Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125673 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird.
« Antwort #585 am: 16 August, 2015, 05:08 »
Ozapft is? Wenn es denn nur als selige Erinnerung erscheinen mag: Auch der tiefe Staat macht derzeit Sommerpause, was nicht heißt, dass wir uns in Ruhe zurücklehnen können, warnt Hal Faber. I am sorry, I am afraid I can't do that.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist Sommer, der tiefe Staat schläft und die IT-Experten des Bundestages arbeiten fieberhaft in Schichten rund um die Uhr, um dieses verwanzte System zum Laufen zu bringen. Nach ihrer Schicht fahren sie raus nach Zehdenick aufs Camp, wo die Hacker in der Hitze braten und Food-Hacking betreiben, indem eine Ravioli-Dose mit der Crimpzange aufgemacht wird. Unter freien Himmeln wird über das Hacken philosophiert und der Coup von Netzpolitik gefeiert. Doch halt, der Bundestag schläft nicht, er hat Abgeordnete wie Hans Peter Uhl, die auch in größter Hitze Rede und Antwort stehen. Seit den Zeiten von OZapftis ist Uhl für das Bashing des Chaos Computer Clubs zuständig und lässt sich nicht lumpen. Unvergessen ist seine Erklärung, dass dieses unsere Land von Sicherheitsbeamten reagiert wird. Das freudsche Überkompensation ist im offiziellen Redemanuskript korrigiert, doch lohnt es sich, das Original im Zeitalter von Hacking Team und NSA, von neuer Vorratsdatenspeicherung und Landesverratsermittlungen zu lesen:
"Das Land wird von Sicherheitsbehörden geleitet, die sehr kontrolliert, sehr sorgfältig, sehr behutsam mit dem sensiblen Instrument der Quellen-TKÜ umgeht – und so soll es auch sein. Das heißt es wäre schlimm wenn unser Land am Schluss regiert werden würde von Piraten und Chaoten aus dem Computerclub. Es wird regiert von Sicherheitsbeamten, die dem Recht und dem Gesetz verpflichtet sind."

*** Während die Chaoten aus dem Computerclub mal eben eine kleine Zeltstadt aufgebaut haben, die soviel Wasser und Strom verbraucht wie die drei umliegenden Städte zusammen, während die Chaoten parallel dazu auch noch die Bundestags-IT reparieren, wurde wieder einen echten Uhl in freier Wildbahn gesichtet, als er vorgab, die Landesverrats-Dokumente gelesen zu haben. Seine Inhaltsangabe stammt aus einer anderen Realität:
"Da müssen Sie in die Veröffentlichung der Netzpolitik gehen, und dann sehen Sie, dass dort seitenweise im Orginaltext dargestellt wird, wo die Schwachstellen der Bundesrepublik sind in der Ermittlung von Terrorgefahren, in der Ermittlung von Spionageangriffen auf Deutschland und dass man diesen Schwachstellen begegnen muss, indem man ganz dezidiert Personal für bestimmte Aufgaben, Methoden der Ermittlung und Erkenntnisgewinnung und auch Technik einschalten wird. Das heißt, wer jetzt zum Beispiel einen Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt vorhat, der IS, der weiß jetzt genau, was er verhindern muss, umgehen muss, dass er nicht vom Verfassungsschutz entdeckt wird."

*** Weihnachtsmarkt statt Sommercamp, was für eine erfrischende Vision. Mit der "erweiterten Fachunterstützung Internet" hat das wenig zu tun, mit Logik noch weniger. Die Dokumente über die 75 neuen Planstellen zur softwaregestützten Überwachung und "Auswertung der klassischen Telefonie (z. B. Sprache, Telefax, SMS) wie auch der erfassten Internetkommunikation (z. B. E-Mail, Chatprotokolle, Websessions und Dateitransfere)" geben den Terroristen des IS genau keinen Hinweis, was er umgehen muss oder was er unterlassen muss, um nicht von der geheimnisvollen TKÜ-Anlage "Perseus" erfasst zu werden. Umso perfider ist der indirekte Vorwurf, hier würden Terroristen unterstützt, die auch noch in Deutschland zuschlagen. Was nur noch fehlt, ist das Sicherheits-Mantra, nachdem die Freiheit für eben diese Sicherheit vor Anschlägen aufgegeben werden muss, mit Antiterrormaßnahmen, die natürlich wieder aufgegeben werden können, wenn die Gefahr vorüber ist und die Anschläge zurück gehen. Ja, genau.


*** Was dem einen sin Uhl ist dem anderen sin Eurogall. Gegen die zunehmende terroristische Gefahr will die Europäischen Union ein Internet-Forum der Service-Provider und social Media-Anbieter einrichten, um besser "terroristische Narrative online zu bekämpfen" und den Zugriff von Terroristen auf soziale Netzwerke zu beschränken. Natürlich dürfen die Bedenken der Strafverfolger nicht fehlen, was neue kryptographische Technologien anbelangt. Nicht auszudenken, wenn die Islamisten ihre einfache PGP-Version von "Asrar al-Mujahideen" mit unzureichenden Schlüssellängen durch stärkere Verfahen ersetzen. Dass bei diesem Internet-Forum der EU Menschenrechtsorganisationen ausgeschlossen sind, um eine flüssigere Kommunikation zu ermöglichen, ist auch so ein schutz-terroristischer Akt. Fehlt nur noch, dass die Netztneutralität auch diesen Terroristen Vorteile verschafft beim Download von Bombenbausanleitungen. Ach nein, fehlt nicht ja gar nicht. Auch dafür gibt es eine qualifizierte politische Stimme.

*** Staunend laufen Kamerateams auf dem Chaos Computer Camp herum und filmen, was diese Hacker so treiben. Hackerkinder und junge Mädchen am Baggersee im Familiy Village dürfen nicht gefilmt werden – das machen die stolzen Hackermütter und -Väter selbst. Die Kleinen sind als Motiv ohnehin nicht recht geeignet für die Bild-Klischees vom schwitzenden Coder, der unter lichtschützender Alufolie im Zelt Passwörter knackt, "weil das die Grundlagen des Computerhackings" sind. Die Hacker selbst wollen mit einem Fotowettbewerb die Klischees bekämpfen. Da sind die USA schon weiter, wie die Tagesschau berichtet. Hier können Mädchen, die strukturierter als Jungs vorgehen, in einem 14-tägigen Sommercamp lernen, wie man Passwörter knackt. Und *alles* über Cybersecurity. Dass diese Camps von der NSA finanziert werden, kann man als gelungene Form der Nachwuchsarbeit interpretieren. Nicht einmal Zelten müssen die Mädchen können.

Was wird.

In einer ganz anderen Welt, in der konsumiert und nicht gebastelt wird, steht die Internationale Funkaustellung vor der Tür. Der Schwall der Pressemitteilungen wächst umgekehrt proportinal zu inhaltlichen Aussagen. Fortschritt ist die beste Therapie, ja, das ist so eine Aussage. Das genetisches Profiling bereits zur persönlichen Diagnostik führt und damit schon die Therapie eingeleitet ist, gehört in die Kategorie des laufenden Schwachsinns. Aber dann gibt es noch "Emotions Analytics", die eine neue Form der Beziehung zwischen Mensch und Technik ermöglichen, wie sie bislang nur bei den Hackern anzutreffen ist. Digitale Therapien edeln noch die schlichteste App zur "Software als Medizin". So heißt es bei Flying Health zur Gesundheit als Geschäftsmodell:
Wir arbeiten intensiv mit Wissenschaftlern und Erfindern zusammen, bringen Ideen in die Realität und bauen nachhaltige Unternehmen auf. Unser Ziel ist es, die menschliche Gesundheit zu erhalten oder zu verbessern. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, können Unternehmen wachsen und an Wert gewinnen.[/]

Da halten wir uns lieber an die IT im engeren Sinn, oder? Wie wäre es mit der Antivirenfirma Kaspersky, die den Deutschen Bundestag in Sachen IT-Sicherheit berät. Nein, diese pikanten Beschuldigungen ehemaliger Mitarbeiter sind nicht gemeint. Auf der IFA beschäftigt sich Kaspersky mit dem Thema "Chipping humans – The Internet of Things becomes the Internet of Us“ und lässt auf einer Pressekonferenz seine Mitarbeiter live chippen. Durch den eingepflanzten Chip soll ein höheres Sicherheitsniveau beim Internet der Dinge erreicht werden, sollen uns die ganzen intelligenten Umgebungen besser erkennen. "Open the pod bay doors, Hal." "I am sorry, Dave, I am afraid I can't do that." "What's the problem?"

Ja, wo ist denn das Problem beim Internet of Things und der Industrie 4.0 mit den Menschen 1.0? Auch im Jahre 2501 wird Hal9000 recht haben: " I think you know what the problem is just as well as I do." Wenn die technologische Singularität erreicht ist, werden Computer dies viel schneller wissen. Adaption, Assimilation und Akkomodation sind die ersten neuen Computerbefehle, die die Menschen lernen müssen. Dies Angst vor den Killer-Robbotern ist übertrieben. Wir können nicht verhindern, dass sie gebaut werden, aber wir können ihnen ja eine Ethik einpflanzen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #586 am: 23 August, 2015, 05:19 »
Flucht? Manch einer glaubt tatsächlich, die machen das aus Jux und Dollerei. Während andere am liebsten die Feuerleitern kappten, wenn die Flüchtlingsheime brennen. Dummes Deutschland, gesegnet nur mit einer dummen digitalen Agenda, zürnt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Sommer! Sonne! Deutschland feiert, etwa beim großen Abhörfestival Echelon Open Air in Bad Aibling, wo der Bundesnachrichtendienst einen satten Rave hinlegt und die Polizei Oberbayern-Süd begeistert twittert: "Let's be weird!" Tiefentspannt das ganze Land, es muss ja irgendwie weitergehen nach dem Ende des Hackercamps mit seinen krossen, braungebrannten Hackern. Dazu gehört der Start der Digital Freedom Alliance, mit anklickbarer Deutschlandkarte. Ja, wir leben schon ein besonders schönes Fleckchen Erde. Komme mir da keiner mit den faschistoiden Frührentnern und besoffenen Rechtsradikalen von Heidenau, die systematisch von der NPD aufgestachelt wurden. Sie repräsentieren nicht das Deutschland, das 12 Millionen Vertriebene, 3 Millionen rückkehrende Soldaten und 5 Millionen Aussiedler locker verkraftet hat. Es ist ein Land, das auch mit den Flüchtlingen anständig umgehen kann, die nicht über diesen wunderbar komfortablen Immigrations-Assistenten ihr Ziel auswählen konnten, sondern den nackten Arsch retten mussten.

*** Es kann überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass Deutschland von diesem Zustrom neuer Talente profitiert, wenn diese bleiben werden, sollte Syrien untergehen. Wir werden mit diesen Menschen im Jahre 2030 ganz ohne idiotische Asyldebatten besser dastehen als heute. Man lese nur die netten Geschichten aus dieser Zukunft, wie sie edelst qualifizierte Forscher mit Mitteln des Bundesforschungsministerium als "Foresight" aufgeschrieben haben. "Deutschland selbermachen" heißt es, nicht "Deutsche machen selber", wo Maker-Spitzencluster mit der WerkRaum-Zertifizierung ihrer 3D-Drucker von der Afrika-Kooperationsstrategie "Nachhaltiges Selbermachen" profitieren kann und wo das Möbeldesign aus Eritrea kommt. Es wird ein glückliches Deutschland voller "Nachbarschafts-Waschrestaurants" und LeiLas sein, in denen jeder Mensch seine Qualitäten voll entfalten kann, ein Deutschland, in dem es keinen Philosophieunterricht mehr gibt, sondern das Schulfach "Wohlergehen und Lebensqualität" heißt und Lisa einen Aufsatz schreiben muss.
"Für die heutige Stunde sollte sie einen kurzen Aufsatz darüber verfassen, was 'ein glückliches Leben führen' genau bedeutet. Diese scheinbar einfache Aufgabe entpuppte sich für Lisa als echte Herausforderung. So richtig hatte sie noch nie darüber nachgedacht, was Glück für sie bedeutet. Auch ein Blick in ihr digitales Lebensbuch, das automatisch Lisas Tagesablauf im Zusammenhang mit ihren Körperwerten speichert, war nicht aufschlussreich. Sie sah darin zwar, dass ihre Glückshormone steigen, wenn sie sich einen neuen Pullover oder Schuhe aussuchen darf und dachte, dass Glück vielleicht vom Besitz schöner Dinge abhängig ist. Doch dann entdeckte sie, dass die Glückhormone auch in die Höhe schossen, als sie ihrer besten Freundin ein Geschenk machte."

*** Glückshormone in den Körperwerten, aufgezeichnet durch ein Lebensbuch, mit Hilfe zahlloser Sensoren in den T-Shirts, die in der Luxus-Ausgabe Hormon-Ausschüttungen erfassen und "Aussagen zum Immunstatus" geben. Das muss die Vollendung jener Digitalen Agenda und damit der Weg zur internationalen Vorreiterrolle Deutschlands sein, von der wir in dieser Woche eher Negatives hören mussten. Aber halt, noch ist es nicht soweit. Wenn schon die von einem TK-Unternehmen angebotene Volks-Verschlüsselung mit PGP als Ausdruck der regierungsseitig betriebenen digitalen Agenda herhalten muss, ist etwas schief gelaufen. Ganz abseits aller schlappen Breitbandinitiativen, die schon beim Start von UMTS zu verlogenen Sprüchen über Kundenorientierung und Netzqualität führten, ist es verdächtig, wie in der Agenda wie in den Foresight-Ergebnisbänden andauernd Wachstum und Beschäftigung betont wird.

*** Die Realität sieht anders aus. Das Wachstum hat Grenzen, wie seit Jahren bekannt. Uns wird das Öl ausgehen, dann das Wasser. Auch Computer müssen sich auf dem Weg ins Paradies anpassen, die Software sowieso. Wer keine Arbeit hat, wird halt Maker oder eine Bricoleuse, die Weitwurf-Toaster repariert.
"Von draußen winkt ihr Nachbar Ralf, ein Umweltaktivist, und schaut herein: 'Kann ich Dir meinen Toaster zum Reparieren hierlassen? Heute Morgen hat er den Toast drei Meter weit geschleudert!' 'Klar, kein Problem', sagt Tinka und denkt: 'Dass er Stammkunde bei mir geworden ist, habe ich auch der Zertifizierung als Grüner WerkRaum zu verdanken. Ich habe Schalldämmungen eingebaut, und das Quartier hat durch den WerkRaum seinen Öko-Fußabdruck stark reduzieren können. Wer hätte je gedacht, dass ich 2030 schon so etabliert bin', überlegt sie weiter. 'Noch vor fünf Jahren habe ich hier nur mit meinen technologieverrückten Maker-Freunden an Platinen rumgebastelt. Wir sahen uns als eine kleine exklusive Tech-Community. Über die vielen Nachbarn jeden Alters, die stricken, nähen und Kuckucksuhren bauen, Umweltaktivisten oder programmierende Senioren hätten wir uns wohl eher gewundert. Inzwischen gehen hier alle ein und aus und lernen voneinander.'"

*** Aus der ganz weit weg gelegenen Zukunft des Jahres 2030, in dem diese kleine Wochenschau nicht mehr existieren wird (obwohl, wer weiß ...), ist der Sprung in die nahe Zukunft der nächsten Wochen ein ziemlich harter. Noch immer waberloht die Netzpolitik-Affäre, wenngleich nicht mehr mit größter Flamme. Die Spekulatius-Zeit ist angebrochen, in der jeder über die Motive hinter dem Landesverratsvorwurf rätseln darf. Besonders apart ist hier die Zeit, die einen eigenen Abwurfkasten für Whistleblower betreibt und Netzpolitik.org kurz vor der Geburtstagsfeier anathematisiert. Whistleblower wären schön doof, wenn sie nach diesem Vorfall Dokumente an Netzpolitik schickten, wo die Cryptophones längst überwacht seien. Das erinnert glatt an den ominösen Beamten, der Netzpolitik auf die Abteilung SI (für EigenSIcherung) des Bundesnachrichtendienstes aufmerksam machte, wo erfolgreich eine "abschreckende Drohkulisse" aufgebaut wurde. Beim Bruderdienst Verfassungsschutz dürfte diese Kulisse noch pompöser sein, denn dort geht es um das Existenzrecht einer überflüssigen Behörde, die sich wie eine Polizei aufspielt. Erinnert sei daran, dass der aus Heidenau stammende Mitverfasser der Dresdener Thesen als unbedenklicher Mitläufer eingestuft wurde.

*** Aus der Welt der Geheimdienste sind in Ecuador Dokumente aufgetaucht, die von der noch vorhandenen Opposition – nach einem Vulkanausbruch wurde die Pressezensur eingeführt – zu Fragen an Präsident Correa genutzt werden. Nach einem auf den Dokumenten fußenden Zeitungsbericht beschattet der ecuadorianische Geheimdienst Senain den Australier Julian Assange in der Landesbotschaft zu London und sorgt mit der Operation Hotel dafür, dass sein Lebensstil sich dem botschaftlichen Leben anpasst. Interessanter als die Details zum Alltagsleben von Assange ist die Information, dass der Senain 535.000 Dollar an Hacking Team überwies, um den Oppositionsführer Carlos Figueroa überwachen zu können. Am Ende ging die fortlaufende Forderung nach neuen Sicherheitslücken zum Eindringen in Figueroas Geräte selbst den Support von Hacking Team auf die Nerven. Dass Wikileaks mit den Mails von Hacking Team half, das alles aufzudecken, ehrt die Truppe.

Was wird.

Irgendetwas dreht sich und das Lebbe geht weider. Noch läuft die Froscon und bald danach gibt es gleich nebenan die Kölner Woche deiner Privatheit, komplett mit Cryptoworkshop und einer Demonstration. Auch am Rande der norddeutschen Tiefebene tut sich was, wenn das Spamfilter-Festival beginnt. So wie Netzpolitik keine abwegige Spezialpolitik ist, ist auch die Netzkultur eine Spielart unter anderen im möglichst bunten Kulturbetrieb.

Wer die Schmiergelder von Strauß vermisst, das Ehrenwort von Kohl und Adenauers Werk sowie Schäubles Beitrag, dem antworte ich mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke aus dem Jahre 1961 zu diesem Thema:"Glücklich die Staaten, in denen die Bürger wissen wollen, aus welchen geistigen und moralischen Quellen diejenigen ihre Kräfte schöpfen, die führend sind in Gesellschaft und Staat; und weiter, ob ihre Fähigkeiten und ihr natürlicher Ehrgeiz, etwas leisten zu wollen, im rechten Verhältnis stehen zu ihrem Rechtsinn, ihrer Wahrheitsliebe und den anderen Werten unserer sittlichen Ordnung."

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Von Schwarmterroristen und ernsten Komikern
« Antwort #587 am: 30 August, 2015, 05:02 »
Manchmal muss man angesichts der pöbelnden DumpfbackenSelbstverständliches extra betonen, wundert sich Hal Faber. In anderen Welten darf man immerhin Hoffnung gegen den Machismo-Nerdismus schöpfen. Auch was zum Wundern.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ja, das ist das Problem mit der Meinungsfreiheit. Manchmal tut sie weh. Manchmal sind es gar keine Meinungen, sondern üble Pöbeleien wie das Wort von der Schlampe, mit der Bundeskanzlerin Merkel beschimpft wurde. Hier gibt es eine Grenze, an der das endet, was man den politischen Diskurs nennen könnte:
"Um es also deutlich zu sagen: In diesen Foren haben irgendwelche ausländerfeindlichen, rassistischen und rechtsradikalen Parolen nichts zu suchen. Angriffe auf Flüchtlinge in Deutschland, die hier verbal geäußert werden und andernorts schon zu physischen Attacken führten, haben hier nichts zu suchen. Seltsame Parolen von Identitären und Reichsdeutschen, die ihr menschenfeindliches Gedankengut hinter kruden Verschwörungstheorien verstecken, haben hier nichts zu suchen."

*** Man kann es ja versuchen, diese Mischung aus Alkohol und Deutschsein damit zu erklären, dass der Diskurs durch das Dispositiv abgelöst wurde, nur kommt man damit nicht sehr weit. Denn die rechtsradikalen Pöbeler haben sich schon lange von jeder Diskursfähigkeit verabschiedet. Zuhören ist nicht mehr möglich, Verstehen ist nicht gewollt, da alles Lügenpresse ist für die besoffenen Besorgten. Auf traurige Weise bewahrheitet sich der Satz von Karl Lagerfeld über die Träger von Jogginghosen, denen die Kontrolle über ihr Leben entglitten ist. Ob sie von Joko und Klaas erreicht werden, ist auch die Frage. Die Komiker sagten:
"Denn keine Fernsehquote, kein Shitstorm kann jemals so schlimm sein wie der Applaus von Leuten, die auch dann klatschen, wenn ein Flüchtlingsboot mit 800 Menschen im Mittelmeer versinkt."

*** Abseits der Pöbeleien verwundern die Sticheleien über Aktionen, die durchaus pragmatisch sind und nicht nur der Imagepflege dienen, wie dies von der Entscheidung des Langenscheidt-Verlages behauptet wird. Der hat das Online-Wörterbuch Arabisch freigeschaltet, was von 35.000 Menschen geliked wurde. Auch das Hin und Her der Gerichte beim Versammlungsverbot in Heidenau ist verwunderlich. Die Argumentation mit einem polizeilichen Notstand in einer Gegend, die regelmäßig die Spaziergänge von Pegida und ihren Anhängern genehmigt, konnte erst vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen werden. Aber vielleicht ist sowas normal in einem Land, wo selbst Pop-Heulbojen identitäre und reichsdeutsche Verschwörungstheorien von sich geben, sich Krypto-Antisemitismus und Krypto-Schlager gute Nacht sagen und besagte Heulbojen es dann nicht gewesen sein wollen, wenn sie jemand drauf festnagelt. Stattdessen dann ihre Anwälte auf Blogs loslassen.

*** Das Internet ist die DDR von heute schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Rezension von Jonathan Franzens Unschuld, sich wohlig gruselnd wie bei den Artikeln über die Opfer von Ashley Madison und ihre Sockenpüppis. Im Unschulds-Roman verarbeitet Franzen seine Lektüre von Internet-Großkritikern wie Evgeny Morozov und Jaron Lanier und schreibt über den Totalitarismus des Netzes, in dem man seine Persönlichkeit nicht kontrollieren kann. Im FAZ-Interview wird Franzen zu Snowden und Assange befragt und antwortet, dass sie einiges Gute bewirkt hätten. "Was Assange angeht, so gibt es diese absurde Idee in Silicon Valley, dass, wenn jeder alles weiß, die Welt wundervoll sein wird." Dass die Idee von dem zunehmend sich verfolgt fühlenden Assange dem Silicon Valley zugeschlagen wird, überrascht etwas. Denn in diesem Valley haben Firmen wie Palantir ihr Hauptquartier, die bestens am Geschäft mit den Geheimdiensten verdienen.

*** Solche Firmen wurden nicht von unserer Arbeitsministerin besucht, als sie in dieser Woche mit dem Kontrollverlust experimentierte, natürlich in einem Volkswagen. Sie traf sich mit starken Frauen wie Facebooks Sheryl Sandberg oder Obi Felten, ihres Zeichen "Head of getting Moonshots ready for contact with the real world", die eine andere Art Arbeitsministerin ist. Am Ende der Reise hatte Nahles nach eigener Aussage das Gefühl, "bei den Maschinenmenschen Borg aus 'Star Trek` gelandet zu sein". Die assimilierte Arbeitsministerin ist inzwischen wieder in Deutschland gelandet und setzt ihre Kampagne Arbeiten vier null fort, mit starken Gedanken auf Twitter, über Arbeit in Zeiten der Schwarmintelligenz.

*** Seit dieser Woche ist bekannt, dass die Bundesregierung viel früher Kenntnis hatte von den Ermittlungen in Sachen Landesverrat, der mit Informationen über die "Erweiterte Fachunterstützung Internet" im Sommer 2014 begann. Der Bundesnachrichtendienst wollte die "Durchstecher" finden, die nach Darstellung der FAZ nun auf den Berliner Tischen tanzen, angeblich weil die Exekutive des Staates nichts mehr gilt und eine Netz-Bürgerwehr von Schwarmintelligenten das Geschehen bestimmt.
"Der Rechtsstaat war Netzpolitik.org und anderen Schwarmintelligenten aber ohnehin immer egal. Siehe Kinderpornografie, siehe Vorratsdatenspeicherung, siehe Urheberrecht. Die Netz-Bürgerwehr nimmt das Recht lieber in die eigene Hand: 'Legt Euch nicht mit dem Internet an!'"

*** Zwei Tage später ist aus der Schwarmintelligenz unter dem Eindruck der Geschehnisse in Heidenau bereits ein Schwarmterrorismus geworden, der für Hassparolen im Internet sorgt. So kommt im Blatt für kluge Köpfe auf das Feinste Rechts und Links, die Pöbeleien und die Netz-Bürgerwehr zusammen, wenn man blindwütig herzum argumentiert:
"Dasselbe gilt für Hassparolen im Internet, die Heiko Maas offenbar erst jetzt auf Facebook entdeckt hat. Einen Schwarmextremismus gibt es schon lange; wer den erst jetzt wahrnimmt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, er sei auf einem Auge blind. Oder dass er Angst vor Leuten hat, die sagen: Legt euch nicht mit dem Internet an!"

Was wird.

In der nächsten Woche feiert die solchermaßen angegriffene "Netz-Bürgerwehr" übrigens vorzeitig ihren Geburtstag, mit einer kleinen Tagung unter dem Motto Das ist Netzpolitik! und einer schwer geheimen Party hinterher.

Sie findet inmitten des IFA-Trubels statt, parallel zur Microsoft-Präsentation von Windows 10-Geräten und zur Vorstellung des Internet der Dinge bei IBM im Marshall-Haus. Dort wird niemand anders als das lernende Computersystem Watson "im direkten Dialog mit den Kunden" Fragen zum Internet der Dinge beantwortet. Die bei IBM benutzten Kühlschränke, offenbar unverzichtbar für eine IoT-Demonstration, kommen von Elektrolux, nicht von Samsung.

"MEN invented the Internet. And not just any men. Men with pocket protectors. Men who idolized Mr. Spock and cried when Steve Jobs died. Nerds. Geeks. Give them their due. Without men, we would never know what our friends were doing five minutes ago.

Dieser blatante Sexismus, wie er hier in der New York Times herausposaunt wird, ist Unsinn. Vergessen ist die Arbeit von Frauen mit Beiträgen wie dem Spanning Tree Protocol von Radia Perlman, die Kommandozeile von Glenda Schroeder oder der Line Mode Browser von Nicola Pellow. Natürlich wird jeder Ada Lovelace, Grace Hopper oder Adele Goldberg nennen, Geschichtskundige vielleicht noch die Frauen von Blethley Park, aber dann? Schon bei der LINC-Programmierin Mary Allen Wilkes passen viele. Am Dienstag eröffnet Bildungs- und Forschungsministerin Johanna Wanka die Ausstellung über Frauen in der Computergeschichte, die über Nerdetten wie Christiane Floyd oder Limor Fried berichtet. Das mag ein guter Ausgangspunkt sein, die unkritische Nerdness der Szene aufzubrechen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Vom Gang der Geschichte in den Ebenen
« Antwort #588 am: 06 September, 2015, 05:09 »
Die Menschen haben keinen freien Willen mehr, denn dieser ist ins Internet der Dinge abgewandert. Dabei sollten sie lieber mal Karl Marx lesen und die Technik verstehen, finden Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

"Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf...." Karl Marx, 1852

*** Ja, ich weiß, Karl Marx ist out, die Flüchtlinge rufen lieber "Merkel, Merkel" und das tun sie seit der Pressekonferenz am Montag immer lauter. Aber es lohnt sich immer noch, Marx zu lesen und Technik zu verstehen, besonders wenn die IFA den Newsticker blutrot färbt und alle Halle lang ein neuer Trend ausgerufen wird, ohne eine Erwähnung der aktuellen Ereignisse.

*** Die Menschen haben keinen freien Willen mehr, denn dieser ist ins Internet der Dinge abgewandert. Dank WLAN weiß die Waschmaschine, was sie wirklich will und bestellt selber die Mittelchen, die sie zu ihrer Existenz braucht. Sie braucht dabei keinen Beistand höherer Wesen, sondern ruft den Trockner. Es kommt noch schlimmer, viel schlimmer: Auch den tröstenden Gedanken, dass Katzen die letzten Geschöpfe mit einem freien Willen unter allen Himmeln sind, können wir uns abschminken. Wir schauen mit Petcube in die TV-Röhre, die längst keine Röhre mehr ist. Es hat schon seine geschichtsnotwendige Richtigkeit, wenn ein e-Book-Macher wie PocketBook aus Radebeul sich daran macht, die e-Kommunikation mit Frau Malzahn zu betreiben, "damit Menschen ihr Haustier beobachten, mit ihm reden und spielen können, ganz gleich wo sie sich befinden." Das hilft hervorragend gegen den bösen Alp auf den Gehirnen der Lebenden, inmitten dieser Ströme und Wellen, die "zügig", "unverzüglich" und "verstärkt" gelenkt und gebändigt werden müssen. Die Spannung steigt, nicht nur bei der Aktion Arschloch. Da geht noch was.

*** Geschichte wird gemacht, es geht leicht fehlgefärbt voran, mit einer Schwarzen Null: Kanzlerin Merkel sorgt sich um die Integration derer, "die dauerhaft bei uns bleiben" und erklärt eben diese Integration zu einer nationalen Aufgabe machen. Das kann klappen, wenn niemand einen Rosengarten verspricht. Der Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit und der Politologe Claus Leggewie geraten geradezu ins Schwärmen, wenn sie die Umrisses eines neuen Deutschlands skizzieren, in dem die Behäbigkeit und Bräsigkeit verschwunden ist und neuer Mut zu Experimenten, gar eine Improvisationskunst gefordert wird, ganz in Gedanken von Steve Jobs, dem Sohn von Abdulfattah Jandali:

"Das gewaltige Volksvermögen dieser Republik könnte sich mit der Improvisationsgabe von Exilanten und Migranten verbinden und die soziale Innovation von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik vorantreiben. Diese konkrete Utopie macht klar, was am dringendsten von uns verlangt wird: Vertrauen. Vertrauen, dass der Einwanderungsprozess mittelfristig gelingen wird. Dass er dieses Land voranbringen kann und es aus seiner Behäbigkeit herauszwingt, ohne Schaden zu nehmen."

*** Da ist noch mehr als Behäbigkeit. Ein starkes Stück Aufklärung war am Montag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen, der Projektleiter des Forschungsverbundes SED-Staat über den Fremdenhass in der DDR berichtete. Der Hass war so stark, dass Stasi-Offiziere der Abteilung Terrorabwehr 1985 eine Doktorarbeit über den Schutz von Ausländern verfassten. Besonders groß war der Hass auf die Vietnamesen und Äthiopier, die Computerhandel im großen Stil betrieben, wie Vobis und Escom zusammen auf der anderen Seite der Grenze. "Allein im November und Dezember 1987 erwarben die Ankaufsstellen des DDR-Gebrauchtwarenhandels von ihnen Computer im Wert von 120 Millionen Mark. Einrichtungen des Gebrauchtwarenhandels boten die Ware an und verkauften sie zum Teil originalverpackt in Volkseigenen Betrieben." Als die Gastarbeiter kamen, stieg der Ausländeranteil in der Bundesrepublik auf 4,3 Prozent. In der DDR lag er bei 0,1 Prozent, als die Staatssicherheit vor einer drohenden Gefahr zu warnen begann und Eindämmungsmaßnahmen und Abschiebungen vorschlug. Gewarnt wurde auch, weil die Arbeitsmoral und Produktivität der Zugereisten deutlich über dem Niveau lag und es Ausschreitungen gab, bei denen Bürger die "vietnamesischen Werktätigen von ihrer guten Planerfüllung abzubringen" versuchten.

*** Während die richtigen Flüchtlinge kommen, werden die Wirtschaftsflüchtlinge abgeschoben, solange es kein System der "Arbeitskontigente" gibt. Das Wirtschaftssystem, das so viel Wert auf Reichtum und ein gutes Leben legt, hat kein Verständnis für Leute, die auch so gut leben wollen wie wir. Freiheit und Wohlstand sind unteilbar wie die 0.

"Der Aufstieg der unteren Klassenzur formal aktiven Teilnahme am öffentlichen Leben und die Erweiterung sowohl des Informationsflusses als auch der Informationsbestände haben die neue anthropologische Situation der 'Medienzivilisation' . Innerhalb dieser Zivilisation werden alle Angehörige der Gemeinschaft in unterschiedlichem Maße zu Adressaten einer intensiven, ununterbrochenen Produktion von Botschaften..." Umberto Eco, 1964

*** Nach Auskunft von Facebook ist es kein Verstoss gegen die Benutzungsbestimmungen, wenn jemand die Botschaft verbreitet, dass man Flüchtlinge überfahren sollte. Gegen die sehr unzivilisiert daherkommenden Botschaften vom rechten Rand der Gesellschaft haben sich Pranger im Internet gebildet, wie etwa Perlen aus Freital. Prompt gibt es Rechtsextremismus-Experten, die das nicht gut finden und wie Verfassungsschutz-Chef Maaßen vor der Aufstachelung des rechten Terrors warnen. Das ist das Stück, die auch in der Politik mit wunderbaren Negern gespielt wird, wenn man Verständnis für die "Sorgen dieser Bürger" hat und alles andere als das von Merkel geforderte "keine Toleranz für die, die nicht zu helfen bereit sind, wo rechtlich und menschlich Hilfe geboten ist." Ein Verfassungsschutz, der Mucksmäuschentum fordert, den kann niemand gebrauchen.

Was wird.

Die Flüchtlinge kommen und Deutschland modernisiert sich. Schließlich brauchen die Ankommenden die besonderen Errungenschaften der deutschen Zivilisation, eine elektronische Gesundheitskarte und den elektronischen Aufenthaltstitel als Äquivalent zu unserem wunderbar neuen Personalausweis. Da trifft es sich gut, wenn dank der Unterstützung der Bundesregierung kostenlose Workshops angeboten werden, warum elektronische Identitäten nützlich sind.

Vielleicht kommt mit den Neuausgaben auch Schwung in die Konzeption der Patientenrechte bei der Gesundheitskarte. Selbst die besonders klugen Deutschen haben ja Probleme mit acht unterschiedlichen PIN, die jeweils sechs-stellig sind. Da gibt es nämlich Widerborste bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz, denen die Lichtbilddiskussion egal ist und die sich um einen praktischen Umgang mit dem System bemühen. Denn eins ist klar: Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, sie machen sie mit dem Computer. Mensch und Computer gehören zusammen. "Gemeinsam Arbeit erleben" ist doch ein wirklich schönes Motto für alle Zweibeiner und Binärrechner, wenn man eifrig dabei ist, Dinge umzuwälzen und den Geistern der Vergangenheit einen kräftigen Tritt gibt.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von europäischen Dingen und einem "koordinierungsbedürftigem Ereignis"
« Antwort #589 am: 13 September, 2015, 07:01 »
Die schnelle Tagesmeldung auf einer Flughöhe mit der Eule der Minerva? Fragt sich Hal Faber. Eigentlich warten wir noch immer und schauen nachdenklich den farbstichigen Julian Assange an, wie er mit gestärktem Hemd unter einem blätterlosen Baum steht.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ach, Europa. Bist du wirklich erst aufgewacht, als ein Boot mit 800 Menschen kenterte, da zwischen den Küsten des Lichts? Bist du mehr als Ungarn und Dänemark plus der Verordnung über die Krümmung einer Gurke und Politikern, die "mit Bestürzung" sehen, wie das arabofaschistische Syrien seine Bevölkerung abschlachtet? Bist du, Europa, gar eine Killerin, mit Frontex nach außen und TTIP nach innen hin? Um es in einem Satz zu sagen:

"Ein postdemokratisches, neoliberales Kuddelmuddel nationaler und oligopolistischer Interessen, ein Experimentierfeld für neue Regierungs- und Verwaltungsformen jenseits demokratischer Legitimierung; gegenseitige ökonomische Erpressung bis an den Rand von Wirtschafts- und Bürgerkrieg; Lobbyismus und Verschmelzung von Politik und Wirtschaft in groteskem Ausmaß; eine Politik, in der Banken wichtiger sind als Menschen; eine Regierungsform, die über das Schicksal der Gesellschaften in Geheimverhandlungen zum TTIP bestimmt, jenseits der Parlamente, jenseits der Öffentlichkeit: Ein Europa, das als Eurozone auf den Hund gekommen ist.

*** Europa neu denken, das fällt schon schwer, wenn dieses Europa die Ankommenden nur in Relation zum steigenden Bruttoinlandsprodukt wahrnimmt, als Wirtschaftsankurbeler, die an Stelle dieser "Wirtschaftsflüchtlinge" treten, die das Versprechen vom guten Leben im Wohlstand einfach so auf sich beziehen. Was ist das für ein Europa, das nicht etwa aus grundsätzlichen Erwägungen die deutsche Vorratsdatenspeicherung kippt, sondern dies wegen dem Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit der Telekommunikationskonzerne moniert. Schließlich kostet die verdachtsunabhängige Speicherung unserer gesamten Kommunikation ziemlich viel Geld, das nicht durch die Kommunikation der Syrer mit ihren Familienresten wieder verdient werden kann. Was die Kommunikation mit Deutschland und den Deutschen anbelangt, so hat Bundeskanzlerin Merkel einen passablen Rat parat: Frauen, streckt sozusagen eure Fühler aus.

*** Europa ist eine Wirtschaftsmacht, aber kein Empire, auch Großbritannien nicht. Dort hat die Queen einen Thronrekord aufgestellt, adrett begleitet vom Vorsitzrekord Angela Merkels. Seit der tröstlichen Globalisierungskritik von Empire wissen wir, dass Europa im 17. Jahrhundert die Initialzündung für das heutige Empire gegeben hat, für eine umfassende Kontrollgesellschaft. In dieser Gesellschaft lebt die Hoffnung auf einen Fortschritt zum Besseren im Schwarm, der die Geschichte nicht als Ausrede nimmt und verkalkte Erinnerungen kurzerhand abschlägt. Nun ist ein anderes Buch erschienen, die Wikileaks Files mit einem Vorwort von Julian Assange. Ausgehend von der These, dass alle großen Reiche auch ihre eigene Kommunikationgeschichte haben, stellt Assange das US-Empire als die alles dominierende Weltmacht vor, die über das Kommunikations- und Spionagenetz ihrer 169 Botschaften mit Hilfe von 71.000 Agenten die Welt steuert und überwacht.

*** Das von Henry Kissinger aufgebaute, strukturierte System der Botschaftsdepeschen zeigt nach Assange, wie früh die USA die Destabilierung von Syrien zum Ziel hatten, um die Region bis hinein nach Europa zu erschüttern. In seinem Szenario gibt es keine Fehler wie fehlende Massenvernichtungswaffen, vor denen wieder gewarnt wird, keine geschönten Berichte, nur ein US-Imperium, das schaltet und waltet. Bis zum heutigen Tag: Sollte der es der neue, stramm linke Labour-Chef Jeremy Corbyn schaffen, Premierminister zu werden, prophezeit ihm Assange im Interview mit Russia Tody eine möglicherweise lebensbedrohende Intervention der USA.

*** Diese Überhöhung des "Gegners" ist vielleicht notwendig, um die Veröffentlichung der US-Depeschen durch Wikileaks zu einem ähnlichen Ereignis zu verklären, wie es die Veröffentlichung von US-Luftangriffen im Irak unter dem Titel Collateral Murder war. Wenn die Geschichte seines Ghostwriters Andrew O’Hagan stimmt, entstand Assanges Buch der "Wikileaks Files" nach einer Idee von Perry Anderson, eine Buchreihe namens "WikiLeaks Map of the World" zu entwickeln. In diesen Büchern sollten Experten für das jeweilige Land den Stellenwert der US-Depeschen erklären und auf diese Weise den wissenschaftlichen Journalismus vertreten, den Assange im Jahre 2010 als höchstes Ziel der Arbeit von Wikilaks ausgab.

*** Scientific Journalism? Die schnelle Tagesmeldung auf einer Flughöhe mit der Eule der Minerva? Eigentlich warten wir noch immer und schauen nachdenklich den farbstichigen Julian Assange an, wie er mit gestärktem Hemd unter einem blätterlosen Baum steht. Oder Laura Poitras, die sich in ihrer Berliner Wohnung auf einer Chaiselongue räkelt, fotografiert von Jacob Appelbaum. "Gemeinsam ist den Porträts, dass sie in einem künstlerischen Akt diejenigen in den Konsekrationsraum der Kunst erheben, die sich nicht aus herausragenden gesellschaftlichen Positionen gegen unerwünschte politische Entwicklungen wenden, sondern als wachsame Privatpersonen", informiert die Kunstkritikerin. Da gibt es dann einen Ausstellungsteil bei Samisdata, der deutsch betitelt "Schuld, Scham und Angst" heißt und sich mit Journalisten beschäftigt, die Angst haben und Dokumente schreddern. Die sich schuldig fühlen, weil sie mit der Kultur der Geheimhaltung kollaborieren. Wie gut, dass es ganz andere Journalisten gibt, die für das Wahre, Schöne und Gute stehen und sorgsam über die 94 Prozent der Snowden-Dokumente wachen, die noch nicht veröffentlicht worden sind.

Was wird.

Damit richtet sich mit der aktuellen Nummer 1 in den Charts der Blick in die strahlende Zukunft. Denn in dem Kontext von Intercept, in dem ein von Appelbaum Portraitierter wie Glenn Greenwald veröffentlicht, wird ein neues Format in die Welt gebracht, das sich Field of Vision nennt und als journalistisch-wissenschaftliches Filmemachen versteht. Das neue Format, das orientiert an "House of Cards" nichts weniger als eine neue Bildsprache einführen will, beginnt mit einem Film von Laura Poitras über – Überraschung!! – Julian Assange. Eine neue Sprache. Das kann eigentlich nur der große Dekodierer Joyce beschreiben, am besten in der Golden Probe Show der Nachdenker.

"Der Stolzprout, der ein ultimatives Schreiben entwickeln wird, ist der Poet, noch mehr gelernt, der das Lesen dieser Originalität dort entdeckte. Das ist der Punkt unseres Buches der Eschatologie von Kills, den es nun erreicht in soundso vielen gegensätzlichen Worten. Was nicht entkodet werden kann, kann dekodet werden, wenn ein Ohr wirklich sehen kann, was ein Auge je bekümmerte. Nun, die Doktrin besteht, wir haben gelegentlich Gründe, begründete Effekte und Affekte, gelegentlich wiedergründende Anderseffekte."

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von tickenden Bomben, baren Münzen und explodierenden ....
« Antwort #590 am: 20 September, 2015, 01:55 »
Ja, wir sehen bescheuert aus, wenn wir uns selbst ins Bockshorn jagen. Es scheint aber mittlerweile gesellschaftsfähig zu sein, das als große Leistung anzusehen, bemängelt Hal Faber. Aber hey, cyber olé! Da platzt doch glatt das Sparschwein.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es gibt Geschichten, die würde kein Heise-Redakteur für den Newsticker akzeptieren, weil sie allen Gesetzen widerspricht, wahlweise denen der Logik, der Physik oder denen des deutschen Rechtsstaates. Und dann gibt es solche Geschichten, von einem Schüler, der ein elektronisches Metronom zu einer Bombe umbaut:
"Ich habe es gebaut, hörte das Ticken und dachte mir: Hey, das hört sich aber wirklich an wie eine Bombe. Also besorgte ich mir ein paar Batterien, pulte die Etiketten ab, so dass sie wie einfache Metallbüchsen aussahen und klebte sie mit Band zusammen. Und das schrieb ich mit großen Buchstaben darauf: KONTAKTSPRENGLADUNG. Ich dachte, Mensch, das wird ein Riesenspaß. Ich packte das in Bill Werners Spind! Ich kannte zufälligerweise seinen Spindcode."
Ein Lehrer hörte das Ticken der Bombe im Spind, der Schulrektor öffnete diesen, nahm die Bombe, fest an seine Brust gedrückt und rannte so schnell wie möglich auf das Fußballfeld der Schule, wo die Bombe demontiert werden sollte.
"Ich musste lachen, obwohl ich versucht habe, es zu unterdrücken. Also tat ich so, als müsse ich husten, um es zu überspielen. Aber ich konnte nicht einmal das hinkriegen, weil ich wusste, dass ich das Metronom mit einem zuschaltbaren Widerstand ausgestattet hatte, damit es schneller tickt, wenn jemand die Tür öffnet."
Das Lachen verriet den Bombenattrappenbastler Steve Wozniak und seinen köstlichen Joke, wie in "iWoz" geschildert hat. Er musste eine Nacht im Jugendknast verbringen, wo er "all den schweren Jungs" zeigte, wie man die Drähte des Ventilators nimmt und mit den Gitterstäben verbindet, damit die Gefängniswärter einen "gewischt" bekommen, wenn sie die Tür öffnen. Joke! Joke!

*** Steve Wozniak hatte "mächtig Spaß da drinnen" und der Witz hatte keine weiteren Folgen. Heute, nach dem Unabomber und den islamistischen Selbstmordattentätern, würde nach so einem Spaß sicher ein "Jugendknast" folgen, der die gesamte Lebensplanung über den Haufen wirft, einschließlich eines Bastelverbotes. Heute reicht schon die Konstruktion einer digitalen Uhr ganz ohne Bombe aus, um wegen "half a bomb" verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt zu werden. Stimmt ein viel zitierter Tweet, ist Ahmed Mohamed von Präsident Obama eingeladen worden und kann zumindest so mit Steve Wozniak gleichziehen. Vielleicht nimmt er eine kleine Bastelei mit, wie die "Bombe", die seine Lehrerin nicht im Eilschritt auf den Sportplatz brachte, sondern zunächst in ihre Tasche steckte.Bruce Schneier fand dazu die richtigen Worte: "Wir sollten aufhören, uns zu terrorisieren. Wir sehen dabei nur bescheuert aus."

*** Achja: Allen Gesetzen widersprechen, das kann man heute auch in Deutschland, sogar regierungsamtlich. Das sieht man am WLAN-Gesetzentwurf, eine einzige Unverschämtheit, die den Eurpäischen Gerichtshof übergeht und von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als "übereifrige Verbeugung von Sigmar vor Dieter" beschrieben wird. Gemeint ist Dieter Gorny, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Musikindustrie. Siggy "Pop" Gabriel ist übrigens nicht nur der Minister, der eben diesen Gorny zu seinem Digitalbeauftragten machte, sondern diese Woche in Berlin auch erklärte, dass Deutschland in zehn Jahren die beste digitale Infrastruktur der Welt haben müsse. "Darunter dürfen wir es nicht machen." Wie das mit dem Anspruch von Bayern zusammenpasst, die beste digitale Infrastruktur in ganz Europa zu haben, ist dann eine Frage der Mengenlehre.

*** Das Bild, das Gabriels Sozialdemokratische Partei Deutschlands abgibt, ist überaus kläglich und beschämend, nicht nur beim WLAN-Gesetzentwurf oder bei der Aufarbeitung der Machenschaften der NSA, in der die Opposition die Gerichte bemühen muss. Wie diese Partei die Demontage des Asylrechts mittragen will und gleichzeitig hehre Worte über Europa und die europäische Idee verkündet, erinnert an eine gespaltene Persönlichkeit, eine gespaltene Parteilichkeit gewissermaßen. Zumindest sollte Europa realistisch gesehen werden, als die Heimat zweier Diktaturen, zweier Weltkriege und vieler Konzentrationslager, ganz wie in Ágnes Hellers Reaktion auf die Lobreden mancher Politiker. Die ganzheitliche Philosophin bekommt in diesem Jahr den Willy-Brandt-Preis-– zusammen mit Sarah Harrison, die für ihren "besonderen politischen Mut" ausgezeichnet werden soll. Gemeint ist wohl die Zeit, die Harrison an der Seite von Edward Snowden auf einem Moskauer Flughafen im extraterritorialen Raum verbrachte, bis Snowden eine Aufenthaltsgenehmigung in Russland bekam. Eine SPD, die nicht den Mut aufbrachte, sich für ein Asyl von Snowden in Deutschland stark zu machen und deren Politiker sich dabei auf eine "fehlende juristische Grundlage" beriefen, wäscht sich selber rein. Was wird uns da als aufrechter Gang verkauft?
"Die Menschen müssen stehen bleiben, in sich gehen und darüber nachdenken, was sie tun wollen, und warum sie das tun, was sie tun. Und sie dürfen nicht alles für bare Münze nehmen, was ihnen als bare Münze verkauft wird. Das heißt, am Denken hängt tatsächlich eine ganze Menge." (Ágnes Heller)

*** Wenn es in dieser Woche für jedes Cyber in den Nachrichten ein Fünferl für mein Schweinderl gegeben hätte, so wäre die Sau explodiert. Allein die Meldungen zum Cyber-Ausbau der Bundeswehr oder der US-Armee produzierten ein ganz spezielles Cyber-Hoch, ein "Full Spectrum Cyber" der Buzzwords und Münzfälschereien. Besonders apart ist dabei die Behauptung, dass es bei den deutschen militärischen Cyber-Missionen nur um den Verteidigungsfall geht, nicht um Attacken auf den Gegner, also um Cybels. Denn zu einer Attacke bräuchte man ein Bundestagsmandat. Vergessen wir die Einschätzung der Bundeswehr, dass zur Herrschaft im Cyber-Raum auch "Effektoren" angeschafft werden müssen für einen Schlag auf die Cyber-Infrastruktur des Gegners, der sich anschickt, einen Angriff zu starten. Auch die Einschätzung von Rüstungsfirmen wie Lockheed Martin, dass die Nachfolger der Global Hawk-Drohne nicht mehr nur aufklären, sondern in den "Electronic Warfare" eingreifen können müssen, sollte verdrängt werden. Dieses komische Cyber kommt einfach anders daher, wenn das Schlachtfeld realistisch bestimmt wird. Ganz unmilitärisch gilt diese Form der Verdrängung auch für einen seltsamen Newcomer wie die Deutsche Cyber-Sicherheitsorganisation, die von einem national abgrenzbaren deutschen Raum ausgeht.

Was wird.

Frohgemut geht es in die nächste Woche, denn Mutter Angela wird es schon richten in diesem ihren Land, für uns und alle unsere Flüchtlinge. Statt im Cyber-Raum rumzugurken, könnte die Bundeswehr IRL humanitäre Schutzkorridore nach Mitteleuropa einrichten. Schließlich hilft auch die IT mit, wo sie nur kann, die Jahrhundertaufgabe zu meistern. Nehmen wir nur SAP, wo man bis Ende des Monats eine App fertig entwickelt haben will, die bei der Integration von Flüchtlingen helfen soll, mit neuester Transparenz:
"Die meisten haben ja Mobiltelefone dabei. Die Idee der App ist, dass Flüchtlinge nicht nur direkt erfasst, sondern auch in Echtzeit die Verteilung und die Aufnahmekapazitäten im Bundesgebiet angezeigt werden. Zudem soll sie auch Helfer und Flüchtlinge direkt in Kontakt bringen."

Oder besser so?

"Mit xy-Software werden die einzelnen Standorte und Häuser mit ihren vorhandenen Kapazitäten erfasst. Dabei ist geplant, dass jedem aufgenommenem Flüchtling in xy-Software ein Foto zugeordnet wird. Über einen persönlichen Barcode auf dem Standortausweis wird ein eindeutiges Wiederfinden des um Asyl Suchenden für die Helfer erleichtert. Die direkte Labor-Anbindung sorgt für eine schnelle Übertragung von Laborwerten in die Datenbank von xy-Software und somit zum jeweiligen Flüchtling. Software erleichtert die Arbeit der anwesenden Ärzte, schafft Zeit und öffnet so wiederum Ressourcen. Alle Untersuchungsergebnisse, Laborwerte und Unfälle werden zentral erfasst."

Verknüpfen wir die Ideen mit der Idee einer elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge, dann werden auch die Alteingessenen etwas von der Jahrhundertaufgabe haben.

Ja, es ist alles wirklich so dumm und unverfroren. Dann machen wir uns eben auf nach Hannover, denn die Hoffnung stirbt zuletzt: So kann das Spamfilter-Festival die Hoffnung wecken, dass Netzkultur das ist, "was wir draus machen. Wir wollen nichts mehr verpassen, wir wollen Feedback, wir wollen intervenieren können und nicht mehr nur zuschauen, oder manchmal doch, aber dann nur wann, wo und was wir wollen". Gut gebrüllt, Löwen, auf dass die Schweine doch nicht platzen müssen: "Netzkultur, das ist für uns auch die Erprobung einer Gesellschaft ohne kulturelle und soziale Grenzen, an denen uns der Zugang verweigert wird."

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von Mess- und anderen Systemfehlern.
« Antwort #591 am: 27 September, 2015, 06:51 »
Vergurkt nannte man das früher. Heute macht das Software, und die Angst vor den Algorithmen, die konservative Technologiekritiker säen, nimmt überhand, befürchtet Hal Faber. Starrsinnige alte Männer, everywhere? Nein, schlimmer: das "Modell Deutschland".

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist ja nur ein bisschen Software in einem kleinen Computer, der ein Pümpchen steuert, dieses Denoxtronic-System. Das Steuerungssystem von Bosch, das auch an VW verkauft wurde mit den Standardeinstellungen, "wie bei einem Computer, der mit Windows und ein bisschen Excel und Word an den Arbeitsplatz geliefert wird", erklärt es ein Bosch-Ingenieur in der Süddeutschen Zeitung. Die Einrichtung, die Parametrisierung besorgen die Automobilhersteller selbst. Bei Volkswagen, Skoda und Seat hat man die Software beim Motörchen EA 189 ganz besonders pfiffig eingestellt. Die Denoxtronic patched by Volkwagen arbeitet seit 6 Jahren nur dann mit voller Kraft, wenn das Auto auf einem Prüfstand steht. Nur ein bisschen Software, das müsste doch kein Problem sein, diesen speziellen Debug-Modus so zu schalten, dass die Denoxtronic immer läuft. Eine kleine Umkalibrierung, und dann ist Frieden. Der Aufwand ist doch überschaubar. Oder?

*** Es ist ein bisschen mehr. Zum System Volkwagen gehören halsstarrige alte Männer, die die Debatte über Stickoxide und Klimaschutz für eine Spinnerei von Weicheiern und Gutmenschen halten. Männer, die auch dann noch lügen und betrügen, wenn die seit 2013 bekannten Messwerte mit dem Fehlverhalten einiger Weniger erklären. Mehrere Forschungsabteilungen, Heerscharen von Hausjuristen und Lobbyisten haben sich bei Volkwagen mit der Vermarktung des Clean Diesel in den USA, mit Hinhaltesspielchen und Ausweichmanövern beschäftigt. Einige hundert Mitarbeiter sollen damit beschäftigt gewesen sein, die schöne Fiktion aufrecht zu erhalten, die Lobbyist Matthias Wissmann 2011 auf der Detroit Motor Show so verzählte: " Es kann gut sein, dass der Clean Diesel in manchen Weltregionen klimafreundlicher sein wird als das Elektroauto." Apropos Weltregionen: Der nun geschasste Martin Winterkorn ist der bekannteste Unterstützer von TTIP in der deutschen Wirtschaft. Mit dem Abkommen im Rücken gegen die US-amerikanischen Abgasnormen klagen, das war die Exit-Strategie von Volkswagen für den Ausstieg aus dem Schwindel. Doch das haben sie total verbockt, halt "screwed it" im besten Maskulinisten-Slang.

*** Es ist noch ein bisschen mehr. Ob Gerhard Schröder oder Angela Merkel, die Förderung der deutschen Automobilindustrie und besonders des Volkswagen-Konzerns gehört zum Leitbild der deutschen Politik, den hartnäckigen Widerstand gegen schärfere Umweltauflagen inbegriffen. Die Blockade der von der EU gefordeten Diesel-Steuer war höchste deutsche Politik, verkündet von Angela Merkel im April 2011 via "Bild": Der Diesel wird nicht teurer, basta. Nun sind zigtausende der gern genannten deutschen Arbeitsplätze gefährdet und die Erkenntniss macht sich breit, dass die Lüge das Geschäftsmodell von "Made in Germany" darstellt, bei Bankern, Autobauern und autofreundlichen, bankerfreundlichen Politikern. Das System macht keine Fehler. Es ist ein einziger Messfehler. Es gibt sie noch, die dunkle Seite der Macht.

*** Wenn die kalifornische Firma Apple in dieser Situation die Nachricht durchreicht, dass man 2019 ein Elektroauto anbieten will, ist das eine Ansage gegen die Deutschland AG, zusammen mit der Forderung von Elon Musk nach einer korrekten Bepreisung des CO2-Ausstoßes. Dagegen wirkt die These der Arbeitgeber bewusstseinserheiternd, dass es die Umweltverbände sind, die jetzt die Zerstörung der deutschen Automobilindustrie besorgen.

*** Es ist etwas her, da machte sich der BKA-Chef Holger Münch Gedanken über die Bringschuld der Polizei. Gerade weil die Vorratsdatenspeicherung eine so undurchsichtige Maßnahme ist, müsste die Polizei handeln, wenn sie Transparenz durch Vertrauen ersetzen will:
Die Unwissenheit und Skepsis der Bürger, die sich in Diskussionen wie der zu Mindestspeicherfristen zeigt, zieht außerdem eine Bringschuld der Polizei nach sich, polizeiliche Maßnahmen zu erläutern und so Vertrauen zu schaffen.
In dieser Woche gab es eine Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) im Bundestag, in der sich die Mehrheit der Experten klar für die Technik ausgesprochen hat und überdies eine Ausweitung der geplanten Totalüberwachung forderte. Mindestens sechs Monate müssten die Daten behalten werden und dazu die unsinnige Vorschrift fallen, dass Berufsgeheimnisträger wie Anwälte, Journalisten und Ärzte von der VDS ausgenommen werden. Wenn angesichts der geballten Argumentation für die VDS davon gesprochen werden kann, dass die Luft für das entsprechende Gesetz "sehr dünn" ist, dürfte es sich um die Luft in einer Filterblase handeln. Denn, wie BKA-Chef Münch es mit einem Zitat ausdrückt, geht es um das Vertrauen in die Polizei:
Wer vertraut, kann eben nicht über alles informiert sein, sondern legt seine Zukunft zu einem gewissen Grad blind in die Hand von Menschen und Mechanismen.

*** Der saudi-arabische Botschafter Faisal bin Hassan Trad hat seinen Posten als Vorsitzender des UN-Menschenrechtsrats bei den Vereinten Nationen in Genf angetreten. Dies ist nicht nur angesichts des Bloggers Raif Badawi eine Farce. Auch die Geschichte um Ali al-Nimr gibt zu denken. Nun ist bei der Analyse der e-Mails von Hacking Team herausgekommen, wer der ominöse Mister W. ist, der im Auftrag einer nicht genannten Firma den italienischen Überwachungsspezialisten ein Übernahmeangebot unterbreitete. Wafic Said, ein in Großbritannien lebender Syrer mit engen Verbindungen zum saudi-arabischen Königshaus, wollte über seine Firma Safinvest Hacking Team für 37 Millionen Euro übernehmen, in "Halo" umbenennen und im arabischen Raum installieren, wo die Software dringend gebraucht werde. Die Verlagerung des Firmensitzes war ausgedacht, um Exportkontrollen nach dem Wassenaar-Abkommen unterlaufen zu können, als "Safe Harbour der Schnüffler". Wobei auch der sichere Hafen der Guten gerade versandet ist.

Was wird.

"Klar, warum denn auch nicht? Er dürfte natürlich nicht zu mehr Überwachung führen. Ich möchte auch nicht, dass irgendwelche Firmen mit meinem Denken einen ökonomischen Mehrwert akkumulieren. Aber wenn diese Chips unsere Denkkräfte und unsere Produktivkräfte auf progressive Art und Weise fördern würden, wären sie doch ein Fortschritt. Es gibt diesen wunderbaren Satz von Spinoza 'Wir wissen noch nicht, was unser Körper kann.' Akzelerationistisch übersetzt heißt der Satz: Wir wissen noch gar nicht, was der techno-soziale Körper kann."

Dies antwortete der derzeit angesagte Berliner Philosoph Armen Avanessian auf die Frage der tageszeitung, ob er sich einen Chip einpflanzen lassen würde. Avanessian lobt einen wie Edward Snowden als kleinen Bürokraten des Widerstandes, der niemals demonstriert oder Karotten gepflanzt habe. Er, Avanessian, nicht dieser Alien-Experte, will schneller denken können, um den Kapitalismus zu überholen, mehr nicht. Da kommen die Chips goldrichtig, wenn sie nicht überwachen. Aber was ist, wenn sie als Körpertrojaner auftreten, wenn das vermessene Ich über sich selbst Buch führt und das digitale Ich ein gläsernes ist?

Unter dem hübsch aktuellen Motto "Grenzen überwinden" wird in Frankfurt das deutsche Einheitsfest gefeiert, mit 50 Bürgerrechtlern (Ost) in der ersten Reihe nach der Kanzlerin und unser aller Gauck. 30 anerkannte Flüchtlinge sind ebenfalls dabei und der Vereinigungsminister von Südkorea. Es gibt eine Ländermeile mit regionalen Spezialitäten und eine Licht/Ton-Installation zum Thema. Grenzen sehen so aus.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von Fetischen, Cyborgereien und aufmerksamen Puppen.
« Antwort #592 am: 04 Oktober, 2015, 01:26 »
Der Sound zu all den Feierlichkeiten ist schrill, und oft unpassend. Daher: Keine Atempause, Geschichte wird gemacht. Aber was deutsche Ingenieurskunst versaubeuteln kann, dass geht in anderen Bereichen doch auch, befürchtet Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Niemand würde behaupten, dass die Entwicklung von TDI-Motoren relevante soziale Transformationen nach sich zieht – auch wenn sie das sicherlich tut", schreibt César Rendueles in seinem Essay über "Cyberfetischismus" . Hat das wirklich niemand behauptet? Schade, denn jetzt erleben wir, wie die kleinen Dieselmotörchen mit 1,2-2,0 Liter Hubraum beim VW-Skandal eine soziale Transformation nach sich ziehen: Der Auspuff wird zum Einpuff, was dazu führt, dass viele gelehrte Abhandlungen über die Herrschaft, ähem die böse Magie der Algorithmen ausgestoßen werden, deren trickreiches Wirken sich nur hin und wieder in abstürzenden Messkurven offenbart.

*** Nur wer viel misst, misst den Mist, den "eine kleine Gruppe Manipulateure" mit ihrer Ramdoubler-Software angerichtet hat. Was 20 Jahre nach SoftRAM 95 es aus der kleinen Welt der Windows-Rechner in die große Welt der Autos geschafft hat, deren Software ein "biologisches Maß an Komplexität" erreicht hat. Wen das stimmt, haben wir Rechner mit Datenkörpern erschaffen und dabei längst die Kontrolle über die Synapsen verloren. Es ist die andere Seite jener Angst-Lust über die Künstliche Intelligenz, von der wir gleich hoffen, dass sie uns erlöst von unserer metaphysischen Einsamkeit im All. Hal 9000 war ja auch ein sehr verständiger Partner inmitten der Einsamkeit, bis zum letzten Kinderlied.

*** Die Illusion vom starken, schadstoffarmen sauberen und noch bezahlbaren Diesel ist geplatzt, ausgerechnet in Deutschland, das wie kein anderes Land der Welt von seiner Automobilindustrie abhängig ist. Die ganzen Phrasen von der Wissensökonomie, von den deutschen Ingenieursleistungen, von Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 gehören damit ebenfalls auf den Rollenprüfstand: Betrügen und bescheißern wir uns nicht hier genauso wie VW oder wie bei der deutschen Einheit? So gesehen könnte die relevante Transformation ganz unsozial aus den USA kommen, wo sich der scheidende US-Präsident Obama als Klimakrieger inszenieren möchte. Hoch im Norden in Kotzebue, da zeigte er dem Rolling Stone, wie man ein Selfie vom Ende der menschlichen Zivilisation macht.

*** Dabei hat der Diesel in den richtigen Leistungsklassen seine Vorteile, zu sehen an den Tanken, wo die Trucker umstandslos AdBlue nachfüllen, nur um sich in den nächsten Stau zu stürzen, aus dem allein das automatische Fahren Erlösung verspricht. Dieses verblödende Vorrücken Meter um Meter sollte man wirklich dem Rechner überlassen können, während man in der Zeitung blättert oder im Heiseforum stöbert. Aber ist da nicht der Anfang vom Ende der bestehenden Ordnung eingeleitet? Werden da nicht Zigtausende von Arbeitsplätze durch diesen kybernetischen Kapitalismus gefährdet, der seine Vollendung im Light out Fab bei Globalfoundries erfährt? Die Fabrik ohne Arbeiter, die Norbert Wiener im Jahre 1949 beschrieb, als er in einem Brief an einen Gewerkschaftsboss vor der kommenden Entwicklung in der Automobilindustrie warnte? "Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass jede Arbeit, die in Konkurrenz zur Sklavenarbeit steht, ganz gleich ob diese Sklaven menschlicher oder mechanischer Art sind, die Bedingungen der Sklavenarbeit akzeptieren muss."

*** Wieners Warnungen wurden von Walter Reuther gehört, der den geschäftstüchtigen jüdischen Wissenschaftler einlud, auf einem Gewerkschaftskongress über das Thema der kybernetischen Steuerung zu sprechen. Das lehnte Wiener unter Verweis auf anstrengende Europa-Reisen und seine angegriffene Gesundheit ab. Er war verwarnt worden. Denn der kybernetische Kontakt alarmierte das FBI, das eine Akte "Norbert Wiener a.k.a. Weiner" anlegte und Wiener als Gefährder der Stufe C einstufte – subversive Aktionen gegen die Regierung der Vereinigten Staaten. Die Frage, wo denn der Mensch bleibt, wurde von Volkswagen in der Halle 54 beantwortet, ganz im Sinne von Norbert Wiener. Damit bin ich bei einem echten Jubiläum angelangt, ganz abseits der Einheitsfeiern. Denn wir Menschen sind biologische Maschinen, die sich mit Informationsmaschinen in Form von Smartphones verbinden, um Kriegs- oder Flüchtlingsmaschinen zu werden. Kurzum, wir sind Cyborgs.

*** Vor 30 Jahren ging es nicht nur Zurück in die Zukunft, vor 30 Jahren begann eine Zukunft. In der in Berkeley erscheinenden Socialist Review veröffentlichte Donna Haraway ihr feministisches Cyborg Manifesto, das den Cyborg von den kruden Anfängen bei Kline und Clynes als Schwanzersatz befreite, während sich Haraway über die Männer und ihre Ängste mokierte: "Der Cyborg ist ein Geschöpf der post-Gender-Welt, er ist nicht mit dem ganzen Zeug von Bisexualität, prä-ödipaler Verschmelzung, nicht entfremdeter Arbeit oder anderen Versuchungen beladen, eine organische Ganzheit all der Teile zu bilden, die in einer höheren Einheit verschmolzen werden sollen." Der Cyborg soll den ganzen dualistischen Quatsch von Körper und Geist überwinden, der die sozialistische und feministische Debatte seinerzeit plagte.

*** Also zurück zu Hals Kinderlied? Halt, stopp, da war doch noch was! Wo ist der Song zum Wiedervereinigungsjubiläum? Nein! Bitte nicht! Schmeiße jetzt keiner die Scorpions an! Wie wär's mit Fehlfarben, "Es geht voran"? Oder, wenn man schlecht gelaunt und etwas melancholisch veranlagt ist, die 17 Hippies mit "Was bleibt", zumindest im übertragenen Sinne: "Weiß verblüht der Flieder zur Zeit. Zu mir hast du ja gesagt – und sieh’ nur was bleibt." Oder gar die Einstürzenden Neubauten mit Halber Mensch? Aber möglicherweise sollten wir doch auf den 9.November rekkurieren und dann John Zorns unvergessliche und fast unerträglich mahnende Musik gegen das Vergessen hören. Zum Abschluss dann Brechts von Eisler vertonte Kinderhymne. Andere Vorschläge?

*** Ja, genau, Musik ist politisch, ist es immer gewesen, und wenn sie sich unpolitisch gab, war sie erst recht politisch. Kaum jemand kann von diesem politischen Charakter der Musik ein besseres Lied singen als Nina Simone. Man kann gar nicht oft genug auf die fantastische Dokumentation   "What happend, Miss Simone?" hinweisen, die Netflix bereits im Juni veröffentlichte. Und dann führt man sich gleich noch "live at Montreux 1976" zu Gemüte, mit der wohl berauschendsten Version von "My Baby Cares for Me", die die Welt je gehört hat.

Was wird.

"Fantastisch. Ich weiß, dass wir gute Freunde werden": So beginnt die Geschichte der smarten Barbie, die hier in epischer Breite erzählt wird. Die bereits mit einem Big Brother Award ausgezeichnet wurde. Barbie für den rosafarbigen Einstieg in die technologische Singularität soll zu Weihnachten in den USA auf den Markt kommen. Wir sehen: Barbie findet Mathe nicht mehr doof und arbeitet auch nicht mehr als Web-Hiwi in der IT mit Steve und Brian, sondern sorgt für zahlreiche Arbeitsplätze in der heilen "scripted Reality". Wenn sich junge Mädchen mit ihren Wünschen an die Puppe richten, muss die Vorarbeit stimmen. Dialoge müssen geschrieben, geprobt und gesprochen werden und wehe, es geht da nicht politisch korrekt zu. Auf die Frage "bin ich sexy" muss eine Antwort kommen, die garantiert nicht von Donna Haraway stammt. "Du bist klug, talentiert und witzig", so ist das richtig. Man stelle sich eine Puppe vor, die auf den barbieanischen Imperativ Erhebe deine Stimme! schlicht anwortet, dass Pop in Noten gefasster patriachalischer Zwang ist. "Barbie, ich bin scheu und möchte doch Freundinnen haben." "Da muss man sich nicht schlecht fühlen, wenn man scheu ist. Überlege mal, wir sind doch auch gute Freundinnen geworden." Barbie ist darauf programmiert, Schimpfworte zu ignorieren, sie sind in den zentralen Toytalk-Servern mit der Wissensbasis von Barbie nicht vorhanden. Hack mich, hack mich ruft das Rumpel-Datenstaubsaugerlein verzückt am Lagerfeuer.

Also feiern wir mal. Feiern wir die Einheit mit denen von drüben wie hüben, die Einheit mit unseren Cyborgs, die Einheit mit denen, die jetzt noch kommen und mit denen wir zusammen im 21. Jahrhundert ankommen müssen, trotz aller wippenden Politiker, die da holzen. Wir müssen ankommen in einem Jahrhundert, in dem sich Europa öffnet gegenüber anderen Völkern, Rassen, Ethnien. Ein paar Türen sind schon offen, aber sie wurden nicht aufgehalten. Auf das Aufstoßen kann man Anstoßen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Von Siegen und Niederlagen.
« Antwort #593 am: 11 Oktober, 2015, 05:30 »
Wir werden alle sterben!1Elf! Oder doch nicht, ist das Internet denn wirklich noch zu retten? Hal Faber staunt über PR-Flaks. Aber Ethik in der IT? Ha, selten so gelacht. Das bittere Lachen des Herrn K.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wir leben in interessanten Zeiten. Max Schrems hat gesiegt, in einem kleinen Vorgeplänkel einer Auseinandersetzung, gegen die Franz Kafkas Process wie die Verhandlung über ein Parkknöllchen aussehend wird. Blumen werden vor dem Max-Schrems-Schrein im Berlin Spy Museum niedergelegt. Dort, wo an diesem Samstag die Demo gegen TTIP durch die Stadt walzte, gegen ein Abkommen, das selbst Bundestagsabgeordnete nicht lesen dürfen, so geheim ist es. Wie nett, dass ausgerechtnet jetzt Klartext in einem verwandten Fall gesprochen wurde: In dieser Woche hat es ein historisches Urteil zum Datenschutz gegeben, das sich gegen die "Safe Harbor"-Praxis der USA richtet. Jetzt diskutiert alle Welt, wie sich das Urteil auswirkt und die PR-Maschinerie vieler Hersteller und Anbieter läuft auf Höchsttouren. Meine Inbox wird vollgedonnert mit Pressemeldungen, wie Firma xy dank ihrer blafasel-Technologie die Daten in der Cloud retten kann vor dem Untergang des Internet. Schließlich sind angeblich 5483 Firmen vom Aussterben bedroht, da muss doch was getan werden für die Daten-Flüchtlinge. Was beim Urteil noch viel folgenreicher sein dürfte, sei hier zitiert:
"Herr Schrems legte bei der irischen Datenschutzbehörde eine Beschwerde ein, weil er im Hinblick auf die von Herrn Edward Snowden enthüllten Tätigkeiten der Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten, insbesondere der National Security Agency (NSA), der Ansicht war, dass das Recht und die Praxis der Vereinigten Staaten keinen ausreichenden Schutz der in dieses Land übermittelten Daten vor Überwachungstätigkeiten der dortigen Behörden böten."
Wir lesen: ein europäisches Gericht lässt eine Klage zu, in der Edward Snowden und die NSA explizit genannt werden. Dies geschieht zu einer Zeit, in der in den USA der Vortrag des Journalisten Barton Gellman über den Snowden-Effekt an einer Universität zensiert wird, weil er Einzelheiten zu den Tätigkeiten der Nachrichtendienste enthielt. Angeblich wurde nach einer bewährten Methode sogar überlegt, den beim Vortrag benutzten Beamer zu zerstören – wer weiß schon, was in so einem Beamer-Speicherchen stecken bleibt. Dabei ist Barton Gellman neben Glenn Greenwald der Journalist, der direkten Kontakt mit Snowden hatte, von ihm Informationen bekam – und erheblich vorsichtiger mit dem Material umging. Klar ist, dass es NSA-Mitarbeitern nach einem Ukas nicht gestattet ist, sich Snowden-Files etwa aus der verdienstvollen Sammlung von Cryptome zu besorgen. Safe USA oder Save USA, das ist die Frage.

*** Auf die benamste Universität wird hier übrigens nicht verlinkt, da Snowden die Sache verlinkte und somit vom Netz entfernte: Nach "Streisand Shitstorms" dürfte ein "Snowden-Tweet" die neue Macht im Netz stellen. Ist sie dann der digitale Arm eines verbitterten Mannes? Immerhin ist Snowden mit seinen Enthüllungen im wissenschaftlichen Überbau angelangt, in dem es dank Snowden düster zugeht. Wir wissen nun, dass wir überwacht werden, aber wir fühlen es nicht. Was tun sie noch mit unseren Datenkörpern, von dem wir nichts wissen? Auch wenn Snowden gar nicht handelt, sondern seine Jünger hat, die das Tröpfeln der Daten besorgen, ist die Wirkung beachtlich:
"Snowdens unermüdliche Veröffentlichungen der Überwachungsaktivitäten der NSA geben nicht notwendigerweise die Sicherheit, dass wir wissen, was da passiert. Vielmehr können sie dazu dienen, unsere Vermutungen zu bestätigen und zu verstärken 'was sie sonst noch etwas machen, von dem wir immer noch nichts wissen'. Eine diffuse Paranoia ist das Resultat, als eine besondere Form der existenziellen Angst in der Moderne. In Kafkas Process taucht das Objekt der Paranoia von K. in den Verwinkelungen der modernen Bürokratie auf und hinterlässt einen profundes, unauflössliches Gefühl des Unbehagens. Heute steckt das Objekt in einer Black Box hinter den Interfaces unserer Geräte."

*** Gut möglich, könnte aber auch das Gegenteil sein, wenn der Process als Humoreske gelesen wird, in der die Justiz in Pornoheften blättert. Was Kafka selbst wollte, ist nicht ganz klar, da er die Kapitelaufteilung seines Werkes verschlüsselte und es niemand bisher geschafft hat, das System des Versicherungstechnikers zu dechiffrieren. So sind unterschiedliche Lesarten des Textes möglich, wie K. überwacht und bestraft wird, etwas, das auch für die Lesarten der heutigen Überwachung gilt.

*** Mit den Lesarten ist das eine zwiespältige Sache, zumindest bei Journalisten, wie dieser Artikel zur Datenhehlerei zeigt, die bald als eigenständige Straftat geführt werden soll. "Journalisten müssen außerdem ausschließlich aus beruflichen Gründen handeln: Sobald sie sich auch privat für das Thema ihrer Recherchen interessieren, entfällt also das Presse-Privileg." Ich sehe sie schon kommen, die verschwenzelten Disclaimer der Kollegen: Ich habe nie privat mit Volkwagen zu tun gehabt, ich fahre ausschließlich Opels mit der roten Plakette.

*** Volkswagieren, schreibt der IT-Omnisoph Gunter Dueck in seiner Reaktion auf den Volkswagenskandal, ist der Punkt, an dem Informatiker und Mathematiker ihre Ethik und Ehre aufgeben. Sie schreiben dann einen Softwarecode für das Motörchen EA 189, mit dem 10 verschiedene Betriebsmodi eingestellt werden konnten, um diesen und jenen Test zu umgehen. Von Ethik und Ehre der Informatiker und Mathematiker keine Spur. Konsequent denkt Dueck die Sache weiter und erinnert an die vielkernig angepriesenen Smartphones:
" Man könnte doch eigentlich gleich nur vier Prozessoren einbauen und die anderen vier irgendwie per Software vortäuschen? Ich muss noch einmal nachdenken, wie man hier volkswagiert. Für Digital Immigrants oder Erst-Smartphonekäufer reichen vier Prozessoren allemal, die merken es doch nicht, es ist ja das gleiche Prinzip wie bei Billigbrustimplantaten."

*** Ethik für Informatiker, Ehre der Ingenieure? Lachen wir lauthals über den Quatsch und feiern lieber ein kleines Jubiläum. Exakt heute vor 20 Jahren, am 11.10.1995 tauchte im Usenet unter /comp/os/ms-windows/win95misc ein Beitrag namens "SoftRAM95 Update" auf, in dem sich der Autor wunderte, was denn diese SoftRAM95-Software der Firma Syncronys Softcorp. eigentlich macht. Einen Tag zuvor war in der New York Times ein Artikel erschienen, der über Merkwürdigkeiten beim Börsenkurs dieser nicht gelisteten Firma berichtete, die für ihren RAM-Verdoppler höchstes Lob bekam – von zwei kalifornischen Börsenhändlern. Der verwunderte Beitrag zitierte Ergebnisse der "National Software Testing Laboratories", einer Tochter des MacGraw-Hill-Verlages mit der Zeitschrift Byte. Dieses Labor konnte nur die absolute Wirkungslosigkeit der Software feststellen. Etwas, das zeitgleich auch von dem c't-Journalisten Ingo Storm entdeckt und in einem Artikel "Verdichtung und Wahrheit" beschrieben wurde. Am 20.10 erhielt der Heise-Verlag eine Klage, am 27. 10 erging die einstweilige Verfügung des Landgerichtes Hamburg, die es dem Verlag die Behauptung untersagte, "es handele sich bei SoftRAM95 um eine Placebo-Software". Bereits eine Nummer später konnte der Heise-Verlag genau das mit der Placebo-Software behaupten und technisch untermauern und veröffentlichte den Artikel Placebo forte! Das war faktisch das Ende von Synchronys Softcorp, die am 8. Mai 1995 allein zu dem Zweck gegründet wurde, SoftRAM95 zu verkaufen. Der leitende Software-Entwickler des Projektes, Wendell Brown, ist heute ein gefragter Guru. Wie schreibt es der Philosoph und Google-Berater für das Recht auf Vergessen, Luciano Floridi: "Die sensitiven und privaten Informationen der Vergangenheit müssen in der Vergangenheit bleiben, aber das Web ist eine Scheibe ohne jede historische Tiefe."

Was wird.

Die Buchmesse kommt. In den geheizten Hallen zu Frankfurt werden Bücher aufgewärmt wie das von Floridi über die 4. Revolution nach der Erfindung des Rades, der Dampfmaschine und des geschnittenen Brotes. Gleich drei Revolution in einer findet Christopher Kucklick in seinem Buch über die granulare Gesellschaft, eine Differenz-Revolution, eine Intelligenz-Revolution und eine Kontroll-Revolution. Oder wie wäre es mit der molekularen Revolution des Dividuellen, getrieben durch Algorithmen, Big Data und Social Media?

Nostalgiker lesen übrigens die Halloween-Dokumente, diese kleine Nachricht aus der gefrorenen Hölle, und warten die nächste Folge der Dokumente ab, die gerade von Satya Nadella und Max Schrems umgeschrieben werden. Clouds in überstaatlichen transnationalen temporären Zonen sind 'ne hübsche Sache.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
4W: Deutschland, ein Herbstsachstandsbericht
« Antwort #594 am: 18 Oktober, 2015, 01:07 »
Was sind wir normal geworden! Unfähige Manager, korrupte Funktionäre, illegal operierende Geheimdienste, gerade so wie alle anderen. Hal Faber möchte aber lieber ein neues Lied, ein besseres Lied singen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Bislang ist die Welt durch Fortschritt doch immer ein Stück besser geworden, mit weniger Armut, mit weniger Menschen, die in Kriegen sterben. Warum sind wir bloß so pessimistisch? Ich verstehe das nicht, das ist doch irrational und macht wissenschaftlich keinen Sinn. Wir sollten viel optimistischer sein!" (Google-Gründer Larry Page in exklusiver Spiegel-Promotion anlässlich der Buchmesse)

Ja, Larry, alter Montessori-Knabe, Optimismus ist angesagt, allein schon deshalb, weil wissenschalftlich bewiesen ist, dass Optimisten mehr von halb gefüllten Gläsern haben als all die Miesepeter, die jetzt jammern und klagen. Es ist doch wunderbar, dass 404 namentlich bekannte Abgeordnete die neue deutsche Vorratsdatenspeicherung beschlossen haben und wir endlich das Gerede der Politiker los sind, die zu jedem Anlass ab der Größe eines Kindergeburtstages die Einführung der Vorratsdatenspeicherung fordern, wegen der Sicherheit. Lachen wir über die Pessimisten, die das neue Gesetz als ein Stück weiterer Verschlechterung der Polizeiarbeit empfinden und eine Ausweitung des Straftatenkataloges fordern. Bis hin zu dem per SMS an Mama mitgeteilten Handygummiklau auf der Geburtstagsfeier ist da noch Vieles drin. Oder ist alles nur eine harmlose kleine Pufferung gewesen?

*** Da mögen die Gegner der wunderbaren Datenspeicherung aller Netzteilnehmer noch so laut ihr Dauermantra Karlsruhe beschwören und verkennen, wie modern der Volkswille doch ist, all seine Daten bereit zu stellen. Wir haben nichts zu verbergen und zu vertälern in diesem wunderschönen Deutschland voller attraktiver Natur-Konstellationen. Wir müssen der Polizei doch helfen und mit unseren digitalen Spuren den Beweis dafür liefern, dass wir keine Cyberkriminelle sind und mit der Datenhehlerei nichts am Hut haben, keinen Scoop breit. So sehen wir auch dem nächsten Schritt gelassen optimistisch entgegen, wenn in den DNA-Datenbanken des Google-Appendix 23andme oder des abenteuergesättigten Ancestry nach DNA-Spuren von Clan-Mitgliedern gefahndet wird.

*** "Im traurigen Monat Oktober wars, die Tage wurden trüber, der Wind riss von den Bäumen das Laub, beim DFB gings drunter und drüber." So könnte man mit Heinrich Heine das Ende vom großen Schwindel des Fußball-Sommermärchens bedichten. Im Mittelpunkt, auch das passt, ein Franzose namens Robert Louis Dreyfuss, der laut Spiegel "dieselbe DNA wie Adidas" hatte. RLD, kürzte ihn der damalige DFB-Medienchef Wolfgang Niersbach ab, "das vereinbarte Honorar für RLD" soll er am Rande eines Geheimpapiers geschrieben haben. Das alles deckten der Spiegel und der Sportjournalist Jens Weinreich auf, was in den nächsten Tagen insofern die Medien beherrschen wird, weil der Beweis angetreten werden muss, dass Wahlstimmen der FIFA-Bonzen gekauft wurden. Wir müssen das unbedingt positiv sehen: Deutschland wird normal. Es hat nicht nur unfähige Manager wie bei Volkswagen, sondern auch korrupte Sportfunktionäre, wie jedes andere Land.

*** Und dann war da noch was ganz unverhofft Wunderbares in Normaloland: Wie jedes andere Land haben wir einen Auslandsgeheimdienst, der sich einen Deut drum schert, wer gerade ein Freund ist oder Feind. Im Zweifel hat das Anhäufen von Intelligence Vorfahrt vor der Intelligenz. 700 Personen, dazu Militärposten der USA in Afghanistan, französische Botschaftsangehörige oder Manager von Automobilfirmen - den BND interessierte alles. Ausspähen unter Freunden geht doch, denn Kompromat kann man immer gebrauchen. Insofern agierte der Bundesnachrichtendienst eben nicht außer Rand und Band. Im nächsten Schritt werden wir sicher erfahren, wie der BND Hotels für spezielle Gäste verwanzt, ganz wie in der Spionage-Hochburg Berlin nach 1989. Bis dahin dürfte der starckdeutsche Entrüstungs-Zeigefinger angesichts der Drone Papers und der neuesten Zeugen im NSA-Untersuchungsausschuss wieder mal nur auf die USA zeigen. Doch auch hier gibt es die positive Entwicklung mit der zauberhaften Möglichkeit, dass bald diese Drohnen auch über unseren Köpfen kreisen können wie in Afghanistan. Das Standard-Equipment von Rohde&Schwarz für Airbus-Flieger funktioniert bestens in den Drohnen, die die Bundeswehr beschaffen will; die Integration in den Luftverkehr macht große Fortschritte, auch wenn die Flieger so langsam wie eine Cessna sind.

*** In unserem schönen Deutschland steht das Projekt der Beheimatung gegen die veraltete Idee einer homogenen Gesellschaft, die "besorgte Bürger" aufgreifen, um sich im ISIS-Stil zu rechtsextremen Attentätern zu machen, nur ohne Selbstmord mit anschließender Belohnung im Jenseits. Die Tat muss uns Ansporn sein, die Vorratsdatenspeicherung noch schneller einzuführen, oder wie, oder was? Sie wird die Transformation Deutschlands nicht aufhalten können und die von Europa anstoßen müssen, denn was von allen denkenden Wesen unerwünscht ist, sind Grenzen und Zäune, an denen wieder Tote liegen, die aus Kriegsgebieten wie Afghanistan und sonstwoher gekommen sind. Deshalb ist an dieser Stelle der Optimismus des Dichters gefragt wie vor Jahrhunderten:

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Die Misere ist vorbei,
Die Sterbeglocken schweigen.

Die Jungfer Europa ist verlobt.
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse.

Und fehlt der Pfaffensegen dabei,
Die Ehe wird gültig nicht minder –
Es lebe Bräutigam und Braut,
Und ihre zukünftigen Kinder!"

Was wird.

Überaus positiv gestimmt geht es damit in die nächste Woche, zurück in die Kindheit, wie immer, wenn ein neuer Asterix erscheint. Diesmal sogar mit schulischen Reminszenzen an den Lateinunterricht, wenn es heißt: Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae .... So begann eine faustdicke Lüge oder besser gesagt die Propaganda, die Julius Caesar nach einem verheerenden Massaker an den Germanen brauchte, um seinen Ruf aufzubessern. Mit von der Partie ist Julian Assange unter dem Namen Polemix. Ursprünglich sollte die Figur Wikilix heißen. Aktuell bieten die Nachrichten um Assange auch Stoff für einen Comic, wenn es stimmt, dass man in Ecuador ungehalten ist, weil Wikileaks die Mails von Hacking Team als Scoop veröffentlichte. In einem Interview geben sich die Macher ganz unpolitisch und interessieren sich nur "für den Weg der öffentlichen Meinung" und bezeichnen Assange als Ur-Journalisten, der immer auf der Suche nach dem Scoop ist. Diese Interpretation des Journalismus im Geiste der Political Correctness wird noch getoppt durch den farbigen Piraten Baba im Ausguck des Piratenschiffes von Kapitän Enternix. Er hat keine Schwierigkeiten mehr, das r auszusprechen. "Witze mit Schwarzen sind heute schwierig. Viele funktionieren nicht mehr. Deshalb sind auch wir vorsichtig, wir möchten ja niemanden provozieren." Die gelebte Gegenwärtigkeit 4.0 kann recht stillos sein. Wo bleibt denn da das Positive? Wie wäre es mit dem Konsum 4.0???

"Die Form des Konsums in der nächsten Gesellschaft ist vermutlich der Stil, der die wiederholbare Konsumentscheidung eines Individuums in Relation zu ihrer digitalen Berechenbarkeit und analogen Unberechenbarkeit, zu einer Konformität, die ihre Protokolle ausreizt, und zu einer Devianz, die fragile Idiosynkrasien testet, setzt."

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Von freien Piraten und anderen Fallstricken.
« Antwort #595 am: 25 Oktober, 2015, 01:28 »
Deutschland im Herbst, bleierne Zeit. Aber anders als in den 70er Jahren, wohl aber genauso deprimierend, meint Hal Faber. Sinnlos, sich gegen den Mahlstrom der Zeit zu wehren? Ach was! Wo bleibt denn da das Positive?

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Bleiernes Deutschland im Herbst, anno 2014. Im Scheißwetter-Demonstrationshäufchen vor der Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung sah man grüne Plakate der Grünen, rote Plakate der Linken und das Gelb-Lila der Freien Demokraten. Orange fehlte: Plakate und Fahnen der Piraten wurden nicht geschwenkt. Dafür mag es viele Gründe geben, etwa das Dreckswetter. Piraten sind Schönwettertierchen, wie ihre kleine Demonstrations-Jolle zeigt. Oder die frühe Uhrzeit: Piraten, zumal die Berliner Variante, sind Nachteulen. Einer der lustigsten Gründe liegt in der Erklärung, dass Piraten eigentlich verkappte Freidemokraten sind. Ist nicht der Freie Welthandel, von dem Lindner & Co schwärmen, eine Unterform der Freibeuterei? Ein an unseren Interessen ausgerichtetes Einladungsgesetz ein echtes Piratenfloß im Moskenstraumen der Zeit? Zeit, die verfließt, verwirbelt und die Strudelraten bei der FDP ankommen lässt: "Es darf nicht alles sinnlos sein, was wir damals mit der Digitalagenda gesetzt haben", wird der ehemalige Oberpirat und Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium, Bernd Schlömer im Spiegel zitiert. Sein Vorgänger Nerz lobt dazu den Kern der FDP und den Kampf gegen den Datendurst.

*** Ja, darf denn nicht alles sinnlos sein? Muss immer ein Sinn, eine Moral und eine Lehre hinter allem stehen und winken wie die Marihuanamieze aus der Hochzeit der Piraten? Seit jenen sonnigen Tagen der Schönwettertierchen ist viel vergangen. Wenn es eine Konstante bei den Piraten seit 2013 gibt, dann ist es die Klage über das innerparteiliche Klima, wenn es an den Parteiaustritt geht. Was ist schon die schönste "Digitalagenda", wenn das Taktgefühl und die Achtung fehlen im Umgang zwischen Pirat und Pirat? Zumal dann, wenn solche Monstren wie Antifaschismus und Geschlechtergerechtigkeit beim Austritt erwähnt werden müssen? Wie war das noch? "Jeder Bürgerin und jedem Bürger in einem antifaschistischen und sozialistischen Land ist der historische Fortschritt bewusst, den die Befreiung der Frau im Sozialismus darstellt." Der Rest war ein einziger Witz, aufgezeichnet durch den BND, extra für einen Bundeskanzler Kohl, der das überhaupt nicht lustig fand. Die Hauptverwaltung Aufklärung der Stasi sammelte übrigens keine BRD-Witze.

*** Bleierne Zeiten und das einzige, was funktioniert, ist die Uhrzeitumstellung. Schon die deutsche Unterwerfung unter das NATO-Verteidigungsbündnis mit dem Überflug US-amerikanischer Drohnen über den deutschen Landen verursacht Kopfzerbrechen. Weil die Österreicher wieder einmal keinen Überflug wollen und weiter östlich gelegene Routen noch riskanter sind, starten die Global Hawks vom italienischen Stützpunkt Sigonella, fliegen dann über Frankreich nach Deutschland, um nach eineinhalb Stunden im Deutschlandtransit ihr Operationsgebiet in der Ostsee zu erreichen. Nach der Mission geht es eineinhalb Stunden über Deutschland zurück, "zu reinen Transitzwecken". Was bei dem Einsatz der "Global Hawks" in Norwegen vor einem Jahr nicht möglich war, wird jetzt kurzerhand per Federstrich durch unser Verteidigungsministerium erlaubt.

*** Ab Ende Oktober sollen für ein Jahr "regelmäßig monatlich zwischen drei und fünf dieser Überflüge" erlaubt sein, bei denen die "aktiven und passiven Aufklärungssensoren" abgeschaltet sein müssen. Kollegen schwärmen davon, dass dies den Amerikanern strikt untersagt sei. Aber das ist überhaupt noch nicht in trockenen Tüchern: "Die USA werden die Einhaltung dieser Auflage schriftlich bestätigen", besagt zunächst einmal, dass die USA noch gar nichts bestätigt haben, was da im Rahmen der European Reassurance Initiative ab dem 28. Oktober stattfindet. Dabei sind die US-amerikanischen Global Hawks mit SAR-Sensorik ausgestattet: Eine Kontrolle, ob die Aufklärungsinstrumente wirklich ausgeschaltet sind, ist von unten aus nicht möglich. Im Rahmen der norwegischen Aktion anno 2014 sollte ein deutscher Beobachter im Kommandozentrum der Global Hawks nach dem Rechten schauen, ob nicht spioniert wird. Das war schon damals heikel und wird bei der aktuellen Sitaution gleich für nicht praktikabel erklärt. Wir lernen: Ein US-amerikanischer Global-Hawk kann sich über Deutschland in einem Luftraum bewegen, in dem auch Business-Jets fliegen können; ein EuroHawk kommt nicht vom Boden weg. Eine bessere Propaganda für die Kauf-Pläne der aktuellen Verteidigungsministerin kann es nicht geben. "Mit der Zustimmung zur Nutzung des deutschen Luftraums für die European Reassurance Initiative wird Deutschland einer wichtigen Bündnisverpflichtung gerecht und agiert als verlässlicher Partner."

*** Ein anderes Amerika-Bild präsentiert uns Wikileaks, das in dieser Woche E-Mails vom privaten AOL-Konto des CIA-Chefs John Brennan veröffentlichte, dazu die private Adress- und Kontaktlisten unter Missachtung der Privatsphäre, die auch ein CIA-Chef hat. Glaubt man den Ausführungen des "Hackers", der sich die Zugangsdaten per social Engineering besorgte, ist die Tat eine Solidaritätsaktion für die Palästinenser, die Veröffentlichung bei Wikileaks eine Aufklärung über die korrupte Obama-Regierung. Das ist sehr nach dem Geschmack von Julian Assange, für den es auch einen Leak gab, der ein harter Rückschlag für ihn sein dürfte. Im Mailwechsel zwischen der Botschaft von Ecuador und der schwedischen Staatsanwaltschaft ist abzulesen, wie Ecuador die schwedischen Ermittler im Juni 2015 abgewiesen hat, die bereits nach London geflogen sind. Bereits im November 2012 schrieb der Vertreter der britischen Kronanwaltschaft nach Schweden: "There is no question of him beeing allowed out of the Ecuadorian embassy, treated and then allowed to go back. He would be arrested as soon as was appropriate." Eine medizinische Behandlung außerhalb der Botschaft kann nicht stattfinden, ein von ihm vor kurzem gewünschter MRT-Scan in einem Krankenhaus würde nach der Untersuchung zum Geleit in ein britisches Gefängnis führen.

*** Das Positive? Wie wär's mal mit einem positiven Amerika-Bild? Der plumpe Antiamerikanismus, in dem sich Links- und Rechtsradikale nur allzu gerne einig sind, hat nunmal mit der amerikansichen Realität und mit der in diesem Deutschland wenig zu tun. Dessen Bewohner sind ganz gut gefahren mit all der amerikanischen Unkultur, die auch konservative Bildungs-Hipster mit Leidensmiene beklagen. Deutschland hat Helene Fischer, Amerika Beyoncé. Lieber mit der amerikanischen Unkultur eines Steve Reich, einer Billie Holiday, eines George Gershwin, eines Kendrick Lamar, eines Neil Young, eines John Zorn oder eines Morton Feldman gepflegt abhängen, als sich mit Pegida-Leitkultur gegen vermeintliche Umvolkung abstrampeln. Und wenn das FBI einreitet, um auch hierzulande mal ein paar korrupte Fußballfunktionäre hochzunehmen, dann darf man sich ebenfalls freuen. Das Fazit? Genau, es ist nie alles so schwarz und weiß, wie uns die linken wie rechten Vereinfacher und populistischen Meinungsmacher weismachen wollen. Your pride and my pride, don't waste my time.

Was wird.

Die Bewacher vor der Botschaft haben ihren Posten verlassen, denn im Fall von Assange dürfte die Kameraüberwachung ausreichen. Notfalls tut es ein passender Algorithmus, der vorhersagen kann, wann der Mann vor der Tür erscheint. Auch die deutsche Bundespolizei wird solche Algorithmen brauchen können, wenn sie in Zukunft die (zumindest in Baden-Württemberg) rechtswidrige Schleierfahndung durch eine genaue Regelung ersetzt, die festlegt, wie häufig und wie intensiv nach illegalen Grenzübertretern gefahndet wird. Die unwürdige Praxis des Racial Profilings passt nicht mehr in einem Deutschland, in dem Flüchtlinge willkommen sind. Lasst doch endlich Algorithmen unsere Zukunft berechnen! Dann hört auch dieses Gejammer endlich auf.

Noch willkommener als Flüchtlinge sind Lobbyisten, jedenfalls bei den Politikern. Rund 1000 von ihnen sollen Zugangsausweise für den Bundestag besitzen und beraten, was das Zeug hält. Obwohl das virtuelle Wählergedächtnis vor Gericht gewonnen hat und der Bundestag die Namen der Lobbyisten herausgeben müsste, gehen die deutschen Volksvertreter in die Berufung, auf Drängen von CDU und SPD. Wer wen wie schmirgelt, das muss bitte unter der Decke bleiben, sonst ist das parlamentarische Märchen gefährdet wie das Sommermärchen beim Deutschen Fußballschuhfinanzierer-Bund mit seinen Chargen, die sich an nichts erinnern können.

Auch kritisches Nachdenken über die Funktion des Lobbyismus im Spiel von Ökonomie und Gesellschaft ist vergriffen, dafür hat die Arbeitgeber-Lobby BDA die Steilvorlage gegeben und unseren Innenminister zum Bücherverbot animiert. Wie erfolgreiche Lobbyarbeit aussieht, kann man übrigens bei der Abstimmung in der nächsten Woche sehen, wenn in Brüssel die Netzneutralität mit einer eigenwilligen Drehung beschlossen wird.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Vom Prinzip Hoffnung bis zum Prinzip Garage.
« Antwort #596 am: 01 November, 2015, 00:07 »
Ob nun alles verhunzt wird oder wir nur verhohnepipelt, ist eigentlich egal. Im Endeffekt sind wir die Dummen, meint Hal Faber, und wundert sich über Überholspuren, die im Kies enden. Bleibt das Prinzip Hoffnung.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ja, im Prinzip, sagte Radio Eriwan, kann man viele Dinge zum Prinzip erheben. Da gibt es das Prinzip Hoffnung, dass der Mensch derzeit noch in der Vorgeschichte lebt und seine Heimat in realer Demokratie erst finden muss. Bekannt ist das Prinzip Verantwortung und, in kleiner Münze präsentiert, das Prinzip Merkel mit dem "Wir schaffen das" als Imperativ. In dieser Woche ist das Prinzip Verhunzung hinzugekommen, eingeführt von EU-Digitalkommissar Oettinger mit einer Bestimmung zu "Spezialdiensten" inmitten einer fragwürdigen Beschlussfassung für ein offenes Internet. Das Pressestatement zum Prinzip Verhunzung lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Das offene Internet wird von Angeboten mit Qualitätsgarantien abgelöst.
"Start-ups, VOD-Anbieter und andere Nutzer können frei entscheiden, ob sie ihre Dienste wie bisher über das offene Internet nutzen wollen oder eine Qualitätsgarantie haben wollen. Für die meisten Dienste reicht die Übertragungsqualität im offenen Internet völlig aus."

*** Wie frei diese Entscheidung ist, zeigte umgehend Telekom-Chef Timoteus Höttges, der das Prinzip Verhunzung enthusiastisch im Firmenblog begrüßte. Ein paar Prozent Schutzgeld von Startups für garantierte Telekom-Qualität, da soll man sich nicht so anstellen, dass gehört dazu, wenn man als Startup wachsen will. Prompt gab es Proteste der üblichen Verdächtigen, selbst die Piratenpartei erhob ihr greises Haupt. Bemerkenswert der Protest der nichttechnischen Presse, die das Empört euch! des Widerstandskämpfers Stéphane Hessel aufnahm und gegen das Prinzip Verhunzung den Lesern ein Empört euch mitgab und Verhunzer Oettiinger kritisierte.
"Statt die Netzneutralität fest zu verankern, hat er ohne Not den ersten Schritt zum Zwei-Klassen-Netz zugelassen. Bleibt die Hoffnung, dass bald gegen die neue Regelung geklagt wird. Dann könnte der Europäische Gerichtshof die Rechte der EU-Bürger stärken. Wieder einmal."

*** Radio Eriwan sagte übrigens sehr selten nein, etwa auf die Frage: "Gibt es in der Sowjetunion eine Postüberwachung?" Die Antwort: "In Prinzip nein. Briefe mit antisowjetischen Inhalt werden jedoch nicht befördert." Nun ist er da, der Bericht des Selektorenlistenbeauftragten Graulich zu den NSA-Selektoren beim BND, sogar in drei Varianten. Da ist zum einen der offene Bericht für das gemeine Volk, immerhin 263 Seiten lang, ohne abseits bekannter Selektoren wie EADS und Eurocopter konkrete Namen zu nennen. Dann gibt es für die Happy Few eine hundert Seiten längere Fassung, die "streng geheim" ist und Namen nennt. Schließlich die Fassung mit weiteren 150 Seiten, die so geheim sind, dass sie nur im Bundeskanzleramt gelesen werden dürfen. Dort strebt man jetzt eine "klarstellende gesetzliche Regelung des Auftragsprofils" des Bundesnachrichtendienstes an. Hier muss man schon mundartlich werden und vom Prinzip Verhohnepipelung reden oder ist es schon Vergantung oder technisch eine Mustermannisierung, frei nach dem abgedruckten Selektor MAX.MUSTERMANN\&\#37;2540INTERNET.ORG??? Neben den abgefragten Mailadressen sind die Erläuterungen zu den Inhalts-Stichworten (Telekommunikationsmerkmale bzw. TKM) ganz aufschlussreich:
" Die genaue Zahl der den amerikanischen Selektoren zu Grunde liegenden TKM ist dem BND nicht bekannt. Sie lässt sich mangels Kenntnis des von der NSA verwendeten Algorithmus auch nicht zurückrechnen, sondern nur erfahrungswissenschaftlich schätzen. "

*** Erfahrungswissenschaftlich bleibt festzuhalten, dass die hauchdünne Mehrheit im EU-Parlament, die der Antrag der Grünen für die Straffreiheit und gegen die Auslieferung von Edward Snowden gefunden hatte, ein kleiner, feiner, später Dank ist für die von ihm eingeleitete Aufklärung der NSA-Machenschaften. Dies gilt auch für den Sacharow-Preis, den das EU-Parlament an den Blogger Raif Badawi verlieh. Und wo wir schon bei den Preisen und Ehrungen sind, sollte der Sonderpreis für den Blogger Eliot Higgins und sein Bellingcat-Team nicht vergessen werden, die den Einsatz von Splitterbomben in Syrien und den Buk-Abschuss in der Ukraine dokumentierten, alles Sachen wie bei Snowden, von denen Journalisten zehren konnten. Und wenn wir schon bei den Bloggern sind, sollte die Ehrung von Raqqa is Being Slaughtered Silently nicht vergessen werden, dem Team, das in dieser Woche zwei Mitarbeiter verlor, die vom Islamischen Staat getötet wurden.

*** Mit der großen Verschwulung von Akif Pirinçci ist der Verlag Manuscriptum in eine Bresche gesprungen, die zahlreiche besorgte Kommentare zur Lage der Meinungsfreiheit produzierte, etwa bei den LeserInnen von Telepolis oder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Verleger Thomas Hoof, mit den guten Dingen und dem guten Brot groß geworden, schreibt davon, dass Buchhandel, Grossisten und Medien über die "Springstöckchen für öffentliche Gehorsams- und Dressurübungen" gesprungen sind, weil sie den Schwachsinn des Autors von der Muslimisierung der Bundeswehr (um etwas Harmloseres aus dem unsäglichen Traktat zu nennen) bewusst nicht vertreiben wollen. Ja, wer widerwärtig redet, darf unter Berufung auf die Meinungsfreiheit weiter widerwärtig reden und versuchen, mit der neuen Rechten die Regierung zu stürzen. Doch wer dann mit einem falschen Voltaire-Zitat kommt, verkennt, dass die Verurteilung einer Widerwärtigkeit auch zur Meinungsfreiheit gehört ebenso wie die Selbstentscheidung eines Händlers, ein Buch nicht zu vertreiben oder eines Hoteliers, einem Kongress dieser Neonazis keine Räume zu vermieten. Ansonsten gilt für alle Empörten ein Prinzip, das hier ganz einfach erklärt ist.

Was wird.

Es ist jetzt 15 Jahre her, da schaltete der IT-Konzern Hewlett Packard, geführt von Carly Fiorina, eine Anzeige mit den Worten "Das Prinzip Garage". Zu sehen war die Nummer 976 der offiziellen kalifornischen Monumentsliste, eine schlichte Garage als Geburtsort des Silicon Valley. Die Werber setzten die geschlossene Garage dank Photoshop auf einen Waldweg und ließen sanft das Mondlicht auf die Hölzer fallen, als würde drinnen David Packard und William Hewlett die Mondscheinsonate klimpern. Der Text war kurz und knackig, wie es sich für das Prinzip Garage gehört: "Keine Machtspielchen. Keine Bürokratie." In dieser Woche schaltete Hewlett Packard in vielen deutschen Zeitungen wieder eine Anzeige mit genau derselben Garage. Diesmal ist sie geöffnet, unter blauen Himmeln und aus der Perspektive einer Garagenratte fotografiert. "In diesem Moment wird Geschichte geschrieben", beginnt der Werbetext, um langatmig von der anstehenden größten Firmenaufspaltung aller Zeiten zu erzählen. HP zerlegt sich in eine Firma, die Menschen das Leben mit Druckern erleichtert und eine, die Unternehmen mit einem IT-Lösungsportfolio und einer Zukunftsvision schnell zu irgendwelchen Zielen transportiert. Erinnern wir uns nur an den Milliardenvertrag, den die Deutsche Bank mit HP abgeschlossen hat und begrüßen wir damit gleich Kim Hammonds im Vorstand dieser Bank, deren IT "lausig" sein soll.

Seltsame Tage sind das, etwa Halloween voller Zombie-Apps auf dem Smartphone, damit es vom Selfie-Stick so richtig runtergruseln kann. Nichtkommunistische Gespenster gehen dann um. Es wird immer gruseliger, denn es folgen Allerheiligen, Volkstrauertag und Totensonntag in der Einreisetransitzone, in der wir alle leben. Deutschland, kalte Mutter. Wird es mit der feinfühligen Hilfsbereitschaft 2.0 besser werden, so zart und sanft, ganz ohne moralischen Druck? Ab Montag gilt übrigens das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens, mit dem ein Geburtstagskind gefeiert wird, der nicht mehr ganz so neue elektronische Personalausweis. Ab sofort ist das Ummelden ganz feinfühlig elektronisch möglich. Nur die analoge ausgedruckte Klebeadresse, die muss noch von Beamtenhand fühlig aufgebappt werden. Kein Thema, dass mit dem neuen Meldewesen Parteien unbegrenzten Zugriff auf die Meldedaten zum "Zwecke der Wahlwerbung" haben. Das dient nämlich der Rettung der Demokratie. Und ein Prinzip Verstrahlung wird sich auch noch finden lassen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Über die furchtlose Verbergung in kommenden Zeiten.
« Antwort #597 am: 08 November, 2015, 05:00 »
Oops, falsche Site History. Aber gut, da Privatsphäre eh nur ein gesellschaftliches Konstrukut ist ... Immerhin, was man zu fürchten hat, das bestimmt man immer noch selbst, meint Hal Faber, verschämt über die Schulter schauend.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Remember, remember, the Fifth of November, Gunpowder, treason and plot"

Das geschichtsbewusste Vereinigte Königreich der Großbriten und Nordiren hat den Guy Fawkes Day benutzt, um im Unterhaus den "Entwurf" eines Netz-Überwachungsgesetzes vorzustellen, der es in sich hat: Jede besuchte "Frontseite" eines Internet-Angebotes jedes surfenden Reichsbürgers soll 12 Monate lang in einem "Internet Connection Record" gespeichert werden, auf dass Polizei und andere Dienste darauf zugreifen können, vom berüchtigten GCHQ bis hin zur Food Standards Agency, die das englische Essen überwacht. Über 25 Behörden können einen Tagesablauf sehen, der beim Aufstehen in der Morgenstund mit Gold im Mund an diesem Fawkes-Day pornobereinigt vielleicht so ausgesehen haben mag:

heise.de
fefe.de
ernstchan.com
deutschlandfunk.de
cryptome.org
twitter.com
google.com

Schöpfen die Dienste oder die Polizei einen Verdacht, können sie mit richterlicher Genehmigung und einem OK eines noch zu ernennden Informations-Kommissars – das geplante Weltklasse-Verfahren nennt sich "Double-Lock" – die vollen Daten anfordern, etwa so:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Grossbritannien-Entwurf-fuer-Netzueberwachungsgesetz-vorgestellt-2877521.html
http://blog.fefe.de/?ts=a8c581b1
https://ernstchan.com/fefe/thread/48296
http://www.deutschlandfunk.de/markus-ferber-csu-zur-fluechtlingspolitik-wir-haben-doch.694.de.html?dram%3Aarticle_id=335930
https://cryptome.org/2015/10/wikileaks-honeypot-update.htm
https://tweetdeck.twitter.com/#
https://news.google.com/

Herzallerliebst, wie hier die Privatsphäre gewahrt wird. "Wir schauen, wer in welches Haus geht, aber nicht, wer wen besucht", das war noch die lustigste Erklärung zur neuen britischen Investigatory Powers Bill, frei nach der trefflich benamsten Schrammelband Police und ihrem Song Every breath you take, every move you make. Sich die Surfgewohnheiten aller Bürger anzuschauen, das sei doch nur das Äquivalent zum guten alten Einzelverbindungsnachweis, schwärmte die oberste britische Polizistin Sara Thornton.

*** Ganz so weit ist es in Deutschland zwar noch nicht, aber nur einen Tag nach diesem Fawkes-Day zeigte der deutsche Bundesrat mit seinem Ja zur Vorratsdatenspeicherung, dass sein Name nicht von Rückgrat abgeleitet ist. Noch in diesem Monat könnte es bei uns losgehen mit dem anlassunabhängigen Generalverdacht, der auf der Herbstparty des Bundeskriminalamtes gefeiert werden dürfte. Denn auch da geht es, wie beim britischen Vollzeitspeichergesetz, um den Kampf gegen den Terrorismus. Um all die bösen Menschen, die mit den von Asrar al-Mujahideen (PGP) abgeleiten Varianten wie Asrar al-Ghurabaa (ISIS) oder Asrar al-Dardashah ( Al-Quaida) verschlüsseln und Proxies benutzen, oder Tor.

*** Wenn der Staat zum Hacker wird, wird jedermann Hacker. Zumindest in dem Sinn, dass VPN-Proxies eingesetzt werden, um den vernetzten Tagesablauf zu verschleiern, und dass man die E-Mail verschlüsselt. Was übrigens nicht direkt verboten wird. Ganz anders da das strikte Verbot für alle Wissenden, über die Existenz von Hintertürchen zu reden. Natürlich gibt es in Großbritannien Protest gegen die umfassende Vorratsdatenspeicherung, zumal sich die in der Opposition befindliche Labour Party als Totalausfall präsentierte. Vorbei die flammenden Reden eines Jeremy Corbyn gegen den Personalausweis oder die Videoüberwachung, stattdessen präsentierte man einen harmlosen Schatten-Innenminister Andy Burnham, der diser IP Bill im Prinzip zustimmte und nur wissen wollte, was ausländische Anbieter machen sollen.

*** Ach ja, das Ausland. Besonders dieses Deutschland wurde inselauf, inselab zitiert, weil man sich über ein kolportiertes Goebbels-Zitat aufregte: "If you have nothing to hide, you have nothing to fear". Das soll Goebbels 1933 zur Gründung der Gestapo gesagt haben, doch der Nachweis für dieses "Wer nichts zu verbergen hat, hat von uns nichts zu befürchten" steht aus. Zu diesem Satz selbst ist viel geschrieben worden, das Allerklügste gleich hier um die Ecke. Historisch stammt er aus den USA, niedergeschrieben im Jahre 1918 vom Sozialisten Upton Sinclair. In seinem Buch The Profits of Religion (Profit und Religion) beschreibt Sinclair, wie er und seine Familie und Freunde vom Secret Service überwacht wurden, wie Telefonate abgehört, wie ihre Briefe geöffnet wurden.
"Not merely was my own mail opened, but the mail of all my relatives and friends – people residing in places as far apart as California and Florida. I recall the bland smile of a government official to whom I complained about this matter: 'If you have nothing to hide you have nothing to fear.'"

So gesehen, ist das Zitat historisch stimmig, weil das Gesetz für Investigatory Powers den GCHQ als wichtigsten Geheimdienst bestätigt und seine Praxis der Massenüberwachung mitsamt der entsprechenden Ausrüstung legalisiert. Stellen wir darum das milde Lächeln eines hochrangigen GCHQ-Mitarbeiters vor, als er dieses Traktat vom umsichtigen Ehrendienst verfasste, der keine Hintertüren will und Firmen berät, wie sie sich besser schützen können. Da liegt es nahe, auch den Bundesnachrichtendienst zu würdigen, der bis auf Patzer im Promillebereich alles richtig gemacht hat mit diesen urheberrechtsgeschützten Selektoren, die vom BND eigens für den Gutachter "auf Excel-Listen umformatiert" wurden. Das wird man noch einen intelligenten Ansatz nennen dürfen. Persilschein oder Persiflage, das wäre noch zu klären in der Arbeitsküche.

Was wird.

Excel, Excel, da war doch was? Ein gleißendes Leuchten hängt über der IT-Branche, denn auf geht es zu den ruhmreichen Gipfeltreffen mit der Politik, ob beim IT-Gipfel der Bundesregierung oder beim offenen IT-Gipfel der Grünen. Hier das Motto "Digitale Zukunft gestalten: innovativ, sicher leistungsstark", dort "Offenheit für Innovationen". Man mag sich gar nicht vorstellen, wie eine analoge Zukunft aussehen könnte oder eine Partei, die Nein sagt zu diesen Innovationen "für eine vitale digitale Gesellschaft". Egal, auf den Gipfeln wird es leuchten und strahlen und große Worte werden fallen wie das Herbstlaub. Wie war das noch mit der deutschen technologischen Souveränität, festgehalten in der digitalen Agenda der Bundesregierung? "Wir brauchen keine deutschen Router, keine deutsche Hardware oder eine deutsche Suchmaschine. Aber wir müssen zum Beispiel den Schlüssel für die Verschlüsselung in der Hand behalten." Diese Aussage zum IT-Gipfel vom Chef der Software AG stammt aus dem paywall-geschützten FAZ-Artikel: "Flüchtlinge überfordern die Computer des Staates", in dem die Unmöglichkeit beschrieben wird, die in Excel gespeicherten Flüchtlingsdaten zu vereinheitlichen. So werden die inkompatiblen Excel-Tabellen ganz innovativ ausgedruckt und neu erfasst im Staat 4.0.

Das bringt mich zu einer Gegendarstellung in eigener Sache, weil in der letzten Wochenschau vom greisen Haupt der Piratenpartei die Rede war. Tatsächlich ist die Partei jung und auf einer Mission: Sie will jedem Journalisten (Männer, Frauen, transexuelle Eichhörnchen und Schreibroboter inbegriffen) die Grundlagen der Kryptografie beibringen. Erst danach löst sie sich auf und schreibt Bewerbungen.

Eigentlich gehört er mit 65 Jahren in Rente geschickt, der zweite Schlapphut-Dienst mit dem schönen Namen Verfassungsschutz. 40 Jahre lang schützte er die deutsche Verfassung vor dem tatgewaltigen Rechtsanwalt Rudolf Gössner, vielen Lesern als unermüdlicher Laudator bei den Big Brother Awards bekannt. Nun wird das Verfahren wieder aufgerollt, denn der Verfassungsschutz besteht darauf, dass die 40-jährige Spitzelei und Schnüffelei verhältnismäßig und notwendig war, die zarte deutsche Verfassung zu schützen. Den Weltrekord für die längste innergeheimdienstliche Überwachung will man sich nicht nehmen lassen, die Anerkennung dieser Leistung soll nicht mit dem Makel der Unrechtsmäßigkeit befleckt sein.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #598 am: 15 November, 2015, 05:00 »
"Um seine Zerstörungskraft zu entfalten, muss der Hass kollektiv werden. Der Einzelne, der in seiner Ecke hasst, bleibt ein armseliger Wicht", zitiert Hal Faber. Und: "Unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Menschlichkeit."

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Das Objekt des Hasses ist nicht einfach der andere, sondern ein anderes Selbst, also ein anderer, der mich selbst in Frage stellt. Das erklärt die mörderischen Regungen des Hasses. Die Feindschaft will den anderen auf den ihm angeblich zukommenden, niederrangigen Platz verweisen, der Hass hat immer den Tod als Horizont im Auge.

In Paris ist der Philosoph André Glucksmann gestorben, friedlich im Alter von 78 Jahren. Über 120 Pariser und 45 Beiruter erfuhren einen Tod durch Motive, die Glucksmann in seinem Spiegel-Interview über den Hass im Jahre 2005 diagnostiziert hatte.

"Um seine Zerstörungskraft zu entfalten, muss der Hass kollektiv werden. Der Einzelne, der in seiner Ecke hasst, bleibt ein armseliger Wicht oder wird schlimmstenfalls ein isolierter Mörder. Ideologien können der Kollektivierung des Hasses dienen, aber sie sind nicht dessen Ursache. /.../Auch die Religion scheint mir nur ein Vorwand. /.../Der islamische Fundamentalismus ist eine Säkularisierung der Religion, das heißt eine politische Benutzung der Theologie.

*** Was sich in Paris ereignet hat, hat nichts mit dem Islam zu tun, sondern ist eine politische Nutzung der Religion, die ihre Wurzeln im relativ jungen Wahhabismus hat, der in Saudi-Arabien weiter entwickelt wurde. Der auf diesen gedanken fußende Islamische Staat ist keine rückwärts gewandte religiöse Form, sondern eine höchst moderne Ausprägung des politischen Terrorismus. Muhammed Ibn Abd al-Wahhab hatte jeden Gedanken an einen Märtyrer-Tod als Selbsterhöhung von Menschen im heiligen Krieg abgelehnt. Schließlich wird gerne vergessen, dass der Handel mit Aufputschmitteln und Drogen in Saudi-Arabien noch vor dem Ölhandel eine Haupteinnahmequelle des Islamischen States ist, wie dies Louise Shelley in Dirty Entanglements nachgewiesen hat.

*** Einen Monat vor dem Gespräch mit dem Philosophen André Glucksmann erschien im Spiegel ein Artikel, der den Zeitplan von Al Qaida analysierte, die einzelnen Eskalationsstufen ziemlich genau beschreibt und zeitlich präzise vorhersagt. In der jetztigen Phase der Konfrontation nach den Anschlägen von Beirut und Paris, wenn die Großtonsprecher der Rächer und Rechthaber und Untersteller in der Politik voll aufgedreht werden, klingt Glucksmanns Stimme wie eine leise Mahnung. Auf die Frage, ob man fatalistisch resignieren muss, weil der Hass nicht Vernunft und Aufklärung zu überwinden sei, antwortete er:

"Keineswegs. Man kann und muss dem Hass widerstehen, das ist die Grundlage aller Zivilisation - die Fähigkeit einer Gemeinschaft, ihre Todestriebe und Mordinstinkte zu meistern."

*** Unzivilisiert und vulgär ist da ein Matthias Matussek mit seiner Bemerkung über eine Viertelmillion unregistrierter junger muslimischer Männer oder ein Julian Assange mit seiner funny getweeteten Meinung, dass Frankreich, Großbritannien und die USA für den Islamischen Staat verantwortlich sind. Zu erinnern ist an den Norweger Jens Stoltenberg, der bessere Worte fand als die Scharfmacher im politischen Feld, die da Glauben machen, dass Terroristen über den Fluchtweg als Asylanten das Abendland heimsuchen, während die Fahnder noch in den Anfangsermittlungen stecken. Paris ändert alles? Gegen die Grenzschließer und Abschotterdenker sagte Stoltenberg:

"Unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Menschlichkeit, aber nicht noch mehr Naivität. Das sind wir den Opfern schuldig."

*** Mehr Menschlichkeit, mehr Demokratie in einer Zeit, in der mehr Überwachung gefordert werden wird, mehr Datenspeicherung und -Analyse, bis hin zu Mail-Inhalten, einhergehend mit dem Verbot der Verschlüsselung "nach Paris". Das erfordert echten Mut, die Hand von den IT-Werkzeugen zu lassen, die angeblich alles mehr vorhersehbar machen sollen. Dabei ist dieser Freitag, der 13., ein 11. September nach dem 11. September, ein zweites Zeichen, dass die französischen Behörden mit ihren jüngst erweiterten Rechten für alle Geheimdienste bzw. Polizeien und ihrer predikativen Analysesoftware auf ganzer Linie gescheitert sind. Mindestens einer der Terroristen soll ihnen bekannt gewesen sein. Das deutet darauf hin, dass es Kommunikationsstrukturen gibt, auf die der umfassend ermächtigte Staat nicht zugreifen kann. Auch die Rekrutierungsstrukturen des "Home-Grown-Terrorism" sind bekannt. Es ist nicht einfach, den aus Statistiken entschlüpften Gedanken von Emmanuel Todd zu folgen, doch der Hinweis auf die in den Vorstädten verfaulende Jugend dürfte wichtiger sein als das Draufhauen auf den verbohrten Laizismus der Franzosen. Mehr Religion kann nicht die Antwort sein, genau wie man nicht für Paris beten muss.

*** Mehr Demokratie, daran kann man auch mit Helmut Schmidt erinnern, den Mann, der es schaffte, im Bundestag nicht zu rauchen. Diese Vebeugung vor dem Hohen Haus sollte in Erinnerung bleiben, und wird es auch, mit einem schönen Gedicht. Zugegeben, gegen Schmidt und den von ihm mitertüftelten NATO-Doppelbeschluss habe ich in Bonn demonstriert, ansonsten waren wir ja Hysteriker, wie es geschichtsklitternd heißt. Klittern und Zukleistern, ist das nicht das Wesen der deutschen Regierungskunst? In dieser Woche wunderbar zu bestaunen beim BND und beim Kanzleramt, nicht nur bei der Aussage einer Dienst-Datenschützerin und der Debatte über die Weltraumtheorie, wonach das Internet ab 15.000 Meter Höhe ein rechtsfreier Raum ist, in dem nicht nur der Euro Hawk abschnorcheln kann. Wie schön, dass im geselligen Datenverkehr mit den amerikanischen Freunden eine grob entwickelte Argumentationslinie gab, die unter allen Umständen beibehalten werden musste. Jetzt aber flugs die KK, im BND-Sprachgebrauch die kleine kosmetische Korrektur mit den "begründeten Ausnahmefällen" wie diesem Franzos' Laurent Fabius.

Was wird.

Was bleibt nach alledem, wenn sich Heerscharen an Terrorismus-Experten ans Einordnen, Auskünfteln und Vorausdeuteln machen? Wissen sie die absolute Wahrheit, unbeirrbarr, jederzeit? Vielleicht ist eine kleine Kultur des Irrtums angebracht, wie Carolin Emcke schreibt, die einst den Regierungsantritt des jungen Augenarztes Baschar al-Assad begrüßte:

"In Zeiten wie diesen, in denen der öffentliche Diskurs durch eine zunehmend enthemmte Aggression vergiftet wird, tut es gut, sich der eigenen Anfälligkeit für Irrtümer gewahr zu bleiben."

So ein Irrtumsvorbehalt könnte unserem Innenminister Thomas de Maizière gut zu Gesicht stehen, der mit seltsamen Dienstanweisungen für ein Schnellverfahren irrlichterte, die sein Bundesamt BAM selbst für nicht rechtsstaatlich mit systemischen Mängeln behaftet sieht. Während zum IT-Gipfel der Bundesregierung Berlin die Hauptstadt der Digitalisierung wird, tritt de Maizière in Mainz auf. Auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes, die sich in seltener Aktualität mit dem internationalen Terrorismus beschäftigt, wird über die Bedeutung des Internets für Radikalisierungsprozesse gesprochen und über "Prävention oder Repression" philosophiert. Integration scheint wohl nicht gefragt zu sein, ganz anders als in Bayern, wo es kurz und knapp sagt, wir packen's an. Und das dann halt macht, ganz ohne eiskalte Arroganz derer, die mitten in der Nacht von Paris schon die Messer zücken.

Tja, Bayern hat seine guten Seiten, nicht nur das gute Bier und den fränkischen Wein. Hier kümmert man sich um das Elementare und packt es halt an, wie der erste Bayduino mit dem hübschen Namen Tassilo zeigt, der Kindern und Jugendlichen aus Deutschland wie aus Syrien oder Sonstwohnehin das Basteln und Tüfteln nahebringen soll. Tassilo ist eng verwandt mit dem englischen Micro-Bit, doch radikal als Open Source-System ausgelegt, ganz ohne NDA, der dort unterschrieben werden muss. Schamlose Werbung im WWWW für eine Geschichte, die ganz am Anfang steht? Inmitten all der Flüchtlings- und Flüchtlingskinder und unserer Kindeskinder-Debatten darüber, wie es weitergehen soll, hat mir der Aspekt gefehlt, wie man es IT-gerecht von unten angehen kann in einer Welt, in der es nicht mehr den Kosmos-Baukasten (BRD) oder das identische "Computer-Spielzeug PIKOdat" (DDR) gibt. Darum dieser Hinweis.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. Von Krisennummern und anderen Telefon-Nachrichten.
« Antwort #599 am: 22 November, 2015, 01:14 »
Verschlüsselung verbieten. Whistleblower aufhängen. Totalüberwachung der Kommunikation. Manche dunkle Phantasien von Sicherheitsfanatikern treiben Hal Faber den Angstschweiß auf die Stirn. Lemminge sind nichts dagegen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "On est parti on commence." "Los, lass uns anfangen": eine SMS, wie sie an einem Freitagabend zu Tausenden verschickt werden, wenn sich Gruppen auf den Weg machen zur Disko, ins Konzert oder in den Tod. Gefunden auf einem weggeworfenen Handy, das nach einer Funkzellenabfrage zuletzt bei einem Hotel in Alfortville eine Netzverbindung hatte, wo ein Salah Abdeslam in der Nacht vor dem Terroranschlag zwei Zimmer gebucht hatte. Nach all den Spekulationen, ob die islamofaschistischen Massenmörder des Daesh trickreich über Playstations kommunizierten, das anonyme Twister oder gar Telegram benutzten, diese "Dark-Web-App für Terroristen" (ARD-Kommentar), eine bestürzend einfache forensische Aussage. Doch hilft sie nicht weiter, weil die große Debatte um Verschlüsselungssysteme längst angelaufen ist. Nicht nur bei uns, sondern vor allem in den USA, wo der Wahlkampf anläuft. Dort hat die Kandidatin Hillary Clinton einen ganz grundsätzlichen Gegensatz zwischen der Regierung und den IT-Firmen im Silicon Valley als Wahlkampfthema entdeckt. Noch "besser" läuft es in Großbritannien, wo man an einem neuen Überwachungsgesetz feilt und Journalisten direkt dem Silicon Valley vorwerfen, Jihadisten zu unterstützen. Als Tiefpunkt können die Auswürfe des ehemaligen CIA-Chefs Woolsey gegen Edward Snowden gelten, den er am liebsten am Nacken aufgehängt sehen möchte.

*** Die Terroristen fuhren mit einem Mietwagen aus Brüssel-Molenbeek nach Paris, doch die Frage, ob man Autovermietungen wie Verschlüsselung verbieten sollte, dürfte Verwunderung hervorrufen. Nicht so bei der Verschlüsselung, da darf jeder warnen, wenn das gemeine Volk die Volksverschlüsselung einsetzt. Denn diese schiefen Debatten helfen, vom Versagen der Sicherheitsdienste abzulenken, die im Fall der Pariser Terroristen weitreichende Befugnisse hatten, aber nicht imstande waren, die Reisewege zu überwachen. Bei so einem grundsätzlichen Problem ist es ziemlich egal, ob eine PGP-Variante wie Asrar al-Mujahedeen oder Amn al-Mujahid eingesetzt wurde. Was übrigens nicht nur ein Problem der Sicherheitsbehörden ist. Die bekannteste Veröffentlichung des Daesh ist wohl die Schrift "Remaining Anonymous Online". Sie beginnt mit einer langen Koran-Interpretation, ob Muslime im Zeitalter des Kalifats gegen das Gebot verstoßen dürfen, das Lügen unter Strafe stellt. Wer im Internet seinen Namen verheimlicht und seinen wahren Standort verschleiert, kann innerhalb des Kalifats bestraft werden, doch außerhalb gilt die Taqiyya.

*** So können im Netz kämpfende Terroristen oder ihre Pendants von den Geheimdiensten sich durchaus Anonymous nennen und vorgeben, den IS zu bekämpfen. Bei dieser Art von Hackaktivismus von einem Online-Aufstand der Anständigen zu sprechen, ist weit hergeholt, wie schon die Presseerklärung der Kämpfer zeigt. Da wird mal eben die Arbeit von Wikileaks einbezogen. Wenn in den Kommentaren die Aktionen der "Computer-Nerds" gelobt werden, in denen gleichzeitig gefordert wird, den Einsatz bewaffneter Drohnen nicht ausschließlich als extralegale Exekution zu begreifen, dann stimmt das bedenklich. Frank Rieger vom Chaos Computer Club schrieb dazu in der Zeitung für kluge Köpfe:
"Die Auseinandersetzung Anonymous vs. IS erinnert vor diesem Hintergrund in gewisser Weise an das antike griechische Theater und das japanische No-Theater, bei denen die Schauspieler symbolbeladene Masken tragen. Es ist der Konfliktstil der Zukunft."

*** Apropos kluge Köpfe. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat in diesen Tagen anlässlisch der Absage eines Fußballspiels keine gute Figur gemacht, aber Schwamm drüber. Ein Teil seiner Aussagen würde die Leser dieser Wochenschau nur verunsichern. Beachtenswert sind aber seine Sätze in einer Mini-Diskussion über die "digitale Sorglosigkeit" auf dem IT-Gipfel der Bundesregierung. Ich bräuchte mal von ihnen eine Krisennummer ist als Satz, obwohl er nur halbernst vorgetragen wurde, in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Ausgesprochen vom nominellen obersten Dienstherr des Bundesamtes für Lageberichte über den Stand der IT-Sicherheit, der weltweit größten Sicherheitsbehörde, gegenüber der Institutionen wie die ENISA sich winzig ausmachen. Adressiert an Frank Rieger in seiner Eigenschaft als führenden Kopf des Chaos Computer Clubs, der nach der Erzählung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Rufnummernabfrage "mit einem Lächeln zur Kenntnis" nahm. Tatsächlich antwortete Frank Rieger, dass der CCC ein Verein ist, bei dem jeder das tut, was er für wichtig und richtig hält, indem CCCler etwa aktuell Internet in Flüchtlingsheimen installieren. Das ist weit mehr als ein Lächeln, hier auf die Bedeutung der Kommunikation mit der alten Heimat zu verweisen, ob verschlüsselt oder nicht. Hier geht es um die Grundbedürfnisse des Menschen.

*** Auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes wurden viele große Worte gesprochen wie die zur Ablehnung von Bundeswehreinsätzen im Inneren abseits echter Notlagen. Auch "digitale Bürgerwehren" waren nicht im Sinne des BKA-Chefs Holger Münch – wobei nicht klar wurde, ob Anonymous oder eine andere Gruppe gemeint war. Das meistgeraunte Wort hinter den Kulissen war indes nicht das vom islamistischen Terror, sondern das von "Resonanztaten", also von Anschlägen rechter Extremisten auf Flüchtlingsheime und Gegenreaktionen von Salafisten. Das Wort vom Ende des Glückvorrates machte die Runde, dass mit einer quasi statistischen Sicherheit ein Terroranschlag in Deutschland stattfinden wird. Hinter den Kulissen eilte der Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen von Interview zu Interview und warnte vor den an Waffen ausgebildeten Rückkehreren und den Moscheen, die gut besucht sind. Allein den westlichen Lebensstil zu leben, damit die Toleranz und Würde zu demonstrieren, eben die Werte unserer Wohlfühlgesellschaft reiche nicht aus. Natürlich forderte Maaßen auch neues Personal, das 2017 oder 2018 zum Einsatz kommen kann. Hinter einer Paywall der Süddeutschen Zeitung findet sich dieser Gedankengang:
"Bedarf es derzeit besser trainierter und bewaffneter Polizisten? Gut, dann muss ich mehr Steuern zahlen. Ist in IS-Zeiten eine engere Zusammenarbeit europäischer Geheimdienste nötig, macht die längere Vorratsdatenspeicherung Sinn? Selbst darüber sollte man reden, solange jeder mitreden kann. Berechtigte Bedenken muss man deshalb nicht aufgeben. Aber diese Gesellschaft ist gefestigt. Wenn sie unter dem Eindruck der Gefahr Zugeständnisse macht, dann kann sie die dem Staat später auch selbstbewusst wieder nehmen."
Da geht noch was.

Was wird.

Am Montag sollen die Abgeordneten des NSA-Untersuchungsausschusses einen Blick auf jene Selektoren werfen können, die der Bundesnachrichtendienst in eigener Verantwortung auf die von ihm gesammelten Daten loslässt. Es sind nicht die strittigen US-amerikanischen Selektoren, die nach wie vor streng geheim sind, weil man sich unter Freunden vertrauen kann und gemeinsam weiter spionieren muss gegen die Terroristen. Aber es ist ein immerhin ein Einblick in die Funktionsweise der Behörde, die Hand- und Spanndienste für die USA leistet, abseits der Ausführungen gelangweilter Mitarbeiter vor Gericht. Unterforderung am Arbeitsplatz ist jedenfalls eine aparte Begründung und eine tolle Vorlage für den nächsten Bond mit der Lizenz zum Telefonieren.

Auch wenn das Verschlüsseln unter politisch motivierter Verfolgung steht, gibt es Veranstaltungen wie Himmelslandschaft mit DEC-Mobilar
Vergrößern das Forum Privatheit, in dem die Chancen der informationellen Selbstbestimmung in der nahen Zukunft ausgelotet werden. Bei all den Summen, die das Forschungsministerium in neue Projekte der Sicherheitsforschung steckt, ist etwas für die Privatheit übrig geblieben.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )