Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125685 mal)

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Was war. Was wird. Von Amtswechseln und schöpferischen Zerstörungen.
« Antwort #660 am: 22 Januar, 2017, 06:10 »
Man kann schon mehr als moralische Panik bekommen, bedauert Hal Faber die US-Amerikaner. Jammern aber hilft nicht. So mancher traditionell amerikanische Amerkianer kann unsere Unterstützung nun gut gebrauchen. Und vice versa.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ripped, rusted and trapped: Das wütende Amerika ist da, Präsident Trump verbreitet Angst und Schrecken. In seiner Antrittsrede präsentierte er ein engherziges Amerika am Rande einer "moral panic". Er sprach noch beim Gala-Essen nach der zivilreligiösen Vereidigung von einem "casting", als wäre das Regieren eine einzige Show, mit einem Showdown am Ende der Sendung. Aus dem President-Elect ist der "Art of the Deal"-President geworden, der in den Büros des Weißen Hauses seine Deals durchziehen wird, wie das "im Internet" bereits geschehen ist. "Climate change" ist ein Begriff geworden, der ins Leere führt, weil die entsprechende Informationsseite der Regierung Obama schnurstracks in die Archive verschoben wurde. Mit globaler Verantwortung will Präsident Trump nichts zu tun haben, das macht ein Amerika nicht groß, in dem es nur noch zwei Regeln gibt: Buy American and Hire American. Die Wirtschaft bewundert die schöpferische Zerstörung, die der Kapitalismus so mit sich bringt.

*** Während Trump redete, besuchte Angela Merkel zusammen mit Bill Gates das Museum von SAP-Gründer Hasso Plattner, eine schöne Geste. Später spielte der unverwüstliche John Fogerty Songs von Creedence Clearwater Revival, begleitet von Plattner-Riffs, ein echter "Swamp" mit der trotzigen Ansage: Amerika ist anders. Sehr künstlerisch übrigens auch die Entscheidung von SAP, dieses Internet der Dinge nach dem Leonardo aus Vinci zu benennen.

*** Ja, die deutsche Stimmung ist jetzt ganz anders als damals bei Obamas Amtsantritt, während sie – das sollte man nicht vergessen – schon zu Beginn der zweiten Präsidentschaft Obamas bereits erheblich abgekühlt war. Man erinnere sich bloß an das erste Gesetz der zweiten Periode anno 2013, die von Obama verkündete Gummi-Lizenz zum Töten mit Drohnen. Ohne mit der Wimper zu zucken, begehe ich jetzt einfach mal Wortbruch und breche mir ein Stückchen raus aus meiner Kolumne zu Obamas Amtsantritt. Ich schrieb 2009: "Was kann mit der Amtsübernahme besser gefeiert werden als die Revolution im Journalismus, die heute vor 48 Jahren zur ersten modernen Presse-Konferenz mit frei gestellten Fragen führte. Ehe John F. Kennedy dieses Wagnis einging, mussten alle Fragen vorab schriftlich gestellt werden, wie dies heute noch bei einigen Firmen in der IT-Branche gepflegt wird. Kennedy schaffte das höfische Zeremoniell ab – allerdings sprach er die Fragen später mit befreundeten Reportern ab und ließ sich mit witzigen Antworten von professionellen Gagschreibern beliefern."

*** Bekanntlich hält Donald Trump nicht viel von Pressekonferenzen und twittert lieber, weil er weiß, dass die Presse seine Tweets ohnehin beachten und kommentieren muss. Außerdem gibt es keine störenden Nachfragen. Aus diesem Grunde ist diese Erklärung der US-Journalisten, die im White House akkreditiert sind, eine Sternstunde unserer Zunft. Leider hat sie nicht den größten Stellenwert: Man erinnere sich an die letzte Pressekonferenz von Trump vor seiner Vereidigung, als ein CNN-Journalist übergangen wurde. Die eiserne Journalisten-Regel, dass die Frage eines übergangenen Journalisten vom nächsten Fragesteller wiederholt werden muss, wurde da prompt gebrochen.

*** Doch was soll das Jammern über die USA, wenn es Deutschland gibt, mit einem Journalismus im noch jammerhafteren Zustand? Wo es Kollegen gibt, die nicht einmal wissen, wie Urteilsbegründungen vor Gericht eingeleitet werden und schnellstmöglich twittern, dass die NPD verboten ist. Wo andere Kollegen eine Reporterfabrik gründen und damit web-basiertes Training für angehende Blogger meinen. Passend dazu eröffnet dann auch noch der Geschäftspartner Facebook ein digitales Lernzentrum, aus dem dann all die fabrizierten Reporter stolpern. Zur weiteren Rolle der Fabrikbesitzer kann man diesen Kommentar oder diesen Hintergrundbericht lesen.

*** Die NPD ist nicht verboten, die AfD auch nicht. Das kleinste gemeinsam Vielfache, die europäische ENF-Fraktion, zeigt unterdessen, was sie von Journalisten hält: gar nichts. "Go away!, Go away!" skandierten die Trump-Anhänger zur Einführung des Präsidenten in den USA, "Ausmisten! Ausmisten!" skandierten die Zuhörer von Björn Höcke, als dieser über das "Denkmal der Schande" sprach und davon, dass die Bundesregierung zu einem Regime mutiert sei. Die bösartigen Assoziationsketten von Höcke erinnern an das Denkmal der Schande, einen Artikel, den der Journalist Giselher Wirsing 1967 unter dem Pseudonym Albrecht Lauffer schrieb. Besagtes Denkmal war Das Haus der Wannsee-Konferenz, wo vor 75 Jahren die "Endlösung der Judenfrage" besprochen wurde. Über Pläne, hier eine Gedenkstätte einzurichten, regte sich das braune Deutschland auf. "Rachedenkmal statt Kinderheim", schrieb die Deutsche Wochen-Zeitung, und die Deutsche National- und Soldatenzeitung jammerte über das 1967 als Kinderheim genutzte Gebäude: "Sollen Berliner Kinder für NS-Verbrecher büßen?". Auf diesen inneren Faschismus bezog sich der Geschichtslehrer Björn Höcke, nicht auf den vergreisten Rudolf Augstein von 1998. Wenn junge Journalisten solche Zusammenhänge nicht mehr kennen und sich auf Google-Ergebnisse verlassen müssen, hat einer wie Höcke leichtes Spiel.

Was wird.

Chelsea Manning wird am 17. Mai 2017 entlassen, nachdem US-Präsident Obama das harte Urteil gegen die Whistleblowerin zwar akzeptierte, aber das Strafmaß reduzierte. Zu wünschen ist, dass die Ex-Soldatin ihren Frieden finden kann, unbeirrt von dem Getue, das jetzt um Julian Assange inszeniert wird. Ob er in die USA gehen kann, liegt nicht in seinen Händen, da sowohl Großbritannien (Bruch der Bewährungsauflagen) wie Schweden (Vergewaltigung im minderschweren Fall) sich bisher nicht äußerten. Noch absurder wird es im Fall Snowden, wo ebenfalls ein Pardon gefordert wird, ganz ohne Anklage und Verurteilung. Nur zur Erinnerung: Michael Flynn, der Chefaufklärer der "Snowden-Leaks" bei der Defense Intelligence Agency, ist jetzt der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Trump. Von Flynn stammt die Zahl von 1,7 Millionen DIA-Dokumenten, die Snowden "berührt" haben soll. Über 900.000 Dokumente aus dem Verteidigungsbereich soll Snowden dabei kopiert haben, so die letzten Zahlen von Cryptomes Tally. Seit wenigen Tagen ist ein Buch von Edward Epstein im Handel, das Edward Snowden in jeder Hinsicht demontieren will. Für Epstein ist Snowden entweder ein großer Angeber – oder aber ein Meisterspion, bei dem der Aspekt des Whistleblowing die eigentliche Tat, die Spionage im großen Stil für Russland, mit Hilfe allerlei Legenden geschickt übertüncht wird. Beweisen kann er nichts, denn genau wie der Rest der Welt hat auch Epstein keine festen Angaben, wieviele Dokumente Snowden wirklich in seinen Besitz gebracht hat. Geht es im aktuellen Tempo weiter, werden wir in 42 Jahren mehr wissen.

In dieser Woche ist die offizielle Chronologie des Behördenhandelns um die Person Anis Amri veröffentlicht worden. Niemand hat ja jemanden irgendetwas vorzuwerfen bei dieser organisierten Unverantortlichkeit. Deshalb richtet sich der Unmut auf das gemeinsame Terror-Abwehrzentum in Berlin, wo die Gefährder an die Wand projiziert werden und jeder seinen Senf abgibt. Solchermaßen abgewatscht, wollen die Terrorspezialisten in die Offensive gehen und eine Software namens Radar vorstellen, die erste für das "Predictive Terroristfinding" auf der Basis von Dyrias. Die Software basiert auf den eingespeicherten Vorgehensweisen von 30 Attentätern, 30 Gefährden und 30 Unterstützern. Bei der Eingabe der Daten von Anis Amri in eine frühe Beta-Version ordnete sie den Breitscheidplatz-Attentäter als "hochgefährlich" ein: Deutschland wird im Juli 2017 wieder sicher sein. Dann soll die Wunder-Software fertig sein, mit allen bekannten Gefährder-Daten gefüttert. Wo sind sie? Wohin gehen sie? Mit wem chatten sie im Internet? Das sind die drei zentralen WWW.

Wir hören uns derweil The Life of Pablo an. Nicht weil Kanye West so ein großer Spinner ist. Oder weil er sich in seiner Egomanie mit Trump vergleichen kann. Nein, einfach, weil es geniale Musik ist von einem Amerikaner, der wohl traditionell amerikanischer ist als Trump je sein wird. Was Trump in seinem Rassismus niemals begreifen wird.

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Was war. Was wird. Am Anfang war das Chaos, am Ende auch.
« Antwort #661 am: 29 Januar, 2017, 06:35 »
Wer schützt unsere guten deutschen Daten, die wir im Schweiße unseres Angesichts mit wahrheitsministerlicher Genehmigung aus deutschem Gemüt gehauen haben? Ach, es ist alles ein Unsinn, barmt Hal Faber, der nicht mehr weiß, wohin auswandern.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die vornehmste Aufgabe des Menschen ist es, für Entropie zu sorgen. Wir haben die Pflicht zur Unordnung, ach was schreibe ich in diesen trumpatischen Zeiten: Unser innerstes Dekret ist das Chaos. Nur so schlagen wir der künstlichen Intelligenz und ihrem doofen "deep learning" ein Schnippchen. Das hat dieser Tage Oswald Wiener auf einem Kongress in Köln zum Besten gegeben. Dafür wurde er im Feuilleton als Vater des Cyberspaces gefeiert, nicht etwa als Fürsprecher des Menschen. Ob der Austrokanadier das mitbekommen hat? Egal, denn wenn die Künstliche Intelligenz den Durchbruch geschafft hat, ist da immer noch der Mensch, der für Unordnung sorgt. Nichts anderes zeigt das Wimmelbild zur Rise of AI, mit einer Art Grenzzaun zwischen Menschlein und den im Sonnenaufgang strahlenden Türmen neuester Wohnmaschinen. Mit der Eintags-Konferenz soll Deutschland übrigens Europas KI-Standort Nummer Eins werden.

*** In dieser Woche konnte man beobachten, wie kreativ sich die deutsche Politik dem Problem der "alternativen Fakten" angenähert hat, ganz im Sinne der US-amerikanischen Entwicklung. Da haben wir einen Wirtschaftsminister, der mehr Zeit mit seiner Familie verbringen möchte. Das ist ein durchaus verständlicher Wunsch, denken wir nur an den Politiker Gustav Heinemann, der seine Frau liebte, nicht den Staat, fertig. Nun aber ist dieser unser Wirtschaftsminister ein alter Bekannter, der "Siggi Pop" Gabriel. Der will, um mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können, in der Ära Trump mal eben den Außenminister machen. Das ist der Job, den einst der Flying Genschman prägte. Immerhin: Zum Schnelleinstieg braucht Gabriel nicht groß das Land verlassen. Die Münchener Sicherheitskonferenz steht vor der Tür, da kann sich Gabriel mit Bono und Bill Gates treffen. Oder mit dem Brexiter Boris Johnson, der sich in Syrien von der UN durchgeführte Wahlen mit dem Kandidaten Baschar al-Assad vorstellen kann.

*** Vielleicht kommt auch der neue US-amerikanische Kollege Tillerson zu Gabriel, wenn seine Ernennung vom Senat bestätigt wird. Gebraucht wird er nicht, denn Präsident Trump macht die Außenpolitik. Ein Mäuerchen hier, ein Einreiseverbot für Bürger aller muslimischen Staaten, in denen kein Trump-Hotel oder -Golfplatz existiert und ein Händchen für Teresa May. So muss Google den Rücksturz zum Googleplex für seine Grünkartler anordnen, während Microsoft Trump listig nach wie vor für einen "Actor" hält. Zudem warnte man die Shareholder vor Gewinneinbrüchen. Bis jetzt schweigt Außenminister Gabriel zur Reinkarnation des Reichsbürgergesetztes, verkündet am Tag des Holcaust-Gedenkens. Statt klarer Worte zeigt sich Deutschland nur "besorgt" über die Entwicklung.

*** Jedenfalls begibt es sich zu dieser Umbruchszeit, dass ab sofort nach einer einfachen unverschlüsselten SMS-Anfrage die Smart Data-Spezialistin Brigitte Zypries im Digitalwirtschaftsressort ihren Auftritt hat, von manchen gar als erste Internetministerin begrüßt. Historisch kommt ihr Einsatz zu einer Zeit, in der ZITIS aufgebaut wird. Die Zentralstelle für die neue Quellen-Anbagger-Telekommunikationsüberwachung-Software-mit-Cloud-Haltung (QUATSCH) kommt zwar nach München und nicht nach Köln, wie es einst von Justizministerin Zypries und ihrem Partner Wolfgang Schäuble angedacht war, doch was soll' s. QUATSCH kommt jedenfalls und macht alle Fragen von 2007 überflüssig, was nochmal ein Browser ist oder wie man SMS-Nachrichten verschlüsselt.

*** Alternative Fakten können manchmal ganz schön kompliziert sein, wie auf Twitter eingetippte Passwörter zeigen. Dann ist es besser, wenn man sich direkt an die Presse wendet und erklärt, sie solle gefälligst die Klappe halten und den Alternativfaktlern besser zuhören. Die Reaktionen sind klassisch, von #AltGov über #Alt-FAA bis zu AltUSNatParkService. Was noch fehlt, ist Alt-GS3, denn Trump twittert offenbar immer noch mit seinem ungesicherten Galaxy S3. Das Wettrennen der Geheimdienste um diesen nöligen Gral hat noch keinen erklärten Sieger. Alternativ könnte es natürlich der Fall, äh, Fakt sein, dass das Handy längst gehackt ist, aber es keinen Grund gibt, Trump zu stoppen. In Ermangelung eines echten amerikanischen Handys will Donald Trump natürlich nicht zu einem kanadischen Blackberry greifen wie weiland Obama. Buy American? Noch baut Apple keines in den USA und das, was früher einmal Motorola war, fertigte schon immer in Malaysia. Was die Cisco-Apparate im Weißen Haus anbelangt, wird man sehen müssen, ob Cisco wirklich 6 Milliarden in Mexiko investiert oder irgendetwas in Alt-USA so adrett drapiert, dass die neue Weißhausphotographin das très chic ablichten kann, wie vormals Pete Souza.

*** Ich bin nicht trumpoman, aber das Dekret zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit verdient nähere Betrachtung, etwa durch den Datenschützer Peter Schaar. Gut möglich, dass mit der Klausel die Privatsphäre aller Menschen außerhalb der USA für null und nichtig erklärt, der mühsam gefundene Kompromiss namens "Privacy Shield" arg zerbeult ist. In jedem Fall gewinnt die Sache mit der deutschen Datenhaltung auf natürlichem deutschen Boden bei T-Systems in Biere an Fahrt, auch wenn es ein bisschen teurer ist, wie bei den pipifeinen Freilandhühnern. Außerdem werden da unsere guten deutschen Daten "auf Schadcodes abgeklopft".

Was wird.

Nein, ich habe den neuen sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Martin Schulz nicht vergessen. Die von ihm proklamierte "neue Gerechtigkeit" gebietet es, ihn in die Zukunftsrubrik zu nehmen, denn er hat noch etwas vor. Schulz ist halt das Kandidatenhuhn, das laut Süddeutscher Zeitung mit den beiden Flügeln der SPD fliegen will, aber es nur zum Hühnerdapper bringen wird. Hühnerdapper, alle Achtung! An dieser Stelle nur der Einwurf aus der norddeutschen Tiefebene, dass Hühnerdapper bei uns das Fuß-an-Fuß-Setzen bei einem Spiel ist, um zu bestimmen, welche Mannschaft anfängt. Martin Schulz macht also Hühnerdapper mit Merkel und wenn er gewinnt, wird er Außenminister. In dieser kleinen Wochenschau habe ich mich über die von Schulz mitgetragene Charta der digitalen Grundrechte aufgeregt. Deshalb sei darauf hingewiesen, dass die öffentliche Kommentierung der Charta in zwei Tagen geschlossen wird. Über 400 Kommentare sollen eingegangen sein. Nun wollen die Initiatoren um Schulz beraten und eine erweiterte oder modifizierte Version veröffentlichen. Man darf gespannt sein, was aus der törichten Formulierung wird, dass staatliche Stellen und Informationsprovider zur Verhinderung von digitaler Hetze und Mobbing verpflichtet werden sollen. Werden unsere Worte abgeklopft, unsere Bilder seziert? Kommt das Wahrheitsministerium? Angeblich ist Orwells "1984" Spitzenreiter bei Amazon, aber das kann auch das Spässeken einer KI sein, die die Fettlogik der lesenden Entropiker bekämpft.

*** Hoppla, schon wieder schweift der Blick in die USA. Ganz abseits aller Trampeleien hat Twitter zwei "National Security Letter" veröffentlicht, im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens, das am Valentinstag fortgesetzt werden soll. Im Kern geht es darum, dass das FBI von Twitter alle Daten zu den Tweets von Edward Snowden haben will, der von Russland aus das Geschehen in den USA kommentiert, bei Twitter aber Stillschweigen anordnete. Damit zurück nach Deutschland: Wie bereits im Jahr 2015 wird Edward Snowden wieder per Video auf der CeBIT sprechen. Dafür Einreisen kann er nicht. Schuld daran ist diese gelebte deutsche Erinnerungskultur.

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4W: Von runden Dingen, Atombomben und diesem Cyber-Dingens
« Antwort #662 am: 05 Februar, 2017, 06:20 »
Am Baggersee Enten füttern ist wahrlich besser als sich für das, ähem, schlechte Benehmen in den Tropen entschuldigen zu müssen. Hal Faber aber lenkt den Blick lieber auf einen (noch) funktionierenden Rechtsstaat.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Natürlich muss diese kleine Wochenschau mit der wichtigsten Nachricht der vergangenen Woche beginnen; Deutschland hat eine neue Münze, hach, mit einem roten Polymer-Ring drinnen, denn das ist das Symbol für die tropische Zone. Irgendwo im Süden, wo sich Menschen aufmachen, den miserablen Lebensbedingungen zu entkommen, die dem Drama in den "Klimazonen der Erde" – so der Münzrand – entkommen wollen. Nicht nur die Münzpräger, auch die Texter geben ihr Bestes: "Der rote Ring definiert den Übergang in eine luftige Freifläche, die die Münze ‚glanzvoll‘ zur Geltung kommen lässt. Die Typografie balanciert dabei bewusst außerhalb der Mitte und erzeugt eine zusätzliche Dynamik." So eine Dynamik ist immer gut, denn Deutschland kam immer gut in den Tropen zurecht, 'Tschuldigense mal. Und so eine Münze ist doch ein nettes Symbol inmitten der Migrationskrise, deren Anfang wir gerade mit dem "Flüchtlingsstrom" erleben, einem Rinnsal im Vergleich mit dem Aufbruch aus Afrika. Vier weitere glanzvolle Münzen werden noch geprägt, weil die Erde fünf Klimazonen hat, noch. Wie beschrieb es Kwame Anthony Appiah in seinem Buch "Kosmopolit": Die Übervölkerung der Welt wird noch weiter zunehmen. Innerhalb des nächsten halben Jahrhunderts wird unsere fruchtbare Spezies auf neun Milliarden Seelen anwachsen. Gespräche, die über Grenzen hinweg geführt werden, können ein Genuss oder eine Qual sein – je nach den Umständen. Aber eines sind sie meistens ganz gewiss: unvermeidlich".

*** Die Nachrichten vom Anti-Kosmopoliten sind eine Qual, heißt es im "Brief zur Lage" "und es tut körperlich weh, die Erkenntnisse dieser ersten Tage hinzuschreiben: Der Präsident der USA ist ein pathologischer Lügner." Die Zeiten werden härter, nicht nur für die Züchter und Freunde der Hommingberger Gepardenforelle. Die Nachrichten der letzten Woche erschüttern uns, das Gedenken an das Massaker von Bowling Green ist noch frisch in Erinnerung. Nach der aufwühlenden Rede von US-Präsident Trump zum National Prayer Breakfast betet ganz Amerika, dass Arnold Schwarzenegger bessere Einschaltquoten bekommt. Was gibt es schon Wichtigeres als eine gute Show oder ein ein guter Super Bowl? OK, manchmal sind unabhängige Gerichte mit "sogenannten Richtern" eine feine Sache – und Staatsanwälte, die ihre Arbeit machen. Der Streit über den Bann wird sicher vor dem Supreme Court landen und damit in einer kommenden Wochenschau.

*** In letzter Minute hat Donald Trump inmitten seiner Serie von Dekreten ein bereits angekündigtes Dekret zur Cybersicherheit zurückgezogen, dank dem das Amt für Verwaltung und Haushaltswesen als oberste Cyberbehörde den Kampf um die Sicherheit "unserer wertvollen und heiligen Netze" führen sollte. Die zentrale Website mit allen Cyber-Direktiven ist derzeit noch gähnend leer und unklar ist, ob der noch von Präsident Obama berufene oberste Cyberkämpfer Brigadegeneral Greg Touhill weiterhin im Amt ist oder durch einen Trumpisten abgelöst wurde. Die Sache ist deshalb interessant, weil auf der Seite von Trump der "Einbruch russischer Hacker" in US-Regierungssystemen heruntergespielt worden ist. Echte Verschwörungstheoretiker würden hier noch das Telefonat zwischen Putin und Trump hinzurechnen, von dem es auf US-Seite keine Aufzeichnungen gibt, doch soweit muss man nicht gehen.

*** Derweil arbeiten die fiesen russischen Hacker weiter, im NATO-Land Norwegen, wo im vergangenen Herbst ein Batallion US-Marines abgesetzt wurde. Und der engste Verbündete der USA im britischen GCHQ spricht davon, dass all das aufgeregte Reden von Cyber, Cyber nur ein Marketing-Trick der IT-Firmen ist, die Cyberkrams verkaufen. Während die Frage noch unbeantwortet ist, ob Donald Trump der IT-Branche schadet, ist es schon lustig, wenn in Australien ein weiteres missglücktes Telefonat von Präsident zu Präsident als Chance gesehen wird, qualifizierte IT-Fachkräfte nach Australien zu holen. Schließlich sind die Zeiten von Crocodile Dundee längst vorbei, abgelöst durch Gel-Roboter, die auch ein Krokodil schnappen können.

*** In Deutschland ist unterdessen ein neues BKA-Gesetz vorgestellt worden, das die IT-Branche entfesseln soll. Neben der Einführung der elektronischen Fußfessel will Bundesinnenminister de Maizière eine komplett neue IT-Infrastuktur für alle deutschen Polizeien aufbauen lassen, mit dem hübschen Argument, dass die IT-Architektur der Polizei "im Grunde aus der Zeit von Horst Herold" stammen würde. Statt dem unter Herold angeschafften Zentralrechner Siemens 4o04 soll ein "phänomenübergreifendes IT-System" angeschafft werden, in dem Informationen leichter fließen. Außerdem werde mit dem bundesweit einheitlichen IT-System ein "modernes Zugriffsmanagement" kommen, das durch Zweckbindung der Daten den höchstmöglichen Datenschutz gewährleisten werde.

*** Das mit der vom Innenministerium ausdrücklich erwähnten hypothetischen Datenneuerhebung gerade diese Zweckbindung der Daten durch ein fluides Modell abgelöst wird, macht die Sache spannend. Denn die Zweckänderung kennt mach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Grenzen, gerade beim Superstar der Polizei-IT, der Online-Durchsuchung: "Wegen des besonderen Eingriffsgewichts von Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen darf demgegenüber eine Zweckänderung von Daten aus solchen Maßnahmen nur erlaubt werden, wenn auch die für die Datenerhebung maßgeblichen Anforderungen an die Gefahrenlage erfüllt sind." Damit sind wir praktisch schon in der Rubrik "Was wird" angekommen, denn zu den aparten Nachrichten dieser Woche gehörte die Mitteilung, dass ZITIS, die Zentralstelle für die Online-Durchsuchungssoftware und die Kryptoknackerei, an einen besonderen Ort in München kommt. Wegen der "Bündelung von Ressourcen und Energien" und dadurch zu erzielenden Synergie-Effekten wird sie direkt bei der Universität der Bundeswehr angesiedelt. Ist bekanntlich alles ein großer Cyberkampf, da ist es gut, wenn Polizei und Militär gemeinsam marschieren. Cyberhelm ab zum Gebet – oder Trojaner, Feuer frei!

*** Da bleibt ja nur noch das Lied vom Baggersee. "Atombombe auf Deutschland, dann ist Ruhe im Karton": "Ich sehe das ja eigentlich schon seit Jahren vor mir: Diese Wasserrutschen und die sinnlos installierten bunten Ballons, die überall sind und ein fröhliches Ambiente schaffen. Ich sehe schon ganz visuell die Freude vor mir, die an diesem Baggersee entsteht." Statt Tauben vergiften im Park lieber Enten füttern am Baggersee. Und Tretboot fahren, jawoll! Oder doch die weniger radikale Variante und nach Australien auswandern? Man träfe dort bald auf liebe Kollegen, die hoffentlich auch Down Under weiter Interviews führen und Wissenswertes zum Besten geben. Hustenbonbons zum Puscheln gibt's da auch.

Was wird.

Wie immer nach dem Zug der Jecken und sonstigen Karnevalisten beginnt im der Reigen der Sicherheitskongresse, ob sie nun Münchener Sicherheitskonferenz, Europäischer Polizeikongress oder Grüner Polizeikongress heißen. Dabei kommt "Precrime" groß in Mode. Was zunächst als Werkzeug gegen den serienmäßigen Wohnungseinbruch angedacht war, wird dabei laut diesem Programm inzwischen als "Predictive Analytics" Werkzeug für alle Blaulichtorganisationen "Polizei, Verkehr, Feuerwehr, BOS" gehandelt. Zusammen mit der Ausweitung des europäischen Passagierdaten-Abkommens auf Bus und Bahnreisen, der Gesichtserkennung bei der immer besser werdenden Videoüberwachung können wir uns dann beruhigt und erleichtert zurücklehnen und seufzen, Ach, Europa, und diese deine verwegene Sehnsucht nach einer bipolaren Gemeinsamkeit mit der USA. Oder sollen wir, bestens aufgezeichnet, analysiert und datenumschlungen lieber grinsen? Ach Europa, du bist ja so grenzenlos gemein. Und damit ein aufmunternder Gruß aus Italien.

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Was war. Was wird. Timeo Danaos et dona ferentes
« Antwort #663 am: 12 Februar, 2017, 06:06 »
Danaergeschenke gab es viele seit Troja. Wir müssen uns Odysseus als glücklichen Menschen vorstellen? Geheimdienstler heutiger Tage platzen mit ihren Menschengeschenken, Regierungstrojanern und Antiverschlüsselungen vor Glück, befürchtet Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

** Seit Shakespeare und AC/DC wissen wir, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist. Eines dieser Pflastersteinchen ist der Vorsatz, mal wieder eine Wochenschau ohne König Donald Trump zu schreiben: Vorbei, vernichtet und vergessen. Während Trump mit dem japanischen Premierminister zum Golfspielen und kreativen Basteln am Handicap und einem neuen Einreiseverbot nach Florida geflogen ist, schwirren Gerüchte auf niedrigerer Flugbahn durch die Luft. Wir haben es mit einem ganz besonderen Wochenend-Deal zu tun: Edward Snowden soll demnach von Russland als "Geschenk" zu Trump geschickt werden, womöglich hübsch behängt mit Handschellen, da eine Anklage droht. Die seltsame Meldung bestätigt nach Meinung von Snowden, dass er kein russischer Spion ist, weil jedes Land seine eigenen Spione konsequent schützen würde. Irrefutable Evidence?

*** Eine rührend einfache Lesart, die nicht berücksichtigt, dass Putins Russland wie die frühere Sowjetunion keine Skrupel mit "Geschenken" dieser Art haben. Nur zur Erinnerung: Vor 80 Jahren begannen in Moskau die stalinistischen Schauprozesse, in denen der deutsche Kommunist Heinz Neumann zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Seine Frau Margarete Buber-Neumann war mit vielen anderen Kommunisten ein hübsches "Geschenk" an Deutschland für den Hitler-Stalin-Pakt. Und aus der Zeit des "Kalten Krieges" könnte man sich an den Fall Otto John erinnern, der mit Hilfe eines Journalisten aus der DDR fliehen durfte.

*** Interessant ist jedenfalls die Lesart, dass die russischen Dienste die Truppe um Trump versöhnlich stimmen möchte, weil US-Dienste aus abgehörten Gesprächen unter Russen inzwischen Details des Trump-Dossiers bestätigen können, die ein britischer Agent zusammenstellte. Dieses Dossier über das Trump-Kompromat war bereits Thema in einer Wochenschau. Wenn US-amerikanische Überwachungssysteme Telefonate derart genau zuordnen können, dürften die Hakeleien zwischen Regierung und Nachrichtendiensten zunehmen. Ob Snowden, dessen Russland-Visum bis 2019 verlängert wurde, tatsächlich auf der CeBIT Global Conference am 21. März sprechen kann, steht in den Sternen. Immerhin hat die Messeleitung mit #ESatCGC17 einen Hashtag veröffentlicht, unter dem ihm ab sofort Fragen gestellt werden können.

*** In dieser Woche zum Schutze des jungen Lebens konnte man lernen, dass das Mobbing im Internet bei den deutschen Fachleuten analog zum ungemein beliebten Begriff der Industrie 4.0 mittlerweile als Ausgrenzung 4.0 geführt wird, ohne dass ein einziges Stücklein vom Internet der Dinge beteiligt ist. Warten wir jetzt auf die Polizei 4.0, die bei einer mit dem Mobbing einhergehenden Straftat in Erscheinung tritt? Immerhin, den Terror 4.0 haben wir schon, denn niemand anderes als BKA-Chef Holger Münch beschwert sich im aktuellen Spiegel (hinter der Wall 4.0) über die lasche deutsche Gesetzgebung, die den Terror 4.0 nicht stoppen hilft. Terror-Anschläge unter Nutzung des Internet der Dinge? Aber nicht doch, der rhetorische Blindgänger verdient ein leistungsgerechtes Snippet:"Im Zeitalter des Terrors 4.0 ist ein Recht 1.1. fehl am Platz. Wir brauchen auch in der Strafverfolgung geeignete Eingriffsinstrumente wie Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung, um Anschlagsplanungen aufzuklären, die über verschlüsselte Messengerdienste verabredet werden."

*** Warum das deutsche Recht die Versionsnummer 1.1 bekommt und somit zahlenlogisch dem Terror 4.0 unterlegen zu sein scheint, kann nur erahnt werden, hier bewegt sich Münch auf dem Niveau seines Vorgängers Jörg Ziercke, der gerne frei extemporierte. Der Fall Anis Amri, der Anlass für das Lamento des BKA-Chefs ist, kann es nicht sein. Amris Internet-Kommunikation konnte überwacht werden, ein IMSI-Catcher spürte seine Mobiltelefone auf, die Einstufung als Gefährder stand fest. So geht die Anklage an die Bundesländer: Nur in elf Ländern darf die Telekommunikation von Gefährdern überwacht werden, ganze sechs erlauben die Quellen-TKÜ und nur zwei die Online-Durchsuchung. Dann sind da noch die fiesen Messenger, verschlüsselte Mails und Skype-Telefonate der Terroristen, gegen die es keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen zu geben scheint, jedenfalls nach Meinung des Generalbundesanwaltes. Besonders die Messenger bereiten ja auch Münch Probleme.

*** Es ist ein Thema, das zum Wechsel in der US-Regierung gehört, aber auch in den Kontext der deutschen Aussagen der Strafverfolger: In den USA hat wieder einmal eine Debatte über die Ethik des Verschlüsselns begonnen, aufgehängt am Fall der iPhone-Entsperrung von San Bernadino. Vorläufiges Fazit: Gute, um ihre Sicherheit bedachte Bürger verschlüsseln ihre Kommunikation, doch wenn sie eine unbrechbare Technik benutzen, schließen sie sich damit aus der Community der Staatsbürger aus. Diese Art der philosophischen Herleitung ist noch gar nichts. Nehmen wir nur das bereits in dieser Wochenschau erwähnte Snowden-Buch von Edward Epstein. Allein die Tatsache, dass Snowden in seiner Zeit in Hawaii kurz vor dem Abflug nach Hongkong zusammen mit der Tor-Aktivistin Runa A. Sandvik eine Cryptoparty organisiert hat, reiche aus, ihn als Vaterlandsverräter auszumachen. Wir sind wieder in einer Zeit angekommen, in der Kryptografie geächtet wird. Da wäre es glatt angebracht, eine Krypto-Kampagne zu starten. Aber hey, die feiert ja bald passend zur CeBIT ihren 20. Geburtstag! Da müsste man ja ein Fass aufmachen! Wenn ich bloß noch, 3 Iterationen weiter, die Passphrase von damals wüsste, könnte ich sogar meine alten Mails lesen ...

Was wird.

Wenn diese kleine Wochenschau im Netz erschienen ist, wird ein neuer Bundespräsident gewählt. Es ist der Mutmacher Frank-Walter Steinmeier, nicht der Miesmacher Dietmar Wischmeyer. Es ist ein Mann, der laut Spiegel mit seiner Bescheidenheit "protzt" (interessanter Trick). Zu den Höhen und Tiefen des Mutmachers gehört sicherlich der Fall Murat Kurnaz, auch so eine Art Danaergeschenk, das die Bundesregierung mit ihrem Kanzleramtschef Steinmeier aber so gar nicht haben wollte. An Kurnaz muss schon deshalb erinnert werden, weil Donald Trump keine Häftlinge aus Guantánamo freilassen und das Lager ausbauen will.

Bald kommt der Brexit, da können die Schotten musizieren, soviel sie wollen. Britannien wird dann eine Steueroase wie Panama, nur verregneter. So etwas muss natürlich gut vorbereitet sein, damit nicht so etwas Unschickliches passiert wie die Veröffentlichung der Panama Papers durch einen Whistleblower. Sie zeitigt gerade erste große Reaktionen, mit Verhaftungen in ganz Lateinamerika. So etwas darf unter Teresa "Maggie" May natürlich nicht passieren. Die Konsequenz: Großbritannien bekommt noch vor dem Brexit das härteste Whistleblower-Gesetz der vereinigten demokratischen Staaten, wenn die absprungswilligen Parlamentarier mitziehen. Whistleblower und Journalisten können dann verhaftet und als Spione angeklagt werden. Für die Versendung dieser zahlreich eintrudelnden Geschenkpäckchen eignen sich dann wohl die Falkland-Inseln. Ausgerechnet ein "Business Insider" bildet dazu Edward Snowden ab – und die unverwüstliche Kattascha. Dziekuje!

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Was war. Was wird. Von Geschichtsbüchern, Gefühlen und Gefährdern
« Antwort #664 am: 19 Februar, 2017, 06:00 »
Wenn das Original nur noch durch die Satire beschrieben werden kann und Skandale mit der Frage nach den Gefühlen von Protagonisten beendet werden, dann ist es 2017. Doch das goldene Zeitalter ist nicht mehr fern, resümiert Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Das war eine Szene für die Geschichtsbücher. Sie passierte in den USA. General Chaos ist entlassen. Die Presse wartet auf den Pressesprecher des Weißen Hauses, der erklären will, wie es weiter geht bei der Suche nach dem nächsten nationalen Sicherheitsberater. Ein geistig verwirrter Mann stürmt Pressekonferenz im Weißen Haus und pöbelt Journalisten an. Auch wenn es das Satireblatt so geschrieben hat, entspricht es doch der Wahrheit (TM): Ein verwirrter Mann stand da und pöbelte. Natürlich passt die Langfassung der Szene nicht in die Geschichtsbücher, natürlich tut die Katachrese "geistig verwirrt" all denen bitter Unrecht, die unter einer echten narzisstischen Persönlichkeitstörung leiden, doch so ist es halt. Geschichte wird von den Siegern geschrieben und Trump ist ein Loser, aber einer, dem der narzisstische Absturz noch bevorsteht. Bis dahin hat er alle Freiheiten, via Twitter etablierte Medien als Fake Media und Feinde des Volkes zu bezeichnen, wenn sie ihre Arbeit machen. Weniger gut (oder ein Fake?) ist der Versuch des Präsidenten, Geld für eine Kampagne gegen die US-Medien einzusammeln. Wenn die Medien in den USA ihre Arbeit jetzt gut machen, werden sie "all the presidents men", ob es für den Ehrentitel "unbestechlich" reicht, wird man sehen müssen. Bei uns ist es halt braver. Zentraler Pfeiler der Demokratie ist ja ganz hübsch, nur irgendwie Fake News.

*** Ein Milliardär Trump, der sein Eigentum mal eben als Southern White House bezeichnet, dürfte ignorieren, wenn eine US-amerikanische Stadt mit dem benachbarten Mexiko demonstriert. An all den Papierlosen waren ja Obama und Hillary Clinton schuld. Die komplette Abwesenheit von Gedächtnis und Geschichte ist sein Programm. Er blendet aus, wie sein James Comey, sein Adjutant in spe, mit Gerüchten um Hillary Clinton Wahlkampf betrieb -- was übrigens zeigt, dass der "tiefe Staat" auf seiner Seite steht. Seine "fein laufende Maschine" rumpelt, was einem Strategen wie Bannon nur recht sein dürfte: Lesenswert die taz-Serie zur Alt-Right-Bewegung und was sie wirklich über Trump denkt. Das Gerücht über die großflächige Mobilisierung der Nationalgarde zur Erfassung illegaler Immigranten würde Alt-Right und Bannon außerordentlich erfreuen. Während Trump munter zum wochenendlichen Golfen in den Sümpfen von Florida pendelt, trauen sich nur noch wenige Republikaner, die traditionellen Town Hall-Meetings abzuhalten, bevor die Sitzungs-Saison in Washington beginnt.

*** "Wenn Sie schon nach Gefühlen fragen, was ja nicht der Gegenstand des Ausschusses ist: Ich habe mich gefühlt wie nach dem Parteispendenskandal." Mit diesem interessanten Vergleich von Bundeskanzlerin Angela Merkel endete die verdienstvolle Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses über die NSA und der befreundeten Gang, die nicht wusste, was sie tat, niemals fragte, sondern nur lauschte und tauschte. Das "Abhören unter Freunden, das gar nicht geht" mit dem Parteispendenskandal zu vergleichen, ist so etwas ähnliches wie eine Freudsche Fehlleistung. Denn so antwortete die Bundeskanzlerin auf die freundlich-mitleidende Frage ihres CDU-Kollegen Patrick Sensburg, wie sie sich nach den ersten Nachrichten über die Enthüllungen dieses Edward Snowden gefühlt habe. Mit der von Merkel gefühlt gemeinten Spendenaffäre der CDU hatten wir das letzte deutsche Staatsoberhaupt, das sich vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausschwieg und dann abdanken musste. Ob Merkel hier ihrem Ziehvater Kohl nachfolgt, ist noch nicht ausgemacht, auch wenn ihr Gegenspieler Schulz momentan eine Art Katzen-Bonus hat. Alles wird gut, das war früher so ein tröstlicher Satz. Alles wird legal, heißt es heute: Mit dem BND-Gesetz wurde die Lizenz zum Abhören bekanntermaßen nachgereicht. Und damit das mit dem Gefühl auch etwas besser geht, sollten wir die Petition der Verschmelzung der Nationalhymnen gleich gesetzlich regeln.

*** Es ist natürlich einer dieser einfältigen Zufälle, wenn Bill Gates genau dann in München auftritt und sich für Afrika stark macht, wenn Limux abgewürgt wird. Wobei man Gates natürlich freisprechen kann, der sieht das große Ganze und kann sich sogar mit einer Automatisierungssteuer für Roboter und autonome Autos anfreunden. Limux dürfte ihm herzlich egal sein. Ganz nebenbei: Limux scheiterte nicht allein am unpraktischen Desktop oder an kräftiger Lobbyarbeit made in Unterschleißheim, sondern daran, dass andere Kommunen nicht mitzogen. Mit Hammux, Hannux, Berlux, Bremux, Bonnux, Ulmux und Frankfux würde die Situation ganz anders aussehen.

Was wird

Vor uns liegt das goldene Zeitalter. Wenn alle auf Facebook sind, wird die KI von Facebook Terroristen erkennen können, verspricht uns Mark Zuckerberg. Wer dann nicht auf dieser großkotzigen Plattform des sozialen Wandels ist, ist schon mal ein Hilfs-Terrorist, denn bitte, wer ist denn das "wir", von dem der Mann in seiner "politischen Vision" spricht?

Ist es das "wir", dass die Bertelsmann-Stiftung meint, wenn sie sich fragt, was "unsere" Gesellschaft zusammenhält, während sie den Vordenker der europäischen Digitalisierung feiert? Der von der Münchener Sicherheitskonferenz zurückfahrend erst einmal einen Zwischenstopp in Berlin einlegt und einen Vortrag über den Soft cyberwar hält, der aus Hacking und Fake News besteht. Toomas Hendrik Ilves muss es ja wissen, denn in seiner Regierungszeit gab es Internetangriffe auf sein Estland, von denen wir heute wissen, dass sie von der Jugendorganisation Naschi ausgingen. Doch hoppla, bei der Bertelsmann-Stiftung wird nächste Woche in Berlin über das bedingungslose Grundeinkommen diskutiert, als Voraussetzung für den Zusammenhalt der Gesellschaft. "Ist das bedingungslose Grundeinkommen eine realisierbare Idee für mehr soziale Gerechtigkeit und werden wir in Deutschland daher womöglich bald neidvoll nach Finnland blicken. Oder muss das Einkommen weiterhin an Bedingungen geknüpft bleiben, damit die Einsatzbereitschaft des Einzelnen als Bedingung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt keinen Schaden nimmt." Das ist schwer die Frage.

Nach der Sicherheitskonferenz ist vor dem Europäischen Polizeikongress, wo IBMs Watson sich dran macht, Lügen zu entlarven. Manchmal sind es auch keine Lügen, sondern Schusseligkeiten, wie sie ein Justizminister begeht, der mit einer Rede über Fußfesseln startet, wo es doch um den Schutz der Polizei vor Rainer Wendt ging, oder so. Auf dem Polizeikongress wird über Smart Policing gesprochen, und die vorbeugende Verbrechensvorhersage mit ihren Erfolgen präsentiert; die Gesichtserkennung mit oder ohne Facebook wird bejubelt, die elende Fluggastdatenspeicherung sowieso. Die Polizei hat ja so viel zu tun, jetzt, wo neben den Straftätern sich auch noch diese Gefährder in unseren Alltag eingeschlichen haben. Von denen die dreistesten Gefährder fußgefesselt werden müssen, weil sie die Gefährderansprache nicht verstehen, die ihnen die Sache mit den Jungfrauen ausreden wollen. Wem das alles zu bedrohlich klingt, dem sei gesagt, dass es das Ganze auch in freundlich gibt und Grüner Polizeikongress heißt.

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Was war. Was wird. Von untoten Hasen und widerständigen Grundrechten.
« Antwort #665 am: 26 Februar, 2017, 05:00 »
Viele Hasen sind des Jägers Tod. Oder so. Da seien aber die Jäger vor, die sich mal wieder einiges herausnehmen wollen. Hal Faber wundert sich, als wie treffsichere Prognosen sich manche TV-Serien herausstellen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Simsalabimbambadalladudalladim

"Vernunft kann es nur in Verzweiflung und Überschwang aushalten; es bedarf des Absurden, um dem objektiven Wahnsinn nicht zu erliegen. Man sollte es den beiden Hasen gleichtun; wenn der Schuss fällt, närrisch für tot hinfallen, sich sammeln und besinnen, und wenn man noch Atem hat, von dannen laufen. Die Kraft zur Angst und die zum Glück sind das gleiche, das schrankenlose, bis zur Selbstpreisgabe gesteigerte Aufgeschlossensein für Erfahrung, in der der Erliegende sich wiederfindet. Was wäre Glück, das sich nicht mäße an der unmessbaren Trauer dessen was ist? Denn verstört ist der Weltlauf. Wer ihm vorsichtig sich anpasst, macht sich damit zum Teilhaber des Wahnsinns, während erst der Exzentrische standhielte und dem Aberwitz Einhalt geböte." (Theodor W. Adorno, Minima Moralia)

Am Ende konnte er nicht mehr aufstehen und von dannen laufen, der Krebs bodigte ihn: Armin Medosch ist tot. Der Mitgründer von te/epo/is, der so viel für die Netzkultur im deutschsprachigen Raum getan hat, starb in Wien. Erinnern möchte ich nicht an den Kurator und Künstler, das haben Felix Stalder und andere auf Nettime wunderbar getan, sondern an den flinken Hasen, der zum Kampf gegen das Telemediengesetz aufrief, das uns zu gläsernen Telebürgern machen sollte. An den unermüdlichen Aufsteher gegen diverse Kryptoverbote und gechipte Hintertürchen aller Art, der auf eine "kleine Welle des Widerstands" gegen den objektiven Wahnsinn hoffte. "Und so gehts: 'Redakteur' rechts unter diesem Artikel anklicken und ein Statement abgeben. Wenn genügend interessante Äußerungen zustande kommen, werden wir in Kürze ein eigenes netzpolitisches Meinungsforum eröffnen." Du gehst nicht gelassen in die gute Nacht, Armin.

*** Widerständige Hasen werden gebraucht, denn die Jäger sind unermüdlich und ballern drauflos. In Deutschland ist Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein solcher Jäger, einer, der nichts von Datenschutz hält und wie sein Vorgänger dummes Zeug von einem Supergrundrecht erzählt. Grundrechte sind Grundrechte sind Grundrechte sind Grundrechte, und nur Juristen kommen auf die Idee, da Prioritäten zu setzen. Aber es passt schon ins Bild, denn wo wir bei den Rechten sind, kann man sie gleich zusammenschieben wie den letzten dreckigen Schnee. De Maizière möchte das Telekommunikations- mit dem Telemediengesetz zusammenschieben und so erreichen, dass Messenger Speicherpflichten nach der Vorratsdatenspeicherung bekommen. Das formulierte de Maizière ausgerechnet auf einem Polizeikongress, wo mit großem Beifall Stashcat vorgestellt wurde, ein Messenger, der auf Polizeiservern läuft – und verschlüsselt.

*** Jäger dürfen das, was Hasen abgesprochen wird. Bruno le Roux, der französische Amtskollege von Thomas de Maizière, war in dieser Woche nicht in Berlin. Aber das hinderte die beiden nicht, einen Brief zu verfassen, der in Berlin aufgegeben ist und dem EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos in die Hände gedrückt wurde, als dieser nach Berlin zu ebenjenem Polizeikongress reiste. Unter den Forderungen des zweisprachigen Briefchens fällt eine auf:

Im Kampf gegen den Terrorismus müssen wir den europäischen Behörden rechtliche Mittel an die Hand geben, um den Gebrauch von verschlüsselter elektronischer Kommunikation im Rahmen strafrechtlicher und administrativer Ermittlungen berücksichtigen zu können. Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass die technischen und rechtlichen Mittel jetzt genutzt werden, und die Möglichkeit prüfen, neue Verpflichtungen für Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste zu bestimmen.

La lutte contre le terrorisme requiert de donner les moxens juridiques aux autorités européennes afin de tenir compte de la généralisation du chiffrement des communications par voie électronique lors d'enquêtes judiciaires et administratives. La Commission européenne doit veiller à ce que des travaux techniques et juridiques soient menés dès maintenant pur étudier la possibilité de définir de nouvelles obligations à la Charge des prestataires de services de communication par voir électronique tout en garantissant la fiabilité de systèmes hautment sécurisés, et de proposer sur cette base une initiative législative en octobre 2017.

Sieht man davon ab, dass die französische Fassung den Zeitplan für eine gesetzliche Inititiative enthält, die noch im Oktober 2017 starten soll, ist die Formulierung "berücksichtigen können" bzw. "afin de tenir compte" ausgesucht feinstes Jäger-Neusprech. Es klingt, als würde da auf verschlüsselte Kommunikation Rücksicht genommen werden, doch welche rechtlichen Mittel sollen den Behörden zur Hand gegeben werden? Noch schwammiger sind die "neuen Verpflichtungen", die Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste eingehen müssen. Aber hach, da gibt es Vorbilder. Wechseln wir noch einmal die Sprache und gehen nach Großbritannien, wo das Gesetz namens Investigatory Powers Bill die Service-Provider bei neuen Kommunikationsangeboten verpflichtet, "technische Fähigkeiten" zur Verfügung zu stellen, zu denen auch das Entschlüsseln der Kommunikation gehört. Da liegt der erlegte Hase in der Pfefferbrühe.

*** Angesichts dieser Hasengeschichte möchte man fast Elliot Alderson als neuen Berater gegen die Machtübernahme des tiefen Staates in der digitalisierten Welt anheuren. In der Hoffnung, dass es halt nicht aufs "sorgfältige Abschlachten der Bourgeoisie" rauslaufen würde. Dabei ist es ja sowieso so, dass "dieser Content an Ihrem Ort nicht verfügbar" ist. Ja, genau. Keineswegs wurde die Lunte der Revolution entzündet? Kontrolle ist eine Illusion, das schon. Auch die Kontrolle, wer oder was wie revolutioniert.

*** Wie die Serienwerdung eines eher blutrünstigen Fake-Films in einer weniger blutrünstigen als digitalisierten Zeiten angemessenen Serie, so absurd sind natürlich auch andere Ereignisse. Da ist dann auch eine wiederum blutrüntigere, eher terroristischen Zeiten angemensse Serie Patin. In dieser Woche zeigte sich der Bundesnachrichtendienst (BND) von seiner weiblichen Seite. So lernen wir, dass man beim Elternsprechtag schon mal Verzicht üben muss, Whatsapp und eigene Telefone bei den Schnüfflerinnen nicht erlaubt sind und die Arbeit mit der Kontrolle von Dschihadisten so etwas wie "Real-life-GZSZ" ist. Außerdem kann man lernen, wie hervorragend die Hirnwäsche beim BND gerade bei der jungen Mitarbeiterin funktioniert. "So etwas wie in 'Homeland', dass ein unbescholtener Bürger aus dem Haus geht und bei seiner Rückkehr seine Wohnung verwanzt ist, das wird nicht gemacht. Wir handeln auf gesetzlicher Grundlage und im Interesse der Öffentlichkeit: Wir wollen, dass die Politiker eine gute Informationsbasis haben, um über wichtige Sachverhalte zu entscheiden." Herzzerreißend, was da für die Politiker getan wird: Journalisten aus aller Welt überwachen, das gehört einfach zum Geschäft dazu, von wegen gesetzliche Grundlagen. Telefon- und Faxanschlüsse der BBC und der New York Times und der Nachrichtenagentur Reuters in Afghanistan, sowie die BBC-Zentrale in London, was tut man nicht für seine Freunde, die den GCHQ nicht mit Inlands-Lappalien belästigen wollen. So sieht die Vernetzung mit internationalen Nachrichtendiensten halt aus, da sollen sich die Journalisten nicht so anstellen. Zugegeben, Deutschland ist kein Überwachungsstaat – aber auf dem besten Weg dahin. Vielleicht ist beruhigend, was Terrorexperte Peter Neumann in diesem Streitgespräch beklagte: "Und die Leute, die sich wirklich mit Computern und Hacken auskennen, sind die Allerletzten, die bereit sind, in Strukturen wie denen bei den Nachrichtendiensten und der Polizei zu arbeiten." Womit wir wieder bei Elliot Alderson wären.

Was wird.

Bevor Neumann sich zum Streitgespräch zur tageszeitung begab, war auch er auf der Polizeikonferenz in Berlin, wo unter anderem über die intelligente Videoanalyse und besonders über die Gesichtserkennung gesprochen wurde. Bekanntlich will die Bundespolizei in Berlin am einfach strukturierten Bahnhof Südkreuz mit der Technik experimentieren und bereitet eine Ausschreibung vor. Wenn die Tauglichkeit bewiesen ist, sollen sechs Bahnhöfe in Berlin und alle bis dahin funktionierenden Flughäfen Berlins mit ihr ausgestattet werden. So könnte auch das arme Berlin auf dem Weg in die Smart City sein, genau wie San Diego, die reichste Stadt der US-amerikanischen Westküste. Könnte, könnte, Fahrradkette: die Berliner Datenschützerin hat sich bereits gegen das Zukunftsprojekt ausgesprochen, wenngleich mit der falschen Begründung, dass "die gewonnenen Daten mit digitalen Fotografien abgeglichen werden, die mittlerweile von fast jedem im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken, zu finden sind". Das ist bei der lückenlosen Identifizierung gar nicht notwendig, denn wenn jemand einen Menschen in den Rücken tritt, fällt das der Software als Aggressionstat auf, das Gesicht wird gespeichert und die Suche beginnt: "B - eine Stadt sucht einen Treter".

Die Kolumne sollte ohne den Grötaz und seine Gaggles auskommen, doch wenn sie erscheint, werden die Geschichten zur Oscar-Verleihung Geschichte schreiben. So bleibt mir nichts anderes übrig, als auf die Erklärung der ausländischen Regisseurinnen und Regisseure hinzuweisen. Es gibt weder das beste Land der Welt noch das beste Geschlecht, die beste Religion oder die beste Farbe. Die Kunst ist frei und Menschenrechte sind unveräußerlich. Basta.

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Was war. Was wird. Vom Leben in interessanten Zeiten
« Antwort #666 am: 05 März, 2017, 07:00 »
Datenqualität ist Fahndungsqualität, und wo die Datenqualität unzureichend ist, sperrt man weg. Oder schränkt Menschrecht anderweitig ein. Nein. Nicht in der Türkei, merkt Hal Faber an und fragt sich, was sich der Justizminister noch so alles ausdenkt.

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Was war.

*** Während diese kleine Wochenschau am Rande der norddeutschen Tiefebene entsteht, twittert der 45. Präsident der USA aus dem Weißen Haus Süd in Mar-a-Lago heftigste Vorwürfe. Donald Trump beschuldigt seinen Vorgänger Barack Obama, ihn mitten im "heiligen Wahlkampf" abgehört zu haben. Er sei ein schlechter/kranker Mann. Damit eskalieren Fake News in Watergate-Dimensionen, sofern Trumps Beweise tatsächlich auf dem Vorwurf des rechtsradikalen Talkmasters Mark Levin beruhen, die NSA habe die Leitungen im Trump-Tower abgehört. Kann Trump aber harte Beweise für seine Vorwürfe vorlegen, etwa einen richterlichen Beschluss, ihn abzuhören, dann dürfte dies die Enthüllungen eines Edward Snowden locker in den Schatten stellen – und Russland erst recht in die Schusslinie stellen. In jedem Fall ist juristischer Beistand notwendig. Trump selbst wird wohl an Roy Cohn gedacht haben, schließlich twitterte er auch über den McCarthyismus. Wie fluchte einst Robert F. Kennedy so schön: "Wir leben in interessanten Zeiten.

*** Der "Welt"-Journalist Deniz Yücel sitzt im Gefängnis von Silivri, wo das demokratische Istanbul von Erdogan und seinen Schergen eingesperrt ist. Mindestens 150 weitere Journalisten sind in der Türkei weggesperrt, viele von ihnen wegen veröffentlichter Artikel in den letzten 10 Jahren. Das ist gesetzeswidrig, denn nach türkischem Recht müssen sich Strafanzeigen auf Artikel beziehen, die höchstens vier Monate alt sind. Mit #FreeDeniz und "Journalismus ist kein Verbrechen" auf Twitter und verschiedenen Autokonvois wird in Deutschland protestiert, auch einen Zeitungsaufruf hat es gegeben. Gegen diesen Aufruf hat sich das Blatt mit den klugen Köpfen gestellt und den ziemlich unklugen Satz formuliert Journalisten sind Schreiber, keine Unterschreiber. Journalisten sollen mit journalistischen Mitteln gegen Missstände angehen und nicht mit bloßer Unterschrift unter das, was der schreibende Journalist auch noch als Fake-Aufruf mit Fake-Unterschriften abkanzelt. Natürlich ist die Berichterstattung über Deniz Yücel und all die anderen Journalisten in der Türkei wichtig und wichtiger als ein Aufruf. Doch wenn die Unterschrift schon als das berühmte gemein machen gewertet wird, das Journalisten meiden sollen, läuft etwas wirklich falsch. Wie überhaupt in Sachen Journalismus und Yücel viel fake läuft.

*** Im Jahre 1962 soll der tschechoslowakische Geheimdienst eine "Operation Wales" auf dem jüdischen Friedhof der Grafschaft Castlemartin durchgeführt haben. Grabsteine wurden umgestoßen, einige mit Hakenkreuzen beschmiert. In Castlemartin übten damals Panzertruppen der im Aufbau befindlichen Bundeswehr mit britischen Soldaten, und betrunkene "Panzers" sollten für die Schändung des Friedhofes veranwortlich gemacht werden. Der Geheimdienst wollte mit der den Deutschen untergeschobenen Aktion die Fake News verbreiten, dass Deutschland Truppen wieder antisemitisch sind und von der Insel verschwinden müssten. Tatsächlich wanderten sie erst 1996 ab, was als größter Sieg einer deutschen Armee gefeiert wurde. Fake News waren lange vor der Verunglimpfung der Bundeswehr in Litauen ein bekanntes Mittel der Arbeit von Nachrichtendiensten. Nun hat der Intercept einen Artikel veröffentlicht, demnach das Schänden jüdischer Friedhöfe in den USA eine Propaganda-Aktion sein soll, um Trump-Anhänger zu diskreditieren. Das jedenfalls soll Präsident Trump glauben, so der Artikel, hinter dem sich eine andere Nachricht versteckt. Demnach hat ein früherer Mitarbeiter von Intercept Drohungen und Aktionen gegen jüdischen Gemeinden inszeniert, um eine ehemalige Geliebte zu diskreditieren. So wandeln sich Fake News als Fake Fake News zu News.

*** Mit dem Gesetz zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes soll das Bundeskriminalamt für 254 Millionen Euro eine IT-Zentralstelle bekommen, über die die Informationen aller Polizeien zusammenfließen. Das als Polizei 2020 ausgerufene IT-Projekt besteht nach dem Gesetzentwurf aus einem einheitlichen Verbundsystem "mit zentraler Datenhaltung im Bundeskriminalamt", wobei der "Datenbesitz" dieser zentral gespeicherten Daten bei den einzelnen Länderpolizeien bzw. der Bundespolizei bleiben soll. In die Sprache des Bundesinnenministers übersetzt, entsteht ein einziger großer Datentopf, in dem die Daten von Hessen, Niedersachsen, Bayern etc. säuberlich ein Fläggchen tragen und nur von dortigen Polizeien gelöscht oder geändert werden können. Für Wartung, Pflege und Support der neuen zentralen IT sind 33 Millionen im Jahr vorgesehen, für die Datenschutzkontrollen des Supertopfes 4,3 Millionen. "Datenqualität ist Fahndungsqualität", hört man schon die Fahnder jubeln.

*** Dagegen sind die weiteren bekannt gewordenen Zahlen geradezu eine Petitesse: Einmalig 170 Euro kostet etwa die Fußfessel für Gefährder, dazu kommen monatliche Überwachungskosten von 500 Euro. Nur in Bayern wird es teurer, denn dort hat man die ursprüngliche Fußfessel-Idee aufgegeben. Nun sollen Gefährder unbefristet in Haft genommen werden können, Verfassung hin, Verfassung her. Oder ist das auch wieder nur eine Fake News? Erstaunliches hört man dabei von unserem Justizminister Heiko Maas, der das mildere Mittel Fußfessel mit flankierenden Maßnahmen wie Residenzpflicht und Meldeauflagen scharf schalten möchte. Ob der wackere Sozialdemokrat die Entscheidung des europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Verfahren Angelo de Tommaso vs Italien mitbekommen hat?

Was wird.

So langsam läuft der Wahkampf an. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz macht sich bald an die Speisung der 5000 (oder 4000?), Angela Merkel fliegt staatsfraulich das alte Europa verkörpernd über den großen Teich. Die Linke "schärft" ihr sozialistisches Profil und die FDP hat Lindner, der sich den Türken entgegenwirft. Alle haben zu tun, nur bei den Grünen ist die Themenfindung schwierig. Sie stecken tief in der Flügelscheiße, trotz wachsender Mitgliederzahlen. Auf dem Grünen Polizeikongress zeigte sich ein erster Lichtstrahl, als ein Oberstaatsanwalt der hessischen ZIT ein Plädoyer für einen neuen "Straftatbestand der unbefugten Nutzung informationstechnischer Systeme" hielt. Das, was in Hessen schon einmal als digitaler Hausfriedensbruch bezeichnet wurde, soll ein probates Mittel sein, Botnetz-Betreiber verurteilen zu können. Eben weil normale Anwender überhaupt keine Chance haben, ihre Rechner gegen Trojaner wirksam zu schützen, die dann als Bots Bitcoins scheffeln, soll dieser neue Straftatsbestand her, um fehlende Strafbegehungen wie Sachbeschädigung oder gar Datenausspähung und Datenveränderung zu ergänzen. Was für ein wunderschönes grünes Thema neben der Rettung des Planeten!

Wenn beim Mobile World Congress in Barcelona ein Retro-Handy für Furore sorgen konnte, dann muss sich die CeBIT sputen. Wie war das noch, anno 1997, als Intel und Microsoft in einer hoffnungslos überfüllten Pressekonferenz die "Referenz-Spezifikation des NetPC als Entwicklungsgrundlage für die PC-Industrie" präsentierten? Nichts Geringeres als die Zukunft des "Business Computing" musste gegen Oracle und seinen Network Computer (NC) verteidigt werden. Eine ungeheure Vielfalt der Formen wurde vorhergesagt, doch wie sah das eigentlich aus? Auf Einreichungen der Informationsträger wartet die nächste Wochenschau.

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Wenn Populisten und Nationalisten unter sich sind, entsteht eine eigene Filterblase, die manch Beobachter für die reale Welt hält. Die Zukunft aber, sie gehört ihnen nicht und nicht dem tiefen Staat. Hal Faber ist sich sicher. Ja, ist er. Ja, verdammt!

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Was war.

*** Tralala, Tralala, schon wieder nach diesem lauten Abschied für Armin beginnt die kleine Wochenschau mit einem Lied. Who can cypher anything with zeros? Not well known, but simply worth the heros. Fucking-a man ... Tagelang twitterte Wikileaks geheimnisvolle Sachen über "Vault 7". Suchmaschinen wurden gepeitscht und spuckten einen Saatgut-Bunker in Norwegen aus, fesch in einer dieser Einöden gelegen, in der sonst James Bond oder Lara Croft herumballern. Genau dort, wo die Trolle hausen und liebevoll gepflegt werden, soll ein furchtbares Geheimnis stecken? Dann erklärten weitere Wikileaks-Tweets den Dienstag zum Tag des großen Showdowns, der universalen Nackigmachung der USA. Der Tag, an dem endlich die zentrale Forderung von Wikileaks aus dem Jahre 2013 realisiert wurde, als man sich beim 30C3 an die Zuhörer wandte: "Get the ball out!". Jawohl, der Ball ist draußen und wird gekickt: Die CIA ist erfolgreich von Hackern unterwandert und Vault 7 geöffnet worden, wenn es auch vielleicht nicht ganz die große Sensation geworden ist. Rom wurde ja auch nicht an einem Tag zerstört.

*** Wegen der Vorankündigungen von Wikileaks wurden wieder Kameras vor der ecuadorianischen Botschaft in London postiert, in der Julian Assange lebt. So wurde Nigel Farage fotografiert, wie er die Botschaft verließ, jener UKIP-Politiker, der noch vor zwei Wochen mit Donald Trump dinierte. Überraschend ist das nicht, denn die europafeindliche UK Independence Party hat sich schon frühzeitig für Assange engagiert, weil sie den europäischen Haftbefehl ablehnt. Nun darf spekuliert werden, ob Farage als Emissär vom wieder einmal Golf spielenden Trump (aber damit ist nun genug der T-Nachrichten, liebe(r) bgks) eine Nachricht für Assange hatte. Nach einer anderen Lesart ist Farage der Wikileaks-Kontaktmann von Roger Stone. So sind die Populisten unter sich und können über die umfassende Inkompetenz der Dienste lästern. Die Nacht darauf gehörte den Verliebten.

*** Knapp unter Norwegen mit seinen Gewölben liegt das Rhein-Main-Gebiet, jedenfalls von den USA aus gesehen. Hier hat die CIA also eine Zweigstelle, hier ist die Drehscheibe für Logistik aller Art, auch Ramstein ist nicht weit entfernt. Als Assange vom Kater Schmitt genug hatte, zog er bekanntlich von der Wiesbaden-Area zum Kongress des Chaos Computer Clubs, trat dort auf und wurde dabei von einem Undercover-Agenten beobachtet. Orte wie Frankfurt sind Proxies an denen man die Verbindungsoffiziere anderer Länder treffen kann, erläuterte Assange. Und überhaupt, irgendwo muss die CIA ja ihre gefürchtete Drohnenflotte hinstellen können.

*** Donald Trump mag in seinem früheren Leben vielleicht ein Baulöwe gewesen sein, doch eigentlich ist es dieses Silicon Valley, das den US-Präsidenten und den gesamten US-amerikanischen Individualismus-Kurs geprägt hat, dieses Tal der Ahnungsvollen mit den rücksichstlosen Hippies, die in ihren Kommunen wundervolle Individuen hervorbrachten, aber nichts für die Obdachlosen taten. Wie rücksichtsvoll es hier vor sich geht, zeigt sich bei den Bros von Uber, die auf der South by Southwest genauso ein Thema sind wie der Ersatz von Passwörten und Passphrasen durch Passgedanken, die durch EEG-Sensoren in den Hörgeräten oder Kopfhörern von Starkey übertragen werden und schweinisch sein können. Wobei Uber dort in Austin gar nicht am Start ist, was ausgewiesene Digerati wie Dieter Zetsche nicht irritieren dürfte. Sharing is caring is ausbeuting, wissenschon.

*** OK, diese Digitalisierung durch das Tal der Ahnungsvollen ist noch in einem sehr frühen Staudium, sodass niemand weiß, ob die Begriffe digital und Demokratie überhaupt noch einmal zusammenkommen werden. Dort, wo heute auf der norddeutschen Tiefebene in einer etwas anderes Sprache die Lijsttrekker das Kommando haben, gibt es den Endspurt eines Populisten mit seltsamer Frisur. Geert Wilders Parteiprogramm füllt nicht einmal eine DIN-A4-Seite und besteht eigentlich nur aus einem Satz: Europa kaputt machen. Dagegen und gegen andere seines Schlages steht Pulse of Europe, aber auch diese IT-Branche und die fortschreitende Digitalisierung? Der Vorschlag, nur Programmierer zu wählen, mag nach dem Abrutschen der Piratenpartei kurios erscheinen, dennoch gibt es ihn:
"Wir brauchen wieder die produktive Verrücktheit, aus der die EU entstanden ist, und weniger von der de­struk­tiven Vernunft, nach der sie gerade funktioniert. Warum lassen wir Algorithmen nicht mal etwas Nützliches tun und politische Probleme mit lösen? Dann wählen wir aber auch Programmierer dieser Algorithmen wie Abgeordnete oder Verfassungsrichter. Und was ist eigentlich dran an der Idee, Politiker auslosen zu lassen, statt sie zu ­ wählen?"

*** Das Auslosen der Politiker war damals im alten Griechenland, im Quellgrund der Demokratie, üblich und wäre mal eine tragfähige Idee für das Hier und Jetzt, gegen den dröhnenden Populismus und andere verschrobene Ideen. Zukunft wird aus Mut gemacht, Tralala, Tralala, irgendwie fängt irgendwann Irgendwo die Zukunft an (ja, ich gebe zu, der vorangegangene Link ist fast schlimmer als Rickrolling). Und Politiker werden ausgewürfelt, das ist nachweislich kostengünstiger. Sind wir nicht alle Herdentiere am Smartphone, vulgo in der Filterblase trötend? Irgendwo hört Zukunft auf.

*** Aber erst einmal muss sie anfangen. Also nochmal, damit es keiner vergisst: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, Europa aber möglicherweise noch schneller zerstört, wenn die Populisten und Nationalisten und Rassisten und Identitären und andere Menschenverächter ihr übles Spiel ungestört betreiben können. Also: Der #PulseOfEurope schlägt stark, und er kann jeden Sonntag um 14 Uhr stärker werden.

Was wird.

Aber wo fängt sie denn nun an, die Zukunft? Eine schlechte Gewohnheit treibt mich Jahr für Jahr auf die CeBIT, die Jahr für Jahr etwas mit Zukunft im Blick hat und mit Future Talk gar ein besonderes "aufregendes Format für die Vermittlung von IT-Forschung", wie es die Pressestelle formuliert. Früher rechtfertigte ich den Trott zur CeBIT mit der Masse an Pressekonferenzen, auf denen erst Papier, dann CD-ROMs und schließlich USB-Sticks verteilt wurden, zusätzliche Gadgets und Kugelschreiber nicht zu vergessen.

Gelegentlich gab es auf der CeBIT sogar interessante Produkte. Etwa genau vor 20 Jahren: diese Supertechnologie MMX in den neuesten Pentium-Prozessoren von NetPCs, die erstmals keine Erweiterungsslots hatten, zur "Erhöhung der Bedienungssicherheit", wie es Intels PR-Abteilung formulierte. Die Vorstellung dieser Wegschmeißtechnologie für Unternehmen war so ein CeBIT-Knaller, dass Intel und Microsoft das noch einmal in den USA wiederholten. Wer sich die neuen NetPC nicht leisten konnte, machte es damals wie die IG Metall und versiegelte die Diskettenlaufwerke mit Superkleber. Fortschritt macht erfinderisch und Mut ist manchmal nichts anderes, als auf die Tube zu drücken.

In diesem Jahr wird die Masse der Pressekonferenzen von der Deutschen Bahn gestellt, wenn man dem Messeplaner trauen darf, der neben dem autonomen Bahnfahren allerlei Seltsamkeiten als Pressetermine aufführt. Kann sich jemand etwas unter "Radikalisierung der Denkweise über New York" vorstellen? Genau, ein neuer Grund, die CeBIT zu besuchen, dieses Schaufenster der Digitalwelt. Vielleicht treten da ja nicht nur billige Schauspielkräfte auf, sondern gestählte ITler, die wirklich wissen, was sie tun. Denn es klingt gefährlich, so weitab weg vom Tal der Ahnungsvollen. Chatbots im Tal des Todes, da wimmert die Mundharmonika unter der Schlinge. Wie schön, dass zeitgerecht in Hannover die erste Cyberversicherung vorgestellt wird, mit "Cyberschutz" in allen Bereichen, selbst bei diesen Drohnenfliegern. Denn diese Hüpferli hat nicht nur die CIA, sondern auch der Chaos Computer Club. Da ist Gefahr im Anflug.

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Was war. Was wird. Vom Träumen und dem Schlaf der Vernunft.
« Antwort #668 am: 19 März, 2017, 06:05 »
Ach, ja. Die Jugend der Welt versammelt sich... Ach nee, das war was anderes, dafür gehts in die friedliche Stadt, der zur Smart City aber noch ein bisschen was fehlt. Die Träume von den elektrischen Schafen kommen dann von allein, brummelt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Oh, der Arbeitsplan für heute? Sechs Stunden selbstanklagende Depression stehen an: Die kleine Wochenschau will geschrieben werden, zackzack, bevor draußen auf dem Messegelände von der d!conomy geträumt wird und der Waschraum 4.0 betreten werden kann. Hannover und das CeBIT-Motto "no limits", das muss man sich erst einmal vorstellen, diesen "Umbau in eine digital geprägte Metropole". Eine digitale Stadt hatten wir ja schon mal, eine digital geprägte Metropole kann ja nur aufregender werden, so mit einem eigenen Kunst-Orbit mittendrin und Holoball-Squash da draußen in Laatzen. Noch rollen dorthin die Straßenbahnen, aber eines Tages wird Olli dahin fahren, der Minibus, mit dem man dauernd quatschen muss. So träumt es sich gut in Hannover, dieser friedlichen Metropole an den Ufern der Leine.

*** Do Androids Dream of Electric Sheep? Träumen Androiden von elektrischen Schafen? Eine schwierige Frage, die selbst der großartige Philip K. Dick nicht eindeutig beantworten konnte. Wirklich sicher war er sich nur, dass Rick Deckard von echten, lebenden Schafen träumte, weil er sich nur ein mickriges elektrisches Schaf leisten konnte. Ja, wann werden unsere Androiden menschlich und beginnen zu träumen, auf dass wir endlich mit der Traumarbeit anfangen können und analysieren was sie wirklich denken. Besonders gespannt bin ich dann auf die Träume und Wiegenlieder von Marvin, dem paranoiden Androiden, der nachts elektronische Schäfchen zählt und den Abendsegen singt.

Now I lay me down to sleep
Try to count electric sheep
Sweet dream wishes you can keep
How I hate the night

Ob elektrisch oder nicht: Schafe blicken auf. Und erschrecken uns mit einer sehr analogen Dystopie.

*** In dieser Woche fand bekanntlich das traumhafte Festival South by Southwest statt, wo man sich offenbar mit der Frage beschäftigte, ob Faschisten von Algorithmen träumen. Die Microsoft-Wissenschaftlerin Kate Crawford bezog sich damit auf die Lochkarten-Maschinen von IBM und die Darstellung von Edwin Black, als sie sich über undurchsichtige Algorithmen beklagte, nach denen Grenzbeamte die Einreise von Personen in die USA verweigerten. So entpuppte sich, dass Faschisten gar nicht von Algorithmen träumen, sondern von unbeschränkter Macht: "Das ist der Traum eines Faschisten: Macht ohne Rechenschaft". Wo diese Frage geklärt ist, könnte man sich auf die Suche nach der Antwort machen, warum man in diesen Tagen so rasend schnell mit dem Faschismus-Vorwurf bei der Hand ist. Trumps neues Einreiseverbverbot führt zu neuen Algorithmen an der Grenze und zu neuen Niederlagen für Trump, doch die Sammlung von Dekreten und Verordnungen ist ganz sicher nicht Ausdruck eines neuen Faschismus. Wer immer nur nach Hitler sucht, schaut durch eine verzerrende Brille. Das gilt auch für den ersten Haushaltsplan, den die Regierung Trump vorgelegt hat, ein durchaus logisches Gebilde. Die Kürzungen bei der Unterstützung von Kunst und Forschung muss sein, denn die Wochenendflüge nach Florida sind teuer genug. Sozialprogramme wie "Meals on Wheels" werden abgeschafft, denn das Geschäft mit der Armut brummt: "The Systems works".

*** Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem Besuch im Weißen Haus Nord ein verdutztes Gesicht gemacht, als Donald Trump von den Gemeinsamkeiten schwärmte, die Überwachung der Telefone durch die Regierung Obamas. Nachdem Trumps Sprecher zwischenzeitlich auf den britischen GCHQ verwies, was prompt als Unsinn zurückgewiesen wurde, sind die Alternativen Nachrichten noch längst nicht am Ende. Hillary Clinton betreibt aus einer Pizzeria einen Kindersexring, Barack Obama setzt Mikrowellenerde als Kameras ein, nur dieser Klimawandel ist ein totaler Schwindel. So einfach, so unbekümmert werden da Dinge gesagt, von denen man weiß, dass sie nicht wahr sind. Es wird halt schon einen Weg geben, wie Trump per Mikrowelle abgehört wurde, so einen netten Lauschangriff hatten die Russen doch schon einmal mit dem Ding erfolgreich durchgeführt. Natürlich darf ein Lauschangriff nicht so einfach auffallen wie beim Aufstellen der Mikrowelle gleich neben dem WLAN-Router.

*** Auch die Sache mit der russischen Alfa Bank, die sich als Opfer sieht, ist etwas zu einfach gestrickt. Sowohl die Alfa Bank wie die Sberbank sind Kunden bei Kaspersky Labs, deren Abteilung Kaspersky Government Solutions den geschassten nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn für 11.250 US-Dollar als Redner engagierte. Auch wer vom Oligarchenturm Rückschlüsse auf Trumps Vermögen zieht, macht es sich zu einfach. Ob die Anklage der FSB-Agenten ausreicht, die mit Hilfe von zwei russischen Hackern versuchten, an die Mail-Konten russischer Oppositioneller zu kommen, wird sich zeigen müssen. Von Russland aus dürfte dies als Einmischung in innerrussische Angelegenheiten gewertet werden, auch wenn amerikanischer Server und Webdienste beteiligt waren. Die Frage, wie eine ordentliche Attribuierung eines staatlichen Akteurs gelingen kann, ist noch lange nicht beantwortet.

Was wird.

Noch bevor Angela Merkel über die CeBIT geht, feiert die Software SCHAKAL ihre Premiere. SCHAKAL ist die Schleswig-Holsteinische Analyse-, Kriminologie-, Archivierungs- und Leitungssoftware, die die Polizei im Sonntags-Tatort einsetzt. Ein Super-System, das da im "echten Norden" geschaffen wurde und das Darknet spielend überwacht Alles digital, alles unter einem Dach: Informationssysteme, Online-Überwachung, Rasterfahndung. Wie das Land, so die Software, wie ein Jevener Pilsener (!), heißt es in der TV-Rezension des gefühlt 100. Tatort, in dem das Darknet auftaucht. Vorbei die Zeiten, als Schleswig-Holstein mit Fernschreibern und der Personen-Erkenntnis-Datei als erstes Bundesland die datenbankgestützte Fahndung einführte und es ruhig war zwischen den Küsten. Nun gut, SCHAKAL ist ein Fernsehgag, doch wie sieht die Zukunft aus? Beim Überwachen ist der echte Norden schon weit voran gekommen und der Traum eines Big Brothers fast erfüllt: Jeder Mensch in Schleswig-Holstein gerät jedes Quartal in eine Funkzellenabfrage.

*** Vergesst die CeBIT, hat sich Microsoft auf die Fahnen geschrieben. Man habe den Auftritt zugunsten der Messepartner reduziert, heißt es. Überhaupt müsse mehr Tempo bei der digitalen Transformation gemacht werden und wo kann man besser auf die Tube drücken als in Berlin? So dürfte es niemanden wundern, dass der Microsoft-Präsident & Chief Legal Officer Brad Smith mit der hübsch benannten Veranstaltung "Grundrechte können digital" in Berlin den Start der rechtsdichten deutschen Microsoft-Cloud feiert. Berlin, das ist die Hauptstadt, wo Grundrechte neu gedacht und neu gefasst werden, in Karlsruhe werden sie überprüft. Wie kreativ man dabei vorgehen kann, zeigt die endgültige Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe zur Anhörung von Edward Snowden auf deutschem Boden. Zwar sind 2 von 8 Mitgliedern eines Untersuchungsausschusses ein mathematisches Viertel, doch muss das minderheitentechnisch so wichtige Viertel im strahlenden Lichte des Grundgesetzes gesehen werden, wo ein Viertel sich auf die Gesamtheit der Abgeordneten bezieht. Grüne und Linke sind so gesehen keine Minderheit, sondern nur zwei kümmerliche Zehntel. So geht das mit "Grundrechte können digital". Wer einfach so an die Weisen von Karlsruhe glaubt, dem sei gerufen: Träum weiter!

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4W: Von digitalisierungspolitischen Lücken und Beruhigungszäpfchen
« Antwort #669 am: 26 März, 2017, 07:16 »
Verschiedene Schattierungen von Grau scheint der Gipfel dessen zu sein, was sich manch biederer IT-Funktionär an Hipness vorstellen kann. Da muss Hal Faber ausnahmsweise auch mal nach Disruption rufen. Hey, Digitalisierung, das fetzt!

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Was war.

*** Roll over, Beethoven, der große Chuck Berry kommt ins Pantheon der Musik und macht da erstmal ordentlichen Rock'n'Roll. Vielleicht lacht er nur über all die gelehrten Nachrufe, die ihn als Erfinder der Aufsässigkeit feiern. Beethoven überrollen, dazu braucht man Mumm. Wenn Ray Kurzweil mal wieder Unrecht hat und es doch Außerirdische gibt, werden sie Johnny B. Goode hören und beschließen, zur Erde auszuwandern, wo man so fantastisch jammen kann und sie ein sagenhaftes Instrument haben, die Gitarre. Nicht auf den Voyager-Sonden dabei: Die blödeste TV-Show Amerikas mit Chuck Barris. Wie der King of Rock'n'Roll ist der King of Schlock in ein Pantheon eingezogen, in dem er geehrt wird für die unvergleichlichen Popsicle Twins.

*** Baby doll, when bells ring out the summer free. Oh baby doll, will it end for you and me?. Keine Chance auf SchneeBIT mehr, da kann man Technologie nicht emotional inszenieren, bibber, niesel, niesel. Da braucht es schon die richtige Jahreszeit, wie damals bei der CeBIT Home mit der Cyberdance Hit Night oder dem Show-Giganten Jürgen Drews und Rex-Gildo, wissensschon. Im Juni 2018 dürfen wir also im rockenden Hannover – Scorpions! Charly Maucher! – Europas führende Eventplattform für Digitalisierung bestaunen. Ach, was schreibe ich da, Leadmaschine will man sein, so richtig disruptiv aufmischen. Tschüss norddeutsche Tiefebene, jetzt ist North by Northeast angesagt und aus der c't (Magazin für Computertechnik) wird f'd (Fetzige Digitalisierung). All das, weil die CeBIT in ihrer bisherigen Form zu brav, zu bieder und zu oft verregnet ist und nicht die "Over-the-Top-Player" anlockt, die auf dem "Playing Field" herumstehen. Nun kommt der dreifaltige Groove aus d!conomy, d!campus und d!talk. D!oh folgt dann am 16. Juni.

*** Eating your own dog food? Von wegen. Auch auf der CeBIT schreien all die Wissenden und Vordenker "Disruption, Disruption!" Aber wenn sie sie selbst betrifft, dann rennen sie schreiend weg. Es ist immer wieder amüsant. Oder eigentlich nicht, wenn die deutschen Bedenkenträger wieder Polka tanzen und jeden neuen Ansatz gleich mal für unmöglich erklären. Denkt groß? Traut Euch was? Ach, woher denn. Wenn sich Sicherheitsparanoiker und Behördenvertreter treffen, dann sind verschiedene Schattierungen von Grau der Gipfel der Coolness. Nun gut. Trauen wir uns trotzdem was, versuchen wir was. Und wenn's dann doch nicht klappt, wissen wir wenigtens, woher die Rettung kommt: In jeder Stadt und in jedem Land ....

*** Dieses Spielfeld, ach, es ist einfach nicht ordentlich geregelt und ausgemessen. Dabei sind es ausgerechnet die Deutsche Telekom und Vodafone, deren Drohungen, die CeBIT zu verlassen, den Neustart noch einmal forcierten. Redliche steuerzahlende Konzerne, die den Kunden brav SMS-Dienste anbieten und erleben mussten, wie sie von WhatsApp überholt und in den Schatten gestellt wurden. Schreiend wegrennen sollte man aber an deren Stelle lieber, wenn dieses wortreich in dem Weißbuch Digital Plattformen beklagt wird, das noch unter Siggy "Pop" Gabriel verfasst, aber auf der CeBIT von Biggy "Browser" Zypries vorgestellt wurde. Ein Werk, das die Diskussion auf Jahrzehnte befeuern soll. Da fordert man also als Wirtschafts-Leadmaschine im besten Deutsch aller Zeiten ein "Level Playing Field für Over the Top-Dienste" die die Legal Landscape, äh, den Rechtsrahmen ignorieren. Und stellt im Jahre 2017 fest: "Rechtsfreie Räume im Internet darf es nicht geben", nur um im selben Absatz das idiotische "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" von Heiko "IQ" Maas über den grünen Klee zu loben und auch noch einen neuen Straftatsbestand des Cybermobbing zu fordern. Schluss mit lustig und den vielen phantasievollen Usernamen im Heise-Forum, das ist mal wieder eine wahrlich sozial-demokratische Idee im Stile der Charta des Hl. Schulz mit dem Artikel 5, Absatz 2 und Absatz 4. Nun heißt es:
"Wir wollen außerdem prüfen, ob durch ein eindeutiges Identifizierungsverfahren die Betreiber öffentlicher Meinungsforen verpflichtet werden können, ihre Nutzer vorab zu registrieren. Diese können zwar anschließend auf der Plattform anonym agieren. Im Fall erwiesen rechtswidriger Äußerungen müsste die Plattform die Identität des Nutzers jedoch den Behörden bekanntgeben."

*** Positiv ist zu bilanzieren, dass das Weißbuch Digitale Plattformen selbst auf dieser ereignisarmen CeBIT bei der Vorstellung nicht beachtet wurde, anders als im geschäftigen Berlin. Negativ, dass eine neue Behörde kommen soll, eine Digitalagentur, die als Think Tank "die digitalisierungs­politische Lücke an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft" schließen soll. Digitalisierungspolitisch und Think Tank klingt schon einmal nett, zumal das Weißbuch eindeutig festhält, dass ein Digitalministerium entbehrlich ist. Des Pudels Kern der Digitalagentur ist ein ganz anderer: "Gleichzeitig wäre sie eine effektive Eingriffsbehörde, die kurzfristig auf Rechtsverstöße reagieren könnte" und "Komplementär zu Aufgaben der Bundesnetzagentur oder des Bundeskartellamtes könnte die Digitalagentur auch mit spezifischen hoheitlichen Aufgaben beauftragt werden". Was da um die Ecke kommt, ist ein Plan für ein Bundesamt für Wahrheit im Neuland, kurz BAWIN genannt.

*** Wenn es einen Preis für das kreative Finden von Akronymen gibt, so geht dieser in die USA an Politiker der Demokraten. Ihr Gesetzesvorschlag "Making Access Records Available to Lead American Government Openness Act", der MAR-A-LAGO Act über die Veröffentlichung der Besucherlisten im Weißen Haus Nord und Weißen Haus Süd, ist ein hübscher Hinweis auf die Regierungstätigkeit eines Präsidenten, der bis jetzt an fünf Wochenenden in seinem Golfclub Mar-a-Lago verbrachte. Wo er bald wieder sein wird, wenn der chinesische Kollege Xi Jinping kommt. Wo er sich entspannen kann von den Niederlagen der letzten Tage, die dem großen Dealmaker schwer zusetzen. Noch schwerer traf es seinen Strategen Steve Bannon, der als Kreppleopard entzaubert wurde, einer aparten Variante des Papiertigers. Jetzt steht die Steuerreform an, die die Wirtschaft ankurbeln soll, nachdem der heimischen Flugwirtschaft mit einem seltsamen Laptop-Bann geholfen wurde.

*** Europa feiert derweil Europa, die Sonntagsreden werden an einem Samstag gehalten und Google veröffentlicht die opulente Anzeigensonderbeilage "Aufbruch Daten", in der Europas besonderer Freiheitsbegriff erklärt wird: "Früher war frei, wer Land besaß und Tür und Tor hinter sich schließen konnte. Wer frei war, hatte also auch eine Privatsphäre." Diese wunderbare europäische Freiheit ist mit dem privaten Google-Konto wiedergekommen, ganz ohne Landbesitz. Ach, Europa, was zitterst du nur? Wo selbst Zehntausende im terrorgeplagten London demonstrierten. Alles wartet auf den Brief, den die Britin Theresa May am 29. März nach Brüssel schicken will. Das ist der Beginn des britischen Auszuges, der den Briten viel Geld wert zu sein scheint, den Schotten weniger. Während der CeBIT ging der erste erfolgreiche Einsatz von Boaty McBoatface über die Bühne. Wem der Name nichts sagt: Das ist ein britisches gelbes Unterseeboot, in dem anders als im Song einer Band namens The Beatles niemand leben kann. Das britische Volk stimmte in einer Abstimmung dafür, ein 125 Meter langes Polarforschungsschiff mit 90 Mann Besatzung so zu nennen. Das Volk will ein ordentliches Schiff mit einem lustigen Namen. Es hat ein gelbes Beruhigungs-Zäpfchen bekommen, das Schiff wird unterdessen RSS David Attenborough getauft. Wir leben in spannenden Brexit-Zeiten.

Was wird.

Als das ruhmreiche Britannia die elenden Hunnen besiegte, spielte einer der ersten Computer namens Colossus eine wichtige Rolle, die vor 10 Jahren mit einem Cipher Event gewürdigt wurde. Am Ende wurde der rekonstruierte Colossus von einem deutschen Funkamateur mit dem Rufzeichen DL2KCD geschlagen. Nun wird der Wettlauf zwischen Computerarchäologen in Großbritannien und Funkamateuren/Kryptologen wiederholt, diesmal mit einer Enigma als Verschlüsselungsgerät: Am 7. April wird der verschlüsselte Funkspruch stilecht auf dem 40-m-Band übertragen. Anregen könnte diese Beschreibung, wie Joachim Schüth vorgegangen ist. Natürlich muss diese Wochenschau in trumpistischen Zeiten mit Chuck Berry enden:

Arrested on charges of unemployment,
He was sitting in the witness stand
The judge's wife called up the district attorney
Said you free that brown eyed man.

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« Antwort #670 am: 02 April, 2017, 06:39 »
Es ist so eine Sache mit Theorien. Ach, "grau, teurer Freund ...", und so weiter und so fort. Hal Faber, auch schon mal von des Gedankens Blässe angekränkelt, wundert sich, weiß aber auch, wie sehr man an der Realität verzweifeln kann.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die Finissage des Kommunismus geht weiter. Auf der anderen Seite des Großen Teiches ist die bolivarische Revolution am Ende. Auf der anderen Seite von Deutschland regieren CDU und SPD weiter. Nichts war's mit r2g im Saarland, so groß wie 359.913 Fußballfelder. Zwar hat die Linke ein vergleichsweise gutes Ergebnis geholt, während die Grünen patzten und die Piraten untergingen, aber was ist das für eine Linke? Die Lafontaines als Kommunisten, das glaubt höchstens Gerhard "Nordstream" Schröder und der Spiegel-Kolumnist Jakob Augstein. Pixel platzen nicht vor Scham? Da wäre ich mir nicht so sicher. Tja, was sind die echten Linken? Vielleicht die autonomen Antifaschisten auf Seiten der Kurden?

*** "Die wahre Theorie muss innerhalb konkreter Zustände und an bestehenden Verhältnissen klargemacht und entwickelt werden." Heute vor 150 Jahren beendete der erklärte Nicht-Kommunist Karl Marx die Arbeit am ersten Band des Kapitals und machte sich an die Vorbereitung der Druckfassung eines Werkes, das man nach einem Diktum des französischen Philosophen Althusser mindestens achtmal hintereinander gelesen haben muss, ehe man so etwas wie Verständnis zusammen hat. Chan geht leichter. Ebenfalls vor 150 Jahre eröffnete die Revolutionärin Mathilde Franziska Anneke in den USA eine Mädchenschule. Man kann es drehen und wenden, wie man will, "es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen". Auch von Karl Marx, als er sich noch am ollen Hegel abarbeitete. Oder, etwas poetischer vom Teufel persönlich: "Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum."

*** Noch mehr Geschichte? Heute vor 100 Jahren begannen die Verhandlungen russischer Exilanten mit dem Deutschen Reich, wie man die Damen Krupskaja, Armand und Bronski sowie die Herren Lenin, Radek und Sinowjew nach Rusland bringen könnte, damit sie dort den Staat plattmachen und mit Deutschland Frieden schließen können. Ein Waggon mit angekreideter Grenze zu einem extraterritorialen Gebiet ging auf die Reise nach Sassnitz, dort wo heute die Rohre für Schröders Nordstream II verladen werden. Auf dem Weg zum finnischen Bahnhof ging es sogar über Berlin und Lenin hatte reichlich Zeit, seine Aprilthesen vorzubereiten, dank derer der Kommunismus in einem unterentwickelten Land wie Russland siegen konnte. "Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung", das gehört zu den beliebten Lenin-Zitaten mit einem Körnchen Wahrheit. Natürlich lehrt uns die Geschichte nichts, wie üblich, außer vielleicht, wie eine grottenschlechte Infografik aussehen muss.

*** Von der Bundeswehr kommt ein Informationsvideo, das irgendwo in Absurdistan gedreht wurde. Mit vielen Wisch-Weg-Bewegungen wird mit der Stimme von Egon Hoegen siebtsinnig erklärt, wie das neue Kommando Cyber- und Informationsraum aufgebaut ist. Transparente Entscheidungen, schnelle Informationen, kurze Kommunikationswege und IT-Spezialisten, die das alles "super" finden, sorgen für ein überaus klares Resultat: "Hacker haben so keine Chance mehr." So bleibt die revolutionäre Erkenntnis, frei nach Lenin: Es gibt Hacker, die sich von einer neuen Organisationsstruktur abschrecken lassen. Dazu passt die neue Image-Werbung mit dem Claim "Wann darf man Hacker hacken" – natürlich immer, sofern sie sich in diesem Cyberraum aufhalten und damit eine Gefahr darstellen. Anders sieht es im Informationsraum aus, unter dem die Bundeswehr offenbar die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit versteht. Da kämpft man eher gegen Fake-News mit diesem Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

*** Der tödliche Weg des Anis Amri wird rekonstruiert und wird im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen eine Rolle spielen, wie es Bundeskanzlerin Merkel andeutet. Aber Gemach, es ist ja dafür gesorgt, dass sich so etwas nicht wiederholen kann. Das Bundeskriminalamt hat das Supertool RADAR iTE entwickelt, ein Programm mit Precrime-Fähigkeiten, auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebaut. Es kann sogar in der Cloud betrieben werden, denn die Basis für das Superprogramm RADAR ist außerordentlich schlicht. In der Antwort auf diese Anfrage heißt es: "Bei der Durchführung einer Risikobewertung im Rahmen von RADAR iTE kommen die beiden Standard-Komponenten 'Excel' sowie 'Word' des Microsoft-Office-Systems zum Einsatz. Es ist keine spezielle Anwendung für diese Zwecke entwickelt worden." Da sind wir aber beruhigt – oder beunruhigt?

*** Während das Bundeskriminalamt mit Excel nach Terroristen sucht, hat sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht beim nationalen Cyberabwehrzentrum eingefunden. Irgendwie müssen ja diese fiesen Banker kontrolliert werden, die via Whatsapp Insidergeschäfte vermitteln. Hier gibt es ja auch radarterrorismustechnisch gesehen eine erschreckende Sicherheitslücke, da muss wohl ZITIS ran, die Spezialstelle für Entschlüsselungen und Entschnüffelungen. Was wohl aus dem Softwaremodul zur Dekodierung von WhatsApp geworden ist, das Kriminalisten und Zollfahnder je nach Bedarf von Digitask anmieteten?

Was wird.

Jetzt, wo endlich der letzte Aprilscherz hinter den Ofen hervorgekrochen ist und klar sein dürfte, dass unser aller Innenminister Thomas de Maizière uns mit abhörsicheren Hüllen für den Reisepass vor "Spionageaktionen ausländischer Geheimdienste" schützen will, können wir wieder zur Tagesordnung übergehen. Da wären unsere eigenen Schlapphüte, die Passausleser vom Bundesnachrichtendienst. Sie brauchten geschlagene fünf Wochen, um Gerüchte über die Existenz einer Liste von "Gülen-Anhängern" zu bestätigen, die der Partner-Geheimdienst Millî Istihbarat Teskilâti überprüft haben wollte. Was so unter Freunden eben alles geht. Fünf Wochen Geheimniskrämerei? Wegen der vielen ü's und ö's in den Namen war wohl der Abgleich mit den eigenen Sammlungen bei BND und Verfassungsschutz schwierig, man denke nur an Namen wie Cem Özdemir, Deniz Yücel (#FreeDeniz!) und Michelle Müntefering. Deshalb sucht man, bitte festhalten, die Sherlock Holmes im Cyberspace. Dr. Watsons sind offenbar genug da.

Wumms, da knallen die E-Korken! Nein, nicht die Wahl in Ecuador ist damit gemeint, die einen wie Julian Assange in seinem selbst gewählten Einzimmer-Exil bedrohen, sondern das Einstein Center for Digital Future. Es wird am Montag in Berlin eingeweiht. Insgesamt werden 50 neue (Junior)-Professuren geschaffen, die diese geheimnisvolle "Digitalisierung" untersuchen, mit rund 40 Millionen Euro hat man die ersten 18 schon beisammen und präsentiert sie in der Wilhelmstraße. Weitere 75 Millionen sollen reingekippt werden, wenn 2018 eine Zwischenbilanz zeigt, dass die Forschung erfolgreich ist. Alles ist so unglaublich cutting edge, dass man schnell 0 und 1 verwechseln kann. Ditte is Bälin, mit 158 Informadsch-Professöcker bestückert, zeigens man nem Silicon Valley dat schnieke E. (<-- dieser Satz ist eine Auftragsübersetzung).

So gut es eben geht, ist diese Wochenschau trumpfrei geblieben. Dennoch muss ein Blick in eine düstere Zukunft geworfen werden. Nachdem die Republikaner im US-Senat die Datenschutzbestimmungen der Obama-Regierung geschlachtet haben, liegt es am amtierenden US-Präsident, sie vollends abzuschaffen. Das ist ein weit einfacherer Durchsetzungsakt als die Auflösung von Obamacare und dürfte in den nächsten Tagen vielleicht so ablaufen. Feiern wir dagegen oder dafür den 40. Geburtstag von Alice und Bob!

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« Antwort #671 am: 09 April, 2017, 08:46 »
Ein Cyber ist ein Cyber ist ein Cyber ist ein Cyber. Was man uns damit sagen will? Gute Frage, meint Hal Faber, der all die Cyber-Angstträume von Flinten-, Meinungs- und Bedenkenträgern so traurig findet, dass er (noch) lachen muss.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Rumtata, Tschinderassassa, ach wie toll das fetzt, da lacht meine innere Pickelhaube. Wir haben einen wunderbaren Cybermarsch für unsere neue Teilstreitkraft, die Cyberkrieger, da können selbst die flott klingenden Älpler nicht mithalten. Und so fesche blaue Barette haben unsere IT-Kämpfer, wohl der Hinweis darauf, dass die zivile IT bei der BWI ein lupenreiner IBM-Laden ist, mit Lenovo Thinkpads an der Schreibtisch-Front. Dabei steckt dieses Cyber längst im Exoskelett unserer Truppen, wie es unsere Verteidigungsministerin in ihrer Rede betonte: "Denken wir an den MedEvac-Hubschrauber in Mali, der nicht abhebt, ohne dass er an ein SAP-Programm angeschlossen wurde." Was für eine tolle Werbung für SASPF, ganz für umme. Aber gemach, es kommt noch besser.
"Wenn die Netze der Bundeswehr angegriffen werden, dann dürfen wir uns auch wehren. Sobald ein Angriff die Funktions- und Einsatzfähigkeit der Streitkräfte gefährdet, dürfen wir uns auch offensiv verteidigen. Bei Attacken auf andere staatliche Institutionen können wir immer im Rahmen der Amtshilfe tätig werden. In den Auslandseinsätzen ist die Lage klar. Hier bestimmen die Bundestagsmandate die Möglichkeiten – und Grenzen – das gilt selbstverständlich auch für den Cyberraum. Und soweit es darüber hinaus noch rechtlichen Klärungsbedarf gibt, stehen wir ohnehin in engem Austausch mit den zuständigen Ressorts. Dabei ist Cyber nur einer der wesentlichen Anteile im größeren Informationsraum. Die Vielfalt stellt uns tagtäglich vor neue Herausforderungen. Mit der hybriden Kriegsführung in der Ostukraine haben wir einen Vorgeschmack bekommen. Und die Drohung eines virtuellen Kalifats ist keine leere mehr. Wir erinnern uns an den Bundestagshack ebenso wie an die Fake-News-Kampagne gegen die Bundeswehr in Litauen."

*** Das ist schon erstaunlich. Einerseits ist der Cyberraum unendlich groß, andererseits scheint er Landesgrenzen zu haben, wo die ITler nur mit einem Mandat des Bundestages loshacken dürfen. Nicht minder überraschend auch, wie hier der Bundestagshack in das militärische Bedrohungsszenario eingebettet wird und Narichten von Russia Today an der Grenze zur Kriegshandlung gewertet werden. Dieses Cyber muss also "offensiv verteidigt" werden, bis hin zum harten Bodenkampf mit abgesessener IT-Infanterie, bis auch die letzte Fake-News besiegt worden ist. Ich höre schon zackig gebrüllte Kommandos und Befehle, wenn das Bundeskriminalamt wieder einmal ein Botnetz ausgehoben hat. So etwas muss die Truppe schon übernehmen dürfen, um die nötige DDoS-Power für das "offensive Verteidigen" zu bekommen, oder?

*** Natürlich gefällt diese neue Cyber-Teilstreitkraft nicht jedermann. Die Wumm-Peng-Baller-Fraktion wird daher die Nachricht beklatschen, dass unser Heer drei neue Artilleriedivisionen bekommt. Das ist eine Investition, die "nach Ansicht von Bundeswehrexperten deutlich teurer werden [dürfte] als die Investitionen in die Cyberabwehr." So gehen die Deutschen, die Deutschen gehen so – vor dem großen Strategen, dem Weltpolitiker mit Weitblick namens Donald Trump in die Knie.

*** Bleiben wir bei den Fake-News in unserem frisch militarisierten Leben. Was von der Leyen mit ihrer neuen Truppe nicht schafft, das hat das Bundeskabinett ganz locker hinbekommen, die Internetfreiheiten ins Koma zu schicken. Das irrsinnigerweise Netzwerkdurchsetzungsgesetz genannte Zensurgesetz ist auf den Weg gebracht. So wie einst von Paul Sethe die Pressefreiheit als Freiheit von ein paar reichen Leuten definiert wurde, ihre Meinung zu verbreiten, soll jetzt die Meinungsfreiheit die Freiheit von ein paar Unternehmen sein, "objektiv strafbare Inhalte" in Selbstjustiz zu verbieten. "Soldaten sind Mörder", das ist künftig ein Fall für Twitter und Facebook Deutschland, nicht mehr für ordentliche Gerichte. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, diesen Durchsetzungsmurks zu verhindern. Nein, gemeint ist nicht die Opposition mit einer Partei der Grünen, denen der Murks nicht weit genug geht. Soviel zu einer Partei, die einst mit dem Konzept der alternativen Gegenöffentlichkeit groß geworden ist.

*** So ist es wieder einmal Karlsruhe der Zauberort im Auge des Sturms: Nahezu zeitgleich hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Zulässigkeit von Schmähkritik befasst. So werden wir noch viel Spaß mit mitleidlosen Bloggern haben, die aus der Erwähnung in einem Heise-Forum unter Hinweis auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz bereits jetzt über Klagen nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz fantasieren. Ja, die Heise-Foren werden offenbar zu den "höchstens zehn sozialen Netzwerke" mit mehr als zwei Millionen Nutzern in Deutschland gerechnet, die vom Gesetz betroffen sind. Schlappe 50 Millionen Euro werden die Netzwerke für den Aufbau ihrer Privatgerichtsbarkeit aufwenden müssen, heißt es in der Gesetzesbegründung. So etwas muss natürlich mit mehr Werbung wieder reingeholt werden – oder mit dem Verkauf von Daten an die Politik. "Facebook und Twitter sitzen auf riesigen Datenmengen über die Probleme unseres politischen Systems, die sie nicht rausrücken", meint Philipp Howard in der Süddeutschen. Das muss doch zu monetarisieren sein!

*** Hinzuweisen wäre noch auf Artikel 2 des empörungsreichen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, mit dem das Telemediengesetz im §14 Absatz 2 wieder einmal ergänzt werden soll. Erst ging es in diesem Artikel zur Bestandsdatenauskunft nur um den Schutz des geistigen Eigentums, dann kam ganz selbstverständlich die "Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus" hinzu und die Auskunftspflicht wurde auf die Nachrichtendienste ausgedehnt. Nun geht es weiter im Geschirr der Datenschnüffler. Neben dem geistigen Eigentum sind "andere absolut geschützte Rechte" in aller gebotenen Undeutlichkeit aufgeführt. Der neue Freifahrtschein für Daten-Auskünfte aller Art liest sich dann so:
"Auf Anordnung der zuständigen Stellen darf der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum oder anderer absolut geschützter Rechte erforderlich ist."

*** Vielleicht hat das alles dann doch bald ein Ende, und vom Weinen übers Lachen gehen wir zum letzten Schrei über, weil nichts mehr bleibt, worüber man noch lachen könnte. Wie sang einst Peter Hammill bei Van der Graaf Generator: "We walked along, sometimes hand in hand, between the thin lines marking sea and sand; smiling very peacefully, we began to notice that we could be free, and we moved together to the West. We're refugees, walking away from the life that we've known and loved; nothing to do nor say, nowhere to stay; now we are alone."

Was wird.

Am Montag wurde in Berlin wieder einmal einer dieser Exzellenz-Cluster gestartet, die Deutschland nach vorne bringen soll, egal wo dies ist. Diesmal will man im Namen von Einstein dieser Digitalisierung auf die Schliche kommen. Fragen gibt es ja genug. Was treibt den Menschen, einen Dildo mit Kamera zu kaufen? Medizinischer Forscherdrang eher nicht. Interessant dürfte die Forderung der Einstein-Abteilung für Digitale Gesundheit sein, die elektronischen Patientenakten der medizinischen Telematik in die Cloud zu legen, damit alle, Forscher wie Ärzte, auf die personalisierten Daten zugreifen können. So freuen wir uns auf die Medizinmesse ConHIT ebenda zu Berlin, die die allgemeine Verfügbarkeit von Patientendata als Messe-Highlight anpreist und nicht als Datenschutz-GAU. Patientenakten in der Cloud, die zum Zugriff nötige Software als Software-as-a-Service, da schlägt doch allen IT-Menschen das Herz schneller.

Wer etwas wirklich Gesundes tun will, kann sich an einem Ostermarsch beteiligen. Oder, wie jeden Sonntag um 14 Uhr, am #PulseOfEurope in diversen (nicht nur) deutschen Städten. Angeblich erleben wir ja die Geburt eines Außenpolitikers von Helden-Format. Zu dumm, dass dieser unstete "Held" mit seinem durchaus kritisch beurteilten Schnellschlag im Besitz eines Atomköfferchens ist, das Air Force-Pilot Wes Spurlock in Mar-a-Lago getragen hatte. In einigen Regionen Deutschlands wird nicht marschiert, sondern das Fahrrad benutzt. Auch E-Bikes sind gestattet, inzwischen ist Strom ja regenerativ sowas von gesund.

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Was war. Was wird. Von der Reformation zur Lachattacke.
« Antwort #672 am: 16 April, 2017, 01:15 »
Freiheit? Freiheit! Was dieser Tage alles gefeiert wird, da kommt einiges zusammen. Das Wichtigste aber sollte man keinesfalls vergessen, betont Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wie lange bunte Schlangen walzen sich die Ostermärsche durch das Land, als mutige Antwort auf die dicken Raketen bei der Kimparade. Huch, heiliger Lammbraten, soll die österliche Wochenschau etwa mit einer dieser "Fake News" beginnen? Dann doch lieber mit den Aufrüstungsbemühungen unserer Bundeswehr, die mit "Cyber Days" ihre IT-Kampfkraft stärkt und die Besten der Besten auf Basis der Software "Capture the Flag" einem harten Einsatztest unterzieht. Nachdem es schon in der letzten WWWW-Ausgabe cyberte, schickte mir ein Leser das nebenan abgebildete, von ihm kommentierte Foto von der Kaserne, in der die Leitung der Teilstreitkraft Cyber- und Informationsraum residiert. Wir sehen: Ein beeindruckender Cybersicherheitszaun umgibt das Gelände, in dem der Wachposten in einem niedlichen Torhäuschen das Tablet mit Bajonett präsentiert. Rund um das Häuschen, noch bröckelig geschichtet, sind feldgraue Rudimente der mächtigen Militär-Firewall zu sehen, die zur Not auch als Wurfgeschosse dienen könnten. "Lasciate ogni intelligenza, voi ch' entrate."

*** Ja, so ist die besonders gehärtete Militärpräsenz mit den Kampf-Walls von Secunet bestens ausgestattet, den Cyber-Gefahren zu begegnen. Ganz anders steht unser deutscher Bundestag da, der nach einem "Geheimbericht" der "Pentesting"-Firma Secunet fette Sicherheitslücken aufweist und zunächst einmal für 470.000 Euro für eine Firewall ausgibt, bei der die Abwehr-Klötzchen dichter gepackt sind als eine Lastwagenlieferung von Amazon Prime-Retouren. Gratulation an Secunet für diesen vorösterlichen Werbe-Coup in eigener Sache!

*** Vor 500 Jahren, zu Ostern 1517, predigte der Dominikanermönch Johann Tetzel zum göttlichen Ablassverfahren in Jüterbog und schlug eine große Truhe auf, aus der sich der neue christliche Geschäftszweig der Evangelen entwickelte. Denn ungerecht waren sie ja, diese käuflichen Reuen der menschlichen Sünden in Depot-Form, mit dem die großen Bankhäuser entstanden, an die das Geschäft verpachtet wurd. Der Ablass für Sodomie notierte anno 1517 mit zwölf Dukaten, der Kirchenraub mit neun, Hexerei mit sechs. Vergleichsweise kostengünstig war der Elternmord und der Mord am eigenen Weibe mit vier Dukaten. Besonders schick und an die Internet-Ökonomie erinnernd war die Möglichkeit, sich vor der Tat den passenden Ablass zu kaufen, wie dies Ritter Hake tat, bevor er Tetzel ausraubte. Eine Tagesreise weiter südlich erlebte Martin Luther in Wittenberg, wie seine Schäfchen über die Grenze nach Jüterbog gingen, um sich freizukaufen. Bekanntlich lief in dieser Woche "Die Luther Matrix", nur echt mit Deppen-Leerzeichen, mit Sicherheit der größte Trash des Jahres 2017. Wer Edward Snowden mit Martin Luther zusammenbringen kann, für den muss Barack Obama eine Erleuchtung sein.

*** Das Programm der re:publica 2017 ist draußen und siehet, es ist eine gar österliche Offenbarung der Liebe. Drei Religionen treten diesmal an und ringen um den Glauben der 3000 Netzschäfchen, die nach Berlin zum Ablassen kommen. Da sind die Voodoo-Priester der Blockchain, eine Art digitaler Oblaten, in denen der Geist des Internet steckt. Mit der Blockchain kann die Demokratie demokratisiert, die Natur renaturalisiert werden, sogar der Stromhandel über den Gartenzaun ist möglich, damit das Entreprekariat seiner prekären Existenz entfliehen kann. Dann sind da die Katholen, die gekonnt die große Tetzel-Frage stellen: What the Fuck is Netzpolitik? Ja, wenn der Mensch ein Abbild Gottes ist, dann sind seine Daten Rohöl für diese göttliche Teilhabegerechtigkeit: Mindestens eine Kirchensteuer für Internetkonzerne muss doch drin sein.

*** Schließlich gehen die Evangelen in Berlin in die Vollen, stolz auf 500 Jahre Reformation ziehen sie voll verinnerlicht aus, die digitale Theologie zu verkünden mit den Zehn Geboten für die Digitale Welt. Statt "Think!" (IBM) oder "nutze deinen Verstand!" (Kant) lesen wir Gefasel in schlechtem Deutsch statt Gebote: "Du brauchst dich nicht vereinnahmen zu lassen!". Vereinnahmen, sowas kannte ich nur von den Vereinen und ihrem "Mein Freund ist Ausländer". Das mit dem Datentestament mag ja noch angehen, bedarf aber technischer Anleitung, zumal Downloads in einem Nachlass stecken können, die nach dem Glauben deutscher Christen einfach pietätlos sind: "Du sollst nicht illegal downloaden!"

*** Nun ist seit Montag auch Pessach, das bis zum 18. April gefeiert wird. Dieser Auszug aus Ägypten dauerte halt. Zum höchsten Fest der Juden (es dauerte auch etwas, bis Luthers Judenhass fürs Reformationsjubeljahr Thema wurde) ist bei uns Verleugnung angelaufen, ein Film über die Fake News, die "Forscher" wie David Irving oder Ernst Zündel mit seiner Zündelsite oder "Reporter" wie Fred Leuchter in die Welt setzten. Wer glaubt, dass diese Sicht des Holocaust als reine Meinungssache abgetan werden kann, hat den Unsinn schon vergessen, den Trumps Sprecher Sean Spicer über die Holocaust Center erzählte. In diesem Wortbild steckt die Holocaust-Industrie der Faktenverdreher, gegen die seinerzeit Deborah Lipstadt aktiv wurde und Irving einen Lügner nannte. Seinerzeit? Als Lipstadts Buch "Betrifft: Leugnen des Holocaust" 1994 in Deutschland erschien, war Deutschland mitten im "Superwahljahr" und Erwin Leiser fragte sich im Vorwort, wie Medien mit Neonazis, Holcaust-Leugnern und anderen Verharmlosern umgehen sollen. "Man darf ihnen nicht die Möglichkeit geben, ihre Thesen in Radio und Fernsehen zu vertreten. Redefreiheit steht nur denen zu, die sie nicht missbrauchen."

Was wird.

Damals kam das Internet hinzu, das von Leuten wie Zündel rege genutzt wurde, um Fake News über den Völkermord zu verbreiten. Prompt gab es Klagen gegen Verlinkungen und die merkwürdigsten Kompromisse. In einer Bulkware von damals, Beihilfe zur Realität betitelt, kam der Fall des Internet-Providers Web.com zur Sprache, der Zündel hostete, aber von jeder Seite aus einen Link zum Nizkor-Projekt verlangte, wo jede Behauptung der Zündels, Irvings, Leuchters und Stäglichs detailreich widerlegt wird. Erwähnt sind auch die vielen Seiten, die Neonazi-Schmierer auf Geocities unter Namen wie "Reichskanzlei" oder "Lebensraum" einrichteten. Heute finden sich solche Seiten auf VKontakte oder, ziemlich versteckt, auf Facebook. Nein, früher war nicht alles besser! Heute haben wir ja das hübsch benamste Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das von der Mehrheit einer Menge von Befragten für begrüßt wird. Ob sie den Murks des Gesetzentwurfes gelesen haben, ist nicht bekannt. "Redefreiheit steht nur denen zu, die sie nicht missbrauchen", so einfach geht das heute nicht. Zum kommenden Gesetz heißt es in der Deklaration für Meinungsfreiheit sprachlich verquast und inhaltlich verschwurbelt:

"Absichtliche Falschmeldungen, Hassrede und menschenfeindliche Hetze sind Probleme der Gesellschaft und können daher auch nicht durch die Internetdiensteanbieter allein angegangen werden – dafür bedarf es der Kooperation von Staat, Zivilgesellschaft und der Anbieter. Wir setzen uns daher für eine gesamtgesellschaftliche Lösung ein, durch die strafwürdiges Verhalten konsequent verfolgt wird, Gegenrede und Medienkompetenz gestärkt werden und ein die Meinungsfreiheit respektierender Rechtsrahmen für die Löschung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte erhalten bleibt."

Wo bleibt das Positive? Deutschland bekommt im Herbst den ersten echten Sicherheitsbahnhof. 500 Pendler testen dann wie seinerzeit beim fehlgeschlagenen Test im Mainzer Hauptbahnhof, ob die Gesichtserkennung über moderne Videokameras so weit gediehen ist, dass Gesichter von Gesuchten auf den großen Rolltreppen endlich automatisch gefunden werden können. Zwar hat will man noch "zeitnah" entscheiden, welche "Hersteller von Gesichtserkennungssystemen" eigentlich die Software dafür stellen, wenn ein Gesicht von der Datenbank identifiziert wird und die Bundespolizei per Vorrangschaltung die Verfolgung durch das Berliner S-Bahn-Videonetz aufnimmt. Auch beim zweiten Projekt der automatischen Analyse zum automatischen "Erkennen gefährlicher Situationen" hat man sich noch auf keinen Software-Partner festgelegt, doch freuen wir uns mal ganz österlich gestimmt:"Wenn's Videokasterl Sicherheit bringt, die Seele in den Himmel springt". Die Seele des Menschen, das bewies der Arzt Carl Ludwig Schleich vor 100 Jahren höchst wissenschaftlich im Einklang mit den alten Griechen, ist das Zwerchfell. Gesegnete Seelenattacken allerseits.

An Pesach wird ja die Freiheit gefeiert. Musik ist da immer gut, von John Zorn und seinen Chaverim vom Bar Kokhba Sextet sowieso. Teli, die Himmelschlange, übrigens, führt Gershom Sholem aus, verursacht Finsternisse. Freuen wir uns also lieber an der Freiheit und hoffen wir, dass sich andere Schlangen durch Deutschland wälzen, die Himmelsschlange aber Ruhe hält.

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Was war. Was wird. Vernunft oder Unvernunft, das ist die Frage.
« Antwort #673 am: 23 April, 2017, 05:14 »
Sein oder nicht sein? Ach, die vom großen Barden gedichtete Frage ist schon längst überholt, wenn es um erst einmal um die Vernunft geht. Die allenthalben mit Bauchgefühl und alternativen Fakten gemeuchelt wird.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** That time of year thou mayst in me behold,
When yellow leaves, or none, or few do hang
Upon those boughs which shake against the cold,
Bare ruined choirs, where late the sweet birds sang.
In me thou seest the twilight of such day,
As after sunset fadeth in the west,
Which by and by black night doth take away,
Death’s second self that seals up all in rest.
In me thou seest the glowing of such fire,
That on the ashes of his youth doth lie,
As the death-bed, whereon it must expire,
Consumed with that which it was nourished by.
This thou perceiv’st, which makes thy love more strong,
To love that well, which thou must leave ere long.

Ja, der große Barde hat Geburtstag und so passt das 73. Sonett zum Abschied von der Idee der Demokratie in Europa, mit dem Segen von Donald Trump. Natürlich ist Shakespeare mit dabei, als Teil des europäischen Erbes, wenn der Franzos' in der tageszeitung über sein Land deklamiert: "Favoriten fallen in Ungnade, alte Parteien geraten ins Schwanken, die führende politische Klasse gerät in Panik, und die Franzosen sehen ihren Wahlschein wenige Tage vor dem Wahlgang an wie Hamlet den polierten Schädel in seiner Hand. Vernünftig sein oder nicht – das ist die Frage."

*** Wobei die Vernunft es gebieten würde, den Europa-Politiker Emmanuel Macron zu wählen, wie es Martin Walser den Franzosen vorschlägt, ganz im Fahrwasser von Daniel Cohn-Bendit. Aus französischer Sicht sieht freilich es anders aus, hier muss die dauernd twitternde Marine Le Pen im ersten Wahlgang gewinnen, wenn sie eine Chance auf die Regierungsmacht hat. Deswegen gilt an vielen Orten die Vernunft recht wenig und man ist im Zweifel rechts. "Hier träumen sie davon, Macron zu stürzen, bevor er überhaupt ins Amt gekommen ist. Und im Zweifel wählen sie dann Le Pen."

*** Ringsherum wird der Tag von Mutter Erde gefeiert, mit der Behauptung, dass unsere Kommunikation grüner und grüner wird. Es gibt Märsche für die Wissenschaft und gegen den Schlaf der Vernunft, da erscheint eine Zeit, in der Frankreich wieder begeistert Partant pour la Syrie gegen den Islam zu Syrien ins Feld ziehen könnte, nicht unbedingt erstrebenswert.

*** Glückliche Melinda und Bill Gates! Eine Ritterin und ein Ritter der Ehrenlegion zu sein, ist ihnen nicht vergönnt, doch die Auszeichnung mit dem Verdienstorden der Legion durch Präsident Hollande ist auch schon was. Unglückliche Pamela Anderson! Der von ihr präferierte Kandidat ist Luc Mélenchon, der ihrem Busenfreund Julian Assange Asyl versprochen hat und eine Zusammenführung der "jungen Familie" Assanges – genau wie Marine Le Pen. Mr Melenchon for President! S'il vous plait. Oder doch nicht.

*** Wenn das so einfach wäre. Schließlich ist die Regierung Trump dabei, Wikileaks den Pressetatus zu entziehen, mit dem die Regierung Obama die Whistleblower um Assange bedacht und dann links liegen gelassen hatte. Es gilt, die CIA-Scharte auszuwetzen, und so wird Julian Assange zu einem zweiten Philip Agee umgelabelt, stilecht mit Fake-News, die CIA-Chef Pompeo da in die Welt posaunt. Der Athener CIA-Chef Richard Welch, der 1975 erschossen wurde, wurde von dem ostdeutschen Journalisten Julius Mader enttarnt. Wie gut, dass heutzutage alles etwas einfacher geworden ist. Statt irgendwelcher Stationschefs irgendwo braucht man nur noch Digital Targeters, die in der Gegend um Washington arbeiten können und diesen finalen digitalen Rettungsschuss beherrschen, ganz ohne Dreck und Blut und Bombenknall.

*** Es gibt viele Filme, in denen Attentate und Börsenspekulationen eine wichtige Rolle spielen. Die Leerverkäufe im Bond-Film "Casino Royale" sind vielleicht das bekannteste Beispiel. Nun soll ein technisch begabter Einzeltäter das volle Programm beim Anschlag auf die Spieler von Borussia Dortmund durchgezogen haben. Mit Fernzünder Sprengfallen und ablenkenden Bekennerbriefen, dazu der Kauf von Börsenpapieren mit der Aussicht auf Fantastillionen Euro. Zu den erschreckenden Erkenntnissen des Mordanschlages muss man die Tatsache rechnen, dass die armen "Angesprengten" (so der soldatische Begriff) gleich am nächsten Tag spielen mussten, wegen genau der "wirtschaftlichen Notwendigkeit", auf die der Täter mit kapitalistischem Hintergrund spekulierte. Zurück bleibt die Frage, ob es sich bei der recht aufwändigen Aktion nicht um einen Testlauf der Wettmafia handeln könnte, für sich gesehen die größte Gruppe, die unter dem Label "Organisierte Kriminalität" zusammengefasst wird.

*** Wir leben bekanntlich in der Abstiegsgesellschaft, was selbst junge, gut ausgebildete Elektrotechniker nervös macht. Nach der jüngsten Shell Studie finden 71 Prozent der jungen Menschen, dass ein sicherer Arbeitsplatz "sehr wichtig" ist, weitere 24 Prozent halten das noch für "einigermaßen wichtig". Diesen 95 Prozent steht die schlichte Erkenntnis gegenüber, dass handfeste Roboter und diese überall auftauchenden geheimnisvollen "Algorithmen" in Zukunft viele Tätigkeiten übernehmen werden. "Wir werden nur noch gut bezahlt für etwas, was Computer oder Roboter nicht selbst können", sagt der Philosoph Gunter Dueck in der von Roboterbauer Kuka finanzierten + 3. Das hat Konsequenzen. Die Überflieger der StartUp-Szene sind längst durch ein Entre-Prekariat ersetzt, das sich mit staatlicher Förderung in Hubs zusammenfindet, immer im hübschen Abstand zum zauberhaften Hannover gelegen.

Was wird.

Damit ist diese kleine Wochenschau schwuppdiewupp in der Zukunft angelangt, denn die oberste Hub-Beauftragte Deutschlands, unsere Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, wird am kommenden Mittwoch in Berlin mit der Microsoft-Chefin Sabine Bendiek im Rahmen der Global Cloud for Good über die "Demokratisierung künstlicher Intelligenz" sprechen. Ja Sapperlot, kann es denn bei der künstlichen Intelligenz eine gesellschaftliche Mitbestimmung geben? Eine künstliche Intelligenz ohne marktwirtschaftliche Interessen? Schöne neue Arbeitswelt? Oder bleibt alles, wie es ist, nur mit Internet-Anschluss im Großraumbüro?

Unter dem leicht irreführenden Titel Endstation Großraumbüro – Computern als Handwerk! startet zum nächsten Wochenschluss wieder einmal das Vintage Computing Festival Europe als handfeste Ergänzung zur Silicon Valley Revolution. Den 64er als Großraumbüro für Daheim zu deklarieren, ist jedenfalls gewagt. Als Highlight empfiehlt sich das genaue Gegenteil zu einem Großraumbüro, die Demonstration des Navigationssystems des Tornado-Kampffliegers, eine "archaische Kombination aus elektro-mechanischem, analog-elektronischem und digitalem Rechnen".

Archaisch ist das richtige Stichwort: Ich halte das weiter oben erwähnte Gerede vom "finalen digitalen Rettungsschuss" für einen ganz gefährlichen Blödsinn. Das Bild vom finalen Schuss suggeriert technisch unbedarften Gemütern, dass es eine schnelle, präzise, lethal wirkende Lösung auf all die Cybercyber-Gefahren geben könnte, mit der die herrschende Politik Angst schürt. Ziel ist es dabei immer, dass "kritische Infrastrukturen" als technik höher eingestuft werden als Systeme wie eine kritische Demokratie mit selbstbewussten Menschen. Gleich nach dem Treffen der traditionsbewussten Hobbyisten in München kommt die Elite der Cyberkämpfer bei der Cybercrime Conference (C³) des Bundeskriminalamtes und des German Competence Center against Cybercrime (4Cs!) in Berlin zusammen und bespricht, wie der finale digitale Rettungsschuss abgegeben werden kann. Shodan kommt es zum Showdown: Wer schießt schneller als sein oder Ihr Cyber-Schatten? Die Presse wird nach den Mittagshäppchen und Eingangsstatements ausgeschlossen. Da wünscht man sich, die Hand of Man würde die Schwindler greifen.

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's ist Krieg! 's ist Krieg! Und er wird ebenso blutig enden wie alle anderen Kriege, wenn wir nicht seiner Anfänge wehren, ist sich Hal Faber sicher. Von wegen Pest oder Cholera ...

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*** Sie sind wieder da. Gefühlte 900 Wochenschauen früher waren sie häufig ein Thema, die Bobos, die Mitglieder der digitalen Boheme, auch Bobos (Bohemian Bourgeoisie) genannt. Nun hat sie Laurent Joffrin ausgemacht, der Chefredakteur der Libération, den ein Albtraum plagt. Wird Macron "die Stimme nicht nur der gesetzten Lifestyle-Linken, der sogenannten Bobos, und der digitalen Boheme, sondern der ganzen Republik sein?" An der Frage verwundert zunächst, dass Lifestyle-Linke, Bobos und die digitale Boheme (also nochmal Bobos) zusammen jene 24 Prozent ausmachen können, die für Macron gestimmt haben. Ist Marianne in der IT uns deutschen Micheln so weit enteilt oder gibt es da nicht doch die eine oder andere Stimme, die für Macron ist, weil dieser an Europa festhalten will?

*** Gibt es nicht das eine oder andere Argument, für Macron zu stimmen, um Le Pen zu verhindern? Mit großem Tamtam wurde in dieser Woche der schräge Fall eines Bundeswehrsoldaten und Flüchtlingssimulanten diskutiert, der im französischen Saint-Cyr ausgebildet wurde, dort bereits 2014 mit rechtsnationalem Gedankengut in seiner Masterarbeit auffiel und eine Todesliste linker Aktivisten in Deutschland und Frankreich zusammengestellt hatte. Das sollte selbst der dummen Linken zu denken geben, die bei der anstehenden Stichwahl von der Wahl zwischen Pest und Cholera schwafelt.

*** Die wichtigste Nachricht der Woche dürfte wohl das Eingeständnis von Facebook sein, Teil einer Desinformationskampagne gewesen zu sein. 30.000 gefälschte Accounts bzw. "falsche Verstärker" will man allein in Frankreich gelöscht haben. Das mächtige Netzwerk ist damit ein Kampfterrain der Cyberkrieger, die Wahlen beeinflussen wollen und kann sich nicht dagegen schützen. Das gilt für künftige Wahlen wie für die US-Wahl, die uns bislang 100 Tage Trump und 100 Tage Spicer beschert haben. Achja: Die Attribuierung, die Facebook vornimmt, unterscheidet sich nicht von den Vermutungen der US-Geheimdienste.

*** Ja, da schwafelt es vom Cyberkrieg und von der digitalen Abwehrbereitschaft, als wäre der digitale Krieg, der im Vorfeld der staatlichen Auseinandersetzungen bereits mit Fake News und Info-Müll bereits in eine Art Vorkrieg eintritt, ein besseres Ballerspiel, zum Vergnügen der hippen neuen Bundeswehrsoldaten. Der Krieg, der mit der Beeinflussung der Wahlen in den Demokratien beginnt, wird aber genauso blutig enden, dass man mit Matthias Claudius keineswegs Schuld daran sein will.

's ist Krieg! 's ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede du darein!
's ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten, und mir fluchten
In ihrer Todesnot?

Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,
So glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute,
Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch' und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammelten, und mir zu Ehren krähten
Von einer Leich herab?

Was hülf mir Kron' und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
's ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!

Es ist eben nicht die Wahl zwischen Pest und Cholera, sondern zwischen nationalistischer Diktatur und (keineswegs perfekter) liberaler Demokratie, wenn man sich zwischen rechten Populisten und europabegeisterten Liberalen entscheiden muss. Es genügt der Blick ins eigene Haus, man muss nicht auf Paris starren: Frauke Petry oder Christian Lindner? Alexander Gauland oder Katrin Göring-Eckardt? Die Freiheit kommt halt schon mal auf Krücken - und zeigt mit dem Antlitz der kleinen Parteien, wohin die Reise gehen könnte. Oder, anders gesagt: War Alexander von der Bellen der Anfang, oder wird Marine Le Pen der Anfang vom Ende sein?

*** Alles schaut auf die Türkei und die ungehemmt laufende Ermächtigung von Erdogan, während es doch bei uns auch hoch hergeht. Die große Koalition macht tabula rasa mit dem gern beschworenen ach so "friedlichen Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft". Wenn selbst Juristen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als Meinungsfreiheitsbekämpfungsgesetz bezeichnen, dann ist das schon bemerkenswert. Wenn ein SPD-Politiker sich gegen die Wortwahl von heise online verwehrt, wo von Deep Packet Inspection light die Rede ist, ist das sein gutes Recht. Wenn man aber gleichzeitig gar nicht definieren kann (oder will?), was genau diese "Steuerdaten" sind, die Provider auswerten dürfen, ist dies der Teil, wo das "Gesetz über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus" in technische Willkür ausufert. So steuert man mit dem Abgreifen von "Steuerdaten" ein Stück weiter hin zum Überwachungsstaat, komplett mit schicker Fußfessel für ca. 130 Gefährder und weitere Extremisten, auch nach verbüßter Haftstrafe.

*** Mit dabei: die Polizei-Cloud, die das Bundeskriminalamt nun aufbauen darf, natürlich mit dem schicksten Oracle. Nach dem vollkommen unsinnigen Gerede über Datentöpfe und Kerndatensysteme muss man das neue BKA-Gesetz als dreifache Bären-Kraul-Aufnötigung verstehen. Jetzt ist Schluss mit den unsinnigen inkompatiblen Datenbanken der Bundesländer. Besonders pikant: Die Kennzeichnungen, welche Datensätze aus den Altsystemen in der neuen Cloud verarbeitet, an wen sie weitergegeben werden dürfen und an wen nicht, entfallen und werden nach §91 durch Einrichtungsanordnungen ersetzt. Widewidewitt, ich mach mir die Polizeiwelt, widewide wie sie mir gefällt, tralala. Offen bleibt nur ein einziger Wunsch, aufgeschoben bis zur anstehenden Bundestagswahl: Könnte da nicht, wie jetzt in Berlin bei der Umsetzung des eGovernment ein AfDler den Ausschussvorsitz der vorgesehenen parlamentarischen Begleitkommission zur Umsetzung des BKA-Gesetzes übernehmen?

*** Sie sind wieder da und er ist wieder da: René Obermann, bis 2014 Vorsitzender der Deutschen Telekom und knallharter Problemlöser, ist einer der neuen Heraus-Ratgeber der Zeit, dem Wochenblatt für pensionierte Lehrer. Der Kämpfer gegen die Netzneutralität soll dem Blatt wohl zum technischen Durchblick verhelfen. Wir wissen ja: Sein Herz schlägt für Snowden, sein juristischer Verstand sagt öh, äh. Die Gefangenen des Widerspruchs sind andere.

Was wird.

Heraus, heraus zum 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse! Überall wird gefeiert und gefaustet, nur nicht in den US of Amerika, wo der traditionelle Loyalty Day of Americanization diesmal besonders hübsch von Präsident Trump proklamiert wird. Ja, es ist hart, loyal zu einem archaischem System von "Checks and Balances" zu stehen, dass einem Deklarator so oft die Arbeit vermiest. Da erinnern wir uns doch lieber an die heroischen amerikanischen Arbeiter.

Die deutsche Arbeiterklasse – jedenfalls ihr gewerkschaftlicher Flügel – hat heuer für ihren großen Tag ein seltsames Motto gefunden. "Wir sind viele. Wir sind eins." klingt handzahm wie eine Facebook-Gruppe für die Abschaffung der Mengenlehre oder wie frühe Poesie von Floh de Cologne. Das entsprechende Plakat dazu zeigt eine rote 1 vor violettem Hintergrund, leicht an 1&1 erinnernd, das die Arbeiterklasse gerade mit kombinierten Auto-Telefon-Verträgen von 99,99 Euro korrumpiert. Was soll's. Der traditionelle Maiaufruf des Gewerkschaftsvorsitzenden ist ein Katzenvideo, das die Kampfkraft besonders stärkt, in Zeiten, in denen Arbeiterfaust gemäß ver.di zu Angeboten auf eBay führt. Mir freischwebenden Intellektuellen bietet die Bucht da nichts dergleichen an, sondern nur das "Manifest der neuen Libertären", ein Aufruf für mehr Schwarzarbeit und Schwarzmärkte. So sind sie verworren, die Zeiten, in denen eine Debatte über die geistige Situation der Zeit nicht zu Habermas, sondern zur großen Regression führt. Nichts gegen Gewerkschaften, im Prinzip. Wie das so ist mit Prinzipien: Gestandene Anarchisten (etwas Geschichtsbewusstsein tut immer gut) halten die Anarcho-Syndikalisten zwar für stinkende Reformisten – aber dann doch lieber FAU als DGB.

Wo bleibt der feste Halt, wenn alles schrumpft und schwächelt? Natürlich in Bielefeld, wo am Freitag die Big Brother Awards verliehen werden. Mit Kräften arbeiten sie da bei Digitalcourage daran, "Datenkraken ans Licht" zu zerren. Viele IT-Firmen halten schon mal die Luft an, auch in dem einen oder anderen Ministerium bringt sich vorsorglich ein Stellungnahmenschreiber in Stellung. Währenddessen laufen die Vorbereitungen in Bielefeld. Einen Eklat wie letztes Jahr, als der zum Mikro stürmende Deutschland-Chef von Negativpreisträger Change.org für Unruhe sorgte, will man auf jeden Fall vermeiden. Was an der Petitionsplattform Schlimmes ist, soll derweil ein radegebrochener Artikel aus Italien erklären.

Bis es soweit ist, dass Punkt 18:00 am Freitag die Preisträger und Preisträgerinnen bekannt gegeben werden, hat die Woche noch allerhand zu bieten. Besonders in Berlin, wo zum Tag der Pressefreiheit eine Soli-Show für inhaftierte Journalisten stattfindet. Soli steht dabei für Solidarität, ein Wort, das früher zum 1. Mai gehörte wie Joghurt zum Obst. #FreeDeniz, #FreeRaif.

Quelle : www.heise.de

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