem Scan von KFZ-Kennzeichen und glaubt, dass keine eigenen Gesetze notwendig sind. Damit liegt de Maizière aller Voraussicht nach falsch. Im WWWW der vergangenen Woche habe ich auf das Gutachten der Juristen Gerrit Hornung und Stephan Schindler hingewiesen, das von einer "expliziten gesetzlichen Neuregelung" spricht, wenn diese Gesichtserkennung zum Einsatz kommen soll. Pointiert hat das Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung formuliert, auch er ein juristisch geschulter Staatsbürger: "Aber eine Technik, für die es keine ausreichende gesetzliche Grundlage gibt, ist kein Freund; und eine Technik, die die Menschen ungefragt verfolgt und ihnen ins Gesicht fährt, ist auch nicht hilfreich, sondern asozial."

*** Die kleine Wochenschau enthielt sogar ein schickes Foto des Blukii-Beacons, über den sich dann am Montag die Aktivisten von Digitalcourage aufregten. Das führte zu einem großen Lalula in der Presse, weil so ein Beacon ja etwas ganz anderes ist als der von der Bundespolizei im FAQ zur Gesichtserkennung erwähnte "Transponder" in Form einer Kreditkarte. Im FAQ fehlt freilich, ob der Transponder ein passiver RFID-Chip ist oder aktiv Daten über viele Meter sendet, wie es bei der Verladung von Containern der Fall ist. So sind alle fein raus mit der Aufregung. Die eigentliche Frage haben de Maizière wie seine Kritiker im Technik-Kleinklein ausgeblendet. Schließlich sind alle möglichen Kameras am Test der Erkennungssoftware beteiligt, wie die Bundespolizei sagt. "Sollen Überwachungskameras zusammengeschaltet werden, so dass sich komplette Bewegungsprofile einzelner Individuen erstellen lassen? Sollen sich die Behörden weiterer Möglichkeiten bedienen und beispielsweise Software einsetzen, die Emotionen aus Gesichtern abliest? Entwickler versichern, anhand von Augenbewegungen ließen sich Rückschlüsse ziehen sowohl auf kurzfristige Absichten, als auch auf Drogenkonsum oder Krankheiten."

*** "Online-Durchsuchung
(1) Auch ohne Wissen des Betroffenen darf mit technischen Mitteln in ein von dem Betroffenen genutztes informationstechnisches System eingegriffen und dürfen Daten daraus erhoben werden (Online-Durchsuchung), wenn

1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete besonders schwere Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat,

2. die Tat auch im Einzelfall besonders schwer wiegt und

3. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre."

Ganz ohne wahlkämpferische Begleitung ist mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am Mittwoch der Einsatz des Bundestrojaners gestattet, ausgestattet mit einer beeindruckenden Liste von Taten, bei denen informationstechnische Systeme eines Verdächtigen und/oder seiner Umgebung online durchsucht werden dürfen. Kein Politiker stellte sich vor die Presse und freute sich gemeinsam mit einem BKA-Ermittler über die Lizenz zum Schnüffeln. Nicht einmal Heiko Maas (SPD), der Vater des Gesetzes, nahm die Chance wahr, seinen tollen Hiddenmix zu verkaufen. Sei's drum: seit Donnerstag läuft der spannende Countdown, wer erster !!einself!! rufen kann. Wird es BKA Digital-Cheffahnder Mirko Manske mit einem erfolgreich eingesetzten Trojaner sein oder doch wieder nur der Chaos Computer Club mit einem enttarnten Stück Schnüffelware? Wahlweise kann man die Tage zählen, bis die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe landet.

*** Der unfähigste Minister der aktuell noch existierenden Bundesregierung ist zweifelsohne Alexander Dobrindt (CSU). Nach einem Autogipfel, der das Haftungsprinzip der Automobilindustrie aushebelte und einem Desaster beim PPP-finanzierten Autobahnausbau ist das Ausmaß der größten Katastrophe seiner Amtszeit noch gar nicht absehbar. Aktuell stauen sich Hunderte von Güterzügen auf der meistbefahrendsten Strecke Europas zwischen Rotterdam und Genua, weil das Projekt digitales Bauen mit dem Tunnel Rastatt ein krachender Schuss in den Ofen war, der in die Lehrbücher der Bauingenieure eingehen wird. Verzweifelte Spediteure versuchen unter dem Druck von Just-in-Time-Verträgen, ganze Container-Züge auf Schiffe zu verladen. Die profitierenden Wasser- und Schifffahrtsverbände freuen sich, den Rheinkorridor "offen" zu halten, die anderen haben einen Milliarden-Schaden, doch Dobrindt juckt das nicht. Der Teflon-Minister ist ein Bayer, seine verkehrspolitische Geisterfahrt ist zu Ende. Vielleicht kommt noch der Vorschlag, den heimischen Pleitenkanal zu benutzen.

Was wird.

Auf der Grundlage des Vereinsgesetzes ist linksunten.indymedia verboten worden, wobei das Bundesinnenministerium unter Thomas de Maizière in seiner Erklärung die Rechts-Links-These bemüht und vom "Pendant" zu Altermedia spricht. Das ist bedauerlich, denn linksunten wurden die Taten von Neonazis dokumentiert, als der Verfassungsschutz noch fleißig am Schreddern seiner Akten war. Dieses auch für Journalisten wichtige Material ist dank Archive.org immer noch erreichbar, neben dem Indy-Mist, der von Dumm-Dumm-Bloggern so geliebt wird. In Kanada wird derzeit die neue Heimat vorbereitet, mit markigen Worten aus der Unabhängigkeitserklärung des Cyberspaces von Perry Barlow garniert. Was kommen wird, dürfte an alte Zeiten erinnern, als die PDS-Politikerin Angela Marquardt vor 20 Jahren angeblich eine schwere Straftat beging. Sie verlinkte über ihre Homepage auf Seiten von "Radikal", die beim niederländischen Provider XS4all gehostet wurden. Unter anderem konnte man dort den "Kleinen Leitfaden zur Störung von Bahntransporten" finden. Bekanntlich wurde Angela Marquardt freigesprochen, weil ihr kein Vorsatz nachzuweisen war. Die kleine Frage, ob ein Link zu einer extremistischen Seite strafbar ist, steht wieder einmal im Bällebad und will abgeholt werden.

Noch bevor Merkel zum Wahlkampf mit Schulz in die leicht sittenwidrig gestaltete TV-Bütt steigt, wird die IFA in Berlin eröffnet. Mit ganz tollen, wunderbar disruptiven Innovationen. Hier entscheidet sich, welchen Thermomixer Merkel vom Starverkäufer Christian Lindner bekommt. Wer nichts von den neuen Überwachungs- / Reinigungs-Robotern, den Alexa-Gadgets und plappernden Waschmaschinen wissen will, kann zur parallel stattfindenden Konferenz von Netzpolitik über Netzpolitik gehen. Da wird abends sogar der Trojaner getanzt.

Geh in die Knie
Und wackle mit den Hüften.
Klatsch in die Hände
tanz den ....

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Was war. Was wird. Von Alleen und anderen Männerfantasien.
« Antwort #693 am: 03 September, 2017, 00:13 »
Gadgets. GADGETS. GADGETS!!! Ach, wie langweilig, jammert Hal Faber. Wo ist Q, wenn man ihn mal wirklich braucht? Da nutzen auch die dummen Sprüche von Cyber-Gefechtsfeldern nichts: Die Geheimdienste sind auch nicht mehr das, was sie nie waren.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** avenidas
avenidas y flores

flores
flores y mujeres

avenidas
avenidas y mujeres

avenidas y flores y mujeres y un admirador

Kann dieses wunderschöne Liebesgedicht von Eugen Gomringer übermalt werden, weil es angeblich Frauen als Objekte im öffentlichen Raum degradiert? Aber nicht doch. Die Weisheit der Massen im Heise-Forum bringt es zu Tage: so ein Gebäude hat ja mehrere Seiten und ist damit prädestiniert, die ganze Schönheit der konkreten Poesie wiederzugeben, natürlich mit tiefer Verbeugung vor allen Lesern, die Poesie lieben und leidenschaftlich diskutieren.

Kneipen.
Kneipen und Biere.

Biere.
Biere und Männer.

Kneipen.
Kneipen und Männer.

Kneipen und Biere und Männer und ein Wirt.

*** Wir sehen: Gedichte gehören zur IT und zu den Heise-Leserinnen und Lesern wie Q zu 007. Womit ich schon bei der neuen Zentralstelle für Schnüffeldienste (ZITIS) angelangt bin, die in dieser Woche im Web auftauchte und gleich ein richtig apartes Stellenangebot postete: "Wir suchen Q, nicht 007. Du verbindest die Kreativität eines Q, die James Bond erst erfolgreich macht, mit grundsätzlichem Verständnis für öffentliche Institutionen?" Die Kreativität eines Q oder eines Gomringers mit dem Verständnis für Behörden wie das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und das Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenbringen, das hat etwas. Wobei in meiner altmodischen filmisch geprägten Vorstellung die "Kreativität eines Q" beim Bundestrojaner eine Armbanduhr wäre, die Bond trägt, während er lässig das Passwort eines Computers knackt, der einem Schurken gehört. Kaum ist der Rechner entsperrt, speichert die Uhr mittels Bond-Link die Festplatte im Armband, während eine zusätzlich laufende Suche die (Mail)Adressen schöner Schurkinnen direkt in Bonds Kalender kopiert, damit er sie bei nächster Gelegenheit vö, äh, völkerkundlich untersuchen kann. Mujeres y un admirador, wissensschon.

*** Soviel zu Q. Was aber ist eigentlich dieses "grundsätzliche Verständnis für öffentliche Institutionen"? Wer diesen Informationsaustausch zur Akkreditierung von Journalisten beim G20-Gipfel durchliest, erhält den Eindruck, dass die Institution Bundeskriminalamt einen Sauhaufen von einer Datenbank hat, in der alles mögliche gespeichert ist. Alles nur Einzelfälle, aber davon mehrere Tausend, verursacht durch das Gefahrenrecht, nach dem in polizeilichen Datensammlungen auch die Daten Nichtverurteilter stehen können. Da helfen auch gut gemeinte FAQ-Antworten über Verbunddateien nichts, wenn "nur bei bewiesener Unschuld" gelöscht wird. "Ist noch ein Restzweifel da, darf der Eintrag bleiben". 10 Jahre lang. Sammle in der Zeit, dann hast du in der Not, könnte der Wahlspruch des BKA lauten.

*** Auch bei der Gesichtserkennung gibt es Erklärungsbedarf. Nach dem Blukii-Aufreger in der letzten Woche stellt sich die Frage, was die Spezialisten des Bundeskriminalamtes so alles unter der "No-Spy-Klausel" der streng geheimen Software-Verträge verstehen, die mit den Lieferanten der Erkennungssoftware abgeschlossen wurden. Die offizielle Erklärung soll Befürchtungen verscheuchen, könnte aber einen Q beunruhigen: "Hiermit solle die Virenfreiheit von Software und der Ausschluss unerwünschter Funktionen, die die Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit von Software, Hardware oder Daten gefährden, gewährleistet werden." Für eine Bundesregierung, die mit ZITIS und vielen Qs die Vertraulichkeit von Software zerdeppern will, ist diese Klausel bemerkenswert, nicht nur wegen der vertraglich zugesicherten Virenfreiheit. Hier geht es um Qualitätssoftware mit Gütesiegeln wie Made in the USA oder Made in Germany. Die bösen sind schließlich ganz woanders, etwa wie üblich in Russland, wo dieses FindFace herkommt, von einer Firma, die das Gesichtserkennungssystem der Moskauer Polizei entwickelt.

*** Gibt es Software, die mit großer Zuverlässigkeit vorhersagt, wo der nächste Einbruch stattfinden wird? Die erste wissenschaftliche Studie zum Predictive Policing mit Hilfe der Software Precobs ist draußen und sie ist nicht sonderlich positiv. Der Kriminologe Dominik Gerstner meint, das Predictive Policing nur in städtischen Bereichen funktioniert, wenn überhaupt. Auf dem platten Lande muss der Einsatz der Software "kritisch gesehen" werden. Während Polizeiexperten Precobs als sinnvolle Ergänzung zur Einsatzplanung sahen und die "höhere Führungsebene" die Software wundervoll findet, gehen die Meinungen der durch die Software losgeschickten Beamten weit auseinander: Für die Polizisten auf Streife führt Precobs schlicht zur Mehrbelastung und zur Veränderung der täglichen Arbeitsroutine. Aber noch ist aller Studien Anfang. Softwareseitig muss außerdem die Gegenprobe erfolgen, mit der Planungssoftware der Einbrecherbanden, die reiche Wohngebiete mit nahem Autobahnanschluss bevorzugt.

*** "Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern, zu schweigen und einen Anwalt hinzu zu ziehen": Dieser Satz, der in Filmen oftmals mechanisch "wie von einem Computer" gesprochen heruntergeleiert wird, ist in den USA als Miranda-Statement in die Rechtsbücher eingegangen. Im Fall der von einem Drucker und einem Journalisten enttarnten Whistleblowerin Reality Winner wurde Miranda vergessen, womit es Probleme gibt, ihre Aussagen vor Gericht zu verwerten. Dabei ist der Fall für zukünftige Whistleblower von großer Bedeutung. Die Frage steht im Raum, welchen Schutz Whistleblower während der Regierungszeit von Trump erwarten können. Hier kommt hinzu, dass der bereits erwähnte republikanische Politiker Rohrabacher Trump einen bizarren Deal vorschlagen will: Wenn Trump Julian Assange vorab begnadigt will dieser beweisen, dass "die Russen" nichts mit den Leaks zu tun hatten, die den US-Wahlkampf beeinflussen. Mit der Begnadigung würde Trump nebenbei seine Verachtung der Dienste demonstrieren können, während der Cäsarenwahnsinn von Assange weiter gesteigert würde – bis zur ausstehenden Verhaftung wegen der Verletzung der Aufenthaltsauflagen, verhängt durch britische Gerichte. So geht es aufwärts, bis es nicht mehr geht.

Was wird.

Aufwärts geht es auch mit dem Konsum, es wird ja wieder kräftig in die Hände gespuckt. All die schönen von Robotern hergestellten Sachen auf der IFA. Gadgets über Gadgets, soweit das Auge reicht. Und dann dieses Glänzen in den Augen der Journalisten, wenn sie begeistert über die Zigzillionste Idee schreiben, den Kühlschrank ans Internet zu hängen oder der Natur einen smarten Garten abzutrotzen. Auf kleinstem Raum kann man im schönen Berlin die Krise des Technikjournalismus studieren, der es nicht mehr schafft, Zusammenhänge zu erklären. Lieber schnell das nächste Gadget ausprobieren! Oder einen düsteren Blick auf die böse Algorikative werfen, der wir alle unterworfen sind. Bis zum Mittwoch ist da genug zu tun.

Wenn es sich in Berlin ausgefunkt hat, fliegen anderswo die Funken. Niemand anderes als die Ausrüster der Bundeswehr laden zu einer IT-Konferenz über den Cyberkampf in Neuland ein. Hoppla, das heißt anders, nämlich "das neue digitale Gefechtsfeld". Der Cyberraum als Schlachtfeld der Zukunft muss verteidigt werden, mit allen Zähnen und Klauen und Mäusen. Die Truppe muss auf Zack sein, die Cyber-Rolle als digitalem Stacheldraht muss jeder Soldat im Marschgepäck haben, immer bereit, dem Gegner die Cybergrenze zu zeigen.

Wer den Unsinn vom Cyberwar und seinen Cyber-Bündnisfällen nicht mitmachen will, kann das am nächsten Wochenende bei der Demonstration Rettet die Grundrechte zeigen. Was nicht nur in Berlin gehen soll. Denn all das hier erwähnte, der Cyberwar, das Predictive Policing, die Gesichtserkennung und die Anlage großer Datensammlungen sind ein Angriff auf diese Rechte, durch Politiker hübsch verpackt im Namen der Sicherheit präsentiert. Aber wer sagt von den für Überwachung zuständigen Politikerinnen und Politikern solche Wahrheiten: "Wir, meine Damen und Herren, unterlassen es ab sofort, Sie zu überwachen, Ihre Telefonate und den Verlauf Ihrer Suchmaschinen zu speichern. Sorry. Das war eine dumme Idee, um Sie zu kontrollieren und zu beherrschen."

Merkel.
Merkel und Schulz.
Merkel und Schulz und eine Moderatorin und eine Moderatorin und ein Moderator und ein Moderator.

Aufwachen?

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Der Grill? Das Auto? Der Auto-Grill? Grill-Autos gibt's nicht, oder? Des Deutschen liebstes Kind wirbelt durch den Wahlkampf. Und nebelt nicht erst zur IAA alles zu, grummelt Hal Faber. Da tauchen noch ganz andere Bugs auf, nicht nur bei den Wahlkämpfern.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die Menschheit hat ein Menschheits-Rätsel weniger. Nicht Kryptologen wie William Friedman oder Spökenkieker wie John Dee haben das Geheimnis des Voynich-Manuskriptes gelöst, sondern ein ausgebildeter Mediävist mit guten Kenntnissen der damals populären Texte. Mit britischer Gelassenheit wird die Spurensuche beschrieben und die Lösung präsentiert. Das Manuskript beschreibt die Behandlung von Frauenkrankheiten im Mittelalter, wobei das Baden und die Beachtung der Sternenkonstellationen eine ganz besondere Bedeutung hatten. Ohne die Astrologie ging damals gar nichts, das war die Plicht-App der dunklen Zeit. Das 500 Jahre alte Manuskript ist ein Vorlagenheft für Wellness-Kuren und kein mittelalterlicher Schabernack oder eine okkulte Ritensammlung mit Zaubersprüchen. Nun muss nur noch die Frage gelöst werden, ob Tintenfische die Reste von auf der Erde überlebenden Aliens sind, mit einem seltsamen Sinn für Humor.

*** Huch, schon wieder hatten wir ein Gipfeltreffen um des Deutschen liebstes Kind. Was natürlich kein Kind ist, sondern zuallererst das Auto, knapp vor dem Fleisch-Grill. 500 Millionen Euro bekommen die deutschen Kommunen für ein Software-Update ihrer Luft. Das soll nicht gehen? Aber ja doch, das ist ein Klacks für die in den Spätzünder verknallte deutsche Automobilindustrie. Sie tut ja so, als sei der Diesel-Skandal eine Art Software-Bug, der mit einem kulanten Update des Betriebssystems fix und foxi ausgebügelt werden kann. Nun wird diese kleine Wochenschau am Geburtstag des ersten Computer-Bugs geschrieben, womit klar auf den Schwindel der Autobauer hinzuweisen ist. Ein Bug ist ein Fehler ist ein Fehler ist ein Fehler, die absichtliche Veränderung der Software zu einem verdeckten Prüfstandsmodus ist es nicht. Solch eine absichtliche Täuschung kann so angelegt werden, dass kein Algorithmen-TÜV der Sache auf die Spur kommen kann. Also her mit dem "Software-Update" der kommunalen Luftschichten!

*** Der Geburtstag des Computer-Bugs ist auch der Geburtstag der Demokartischen Volksrepublik Korea, die 1948 ausgerufen wurde. Im 69. Jahr feiert man sich als unbesiegbare Atommacht. Zur Verwunderung der Welt hat Nordkorea gezeigt, dass Diktaturen komplexe Projekte managen können und kein Stuxnet bereit lag, um dem Projekt Schwierigkeiten zu machen. Bemerkenswert hilflos wird die Geschichte medial auf die Zündler reduziert. Dabei ist es nicht sicher, dass die USA einen Krieg gewinnen können. So taucht die übliche Frage auf, was China, der "letzte Allierte" Norkoreas, eigentlich macht. Eigentlich müsste China etwas machen, so US-Präsident Trump, doch was ist, wenn der chinesische Drache Ernst macht und Nordkorea besetzt? Dann wäre die Atomdrohung erst einmal vom Tisch, mit einem bemerkenswerten außenpolitischen Misserfolg eines US-Präsidenten, der alle Chancen auf eine Wiederwahl verliert.

*** In dieser Woche ist Jerry Pournelle gestorben, ein streitbarer IT-Journalist und Kolumnist für die Zeitschrift Byte und ein Science Fiction-Autor obendrein. In seinem letzten Blog-Eintrag verteidigte er als Trump-Unterstützer die Haltung von Trump gegenüber den Dreamers. Es gab so manchen Zoff mit Jerry, der schon mal eine Software umstandslos als Nazi-Software bezeichnete oder der üppige Geschenke von IT-Firmen akzeptierte. Jerry Pournelle war aber einer, der jedes Stück Hard- und Software, über das er als Kolumnist schrieb, ausgiebig testete und so den Typus des IT-Journalisten schuf, der als reiner Nutzer auftrat, während seine Kollegen bei der Byte samt und sonders IT-Fachleute waren, die programmierten oder selber Hardware entwickelten. Obwohl Jerry als Ex-Militär sehr militärisch dachte und an der Strategischen Verteidigungs-Initiative von Präsident Reagan beteiligt war, lehnte er die Golfkriege strikt ab und sprach sich dafür aus, statt Rüstungsgelder zu verpulvern lieber die Energiewende zu erforschen. Nun wird Chaos Manor geschlossen.

*** Und dann ist da noch diese Bundestagswahl mit bescheuerten denglischen Sprüchen wie "Digital first, Bedenken second". Wobei denglisch kein Problem ist in einem Land in dem Kellner ausgebildete Architekten sind. Das Problem fängt bei Digital first an und ist schon am Logo zu erkennen.Etliche Updates in einer Wahl-Auswertungssoftware haben in dieser Woche für Aufregung gesorgt. Auf der einen Seite stehen Artikel, die das Problem übertreiben, auf der anderen Seite Wahlleiter, die sich in Sicherheit durch Obskurgequatsche flüchten. All diese steht im krassen Gegensatz zum aktuellen Wahlkampf, bei dem ein Volk ohne Lust von Wissenschaftlern darauf hingewiesen wird, dass das Parlament massiv an Einfluss verloren hat. Dennoch wird wegen der rechten Schreihälse die Wahlbeteiligung in die Höhe gehen, weil die einen die AfD wollen, die anderen die AfD verhindern wollen – wie es auch das Heise-Forum zum Parteiprogramm der AfD sieht. Wenn es dann nach Berlin zum Regieren oder Opponieren geht, will man es bequem haben. AfD, CDU und FDP treten im Haupstadtwahlkampf als Tegelretter auf und zeigen, was ihnen Klimapolitik wert ist: nichts. Wobei, zugegeben, das mit den Werten in Wahlzeiten eine heikle Sache ist: Wer die Privatsphäre stärken will, sollte sie nicht, auch nicht "zu einem guten Zweck", demolieren.

Was wird.

Die Grundrechte sind gerettet, doch an Themen für wichtige Demonstrationen mangelt es nicht. Wenn diese Wochenschau im Internet auftaucht, hat Deniz Yücel Geburtstag. Es ist gut, sich an den Menschen und seine Texte zu erinnern. Es ist besser, wenn alle in der Türkei inhaftierten Journalisten freikommen und in Deutschland aufgenommen werden, all den Reisewarnungen von Recep Tayyip Egoman zum Trotz.

Auge um Auge, Byte um Byte titelte die Frankfurter Allgemeine schon im August zum Thema Hackback. Nichts wünscht sich die Bundeswehr so sehr wie ein ordentliches Cybergefecht, vor allem gegen diese Russen. Im Verein mit den Amerikanern und den Franzosen fühlt man sich megastark. Das wurde in dieser Woche in Estland deutlich und kam, etwas verklausulierter, auch in Koblenz zur Sprache. In der anstehenden Woche wird das Thema in Berlin von den Cyberwar-Experten behandelt. Dreh- und Angelstück der Hackback-Fantasien ist das neue "Cyber-Abwehrzentrum Plus", das dieser Tage in den Präsentationen auftaucht, meistens unscheinbar als Cyber-AZ+ geschrieben. Es soll Angriffe schnell aufspüren und zuordnen, ob sie militärisch oder staatlich attribuiert werden können und dann die entsprechenden Befehlsketten alarmieren. In enger Verbindung mit den Spezialisten von ZITIS sollen dann die erfolgsverprechenden Hackback-"Effektoren" zusammengeschraubt werden. Wie praktisch, dass die Behörde auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr angesiedelt ist: Bei Hackback kommt es ja auf diese Milli-Sekunden an, wenn ein Datenbestand angeknabbert wird. Scrum gefechtsbereit zur Attacke! In Florida sollen Waffenbesitzer schließlich auch den Hurrikan Irma mit Schüssen bekämpfen, das hat alles seine Irrsinns-Logik.

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Was war. Was wird. Von Überwachungstätern und ihren Gegnern.
« Antwort #695 am: 17 September, 2017, 05:28 »
Überwacher werden überall gebraucht, auch im Verschlüsselungsstandort D, stellt Hal Faber fest. Und er freut sich umso mehr über die Antwort Edward Snowdens auf die schmierigen Aussagen hiesiger Verfassungsschützer.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

***Ach ja, dieser Kapitalismus ist schon doof. Vor 150 Jahren von Karl Marx so getauft, entfaltet er sich immer noch bis zum großen Kladderadatsch. Dabei ist das das Feuerwerk, das Marx aus dem Unterschied von Gebrauchs- und Tauschwert schlägt, derzeit nur eine kleine Funkenschlagerei. Schließlich lebt in unserer Zeit kein Marx, nur ein Morozov und bei dem kladderdatscht es anders, wenn er gut geschützt hinter einem Zahlungswällchen in der Süddeutschen Zeitung über den "Hausmeister des Kapitalismus" schreibt: "Auch wenn die Menge an Daten unendlich erscheint, so gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die enormen Profite, die aus ihnen geschlagen werden, über die vielen Widersprüche des gegenwärtigen Wirtschaftssystem hinwegtäuschen könnten. Die selbsternannten Hausmeister des weltweiten Kapitalismus, das Silicon Valley, wird sich schon bald als dessen Totengräber erweisen." Das ist schon praktisch, wenn der Hausmeister auch noch Leichenbestatter ist und das funkelnde Spiel von von Gebrauchs- und Tauschwert am Ende ist. Gezahlt wird dann am jüngsten Tag in Jesuscoins.

***Bald ist der Wahlkampf am Ende und all die dümmlichen Plakate können abgeräumt werden. Dann ist Platz für Losungen, die für echte Politik stehen. Denn schon der Kampf im Wahlkampf anno 2017 ist falsch, von echter Wahl will ich erst gar nicht anfangen. Der Wahlschlaf der Erschöpften trifft es besser, vom Kampf kann man nur etwas bei den Masters of Germany sehen. Früher war bekanntlich alles besser, als Promis wie Heino mit der Klampfe in der schwieligen Hand antraten und Wahlkampf für Willy Brandt machten. Heute wirbt der erschöpfte Barde für Mutti, seine Stimme reicht nicht mehr für Vernunft. Vorbei ist bald nicht nur der Wahlkampf, sondern auch die seltsamen Artikel von Journalisten, die mit den Herumschreiern und Brüllern von der AfD reden wollen, dieser rechtsextremen Partei. Mit einer Vorsitzenden, die von den Marionetten der Siegermächte spricht und einem Vorsitzenden, der die Leistungen deutscher Soldaten bewundert, bekommt der nächste deutsche Bundestag einen braunen Haufen furchtbar Dünnhäutiger. Dagegen hilft der Satz eines migrantischen Schülers aus Hannover: "Was wollt ihr? Eure Großväter haben das Land in die Scheiße geritten – und unsere Väter und Großväter haben es wieder aufgebaut."

***Eine Prognose: wenn die AfD und die FDP es in den Bundestag schaffen, wird das neue große Cyber- Abwehrzentrum Plus, die Zusammenschaltung vom Bundeswehr-Kommando CIR und den polizeilichen und nachrichtendienstlichen Informationskanälen im Zeichen des Kampfes gegen den Terror mit den Stimmen der AfD gebilligt werden. Sicherheit ist ja so ein hohes Gut, das kann nur verbessert werden mit mehr Sicherheit und Überwachung. In München wurde mit markigen Aussagen die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich eröffnet. Sie soll Expertise in allen technischen Fragestellungen mit Cyberbezug bündeln und Software für die Quellen-TKÜ oder die Online-Durchsuchung von Computern, Tablets oder Smartphones entwickeln, ohne dass der Verschlüsselungs-Standort Deutschland kompromittiert wird. Das eröffnet spannende Fragen auch nach dem Ankauf von Zero-Days.

Interessant auch, wie die amtierende deutsche Datenschutzbeauftragte mit ihrem Wunsch nach Einsicht in die Arbeit der Behörde mit dem Hinweis auf den Charakter einer "Forschungsstelle" abgebürstet wird. So werden auch Nachfragen abgebürstet, woher die Mitarbeiter kommen sollen, die sich ab sofort um die Telekommunikationsüberwachung kümmern sollen. München ist ja ein dankbares Feld, hier gibt es Firmen, die die IMSI-Catcher bauen oder Überwachungssoftware produzieren. Beste deutsche Ingenieurstradition sozusagen. Interessant ist aber auch, wie ungeniert man schon zum Start von ZITIS mit der Bundeswehr paktiert, auf deren Gelände das ZITIS-Gebäude errichtet werden soll. 15 Professoren für Cyber-Sicherheit sollen zusammen mit 67 Mitarbeitern und 200 Drittmittel-Zuträgern jeweils 70 Cyberkrieger pro Studiumsdurchlauf produzieren. Wer dann nicht im Tarnfleck Hackback-Gefechte austragen will, geht dann eben zu ZITIS. Überwacher werden überall gebraucht.

***Wer sich gegen die Überwachungspraxis stellt, hat es bekanntermaßen schwer. Edward Snowden ist da das bekannteste Beispiel. Längst sind die Snowden-Files Material, aus dem Künstler Anregungen für ihre Kunst beziehen. Während sein "Werk" abgeschlossen ist und über seine Nachfolger spekuliert wird, bleibt Snowden nicht stumm. In dem bisher längsten Interview, das Edward Snowden nach eigener Aussage mit Journalisten geführt hat, leistet er bemerkenswertes, indem er sich als Produkt des Überwachungssystems beschreibt, dass sich eben deshalb nur für die einzige Möglichkeit des Whistleblowings entschieden hat, die ihm als "Produkt" noch handhabbar erschien. Eine Einschätzung, die er gegen alle naseweisen Einwände hochhält, er sei nicht revolutionär oder radikal genug gewesen. Auch die Art und Weise, wie seine Gegner mit ihm umgehen, sieht er reflektiert, sogar die schmierigen Worte des Verfassungsschützers wie Hans-Georg Maaßen: "He doesn't even have the moral fiber to say, 'I think this person is a spy.' Instead, he says, 'Whether Mr. Snowden is a Russian agent or not cannot be proven.'You can literally say this about anyone. I thought, and I would hope, that in an open society, we had moved beyond the days when these secret police agencies were basically denouncing their critics. I'm not even mad about it. I'm just disappointed."

***Im Interview applaudiert Edward Snowden dem Ex-Präsidenten Barack Obama für dessen Entscheidung in Sachen Chelsea Manning. Manning ist frei und führt auf seine Weise das fort, wofür Manning und Snowden stehen, gegen die Herrschaft der Angst und die zunehmende Überwachung. Sein Artikel über Predictive Policing erschien diese Woche in der New York Times, zu einem Zeitpunkt als Manning noch an der Kennedy School der Universität Harvard sprechen sollte. Dass sie auf Druck der CIA nun nicht mehr als Gastdozentin auftreten darf, sondern nur noch als Rednerin kommen kann wurde, findet die New York Times beschämend. Das wird indessen einen Mike Pompeo kaum stören, der seinen Protest gegen Manning auch dazu nutzte, auch Wikileaks anzugreifen. Natürlich kritisierte auch Edward Snowden die Entscheidung der Universität: David Petraeus war Harvard genehm.

Was wird.

***In Berlin wird bekanntlich am Bahnhof Südkreuz die Gesichtserkennung ausprobiert. Was der Spaß einer videoüberwachten Hauptstadt kostet, in der die Gesichtserkennungssoftware im Datenberg der zusammengekoppelten Kameras nach Terroristen fahnden soll, ist jetzt von der amtlichen Kostenschätzung bestätigt worden: schlappe 80 Millionen Euro sollen die Stadt sicherer machen. Ist ja ein Klacks gegenüber den 750 Millionen, die 2017 in die Sanierung von Schulen fließt. Die Befürworter, die nun Stimmen für den Volksentscheid sammeln, verweisen auf London, was nicht überzeugend ist: Niemand anderes als die frühere Innenministerin und jetzige Regierungschefin nutzte das neueste Bomben-Attentat, um eine bessere Regulierung des Internets und mehr Machtbefugnisse zu fordern.

***Doch was taugt die Gesichtserkennung, wenn sie abseits des idiotischen Rummels um das iPhone X zum Einsatz kommt? In Darmstadt beschäftigt sich die BIOSIG 2017 mit den neuesten Forschungsergebnissen. Ein Blick in das Programm zeigt, dass die Biometrie inzwischen so weit ist, auch Neugeborene zuverlässig zu erfassen. All diese Ideen vom Einpflanzen eines Chips in die Fontanelle gleich nach der Geburt sind überflüssig geworden.

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Was war. Was wird. Vom Watscheln und Wackeln an Wahltagen
« Antwort #696 am: 24 September, 2017, 08:29 »
"Die Naturwissenschaft, sowie die von ihr abgeleiteten Technologien, sind nicht wertfrei." Ein weiser Satz von Joe Weizenbaum. Den sollte man all den Politikern ins Stammbuch schreiben, die im Wahlkampf so wertfrei von der Digitalisierung faselten.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Gibt es etwas Undankbareres als eine kleine Wochenschau zu verfassen, die an einem Tag erscheint, wenn die Entscheidungen des Wahl-O-Mates totalisiert werden? Wenn alle Parteien, die den "Mittelstand fördern" wollen, eine weitere grogruselige Koalition bilden, damit noch mehr Paketwagen, Lieferdrohnen und Abholstationen die Päckchenisierung von Deutschland vorantreiben können? Wenn die Erfolgsgeschichte der deutschen PKW-Maut in Dänemark fortgeschrieben wird? Wenn die Vorfreude darauf, dass sich die rechtsradikale "Alternative für Deutschland" schon selbst zerlegen wird, endlich von der Live-Übertragung der Zerlegung abgelöst wird? Noch größer ist allerdings die Freude darauf, wenn sich diese wehrhafte Demokratie endlich zeigt, von der alle reden. Ich habe da meine Zweifel, genau wie bei den Einhörnern.

*** Nun, es gibt andere Dinge zu tun, die Woche kannte ja noch etwas anderes als das Lesen in den Eingeweiden von Apple. So konnte man am Vorabend eines kleinen, lokalen Atomkrieges das Ping-Pong der Wortdrechseleien zwischen dem Rocket Man Kim Jong-Un und dem Dotard Donald Trump verfolgen und so seinen Wortschatz erweitern: Der Krieg ist ja der Vater aller Dinge inklusive der Worte für diese und so freue ich mich über die vornehme "Seneszenz", die mir als deutsche Übersetzung angeboten wird. Ob Dotard eine koreansiche Entsprechung hat, ist leider (noch) nicht bekannt, weil Naenara vorerst keine deutsche Übersetzung der Replik des obersten Führers auf Trumps Drohung anbietet. Natürlich stellt sich prompt die Frage, wie ein gelungene Seneszsenz aussehen könnte. Vielleicht gibt es sie gar nicht, sondern nur die Lüge vom guten Altwerden? Und ewig plärren die Lautsprecher.

*** In dieser Woche hat Wikileaks mit der Veröffentlichung von russischen Dokumenten begonnen. Für Russlandkenner wie Andrei Soldatov, dem ebenfalls diese Dokumente angeboten wurden, enthalten sie nichts Neues. Soldatov deckte die KGB-Aktivitäten bei den Olympischen Spielen in Sotchi auf und gilt als Experte in Fragen des Inlandsgeheimdienst FSB. Zusammen mit den kanadischen Ciitizen Labs veröffentlichte er Details zum russischen SORM, dem "System operativer Sicherheit". Dabei enthüllte er mit Privacy International auch Details zur Firma Peter-Service, der Firma, die Wikileaks nun ins Visier genommen hat. Leider nicht online verfügbar ist sein Artikel "Spionage 2.0", der in der Süddeutschen Zeitung erschien. In ihm erklärt er das Selbstverständnis russsischer IT-Spezialisten und besonders die extrem nationalistische Präsentation des Entwicklungsleiters von Peter-Service, Valery Syssik. Seit 1913 kämpft Russland nach den Folien von Syssik gegen die "Angelsachsen". Dabei hatte es nach einem Wort von Zar Alexander III nur zwei Verbündete, die Armee und die Flotte. Nun sei die Telekommunikation der neueste Verbündete im Kampf gegen die Gehirnwäsche von Facebook, Google, Skype und Apple. "Denken Sie daran, für wen sie ihre Netzwerke bauen", endet der Appell an die ITler, Mütterchen Russland im digitalen Raum zu schützen. Kибер, Kибер. Wer hackt da nochmal die deutschen Wahlen? Wer ist bei den Falschmeldungen auf Facebook ganz vorne mit dabei?

*** Sie sind tot und können sich nicht wehren. Nach dem Einstein Center Digital Future mit "50 Digitalisierungsprofessuren" hat nun das Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft a.k.a. Deutsches Internet Institut seine Gründung gefeiert. Die bis jetzt genannten Digitalprofessuren wie zum Beispiel Gesche Joost, Jeanette Hofmann oder Thomas Schildhauer sind bei Einstein wie bei Weizenbaum dabei und wollen aktuelle gesellschaftliche Veränderungen untersuchen, die sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung abzeichnen. Natürlich interdisziplinär, darunter macht es niemand, der heute Wissenschaft betreibt. Professor ist halt auch nur ein Job, Dritt- und Viertmittelsuche inklusive. Entsprechend hochtrabend liest sich die "übergreifende" Frage, die das Institut allen Ernstes beantworten will: "Wie lassen sich die Ziele individueller und gesellschaftlicher Selbstbestimmung in einer von digital vermittelten Transformations- und Entgrenzungsprozessen geprägten Welt realisieren und welche Rahmenbedingungen und Ressourcen sind für ihre Verwirklichung notwendig?"

*** Gegen das verquaste Deutsch des Weizenbaum-Institutes setzte ich ganz ungeniert den Satz aus dem letzten großen Text von Joseph Weizenbaum "Was ich am Ende meines Lebens glaube": "Die Naturwissenschaft, sowie die von ihr abgeleiteten Technologien und Instrumentarien, sind nicht wertfrei. Sie erben ihre Werte von den Werten der Gesellschaften, in denen sie eingebettet sind. In einer hoch militarisierten Gesellschaft sind Wissenschaft und Technologien von den Werten des Militärs geprägt, in einer Gesellschaft, deren Werte hauptsächlich vom Streben nach Reichtum und Macht abgeleitet sind, sind sie entsprechend gestaltet, usw." Klingt einfach, aber das gilt auch für diese unsere Gesellschaft mit fettem AfD-Anteil in einer von digital vermittelten Transformations- und Entgrenzungsprozessen geprägten Welt. Einzigartige Möglichkeiten für Pioniere und Gestalter gibt es woanders, bei den Entgrenzungsprozessspezialisten.

*** Oh, und da war dann noch neben all der Aufregung übder die Deutsche Telekom eine andere Beschreibung. Leider ist sie noch nicht online, die Geschichte über "Das große kleine Glück" aus dem SZ-Magazin, das diesmal ein "Männerheft" ist. Die kleine Geschichte handelt von einem Fernmeldehandwerker der deutschen Telekom, der 40 Jahre lang auf seiner Stelle arbeitete, ohne Aufstiegsgelüste, aber als Beamter durchweg zufrieden mit seiner Work-Life-Balance. Beschrieben wird er von seiner Tochter, die ihn nach all den Jahren das erste Mal auf seiner Tour begleitet: "Wir fuhren zu Verteilerkästen und Schaltzentralen, dann richteten wir einer Frau mit fünf Katzen das Internet ein." Nun hört der stets zufriedene IT-Papa als "Ein-Mann-Winnig-Team" auf, es gibt ein Frührentnerprogramm der Telekom, das die Beamte durch leichter kündbare Mitarbeiter ersetzt. Mit Papas Ruhestand geht die Vorstellung einer Lebensarbeit in Rente. So ändern sich die Werte in einer Gesellschaft und wir mit ihnen.

Was wird.

Die kommende Woche steht ganz im Zeichen der "digitalen Kulturen", die die Gesellschaft für Informatik in Chemnitz erforscht. Die Rede ist von der Digitalisierung als "Hauptmotor des gesellschaftlichen Wandels", nicht etwa von der weiter laufenden Optimierung von Informationsprozessen oder dieser Plattformökonomie, von der alle schwärmen. Passend dazu kommt die Keynote von Richard Stallman, der am Tag der Informatik seine Idee der vier Freiheiten erklären darf. Zuletzt wurde sein Humor mit Fragen über das Windows-Subsystem for Linux als freier Software merklich auf die Probe gestellt. So, wie der Text ausfällt, muss man annehmen, dass er auf einem E-Mail-Interview basiert. Im "real life" wird Stallman bei solchen Fragen richtig kratzborstig. Saint Ignacius von der Kirche Emacs ist einer dieser unbequemen Heiligen.

Wo die digitale Kultur wabert und loht, ist Sicherheit ein wichtiges Thema. Dementsprechend muss der Mensch so etwas wie Zahnbürste und Zahnpasta in seinem digitalen Kulturbeutel haben. So beginnt zum langen Wochenende mit Einheitsbrückentag der 5. europäische Monat für Cybersicherheit, an dem sich Irland und Schottland beteiligen, aber England stilsicher nicht. Gemäß der Auslegung, dass man sich in der EU niemals daheim gefühlt habe, ist das konsequent. 2020 werden wir also den Brexit sehen. Wie wir 2021 wählen werden, das wissen wir ja schon. Auch wenn Unschlaumeier mit Zeitmaschine und Kopierer spielten. Gerade hat der Mann trotz tatkräftiger Hilfe des CCC viel zu tun, doch für künftige Wahlen empfiehlt es sich, dass künftige Bundeswahlleiter sich ein Abo der c't zulegen. In vier oder vielleicht fünf Jahren wird sich das rentieren. Der Blick in die Zukunft war schon immer ein technischer.

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« Antwort #697 am: 01 Oktober, 2017, 09:07 »
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Und vor den wohlfeilen Lösungen für gesellschaftliche und politische Probleme. Dafür, befürchtet Hal Faber, gibt es jetzt im Bundestag nicht etwa ein Zentrum für politische Schönheit, sondern mehr für politische Dummheit.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Meine Fresse, war das eine Wahl. Angela Merkel ging als Königin der Umfragen an den Start und kam als Bettlerin heraus. Die immer wieder beteuerte Siegesgewissheit, dass ohne die CDU/CSU keine Regierung gebildet werden kann, ist von einem großen Gerangel und Gequengel abgelöst worden. Mehr davon! Ist es nicht wunderbar, dass auf der bezaubernden norddeutschen Tiefebene der Niedersachs-O-Mat startet und uns die Wahl erleichtert? Zwar etwas kurzfristig, aber wie sonst kann man sich entscheiden ohne die lästigen Wahlprogramme, die die Jamaikaner zur Verzweiflung treiben. Gerade in Niedersachs-O-en ist die Koalitionsplatte gut gefüllt und die Stimmung eine andere. Schließlich ist der größte lebende Niedersachse gerade Vorsitzender des russischen Ölkonzerns Rosneft geworden, ein guter Hintertreppenwitz auf alle Stamokap-Theorien. Vielleicht erklärt sich Schröders Verhalten auch mit der tiefen Sehnsucht des Landes nach Erdöl. Alternativ kann man auch darüber nachdenken, ob jemand, der einstmals alle Schulen ans Netz brachte, im Starrsinn des Alters durch das Gerede von den Daten als Öl des Jahrhunderts verwirrt wurde. Doch so oder so ist bei Rosneft die Freude am treuen Freund groß und gemeinsam freut es sich besser auf diese Präsidentschaftswahl, die in Russland ansteht. Für die braucht es nicht einmal einen Russomaten, da die Opposition bekanntlich "kriminell" ist.

*** Mit der Wahl ist sie im Bundestag, die sogenannte "Alternative für Deutschland". Noch in der Wahlnacht und den verschiedenen Rederunden legte man sich kräftig ins Zeug und erzählte Lügen oder mindestens alternative Interpretationen der Tugenden deutscher Soldaten, gelobt vom Franzosen Mitterand. Das Soldatengefasel dieser armen Tröpfe ist sicher nicht die letzte Glitschigkeit, mit der Gauland und Gaunossen die Aufmerksamkeitspumpe bedienen, während sie unser Land und unsere Regeln in ihrem nationalistischen Sinne verdrehen. Für Provokationen gibt es keine Obergrenze, solange sie erfolgreich aufgegriffen werden. In diesem Sinne gehört es zu deren Erfolgen, wenn gleich von links und rechts den Gaunossen nachgeeifert werden soll. Wenn etwa der nicht minder altersstarsinnige Oskar Lafontaine auf der linken Seite die Flüchtlingsfrage angeht und einen Gregor Gysi indirekt zum Parteiaustritt drängt. Und wenn der sonst eher schweigsame sächische CDU-Ministerpräsident Tillich weiter nach rechts rücken will – ausgerechnet in Sachsen, wo die bisherigen CDU-Versuche damit ja schon so wunderbar erfolgreich gegen die AfD waren. Die Flüchtlinge sind die allerschwächsten in dieser Gesellschaft, die wohlständiger ist denn je. Es scheint, dass etwas wie das Zentrum für politsche Schönheit notwendiger denn je ist, angesichts dieses Zentrums für politische Dummheit, das sich in der deutschen Politik etabliert hat.

*** Ausgerechnet bei einer Meldung zum Stand biometrischer Forschung kam die Frage auf, ob denn die Kinderfinger-Biometrie helfen könnte, den Missbrauch von Unterstützungsleistungen von Asylsuchenden einzudämmen. So wird sichtbar, wie schnell eine gut gemeinte Technik, die rechtsfeste ID-Dokumentation von Neugeborenen, missbraucht werden könnte. Ob die hinter der Biometrie stehende entsprechende UN-Richtlinie überhaupt so gemeint ist, wäre dann die Zusatzfrage, die Forums-Mitglied Snoofy treffend beantwortete: "Die Idee hinter einer Geburtsurkunde (= 'birth registration') ist, dass ein Staat sich nicht mal schnell unbequemer Bürger, oder aktueller, Ethnien entledigen kann, indem es behauptetm die sind ja nicht einmal hier geboren und somit keine Staatsbürger. /.../ Die eigentliche Intention dieser 'Richtlinie' ist also Schutz von Minderheiten vor der ultimativen Diskriminierung. Denn wer Staatenlos ist kann noch nicht einmal Asyl beantragen. Ich finde es also mehr als verwerflich, frühkindliche biometrische Identifikation und hochoptimierte Gesichtsscanner mit dem Hinweis auf diese UN-Richtlinie erklären zu wollen."

*** Unbequeme Bürger sorgen in Spanien für die gefährlichste Konfrontation, die Europa derzeit zu bieten hat. Was die spanische Regierung mit aller Macht verhindern will, könnte genau das Europa explodieren lassen, das der französische Präsident Macron gerade in seiner großen Rede skizzierte. Mittendrin im Getümmel der Argumente für ein autonomes Katalonien: Edward Snowden und Julian Assange. Besonders Assange ist vielsprachig engagiert und schreibt vom Ausbruch des ersten Internet-Krieges. Die Motive für diese enorme Überhöhung könnten in Assanges Unterstützung von Baltasar Garzón liegen, seinem wichtigsten Rechtsberater. Dieser hatte vor einen Monaten die spanische Plattform Actúa gegründet, die sich gegen die Regierung, aber auch gegen Podemos stellt. Nun ist ausgerechnet Spanien eng mit Ecuador verbandelt, jenem Land, in dessen Londoner Botschaft Assange ein politisches Asyl gefunden hat. Dies geschah unter Rafael Correra, der inzwischen von Lenin Moreno abgelöst wurde. Moreno beschwerte sich prompt über Assanges unangemessenes Verhalten, womit er die Bedingungen, unter denen der "Hacker" Asyl habe, unterlaufen würde. Zuvor hatte sich Assange seinerseits beschwert, dass Moreno ihn als "Hacker" bezeichnete und nicht als politisch Verfolgten.

*** Stell dir vor, es gibt einen Gipfel und niemand guckt richtig hin: Auf dem Digitalgipfel der EU in Tallinn sollte über den Breitbandausbau in Europa, über die automatische Filterung von Netz-Inhalten und vor allem über eine einheitliche Besteuerung der Internetkonzerne gesprochen werden, doch GAFA interessierte die Teilnehmer nur am Rande. Da konnte der Bitkom Stellungnahmen zum Aufbruchssignal verschicken, es interessierte nicht. Während der zentralen Rede der estnischen Präsidentin Kersti Kaljulaid tuschelte der französische Superstar Macron mit seinem italienischen Nachbarn, später sitzt man an der Hotelbar und plaudert. Der einzige Beschluss, bis 2025 das "weltweit beste Internet" in Europa haben zu wollen, ist wohlfeil, das wollen ja alle. Selbst die Linke in Gestalt der neuen Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg, die als Unternehmerin von Schweden begeistert ist, braucht ganz dringend Glasfaser-Ölleitungen.

Was wird.

Vergebens auf
verschlung'nem Pfad
sucht in der Ferne nach
dem Glück,
wer in der Nähe es
nicht findet!

Ja, die Notizbücher von Leonardo da Vinci gehören zum Schönsten, was die abendländische Kultur zu bieten hat, aber die Skizzenbücher vom da-Vinci-Bewunderer Romano Scarpa sind auch Bestandteil dieser Kultur, nicht nur Carl Barks und Floyd Gotfredson. Sein 1962 gezeichneter Kolumbusfalter, der heute vor 50 Jahren im ersten lustigen Taschenbuch erschien, ist so ein Höhepunkt der westlichen Kulturgeschichte. So steigt die Spannung, denn in 10 Tagen kehrt der Kolumbusfalter zurück, kurz vor dem Weltjahrhundertkulturereignis.

Diese kleine Wochenschau endet mit einer Illustration aus dem Bericht über organisierten Cybercrime, den Europol jährlich herausgibt. Wir sehen zwei junge Männer mitten in der Pubertät und zwei Lebensentwürfe, einmal den gesellschaftlich geachteten Experten für Cybersicherheit und einmal den verfemten Cyberkriminellen. Die Welt ist aufgeteilt in Gut und Böse, weit weg von der unmoralischen, ungewaschenen Realität. Diese hat den Microsoft-Chef Satya Nadella zu einer bemerkenswerten Stellungnahme getrieben. Nachdem er zu Beginn der Woche verschiedene neue Microsoft-Produkte vorgestellt hatte, startete er zum Ende der Woche seine Europa-Tournee für die Buchpromotion von Hit Refresh (auf Deutsch: F5) und gab sich nachdenklich. Welchen Zugriff sollen staatliche Behörden auf all die schönen nationalen Cloud-Instanzen haben, die z.B. mit der deutschen Cloud auf deutschem Boden existieren? "Wenn wir in diesem Kontext unser Hauptaugenmerk auf die Privatsphäre legen, dann denke ich, dass wir als Gesellschaft dies bereuen werden." So sieht er aus, der neue Weg nach vorn.

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Was war. Was wird. Von Spionen, Stollen und entropischen Schwurbeln
« Antwort #698 am: 08 Oktober, 2017, 09:47 »
So richtig geheim können die Geheimdienste eigentlich nichts mehr halten. Macht ja auch nichts, Konsequenzen haben die Enthüllungen eh nicht. Und hinter den Kulissen bleiben alle eine große Familie, weiß Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Willkommen beim knall-harten Journalismus in der kleinen Wochenschau. Was wir wissen: der Niedersachs-O-Mat ist endlich gestartet. Was wir nicht wissen: wer hat sich diesen Namen ausgedacht? Was wir wissen: Das Oktoberfest ist vorbei und brachte es auf 6,2 Millionen Besucher. Was wir nicht wissen: wieviele Bundesnachrichtendienstler und ihre Kollegen sogenannter "befreundeter Dienste" das Oktoberfest besucht haben und dort das dienstlich erlaubte Kontingent von drei Maß Bier plus Hendl verschnabulierten. Denn das, bittschön, ist schwer geheim und würde zu einer "Verschlechterung der Sicherheitslage Deutschlands" führen und das internationale Ansehen des Bundesnachrichtendienstes gefährden. Riesengroß ist die Gefahr: "dass Unbefugte Rückschlüsse auf die Interessen der beteiligten ausländischen Nachrichtendienste ziehen können." Mitten im Unwissen sind wir vom Leben umgeben und können so nur spekulieren, was Spion & Spion so gesoffen haben. Geht eine Truppe BNDler mit Kollegen nur mit Kollegen von der CIA aus oder sind auch MI6ler dabei und bestellen sich gewärmtes Bier?

*** Immerhin wissen wir seit dieser Woche, dass gleich neben der Wiesn da in München der "größte sicherheitstechnische Cluster" entsteht, wie das BND-Chef Bruno Kahl bei einem gekonnten Show-Auftritt in Berlin formulierte. Denn neben der BND-Abteilung "technische Aufklärung", die in München-Pullach bleibt und nicht nach Berlin zieht, gibt es auch die Entschlüsselungsbehörde ZITIS, geleitet von einem ehemaligen BND-Spitzenbeamten, angesiedelt auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr, wo wiederum die Kräfte des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) ausgebildet werden. Und dann ist da noch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, die Supertruppe, die bekanntlich den sächsischen Verfassungsschutz aufbaute und selbst einen V-Mann beschäftigte, der mit Staatsmitteln das Thule-Netz aufbaute, sich radikalisierte und den "Thüringer Heimatschutz" kannte. Sicher kann in diesem Clausterfuck noch eine Truppe des Bundesamtes angesiedelt werden, nämlich die Spezialisten "aus dem technischen Bereich", die die Forderung ihres Chefs nach umfassender Bespitzelung des Internets umsetzen: "Mich würde interessieren: Wer schaut sich gerade auf seinem Computer Enthauptungsvideos an, die auf einem Server in Malaysia liegen. Ich würde gern die IP-Adressen bekommen und mit unserer Gefährderdatenbank abgleichen." Server in Malaysia? Was ist mit all den Retardierten von 4Chan, die ihren Rekt-Müll sammeln. Bekommen wir da nicht mehr als schlappe 100.000 Hinweise, mit denen diese Anti-Terror-Algorithmen rumwursteln?

*** Interessant ist jedenfalls, dass nach dem Bundeswehr-Kommando Cyber- und Informationsraum auch der Verfassungsschutz offensive Fähigkeiten haben will. Verkleidet wird das von Hans-Georg Maaßen in die polizeiliche Formel von der Nacheile und nennt sich dann halt digitale Nacheile, bis nach Malaysia. Und weil bei Spion & Spion es gang und gäbe ist, einen Agenten umzudrehen, soll auch bei einem "Angriffsserver" es gestattet sein, ihn umzudrehen. Da fehlt eigentlich nur noch das Digitalkompromat und die digitale Glienicker Brücke für den Agentencodeaustausch.

*** Im sicherheitstechnischen MUC-Cluster von Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschreibdienst wird es richtig brummen, da muss man sich einfach mit dem BND-Chef freuen, wenn er bei der Anhörung bildlich wird: "Wir arbeiten alle im selben Bergwerk, aber in unterschiedlichen Stollen." So sieht es aus, da unten in den Stollen. Wenn es dann in den Körben hochgeht mit den Erkenntnissen und den schmutzigen Ermittlern, dann tauscht man sich noch vor den Waschkauen aus, gerne auch mit ausländischen Kollegen. Während Maaßens Truppe IP-Adressen in Gefährderdatenbanken stopfen oder abgleichen – man kann nie genug haben – ist Kahl vollauf mit seinem eigenen Satelliten beschäftigt, der 2019 zusammen mit den SARah-Satelliten auf Falcon 9-Raketen von Space X in die Höhe geballert wird, wobei Raketen und alle mitgenommenen Satelliten vom BSI kryptografisch zertifiziert sein müssen. Das ist eine wahrlich spannende Aufgabe. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Auch der BND will richtig zuschlagen dürfen: "Wenn die Aufklärung so weit abgeschlossen ist, dass feindliche Strukturen erkenn- und Ursachen identifizierbar waren, wäre es sinnvoll, die Angriffsquelle auch auszuschalten". Oder ist gut und schlecht genau andersrum zu selektorifizieren?

*** Wir wissen: Die Russen haben mit Zapad 17 eine fette Militärübung gemacht. Dabei wurden in Kaliningrad Jammer eingesetzt, um die Kommunikation der vom Westen her angreifenden "Militanten" zu stören. Der Einsatz führte dazu, dass die Kommunikation im NATO-Mitgliedsland Vilnius zusammenbrach, von Klaipeda bis Vilnius. Wir wissen nicht: War das nun schon ein Cyber-Angriff? Vielleicht sogar einer, der den berüchtigten NATO-Bündnisfall aulösen könnte? Bekanntlich soll Litauen ja den Vorposten stellen im "Cyber-Schengenraum", ein Vorhaben, das russische Medien gar nicht gut finden, ganz ohne digitale Nacheile.

*** Wir wissen: Das mit Snowden war nichts. Geht weiter, es gibt nichts zu sehen, teilt die Generalbundesanwaltschaft mit: Es hätten sich "keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass US-amerikanische oder britische Nachrichtendienste das deutsche Telekommunikations- und Internetaufkommen rechtswidrig systematisch und massenhaft überwachen." Wir wissen auch, was ein überspezifisches Dementi ist. Die dank Snowden bisher veröffentlichten Dokumente schlugen mitnichten wie eine Bombe ein, denn alles war bekannt. "Den Unterlagen ist zu entnehmen, über welche Techniken und Fähigkeiten die US-amerikanischen Dienste verfügen. Die darin geschilderten Aufklärungsmöglichkeiten waren den deutschen Spionageabwehrbehörden bereits zuvor als technisch machbar bekannt. Sie haben keine Belege dafür gefunden, dass diese Techniken zielgerichtet gegen Deutschland eingesetzt worden sind."Mehr noch: Wir wissen, das ein NSA-Mitarbeiter Malware mit nach Hause nahm und diese dort von Kaspersky Antivirus als verdächtige Software erkannt und gemeldet wurde. Besagter Mitarbeiter arbeitete für die Cybertruppe der Tailored Access Operations der NSA und wurde darum eingestellt, um neue Hackerwerkzeuge zu entwickeln, weil die alten nach den Veröffentlichungen von Edward Snowden kompromittiert waren, so jedenfalls die Washington Post. Somit wissen wir: Snowden wirkt. Spionage unter Freunden geht, man kann sogar gleichzeitig verschlüsselt telefonieren und das Handy anwanzen. Was Kaspersky anbelangt, so habe ich vor Kurzem Andrei Soldatov erwähnt und muss ihn noch einmal verlinken.

Was wird.

Nach den besagten Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft wurde nichts NSA-Verdächtiges am Internetknoten DE-CIX gefunden. Damit wir auch in Zukunft vor "rechtswidrig systematischen und massenhaften" Übergriffen geschützt sind, gibt es das Projekt X-Check. Seine ersten Ergebnisse werden im Rahmen der großen KRITiS-Jahreskonferenz vorgestellt. Mit dabei auch ein Redner von der erwähnten Firma Kaspersky. We are Family, tralala.

Während bei uns gerade die algorithmisch beschwingte Theorie von der Filterblase geplatzt ist, werden anderswo die Algorithmen für die künstliche Intelligenz auf Hochglanz poliert. Sie sind ja so unschuldig. Es lohnt sich, frei von Firewalls, die anrührende Herzgeschichte über Googles Chef Sundar Pichai zu lesen und danach die Geschichte, wie die Omegas von Google mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz Prometheus die Weltherrschaft erobern werden und den Frieden auf Erden etablieren. Wenn so kranke Länder voller Gewehre und durchgeknallte Staatsschefs von der Bildfläche verschwinden und die Maschinen die Macht haben, das System freundlich zu gestalten, ist alles in bester Ordnung. Mensch und Maschine sind beide ein unausweichliches Resultat der Entropie. "Leben ist nicht das Ziel des Universums. Leben ist einfach das, was das Universum erschafft und reproduziert, um seine Energie zu verteilen." Dieser kleine Ausblick wurde Ihnen präsentiert von: heise online.

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Was war. Was wird. Die Ballade von der lasterhaften KI.
« Antwort #699 am: 15 Oktober, 2017, 09:08 »
Ob Karl Klammer schon als Künstliche Intelligenz durchgeht? Hal Faber ist sich nicht sicher, wagt aber immer noch die Frage, warum sich denn bloß eine Künstliche Intelligenz danach sehnen soll, wie ein Mensch zu leben.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Als mich das Blut durchkochte dreißig Jahr
und Tag und Nacht nur Gram und Schande war,
da bin ich auch kein großes Licht gewesen,
auch nie als Narr von einem König angestellt.
Mich haben harte Besen
vom Mutterleib hineingefegt in diese Welt.
(François Villon, Ü: Karl Klammer)

Naaaa, wie war das mit dem knall-harten Windows-Quiz für die härtesten der harten Nerds, kurz vor dem allerhärtesten Infight um die letzten Tickets für das Taxi nach Leipzig? Ich hätte da noch eine Zusatzfrage zu Karlchen Klammer, dieser frühen Iteration einer künstlichen Intelligenz. Denn der die brabbelnde Büroklammer machte eine rasante Karriere, viel rasanter wie jener Karl Klammer, dessen Villon-Übersetzung Brecht in seiner Oper verwurstete und dann befand, dass ihm eine grundsätzliche Laxheit in Fragen des geistigen Eigentum zur Ehre gereicht. Brechts Verachtung der bürgerlichen Theorie vom "geistigen Eigentum" schaffte es prompt in ein Gedicht:

Hier habt ihr auf verfallendem Papier
noch einmal abgedruckt sein Testament,
in dem er Dreck schenkt, allen die er kennt --
wenn's ans Verteilen geht: schreit, bitte "hier!"

*** Während Karl, der Übersetzer, von Brecht immerhin so viel Geld bekam, dass er einen Weinberg kaufen und den "Deigroschentropfen" degustieren konnte, verschaffte Karl, der Software-Agent, sich auf andere Weise Ruhm und Ehre. Niemand anderes als Nick Bostrom wurde nach eigener Aussage durch genau dieses nervige Windows-Helferlein inspiriert, sein berühmtes Beispiel über die Folgen der künstlichen Intelligenz nachzudenken, den Klammer-Maximierer. Was wäre eigentlich los, wenn so eine KI darauf programmiert ist, möglichst optimal möglichst viele Büroklammern herzustellen? Sozusagen den kategorischen Klammer-Imperativ zu verwirklichen? Tja, an irgendeinem Punkt wird die KI herausfinden, dass hungernde Menschen gar keine Büroklammern mehr wollen und damit den Weg zur Optimierung der Büroklammerproduktion versperren. Also weg mit den Menschen, denn Höheres wird kommen, die Überklammer, um einmal Nietzsche zu bemühen: "Nicht fort sollst du dich klammern, sondern hinauf!"

*** Nietzsche aber hat mit dem Übermenschen keineswegs eine KI gemeint, genausowenig wie den nationalsozialistischen Herrenmensch. Nietzsches Individualismus hilft also auch nicht, die immer noch offene Frage zu beantworten: "Und warum sollte eine hyperkomplexe Maschine ausgerechnet so leben wollen wie ein Mensch und nicht ein Existenzmodell aus der Unendlichkeit anderer Möglichkeiten wählen, die ihr im Gegensatz zum Menschen zur Verfügung stehen?" Und warum sollte sie sich darum scheren, was denn diese komischen Materieklumpen von ihr halten?

*** Anhängern der Maxipok-Regel könnte die Ansicht des KI-Forschers Rodney Brooks ungelegen kommen, der sich über all die düsteren Vorhersagen der KI-Kritiker lustig macht. Wenn alle Drecksjobs wegfallen, weil KI-gesteuerte Roboter besser putzen und Bettlägerige wuchten können als Menschen, dann ist das positiv, oder? Doch all das Geraune über künstliche Intelligenz und die bösen Algorithmen in dieser Woche bleibt genau das, ein großes Geraune über gewaltige Kreaturen, Atomkraftwerke und Wittgenstein. Ja, ja, die Geister sind in den Maschinen und sie werden uns umbringen wie HAL 9000 oder immanentisieren wie Eschatron 9000.

*** Unter all den Äußerungen und Befürchtungen über den Zustand der künstlichen und der menschlichen Intelligenz in diesen Tage hat Tim O'Reilly noch die klügsten Gedanken. Ja, KI gibt es und sie zeigt sich in den Hochleistungsrechnern der Banker. Verselbständigt hat sie sich auch noch, wie all die Aufkaufprogramme von Aktienpaketen durch die Firmen selbst zeigen, die als "Investitionen" getarnt sind. "Wir leben in einer Welt, die von einem System dominiert wird, das menschliche Werte außer Acht lässt." Zu diesem einfachen Satz sollte man studieren, was der griechische Wissenschaftsstarökonom-Minister Yanis Varoufakis bei seinem Lauschangriff auf die Europapolitiker und Superökonomen von Schäuble bis Macron als selbst ernannter "Whistleblower" aufgezeichnet hat. Stimmt nur die Hälfte der von Varoufakis beschriebenen Vorfälle, wurde Griechenland "gerettet", damit es deutsche und französische Banken nicht ruinierte. Was im Land passierte, war völlig egal, genau wie die Boni für die Zocker, die griechische (und italienische) Staatsanleihen kauften. Wäre der Plan von Varoufakis aufgegangen, 1,5 Milliarden Euro Optionsscheine an China zu verkaufen, hätte Europa noch ein anderes Problem als den chinesischen Hafen Piräus.

*** Das Gegenstück dieser Finanzstrategie steht in einem wirtschaftsfreundlichen Blatt. "Wir sind der größte Steuerzahler der Welt", prahlt Tim Cook von Apple ausweislich der Überschrift in der gedruckten Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Großmannssucht kommt im Verein mit dem Gejammer über die Ungerechtigkeit des internationalen Steuersystems, unter dem Apple wie ein gebissener Hund leidet. 1,6 Millionen Arbeitsplätze habe man in Europa geschaffen und was ist der Dank? Eine Strafzahlung von bis zu 15 Milliarden Euro, bei bisher gezahlten 19,12 Milliarden im Jahre 2015. Online schleimt es sich übrigens anders: "Hoffentlich seid ihr Deutschen richtig stolz auf euch", weil die Fenster im neuen Mutterschiff aus Deutschland stammen. Windows made in Germany, das ist doch auch was.

*** "In Fragen der Privatsphäre stehen wir auf Seiten der Kunden. Wir sollten ihre Nachrichten nicht lesen. Das erwarten sie von uns. Und deshalb haben wir auch keinen Zugang dazu. Ich verstehe, dass andere Leute andere Nachrichten von Leuten lesen und so weiter – um zum Beispiel Werbung zu verkaufen –, aber wir machen das nicht. Das ist einfach nicht das, was wir sind." Diese Sätze zur Privatsphäre kommen vom größten Steuerzahler der Welt und siehe da, er interessiert sich nicht für die Daten, die doch das Öl des 21. Jahrhunderts sind. Sind sie das wirklich? Werden um das neue Öl furchtbare Kriege geführt mit Tausenden von Toten? Entstehen aus den Daten neue Massenvernichtungswaffen, versauen sie unsere Umwelt, wie dies Kohle und Öl gemacht haben? Der größte Steuerzahler der Welt ist kein Big Data-Unternehmen.

*** Ach ja, die Wirtschaft. Mit großem Staraufgebot ist Babylon Berlin gestartet, die Superserie, die das Berlin von 1929 wiederbeleben soll. Da wird ein Pornofilm gesucht, in verruchten Häusern getanzt und weiteres getan. Eine Mafia hat ihre Körperteile im Spiel und es gibt Kommunisten, Nationalsozialisten und viel mehr, nur den Sklarek-Skandal von 1929, die größte Korruptionsaffäre der Weimarer Republik, den gibt es nicht. Wär ja auch nicht mit schönen, starken Bildern zu erzählen gewesen, die Geschichte von den raffgierigen Brüdern.

Was wird.

Bleiben wir in Berlin. Vor 100 Jahren näherte sich die Oktoberrevolution ihrem Höhepunkt, als sich der Militärflügel des Petrograder Sowjets bildete. Entsprechend öffnet eine Ausstellung mit inklusiven Kommunikations-Stationen, was sich nach spannender Technik anhört. Sowjetmacht plus Elektrifizierung und zack ist er da, der internationale Kommunismus mit dem Zusammenbruch der entwickelten Industriestaaten. Nur passierte nichts in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, von lokalen Aufständen wegen der Kriegsmängel abgesehen. Dort war man noch mit dem Abschlachten beschäftigt oder mit dem Exektuieren von Spionen, die eine verantwortungsvolle Verschlüsselung benutzten.

In der Intershop-Stadt Jena wird investiert, schön. Noch schöner ist, dass dort die Fiffkon 2017 stattfindet und sich mit der Frage beschäftigt, wem man so im Netz trauen kann. Ein spannendes Thema, das vom Vertrauen in Software über das Vertrauen in sein Smartphone bis hin zum Vertrauen in die Attribuierung von Cyber-Angriffen reicht. Aber natürlich lassen auch die ganz großen Fragen nicht locker, etwa die, wie Demokratie 5.0 aussehen kann. Sie wird auf den Hannah-Arendt-Tagen im schönen Hannover erörtert. Der Schluss gehört den Herren Francois Villon, Karl Klammer und Bert Brecht.

Ich sause ab, ich sage gern ade.
Bald trage ich ein Kleid, so weiß wie Schnee.
Es braucht nicht grad der Himmel sein,
wo man mir eine kleine Kammer gibt.
Ich habe einmal die Kathrein geliebt,
man weiß wie sehr. Sie mag mich wieder freien
und geht's in ihrem Kral wie damals zu,
dann, liebe Seele, hast du endlich Ruh.

Dabei wissen wir ja:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

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« Antwort #700 am: 22 Oktober, 2017, 05:21 »
Revolution! Revolution! Ein bisschen nostalgisch gestimmt, lässt Hal Faber die roten Fahne nochmal wehen. Bleibt nur die Frage, welches Emoji für die große amerikanische Revolution steht.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Im Preisregen des goldlaubigen Herbstes ist der XY-Preis in dieser Woche etwas untergegangen. Das ist schade, denn dort lobte der noch amtierende Bundesinnenminister Thomas de Maizière, dass die gerade ihren 50. Geburtstag feiernde Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" mitnichten Angst verbreite, sondern den Bürgern Mut gemacht habe. Klatschklatschklatsch. Mein Vorschlag wäre, auch den "Tatort" in den Reigen der Mutmachfolgen aufzunehmen, denn spätestens mit der letzten "Hardcore"-Folge hat er sich das redlich verdient: Da wurden junge Frauen in Pornos vergewaltigt und behaupteten anschließend, sich nach ihrem Beruf zurück zu sehnen, in dem sie "frei und ohne Scham einfach vögeln" können, so der runnig gag, fullmaskenthroat. Das macht doch Mut, inmitten all dieser Betroffenheitsdiskussionen um einen Harvey Weinstein und seine "Besetzungscouch". Zum Beispiel können wir diskutieren, ob der Tatort nackter als früher ist und der Missbrauch von Natassja Kinski nicht irgendwie hinreißend war. #metoo ist immer eine Frage der Perspektive, da hilft schon mal kein #itwasme-Geprotze und Gerede über "heimatliche Gebräuche".

*** Er jedenfalls hatte keine Heimat: Heute vor 130 Jahren wurde der Journalist John Silas Reed in den USA geboren. Der Kommunist erlebte die Oktoberrevolution, die in dieser Woche die Feuilletons befeuert, und schrieb mit den Zehn Tagen, die die Welt erschütterten, eines der wichtigsten Bücher des letzten Jahrhunderts. Das Buch sollte eine "gewissenhafte journalistische Arbeit" sein, eine Art Live-Reportage der Ereignisse in Petrograd anno 1917. Es erschien in etlichen Ausgaben in den Parteiverlagen der überall aufploppenden kommunistischen Parteien, meistens zensiert, denn das internationale Proletariat sollte ein Recht auf Vergessen haben. Personen wie Sinowjew soll es nie gegeben haben. Nach seinem Weltbestseller wandelte sich der Journalist Reed zum Komintern-Funktionär, denn die Revolution sollte eine Weltrevolution sein oder gar keine. Spätestens 1919 wusste Reed, dass es Aus war mit dem Kommunismus, als er ein Konzentrationslager der Tscheka gesehen hatte. Die Kraft, wie später Orwell oder Koestler darüber zu schreiben, hatte er nicht mehr. Er wurde in Moskau begraben, gleich neben der Mumie der Revolution.

*** Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung? Vielleicht hätte das Ganze klappen können, wenn es Smartphones gegeben hätte. Denn es war zwar Weltrevolution, aber das Telefon funktionierte nicht. Der durch mehrere Schlaganfälle behinderte Lenin versuchte telefonisch, Stalins Treiben zu verhindern, aber die Sprechtechnik versagte, nicht nur im Theater. Aber hach, heute haben wir ja all die wunderbare Technik. Deshalb hat die tageszeitung einmal in die Runde der Intelligentsia gefragt, wo denn die nächste Revolution losgehen wird. Und der schon in der vergangenen Wochenschau gewürdigte Yanis Varoufakis hat so geantwortet:

"Die künstliche Intelligenz untergräbt zunehmend die Fähigkeit des Kapitalismus, ausreichende Nachfrage nach von ihm produzierten Gadgets und Robotern zu generieren. Soziale Stabilität wird davon abhängen, ob wir ein anderes kommunistisches Prinzip wiederbeleben: die gemeinsame Nutzung des von den Robotern produzierten Wertes (die neuesten Produktionsmittel, wie Marx sie beschrieben hätte). Die Verstaatlichung der Roboter wird die nächste Revolution sein."

*** So eine Verstaatlichung der Roboter klingt gut, doch welcher Staat wäre dazu in der Lage? Glaubt man Tariq Ali, dem Kampfgefährten von Varoufakis in der europroletarischen DiEM25, dann wäre es am besten, die Revolution würde in den USA ausbrechen, wo man bekanntlich von Lenin lernt. "Die entwickelten Produktivkräfte, die dritte technologische Revolution, verkörpert im Internet, sind die notwendigen Voraussetzungen für eine soziale Transformation, die einen nachhaltigen Erfolg und eine globale Planung zur Rettung der Erde gewährleistet." Bleibt nur noch die Frage, welches Emoji für die große amerikanische Revolution steht.

Der Blick nach Amerika erinnert ein bisschen an das Große Gebet der alten Kommunistin Oma Meume, nur dass jetzt Alphabet und Amazon angefleht werden, mehr als nur den windschnittigen Ökokurs umzusetzen.

*** Wer sonst so siegt, auf ganzer Parteilinie: China. Es sind mehr als zehen Tage, die die Welt jetzt erschüttern da in Peking, wo der Parteikongress die Losung ausgegeben hat, ab jetzt die Xi-Jinping-Gedanken zu studieren wie weiland Maos Bibelchen. Lenins drei Quellen und der Glaube an die Allmacht des Marxismus, weil er wahr ist, werden in China durch drei andere Quellen ersetzt. Künstliche Intelligenz, Big Data und ein funktionierendes Internet sind die Backbones der neuen Diktatur, zu der Milliarden Chinesen per App klatschen dürfen. Angesehener Bürger bleibt, wer innerhalb von 19 Sekunden zu eingeblendeten Xi-Jinping-Gedanken frenetisch klatscht. Das Fehlen der App auf einem Smartphone könnte Folgen haben und als subversive Geste gelten, wie damals, als jeder Chinese die kleine rote Bibel tragen musste. Und ja, in China sind die Roboter verstaatlicht, auch "unsere".

Was wird.

Am Dienstag wird der neue deutsche Bundestag zusammenkommen, noch ohne eine neue Regierung zu wählen. Immerhin gibt es schon einen Zwölfpunktekatalog der Regierungsbereiten. Man will konstruktiv verhandeln und sich nicht an das Bullshit-Bingo halten. "Wir reden erst über Inhalte" und "Die Posten kommen ganz zum Schluss" sind dabei ganz heiße Kandidaten bei den führenden Antworten, doch der Satz "Alles, bloß kein CDU-Finanzminister" hat auch seinen Charme. Nicht zu vergessen die brillante Logik, dieses "Digitale" ins Agrarministerium zu verfrachten, wegen der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, der Wichtigkeit der CSU und so. Sachen wie 100 Prozent Pure Glasfaser sind schließlich auch eine Frage der Sortenreinheit.

Beschäftigen wir uns in der Interimszeit noch einmal mit der Frage, wie der direkte Draht zwischen den USA und der BRD heute aussieht, in historischer Erinnerung an die Kubakrise, die genau heute vor 55 Jahren öffentlich wurde. Während Deutschland ab 1959 eine Direktschalte in die USA hatte, wurde der Mo-Link erst nach der großen Krise installiert. Über die direkte deutsche Verbindung könnte Bundeskanzlerin Merkel den US-Präsidenten Trump schnell informieren, wer im deutschen Außenministerium installiert wird. Der oder die wird sicherlich wissen, worauf man sich einlässt im Ministerium mit den höchsten Image-Zuwachsraten.

Zum Ende der Woche wird der eGovernment-Monitor der Initiative D21 vorgestellt, mit all den enormen Fortschritten bei der digitalen Verwaltung, erzielt von der alten Regierung. Spannung kommt auf bei der Frage: "Welche Sicherheit wünscht sich die Bevölkerung für welche Anwendungen?" Wie wäre es angesichts der Krack-Bedrohung mit der Entwicklung eines besonders sicheren WLAN-Kabels aus souveräner deutscher Produktion? OK, der war alt. Aber so eine kleine Wochenschau ist auch kein hipper Smartikel.

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Was war. Was wird. Von Sondierungen und anderen Sonderbarkeiten.
« Antwort #701 am: 29 Oktober, 2017, 08:20 »
Ja, es ist Herbst. Die Stürme zíehen durchs Land, der Weg in die Sonne scheint weit. Hal Faber befürchtet, dass auf dem Weg nach Jamaika weise Worte des letzten verbliebenen öffentlichen Intellektuellen keine Beachtung finden.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** I'm walkin', yes indeed, I'm talkin, by you and me, I'm hopin', doch nun ist er nicht mehr hier, sondern ist gegangen. Antoine Domino, bekannt als Fats Domino ist nach seinem letzten Jambalaya Chuck Berry gefolgt. Ain't that a shame? Wir werden sehen. Rythm and Blues wird es immer geben und dieser Rock 'n Roll ist mehr als Hintergrundtaktschrummel für Sporttänzer. Ja, Little Richard und Jerry Lee Lewis leben noch, genau wie Chubby Checker, der Anti-Fats. Jedenfalls überlebte der zu New Orleans gehörende Fats Domino den Hurrikan Katrina und half mit Konzerten wie Alive and Kickin' beim Wiederaufbau.

*** Ob die Funktionäre ganz und gar verrosten --
is ja janz egal!
Ob der schöne Rudi den Ministerposten
endlich kriegt -- (das wird nicht billig kosten)
is ja janz egal!
Dein Geschick, Deutschland, machen Industrien,
Banken und Schifffahrtskompagnien -- welch ein Bumstheater ist die Wahl! (Kurt Tucholsky)

Der Deutsche Bundestag ist zusammengetreten und hat die ersten Geschmacklosigkeiten der AfD gehört, ein bisschen gewählt und wartet ansonsten auf das Gefummel, das sich Koalitions-Vorgespräche nennt. Von außen her betrachtet, erinnern diese Sondierungen an das Getümmel wie bei den Minikickern, mit brüllenden Eltern an der Twitter-Seitenlinie. Wobei es da immerhin Spielregeln gibt. Mal eben das Finanzministerium zerschlagen, damit der schöne Christian nicht Europa demoliert, gehört noch zu den netteren Fouls. Niemand geringeres als Jürgen Habermas hat sich dieser Tage zu Worte gemeldet und den deutschen "Wirtschaftsnationalismus" angeprangert, dieses deutsche Wohlstandsdenken auf Kosten europäischer Landsleute. Barrierefrei nur auf Englisch verfügbar, aber sei's drum, das haben wir ja auch parat. Der Kenner des deutschen Parlamentarismus wäre schon erleichtert, wenn die Koalitionäre verstehen, was Macron eigentlich für Europa bedeutet:
"When looked at dispassionately, though, it is just as unlikely that the next German government will have sufficient far-sightedness to find a productive, a forward-looking answer when addressing the question Macron has posed. I would find some measure of relief were they even able to identify the significance of the question."

*** Kommt in den Jamaika-Verhandlungen eine Mehrheit zustande, die das Projekt Europa wieder angehen kann oder starren alle wieder auf die schwarze Null, die in unserer christlich-abendländischen Kultur das Kreuz und die Friedenstaube abgelöst hat? Gerade beim angeblich alle drei Parteien vereinenden Oberthema der Digitalisierung läuft angesichts des real existierenden Miserabelismus gar nichts ohne eine europäische Strategie. Die aktuelle E-Privacy-Verordnung zeigt ja, was europaweit möglich ist, die Klage gegen Google ebenso. Derweil geht in den USA die "Angst vor dem Valley" und seinen Disruptionsplänen um, bestimmen doch die Technikriesen und nicht Trump, wie sich die allgemeine Wirtschaft entwickelt.

*** Neben dem Gerangel um das Finanzministerium wird das Arbeitsministerium für Hermann Gröhe sauber geschrubbt, was dazu führt, dass man sich mit dem Gedanken an eine Gesundheitsministerin Göring-Eckardt anfreundet. Was dies für die Zukunft von eHealth bedeutet, ist völlig unklar, etlichen Beteilgten aber völlig egal. Es muss doch einen Weg geben, diesen Datenreichtum strategisch zu verwerten. Munter basteln die Krankenkassen an verschiedenen Modellen, natürlich jede für sich. Apart ist auch die Idee, Amazons Cloud mit Gesundheitsdaten zu befüllen, ganz smart und stressfrei.

*** Derweil erklärt mindestens eben so gelassen der noch amtierende Außenminister Sigmar Gabriel seinen Genossen Gerhard Schröder zur Lichtgestalt der Sozialdemokratie. Der Rosneft-Aufsichtsratsvorsitzende soll in einer "Geheimmission" in die Türkei geflogen sein, um den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner und den iranisch-schwedischen IT-Experten Ali Gharavi sowie fünf Mitarbeiter von Amnesty Türkei frei zu bekommen. Weil alles so geheim ist, kann spekuliert werden, welchen Anteil Rosneft an der Geschichte hatte. In der Türkei gehört die Firma zu den Guten, weil eine Öl-Pipeline durch Kurdistan bis in die Türkei angekündigt ist. Auch in Malta ist Rosneft gern gesehen, wie es die Panama Papers zeigen. Dort kam die Journalistin Daphne Caruana Galizia ums Leben, als sie zum Öl-Schmuggel der Mafia mit Libyen recherchierte.

Was wird

Wenn diese Zeilen erscheinen, ist die Zeitumstellung geschafft – oder auch nicht, der Server muss ja nicht ausschlafen und auf der Datenautobahn nachts um drei, da geht es wild zu. Vielleicht ist der Hokuspokus auch bald ganz vorbei, denn die EU will unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen prüfen, ob die Zeitumstellung noch Sinn ergibt. Da sind wir aber gespannt. Die erste umfassende wissenschaftliche Analyse der Umstellung auf Sommerzeit erfolgte im ersten Weltkrieg in den USA und endete mit dem schlichten Ergebnis: "Set the clock ahead one hour and win the war!" Kriegsgegner Deutschland hatte da schon umgestellt.

Die Woche wird vom Reformationstag und den 95 Thesen bestimmt, mit der die Reformation an Fahrt gewann. In diesen unseren atheistischen, polyreligiösen Zeiten hat eine Tageszeitung schon einmal die 95 Thesen an das hier und heute mit neuen steilen Thesen angepasst. Steile These Nr. 21: "Der Journalismus hat heute eine bessere Qualität als früher". Na bitte, es geht doch. Manche Thesen sind einfach zu albern? Dann haben Sie nicht die 95 Thesen gelesen, mit denen der Bundesverband deutscher Unternehmensberater unter Verweis auf Martin Luther von den 95 Hammerschlägen spricht, die einen "kräftigen Anstoß in Richtung der deutschen Wirtschaft" zu mehr Führungskompetenz versprechen. Da gibt es wahrlich behämmerte Thesen wie "Die Führungspersönlichkeit von morgen arbeitet mit intelligenten Fragezeichen, nicht mit Ausrufezeichen." Erster!!einself!!, das ist ein für allemal vorbei. "Alexa, was ist der Sinn des Lebens?", so muss man sich das intelligente Fragezeichen wohl vorstellen.

Als Alternative zum Reformationsfeiertag bietet sich Allerheiligen an, besser bekannt als Halloween, gerade in der IT, wo die nunmehr auch vergilbten Halloween-Dokumente immer noch ein angenehmes Gruseln hervorrufen. Dieses Jahr gibt es etwas anderes zum Gruseln, eine Künstliche Intelligenz namens Shelly A.I., die neue Frankenstein-Geschichten verfasst, inspiriert von den Gruselgeschichten von Nosleep. Tja, die Zeiten sind nicht mehr fern, in denen eine Hal Faber A.I. die Wochenschau schreibt, basierend auf den Kommentaren in den Heiseforen. Mitunter wird da eine einzige Nachricht für eine Guselgeschichte und einen Krimi reichen.

Saturday mornin', oh Saturday mornin'
All my tiredness has gone away
Got my money and my honey
And I'm out on the stand to play

Sunday mornin' my head is bad
But it's worth it for the time that I had
But I've got to get my rest
'Cause Monday is a mess
(Fats Domino, Blue Monday)

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Was war. Was wird. Außer Thesen nichts gewesen?
« Antwort #702 am: 05 November, 2017, 08:28 »
Mancher verschwindet, und alles jubelt. Mancher geht, und es ist Trauer. Das hängt nicht miteinander zusammen, grummelt Hal Faber. Aber es gehen immer die Falschen. Zumindest auf Dauer. Die Musik bleibt. Hoffentlich.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Alles hängt mit allem zusammen, nur eben falsch. Da haben wir also den wunderbaren Brückentag gehabt wegen dieser Reformation vor 500 Jahren, aber eben auch die Abkömmlinge der Protestanten in den USA, die Trump gewählt haben, im Mittleren Westen und den großen Ebenen, die Farmer und die Arbeiter in der Schwerindustrie. Da haben wir die 95 steilen Thesen der tageszeitung mit der wunderbaren These 21 amüsiert zur Kenntnis genommen ("Der Journalismus hat heute eine bessere Qualität als früher"), aber die wichtige These 12 überlesen: "Eine Woche Internetausfall wird die Welt retten". Eine Woche? Ganze elf Minuten hatte US-Präsident Donald Trump ein kündigungstechnisch bedingtes Tröteverbot auf Twitter, aber schon ist vom "großen Durchatmen" die Rede (Süddeutsche Zeitung). Tweets feiern einen amerikanischen Helden, der bei Twitter ein Zeichen gesetzt hat, und sprechen gar von einem Engel, der mit dem Gegenstück der Engelstrompeten zeigte, dass es einen Himmel gibt und nicht nur die Hölle der Laubbläser. Wobei, die Hoffnung ist bekanntlich ja ein ur-menschliches Prinzip, und es die Möglichkeit gibt, dass Trump eines Tages selbst aufgibt. "Ich kann mich nicht mehr an besonders viel erinnern", so sein Satz über ein Treffen mit seinem lügnerischen Berater George Papadopoulos zur Anbahnung eines Treffens mit dem RU-Präsidenten Putin. Vielleicht erinnert sich der Mann eines Tages nicht mehr an sein Twitter-Passwort.

*** Nun ist an diesem beschaulichen Sonntag der Guy Fawkes Day, ein weiterer wichtiger protestantischer Feiertag, dem wir zum Beispiel die von Hackern zu tragende Berufsmaske verdanken, verbunden mit dem Gelöbnis, möglichst viele Proteststicker auf den Laptopdeckel zu kleben. Der Tag wird dort gefeiert, wo Margot Käßmann nicht hinkam, etwa in Großbritannien. Auch dort wurden 95 Thesen veröffentlicht, die sich mehr mit dem Diesseits und der IT-Technologie beschäftigen, denn mit Papierkäufen für das künftige Seelenheil. Im Zeichen der allgemeinen iPhone Xysterie ist These 6 ganz interessant, nach der das erste iPhone anno 2007 die vernetzte Welt veränderte wie damals der Mönch Martin Luther die christliche. Hach, das ist so richtig was für den Smalltalk auf Parties, vielleicht nur noch übertroffen von dem Beweis, dass das Web im Jahre 2014 zu sterben begann und heute stinkt. Noch sind in der britischen Version nicht alle Thesen ausgeführt. So wartet die These auf die Erläuterung, dass Google mittlerweile so umfassend ist, dass das Unternehmen als kritischer Bestandteil der öffentlichen Versorgung wie Gas, Strom und Wasser aufgefasst werden muss.

*** Ein anderes historisches Datum verdient Beachtung. Vor 16 Jahren schrieb der damalige CIA-Chef Geroge Tenet am 1. November einen Brief an den deutschen Bundesnachrichtendienst und verlangte ulitmativ, dass die BND-Quelle Rafid Ahmed Alwan a.k.a. "Curveball" vor den Vereinten Nationen sprechen und schildern sollte, wie er im Irak mobile Biowaffenanlagen auf Lastwagen konstruierte. Am 20. Dezember schrieb BND-Chef August Hanning an den lieben CIA-Chef Georg Tenet zurück, dass man die Aussagen von "Curveball" nicht habe verifizieren können. Hanning stellte es Tenet jedoch frei, die Informationen zu verwenden, sofern der Quellenschutz gewahrt bleibe. Nach dieser "Freistellung" fabrizierte die CIA einen Bericht, den US-Außenminister Colin Powell am 5. Februar 2003 vor dem UN-Sicherheitsrat vortrug. Dieser "Beweis" des Vorhandenseins von Massenvernichtungswaffen im Irak ist nun zur einflussreichsten Powerpoint-Präsentation aller bisherigen Zeiten geadelt worden, in einer Geschichte über die Entstehung und Entwicklung dieser Präsentationssoftware. Natürlich kann dieser Titel schnell verlustig gehen, man denke nur an eine Powerpoint-Präsentation zur Eskalation in Nordkorea, angefertigt für den derzeit durch Asien tourenden, noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump. Es sei denn, solch eine Powerpoint-Präsentation überfordert den Präsidenten.

*** Bleiben wir beim CIA und seiner ach so transparenten Arbeit. Kurzzeitig war es am Donnerstag im Web verfügbar, das umfangreiche Bin Laden-Archiv der CIA, mit dem der Auslandsdienst die Stimmung gegenüber dem Iran anheizen will. Während sich Berichte über Häkelvideos und Pornos lustig machen, zeigen Bin Ladens Notizen und ein Video-Interview, dass die Muslimbruderschaft und der frühere türkische Ministerpräsident Necmettin Erbakan mit seinem türkischen Islamismus eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Bin Ladens Islamismus spielten. Erbakan wird in der Wikipedia als politischer Ziehvater von Recep Tayyip Erdogan bezeichnet. Der Einfluss, den er auf Bin Laden hatte – seine allererste Auslandsreise ging in die Türkei zu Erbakan – dürfte zu erforschen sein, wenn die Dokumente wieder auftauchen.

*** Wer nicht mehr auftaucht, ist Muhal Richard Abrams, der große amerikanische Musiker und Komponist. Und einer der vielen amerikanische Künstler, die die Banausen, die immer vom amerikanischen Kulturimperialismus schwafeln, der die europäische oder gar teutsche Kultur kaputt macht, Lügen strafen. Mit der AACM (Association for the Advancement of Creative Musicians), aus der Formationen wie das Art Ensemble of Chicago hervorgingen, seinen Kompositionen für Jazz-Ensembles oder etwa das Kronos Quartet, und seiner Lehrtätigkeit hatte er nicht nur Teil an dem, was die AACM "Great Black Music, Ancient to the Future" nennt. Sondern auch daran, der ganzen Welt die Freiheit in der Musik zu vermitteln. Nun, da er tot ist, fehlt eine wichtige Stimme. Es wirkt fast schon seltsam, dass gleichzeitig selbst eine Firma wie Sonos, die eigentlich vom Verkauf von Anlagung zur heimischen Beschallung mit beliebiger Musik lebt, sich bemüßigt sieht, eine Initiative für die Freiheit der Musik und die Freiheit der Musiker zu starten: "Musik ist der Anfang von allem. Allerdings ist Musik in der heutigen Welt zunehmend gefährdet. Zu viele Künstler können sich nicht frei äußern. Andere werden verhaftet oder kommen in Lebensgefahr, nur weil sie ihre Songs über das Internet teilen. [...] Die künstlerische Freiheit in den Bereichen Musik und Film wird immer häufiger eingeschränkt. Wenn wir es nicht schaffen, die Musik zu schützen, dann gelingt es uns auch nicht, die Grundfreiheiten aller Menschen zu schützen." Das mag arg pathetisch klingen, diese Begründung für die Initative "Listen Better": Aber manchmal schadet ein wenig Pathos nicht.

Was wird

Was immer noch im Werden ist, ist diese unsere nächste Regierung mit dem komischen Label Jamaika, das nach These 6 der tageszeitung sowieso verboten ist: "Ein Politikjournalismus ohne Jamaika-Metaphern ist nicht nur möglich, sondern auch nötig." So richtig bacardimäßig geht es bei Schwarzgelbgrün nicht zu, der Eindruck ist, dass da an einer kollektiven Wegfahrsperre gebastelt wird, denn an einem Regierungsprogramm mit Zukunft. Mehr Gigabit und mehr Videoüberwachung, bei gleichzeitiger Entsorgung der ollen Datenschutzgedanken "der 80er und 90er Jahre", das soll es schon gewesen sein. Verglichen mit den aberwitzigen Kosten, die die Digitalisierung der Bildung verursacht, ist das offizielle Digital-Programm der Sondierer kostengünstig und bringt bekanntlich unser alle Sicherheit mal wieder auf eine ungeahnt hohe Stufe. Noch-Innenminister Thomas de Maizière wird auch in der anstehenden Woche Gelegenheit genug haben, für unsere Sicherheitsbehörden weitere "Arbeitserleichterungen" vorzuschlagen, wenn er zusammen mit BSI-Chef Arne Schöhnbohm den Lagebericht zum Stand der Informationssicherheit in Deutschland vorstellt.

Vielleicht verschlägt es de Maizière zurück nach Sachsen, wenn es an die Verteilung der Posten in der nächsten Regierung geht und ein anderer Innenminister aus Bayern dem Proporz seinen untertänigsten Hofknicks macht. Dort schwärmte der künftige Ministerpräsident Michael Kretzschmer von einer ebenso künftigen Kombination aus automatischer Gesichtserkennung und automatischer Halterüberprüfung. Es soll eine Art mobiles Südkreuz-Überwachungssystem direkt im Streifenwagen installiert werden, wie es Netzpolitik von einem zugeschickten Video transkribiert hat: "Wenn man dann sieht, dass es technische Lösungen gibt, die das vollkommen von alleine machen, innerhalb von Bruchteilen von Sekunden und wir es nur deshalb nicht machen, weil wir den rechtlichen Rahmen nicht haben, weil Leute sich hinter Datenschutz verstecken, das kann doch nicht sein." [Applaus im Raum] Applaus, wenn "irgendwie junge gepiercte Typen", die das dicke Auto fahren, sich irgendwie hinter diesem doofen Datenschutz verstecken? Oder sind es diese ewiggestrigen Datenschützer, gegen die da geklatscht wird? Die immerzu meinen, sie hätten etwas zu verbergen und die jetzt sogar die Machtfrage stellen wollen?

So bleibt zum anstehenden Jahrestag des Mauerfalls sinnigerweise der Verdacht an diesem Datenschutz kleben, eine dieser Erfindungen des Westens zu sein. Wussten nicht die Bürger der DDR, was sie an ihrer Stasi hatten, während die Westmimosen gegen einen Staat rebellierten, der ihnen eine Volkszählung auferlegte, die im Osten 1981 anstandslos über die Bühne ging? Am kommenden Donnerstag ist der 9. November, eine Art "Tag- und Nachtgleiche": Die innerdeutsche Grenze ist dann genauso lange offen, wie sie zuvor geschlossen war.

Und die Bilanz taugt nicht für Feierreden, denn es herrscht Mangelwirtschaft allüberall. Wie wäre es dann mit Gelächter? Gestern standen wir doch noch vor dem Abgrund. Vorwärts immer! (mit großer Verbeugung vor Ernst Lubitsch, natürlich).

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Ein einheitlicher Datenpool. Bundesweit. Man stelle sich vor, die Gestapo hätte gehabt, was unter "Polizei 2010" läuft. Hal Faber erinnert an die Verdamnis, Geschichte zu wiederholen. Und schüttelt nicht etwa über Jamaika, sondern über die SPD den Kopf.

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Was war.

*** Nach dem letzten großen Krieg wurde Deutschland von den Siegern aufgeteilt. Sie machten sich viele Gedanken, was mit diesem Land geschehen soll, damit nicht wieder das geschehen konnte, was geschehen war. Kein Militär und keine ganz Deutschland kontrollierende Staatspolizei gehörten zu den Bausteinen des neuen Deutschlands. Länderpolizeien sollten unter der Kontrolle der Sieger entstehen, besetzt mit achtbaren Personen, die den Nationalsozialismus bekämpft hatten. Faschisten wie der ehemalige Münchener Polizeipräsident Wilhelm Frick sollten niemals mehr die Polizei prägen. Frick versuchte als Innenminister, nachdem die NSDAP in Thüringen in einer Koalition an die Macht gekommen war, Hitler dadurch zum deutschen Staatsbürger zu machen, indem er ihn zum Polizeikommissar in Hildburghausen ernannte. Die Dezentralisierung der neuen Polizei war von den Alliierten ehrenwert gedacht, doch ging es bald im Kalten Krieg ganz anders weiter. Als das Bundeskriminalamt 1951 gegründet wurde, hatte diese neue Behörde sehr wohl braune Wurzeln: Fast alle Bereichsleiter waren an der SS-Führungsschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg ausgebildet, von 47 leitenden Kriminalbeamten hatten nur zwei eine weiße Weste.

*** Heute ist die Geschichte des BKA aufgearbeitet und jeder weiß, dass so etwas wie die Gestapo als landesweit agierende Kriminalpolizei nicht mehr passieren kann. Dennoch ist es angebracht, sich genau jetzt wieder an die Geschichte zu erinnern, wo sich das Bundeskriminalamt daran macht, allen Polizeien in Bund und Ländern eine einheitliche Fasson zu geben. Das Ganze geschieht diesmal im Namen der IT, die flottgemacht werden soll. Polizei 2020 heißt das Projekt, das vor einem Jahr vorgestellt wurde und von dem wir im Sommer 2018 erfahren dürfen, wie teuer die Umstellung sein wird: "Ein dreistelliger Millionenbetrag" ist schon einmal eine Ansage. Wenn alles nach einheitlichen Standards arbeitet, es keine Länder-Datentöpfe mehr gibt, sondern nur noch ein einziges großes "Datenhaus" und ganz viel Business Intelligence zur Erkennung von Mustern, dann haben wir einen enormen polizeilichen Informationsverbund. Charmant erklärte BKA-Chef Holger Münch auf die Frage "Warum erst jetzt?", dass man bereits einen Modernisierungssprung gewagt habe, der aber gescheitert sei. Danach habe man sich eben zurückgehalten. Es lohnt sich, an das Projekt Inpol-Neu mit der Zugangssoftware AGIL zu erinnern. Als es fertig war, kam ein IT-Gutachter im Jahre 2001 zu dem Ergebnis, dass die "Performance" des System völlig unzureichend war. "Aufgrund der Komplexität der Anwendungsarchitektur, der implementierten Algorithmen, des Datenmodells sowie des Besitz- und Berechtigungskonzeptes kann heute niemand mit Sicherheit prognostizieren, ob das System überhaupt performant gemacht werden kann." Es konnte nicht. Inpol-Neu mit AGIL wurde eingestellt. Mit Polizei 2020 soll das anders werden. "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen."

*** Es lohnt sich durchaus, die auf der Herbsttagung gehaltene Rede von Holger Münch zu besorgen und nach Excel und diesem Outlook-Format zu suchen, den beiden Formen, in denen BKA und Länderpolizeien offenbar kommunizieren. Denn gleich im nächsten Absatz geht die Sonne von Polizei 2020 auf: "Welchen Unterschied macht das 'Programm 2020'? Einen gewaltigen! Dadurch, dass die Daten in einem gemeinsamen Datenhaus anstatt in unterschiedlichen, untereinander nicht verknüpfbaren Systemen gespeichert sind, müssen sie, wenn sich die Relevanz ändert und dadurch Berechtigungen ausgeweitet werden müssen, nur noch freigeschaltet werden – durch das Setzen eines Häkchens, nicht mehr, wie bisher, durch eine komplette Neuanlieferung. Das spart eine Vielzahl von Einzelschritten und es verkürzt das heutige Verfahren um Monate!" Einfach mal das Häkchen von Linksextremismus auf Rechtsextremismus umsetzen, und schon ist der NSU enttarnt! Jaja, Geschichte wiederholt sich eben doch, "das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce."

*** Noch ein anderer hat in dieser Woche eine große Rede gehalten. "Gemäß dem Gesetz des ungleichen Wachstums wird früher oder später immer wieder eine revisionistische Macht entstehen, die eine bestehende Ordnung – den Status quo – in Frage zu stellen versucht. Sie strebt eine neue Ordnung an, in der sie ihre nationalen Interessen besser umsetzen kann. Diese Zusammenhänge haben etwas frustrierendes: Bereits im Frieden betreiben die Staaten unwissentlich eine Politik, die darauf hinausläuft, früher oder später den nächsten Konflikt zu provozieren, weil sie durch ihr Verhalten zu einer Neuverteilung von Machtpotentialen beitragen." Die revisionistische Macht, die der Redner erst später direkt anspricht, ist China und nicht Russland, das nur noch punktuell "Macht projizieren" kann. Der nächste Konflikt kann überall dort sein, wo China im großen Stil expandiert, ob in Piräeus oder Afrika. Das Bild vom ewigen Kampf und dem "Gesetz des ungleichen Wachstums" hat niemand anderes als Bruno Kahl, der Chef des Bundesnachrichtendienstes, bemüht. Was natürlich ein Argument für die Unersetzlichkeit seiner Schlapphüte ist, aber auch eine erstaunliche Sichtweise von einem, der mit seinen Männern und Frauen in einem demokratischen Staat Geheimwissen zum Umfang dieser Machtpotentiale anhäuft. Die von Kahl bemühte Theorie stammt übrigens von Paul Kennedy aus dem Jahre 1987. Wie war das nochmal? Bei akutem Machtdefizit dreimal täglich eine Tablette BNDal Forte und das gute Gewissen ist wieder da.

*** Ja, so vergeht die Zeit: Heute vor zehn Jahren stellte Jeff Bezos in New York den Kindle vor, auf dem sich Hunderte von Agenten-Abenteuern und Agentenliebschaften und Details aus dem Doppelleben revisionistischer Spione speichern lassen. Mit dem Leser Alkalamba kann man sich freuen, dass der Kindle zum Jubiläum mittlerweile Hallenbadtauglich geworden ist, bei all der uralten Technik. Nur das mit der Prognose klappte nicht. "In zehn Jahren werden Schüler alle Schulbücher auf Geräten wie Kindle haben und müssen nichts mehr schleppen", hieß es. Heute ist die Digitalisierung der Schulen nicht viel weiter gekommen.

Was wird.

Es ist doch tröstlich, wenn man lesen kann, was 2007 im Heise-Forum diskutiert wurde. Wie aber sieht es mit 1997 oder gar 1987 aus? Die Nachricht macht die Runde, dass die Compuserve-Foren am 15. Dezember endgültig geschlossen werden und damit das letzte Stück Compuserve verschwindet. So geht ein Stück Netzgeschichte den Weg alles Irdischen zur digitalen Asche und digitalem Staub. Compuserve und die erste Internet-Sperre, das waren noch Aufreger. In Kymmeria wurde man von den ersten Avataren angebaggert. Hier und da mögen, ganz wie bei den Usenet-Gruppen, vereinzelte Diskussionen aus der Frühzeit von Compuserve gespeichert sein, etwa von der heftigen Debatte über die Holschuld von Journalisten, die sich einst das deutsche OS/2-User-Forum leistete oder der endlosen Diskussion, welcher Microsoftler sich hinter dem Namen Steve Barkto verbarg. Das es davon Fetzel gibt, kommt daher, dass man einstmals in sauteuren Online-Zeiten "Foren-Software" benutzte, die alle neuen Forumsbeiträge flix lokal speicherten (first Pass). Nach dem Ausloggen wurden sie in Ruhe gelesen, kommentiert und wiederum nach erneutem Verbindungsaufbau für alle abrufbereit abgechickt (second Pass), nur um neue Anregungen zu holen (third Pass). Diese die Diskussionen mäßigende Kulturtechnik ist längst verschwunden. Sag zum Abschied leise ATH0.

An diesem Wochenende sollen die seltsamen Sondierungsgespräche der regierungswilligen Parteien zu Ende gehen. Danach will man mit richtigen Koalitionsverhandlungen beginnen und sich noch einmal richtig mit Dreck bewerfen. Es geht schließlich ums Klima. Der Anblick des schwampeligen Elends ruft die Frage auf den Plan, was die regierungsunwillige SPD eigentlich antreibt. Sie ist in einem Zustand, der Neuwahlen für die Partei zur Gefahr macht. Sicher wird im Willy-Brandt-Haus an einem Papier gebastelt, in dem von der Verantwortung für dieses unsere Land die Rede ist. Scheitern ist auch eine Lösung. Aber was soll man auch erwarten von einer Partei, die sich in Niedersachsen selbst nach gewonnener Wahl den Schneid abkaufen lässt und nach einem grünen Landwirtschaftsminister nun eine Landwirtschaftsministerin der CDU akzeptiert - damit die Monster-Mastbetriebe und Riesen-Huhnfabriken erhalten bleiben und das moderne Bauernlegen weitergehen kann. Für digitale Bürger hat die SPD auch noch was, das genauso stinkt wie die Gülle aus den Mastbetrieben, ein besonderes Leckerli, nämlich eines der Lieblingsprojekte der CDU-Sicherheitsparanoiker, den Staatstrojaner. "Masterplan Digitalisierung", my ass. Nicht nur heise-Foristen ulkten schon, man brauche ja auch ein Glasfasernetz für die ganze staatliche Überwachung. Da kriegt man glatt nachträglich noch Albträume bei der Vorstellung, die SPD wäre auch im Bund wieder in eine große Koalition eingestiegen. Das ist nicht mal mehr eine Farce, was diese Partei da betreibt.

Living easy, living free
Season ticket on a one-way ride

Nun ist Malcolm Young gestorben, einer der wenigen großen Rhythmusgitarristen, vor einiger Zeit abgeglitten in das Große Vergessen. Ob auf dem Highway to Hell oder dem Stairway to Heaven spielt da keine Rolle mehr. Noch tourt AC/DC weiter, aber irgendwann wird auch ihre Musik nicht mehr Herzenssache sein, sondern Eigentum eines Fonds, der seine Rendite aus den Erlösen der Musikkataloge bezieht. Ja, sie machen alles ein und sind dabei ganz heiß auf aktuelle Remixes, die den Preis nach oben treiben:

Und alles, was du da noch sagen kannst,
ist: "Das ist 'n ganz schöner Hammer, ey Mann!"

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« Antwort #704 am: 26 November, 2017, 05:22 »
Hal Faber tobt immer noch über den Unsinn, den vermeintlich "prinzipientreue" Politiker in die Weltgeschichte blasen. Da macht es die Stimmung nicht besser, dass in eben dieser Weltgeschichte so manches Monster rumgeistert.

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Was war.

*** "Digital First, Bedenken Second" – das war einmal zu einer Wahl, die es so nicht wieder gibt, weil es sie bald noch einmal gibt. Bedenken first und Digital geplatzt, so sieht das Ergebnis aus, das Plastikpolitiker Christian Lindner am Sonntagabend verkündete. "Lieber nicht regieren als falsch", diesem Werberspeak hat der Mann im weißen Hemd den Vorzug von "Ein Anfang ist gemacht" gegeben. Von "Veränderung braucht Mut" mal ganz zu schweigen: Der Mut, nach Nietzsche die vornehmste Eigenschaft des modernen Menschen, ist einer Partei der besser Verdienenden fremd. Wenn überhaupt, dann hat man ihn früh am Morgen beim Hotelfrühstück und nennt ihn dann ganz oberschick #GermanMut. Was bleibt, ist eine Partei mit weinerlichen Männern an der Spitze, die sich an einem großen Österreicher orientiert. Die CSU rechts überholen ist auch eine Perspektive.

*** Die FDP will nicht. Die CDU will keine Neuwahlen. Die SPD will keine Minderheitsregierung tolerieren. Die SPD will keine große Koalition. Jedenfalls eigentlich nicht. Oder vielleicht doch ein ganz kleines bisschen am Krümelkuchen der Macht naschen, dann müssen das eben die Parteimitglieder entscheiden. "Mut muss sich wieder lohnen", nicht nur bei Unternehmern. Den Unternommenen dämmert es, wie sehr die SPD eine Partei ist, die auf hübsche Posten aus ist. Das ist das Elend der deutschen Sozialdemokratie: Auf Ministerjobs zu verzichten, um Politexperimente zu testen, gehört nicht zu ihrem Selbstbild. Insofern ist der Spruch, den Cora Stephan einstmals zur Urgeschichte der deutschen Sozialdemokratie auf den Titel ihres Buches packte, heute wieder ungewohnt aktuell. Bei der SPD wartet man wieder auf den großen Kladderadatsch, nur ist das eben nicht der Zusammenbruch des Kapitalismus, sondern der Zusammenbruch des Systems Merkel: "Genossen, wir dürfen uns nicht von der Geduld hinreissen lassen!"

*** Nicht nur der Ende-Gelände-Spruch von Lindner macht einen ganz krank. Die FDP hat das so ähnlich ja schon in Niedersachsen von sich gegeben und uns da eine große Koalition eingebrockt, in der sich die SPD an den Nasenring durch die norddeutsche Tiefebene führen ließ. So sehr, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende mittlerweile den "inhaltlichen Fürhungsanspruch" in der niedersächsischen großen Koalition für sich beansprucht. Ja, ich weiß, ich hab mich darüber schon aufgeregt, aber das Trauerspiel, das sowohl FDP als auch SPD heutzutage auffühen, ist ja wirklich nicht mehr zum aushalten. Einerseits große Töne spucken, und sich dann drücken – anderseits im Bund sich drücken, und im Bundesland dann einen für unmöglich gehaltenen, aber doch geschafften Wahlsieg verschenken. Man möchte heulen. Vor allem aber darüber, dass anscheinend zwischen ideologisch aufgebauschtem "Hier stehe ich und kann nicht anders" und trotzigem "Nee, Regieren ist uns jetzt zu schäbig" keine Haltung mehr möglich zu sein scheint, die im demokratischen Prozess ganz normale Kompromisse hervorbringt. Als ob ich einer Partei meine Stimme geben würde, damit sie nicht regiert. Selbst Claudia Roths Schulter ist nicht weich genug, um sich wirklich ausheulen zu können. Ich war angesichts der Vorwahl-Unschlüssigkeit schon geneigt, auch mal ein Kreuzchen bei der FDP in Betracht zu ziehen. Das wurde dann doch nichts. Bei der SPD auch nicht, übrigens. Jetzt weiß ich, dass ich an beidem gut getan habe. Ob's Kreuzchen aber nun an der richtigen Stelle gelandet ist, das wird sich noch zeigen müssen. "Jeder nur ein Kreuz" war ja auch nicht als Erleichterung gedacht.

*** Noch ein paar Anlässe gefällig, um aufzuheulen vor völlig unideologischem Schmerz? Bekanntlich will Siemens, ein kleines Stückchen älter als die deutsche Sozialdemokratie, 6900 Arbeitsplätze im Kraftwerksbau streichen. Das ärgert nicht nur die IG Metall, sondern auch den derzeit obersten Sozialdemokraten Martin Schulz. Der nannte den Arbeitsplatzabbau "asozial" und wies darauf hin, dass die Bundesrepublik Deutschland ein großer Auftraggeber von Siemens ist, nur um im selben Atemzug zu gestehen, dass auch die schwielige Faust der großen deutschen Sozialdemokratie nicht ordentlich zupacken kann. "Ich kann den Unternehmen nicht auferlegen, dass sie Arbeitsplätze erhalten müssen."

*** Diese Erkenntnis des Arbeiterführers wird durch das Geklage des derzeit obersten Siemens-Chefs Joe Kaeser glatt getoppt. Sein tolles Unternehmen habe in fünf Jahren 20 Milliarden Euro in die BRD eingezahlt und mitnichten einen Planungsfehler begangen, sondern die "in der Sache richtige, aber in Ausführung und Timing höchst unglücklich umgesetzte Energiewende" sei schuld. Bei diesen Worten lohnt es sich, an die süße Vorweihnachtszeit vor 12 Jahren zu erinnern, als Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt, damals Deutschlands oberster Bestecher, ein Weihnachtsmärchen erzählte und beklagte, dass Deutschland nicht konsequent genug den Megatrends folgt – damals war das übrigens die Gründung von Youtube. Aber bereits im Jahre 2005 stand der wenig rentable Groß-Kraftwerksbau bei Siemens zur Debatte, lange vor dieser heute beschuldigten "unglücklichen Energiewende". Mit Bestechung aus Tradition ging es voran. Der Rest ist Schweigen.

*** Der letzte Völkermordprozess zum Krieg im ehemaligen Jugoslawien ist vorbei. General Ratko Mladic, der Oberkommandant der bosnischen Serben wurde für seine Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt. Er wurde schuldig befunden, vier Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, darunter das Massaker von Srebenica und die Belagerung von Sarajevo. 24 Jahre hat die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen gedauert. Wer sich fragt, was die Geschichte vom Völkermord auf der technikgetriebenen Nachrichtenseite zu suchen hat, sei an die Geschichte des von Eric Bachmann aufgebauten Zamir Transnational Netzwerkes erinnert, ein mutiger elektronischer Versuch, die Kommunikation unter den Menschen im zerfallenden Jugoslawien in Gang zu halten. Damals konnte man aus Serbien keine Gespräche mit Kroatien führen, ein Hack war gefragt. Ausgerechnet die kleine Bionic-Mailbox in Bielefeld machte es möglich, dass es eine Kommunikation zwischen Zagreb und Belgrad, Ljubljana und Tuzla oder Pristina und eben dem belagerten Sarajevo gab. An diese heilende Kraft der Verständigungsversuche sollte man sich erinnern, wenn in diesen Tagen der Geburtstag von Digitalcourage formerly known as FoeBuD gefeiert wird.

Was wird.

"Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sich selbst aus. Er internalisiert das Machtverhältnis, in welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt, er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung." Nein, diese Passage stammt nicht aus einer der vielen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Videoüberwachung und dem Konformitätsdruck, den Kameras ausüben. Sie stammt aus Überwachen und Strafen, einem Hauptwerk von Michel Foucault und ist ein kleiner Hinweis auf den Aktionstag des Bündnisses Endstation am Berliner Bahnhof Südkreuz. Mit dabei ist übrigens Digitalcourage a.k.a wissenschon. Denn am Südkreuz arbeitet die modernste Videoüberwachungstechnik zu unser aller Sicherheit: Nach der im Sommer gestarteten Testreihe zur automatischen Gesichtserkennung ist jetzt auch die musterbasierte Verhaltensprüfung aktiviert, mit der systematisch vorgehende Taschendieb-Banden auf Rolltreppen erkannt werden sollen. Natürlich ist auch der Standard "herrenloser Koffer" mit von der Partie, der in all seiner Herrenlosigkeit ein Sprengsatz sein könnte.

Weit weg von Berlin wird es an diesem Tag einen Urknall geben und zwar in Neuss, wenn dort die erste Arztpraxis online und im Dauerbetrieb mit der medizinischen telematischen Infrastruktur verbunden wird. Erstaunt können wir schon vorab lesen, dass der Arzt die Sache ganz entspannt betrachtet, obwohl es in der Testphase nicht sonderlich gut lief. "Zu schaffen macht ihm allerdings, dass das Kartenlesegerät im laufenden Praxisbetrieb abstürzen kann und die Systeme neu hochgefahren werden müssen. 'Das passiert einmal im Monat', weiß er aus der Testphase." Vielleicht bringt die hinter dem System werkelnde Truppe der Gematik eine Uptime-Anzeige für die Wartezimmer in Arztpraxen heraus, natürlich nach allen Schnickschnack-Standards vom BSI zertifiziert. Umso höher steigt nach dem Anschluss die Freude der Ärzte auf die kommende elektronische Patientenakte, die IBM mit der TK entwickelt oder die von Telekom und AOK. Wenn man diese Akten nur 60 Sekunden lang ansehen kann, ehe der Logout erfolgt, gibt es sogar eine kreative Lösung, allerdings ohne Chance auf Zertifizierung. Das kann vielleicht der erste niedersächsische Digitalgipfel erörtern, der umme Ecke im schönen Hannover stattfindet.

Gleich am Tag nach dem Urknall will der Bitkom auf seinem eigenen Gipfeltreffen namens Hub.Berlin die Digitalisierung in ihrer ganzen Größe, Schönheit und Dynamik zeigen. Denn die Digitalisierung wartet nicht auf Deutschland und seine Walversprechen. Sie geht unbeirrt ihren Gang, genau wie der Dax, der einfach ein kleines Plus ins Wochenende mitnimmt oder wie die Märkte, die nach dem Black Friday seelig sind. Insofern ist es schon ein kurioses Signal, wenn ausgerechnet der stramm humanistische Marxist Gregor Gysi auf dem Hub.Berlin über die "Macht der Algorithmen" spricht, während selbige für das Ende des Politischen sorgen, wie es das regierungsnahe Fraunhofer Fokus und das ÖfIT dieser Tage erklärt hat.

Ansonsten geht es munter weiter. Drölfzig Programme sammeln Daten über Daten, die in einer Black Box verarbeitet werden, in der eine Black Box steckt in der eine Black Box steckt usw. usf und das seit 50 Jahren. Niemand blickt durch, so verfickt ist das eingeschädelt.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
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TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )