Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125676 mal)

0 Mitglieder und 4 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von künstlichen Intelligenzen und einer unkünstlichen Messe
« Antwort #615 am: 13 März, 2016, 05:00 »
Romantizismen können nicht nur in der Musik gehörig nerven. Und doch gehören sie zu manchem Meisterwerk einfach dazu. So mag auch der unaufhaltsame Sieg der KI über den Menschen manch konservativ-romantisches Nebenher mit sich bringen, grübelt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Manchmal konnte Keith Emerson einem ja schon auf die Nerven gehen mit seinen Romantizismen. Die bei Nice noch durch die Mitspieler gebremst, bei Emerson, Lake & Palmer aber durch den oft arg sentimentalen Greg Lake eher noch gefördert wurden. Aber das ist egal: Emerson ist einer meiner großen musikalischen Helden, der mit ELP nicht nur meine Musiklehrer davon überzeugte, dass es ein musikalisches Leben auch diesseits der Wiener Klassik und gewisser "neuzeitlicher Moden" gibt, sondern mich von Anfang an für sein Klavierspiel, seinen Synthesizer-Einsatz und seine Kompositionen begeisterte. Besonders mit Emerson, Lake & Palmer öffnete mir Emerson Gehörgänge einerseits in eine Musik abseits des alltäglichen Gedudels. Und andererseits zu etwas, das heutzutage immer noch, auch wenn die Anfänge bereits 100 Jahre her sind, seltsamerweise als "Neue Musik" bezeichnet wird. Lustigerweise waren für mich auch Punk à la Clash/Crass/AngelicUpstarts und ProgRock nach ELP/KingCrimson/GentleGiant-Art zwei Seiten derselben Medaille: Musik entgegen der wohlfeilen Harmlosigkeit, die sich zu dieser Zeit als Mainstream in der Rockmusik durchzusetzen begann. Nun ist Keith Emerson gestorben.

*** Was dagegen lebt, ist – entgegen aller immer wieder zu hörender Unkenrufe – die Künstliche Intelligenz. Denn ES ist passiert: Nach dem Sieg im Schach, nach dem Triumph des Thermomix beim Kochen hat der Computer den Menschen in Go geschlagen. Dabei hat der Computer Züge gemacht, über die professionelle Go-Spieler nur den Kopf schüttelten. Alles nur Mathematik, doch so bekommen wir eine Ahnung von einem anderen System, von einer "künstlichen Intelligenz" im Sinne des verbrauchten Wortes. Neben klugen Kommentaren, dass man ein neues Go vom Go-Computer lernen kann, sind die Apokalptiker aus dem Häuschen: "So, glaube ich, fühlt sich so ein Sci-Fi-Szenario an, in dem eine überlegene außerirdische Intelligenz die Erde angreift, und wir sind nicht schlau genug, ihre Strategie zu verstehen. Wir sehen, was sie tut, aber wir verstehen es nicht", heißt es, verbunden mit einem kleinen Rundschlag zu Computern, die selbst ihre Software schreiben, bevor sie auf die Reise gehen ins Universum. Denn wir sind halt doof, so als Spezies im Allgemeinen und als Programmierer im Speziellen. Wie sagte es noch Arthur C. Clarke? Ach, ich wiederhole mich.

*** Bis wir daneben stehen und über diese Computer mit dem Kopf schütteln, haben wir noch einige Möglichkeiten. Heute kann man beispielsweise in einigen Ländern Deutschlands darüber abstimmen, ob die Frauen zurück an den Herd geschickt werden und ob über die "Unglückszeit" des deutschen Faschismus geschwiegen werden soll. Als seien die Landtagswahlen eine Abstimmung über sie, bringt die tageszeitung ein großes Portrait über Angela Merkel. Die Lenkerin der Deutschland AG, die Pragmatikerin, die immer darauf achtet, dass die Maschine läuft, wird ausgehfertig gemacht für eine schwarz-grüne Zukunft. Die Partei, die einst im Jahre 1987 so große Angst vor dem Computer hatte, dass sie die Zahl auf 10 PC limitierte, ist längst auch technisch anschlussfähig geworden beim Liebäugeln mit dem Konservativismus.

*** Die Schlagzeilen, die Volkswagen in dieser Woche produzierte, zeigen die Auflösung genau dieser Deutschland AG, an der Merkels Herz hängt. Der längst überfällige Rücktritt des US-Chefs ist nichts gegen die Nachricht, dass man noch zum Jahreswechsel 2014/15 die Abgas-Software mit einem Update erweiterte, als die Untersuchungen gegen Volkswagen in den USA schon liefen. Die Folgen dieser Aktion, staatliche Auflagen zu ignorieren und auf eine kleine Strafzahlung zu hoffen, wird Konsequenzen für die besagte Deutschland AG haben. Da mag man noch so unbeschwert den Beginn der Bulli-Produktion in Hannover feiern oder auf die anderen Hersteller zeigen, es nutzt nichts. Um es in Verdrehung eines verdrehten Sloterdijk-Geraunes zu sagen: Hier entscheidet ein Autokonzern über den Ausnahmezustand.

*** Der US-Amerikaner Jacob Appelbaum hat auf einem Symposium über den Widerstand gegen Zensur und Überwachung entschieden, dass alle, die ihn als Online- oder Internet-Aktivisten und nicht als Journalisten bezeichnen, sein Leben gefährden. Denn damit würden sie suggerieren, dass er kein richtiger Journalist sei, was wiederum staatliche Dienste bewegen könnte, ihn mehr zu beobachten und zu verfolgen. Das ist eine starke These, die sich im Umfeld von Wikileaks gut macht, aber ansonsten merkwürdig bleibt. Bei Reporter ohne Grenzen gibt es das "Barometer der Pressefreiheit", das getötete oder verhaftete Journalisten und Online-Aktivisten ausweist. Elf in diesem Jahr getötete Jounalisten, 152 verhaftete Journalisten und 163 verhaftete Online-Aktivisten zeigen, dass es kaum einen Unterschied macht, wie die Etiketten beschriftet sind. Die Unterscheidung ist eher ein Tritt gegen die etablierten Medien wie dem Guardian, der New York Times und den Spiegel, die auf der Konferenz heftig kritisiert wurden.

*** Ohnehin ist manche Unterscheidung in diesen Tagen seltsam: Was soll man von dem Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses halten, wenn er die Online-Aktivisten des Chaos Computer Clubs auffordert gemeinsam mit dem BSI (!) gegen "Putins Trolle" vorzugehen? Patrick Sensburg erkannte richtig, dass Verbote und Blockaden nicht helfen, weil sie Verstöße gegen die Meinungsfreiheit sind.
"Aber wenn beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik oder der Chaos Computer Club die Gerüchte und Seiten der Trolle enttarnten, hätten Bürger die Möglichkeit, sich unabhängig zu informieren und Informationen zu verifizieren."
Unabhängige Bürger-Informationen nach gemeinsamer Vorarbeit von Sicherheitsspezialisten und Hackern, die allen Ernstes erzerrte Informationen enttarnen können, das könnte anderswo als Vorzensur interpretiert werden. Zumal es gerade unter den Hackern illuminoide Typen gibt, die glauben, dass "The Con" uns alle in "Pinks" verwandeln will, indem fortlaufend unser "Slack" geraubt wird Dann schon lieber eine freie Presse mit unabhängigen Journalisten oder eben auch "Recherche-Verbünde" in denen Spezialisten mitarbeiten, ob Hacker oder Kryptologen.

*** Als Ronald Reagan, der Vorläufer von Donald Trump, in den USA zum Präsidenten gewählt worden war, wollte er nach Darstellung von Ken Adam den "War Room" im Weißen Haus sehen, den Adam für den Film Dr. Seltsam von Stanley Kubrick gebaut hatte. Ausgerechnet der ehemalige Schauspieler nahm das verschwörungstheoretisch höchst interessante Spektakel für bare Münze. Adams "War Room" ist Teil unserer Kultur geworden, auch die Bauten für die Bond-Filme werden in Erinnerung bleiben. Und nein, der neue Präsident Obama fragte nicht nach dem Adam-Raum. Nun ist auch Sir Ken Adam, der in Berlin geborene Klaus Hugo Adam, gestorben.

Was wird.

Hurra, hurra, es ist wieder soweit mit der CeBIT! Diese tolle IT-Messe da in Hannover wird gelauncht! Die Zeit der unterirdischen Pressemeldungen ist endlich vorbei, das sinnbefreite Geplaudere mit den Vertriebsmenschen kann beginnen. Weg mit dem Gefühl der verbauten Zukunft, denn die IT wird uns retten und alles strahlend und größer machen. Diesmal ist alles 4.0 und in XXL, wenn Günther Oettinger die Messe eröffnet hat. Der schießfreudige EU-Mann ist Optimist und freut sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bereits auf das Jahr 2020, wenn die Fußball-EM ganz im Glanze des 5G-Netzes erstrahlt. Das Blatt lobt denn auch die CeBIT als größte IT-Messe der Welt und sorgt sich über alle Deutsche, die die CeBIT belächeln oder von den wilden Zeiten voller Standparties schwärmen. Ja, Deutschland muss einen "echten Sprung in die neue Welt des Internets der Dinge" machen und all die Trantüten überhüpfen, die da von "Datenschutz" reden und die Zwangssmartmeterisierung ablehnen.

Am zweiten Tag wird Angela Merkel von Wahlen befreit glücklich über die CeBIT gehen und sich das große Umkrempeln anschauen, Schweizer Stände besuchen, bei SAP, IBM und Microsoft Hallo sagen, das Internet der Dinge begucken, vielleicht in 3D einen Henkel ihrer Handtasche nachdrucken lassen und wieder nach Berlin verschwinden, achtsam von Sicherheitsleuten und Fotografen begleitet. Wenn Obama zur Industrie-Messe kommt, um Amerikas Erfindergeist zu unterstreichen, wird das sicher anders aussehen. Bis dahin freuen wir uns über den Start der deutschen Volksverschlüsselung, ganz ohne Hintertüren made by USA.

Es geht ja voran, dank der Flüchtlinge. Die haben ein ganz wunderbares Kerndatensystem, in dem Daten zusammengeführt werden, die in dieser Form eigentlich "wg. Datenschutz" verboten ist. Medizinische Daten, Sozialdaten, Finanzdaten und vieles mehr, das Ganze obendrein in eine "Sealed Cloud" gepackt. Und ist es nicht wunderbar, dass uns genau diese Big-Data-IT, die Flüchtlinge und Asylsuchende verwaltet, auch schützt vor gut gebauten Männern im kampffähigen Alter, die aus den Booten steigen. "Big Data enttarnt Terroristen unter Flüchtlingen", da sage einer noch etwas gegen Big Data. Sagt ja zu Sahra, es ist für unser aller Gesundheit das Beste, wenn alle Gesundheitsdaten zusammengeführt werden. Erinnern wir uns an AlphaGo: Sie wollen doch nur spielen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Von toten Göttern und Selbstradikalisierern.
« Antwort #616 am: 27 März, 2016, 07:32 »
Aufklärung, französische Revolution, Weltkriege und Privatsphäe: Was für seltsame Assoziationen so eine österliche Sommerzeit doch erzeugt. Auch eine Rückkehr in vordemokratische Zeiten klingt an - was Hal Faber aber weniger mit der Sommerzeit verbindet.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Hach, immer diese Sommerzeit mit den WWWW-Verspätungen und der Diskussion über die Sommerzeit, mithin doch ein Triumph der Aufklärung und der Veränderungslust über das dumpfe Weiterwursteln. War es nicht der amerikanische Revolutionär Benjamin Franklin, der in seiner Denkschrift an den Pariser Magistrat den eingesparten Kerzenverbrauch berechnete? Etwas billig auch der gern wiederholte Versuch, die Sommerzeit als Produkt des Krieges hinzustellen. Dagegen muss man klar und eindeutig gerade zum Naschfest Ostern festhalten, dass die Sommerzeit 1911 bei uns in Berlin erfunden wurde, um abends im Tageslicht nach getaner Arbeit ein längeres Privatleben im Hellen haben zu können. Die "Sehnsucht nach Sonne", die von der "Sarotti-Zentrale für Einführung einer deutschen Sommerzeit" propagiert wurde, war mehr als ein Werbetrick, zu dem nach dem Krieg der kolonial kodierte Sarotti-Mohr hinzukam, das Schokoessen zu fördern. Was Benjamin Franklin gefreut hätte, der im Bürgerkrieg seine Offiziere mit Schokolade versorgte, damit ihre Truppen härter für die amerikanische Demokratie kämpfen können.

*** "Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety."

*** Von Tag zu Tag wird Benjamin Franklins Satz etwas wahrer, denn es mehren sich die erschreckten Kleingeister und die verschlissenen Innenminister, die wesentliche Elemente der Demokratie aufgeben wollen, wie es der Datenschutz ist, nur um ein bisschen temporäre Sicherheit zu erkaufen. Hier geschieht Übles, da hat die gern tot gesagte Piratenpartei völlig recht, wenn abgelenkt wird vom Thema, warum der Datenabgleich zwischen den europäischen Polizeibehörden nicht funktioniert hat, warum die Türkei mit den Niederlanden und nicht mit Belgien zusammenarbeitete. Ganz zu schweigen vom Kommunikationsproblem der Polizei im flandrischen Mechelen mit der französischen Antiterrortruppe. Nun soll auch der dritte Terrorist des Bombenattentats auf dem Flughafen Zaventem erkannt und festgenommen sein, wie alle anderen längst in einer polizeilichen Datenbank registriert. Eine hübsche Pointe ist auch die Tatsache, dass Teile der Polizei offenbar über Whatsapp kommunizierten, weil das Sicherheitsnetzwerk mit dem hübschen Namen ASTRID wegen der vielen Rettungseinsätze überlastet war.

*** So war es wieder an der Zeit, dass wir "informiert" wurden von Medien, die selten etwas wichtiges wussten und ihr Gebrabbel in in Panikgewittern vor den Absperrungen zum besten gaben mit der Erkenntnis, dass jetzt "Krieg" ist. Nein, es ist nicht Krieg, es ist Ostern im Rückzugsraum Deutschland und die Christen feiern die Aufersteheung ihres Gottes mit Schoko-Osterhasen und Krokant-Ostereiern. Der eine oder andere wird beim Abpellen der Alufolie vielleicht trübsinnig die Frage stellen, wie tot Gott ist mit den verzweifelten Menschen in Idomeni, dieser konstruktiven Lösung da im Schlamm. Hilft es da schon, wenn ein Papst ein paar Füße wäscht und die Konkurrenz den Terror kurzerhand zur Gotteslästerung erklärt? Ich habe da meine Zweifel, aber halt auch keinen Draht für übernatürliche Wesen, die im Zweifel einen Kopfschuss mit dem Glauben an den richtigen Gott legitmieren.

*** Diese Zeilen entstehen vor dem großen Eiersuchen an einem historischen Tag: Vor 40 Jahren schickte Queen Elizabeth II anlässlich eines Truppenbesuches unter dem praktischen Userinnennamen HME2 ihre erste E-Mail ins Arpanet. Damals wurde ein Computer in Malvern angeschlossen, nachdem das Rutherford-Atomlabor wegen der Messdaten russischer Atombombentests schon früher dran war. Besonders persönlich war die E-Mail nicht gehalten, doch die Geschichte ist dennoch interessant, wie bei Peter Kirstein zu lesen ist: Unter den 5Eyes gab es keine Angst vor amerikanischer bzw. britischer Dominanz der Technik. So wurden die Grabenkämpfe vermieden, die in Deutschland und Frankreich geführt wurden. Militär und Wissenschaft profitierten davon.

*** Edward Snowden hat die moderne Zusammenarbeit der 5Eyes aufgedeckt und würde es wieder tun, nur mit der Tat nicht so lange warten, wie er es getan hat. Wie lange er die Tat vorbereitet und geplant hat, diese eminent wichtige Frage wurde auch beim Gespräch zwischen Greenwald, Chomsky und Snowden nicht aufgeworfen. Auch Glenn Greenwald würde wieder so handeln, wie er gehandelt hat und Snowdens Dokumente weiterhin in homöopathische Dosen verabreichen, von denen er und die angeschlossenen Publikationen noch jahrzehntelang zehren können. So bleiben die Snowden-Archive bis auf Weiteres zu großen Teilen verschlossen, wie übrigens auch die Einschätzung der US-amerikanischen Geheimdienstaufsicht Verschlusssache ist, ob Snowdens Dokumente überhaupt einen Schaden angerichtet haben. Jede Schadenseinschätzung wäre geeignet, die Arbeit der Dienste zu enthüllen, eine Formulierung, die auch in Deutschland wohl bekannt ist: Ist der Bundestag wirklich von Tophackern russischer Geheimdienste gehackt worden? "Aus der Kenntnis der von Ihnen begehrten Informationen könnten sich unter Umständen Rückschlüsse ziehen lassen ..." Aus Schaden wird man klug ist ein alte, nutzlose Volksweisheit.

*** Edward Snowden ist über Umwege zu den Geheimdiensten gekommen. Er hat in Genf gearbeitet und schließlich als Mitarbeiter von Booz Allen Hamilton IT-Systeme der NSA betreut, bis er sich im Dienst selbstradikalisierte. Seine ursprüngliche Entscheidung für diese Karriere entstammt einem Informatikstudium, nachdem er als Armeeanwärter nach einem rätselhaften doppelten Beinbruch ausgemustert wurde. Bis heute sind die Militärdokumente nicht einsehbar, denn sie würden – (erraten?) – geeignet sein, die Verteidigungsbereitschaft der USA zu unterhöhlen. Während in Dresden die Frühgeschichte des BND mit vielen Waffen und Dokumenten gezeigt wird, wurde in Hamburg eine Fotoausstellung zur Geschichte des Dienstes eröffnet, der nächste Woche Geburtstag feiert. Zur Eröffnung sprach BND-Chef Gerhard Schindler Klartext über ITler und ihren Traum von toller Arbeit: "Bei den ITlern ist es oft so, dass sie deshalb gerne zu uns kommen, weil sie das machen dürfen, was sonst gesetzlich verboten ist." Es ist ein trauriges Statement über eine Branche, sie sich mit seltsamen Theorie über ihren gesetzlichen Rahmen hinwegsetzt, das höchstens deshalb positiv gedreht werden kann, weil auch in Deutschland Selbstradikalisierungen denkbar sind, drei Jahre nach Snowden.

Was wird.

Obama war als Vorgruppe der Rolling Stones auf Kuba, bald kommt er ohne sie zur Hannover-Messe nach Deutschland, schließlich haben wir die fast genauso rüstigen Scorpions. Obama kommt als Botschafter des guten TTIPs. Die Sicherheitsmaßnahmen sind angelaufen. Unbewachte Parkplätze zur Übergabe unbedachter Kolumnen stehen ab sofort unter verschärfter Beobachtung, deutsche Chlorhühnchen haben Flugverbot und im benachbarten Wolfsburg werden sogar die Pedale von Volkswagen demontiert, damit sie den Präsidenten nicht vergiften können. Alles Lüge? Aber nicht doch, es ist einfach konstruktiver Journalismus, der den Leser nicht apathisch zurück lässt, sondern Handlungsalternativen zeigt. Her mit der Flagge und den Jubelklängen! Flagge raus, wenn gleich nach der Verleihung der Big Brother Awards gleich nebenan in Bielefeld die 1. europäische Bürgerinitiative zur Demonstration in Hannover aufruft, das reinheitsgebotene Bier zu schützen. Das mächtige Bayern steht hinter uns. Wer solche Freunde hat ...

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Vom Löschen, Tauschen, Spielen.
« Antwort #617 am: 03 April, 2016, 03:56 »
Ach ja. Deutsch sein. Dazu gehört wohl, machmal peinlich, manchmal übereifrig, immer aber sehr bemüht nach Definitionen dieses "Deutsch seins" zu suchen, befürchtet Hal Faber. Nein, relaxed, das gehört wohl eher nicht dazu. Ausgechilled vielleicht schon.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Satire darf alles, doch was ist Satire? Einen Menschen mit den Worten "Sackdoof, feige und verklemmt" zu bezeichnen, gehört in den Bereich der Schmähkritik, wobei es wirklich nicht hilft, diese Schmähkritik ausdrücklich als Satire zu bezeichnen. Insofern war es kein gelungener Aprilscherz des Zweiten Deutschen Fernsehens, einen Beitrag von Jan Böhmermann zu löschen, sondern eine schlichte juristische Notwendigkeit. Allenfalls stellt sich hier die Frage, wieso die Aufzeichnung der "Parodie einer Schmähkritik", die als lupenreiner Rassismus einherkommt, überhaupt gesendet wurde und die gereimte Dümmlichkeit keinem ZDFler auffiel. Spätestens bei "Recep Fritzl Priklopil" hätten alle Warnlampen angehen müssen, was die bekannten "Grenzen der Satire bei uns in Deutschland" sind.

*** So gesehen ist es ein trauriger Zwischenfall, der das eigentliche Problem verdeckt: Nach dem Beleidigtsein eines Erdogans nach Ausstrahlung einer gelungenen Musiknummer müsste grob gefragt werden, was das für eine Flüchtlingspolitik ist, die einen Politiker wie Erdogan als demokratischen Partner Europas hofiert. Das ist das eigentlich Verwunderliche beim "Tauschgeschäft", nicht Erdogans Verwunderung, darüber dass ein Land wie Deutschland, das Flüchtlingsrechte ignoriert, beim Presserecht keinen Spaß kennt.

*** Doch hach, wir sind längst weiter, schon beim nächsten Aufreger, was es ausmacht, ein Deutscher zu sein und was daran peinlich gefunden wird und wie man von Hitler profitieren kann. Wieviele Flüchtlinge und Jahre braucht man eigentlich, dass dieser Unsinn mit den Definitionen des Deutsch-Seins aufhört?
"Früher oder später wird das Asylrecht für politische Flüchtlinge abgeschafft. Es passt nicht in die Gegenwart. Als die bürgerliche Ideologie Freiheit und Gleichheit noch ernst nahm und die ungehemmte Entwicklung aller Individuen noch als Zweck der Politik erschien, mochte auch der politische Flüchtling als unantastbar gelten. Das neuere Asylrecht gehörte zum Kampf des dritten Standes gegen den Absolutismus, es beruhte auf der Solidarität des westeuropäischen Bürgertums und seinesgleichen in zurückgebliebenen Staaten. Heute, wo das in wenigen Händen konzentrierte Kapital zwar in sich gespalten, aber gegen das Proletariat zur solidarischen und reaktionären Weltmacht geworden ist, wird das Asylrecht immer störender. Es ist überholt. Soweit die politischen Grenzen Europas nicht gerade den Interessensdifferenzen von gegnerischen, mehrere Nationen umspannende Wirtschaftsgruppen entsprechen, fungieren sie fast bloß als allgemeines ideologisches Herrschaftsmittel und als Reklamemittel der Rüstungsindustrie."
Das schrieb der politische Flüchtling Max Horkheimer unter dem Pseudonym Heinrich Regius in "Dämmerung", seinen Notizen über Deutschland zum Abschied aus Deutschland. Eine erhellende Kurz-Analyse, was den Ursprung des politischen Asylrechts anbelangt, erhellend aber auch die Sicht auf ein Europa, in dem Wirtschaftsinteressen Vorfahrt haben vor den Menschenrechten.

*** Das Horkheimer-Zitat gemahnt zum Tode von Hans-Dietrich Genscher auch an seine Balkon-Rede in der Prager Botschaft, schließlich glaubte Genscher mit dem Zusammenbruch des Ostblocks, dass Fragen nach einem politischen Asyl bald der Vergangenheit angehören werden. Selbst ein Genschman konnte die Welt nicht zum Allguten hin verändern.

*** In Amerika angekommen, schrieb Horkheimer basierend auf seinen Vorlesungen an der Columbia University die "Kritik der instrumentellen Vernunft". Das Werk ist eines der Bücher, die das verquere Verhältnis des Menschen zur Natur kritisierte, die von instrumentell denkenden Menschen restlos ausgebeutet wird. Die Warnung vor der Technik und den nur auf die Technik fixierten Fachwissenschaftler wird verständlich angesichts der Kriegsspieltheorien, mit denen damals Kybernetiker wie Herman Kahn und John von Neumann erste Entwürfe für den zu erwartenden Nuklearkrieg voraus dachten – nicht zu vergessen John Nash. Damit schwenkt diese kleine Wochenchau wieder in die überschaubare Welt der IT ein, denn mit dem IBM-Ingenieur Max Woitschach gibt es einen, der die Spieltheorie aufgriff und als Unternehmensplanspiel weiter entwickelte. Sein Werk wird nun wissenschaftlich erforscht, seine Kritik der unreinen Vernunft steht noch aus. Manager, die spielerisch Entscheidungen üben und dabei von Computern und Big Data hantierten, waren vor 40 bis 50 Jahren bei allen westdeutschen Firmen hoch im Kurs: Für die Bundesrepublik sind 117 Unternehmensplanspiele nachgewiesen worden, die bei Bull Deutschland, Hoechst, IBM oder Siemens ausdauernd gespielt wurden. Eine besondere Rolle "spielte" dabei IBM, weil ihre Unternehmensspielsoftware Topic-1 gratis mit den Computern ausgeliefert wurde. Wer heute über Serious Gaming oder etwas Ökolopoly schwadroniert, vergisst diese Wurzeln. Die modischen Floskeln von einer Kultur des Scheiterns, Ausprobierens und Lernens, mit denen der Spiegel heute um sich wirft, haben alte Vorgänger.

*** Zurück zu den Wurzeln will man auch im Bundesinnenministerium, wobei es hier um west- wie um ostdeutsche Ministerialgeschichte geht. Nach Arbeiten über die braunen Wurzeln des Bundeskriminalamtes und die schattige Geschichte des Bundesnachrichtendienstes ist es an der Zeit, über die Ministerien zu forschen, die sich mit der Bevölkerungskontrolle in allen Aspekten befassten. Die Absicht ist vorbildlich formuliert: "Wie viele Mitarbeiter mit Nazi-Vergangenheit hatte das Bundesinnenministerium (BMI) in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg? Wirkte sich eine ehemalige NSDAP-Mitgliedschaft auf die deutsche Innenpolitik der Jahre 1949-1970 aus?" Man könnte die historischen Frage auch ruhig auf die Jetztzeit ausdehnen: Wer dachte sich eigentlich im BMI das Konzept des Staatstrojaners aus? Die Antwort, ob dieses Tool rechtmäßig ist und nicht gegen das Grundgesetz verstößt, wird ja mit Spannung erwartet. Am 20. April will das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung bekannt geben und mündlich begründen.

Was wird.

Womit wir schon hopplahopp in der Zukunft sind. Schluss ist's mit den elenden Aprilscherzen und den scherzbehafteten Jubiläen, mit Tay-Sprüchen und Anwürfen gegen die Künstliche Intelligenz. Wobei der schönste Aprilscherz diesmal von der "Süddeutschen Zeitung" kam, deren Chefredakteur Kister stolz auf den Titel "Gutmenschen-Prawda" ist:. Zum 1. April gab es unter dem Titel "Radikale Roboter" den gut gemeinten Ratschlag, wie beim Turing-Test der falsche Mensch enttarnt werden kann: "Fragen Sie ihn, was sich hinter und neben ihm befindet. Das kapiert er nicht." Das kapieren Computer nicht. Wenn sie antworten, dass neben ihnen und hinter ihnen weitere Racks stehen, haben sie sich enttarnt.

Ein Jubiläum gibt es noch: Heute vor 20 Jahren wurde der Unabomber Ted Kaczynski verhaftet, nachdem sein "Manifest" gegen die Künstliche Intelligenz und andere Technologie-Gefahren veröffentlicht worden war. Seine Schwägerin und sein Bruder erkannten ihn am Schreibstil. Zu diesem Jubiläum startet am Donnerstag in Dortmund die Ausstellung Vigilanten und Whistleblower, die Kaczynski umstandlos den "Figuren des digitalen Widerstands" zurechnet, die sich auf eine "höheres Recht" berufen wie etwa Edward Snowden und Chelsea Manning. Das ist zwar völliger Unsinn, aber eben auch künstlerische Freiheit, die dieses unsere Land auszeichnet. Der Informatiker und KI-Forscher David Gelernter, dem Kaczynskis Bombe eine Hand, ein Auge und einen Lungenflügel zerstörte, warnte unlängst in der Zeitung vor dem "Gehirn des Golems" und unbesonnenen Eingriffen in die Physiologie von Geist und Bewusstsein. Tempora mutantur, nos et mutamur in illis.

Es gibt aber auch Konstanten, die ihresgleichen suchen: Fern am Horizont, doch schon Ende des Monats stattfindend, taucht das Vintage Computer Festival Europe auf. Es wird zum letzten Male im schrägen Setting der Mehrzweckhalle des Eisenbahnsportlervereins München-Ost stattfinden: Am Tag nach dem proletarischen Kampftag wird das Gebäude abgerissen, damit schicke Lofts, Penthäuser und Latte-Schlürfstuben entstehen können. Beim Hipster-verdächtigen Thema "Was mit Medien" ist natürlich der Jubiliar Apple mit von der Partie, mit einem Gerät, von dem Admins heute noch schwärmen. Repariert wird nicht mehr, Geschichte wird gemacht.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Von hehren Zielen und bitterem Scheitern
« Antwort #618 am: 10 April, 2016, 10:45 »
Ein Land in Mittelamerika ist in aller Munde, auch in Hal Fabers. Doch während die einen daran arbeiten, ihn ins rechte Licht zu rücken und die anderen verkrampft das Haar in der Suppe suchen, erinnert er daran, dass die EU die Münder schließen will.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Oh, wie schön ist Panama, jenes Land der Kindheit, das man niemals verlassen möchte. Ganz anders als dieses Land zwischen Süd- und Mittelamerika, in dem die Veröffentlichung der Panama Papers keine Konsequenzen hat. In dem man von einem "perversen Angriff auf unsere Nation" spricht und gleichzeitig stolz ist auf das moderne Gesetz zu den "Sociedades Anónimas", das man 1984 von der US-Steueroase Delaware 1:1 kopierte. So entstand die laute und dreckige Panama City, von der Lufthansa gerade zum Reiseziel des Monats gekürt. Dort sitzt die von dem Deutschen Jürgen Mossack gegründete Kanzlei Mossack Fonseca in einem Gebäude zusammen mit einer Privatklinik, in der sich kranke Klienten behandeln lassen können.

*** 11,5 Millionen Dokumente, insgesamt 2,6 Terabyte Daten, die mit Hilfe der Optical Character Recognition aufgetürmt wurden, was den Software-Lieferanten Nuix vor Stolz fast zum Platzen bringt. Das ist nicht alles. Angeblich 400 Journalisten arbeiteten insgeheim an dem Mordstrumm, natürlich über das Internet verbunden und verschworen. Nach den Offshore-Leaks von 2013 mit 86 Journalisten und 260 Gigabyte Daten hat das ICIJ einen neuen Rekord gesetzt und zeigt dies mit einem Spielchen. Die zusammen arbeitenden 400 Journalisten sind also Helden. Denn sie stellen das her, was die tageszeitung als neue Weltöffentlichkeit feiert:

"Die aktuelle Enthüllung ist nicht die erste des Netzwerks, aber die wahrscheinlich komplexeste, die je von investigativem Journalismus geleistet wurde. Einzelne Redaktionen könnten einen solch gewaltigen Datensatz in seinem globalen Kontext niemals entschlüsseln. Seit einigen Jahren finden Journalisten erfreulicherweise Antworten darauf, wie sie zur vierten Gewalt in einer Weltgemeinschaft aufsteigen können."

*** Große Worte, die noch größer werden, wenn Hans Leyendecker, der 500-Pfund-Gorilla des investigativen Journalismus seine Lehre vom Schmutz aufschreibt, gegen die Putin-Versteher, die die Veröffentlichungen mit der Gleichschaltung der Presse unter Goebbels vergleichen oder gegen die Informations-Verbieter.

"Eine wirklich gute Nachricht ist, dass Journalismus funktioniert, obwohl es ihm ökonomisch an vielen Orten nicht gutgeht. Hunderte Journalisten aus aller Welt, aus unterschiedlichsten Kulturkreisen, haben sich zusammengetan, um die große Geschichte mit den vielen Details aufzuarbeiten. Sie haben miteinander, und nicht gegeneinander gearbeitet, und ein Jahr lang dichtgehalten. Für viele ist es die Geschichte ihres Lebens, und sie werden dranbleiben. Mag der Teufel wissen, welches Motiv jeder einzelne von ihnen hat. Aber gemeinsam tun sie etwas für Aufklärung und gegen ungerechte Verhältnisse."

*** Gegen ungerechte Verhältnisse veredeln die Journalisten die Arbeit von Whistleblowern zu Erkenntnis-Wunderwerken, wenn sich die Politik weigert, Whistleblower anzuhören. Eine schöne Vorstellung, die mit der Realität wenig gemein hat. Denn ausgerechnet Europa, das über die Steueroasen und ihre Bankgeheimnisse schimpft, steht in der nächsten Woche vor der Abstimmung über eine neue Richtlinie zum Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen und vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, die dieser Form des aufklärerischen Journalismus den Garaus macht. Deswegen gibt es seit über einem Jahr Proteste und Kritik von mehr als 400 Journalisten. Während der Präsident des Europaparlamentes davon schwadroniert, dass Steuerhinterziehung unsere Gesellschaft zerfrisst, kann man bei den den "Lux-Leaks" sehen, wie es mit dem neuen EU-Gesetz aussehen könnte, weil Luxemburg sich auf einen ähnlichen Paragraphen beruft. Dort ist nicht nur der Whistleblower, sondern auch der Journalist angeklagt. Die Verhandlungen beginnen am 28. April.

*** Die Nachricht von den Panama Papers animierte die deutsche Piratenpartei zu frohlockenden Prognosen über ihre isländische Schwesterpartei, die mit Birgitta Jonsdottir bei vorgeschobenen Neuwahlen die Ministerpräsidentin stellen könnte. Die Regierung überstand zwar die Misstrauensabstimmung, doch bei den Piraten gibt man sich siegesgewiss als Hacker unserer bisherigen überholten Regierungssysteme.

*** Buch macht kluch, sagt der Volksmund. Doch jedes Buch hat einmal ein Ende, wie auch das Bücherschreiben. Der große schwedische Schriftsteller Lars Gustafsson ist tot. Mit seinem Aufruf für Informationsfreiheit als Bürgerrecht war Gustafsson ein Unterstützter der schwedischen Piratenpartei. Er betrieb ein Schreibprogramm ganz eigener Art. Übersetzer von Rilke und dem großen Seamus Heaney. Autor von Büchern und dem unverzichtbaren "Handbuch für das Leben". Mit seiner Erzählung über die Tennisspieler hinterlässt er eine der schönsten Computergeschichten in der Literatur. Da wird der Computer des Luftfahrt-Kontrollzentrums der Air Force von Fort Worth benutzt, um Bücher von Strindberg und Pietziewzskoczsky in Gödelnummern umzuwandeln, damit sie à la mode de Vroniplag vergleichbar werden. Das Resultat ist unbekannt und liegt in einem einsamen Computer, der womöglich immer noch rechnet. Mit seiner Logik der Toleranz gab Gustafsson zuletzt nicht nur den Philosophen einen hübschen Zweisatz als Denkaufgabe.

"In Fragen der Vernunft und der Freiheit haben Gesellschaften genauso wie Individuen eine klare Antwort zu geben. Sie müssen sich entscheiden. Es gibt hier keinen Mittelweg. Das gilt für die Bürger eines Landes genauso wie für die Zugezogenen."

*** Während Gustafsson sein Buch über die schwedische Piratenpartei und die Verfasstheit von Schweden nicht mehr schreiben kann, gibt es zumindest in Deutschland einen Versuch, das Geschehen rund um die Piratenpartei zu reflektieren. Die Geschichte der Affenschande soll gedruckt werden, wenn Politik als Notwehr finanziert ist. Das Erbe der Piratenpartei ist jedenfalls keine Stange Geld, das nach Panama verschoben werden muss, nur eine bittere Erkenntnis mit dem piratenüblichen Schuss Megalomanie:

Die Piratenpartei, wir alle haben es vergeigt. Wir haben das Projekt in den Sand gesetzt. Und das ist eine Affenschande: Es gab ein Zeitfenster, in dem alles möglich schien. Wir trieben die etablierte Politik für einige Monate vor uns her. Beobachter wie Akteure: Alle waren sich einig, dass sich im parlamentarisch-politischen System dringend etwas ändern muss, und eigentlich war das unsere Aufgabe."

Was wird.

Es geschieht nicht alle Tage, dass ein Geheimdienst sich unter die Verbraucherschützer mischt. Ausgerechnet der britische GCHQ, anerkanntes Mitglied der "Five Eyes" äußerte sich besorgt über die Einführung von Smart Metern in Großbritannien, weil diese intelligenten Stromzähler allesamt mit demselben Schlüssel verschlüsselt wurden. Wie die Best Practice in Deutschland angesichts des Smart-Meter-Zwangs aussieht, will ein Workshop des CAST in der anstehenden Woche klären.

Wissenschaftler haben mit ihren wissenschaftlichen Werkzeugen bewiesen, dass es ePundits gibt und die wichtigsten deutschen e-Influenzler Jilian C York und Jon Worth sind, noch vor der einflussreichen Truppe von Netzpolitik. Die ruft unverdrossen zum Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten auf, das wie der Schutz der Geschäftsgeheimnisse in der kommenden Woche im Europaparlament verabschiedet werden soll.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Jenseits der Satiregrenze.
« Antwort #619 am: 17 April, 2016, 06:05 »
Schulterzucken. Haben wir keine anderen Probleme? Doch, haben wir, ist sich Hal Faber sicher. Was aber nicht heißt, dass Meinungsfreiheit unwichtig wäre. Im Gegenteil.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Das Date auf dem Parkplatz fällt aus. Heute kommt die kleine Wochenschau nicht aus dem wunderschönen Hannover, sondern von janz weit wech. Bekanntlich adelt es den Journalisten wenn er inkulpativ arbeitet, die Situation vor Ort mit den schönsten Erikativen beschreibt, stöhn, ächz und wimmer. Heute bin ich also an der "final frontier" unserer Kultur unterwegs, an der Grenze zur Satire. Hopplahopp ist diese Deppengrenze (Ukraina) überschritten und die Landschaft wird wild und ungemütlich, die Sprache derb und natürlich ukrainisch:
Du Küchenjunge von Babylon, Radmacher von Mazedonien, Ziegenhirt von Alexandria, Bierbrauer von Jerusalem, Sauhalter des großen und kleinen Ägypten, Schwein von Armenien, tatarischer Geißbock, Verbrecher von Podolien, Henker von Kamenez und Narr der ganzen Welt und Unterwelt, dazu unseres Gottes Dummkopf, Enkel des leibhaftigen Satans und der Haken unseres Schwanzes.

*** Was Jan Böhmermann kann, konnten die Zaporoger Kosaken, wenn man der Legende Glauben schenkt. Anders als im Hetmanat muss sich Böhmermann für seine Verse nun vor Gericht verantworten, was staatstragende Blätter richtig finden und vom guten Gang der Dinge schwärmen. Ein wenig ratlos zuckt man dabei mit den Schultern, was ein Straftatsbestand wie Majestätsbeleidigung im 21. Jahrhundert zu suchen hat. So etwas soll ja gelöscht werden.

*** Ende einer seltsamen Affäre, in der die Straftat "Verbrechen an der deutschen Sprache" leider keine Rolle spielt? Selten habe ich so viele schlechte Gedichte auf der nach unten offenen Knödel-Skala gelesen wie in diesen Tagen. Doch halt: "Gibt es ein Land außer Deutschland, wo wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen?", das fragte sich schon Lichtenberg. Denn Böhmermann und der mit ihm produzierte epileptische Anfall der öffentlichen Böhmermann-Diskussion ist in seiner eifrigen Hyperrechtschaffenheit genau der Hofnarr, den diese Republik sich gerne hält. Böhmermann ist genau das von Angela Merkel und Winfried Kretschmann regierte Deutschland, das sich nicht scheut, einen schmierigen Deal mit Erdogan abzuschließen und stolz darauf ist, wie glatt alles läuft im Leerlauf. Jetzt wird kräftig gewürdigt, während der Mann eine Kunstpause einlegt.

*** "Der Umgang der Politik mit den Menschen sollte möglichst auf einer für beide Seiten verständlichen kommunikativen Ebene stattfinden: Vielleicht lassen sich dann auch in Zukunft solche oder ähnliche Taten weitgehend vermeiden."
Nein, das ist nicht Habermas und seine Theorie des kommunikativen Handelns. Es ist der Vorwurf des Anwaltes, der den heimtückischen Mordversuch an Henriette Reker als Tat eines wertkonservativen Rebellen umdeutet, die irgendwie aus Notwehr passierte, weil viele Bürger von der Flüchtlingspolitik "mehr als irritiert waren." Die nach tagelanger Internet-Recherche genau geplante Tat wird zu einem Akt des Widerstandes, wenn der Anwalt aus dem Strafverfahren einen politischen Prozess machen möchte. Nein, das ist keine Satire.

*** Wo sind sie nur, die müden Witzchen? Wie wäre es mit einer neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme? Gern auch für Fahrdienstleister, die während der Arbeit ein Online-Spiel auf dem Handy spielen oder beim Multitasking wie die Kanzlerin im Bundestag noch Züge überwachen können – oder auch nicht. Von einer Studie aus hochgerechnet, soll es allein in Deutschland mehr als 50.000 Verkehrsunfälle gegeben haben, die durch die Ablenkung am Smartphone passierten. Natürlich gibt es längst die mobilen Darwin Awards, doch sind sie den armen Smartphones gewidmet, die ihr Leben aushauchten. Die für Menschen tödlichen Varianten findet man auf den einschlägigen Bilderbrettern.

*** Europa ist in dieser Woche mit Japan gleichgezogen und hat einen Schutz von Geschäftsgeheimnissen installiert, der es praktischerweise zulässt, dass geheim ist, wie das Geschäftsgeheimnis definiert ist. Journalisten wie Whistleblower sollen von diesem gehemnisvollen Geheimnisschutz dann ausgenommen sein, wenn sie Missstände öffentlich machen, die aus einer bestimmten geheimen Geschäftspraxis entstehen. Ein Widerspruch zu den weiter laufenden Veröffentlichungen wie den Panama Papers besteht nicht: Die Special Purpose Vehicles Schweizer Banken sind schließlich kein Geheimnis, sondern ein simpler Weg zur Verschleierung der Vermögensstruktur der Kunden. Was noch zu klären bleibt sind die Anschuldigungen gegen die CIA, wie sie Bradley Birkenfeld, der Edward Snowden der Finanzbranche, im Münchener Exil vortrug. Dort, wo die Süddeutsche Zeitung erscheint, die nach Putin der Investmentbank Goldman Sachs gehört. Ungeprüfte Informationen in den Informationsunterlagen führten zu diesem "Fehler".

Was wird.

Es soll in diesem unseren Lande Grundrechte geben, die nicht verhandelbar sind. Was es ganz sicher gibt, sind Firmen, Behörden und andere Organisationseinheiten, die es mit den Grundrechten nicht so genau nehmen, die Arbeitnehmerrechte in Arbeitwegnehmerpflichten umdefinieren und an der Überwachung von Kernbereichen der privaten Lebensführung großen Gefallen finden oder in ihr eine auskömmliche Geschäftsidee sehen. Wer das tut, muss sich Kritik gefallen lassen, nicht nur von den offiziell dafür zuständigen Datenschutzbeauftragten. Die Big Brother Awards sind eine Form, die einpreist, was andere gerne einsargen, all die schmutzugen Tricks beim schlampigen Umgang mit Daten. Auch wenn manche Auszeichnungen und Problemdarstellungen nicht einleuchten mögen, ist immer wieder interessant zu sehen, wer da einen Preis bekommt. Am kommenden Freitag ist es soweit, mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Gastrednerin.

Fünf Minuten lang scheint der arme US-amerikanische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders gestern mit Papst Franziskus gesprochen zu haben, bevor dieser zu einem Flüchtlingslager nach Lesbos flog. Als nicht besonders strenggläubiger Jude hatte Sanders den Papst für seine Kritik an den Reichen und Superreichen gelobt, die riesige Vermögen anhäufen. Nun erhält Sanders Unterstützung von den Großverdienern im Silicon Valley, was kluge Köpfe so irritiert, dass sie zu den ollen Kamellen von Ayn Rand greifen. Dabei ist die Sache ziemlich einfach: es gibt Linke wie Paul Mason, die in der Sharing Economy die Möglichkeit sehen, den Kapitalismus durch Digitalisierung direkter Tauschsysteme abzulösen. Und es gibt Libertäre, die in jeder anti-staatlichen "Disruption" das nächste dicke Ding schlummern sehen. Bernie Sanders hat keine Chance, aber diese nutzt er jetzt.

Und jetzt? Jetzt, schepper, kreisch, hüpf, ham wir ne Party. More to come.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Über große Barden, BKA-Gesetze und B-Firmen
« Antwort #620 am: 24 April, 2016, 05:58 »
Immer wieder gibts für diverse Leute Kröten zu schlucken. Frösche aber, die werden nur selten zu Prinzen, so oft man sie auch küsst, befürchtet Hal Faber. Um so schlimmer, dass der Prinz gerade erst und der große Barde schon lange tot ist.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Der Mensch, der stolze --
mit kleiner, kurzer Macht sich brüstend
und vergessend, was allein gewiss ist,
sein gebrechlich Dasein --
spielt, gleich zornigen Affen
so tolles Zeug dem hohen Himmel vor,
dass Engel weinen, die, gelaunt wie wir,
sich alle sterblich lachen würden."

Am 400. Todestag des größten Barden der Menschheit den Affen geben und eine Wochenschau schreiben, ist eine traurige Sache, zumal auch Prince gestorben ist. Wer schreibt uns jetzt Songs wie "Kiss", und "Nothing compares 2 U" oder komponiert aus dem Frühstück kurzerhand "Starfish and Coffee"? Jemand, der Tanzen, Singen und 25 Instrumente spielen konnte, wäre im elisabethanischen England zu Shakespeares Zeiten ein Schauspieler von Interludien geworden, immer in Gefahr, am nächsten Pranger ausgepeitscht zu werden. Take all my Love, aber wer nimmt schon Liebe angesichts der unerträglichen Zukunft? Prince, der Schwarze aus dem mittleren Westen, wusste, wie das geht.

War is all around us
My mind says prepare to fight
So if I gotta die
I’m gonna listen to my body tonight

*** Für manche, wie den amtierenden Innenminister Thomas de Maizière, ist die jüngste Vergangenheit unerträglich. Er wettert gegen die Richter in Karlsruhe, die bei der Entscheidung zum BKA-Gesetz nichts besseres zu tun haben, als dem Gesetzgeber in Sachen Sicherheit in den Arm zu fallen. De Maizière und nicht Shakespeare ist der rechte Terror-Experte, für den die Internationalisierung von Gefahren alles rechfertigt, bis hin zu Richtern, die gefälligst einen anderen Körperteil, mit Ar beginnend, kriechend aufzusuchen haben, in aller gebotenen Unterwürfigkeit vor dem Gesetzgeber. Der Ärger des Ministers ist unverhältnismäßig angesichts der der sanften Art, wie Karlsruhe einige Paragraphen als "zu unbestimmt" kritisiert und "flankierende rechtsstaatliche Absicherungen" fordert für das, was die tageszeitung die Magna Charta des Polizeirechts nennt. Noch hübscher ist freilich die Formulierung, dass in Karlsruher Streicheleinheiten für die Ermittler verteilt wurden beim Vertrauensbeweis für das BKA. Das wird man im Kampf gegen den islamistischen Terror am kommenden Dienstag doch feiern dürfen, wenn BKA, BfV, BND und MAD zusammen mit de Maizière und Merkel sich die tolle Antiterror-Datei angucken gehen. Was für ein schöner Presstermin mit Gelegenheit zum lockeren Gruppenfoto für die deutschen Medien, ganz anders als dieser Anschlag, bei dem man prompt "keinen terroristischen Hintergrund" vermutete.

*** Die heimliche Online-Durchsuchung ist mit den Grundrechten des Grundgesetzes vereinbar, die Nutzung der dabei erhobenen Daten unterliegt nicht der Zweckbindung, sofern der geänderte Zweck etwas mit der "Gefahrenlage" zu tun hat. Bei der Übermittlung von Daten ins Ausland muss man gucken, dass ein "hinreichend rechtsstaatlicher Umgang" mit den Daten erlaubt ist. Im BKA wurde die Nachricht begrüßt und mit einer Stellenausschreibung für die dafür notwendigen Cyberanalysten gekrönt, die "im Dialog mit nationalen und internationalen Partnerdienststellen sowie IT-Firmen und -Ansprechpartnern (z. B. Provider)" hinreichend rechtsstaatlich arbeiten wollen. Für die Piratenpartei ist es ausgemacht, dass das BKA keine Daten beispielsweise an das FBI übermitteln darf: "Daten über Deutsche an Staaten wie die USA weiterzureichen, wo kein angemessener Datenschutz gilt und Menschenrechtsverletzungen drohen, ist Polizei und Geheimdiensten ab sofort verboten." Eine durchaus eigenwillige Interpretation.

*** Wie die Zusammenarbeit mit Großbritannien aussieht, wenn dort das weitreichende Überwachungsgesetz über die Investigatory Powers Ende des Jahres in Kraft tritt, ist eine interessante Frage. Aktuell ist dort Obama zu Besuch in einer Art Warteschleife, bis die Demonstranten gegen TTIP das schöne Hannover verlassen haben. Sein Schutzschiff ist schon eingetroffen. In Hannover wird Obama mit seiner Freundin Angela die Hannover Messe besuchen. Ob er die deutsche Angst verstehen wird, mit der schon EU-Kommissarin Ceclilia Malmström ihre Probleme hatte, darf bezweifelt werden. Vielleicht müsste ihn ein Amerikaner über den Handels-Unfug aufklären. In London ist Obama mit dem Brexit beschäftigt und dem historischen Irexit, dem britischen Gedenken an den irischen Aufstand vor 100 Jahren.

*** Die Verleihung der Big Brother Awards ist vorüber, die traditionelle Gala vorbei. Wieder einmal hat es ein Preisträger geschafft, was seit der ersten Gala anno 2000 nur Microsoft, die Deutsche Telekom und das statistische Bundesamt schafften: Sie schickten jemanden in die Hechelei der Löwen, den Preis abzuholen und eine Gegenrede zu halten. Mit dem "Sozialunternehmen" Change.org ging das gründlich daneben, weil sich der Moderator auf "Regeln" berief und dem Change-Vertreter das Mikrophon abklemmte: Erst brav den Preis abholen und dann ein paar Takte sagen, so und nicht anders lauten die "Regeln". Was folgte, war ein beiderseitiges Rüpeln, ehe Gregor Hackmack die Position von Change.org erläuterte. Ja, man arbeite mit deutschen Datenschutzbeauftragten zusammen und ja, man übermittelt Daten in die USA nach dem veralteten Safe-Harbour-Abkommen und ja, man speichere dort die Daten zentral, weil die Kosten einer lokalen Speicherung die B-Corporation überfordere. Nun ist der Sozialgedanke dieser B-Firmen, wie sie die Berliner Gexsi-Bank in Deutschland etablieren will, etwas anders gelagert als die einer gemeinnützigen Organisation, weil sustainable profits immer noch profits sind – das Missverständnis ist vorprogrammiert. "Wenn der Kapitalismus gut ist, dann muss er für die Armen gut sein", dieser Satz von Hal Taussig, der mit dem europäischen Reisebüro Untours die erste B-Firma gründete, ist für Linke unakzeptabel.

*** Für jede B-Firma gibt es eine Bewertung mit einem Punktesystem, so auch für Change.org. Mit diesem Scoring kann eine Firma bewerten lassen, ob sie den ethischen Ansprüchen an B-Firmen Genüge tut. Was ist, wenn Scoring-Systeme zur Selbstbewertung in einer Firma zum Einsatz kommen, deren zentrales Credo Think! lautet? Genau, dann gibt es einen Big Brother Award für die Kopfarbeiter. Das Wissen, wie Wissensarbeiter untereinander vernetzt sind, wie kollaborativ sie sind, welchen Einfluss sie auf andere haben und so weiter, das wird im "IBM Personal Social Dashboard" abgebildet und ist für jeden IBMer nützlich, der im immer weiter wuchernden System der Management-Ebenen überleben will.

Was wird.

Ob man das IBM-Dashboard auf der re:publica ten zeigt, ist unbekannt, doch dort würde das Social-Graph-Programm für glänzende Augen bei den Netzflummihipstern sorgen, die sich demnächst in Berlin versammeln. Dort ist IBM ein Hauptsponsor, stellt Neo, Connie oder sonstwas für einen niedlichen Roboter vor und zeigt den, äh, Trampelpfad ins kognitive Zeitalter. Mit Toskana gibt es sogar eine IBM-Premiere, wobei der Name der WhatsApp-Software für Wissensarbeiter sicher von der Toskanafraktion inspiriert ist, einer lockeren linken Vereinigung mit Hang zu Leckereien. Auf der Alles-Netz-Konferenz ist auch das Geburtstagskind dabei, mit einem Tratsch, wie man gegen den Hass im Internet vorgehen kann. Und so endet dieser kurze Ausblick, ganz kognitiv gestimmt, natürlich mit Shakespeare.

Mein Hirn soll meines Geistes Weibchen sein,
mein Geist der Vater,
Und diese zwei erzeugen
ein Geschlecht stets brütender Gedanken,
Und die bevölkern
diese kleine Welt, an Launen
wie die Menschen dieser Welt,
denn kein Gedanke ist zufrieden.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Jede Menge Abschiede und trotzdem große Worte beim BND kommentiert Hal Faber in dieser Woche. Hoffnungen macht das alles nicht. Dnan doch lieber zu den Netzaktivisten gucken, aber wen holen die sich denn ins Boot?

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** In Berlin ist Frühling, doch traurig steht die Kunstpalme (oder ist es Palmenkunst?) im Hof des Bundesnachrichtendienstes herum. Heiße Tränen fließen, aber wenigstens sind diesmal die Wasserhähne dicht, es gibt keinen Watergate-Skandal. In dieser Woche musste BND-Chef Gerhard Schindler (FDP) seine Teppiche zusammenrollen und flog fristlos entlassen aus dem Amt, weil er Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) auf die Palme brachte. Der führt die politische Fachaufsicht über den BND und ist nach dem neuen BND-Gesetz dafür zuständig, welche Dateien der BND speichern darf. Spindler wollte nach der einigermaßen überstandenen NSA-Affäre noch weiter reichende Dateibefugnisse haben.

Auch der Vizepräsident des Amtes, der traditionell vom Auswärtigen Amt kommt, ist seinen Posten los. Michael Klor-Berchtold soll Botschafter im Iran werden, wo Deutschland kräftig mitverdienen will am erwarteten Wirtschaftsboom. Sigmar Gabriel fliegt schon mal vor mit einer prominent besetzten Wirtschaftsdelegation und pfeift auf seine Jungsozialisten.

Armer BND, kopflos liegt der Schiessscharten-Trumm an der Spree, denn auch der dritte Mann in der Nomenklatura, der traditionell für die Militärverbindung zuständig ist, ist erst seit Anfang des Monats dabei, die Verbindung zur kämpfenden Truppe zu verzahnen. So wird die große BND-Reform mit Bruno Kahl (CDU) als Reförmchen enden und zu einem Heimspiel für die Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Schäuble.

Der hatte bekanntlich gefordert, dass dem BND durch die Reform mit einem rechtlichen Rahmen nicht die Hände gebunden werden dürfen, die man in Kontakt mit anderen Diensten halt schon mal schmutzig machen muss. Für diesen Schmutz sind ja die wieder installierten Wasserhähne da. Freuen wir uns über den nächsten Journalisten-Skandal mit der Überwachung deutscher Medien durch diesen "Auslandsdienst". Das Revanche-Foul zur Berichterstattung über den NSA-Untersuchungsausschuss wird, nun ja, vorprogrammiert.

*** Die Bundesregierung kann bei ihrer Reform von den Kaaseköppen lernen: dort bekommen die beiden Geheimdienste für In- und Ausland eine weit reichende Reform spendiert, die es ihnen erlaubt, die Internet-Kommunikation abzuhören und die dabei angefallenen Rohdaten an befreundete Dienste anderer Länder weiterzugeben. Alles im Namen der Abwehr terroristischer Gefahren, wenn der Abgriff "ermittlungsgerichtet" ist und kein generelles Abhören auf Vorrat. Die Hände sind frei, sie können verraten, tralala. So sieht er aus, der Weg in die smarte Diktatur. Dabei ist es einfach notwendig, dass wir dem BND und anderen Diensten Daten liefern für die harte Arbeit der Selektoren und unermüdlich schuftende Algorithmen, die die Schufte überführen sollen. Es muss doch möglich sein, Terroristen wie die Abdeslam-Brüder zu erkennen und ihnen eine Fußfessel zu verpassen. Wenn die nicht mehr sendet, hat man schneller den Ort lokalisiert, an dem sie sich in ihr Paradies gesprengt haben.

*** Als der BND entstand, versuchte sein damaliger Chef Reinhard Gehlen, gleichzeitig auch Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu werden, mit dem schlagenden Argument vom flüssigen Informationsaustausch in ein und derselben Person. Ja, damals hatte man das gemeine Terrorabwehrzentrum und seine tollen Verbunddateien noch nicht. Nun hat der Verfassungsschutz für seine rückhaltsvolle Aufklärung der NSU-Morde und den landesverräterischen Anschlag auf netzpolitik.org gerade den Big Brother Award für sein Lebenswerk erhalten, da kommt neue Kunde. Glaubt man der Exklusiv-Eilmeldung von Correctiv, so galt der Angriff gar nicht den Netzpolitikorgern, sondern den lästigen kontrollierenden Parlamentariern, diese "Durchstecher" im Namen des Volkes. Da ist es doch besser, wenn die Arbeitsplätze der Verfassungsschützer ordentlich verschlüsselt werden. Sachsen-Anhalt war da schon immer ein großes Vorbild.

*** Ein Nachtrag: In der letzten Wochenschau habe ich einiges zur Entscheidung in Sachen BKA-Gesetz geschrieben und über die Reaktion unseres Bundesinnenministers. In dieser Woche hat Thomas de Maizière sich sehr ausführlich zum Datenschutz und dem Datenreichtum geäußert, den zu heben für alle ein schöner Schatz wäre. Dabei erzählte er, dass seit Inkraftreten des BKA-Gesetzes im Jahre 2009 insgesamt 80 Personen vom Gesetz betroffen waren und fragte in die Runde der Zuhörer:

Ist das "Massen-Überwachung"? Ist das "Daten-Sammel-Wut"? Ist das "grenzenlose Überwachung Unschuldiger"?

Ja, denn selbst in dieser Rede fehlte jeder Hinweis, dass mit den Regelungen Anschläge verhindert worden sind. Dafür fehlte der Standard-Hinweis nicht, dass zu unser aller Sicherheit der "Informationsaustausch im Inland und mit ausländischen Partnern" absolut notwendig ist. Überwachung wird gemacht, es geht voran.

Was wird.

*** Heraus, heraus zum 1. Mai, und sei es nur, um auf dem VCFE in München-Ost alte Schnauferl zu sehen und darüber zu rätseln, wie man mit ihnen Bierflaschen aufmachen kann. Mit uns zieht die neue Zeit 4.0! In Berlin tobt längst die antikapitalistische Walpurgnisnacht und der ewige Kampf von Köfte (Myfest) gegen Bratwurst DGB-Demo), mit den Autonomen irgendwo dazwischen. Auch anderswo werden die Siege der arbeitenden Klasse gefeiert.

*** Arbeit? Mit dem durchaus proletarisch klingenden Hashtag #Schichtwechsel legt Microsoft auf der re:publica das hierarchielose Unternehmen zu feiern, das endlich fesche Windows bekommt. Microsoft darf sich als ordentlicher Sponsor Gedanken machen und eine Keynote über Big Data halten, mit dem der Terror-Graph ermittelt werden kann. Bei allem Tamtam ist es verwunderlich, dass der neue Chefguru Yuri van Geest nicht mit von der Partie ist, der das MS-Credo von den Exponential Organisations predigt, eine Art RAMDRIVE.SYS für Konzerne.

*** Auch der zweite Großsponsor IBM lässt sich auf der re:publica nicht lumpen. Er stellt sein VDISK.SYS vor, hoppla nein, natürlich sind "Enterprise Social Networks" gemeint, in dem alle Teammitglieder sich am Blick auf ihren Social Graph erfreuen und Manager "eine High Level-Sicht [haben], wie aktiv Teams zusammen arbeiten". Ja, auch dieses Thema war schon in der letzten Wochenschau zu lesen, da der Blick in die Arbeitswelt von heute einen Big Brother Award bekommen hat. Die inoffizielle Reaktion des re:publica-Ausstellers ist durchaus interessant. Bei der Arbeit verstehen wir keinen Spaß. Und am Ende singen alle Purple Rain, aus Gründen. Oder wir wäre es mit "Dem Morgenrot entgegen", einer einstmals verbotenen Tiroler Verunglimpfung, aus einer Zeit, als es noch keine elektronischen Fußfesseln gab?

Wir haben selbst erfahren der Arbeit Frontgewalt in düstren Kinderjahren und wurden früh schon alt. Sie hat an unserm Fuß geklirrt die Kette, die nun schwerer wird.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von John Does und anderen vergessenen Vaterlands-Verrätern
« Antwort #622 am: 08 Mai, 2016, 07:50 »
War das schön, als die digale Boheme von elektrischen Schafen träumte und vom Arbeiten, das viel Geld bringt. Lang, lang ist's her, die Wirklichkeit, ob IRL oder im Netz, ist härter, auch wenn die Revolution schon begonnen hat, meint Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Aus, aus und vorbei ist die re:publica, die Berliner In-Group-Selbstbeweihräucherungs-Bussi-Bussi-Veranstaltung der Netzszene, die mit 8000 Teilnehmern drauf und dran ist, den orangeberockten Bhagwanis den Rang abzulaufen. Jetzt zieht man weiter, nach Dublin, ins Mekka des "optimierten" Datenschutzes. Das ist eine konsequente Internationalisierung, die auch die Münchener DLD längst optimiert hat. zeitgleich fand sie in New York statt, mit Dirk Ahlborn, dem Hyperloop-Konstrukteur im Dienste von Elon Musk und Wolfgang Karch, dem Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, der sich für die Panama-Paper feiern ließ. Nein, hier sollen nicht die Anfänge dieser re:publica verklärt werden, als man anno 2007 sich in Kalklagern daran machte, das Internet in seiner ganzen Einfalt zu sprengen, weil dem Bloggen die Welt gehörte. Als man sich eine zünftige deutsche Blogger-Ethik gab, denn irgendwovon muss der Mensch ja seinen Glauben nehmen, wenn der Szenepapst Sascha Lobo die Arbeit an der Digitalen Bohème zum Lebensmittelpunkt ausruft. So war das, ja, vor 10 Jahren, als digitale Nomaden das Tippseln auf dem Laptop Arbeit nannten und das Glücksversprechen des Kapitalismus wieder einmal ganz neu war und sexy. So kam die Konferenz zum Buch zustande, diese re:publica, die mittlerweile Millionen-Umsätze macht, im Gegensatz zu den Bloggern, die mit ihren Texten nach wie vor ein hartes Zu-Brötchen verdienen.

*** Zur 10. re:publica wunderte sich ein süddeutscher Feuilletonist über die muckelige Bleibigkeit der Konsenskonferenz und stellte Fragen, die er auch 2007 hätte stellen können: "Warum nur kam so vieles anders, als man es sich damals erhofft hatte? Warum ist das Netz nicht das schöne, neue Kommunikationsmittel, sondern eben auch Werkzeug für Hass und Verleumdung, für Überwachung und Ausgrenzung?" Ja, auch damals wunderte man sich, warum nix draus wurde mit der bereits 1996 ausgerufenen Unabhängigkeit des Cyberspace, warum keine Republik Digitalia entstand. Hass und Verleumdung gab es übrigens auch damals im Netz, nicht nur anno 2007 bei der ersten re:publica, sondern auch 1996 mit den Zuendelsites. Warum vieles anders läuft als in schönen Träumen von absoluter Transparenz, durfte auf der re:publica der Journalist Frederik Obermeier verteidigen, einer derjenigen, die mit der Veröffentlichung der Panama-Paper das große Los gezogen hatten, Geschichte zu schreiben. Großes Los? Die zum Umfeld von Wikileaks gehörende Aktivistin Renata Avila holzte los und forderte die ungekürzte Zuschaustellung aller Dokumente im Internet. Das lehnte Obermeier unter Verweis auf deutsche Pressegesetze mehrfach beharrlich ab. Auch der Hinweis von ihm, dass die TTIP-Leaks von Greenpeace eine Abschrift sein mussten, weil der Whistleblower-Schutz unzureichend ist, wurde angezweifelt.

*** Nun aber hat sich der unbekannte John Doe der Panama-Paper mit einem Manifest über die digitale Revolution zu Worte gemeldet, das eines der wichtigsten Dokumente zu dieser Umwertung aller Werte sein könnte, viel härter als Perry Barlow und mit einer großen Umarmung von Edward Snowden, der auf der re:publica heilig gesprochen wurde:
"Ich habe mitangesehen, was mit Whistleblowern und Aktivisten in den USA und Europa geschehen ist, wie ihr Leben zerstört wurde, nachdem sie Vorgänge öffentlich gemacht hatten, die offensichtlich kriminell waren. Edward Snowden sitzt in Moskau fest, im Exil, weil die Obama-Regierung auf Grundlage des Antispionage-Gesetzes Haftbefehl gegen ihn erlassen hat. Man sollte Snowden für seine NSA-Enthüllungen als Helden feiern und ihm Preise verleihen, aber ihn nicht bestrafen."

*** Wie war das noch mit dem Feiern der Helden? Auch wir haben solche, aber das ehrende Gedenken fällt fast flach. An dieser Stelle stand es schon einmal, aber man kann es nie genug betonen. Heute vor 85 Jahren begann der Prozess gegen die Whistleblower Carl von Ossietzky als Herausgeber und Walter Kreiser als Journalist und Flugzeugexperte. Dieser hatte aufgedeckt, dass die Reichswehr eine Luftwaffe aufbaute und damit gegen den Versailler Vertrag verstieg. Landesverrat? So ein Schwachsinn: Es sollte ein Tag zu Ehren des Whistleblowers sein. So aber ist es die Piratenpartei, die der EU die Frage stellt, warum es immer noch keinen Whistleblower-Schutz gibt.

*** Nun denn: Warum gibt es keinen Whistleblower-Schutz? John Doe hat die Antwort:
"Die Ungleichheit der Einkommen, die Kluft zwischen Arm und Reich, ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Es betrifft jeden von uns, weltweit. Seit Jahren tobt die Debatte über eine plötzliche Verschlimmerung der Lage, doch Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten sind trotz ungezählter Reden, Analysen, schwacher Proteste und ein paar Dokumentarfilmen rat- und hilflos, wie diese Entwicklung aufzuhalten ist. Die Fragen bleiben: Warum? Und warum gerade jetzt? In den Panama Papers ist die Antwort darauf nun offensichtlich geworden: umfassende, alltägliche Korruption."
Versagt haben für John Doe die Politiker als Gesetzgeber, Richter als Gesetzesausleger, Juristen als willfährige Büttel der internationalen Mafia der Steuerhinterzieher und die Banken sowieso, von Dupin über Fletcher bis TopHat. Auch der Schluss ddes Manifestes sollte in die Geschichtsbücher kommender Generationen aufgenommen werden:
"Die Auswirkungen dieses vielfachen Versagens führen zum ethischen Niedergang unserer Gesellschaft und letztlich zu einem neuen System, das wir noch Kapitalismus nennen, das aber in Wahrheit ökonomisches Sklaventum ist. In diesem System – unserem System – wissen die Sklaven weder, dass sie Sklaven sind, noch kennen sie ihre Herren, die in einer Parallelwelt leben, und die unsichtbaren Ketten sorgfältig unter einem Haufen unverständlicher Gesetzestexte verstecken. Das weltweite Schadensausmaß sollte uns alle wachrütteln."

*** Ob das mit dem Wachrütteln funktioniert, ist leider nicht ausgemacht. Mit einer bestimmten Rütteltechnik wird ein Wiegen daraus, mit einem sanften Lied zum Einschlafen. Schlaf, Bürgerlein, schlaf, Vater Staat hütet die BAFin, die Mutter schüttelt das Briefkästelein, herunter fällt ein Dividendenschein, Schlaf, Bürgerlein, schlaf. Interessant ist die Passage des Doe-Manifestes, in der behauptet wird, dass neben der Süddeutschen Zeitung viele namhafte Medien kontaktiert wurden, auch Wikileaks! Und alle hatten kein Interesse an den Panama-Papers bzw. meldeten sich nicht bei dem Whistleblower. Dieser hat Vieles riskiert und so endet er mit einer Aussage über die digitale Revolution, die auch ein bisschen riskant ist, weil Datenspeicher Bürgerschlafspeicher sein können.
"Historiker wissen, dass Besteuerung und ungleiche Machtverhältnisse in der Vergangenheit bereits Revolutionen ausgelöst haben. Damals war militärische Macht notwendig, um die Menschen zu unterdrücken, während es heute genauso effektiv oder noch effektiver ist, die Menschen vom Zugang zu Informationen abzuschneiden – auch weil das im Verborgenen geschieht. Aber wir leben in einer Zeit günstiger, grenzenloser Datenspeicher und schneller Internetverbindungen, die nationale Grenzen überschreiten. Es sieht also sehr danach aus, dass die nächste Revolution digital sein wird. Vielleicht hat sie aber auch schon begonnen."

*** Ein Live-Stück dieser digitalen Revolution wurde übrigens auf der re:publica gezeigt, als Arik Toler von Bellingcat zeigte, wie mit dem unablässigen Stream von GPS-getaggten Bildern, Selfies, und Geoinformationsdaten Aufklärung betrieben werden kann, was die Kriege in der Ukraine und Syrien anbelangt. Unmittelbar danach veröffentlichte Bellingcat seine Suche nach einem Zeichen, das mit dem Absturz von Flug 17 der Malaysian Airlines einige Bedeutung hat. Für viele Medien ist das entweder ein alter übel stinkender Hut oder eine Putin-Provokation und keine Nachricht wert

Was wird.

Sind die Medien am Ende? Aber nicht doch. Gepriesen sei unsere Bundeskanzlerin Merkel, die nächste Woche den Kongress der Lokalpresse eröffnet und deshalb vorab die Lokalpresse lobt. Ihren Politikstil will sie dabei nicht verändert haben, aber ihr Informationsverhalten ist, huch, schneller und vielfältiger geworden, auch gegenüber Medien: "Der Regierungssprecher ist auch bei Twitter mit dabei. Die Bundesregierung hat einen Facebook-Auftritt; das gab es natürlich früher nicht. Dadurch haben Menschen auch die Möglichkeit, Dinge immer wieder abzurufen, ohne dass sie jetzt andere Medien – zum Beispiel Zeitungen – zur Hand nehmen." Ich sehe schon Hände, die an Stirne klatschen und Tilo Jung beim Vorbereiten der nächsten Runde dämlicher Fragen.

Aber hach, dämliche Antworten haben ja wir zur Genüge, die Kommentare zum Durchmarsch von Donald Trump dank Facebook und TV beweisen es. Algorithmen, die "mehr Diversität in die Timeline" bringen, können schwer problematisch sein. Ubrigens: Trumps Amerika existiert bereits, egal, was das bunte Amerika so auf die Beine bringt. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass 20 Jahre heise online mehr Volk auf die Beine bringt als gedacht. Selbst meine besten Feinde sind dabei, das ist schon was. So kann das nächste Rätsel starten, gelassen wartet die Männer-WG am Heise-Teich auf den Start der Party.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Wenn Adorno über die Massengesellschaft rantet, der BND fröhliche Urständ feiert und die Zehn Gebote Digitaliens theologische Wege aufzeigen, ist es Zeit für die einsame Insel, befürchtet Hal Faber. Der aber wenigstens weiß, welche Musik er mitnimmt.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Mai, Mai, at Waterloo, da steht ein Geschichtsbuch im Regal und selbige wiederholt sich laufend, ein netterMythos. So sind rechtzeitig zum European Song Contest mit krimtatarischen Favoriten fette Analysen zum Geschrammel von Abba fällig, wo es doch einfach nur passierte.
"Der Kitsch ist jenes Gefüge von Invarianten, das die philosophische Lüge ihren feierlichen Entwürfen zuschreibt. Nichts darin darf sich grundsätzlich ändern, weil der ganze Unfug der Menschheit einhämmern muss, dass nichts sich ändern darf."

*** So schön durfte nur Adorno über den Schund der Massengesellschaft ranten. Derweil ist am Rande der norddeutschen Tiefebene das große Kopfkratzen ausgebrochen. Angefangen hat es mit der Frage, die Robert Darnton in seinem Buch über die Zensoren stellt: "Wo ist im Cyberspace der Norden?" Da, wo die norddeutsche Tiefebene aufhört oder noch nordiger? Und warum braucht es überhaupt einen Norden im Cyberspace? Darnton erklärt die harmlose Frage zu einem moralischen Problem und schreibt von Chinas "Großer Firewall" und der uneingeschränkten Überwachung durch die NSA als Beispiele für Staaten, die ihre Interessen auf Kosten des Einzelnen durchsetzen.
"Hat die moderne Technologie eine neue Gewalt geschaffen, die das Gleichgewicht zwischen der Macht des Staates und den Rechten der Bürger aus der Balance gebracht hat? Vielleicht, aber deswegen dürfen wir nicht annehmen, dass dieses Gleichgewicht in der Vergangenheit unangefochten gewesen wäre."

*** Abba hatten unrecht, von wegen "The history book on the shelf is always repeating itself". Das sieht man schon daran, dass im vorrevolutionären Frankreich verbotene Bücher, die "im Ausland" quasi mit verschleierter IP-Adresse gedruckt wurden, von einer speziellen Bücherpolizei aufgestöbert wurden. Anschließend wurden sie einem Henker übergeben, der praktischerweise (neudeutsch: dual use) neben dem Abschlagen von Köpfen für das Zerreißen und Verbrennen von Büchern zuständig war. Jedenfalls, solange der Polizeiinspektor nicht korrupt war und selbst mit verbotenen Büchern handelte. Übrigens ist in Darntons Buch nicht von der Internetüberwachung und -Zensur die Rede, die manchen Rezensenten beschäftigt.

*** Ja, in dieser Woche hatte kein Staat, sondern Facebook ordentlich damit zu kämpfen, dass kein Algorithmus, sondern Menschen wie du und ich die Ergebnisse prüfen, die von RSS-Feeds aufgehäuft werden. Sapperlot nochmal, denn natürlich sind Menschen nicht wertneutral, erst recht nicht Journalisten. Nun gut, da bleiben wir doch lieber bei Google, wo die Demokraten immer besser davonkommen als die Republikaner. Jedenfalls sind wir dann davor sicher, dass Facebook keine Wahlen entscheidet.

*** Wer nicht auf Schlager abfährt, hat es vielleicht mit den Chorälen und Kirchen. Zu einem digitalen Pfingstwunder gehört die Erkenntnis, dass mindestens ein Gott online ist und über dem Internet der Dinge thront. Nehmen wir also die Transzendenz-Hinweise der Digitalisierung ernst, auch wenn die 10 Gebote des Cyberspace bei den kritischen InformatikerInnen leider nur in der Papierform ihrer lesenswerten FIfF-Kommunikation stehen. Besonders passend für den aktuellen Wochenendsermon ist das sechste Gebot von Pfarrer Gernot Meier. Nein, nix mit Ehebruch:
"6. Gott hat uns den Geist der Freiheit geschenkt, der uns frei machen wird. Deshalb: Du sollst nicht einfach glauben, was du in deiner eigenen Informationsblase zu lesen, sehen und hören bekommst.
Das Konzept des freien Wissens, der freien Zugänglichkeit zu allen Informationen, des bunten, fröhlichen sozialen Lebens im Netz ist nicht deshalb schlecht, weil Überwachungseinrichtungen es konterkarieren"

*** Höchst aktuell zählt der Badener Theologe Netzneutralität, offene WLANs ohne Zombie-Störerhaftung und offene Software zu den Voraussetzungen seiner Internet-Religion von der Rückeroberung des Netzes als "freie Medienverbundmaschine". Solchermaßen pfingstlich eingestimmt, darf auch das 3. interchristliche Gebot nicht fehlen, weil es in dieser Welt der Überwacher, Überwachungsdienste und Verfassungsschützer ohne Handlungsmöglichkeiten wichtig ist, selbst, wenn man die theologische Schlagseite nicht mag. Verschlüsselung aus christlicher Nächstenliebe, das geht so:
"3. Uns ist der andere als Bruder und Schwester in Christus anvertraut. Deshalb: Du sollst die Integrität deines Nächsten schützen.
Viele Menschen haben nicht die Möglichkeit, sich mit Verschlüsselung zu schützen, d.h., sie können oder dürfen diese nicht nutzen. Das bedeutet zurzeit, die Welt der Computernutzer zerfällt in die, die sich abschirmen und schützen können, und in den Rest. Wenn es mein Nächster oder meine Nächste nicht vermag, ist sie diesem Treiben hoffnungslos ausgeliefert. Wenn ich aktiv anfange, mich zu schützen und auf meine Integrität achtgebe, wenn ich anfange, einen Kreis um mich zu ziehen, in den keiner, den ich nicht eingeladen habe, hineinkommen darf, dann werden sich langsam digitale Kulturtechniken entwickeln, die es allen ermöglichen, so zu handeln. Im Umkehrschluss bedeutet das, wenn ich mich nicht schütze, bin ich nicht nur selber schuld, sondern jede Datei, jede E-Mail, jede Information, die unverschlüsselt durch das Netz gesendet wird, schützt auch meinen Nächsten nicht und verändert das System auf Dauer nicht."

*** Da passt auch eine christlich-soziale Position zu den Geboten, die im Geburtstagsständchen davon schwärmt, dass das Disruptive zum Normalen wird. Das ist zwar ein schiefes Bild, weil es das Disruptive schlechthin nicht gibt, nur disruptive Technologien, die einer anderen Technologie oder einem Berufsstand den Garaus machen. Aber sich ausmalen können, wie Verschlüsselung greift und ein Akt der Nächstenliebe sein kann, kann mit der seltsamen Idee von der Existenz höherer Wesen versöhnen.

*** Ausgerechnet der BND, dessen Kunstpalme hier schon öfter zu sehen war, hatte die Feuilletons zur Besichtigung seines gigantomanischen Neubaus geladen, in dem auf jedem Schreibtisch zwei Computer stehen. Dort, im strengen Raster kleiner Fenster, wanderten die Kritiker und fragten sich angesichts ewiger Wiederholungen der Rechtecke: "Was macht das mit einem Menschen, wenn er in so einem Gebäude arbeitet?" Die Antwort zum Klotz am Bau, dem zweitgrößten Berliner Gebäudekomplex nach dem Flughafen Tempelhof, ist nicht eben schmeichelhaft. Wo Menschen Rechtecke werden, ist das Gebäude eine "gigantische Vereinzelungsanlage", steingewordener Ausdruck einer Behörde, die unfähig ist zu offener Kommunikation. Die Waben eines Überwachungsbienenstaates sollen den Bürger einschüchtern. Der Bau als Nichtgeist und Nichtgeschmack, eine Mischung aus Entehausen und Fort Knox, das passte bestens zu der Nachricht, dass Roland Berger und nicht etwa die parlamentarischen Kontrolleure den BND durchleuchten soll. Das ist noch von Gerhard Schindler und nicht vom Claudia-Roth-Bremsklotz Bruno Kahl veranlasst worden und eine schöne Kontinuität: Schließlich war der NSA-Spezialist Edward Snowden bei einer ebensolchen Beraterei angestellt, bei Booz Allen Hamilton. Vielleicht wird es doch noch was mit dem deutschen Whistleblower.

*** Und wenn doch nicht? Wenn angesichts der Nicht-Whistleblower, übermütig gewordener Nicht-Trolle und Dann-doch-ESC-Fans die einsame Insel eine ernsthafte Alternative wird? Dann fehlt doch wieder die Musik. Aber welche nimmt man nun mit auf eine einsame Insel, auf der es keinen BND, keinen DDoS-Möchtegernzensor und keine Volksmusik gibt? Gute Frage, also ist es mal wieder Zeit für eine Liste. Was man auf eine einsame Insel mitnimmt, ist ja nicht unbedingt die Musik, die man zu normalen Zeiten immer hören würde – aber wohl doch die, die einem am meisten beschäftigt, beschäftigen kann, berückt, berauscht. Ich mach den Anfang. Möglicherweise oder vielmehr: wahrscheinlich sind die geneigten Leser anderer Ansicht - auch als alle anderen Leser. Nur her mit den Ideen, eine Leser-Liste kann es dann das nächste Mal geben, so denn genug Vorschläge eingehen.

    Miles Davis, Kind of Blue
    Steve Reich, Music or 18 Musicians
    Kendrick Lamar, To Pimp a Butterfly
    Charlie Haden's Liberation Music Orchestra, Ballad of the Fallen
    Emerson, Lake and Palmer, Welcome Back My Friends
    Esbjörn Svenson Trio, Live in Hamburg
    Luigi Nono, Al gran sole carico d'amore
    Talking Heads, Stop Making Sense
    Van Morrison, It's Too Late to Stop Now
    John Coltrane, A Love Supreme
    The Clash, London Calling
    John Zorn, Bar Kokhba Sextet: 50. Birthday Celebration Vol. 11
    Gang of Four, Entertainment!
    György Ligeti, Requiem
    Joy Division, Substance
    Morton Feldman, Patterns in a Chromatic Field
    Hüsker Dü, New Day Rising
    Orchestre International du Vetex, Flamoek Fantasy
    Fehlfarben, Monarchie und Alltag
    Peter Fox, Stadtaffe
    Colin Stetson, New History Warfare Vol. 1 - 3
    Johann Sebastian Bach, Goldberg-Variationen
    17 Hippies, Live in Berlin
    Wu-Tang Clang, Enter the Wu-Tang (36 Chambers)
    Isaac Hayes, At Wattstax

Was wird.

Ein seltsames Jubiläum wirft seine Schatten voraus: Am 16. Mai 1966 begann nach dem Scheitern des Großen Sprungs nach vorn mit einem Schreiben der "Gruppe für die Kulturrevolution des Zentralkomitees" die chinesische Kulturrevolution, die anderthalb bis zwei Millionen Menschen das Leben kostete. Heute gilt sie als größter Ausbruch anarchistischer Massengewalt in einem totalitären Staat. Die Computerentwicklung wurde eingestellt und konnte erst 1973 wieder aufgenommen werden. Nach wie vor gilt das Tabu, über diese Phase mit ihren Greueltaten zu sprechen, an der das stolze China zerbrach. Niemals wollte man vom Zerplatzen aller revolutionären Ideale sprechen. Der heilige Geist war jedenfalls nicht in die Chinesen gefahren.

Und damit überlasse ich Abbaloide das Singen dem Computer, der kann es bekanntlich immer besser.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Die schlichte Wahrheit hat keine Chance, seufzt Hal Faber und ergänzt seine Playlist. Unterdessen stellt sich bei Sigmar G. die geistige Quellenfrage, während wir bei seiner Chefin wohl eher nach Moral suchen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

"Glücklich die Staaten, in denen die Bürger wissen wollen, aus welchen geistigen und moralischen Quellen diejenigen ihre Kräfte schöpfen, die führend sind in Staat und Gesellschaft; und weiter, ob ihre Fähigkeiten und ihr natürlicher Ehrgeiz, etwas leisten zu wollen, im rechten Verhältnis stehen zu ihrem Rechtssinn, ihrer Wahrheitsliebe und den anderen Werten unserer sittlichen Ordnung."

Die letzte Wochenschau endete mit der Mao-Bibel, da ist es nur konsequent, aus ihrem Pendant, der kleinen grünen Bibel zu zitieren, in der die Gebrüder Grimmig die besten Sätze des Bundespräsidenten Heinrich Lübke sammelten. Das Zitat stammt aus Lübkes Neujahrsansprache 1962 und wurde von den aufmüpfigen 68ern in zahlreichen Varianten für kabarettistische Einlagen genutzt – die sittliche Ordnung war damals halt saukontrovers. Heute stellt sich mit Wucht die geistige Quellenfrage bei Sigmar Gabriel, während bei seiner Chefin Angela Merkel wohl eher nach den moralischen Quellen gesucht werden muss. Sie fährt in die Türkei zum Weltgipfel der humanitären Hilfe und zur Begegnung mit einem System Erdogan, in dem die Angst regiert. So hat ein kuschendes Parlament die Immunität von 138 unerwünschten Abgeordneten aufgehoben hat. Unter ihnen 50 kurdische Abgeordnete, denen der Vorwurf gilt, sie hätten die verbotene PKK unterstützt, der unter anderem dadurch genährt sein soll, dass sie "verschlüsselnde Kommunikationssysteme" genutzt haben.

Womit ich wieder beim Thema der pfingstlichen Wochenschau bin und dem dort wiedergegebenen 3. urchristlichen wie humanitären Gebot des Schutzes der Integrität der Kommunikation mit dem Nächsten durch Verschlüsselung. Dieser wichtige Aspekt eines Datenschutzes, der mehr ist als die Forderung nach mehr Personal für Datenschutzbeauftragte, lässt einen so schnell nicht los. Wie formulierte es Peter Schaar in seinem Geburtstagsständchen für heise online, einem Appell an mündige Bürger und Bürgerinnen im Kampf um eine aufgeklärte Informationsgesellschaft?

"Von zentraler Bedeutung sind kryptographische Verfahren, die vertrauliche Informationen vor Überwachung und Registrierung schützen. Bestrebungen, verschlüsselte Kommunikation zu verbieten und Informationstechnik mit Hintertüren für Geheimdienste und sonstige Stellen auszustatten, sind kontraproduktiv, denn sie schwächen die Informationssicherheit nicht nur dort, wo es um die Aufdeckung krimineller Aktivitäten geht."

Eine Binse? Von wegen. Man lese nur, wie Hillary Clinton unverschlüsselt mit ihrem Sonderberater Dennis B. Ross per E-Mail kommunizierte, weil der Zugang zum Verschlüsselungssystem in der Londoner Botschaft gerade geschlossen war, ein Feiertags-Fressen für jeden Geheimdienst. Oder man lese einmal das Statement zum Problem der Strafverfolger, mit verschlüsselter Kommunikation umzugehen, das in dieser Woche veröffentlicht wurde und kaum Beachtung fand. Natürlich sprachen sich die Vertreter von der europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) und von Interpol dagegen aus, Hintertüren in Verschlüsselungssystemen zu fordern. Aber sie scheinen in Punkt 4 einen fantastischen Weg gefunden zu haben, das "Verschlüsselungs-Dilemma" zu überwinden.

"Wenn eine Umgehung der Verschlüsselung nicht möglich ist, aber der Zugang zu verschlüsselten Informationen für die Sicherheit und Strafverfolgung dringend erforderlich ist, dann müssen gangbare Lösungen zur Entschlüsselung angeboten werden, die die Schutzmechanismen nicht schwächen, sowohl in der Rechtssprechung wie durch die technische Entwicklung. Für letztere wird eine enge Zusammenarbeit mit Industriepartnern und mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft der Experten für Kryptoanalyse stark befürwortet, damit eine Verschlüsselung dort gebrochen werden kann, wo dies rechtlich geboten ist."

Es gibt keine Lösungen, starke Verschlüsselungen zu knacken. Wir sind ja nicht beim Kryptochef und seiner Vollbit-Verschlüsselung, diesem Running Gag der Foristen von heise online. Oder beim Chaos Computer Club, der die Formulierung von "gangbare Lösungen zur Entschlüsselung, die die Schutzmechanismen nicht schwächen", für ein gelungenes Oxymoron hält. Durch die Blume wird in der engen Zusammenarbeit mit Industrie und Krypto-Experten gefordert, erkannte Schwachstellen geheim zu halten und die technischen Entwicklungen und Erkenntnisse den Polizeibehörden und Strafverfolgern zugänglich zu machen: "Wir wollen es genauso machen wie die NSA", wäre die knackige Zusammenfassung des Statements von ENISA und Interpol. Da passt es doch wie A**** auf Eimer, dass dieses Statement auf einer Europol-Konferenz entstand, auf der Journalisten nicht zugelassen waren, sondern nur "50 officials, industry players and experts". "Your law is contagious", heißt es in Running with the Pack von Bad Company, auch so ein Song, den man auf einer einsamen Insel krachen lassen kann.

Für die wunderbaren Insel-Vorschläge habe ich zu danken, sie bereichern und verschönern jede Playlist. Deshalb geht es auch mit Musik weiter und mit YMCA direkt nach Cannes, wo diese Village People bei der Gala von Cinema against AIDS auftraten, fit wie alte Turnschuhe.

Musik von David Bowie, Nine Inch Nails und Radiohead bilden den Soundtrack vom neuen Poitras-Film "Risk", in dem die Filmemacherin dokumentiert, wie Julian Assange als Biker verkleidet mit dem Motorrad bis zur Botschaft von Ecuador brettert, nachdem er sämtliche Einsprüche gegen seine Auslieferung nach Schweden verloren hat. Mit Ausnahme der tageszeitung war der "distanzarme Film" den deutschen Berichterstattern keine Erwähnung wert, wohl aber den britischen Medien. Assange und Lady Gaga, das ist eine gelungene Kombination für Einsichten, die der Guardian, der Telegraph und der Evening Standard auf ihre Weise verarbeiten, während der Hollywood Reporter die Dokumentarfilmerin Poitras nach ihrer Objektivität befragt. Doch die Julian-Assange-Fraktion und so gilt Jake Appelbaums Diktum, dass Journalisten (in den USA) Staats-Stenographen sind und Assange ein politischer Gefangener, dem Hillary Clintons Rache droht. Die schlichte Wahrheit, das niemand über den Gesetzen steht, seien es die von Schweden oder die von Großbritannien, hat so keine Chance.

Was wird.

Gesetze sind real, aber veränderbar. Weswegen morgen der Tag des Grundgesetzes begangen wird, ein willkommener Anlass für Digitalcourage, eine neue Überwachungsgesamtrechnung zu präsentieren, in der die Vorratsdatenspeicherung mit eingepreist ist. Wieviele Überwachungsmaßnahmen verträgt eigentlich so eine Demokratie? Muss nicht auch hier der für die Vorratsdatenspeicherung verantwortliche Bundesinnenminister mal an der politisch ach so beliebten Notbremse ziehen?

Natürlich gibt es Gesetze, die über dem Grundgesetz rangieren. Da wäre etwa die überstaatliche Pflicht, am bevorstehenden Towel Day ein Handtuch über der Schulter zu tragen, wie das gute Kosmos-Wanderer tun. Der Towel Day ist in Erinnerung an einen großen Autor wichtiger denn je. Douglas Adams half den Geeks dieser Welt, das Leben auf einem durchgedrehten Planeten zu ertragen. 15 Jahre nach seinem Tod ist die Welt technisch dort, wo seine Phantasie längst angelangt war, wie es die Geschichte vom Babelfish zeigt. Jetzt warten wir nur noch darauf, das Schweine fliegen werden und jeder glücklich bis an sein Ende lebt. Soll ja alles möglich sein in einem unendlichen Universum, selbst die Kanzlerwahl von TTIP-Fan Sigmar Gabriel. Also, keine Panik, bitte.



Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
An intimen Leibesübungen des Schaukampfsportlers Hulk Hogan flammt die Debatte über die Pressefreiheit wieder auf. Dabei stimmt Hal Faber der Meinung der Jura-Professorin Khiara Bridges zu: Arme haben keine Privatsphäre.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Philanthropie – altgriechisch für die Menschenfreundlichkeit – ist ein schönes Wort. Im alten, gedruckten Duden steht es zwischen der Phiale, der Schale für ein Blutopfer und der Philatelie, von Herrn Duden wortwörtlich übersetzt als Liebhaberei von Gebührenfreiheitsmarken. Okay, im digitalen Zeitalter schauen wir lieber in die Wikipedia und lesen dann eine halbe Doktorarbeit zu dem Thema. Alternativ bietet sich die vorige Wochenschau an, die sich mit Philanthropie beschäftigt. Oder wir e-blättern in der New York Times und lesen einen Text, in dem der Milliardär und Internet-Übervestor Peter Thiel davon spricht, dass sein Investment in den Schaukampfsportler Hulk Hogan nicht nur den modernen Journalismus definiert, sondern "eines meiner größeren phlianthropischen Dinge ist, die ich je getan habe. Ich denke dabei in solchen Begriffen".

*** Was hat Peter Thiel, als erklärter Libertär ein Liebhaber von Gebührenfreiheiten aller Art getan? Der Super-Investor hat 10 Millionen dafür bereitgestellt, dass Hulk Hogan und einige andere das Netz-Klatschblatt Gawker mit Prozessen in den Ruin treiben können. Bislang geht die Strategie auf: 140 Millionen Dollar Schadenersatz hat ein Gericht nach dem Studium von 4235 Dokumenten dem Hulk zugesprochen, weil Gawker ein Sex-Video mit dem Wrestler veröffentlicht hat.

*** Weitere Prozesse sind im Anmarsch: 10 Millionen Dollar will die Journalistin Ashley Terrill haben, weil sie nach einem Gawker-Bericht belästigt wurde. 35 Millionen will Shiva Ayyadurai haben, der selbsternannte Erfinder der E-Mail, was der Gawker-Ableger Gizmodo rundweg bestreitet. Die Lösung: Ayyadurai hatte als Student 1978 ein Programm geschrieben, das er "Email" nannte. Doch der teuflische Kern der ganzen Pudelei ist neun Jahre alt: Damals veröffentlichte der Gawker als erster eine Geschichte über Peter Thiels Homosexualität. Dies soll ihn beim Verhandeln mit saudi-arabischen Investoren geschadet haben.

*** Mit dem Eingeständnis über seine ach so menschenfreundliche Unterstützungstat in der New York Times hat Thiel eine Debatte über die Pressefreiheit in Gang gesetzt. Sie ist bekanntlich nach einem geflügelten Wort Paul Sethes das Recht von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Kommt jetzt das Recht der Superreichen hinzu, Meinungen zu verbieten? Sethe kannte keine jungreichen Multimilliardäre wie Peter Thiel, aber er kannte sehr wohl das Prinzip: "Frei ist, wer reich ist. Das ist nicht von Karl Marx, sondern von Paul Sethe", schrieb er in einem Leserbrief an den Spiegel. Was Peter Thiel über Gawker sagt, klingt nicht so prägnant wie bei Sethe, meint aber dasselbe: "Ich kann mich selbst verteidigen, aber die meisten Leute, die sie angreifen, sind nicht wie ich." Ohne jetzt große Sympathien für ein Klatschblatt wie Gawker zu haben, das vom Super-Investor Pierre Omidyar unterstützt wird: Die Methode stinkt. Neu ist sie auch nicht: Mother Jones kann ein Lied davon singen, wie man ums Überleben kämpft. Was Gawker auch tut.

*** Denn auch das ist eine erstaunliche Tatsache, mit Klatsch und Tratsch aus dem Silicon Valley der disruptiven Startups und Risikokapitalisten über 45 Millionen Dollar Umsatz im Jahr erzielen zu können. Im neuen "Tal der Puppen" zählt die Privatsphäre derer, die aus den Daten anderer das nächste große Ding zusammenbasteln. Prägnant fasst diesen tiefen US-amerikanischen Klassenwiderspruch die Jura-Professorin Khiara Bridges in ihrer Studie zu Datensammlungen in den USA zusammen: Arme haben keine Privatsphäre.

*** Über diese gefährlichen Algorithmen wird dieser Tage argwöhnisch gewacht; sie werden kommentiert und mit gut gelaunten JubilarInnen diskutiert. Manchmal kommt dabei ziemlicher Blödsinn heraus, wenn Microsofts Tay als irrlaufender Algorithmus bezeichnet wird, während es doch Menschen waren, die Tay gezielt mit ihren verzerrten Weltbildern fütterten, bis das System schließlich abgeschaltet werden musste. Der umlaufende Hass im Internet hat unseren Bundesinnenminister auf den Plan gerufen, der anlässlich der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik von einer Zunahme der Volksverhetzung sprach und hastunichtgesehen ein Vermummungsverbot für das Internet forderte. Ist es die schiere Dummheit grundrechtsnegierender Placebos, wie es der Netzgrüne von Notz formuliert? Hat ein Troll-Algorithmus vom Innenminister Besitz ergriffen? Offen sollst du auftreten, Netizen, wie wir das von Hillary Clinton (hdr22@clintonemail.com) kennen.

*** Ein Vermummungsverbot gilt in Deutschland nur auf Versammlungen, was den Schluss zulässt, dass unser Innenminister das Netz im Neuland als eine einzige Versammlung begreift, in der Menschen wie Hal Faber und Reiner Unsinn allein vor ihren Bildschirmen sitzen, natürlich als Hunde verkleidet. Wie kann man diese Vermummungs-Terroristen, diese Experten der Sprachradikalisierung finden, wenn nicht mit einer gemeinsamen Anti-Vermummungsdatei (GAV), gehostet beim BKA, gespeist von den Vermummungsexperten von BND und Verfassungsschutz? Wenn man dann entmummt unterwegs ist und versonnen in die Webcam lächelt, schlägt ein israelischer Algorithmus zu. Was fehlt beim entmummten, gläsernen Bürger? Eine sauber geklärte Vermögenslage abseits panamischer Briefkästen? Kein Problem, bald haben wir auch diese Anonymität im Griff.

Was wird.

Der Juni beflügelt, zumindest was diese Geschichte mit der Sicherheit vor Cybercrime anbelangt. Da treffen sich die führenden Kämpfer auf der 2. nationalen Cyber-Sicherheitskonferenz in Potsdam. Voriges Jahr wurde dort über den Angriff auf die Bundestags-IT mit großer Souveränität diskutiert, diesmal wird für die Chefs von Verfassungsschutz, BKA und BSI zusammen mit dem Bundes-CIO sicher wieder ein vergleichbarer Cyberknüller für Diskussionsstoff sorgen. Wie wäre es mit der absoluten Bankrotterklärung des polizeilichen Informationsaustausches? Zudem ist der Chef von Airbus Defence and Space mit von der Partie, da könnte man hübsch über die vielen Probleme mit dem Airbus 400M reden und sich fragen, ob da nicht auch ein bisserl Cyber mit im Spiel war.

Außerdem ist unweit von Potsdam vor den Toren von Berlin die Berlin Air Show: So ein Airbus vor der imposanten Kulisse des Flughafens Berlin-Brandenburg, auch das beflügelt ungemein, so als Symbolbild. Mit Firmen wie Teraki, Synergeticon und anderen sind erstmals Startups mit dabei, die sich auf "disruptive Entwicklungen in der Luftfahrt" spezialisiert haben, wie der Veranstalter verkündet. Nur Fliegen ist schöner? Von wegen.

In Vorzeigeprojekten wie A400M und BER darf die De-Mail nicht fehlen, ein Mail-System auf der Basis von totgerittenen Pferden. In Berlin entscheidet das Anwaltsgericht, ob Rechtsanwälte das elektronische Anwaltspostfach ab dem 29. September 2016 nutzen müssen oder nur oder mindestens eine De-Mail-Adresse haben müssen, damit der ordentlich identifizierte Bürger mit seinem Anwalt vertraulich verkehren kann. Man darf gespannt sein, wie die Pferde bei diesem Mummenschanz antraben.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Die Frau mit dem Haarhelm vermeidet ein Foto mit dem Problembären in Schönefeld. Weiter nördlich arbeiten sie eine Stalking-Affäre auf. Hal Faber verzichtet aus Respekt auf Tiefschläge.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Popcorn regelt. Aber Popcorn ist unberechenbar, ein Stück Chaostheorie voller Endosperm. "Diese Gewitter sind wie Popcorn und platzen überall auf", sagte der Meterologe hilflos im ZDF und sprach von einem "Tiefdrucksumpf". Prompt haben wir wieder das jährliche Jahrhunderthochwasser und Tote im Schlamm. Die im Mittelmeer und die vielen Toten dort können wir gleich hinzuzählen, denn auch hier ist der Klimawandel Auslöser des Geschehens. Man sollte sich daran erinnern können, dass der arabische Frühling abseits aller Twitter-Revolutionsromantik mit Protesten gegen die drastische Verteuerung von Lebensmitteln nach einer der größten Missernten Nordafrikas begann. Wieder einmal haben unsere Vorhersagesysteme, Computer und Rechenmodelle versagt, weil die Algorithmen nicht angepasst sind an die Realität, in der das Eis der Arktis so schnell schmilzt, dass der Anomalie-Graph aus dem Koordinatensystem wegtaucht. Rechnen mit dem Klimawandel ist schließlich bei weitem nicht so lukrativ wie etwa dieses autonome Fahren. Ach, wie gut, dass unsere Regierung Geld für hochpräzise Wetter-Apps ausgibt in ihrem datenbasierten Modernitätsfond, da steigen die Chancen, Unwetterwarnungen auf Smartphones zu liefern, sofern die Rechenmodelle stimmen. Dann freuen wir uns auf den Regenbogen nach dem Abzug des nächsten Jahrhundertgewitters.

*** Ach, wie schön ist Pana^H, äh, waren die strahlend blauen Himmel über der Berliner ILA. Der Problembär, äh, der Problemairbus war da und zwang Verteidigungsministerin von der Leyen zu einer Guided Tour mit Umwegen: sie wollte auf keinen Fall ein Bild von ihr und dem PP&P-Vogel im Hintergrund. Wie staatstragend waren hingegen die Grünen, die sich vor Airbus-Fliegern ablichten ließen und auf einer Pressekonferenz zum Thema nachhaltiges Fliegen mit "Major Tom" Enders auftraten. Das Thema ist ausbaufähig, besonders beim Thema nachhaltiges Töten. Sicher wird es irgendeine Alge geben, aus der sich wunderbar kompostierbare Dum-Dum-Geschosse fertigen lassen. Und beim Superthema 3D-Drucker gibt es weitere Anknüpfungspunkte: Wie wäre es, das Parteiprogramm auf einen Stoff zu drucken, der die neue Biegsamkeit der Partei illustriert, die mit CETA-ja flattert wie ein Fähnchen im Wind? Ja, so vergeht die Zeit und der grüne Protest von ehemals mit scharfen Debatten über Drohnen wird elegant verklappt, schließlich ist Airbus Airborne Solutions für die Starts und Landungen deutscher Heron-Drohnen in Afghanistan zuständig, als Leasing-Partner der Bundeswehr. Ach, wie schön ist es, dass es an diesem Wochenende einen "Grünen Polizeikongress" gibt, den die tageszeitung als Kuscheln für die innere Sicherheit umschreibt. Wenigstens der Bayernkurier hat noch die alten Reflexe drauf.

*** Apropos waffenfähige Drohnen auf der ILA, da ist ja ein großes Aufseufzen und erleichtertes Aufatmen quer durch die diese unsere Republik gegangen, als bekannt wurde, dass das Töten mit Handy-Daten gar nicht geht. Das hat ein gewisser Henrik Isselburg dem NSA-Ausschuss erzählt, der zwar als Leiter des Referats Operative Auswertung kein Fachmann für Ortungstechnik ist, aber vom Bundesamt für Verfassungsschutz kommt, einem Hort der knallharten Wahrheit. Mit Handy-Daten und besonders mit diesen furchtbar hinterhältigen Metadaten klappe es nicht so genau, jemanden zu orten und dann eine Rakete abzusetzen. Oder vielleicht doch? "Sollte der Bundestag dazu aber ein Gutachten in Auftrag geben, werde das BfV die Ergebnisse gern zur Kenntnis nehmen." Was für ein die Fassung schützender Satz eines operativen Auswerters. So erklärt man zwar kein Problem für beendet, verschiebt aber die Beweislast zu einem Gutachter. Ein Verfahren, das sich schon einmal bewährt hat, wie es das Graulich-Gutachten zeigte.

*** Heute ist bekanntlich der Welterbetag, an dem man tiefsinnig das materielle wie immaterielle Kulturgut betrachten soll, um zu verstehen, wie uns das Welterbe verbindet. Mit den Vollpfosten von der AfD verbindet uns immer noch die Bewunderung für die Dresden, während beim Fußball bekanntlich die Meinungen auseinander gehen. So ändern sich die Zeiten: Vor 10 Jahren gab es den ersten Podcast von Bundeskanzlerin Merkel zur Fußball-WM in einem bunten, feiernden und weltoffenen Deutschland. 425 Podcasts später gibt es Wünsche zur EM für "Die Mannschaft" (tm), die von den besagten Vollpfosten abgelehnt wird.

*** Mein Vorschlag wäre, zum hohen Gedenktag des Welterbes die Snowden-Dokumente als Dokumentation der immateriellen Niedertracht in das Welterbe aufzunehmen. Sie wurden heute vor drei Jahren, am 5. Juni 2013 Glenn Greenwald übergeben, ehe sich Edward Snowden der Weltöffentlichkeit stellte. Die Dokumentation des Treffens von Laura Poitras bekam einen Oscar und taucht gelegentlich in den Mediatheken auf, anders als die Snowden-Dokumente, von denen bislang rund 6500 von 58.000 veröffentlicht wurden. Zuletzt war es die Hauszeitschrift der NSA, die man durchstöbern konnte. Nun hat der ehemalige US-Justizminister und Oberstaatsanwalt Eric Holder höchstselbst Snowdens Tat am vergangenen Wochenende als öffentlichen Dienst gelobt, der der Gesellschaft geholfen habe, "indem er die Debatte und die Veränderungen, die seither gemacht wurden, angestoßen hat". Zur Erinnerung: Holder wollte während seiner Amtszeit Snowden hinter Gittern sehen.

*** Was hat Snowden bewirkt? Glaubt man Greenwald, so haben die Berichte über die NSA bei vielen Netznutzern das Bewusstsein geschärft, dass die Privatsphäre verteidigt und der Selbstdatenschutz verschärft werden muss. Da tut sich also was, auch bei uns. In dieser Woche hat Forschungsministerium 16 Projekte mit Fördermitteln bedacht, die den selbstsbestimmten Datenschutz in der digitalen Welt vorantreiben sollen. Von MoPPa bis SIOC, von AN.ON-Next bis VVV allein fünf beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, wo der drittmitelgeförderte Forschungsbereich des ULD ein wichtiger, jedoch umstrittener Posten ist. Es bleibt spannend, was von dieser Stärkung des Selbstschutzes am Ende beim berühmten Endanwender ankommt.

*** Dem Mann, der bei der taz Sebastian Heiser war, ist eine spannende Recherche gewidmet, die einmal aufzeichnet, was ein Keylogger in einer Zeitungsredaktion anrichten kann. Mit der Flucht des investigativ mitloggenden Journalisten in ein südostasiatisches Land ist die Geschichte keineswegs abgeschlossen. Die Frage, was wir aus dem Fall gelernt haben, ist ergänzungsbedürftig, aus mehreren Gründen. Denn die "journalistisch-voyeuristische Grenzüberschreitung" kann eine Suche nach Romeo-Kompromat unter den 23 Mitarbeitern sein, wie sie bei den Diensten immer noch beliebt ist. Oder eine soziale Machtfrage, wie dies das Beispiel des leitenden Tor-Entwicklers Jacob Appelbaum zeigt, der ernster Vergehen gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht beschuldigt wird. Dann wäre da noch die Frage nach dem 500-Pfund-Gorilla: Was ist, wenn statt einem relativ einfach zu entdeckenden Keylogger der Bundestrojaner oder seine Brüder im Geiste zum Einsatz kommen? Im Zweifelsfall ist das Redaktionsgeheimnis oder der journalistische Informantenschutz eine Idee, mehr nicht. Gegen sie lässt sich immer noch so etwas wie die Gefahr des Beweismittelverlustes ins Feld führen. Alle Festplatten und Datenträger verschlüsseln, dieser Selbstdatenschutz muss viel weiter gedacht werden.

*** "Lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter. Irgendwann wirst Du damit Recht behalten". Der größte Boxer aller bisherigen Zeiten war auch ein großer Philosoph und jeder Nachsatz über ihn wäre ein schlapper Punch.

Was wird.

Wieder einmal wird ein Ereignis am Rande der norddeutschen Tiefebene die Augen auf sich ziehen. Nein, die große Party von heise online ist nicht gemeint, die Teilnehmer-Wettbewerbe laufen ja noch. Am Dienstag wird aus Hannover von der Forschung berichtet, die an dem ruhigsten der Menschheit bekannten Ort durchgeführt wurden. Die Rede ist von der ESA-Mission LISA-Pathfinder, die am Sondenparkplatz durchgeführt wird und beeindruckende Messungen erzielt haben soll, die zeitgleich in den Physical Review Letters veröffentlicht werden.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Stell dir vor, es ist hybrider Krieg, und wer zu Hause bleibt...
« Antwort #627 am: 12 Juni, 2016, 00:38 »
Im Internet wird ein neuer Krieg geführt und alle machen mit. Hal Faber erinnert sich wehmüttig an die guten alten Zeiten bei der Schülerzeitung, immer vom Verfassungsschutz begleitet.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es gab eine Zeit, in der ein junger, ungestümer Hal vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, weil er einem Grüppchen angehörte, das sich Kommunistischer Oberschülerverband nannte und in Hannover neben der bundesweiten Pflichtlektüre "Schulkampf" eine kleine Zeitschrift namens "Widerhaken" herausgab. Irgendwie muss man ja mit dem Schreiben anfangen, wenn es nicht auf schwiemelige Gedichte hinauslaufen soll. Der "Widerhaken" beschäftigte sich Nummer für Nummer mit drei Themen: den Berufsverboten, der Exegese von Karl Marx und der NDR-Sendung Sympathy for the Devil des großen Horst Königstein, weswegen Jungautor Hal wegen "Abweichung von der Parteilinie" aus der K-Truppe herausgeworfen wurde. Von der Rektorenkonferenz Hannover wurde der "Widerhaken" als "Desinformations-Schmierblättchen" betitelt, alles bestens notiert vom Landesverfassungsschutz Niedersachsen.

*** In dieser komischen Zeit Anfang der 70er Jahre gab es einen anderen deutschen Geheimdienst, der sich ein Referat F in der Abteilung VII der Hauptverwaltung Aufklärung leistete, das für "Desinformationsstrukturen und Desinformationskulturen" zuständig war. Die wichtigste Aufgabe der Desinformierer-Ost war das Fälschen von Material über Politiker, um "faschistische Tendenzen" in der Bundesrepublik Deutschland nachweisen zu können. Die größte Aktion des Referates war die Operation Neptun, als in Zusammenarbeit mit dem russischen KGB und dem tschechoslowakischen StB mehrere Kisten mit sorgfältig gefälschtem Kompromat in einem See versenkt wurden und als "Originalmaterial" des Hitler-Regimes "entdeckt" wurden. Das Ziel der Aktion war es, die Verjährung für Verbrechen im III. Reich zu verlängern und westdeutsche Politiker als Verbrecher in der Kontinuität der Nationalsozialisten darzustellen. Das gelang nicht, weil der tschechoslowakische Leiter der Aktion in den Westen 'rübermachte und die Sensation enttarnte.

*** Spion vs. Spion vs. Doppelspion ist ein beliebtes Spielchen im Kalten Krieg gewesen. Heute befinden wir uns nicht mehr im Kalten Kireg, heute sind wir weiter! Hurra, wir reden jetzt vom hybriden Krieg, in dem Desinformationskampagnen ein wichtiges "Wirkmittel" sind. In dem ein Edward Snowden allein dadurch schon in der "Bild-Townhall" als Verräter dargestellt wird, weil er sich in Russland aufhält. Wer aus bekannten Gründen nicht auf den Link klicken will, lese hier, wie Geheimdienstchef Gerhard Schindler vom BND die desinformationelle Hetzkampagne einläutet:

"Bei aller Wertschätzung und bei allem guten Willen, den ich ihm unterstelle, ist und bleibt er ein Verräter. Er hat amerikanisches Recht gebrochen. Und was ich noch eher skeptisch beurteile ist, dass er sich in die Hand der Russen begeben hat und damit das Spiel der Russen und die hybride Kriegsführung mit unterstützt."

Jaja, das schlimme Spiel der Russen, bei denen man immer auf ein Foul gefasst sein und die Koffer parat haben muss, um sich schnell nach Spanien abzusetzen. Hybride Kriegsführung ist übrigens für die Linke sinnigerweise nur heiße Luft, wie es in dieser Woche hieß, wenngleich auch dort bei der "Eskalation gegen Russland" in dem hybriden Krieg die "Manipulation der öffentlichen Meinung" eine Teilstreitkraft auf dem Schlachtfeld Internet ist.

*** Wie die Meinung manipuliert werden soll, zeigte in dieser Woche der zweite Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen mit einem interessanten Auftritt vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Das ganze gekrönt von der Tatsachenbehauptung, Snowden sei ein russischer Agent, wie es die Parlamentsnachrichten zusammenfassen. Auch bei Maaßen ist die intellektuelle Glanzleistung zu bestaunen, dass der Entzug des Reisepasses durch die US-Regierung Snowden selbst angelastet, der Versuch von ihm, Asyl in Deutschland zu bekommen, überhaupt nicht erwähnt wird. Dass der Zufallsfang der russischen PR-Strategie zupass kam, ist alles, was an "Tatsache" vorhanden ist. Bei der Frage, ob vielleicht der BfV-Chef Maaßen ein russischer Agent ist, ist dieselbe Logik am Werk. Wie staatstragend, dass ein Blatt wie Cicero dazu passend in einem online nicht verfügbaren Artikel "Falsche Freunde" darauf hinweist, dass alle Whistleblower aus dem Snowden-Umfeld sich gerne von dem Propaganda-Sender "Russland Heute" bzw. "Russia Today" interviewen lassen. So geht hybride Kriegsführung.

*** Zur Desinformationsstruktur der hybriden Kriegsführung werden nicht wie einstmals Kisten präpariert und in einem See versenkt werden müssen, wir haben ja das Internet mit der Darknet-Kiste innen drin. In der letzten Wochenschau wurde der Fall von Jacob Appelbaum nur kurz erwähnt, schließlich gab es nur Gerüchte und Appelbaum äußerte sich erst später dazu. Inzwischen ist aus der Causa Appelbaum ein großes Gesumm geworden, das sicher weiter summen wird. Wenige Beiträge sind wirklich interessant, etwa der von Patrice Riemens. Wagen wir darum eine kleine "Anmaaßung" und nehmen den Gedanken eines Heise-Lesers auf, der das Geschehen im Sinne der hybriden Kriegsführung interpretiert, seinerseits auf einen Artikel über Tor. Danach könnte der Zeitpunkt gekommen sein, dass Tor keinen Zuwachs an Traffic mehr braucht, der wesentlich von der stark angewachsenen Hacker-Szene kommt, mit all ihren Schattierungen von Sicherheitsforschern bis zu den Online-Aktivisten. Die Netzwerkstrecke DB ist ausreichend versorgt. Ob der Tor-Popularisierer Jakob Appelbaum ein Geheimagent ist oder nur ein nützliches Helferlein, ist dabei egal. Man kommt auch ohne verschwörungstheoretische Überlegungen aus, ob die zwei Dutzend US-Amerikaner und Briten in der Berliner Hacker-Szene Agenten sind oder nur von diversen Agenten und Militärattachés beäugt werden, die in Berlin agieren.

*** Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke! Mit diesen Inschriften am Ministerium der Weisheit kann der US-amerikanische Wahlkampf betrachtet werden. Da gibt es in Chicago eine Firma namens Timshel, die eine Software namens The Groundwork vertreibt zum Zwecke der "Social Media Activation" von digitalen Couchkartoffeln, mit besten Ergebnissen bei Präsidentschaftskampagnen. Offensiv wirbt man damit, dass die Erfahungen der Obama-Kampagne in Software übersetzt wurden und nun von der PR-Agentur Groundwork bei der Truppe um Hillary Clinton als "Salesforce für Politik" zum eingesetzt wird. Wichtigster Finanzier von Allem: Eric Schmidt, der Über-CEO von Google. Das bewog Julian Assange, anlässlich des Medienforums von "Russland Heute" (s.o.) in Moskau davor zu warnen, dass Google Hillary Clinton unterstützt. Doch noch ist Schmidt nur ein Investor unter anderen. Wie man als Milliardär sein Geld richtig diruptiv anlegt, hat Peter Thiel gezeigt: Gawker ist pleite. Pressefreiheit ist die Freiheit von einer handvoll Milliardären, sich rächen zu können. Kommt von irgendwo ein Lichtlein her? Aber klar doch, nicht immer gehen die Rache- und Vernichtungspläne auf.

Was wird.

Die Fußball-EM hat angefangen, im Supermarkt um die Ecke gibt es Klobürsten in den Farben Schwarz-Rot-Kack und andere Hässlichkeiten. Selbst reputierliche Computer-Museen zeigen sich bildlich vom "Fußballfieber" infiziert. Die Froschfresser spielen gegen die Zigeuner und "wir" gegen die Krimverlierer: Twitter lässt in seiner ganzen Rohheit grüßen, von @schland_watch dokumentiert. Das ganze hat mit Fußball natürlich nichts zu tun: wenn England die EM gewinnt, fällt der Brexit aus. Das nennt man dann Abstimmung mit den Füßen.

Am Dienstag startet der "Digitale Flüchtlingsgipfel" des Bundesinnenministerium in Berlin. Mit dabei: Betterplace, die Initiative D21 und OpenTransfer sowie viele Firmen-Beauftragte für Corporate Responsibilty und chancengleichen Wohltaten. Man will offensiv die Möglichkeiten des Internet nutzen und die Hilfe besser koordinieren, "statt ständig das Rad neu zu erfinden". Eine gewisse Erfindungshöhe kann man dem Einfall der, ähem, sozialdemokratischen Bundesarbeitsministerin Nahles nicht absprechen, die Ein-Euro-Jobs bei Flüchtlingen auf 80 Cent zu reduzieren, weil diese meistens in den Aufnahmeeinrichtungen selber arbeiten würden. Ne kleine Einordnung? 15 bis 20 Cent kostet eine Minute beim Telefonieren nach Syrien. Aber digitale Flüchtlingshilfe, das können wir.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von enthemmten Mittelschichten und Hilfs-Bundesinnenministern
« Antwort #628 am: 19 Juni, 2016, 00:09 »
Radikale Absteiger sind sie, diese Mittelschichtler. Gut, dass sie einen Innenminister haben, die auf alle aufpasst. Doch auch dem muss man auf die Finger schauen. Hal Faber rechnet mal nach.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Dazusitzen, in diesem wunderbaren Saal, zuzuhören, wie die Vertreter von 32 Staaten nacheinander aufstanden und erklärten, wie furchtbar gern sie eine größere Zahl Flüchtlinge aufnehmen würden und wie schrecklich leid es ihnen tue, dass sie das leider nicht tuen könnten, war eine erschütternde Erfahrung. [...] Ich hatte Lust, aufzustehen und sie alle anzuschreien: Wisst ihr denn nicht, dass diese verdammten 'Zahlen' menschliche Wesen sind, Menschen, die den Rest ihres Lebens in Lagern oder auf der Flucht rund um den Erdball verbringen müssen wie Aussätzige, wenn ihr sie nicht aufnehmt?“

Das Flüchtlingsdrama geht weiter mit neuen Rekordzahlen aus dem Mittelmeer, mit Berichten über grundrechtsverletzende Ausbootungen unter Aufsicht von Frontex und natürlich mit Konferenzen, in denen über Flüchtlingsquoten verhandelt wird. 100 Flüchtlinge pro Tag aus den türkischen Lagern, das kann Europa gerade noch verkraften, aber wehe, es sind zwei mehr, dann ist das Drama da.

*** Mittenmang in dieser Situation zerbricht der gehätschelte deutsche Mittelstand. Da sind die Bürger, die das Geschehen als Chance begreifen und helfen, die Sprachkurse geben und jede Menge Apps für Flüchtlinge entwickeln. Dafür werden sie vom Bundesinnenminister gelobt, der ihnen dieses Foto zeigt. Wir sehen acht Männer, kurz bevor sie in ein Boot steigen, um über das Mittelmeer zu kommen. Fünf von ihnen, rund 70 Prozent, hantieren dabei mit Smartphones.

*** Aber da sind auch die anderen in der Mittelschicht, die von der Statuspanik befallen sind. Besagter Thomas de Maizière ist in diesen Tagen der wichtigste Vertreter des sich selbst radikalisierenden Mittelstandes, wenn er davon fabuliert, dass 70 Prozent der männlichen Flüchtlinge von Ärzten krank geschrieben werden. Mit großer Mühe hat sein Ministerium diesen Unsinn zurechtgetwittert und von "spotlight-artigen" bis zu 70 Prozent gesprochen. Ja, wo das Smartphone nicht ausreichend Licht liefert, da muss schon ein greller Scheinwerfer her, gerichtet auf eine kleine Unterkunft. Und schwupps, ist bei fünf von acht untersuchten Flüchtlingen die geforderte Prozentigkeit erreicht. Und schwupps, ist de Maizière nach Frankreich entschwunden, zu einer Kabinettsitzung und der deutschen Fußballnationalmannschaft. Die in Evian logiert, dort, wo die Flüchtlingskonferenz von 1938 so kläglich scheiterte. Das Eingangszitat dieser Wochenschau stammt von Golda Meir, lediglich das Wort Konzentrationslager wurde von mir verändert.

*** Die Angst des besitzenden Mittelstandes treibt auch einen de Maizière um, weshalb er neben der 70-prozentigen Fehlleistung im Interview auch über eine Wachpolizei spekulierte und Videoüberwachung als "Element gegen die Einbruchskriminalität" in die Vorstädte bringen will: "Es gibt aber die Möglichkeit, auch Kreuzungen in Einfamilienhaussiedlungen zum Kriminalitätsschwerpunkt zu erklären und dort öffentliche Kameras zu installieren." Ein beruhigender Vorschlag, zu dem sicher eine ordentliche Deklaration gehört, was die Kameras alles können sollen. Sonst müssen sie, wie im schönen Hannover geurteilt, abgebaut oder dürfen erst gar nicht wie in Berlin aufgestellt werden. Viel beunruhigender sind scheinbar liberale :Kommentare wie der von Heribert Prantl zum Einbruchsproblem, wenn es unter Berufung auf Horst Herold heißt:

*** Wenn Einbrecher immer organisierter vorgehen, muss das auch die Polizei tun. Als einst Horst Herold, Präsident des Bundeskriminalamts zu RAF-Zeiten, in Nürnberg Polizeipräsident war, ließ er die Straftaten so penibel auswerten, dass er vorhersagen konnte, wo die nächsten passieren. Das heißt: Es kann im Idealfall die Polizei schon vor den Tätern da sein.

Da ist er wieder, der Traum des Predictive Policing mit seiner Theorie von den near repeats und integrierten Suchfunktionen in der Social Media-Abteilung des Internet. Die Maßnahmen werden etwa in NRW als "Erfolg" ausgegeben, die Versuche auf andere Städte ausgeweitet, obwohl es vor 2017 keine Zahlen gibt und wissenschaftliche Studien Mangelware sind. Bei der vorgeschlagenen Wachpolizei ist man eigentlich schon schlauer und weiter, erinnert sei an die Freiwillige Polizei-Reserve in Berlin, bestückt mit Law and Order-Typen aus der rechtsradikalen Szene. Nein, hier muss man dem Bundesinnenminister kein rechtes Gedankengut unterstellen. Der Trick, mit Angestellten Polizeibeamte zu ersetzen, ist ökonomisches Kalkül und nur die Vorstufe für den Wachauftrag für private Sicherheitsdienste, damit der Mittelstand in seinen Einfamilienhausssiedlungen besser schlafen kann und nicht zur AfD rübermacht. Diese Form Haushaltsentlastung könnte man noch optimieren: Wie wäre es mit Hilfs-Bundesinnenministern, schnell an der VHS ausgebildet, mit einem zertifizierten Abschluss in Prozentrechnung?

*** Bei der privaten Sicherheitsfirma 4GS, ehemals als Falck Group bekannt, hat der Amokläufer gearbeitet, der am Sonntag in Orlando 49 Menschen erschoss. Angeblich gibt es einen islamistischen Hintergrund mit Bezug auf den Anschlag in Boston, vieles deutet jedoch auch darauf hin, dass ein misslungenes Coming-Out ein Grund sein könnte, von einem, der die zum Coming-Out nötige Übereinstimmung mit sich selbst nicht zulassen wollte. Kurz vor dem Christopher Street Day steht die LBGTTIQ*-Community unter Schock, wird den Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-, Intersexuell-, Queer oder unbestimmtwollenden Menschen die Haut vom Leibe gezogen, in einem Stück. Die Zeiten für Minderheiten sind schlechter denn je und "schwule Orte" sind wieder ein Stück in das gesellschaftliche Abseits gerückt und in der Community wachsen die Ängste. Auch der Mord an Jo Cox könnte in diese schlimme Richtung zeigen, schließlich verurteilte sie die Bigotterie der britischen Regierung gegenüber der LBGTTIQ* -Community. Gegen die Fanatiker, die Amerika, Britannien, Deutschland oder einen Islamischen Staat wieder groß machen wollen, muss der Schutz der Menschenrechte und der Grundrechte für alle gelten.

Was wird.

Bei Microsoft gibt es eine Firmenbibel, das Buch Exponential Organisation von Salim Ismail, Michael Malone und Yuri van Geest. Wer diese MTP-Prediger (Massive Transformative Purpose) liest, bekommt eine Ahnung davon, dass der Kauf von LinkedIn mehr ist als der letzte Versuch, Karlchen Klammer mit berufsbegleitenden Tipps zu neuem Leben zu erwecken. Auch die Vision von einem netten Bluescreen mit der Aufforderung von Karlchen "Ich möchte Sie gerne zu meinem beruflichen Netzwerk auf LinkedIn hinzufügen" wird es so nicht geben.

Während heise online weiter unverdrossen den 20. Geburtstag feiert und sich die Riesensause am Ententeich nähert, ist es der 10. Geburtstag vom Web 2.0 eher einer von der stillen Sorte. So viel gibt es da nämlich nicht zu feiern, nicht nur wegen Hass und Trollerei, das zeigt die Juni-Ausgabe von First Monday. Aus dem Mitmach-Web ist ein Ablausch-Web geworden, im doppelten Sinne, denn NSA & Co sind mit von der Partie. Die Blogosphäre ist kommerzialisiert und ausgetrocknet, der Online-Aktivismus hat sich immens verbreitert, doch führte er nicht zum erhofften zivilgesellschaftlichen Widerstand. Zehn Jahre nach dem Start vom Web 2.0 ist das Rechnen in Beständen angesagt, gewinnt das Netzwerken eine immense Bedeutung für alle, die ihren Job-Status in Gefahr sehen.

Es gibt Länder wie Kanada, in denen eine Jobsuche ohne LinkedIn-Profil nicht mehr möglich ist, wenn es um mehr als eine Praktikantenjob geht. Aus dieser Sicht ist das Andocken von LinkedIn bei Microsoft der erste Schritt zu einem "Social Credit System", wie es in China aufgebaut wird. Die Verbesserung des gegenseitigen Vertrauens bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, einem neuen Kunden oder Geschäftspartner ist doch ein wunderbarer Ansatz, für den man vielleicht noch eine Drogen- und Finanzkontrolle braucht. Das mögen nicht alle so sehen. Darum, ganz im Sinne der anstehenden Party: Kopf hoch! Es gab schon immer lustige Kommentare.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von Zukünften, Zitis und Zyklonopathen ...........
« Antwort #629 am: 26 Juni, 2016, 06:29 »
Wenn's dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis. Oder setzt auf Nationalismus. Haben wir noch eine Zukunft? Fragt sich, was man darunter versteht, merkt Hal Faber an, und bekräftigt: Vive l'Europe. Es lebe die europäische Union und der Bundesstaat Europa.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Zukunft ist live. Aber nur eine ist die richtige", wirbt SAP gerade an allen möglichen Stellen für S4/HANA, wenn der Adblocker mal nicht in Betrieb ist. Ein schöner Satz in diesen Tagen, wo über die Zukunft der Jungen gejammert wird, die von den Alten ausgeknipst wird. Was nicht einmal für Großbritannien so richtig stimmt, wo die Wahlbeteiligung der Jungen unzureichend war. Also, wer hat eigentlich die Zukunft abgeschafft und durch die ewige Gegenwart ersetzt, mit endlosen Geschichten von Rosamunde Pilcher an britischen Küsten? Nein, SAP ist nicht dran schuld, da optimiert man nur den Customer Lifetime Value mit Hilfe von Big Data. Das soll Zukunft haben, den Menschen präzise auf seine Lebenswertigkeit hin auszurechnen. Vielleicht ist Zukunft aber auch etwas ganz anderes. Das schreibt Georg Seeßlen über die Zukunft als ein Menschenrecht, dass Asyl ausnahmslos allen Menschen ohne Zukunft gewähren sollte.
"Zukunft haben, die Möglichkeit, aus eigener Kraft und mit der Hilfe von anderen Lebensumstände, Machtverhältnisse und Entscheidungsräume zu verändern, die Hoffnung darauf, von der Fremd- zur Selbstbestimmung zu gelangen, aber eben auch Ideen, Fantasien, Träume zu entfalten ohne Furcht und ohne Zwang, kann zweierlei bedeuten: Das Privileg weniger oder das Recht aller."

*** Als Privileg weniger haben Peter Thiel und Mark Zuckerberg Zukunft, haben Firmen wie Facebook ein Monopol für die Vernichtung anderer Möglichkeiten, als Recht aller sind alle Menschen gefragt, eine Zukunft zu definieren. Wenn gleich nach dem Brexit bange gefragt wird, was denn die Märkte machen, als ob die Marktfreiheit und die Wettbewerbsfähigkeit die höchsten Werte unserer Kultur sind, kommt heraus, wie systematisch die Zukunft im Namen Europas abgeschafft wurde. Auch die Leichtigkeit, mit der Politiker das CETA-Abkommen als mögliches Vorbild einer britisch-europäischen Vereinbarung zitieren, zeigt ein Denken, das ohne Zukunft auskommt und sich mit dem Bestehenden abfindet.

*** Apropos CETA: Die Brexit-Bejubler, die jetzt ihre ganze Britishness ausleben wollen, vergessen Kleinigkeiten wie die Tatsache, dass die britische Wasserversorgung privatisiert und an einen kanadischen Fonds verkauft wurde, während sie in Schottland bei der öffentlichen Hand blieb. Es sind die Resonanzspuren des Thatcherismus, die diese Wahl auszeichneten. Oder da wäre die Tatsache, dass das Gros der britischen Agrarindustrie Farmen mit 100 Hektar Land sind, die reichen Familien und Investoren gehören und kein Umweltschutzgesetz ihre Windradbaumanie kanalisierte.

*** Aber wir sind ja in der IT und damit in der Zukunftsbranche schlechthin, da gibt es ein bisschen Bedauern und gut ist's, die Londoner Start-Ups können ja zwecks Freizügigkeit des Arbeitsplatzes nach Berlin kommen. Schließlich wird der gerade erst festgezimmerte Datenschutz beachtet, was will man mehr. Was die seltsamen Steuerpraktiken von Firmen wie Vodafone anbelangt, schildern Heise-Foristen in einfacher deutscher Sprache.

*** Zu den bekanntesten Brexit-Befürwortern zählt Sir James Dyson, dem die britische Presse zu Füßen liegt, wie sie selbst berichtet. "Ernsthaft, wenn Dyson ein Land [nach seinen politischen Ideen] designen würde, würden Sie in ihm leben wollen, weil es schön ist und Spaß macht und vor allem, weil es funktionieren würde." So sieht es aus, wenn man Zukunft und Gesellschaft mit einem Produkt verwechselt, das man verkaufen möchte. Wobei, wenn schon ein neues Britannien designet werden soll, wäre auch ein neues Königshaus ganz fesch, so voll auf der jakobitischen Linie mit Franz, dem Zweiten. Den Papst würd's freuen. Oder vielleicht sollten gleich die Welfen aus dem Haus Hannover wieder übernehmen. Muss ja nicht gleich zu einem zweiten victoriansichen Zeitalter werden.

*** Doch es wird anders kommen. Nüchtern betrachtet, hat nicht Boris Johnson, sondern Theresa May die besten Chancen, Klein-Britannien in die nicht vorhandene Zukunft zu führen. Ihr Meisterinnenstück hatte die härtere Ausgabe von Margaret Tatcher mit einem Überwachungsgesetz abgeliefert, das alle feuchten Schnüfflerträume berücksichtigt. Jetzt wird es zur Beschwichtigung der Kritiker überprüft, doch wesentliche Passagen sind als unverzichtbar davon ausgenommen worden. Unverzichtbar geht es auch in anderen Ländern zu, wo Bürger überwacht und nicht verunsichert werden sollen. Deutsche und russische Politiker lassen sich da nicht beirren: Beide Länder haben zeitgleich neue Anti-Terror-Gesetze verabschiedet, die die Überwachung der Bürger verbessern. Das deutsche Eilgesetz hat es so eilig, dass nicht einmal die Kosten für den "Erfüllungsaufwand" richtig berechnet wurden. Dafür hat die Bundespolizei enorm an Kompetenzen hinzugewonnen. Das russische Gesetz geht einen Schritt weiter und verpflichtet alle Provider die Inhalte von SMS oder e-Mails der letzten sechs Monate so zu speichern, dass sie für die Dienste lesbar sind, auch wenn sie verschlüsselt sein sollten.

*** Und so bleibt bei all dem Durcheinander, in dem die Brexit-Protagonisten schon anfangen, zurück zu rudern und zu betonen, dass das alles doch gar nicht so ernst gemeint war, in dem Boris Johnson ausgebuht wird und Nicola Sturgeon, erste Ministerin Schottlands, ein erneutes Referendum über die schottische Unabhängigkeit ankündigt, in dem die Sinn Fein ein Referendum über die Wiedervereinigung Nordirlands mit Éire fordert, in dem die EU-Granden durcheinanderreden und nicht so recht wissen, ob mehr oder weniger Eurpa die richtige Antwort auf den Brexit ist, in dem Pablo Turrión von Podemos eine sozialere und demokratischere EU fordert und einen Austritt Spaniens aus der EU ausschließt, in diesem Durcheinander also bleibt festzuhalten: Vive l'Europe! Es lebe die Europäische Union und der Bundesstaat Europa – auch als Hort der Demokratie und der Menschenrechte im 21. Jahrhhundert.

Was wird.

Dafür bekommen wir was viel Schickeres, die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, ZITIS. Da Verschlüsselungen nicht einfach knackbar sind, sollen sich bis zu 400 IT-Mitarbeiter an die Programmierung von Trojanersoftware oder auf die Suche nach Sicherheitslücken machen, und Sachen benutzen wie etwa ein Ausleitungsmodul für Whatsapp. Womöglich arbeitet man auch als Zentralstelle für den Einkauf von Zero Days auf dem grauen Markt, auch das geben die geleakten Papiere her. Per Einrichtungserlass bekommt Deutschland eine Mini-NSA, weit umfangreicher als das einstmals geplante Kompetenzzentrums Informationstechnische Überwachung mit seinen 30 Mitarbeitern. ZITIS soll für das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und den Verfassungsschutz da sein, nur der Bundesnachrichtendienst ist nominell aus dem Spiel, bis der theoriemäßig zuständige Satellit im Weltraum gefunden ist.

Beim ZITIS-Spielchen der geheimen Dienste und Ermittlungsbehörden sollte der neue Bürger-Geheimdienst DISCREET nicht vergessen werden. DISCREET hat in Berlin mit der dreiwöchigen Ausbildung neuer Bürger-Agenten begonnen. Die Frage ist nicht uninteressant, wie ein moderner Geheimdienst aussehen kann, der bei der Totalausbeutung des Menschen durch "Facebook & Co" einschreiten kann. Auch wenn der erste Ausbildungskurs in Kryptologie etwas abgedroschen erscheint, so gibt es doch Spielraum nach oben. Erster Bürger-Agent ist übrigens nach eigener Einschätzung Edward Snowden, der von der Regierungsseite zur Bürgerseite wechselte – und in Russland das russische Überwachungsgesetz kritisiert. Als er noch mit dem Wechseln der Seiten beschäftigt war, besaß er eine Mail-Adresse beim Provider Lavabit. Dieser hat nach einigem Hin und Her über drei Jahre alle bis dato geheimen Dokumente jener Knebelorder freigeklagt, aus denen hervorgeht, dass eine "Grand Jury" den privaten SSL/TLS-Schlüssel von Lavabit haben wollte, um an Edward Snowdens Mailbox gelangen zu können. Die (zensierten) Details zu diesem pikanten Briefwechsel finden sich bei Cryptome als ZIP-Archiv, eine Rede ist für die kommende DefCon angekündigt

Kann ich es verantworten, meine Leser mit düsteren Gedanken über das kommende Europa in die gewitterhaltige Sommernacht entlassen, in der Zyklonopathen ängstlich das Haus hüten oder Buchen suchen? Nein, etwas Positives braucht der Mensch, wie es bereits dem großen Kant schwante, als er seinem Diener Lampe beim Dienen zuschaute. Und es gibt ja auch Erfolgsgeschichten weitab vom Hyperkapitalismus und dem Hä-Hä-Hä über die Briten. Im Kleinen und Feinen feiert Europa am Vorabend des 1. Juli mit einem High Level Event, dass eIDAS an den Start geht, jenes wunderbare System, mit dem man Niederlassungen im Ausland anmelden kann oder eben die Immatrikulation an einer ausländischen Universität durchführt. Ok, für britische Firmen wie OIX ist es ein Schlag ins Kontor. Dafür aber ist in einer Keynote die Deutsche Post mit ihrem e-Postbrief dabei, der gelben Lösung für ganz Europa.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )