Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125607 mal)

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4W: Vom Karneval des Rechtsstaats und dem Kreuz mit den IT-Visionen
« Antwort #555 am: 01 Februar, 2015, 06:16 »
Selbst wenn sie die Cryptowars nicht gewinnen, haben Sicherheitspolitiker noch jede Menge im Köcher, das uns aber ganz definitiv alle schützt, weiß Hal Faber. Das Vertrauen in die IT lassen sie sich doch so schnell nicht erschüttern.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** An dieser Stelle stand ein Satz von der "schönsten Negerin Deutschlands", so über Donna Gains aufgeschrieben und in der "Twen" veröffentlicht von ihrem Fotografen, dem US-Amerikaner Will McBride. Der kam als junger US-Soldat nach dem Krieg in Deutschland an und blieb hier. Zunächst machte er Fotos von seinen Kameraden in Grafenwöhr, später installierte er No War!-Monumente. Sie passen auf ihre Weise zur großen Rede zum Tag des Nachdenkens über unsere Geschichte, die Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 hielt. "Je ehrlicher wir ihn begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen." Von Weizsäcker hielt diese Rede drei Tage nach dem Besuch der Herren Kohl und Reagan auf dem Soldatenfriedhof Bitburg, wo die neue "deutsche Normalität" proklamiert werden sollte. Doch nichts ist normal in Deutschland, wo die "Entsorgung der Vergangenheit" gerade wieder von "besorgten Deutschen" gefordert wird, gerade in dieser Auschwitz-Woche. Und dann starb da noch Carl Djerassi, der Schöpfer der Science in Fiction und Verfasser von Dokudramen.

*** Der Krieg ist aus. Kaum war der Crypto War ein Thema, da ist er schon wieder vorbei! Vergessen wir alle Überlegungen zu falschen Schlüssen und fehlender Technik, der Krieg ist aus, ehe er angefangen hat. Denn, hach, diese "Kryptierung" von Inhalten ist ja überhaupt kein Problem. Das hat der nette Herr Krings im Bundestag in gesagt und der muss es ja wissen, als unermüdlicher Kämpfer gegen den Karneval des Rechtsstaates. Mit tierischem Ernst hat er die richtigen Paragraphen herausgeholt und Tacheles geredet, um sich anschließend wieder über sein kryptiertes Smartphone zu beugen:

"Wenn die Sicherheitsbehörden etwa im Rahmen laufender Ermittlungsverfahren auf richterlichen Beschluss hin verschlüsselte Daten bzw. Kommunikation auswerten müssen, werden technische Möglichkeiten zur Entschlüsselung eingesetzt. Häufig gelingt dies wegen der sehr starken Kryptierung allerdings nicht. In diesem Fall kann versucht werden, die Kommunikation noch auf dem IT-System, auf dem sie verschlüsselt wird, vor der Kryptierung auszuleiten (Quellen-TKÜ). Durch Quellen-TKÜ werden also keine Daten erlangt, die nicht auch durch eine „konventionelle“ TKÜ erlangt würden. Maßnahmen der Quellen-TKÜ können auf § 100 a StPO/§ 20 l BKAG bzw. im Hinblick auf das Bundesamtfür Verfassungsschutz auf das G-10-Gesetz gestützt werden."

*** Sollen sie doch verschlüsseln, die Kriminellen, die Islamisten und die Verfassungstürzer, es gibt ja immer noch ein IT-System, auf dem verschlüsselt wird. Da wird dann halt der Inhalt vorher ausgeleitet, wozu haben wir denn dieses Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung und diesen famosen G-10 Sprengstoff? Dass die dafür notwendigen selbst gestrickten Schnüffelprogramme nicht wirklich funktionieren und eine "Quellcodeprüfung" des eingekauften Programmes nunmehr schon zweieinhalb Jahre dauert: geschenkt. Schließlich haben wir die Kryptierer ordentlich eingeschüchtert mit der Verdoppelung des Strafmaßes beim Hackerparagraphen ab Januar 2015. Die wagen es schon gar nicht mehr, verschlüsselte Schadprogramme zu benutzen und nehmen lieber marktgängige, verfügbare Produkte. Ach, BMW hat Daten unverschlüsselt übertragen? Genauso muss man es machen und hastunichtgesehen sind wir auf dem IT-System und drosseln die Karre auf Tempo 80, wie gefordert.

*** Nein, das ist keine Büttenrede zum Karneval des Rechtsstaates. Die Vorstellung, mal eben mit einem Trojaner die Verschlüsselung aushebeln zu können, gehört zum festen Glauben der Politiker wie das Amen zur Kirche, wie das unverrückbare Wissen, dass eine Vorratsdatenspeicherung uns vor terroristischen Anschlägen schützt. Dies hat der EU-Kommissar für das Innere, der Grieche Dimitris Avramopoulos, gerade wieder bekräftigt und dabei den geplanten Vorratsdatenwerkzeugkasten gleich kräftig ausgeweitet, wie Netzpolitik das hübsch anhand der EU-Dokumente auseinanderklamüsert: Eine breite Konsultation muss her und ein neuer Vorschlag zur EU-Vorratsdatenspeicherung muss auch das das Social Media-Gedöns umfassen, sonst stimmt die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit nicht mehr: "social media to be included in the scope of a possible new version of the proposal to make it effective". So kommt es zur Ausweitung der Kampfzone, mit glänzenden Perspektiven. Denn wenn man Social Media zum Bestand der Vorratsdaten zählt, braucht man Programme, die Social Media-Vorräte analysieren und Verbindungen herstellen können. Predictive Policing ist dann das Gebot der Stunde. Die schöne neue Welt des vorausberechneten Verbrechens hat denn auch einen eigenen Workshop beim anstehenden europäischen Polizeikongress bekommen, der vom netten Herrn Krings eröffnet wird.

*** Hier passen die Innenminister gut ins Bild, die sich in Riga trafen und sich über den Austausch von Flug"gast"daten unterhielten. Ihr Abschlusskommunikee enthält neben den üblichen Bekenntnissen zur Freiheit und Sicherheit die Forderung nach

"a targeted proposal to amend the Schengen Borders Code is a necessary step to reinforce external borders by making it possible to proceed to systematic checks on individuals enjoying the right of free movement against databases relevant to the fight against terrorism based on the common risk indicators."

*** Wer die neue Form der Reisefreiheit genießt, wird also überall mit Hilfe einer nicht weiter genannten Zahl von Datenbanken durchleuchtet. Außerdem soll das Internet durchkämmt und brutale Inhalte von den Providern entfernt werden. Wie eindrucksvoll sich die hoch effiziente Task Force Check the Web geschlagen hat, ist ja bekannt. Da schadet es nicht, gleich die nächste Suchtruppe opulent auszustatten, das RAN Centre of Excellence.

*** Was? Kein Kommentar zu den neuen Nutzungsbedingungen von Facebook? Kein empörtes Aufstampfen und Austreten? Nun, Facebook kann wie jede Firma noch die idiotischste Formulierung in den Nutzungsbedingungen unterbringen, wenn diese nicht juristisch bestritten werden. Erinnert sei daran, dass F-Secure in seinen Nutzungsbedingungen die Passage hatte, dass das erstgeborene Kind eines Nutzers oder einer Nutzerin den Finnen überlassen werden muss. Das vernünftigste inmitten all der Aufregung über Facebook und Google hat ganz abseits von NSA und BND ausgerechnet der Aufregemeister Evgenij Morozov der tageszeitung gesagt, dort steht es leider hinter einer Paywall und so dehnen wir mal das Zitatrecht ein bisserl:

Statt Google komplett zu zerschlagen, müssen wir Konzerne aufteilen. Erst einmal bräuchte es einen kostenlosen Basisdienst im Internet. Dafür sollte weder mit Geld noch mit Werbung bezahlt werden. /.../ Die nächste Ebene wäre einfach: Google kann erweiterte Services verkaufen. Wenn ich Ortungsdienste will oder andere Features, dann gegen eine Gebühr. Ich zahle 3 Dollar und gut ist. Aber für den Basisdienst zahlt der Staat. Es gibt keine Werbung. Und mit meinen Daten passiert in diesem Basisdienst nichts.

Was wird.

Man könnte es Satire nennen oder es als karnevalesk bespotten, doch eigentlich ist es ein Trauerspiel. Im November soll der Test der seit 2006 gesetzlich verbindlichen elektronischen Gesundheitskarte starten, nachdem der Durchstich doch so bravourös verlaufen ist. Ausgerechnet die positiv urteilenden Sachverständigen, nicht die Kritiker der Karte, haben nun Schwierigkeiten festgestellt. Hunderte von Seiten mit detaillierten Spezifikationen sind veröffentlicht worden, Testläufe wie Durchstiche sind erfolgt und dann heißt es lapidar: "Vor allem die Abstimmung der verschiedenen bestehenden Systeme aufeinander (Kompatibilität) sowie die Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereiten den Herstellern offensichtlich noch große Probleme." Dafür ist die Karte supersicher. So sieht das Armutszeugnis der deutschen IT-Industrie aus, die gerne vom Internet der Dinge oder übersetzt von "Industrie 4.0" schwärmt, aber die "Komplexität" bei der Gesundheits-Datenabutobahn "unterschätzt" hat. Aber es gibt Hilfe. Auf dem Smartcard-Workshop, der zum 25. Mal stattfindet. Dort wird die Vorläuferkarte des elektronischen Arztausweises diskutiert, ohne den die Gesundheitskarte ein 1-Milliarden-Nichts ist.

Und sonst so? Keine Visionen haben oder lieber nicht zum Arzt gehen? Aber nicht doch. Wir haben ja Sigmar Gabriel, TTIP-Superstar. Der gibt einen Vision Talk zur Industrie 4.0 Dazu heißt es im Programm: "Informations- und Kommunikationstechnologien basieren nun immer stärker auf IP-Technologie, die sich auch in „artfremde“ Branchen wie zum Beispiel den Maschinenbau oder die elektrotechnischen Fachgebiete beginnt auszudehnen." Gefräst wird in der Cloud, wo neue Geschäftsmodelle erst ansatzweise überschaubar sind. Das nennt sich Fortschritt.

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4W: Von Autobahnen, Fluchtfahrzeugen und dem aufrechten Gang
« Antwort #556 am: 08 Februar, 2015, 06:00 »
Glückliche Seufzer und frühlingshaftes Stöhnen hallen durch die norddeutsche Tiefebene. Der Lenz kommt und bringt den heißen Scheiß Jetzt ganz neu: "Predictive Geheimdiensting". Hal Faber weiß, wie kaputt das Internet ist.


Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll über die norddeutsche Tiefebene. Das Land seufzt fett und glücklich, denn Frühling wird's und die Blumen der d!conomy träumen schon, wollen balde nach Hannover kommen. Die CeBIT ruft und unsere Kanzlerin gurrt und freut sich über die "enge deutsch-chinesische Zusammenarbeit", die auf der Messe gefeiert werden soll. Von China lernen, heißt siegen lernen und zwar im Klartext. Eröffnet wird die CeBIT von Jack Ma und Glenn Greenwald, was für eine wunderbar frühlingsfrische Kombination ist das, von Iniativ-Kapitalist und Investigativ-Aktivist!

*** Da flattert ein blaues Band durch die Lüfte und liefert per Drohne Produkte ab, bei denen zwei von drei gefälscht sein sollen. Ein blaues Ehrenbändchen auch für den Journalisten, der mit seinen häppchenweisen Veröffentlichungen aus dem Snowden-Fundus nun die lieblichen Pferde vorführt und ohne Vorwarnung die Twitter-Konten derjenigen nennt, die von NSA und GCHQ überwacht werden. Nun gut, viele der dort aufgelisteten wie Mikko Hypponen wissen längst, wie kaputt das Internet ist.

*** Glückliche Seufzer und frühlingshaftes Stöhnen klingt denn auch aus dem fernen Amerika zu uns, wo Firmen wie Booz Allen Hamilton, Raytheon oder CSC an der Börse punkten konnten: Nicht weniger als 14 Milliarden Dollar sind im neuen Haushaltsentwurf der US-Regierung für die Entwicklung von "Cyber Security" vorgesehen, da ist für jeden dieser Spezialisten das eine oder andere Geschäftlein drin. Nun gut, viele werden jetzt auf die 53,9 Milliarden Dollar verweisen, die die Geheimdienste für ihre ehrenvolle Arbeit haben wollen. Die sind aber größtenteils gebunden und angelegt, in großen Datensilos für die Speicherung von Metadaten hübsch belastbarer Esel. Dagegen ist die nun von Obama ausgerufene Cyber Security ein neues Feld, in dem geklotzt werden darf.

*** Nun gut, so ganz neu ist es nicht, auch nicht bei uns, wie es diese Rede des Präsidenten des ehrenhaften Bundesnachrichtendienst beweist. In ihr spricht Gerhard Schindler von den auswärtigen Wirtschaftsspionen und von SSCD, dem "SIGINT Support für Cyber Defense", einem besonders vielversprechenden Ansatz. Die dann folgende Beschreibung von SSCD verdient vor dem Hintergrund des aktuellen BND-Skandals genaue Lektüre. Begeben wir mal wieder auf die allseits bekannte Datenautobahn:

"Bildlich gesprochen suchen wir auf einer stark befahrenen Autobahn ein Fluchtfahrzeug, das Diebesgut mit sich führt. Manchmal haben wir nur das Kennzeichen, manchmal vielleicht nur die Autofarbe. Der Fahrer des Fluchtfahrzeuges kann sich allerdings auch tarnen: etwa das Nummernschild ändern oder die Autobahn wechseln. Wenn wir das Fluchtfahrzeug trotz all seiner Tricks finden und anhalten und dann auch noch an das Fahrtenbuch gelangen, haben wir erste Hinweise darauf, wer die Hintermänner sein könnten. Die alles entscheidende Voraussetzung für den Erfolg ist, dass man eine umfangreiche Datenbasis über mögliche Angreifer, benutzte Angriffswege, Kontrollstrukturen und technische Details der Schadsoftware inklusive verwendeter Tarnverfahren hat."

Ran an die Fahrtenbücher! Her mit den Daten und zwar mit den Daten aller Autos, aller Fahrer, aller Passagiere und all das Metazeug bis hin zum letzten Ölwechsel, das brauchen wir auch noch. Denn nur so kommt das demnächst auf dem Polizeikongress zu diskutierende Predictive Policiing zu den wunderbarsten Erfolgen, im Gewand des "Predictive Geheimdiensting":

"Idealerweise fangen wir das Fluchtfahrzeug allerdings bereits ab, bevor es das Diebesgut überhaupt aufnimmt."

Ein Fluchtfahrzeug, das ganz ohne Dieb und Diebesgut schon auf der Flucht ist und gefangen werden darf, so sieht das Frühlingserwachen der Geheimdienstler aus. Inmitten der konkreten Beispiele, die der BND-Präsident aufführt, finden sich lustige Sachen. Dazu gehört ein über die "Auslandserfassung" ermittelter Cyber-Angriff auf Frankreich zum Beispiel, gefolgt von einem Angriff auf Deutschland, wo längst die Firewalls "scharf gestellt" wurden und daher alles abschmettern können. Das wichtigste von Schindler angeführte Beispiel hat im Kontext der aktuellen Debatte über die Zusammenarbeit von BND, NSA und GCHQ geradezu hufelschultische Qualitäten:

"Ein ausländischer Dienst hat im Rahmen seiner Cyberabwehr einen Teil einer Angriffsstruktur aufgeklärt. Es handelt sich dabei – sagen wir – um einen Server auf den Malediven, auf welchen eine erfolgreich installierte Spionagesoftware ihre abgezogenen Daten meldet. Im Rahmen der Zusammenarbeit wird diese Information an den Bundesnachrichtendienst gegeben, und die IP-Adresse des Servers auf den Malediven wird als Selektionskriterium in unsere Sensorik eingesteuert. Jetzt kann man anhand der Erfassungen feststellen, welche Rechner sich ebenfalls infiziert haben und ihre Daten ungewollt an Server auf den Malediven melden."

*** All diese Aktionen in Sachen Cyber Security werden wohlgemerkt mit der feindlichen Wirtschaftsspionage gerechtfertigt, die Deutschlands "Hidden Champions" ausmanövrieren soll. Tausende von Firmen sind es, etwa Deutschlands Maschinenbauer, die dieses unsere Land dank der Industrie 4.0 in eine strahlende Zukunft führen soll. Aber die Sache mit der Wirtschaftsspionage ist bei uns ebenso wie in den USA ein Ablenkungsmanöver, das nur bei denen funktioniert, die noch daran glauben, dass Wirtschaftsmacht auf der Güterproduktion beruht. Längst hat indessen die Produktion von Informationen den alten Kreislauf abgelöst, Google und Facebook lassen – nachträglich zur letzten Wochenschau – grüßen. Hier gewinnt, wer die Macht hat, die Fragen nach bestimmten Informationen so zu steuern, das nur bestimmte Antworten zugelassen sind, oder, um in Schindlers Beispielswelt zu bleiben: Hier gewinnt der, der ein beliebiges Auto als Fluchtfahrzeug bezeichnen kann. Unten bleibt hier, wer hilflos ein Recht auf Vergessen fordert und prompt großzügig gewährt bekommt. Der tiefe Staat in dem durch Snowden aufgeklärtem Informationszeitalter kann es sich dabei leisten, seinen Diensten die Leviten zu lesen: Ja, was sich das britische GCHQ geleistet hat, war illegal. Doch jetzt ist alles gut und die Medien wie die Freunde von Snowden freuen sich über ihren "Sieg".

Was wird.

Die schöne Utopie vom Aufrechten Gang ist längst der Autokorrektur zum Opfer gefallen. Bestenfalls kann man noch eine Userbewertung abgeben und das Lied bei Amazon kaufen. Seit gestern ist die c't draußen und mit ihr ein Text über den Geldmangel bei einem wichtigen Kryptoprojekt, der schnellstens behoben werden konnte. Schließlich ist Kryptographie die wichtigste Waffe gegen autoritäre Regime oder für den Schutz der Polizei. Glaubt man der Gesellschaft für Informatik, so ist Kryptographie sogar die einzige Hilfe vor der ständigen drohenden Sabotage der Informationsgesellschaft.

Nun führte die Nachricht über die Geldprobleme bei GPG dazu, dass sich ein prominenter Nachrichtenversteher aus dem Umfeld des kryptofreundlichen Chaos Computer Club aufregte und einen ziemlich wütenden Blick auf die Produktion von Open Source Software warf. Tenor der Anklage: Solange es kein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, arbeitet man besser für Microsoft und nutzt die Freizeit für seine Lernprojekte, weil Open Source eine Freizeitbeschäftigung ist und bleiben soll. Wer diese protestantische Ethik nicht und sogar noch "Staatsknete" annimmt, ist auf einer "Ansehensstufe mit Steuerhinterziehern". Schließlich folgt am Schluss ein borniertes, typisch deutsches Argument: Denkt an die Kinder! Was nicht ohne Widerspruch und Zustimmung blieb, auch im Heise-Forum. Ein Ende ist nicht abzusehen, in nächster Woche geht es sicher weiter. Wir lernen, dass die neuen Crypto Wars ihre lustigen Seiten haben. Es gibt genug übrigens Projekte, die Spenden benötigen.

Vergessen wir die Berlinale! Die Stadt hat nichts frühlingshaftes, überall hängen Propagandaplakate herum und verschandeln zierliche Gebäude wie das ICC mit dem Slogan Wir wollen die Spiele. Berlin will spielen, 88 Jahre nach den Führer-Spielen mit Jesse Owens. Es gibt andere Filme: Heute vor 100 Jahren wurde Griffiths Birth of a Nation aufgeführt, ein übles rassistisches Film-Meisterwerk. Mit dem meisterlichen Remix rebirth of a Nation von DJ Spooky sei daran erinnert, dass unser Remix-Wettbewerb gestartet ist. Man gönnt sich ja sonst nichts.


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4W: Von IBM am Himmel und Cyberkriegern in Flecktarn am Boden
« Antwort #557 am: 15 Februar, 2015, 06:00 »
Wer wird wissen, wer darf etwas wissen? Die vernetzte Gesellschaft steht nicht erst im Jahr 2015 vor grundsätzlichen Problemen. Die Fragestellungen führt Hal Faber gerne noch einmal auf ihre Ursprünge zurück.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** In dieser kleinen Wochenschau vom Rande der maßgeblichen deutschen Tiefebene ist schon mehrmals das Gutachten zum postmodernen Wissen behandelt worden, das der der französische Philosoph Jean-Francois Lyotard im April 1979 für den Universitätsrat der kanadischen Provinz Quebec verfasste, etwa in diesem Artikel. Lange vor Iridium, Thuraya oder den Ideen von Greg Wyler und Elon Musk sah Lyotard, dass die Menschheit ein Cloud-Problem hat. Inzwischen ist einer der Urtexte des 21. Jahrhunderts als PDF-Datei verfügbar und eine prima Hilfestellung, die Sache mit dem Cyberkrams zu verstehen:

Nehmen wir einfach an, dass eine Firma wie IBM berechtigt sein wird, einen Streifen im Umfeld der Erde zu besetzen und darauf Kommunikationssatelliten und/oder Datenbanken zu platzieren. Wem werden sie zugänglich sein? Wer bestimmt, welche Kanäle oder Daten verboten sind? Der Staat? Oder wird der Staat nicht viel mehr ein Benutzer unter vielen anderen sein? Damit werden neue Rechtsprobleme aufgeworfen und mit ihnen die Frage: "wer wird wissen?".

*** Wer wird wissen, wer darf etwas wissen, wenn der Staat nur ein Nutzer unter vielen anderen ist? Da haben wir den US-Präsidenten Barack Obama, einen der mächtigen Männer und am Ende kann er doch nur die Facebooks und Googles dieser Welt drängen, etwas für die Cybersicherheit zu tun. OK, ein Erlass ist auch noch drin. Aber was tun, wenn Zuckerberg, Schmidt und Nadella nicht mal zum Dinner kommen wie damals mit Steve Jobs? So wird das nichts mit der Cybersicherheit. Der Staat ist auch nur ein Benutzer, der sich wie Obama eine starke Verschlüsselung wünscht, aber leider, leider, sind da noch die Dienste mit ihren wunderbaren Programmen für unser aller Sicherheit, nicht nur in den USA. Dort wird besonders viel gesammelt, gespeichert und gesucht. "Es ist nicht alles Schwarz und Weiß, wie es manchmal behauptet wird", seufzt Obama dann in die Mikrofone. Stark verschlüsseln mögen täte er ja gerne, darf er aber nur ein kleines Bisschen mit seinem Blackberry. Denn auch wer luftdichte Verschlüsselung will, will auch vor Terroristen geschützt werden. Das geht halt nur mit luftiger Verschlüsselung.

*** " Wir haben es mit immer mehr Diensten und Anbietern zu tun, die ihre Produkte zunehmend verschlüsseln. 'Dank Snowden' hat auch die islamistische Szene die Vorteile einer kryptierten Kommunikation begriffen. Das macht es für uns noch schwerer, an Informationen zu gelangen.

Diese Aussage stammt natürlich nicht von Obama, denn das denglische "kryptieren" ist eine Wortschöpfung des Bundeskriminalamtes, um das Verschlüsseln noch geheimnisvoller zu machen. Die Aussage stammt vom obersten Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen, der von der tageszeitung interviewt wurde. In dem vom ihm herausgegeben Verfassungsschutzbericht 2013 ging der "Dank" von Maaßen noch nicht in Richtung Edward Snowden. Da wurde ein 300 Seiten starkes "Privacy-Handbuch" dafür verantwortlich gemacht, dass Autoren, die sich dem Cyberterrorismus zuordnen, so schlau geworden sind. Mit dem geplanten Ausbau des Cyber-Schutzes beim Verfassungsschutz muss es schon mehr sein als ein kleines Büchlein.

*** Auf Maaßen ließ die tageszeitung Jérémie Zimmermann von La Quadrature due Net antworten, mit einem Hohelied auf Open Source als "einzige vertrauenswürdige Technologie, die uns noch übrig geblieben ist". Von jedermann überprüfbare Programme und dann insbesondere die quelloffenen Programme für Verschlüsselungstechniken sollen der letzte Schlüssel sein, den der Staat nicht bekommen kann. Kaum war das Hohelied von Zimmermann verklungen, erfolgte in der tageszeitung etwas Größeres, eine Heiligsprechung des bescheidenen Herrn Koch. Der edle Programmierer und sein wunderbar einfach zu lesender Quellcode von GnuPGP, der zu wenig Fehler hatte, um von der Wartung leben zu können, beschäftigte die Phantasie des Journalisten. Ein Mann gegen den Rest der Welt: "Die Gefahr für die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien geht von einem Keller in Erkrath-Hochdahl aus, 12 Minuten mit der S-Bahn von Düsseldorf." Die Lobhudelei kennt offenbar keine Grenzen, auch wenn es mit der Logik ganz gewaltig hapert. Freie Software wie das "Betriebssystem GNU", das "zwar auf Linux-Rechnern funktioniert, aber nicht mit diesen identisch ist"?? Ähm, nein, nein, alles falsch: "Würde er von einem Bus überrollt, wäre es vorbei mit der frei verfügbaren Verschlüsselung." Das ist mal ein Tipp für die Schurken vom Dienst.

*** "Ich lebe ein Leben, das ich eigentlich nicht verdient habe, aber was soll's. Wir sind eigentlich alle Schwindler", heißt es in der Autobiographie von David Carr, in der Carr über seinen Weg aus dem Drogendschungel berichtete. Am Freitag interviewte der Medienjournalist noch Glenn Greenwald und Laura Poitras, Edward Snowden war per Video zugeschaltet. Das Gespräch drehte sich um den Dokumentarfilm Citizen Four, der gerade mit wichtigen Preisen ausgezeichnet wird. Kurz danach war David Carr gestorben, ein schneller Tod gleich neben der Redaktion der New York Times, in die er 2002 eingetreten war. Dort wurde er als Medienkritiker bekannt und so passt es auf seine Weise, dass der letzte Text von Carr über den Abschied des Talkmasters Jon Stewart geht. Carrs letzte Sätze sind denkwürdig. "Es ist alles nur ein einziger Witz, den alle mitmachen. Es sind wissende Flachsereien und Scheinattaken auf vorgefertigte Nachrichten, die von Leuten vorgelesen werden, die irgendwie gelangweilt sind von dem, was sie da vorlesen. Es wird nun noch weniger lustig sein."

Was wird.

Vor seinem IT-Essen in Stanford wurde Barack Obama von Kara Swisher interviewt. Er erzählte dabei, dass Nordkoreas Attacke auf Sony zwar heftig, aber nicht sehr problematisch gewesen sei. Dazu seien die nordkoreanischen Cyberkrieger einfach nicht gut genug gewesen. Wirklich gut in diesem Geschäft seien China und Russland, aber auch der Iran sei in letzter Zeit gut geworden. Abschätzige Worte, die Kim Jong Un gar nicht gefallen dürften. Leider gibt es unter den neuen Kampflosungen des Kimilsungismus-Kimjongilismus keine direkt passende Antwort auf diese Form der Cyber-Demütigung, am ehesten vielleicht noch diese hier: "Mit ideologischen Kanonen konzentrierte, kontinuierliche und treffsichere Aktionen durchführen!" Lacht da jemand vor seinem Phablet?

Das ist vielleicht zu früh, denn was ideologische Kanonen anbelangt, so kann diese Antwort der Bundesregierung zu den Cyberkriegern bei der Bundeswehr durchaus mithalten. Die Linke fragte, ob sich deutsche Cyberkrieger in Zukunft auf dem digitalen Schlachtfeld tarnen dürfen. Die Antwort lautete, dass unsere Bundeswehr zwar bislang noch keinen Cyber-Angriff durchgeführt habe, aber im Flecktarn antreten darf. Sich als Iran oder Nordkorea ausgeben, wenn man in Somalia oder dem Donbass Rechner angreift oder sich das MonsterMind unserer amerikanischen Freunde zur Wehr setzt, das würde gehen. Der entscheidende Satz formuliert das ausgesprochen elegant und könnte glatt als Losung bei den Cyberkriegern in Greding und Gelsdorf aufgehängt werden:

"Die Nutzung so genannter Stealth-Techniken verletzt das Heimtückeverbot nicht, da ihr Einsatz keine Handlung darstellt, durch die ein Gegner in der Absicht, sein Vertrauen zu missbrauchen, verleitet wird, darauf zu vertrauen, dass er nach den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts Anspruch auf Schutz hat oder verpflichtet ist, Schutz zu gewähren.

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4W: Von Spindoktorei, nerdiger Neureligiosität und ...
« Antwort #558 am: 22 Februar, 2015, 06:00 »
Einen kühlen Kopf behalten. Ja, manchmal wär das was, in diesen unseren aufgeregten Zeiten, findet Hal Faber. Und regt sich doch gleich wieder auf.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

***Manchmal ist es erholsam, über den Tellerrand zu blicken und die norddeutsche Tiefebene zu verlassen, in Gedanken natürlich. Heute ist ja der Welttag des Nachdenkens und so etwas steht nicht nur den PfadfinderInnen gut an. Man kann wie diese Truppe über das Milleniumsziel Nummer 8 nachdenken, insbesondere über Punkt 8A, den ein gewisser Herr Varoufakis mitformuliert hat. Dieser Herr ist von wenig nachdenklichen deutschen Journalisten in der abgelaufenen Woche als Halbirrer porträtiert worden, obwohl er ein vorzüglicher Spieltheoretiker ist. Das interpretieren Begriffsstutzige als Spindoktorei. Passenderweise haben nur die Pfadfinder der Nachdenkseiten einen kühleren Kopf behalten,

*** Nachdenken ist angebracht, was nach den Horror-Meldungen über die höchstentwickelste Hacker-Gruppe der Welt mit den neuesten Nachrichten aus dem "Snowden-Schatz" folgte. Gemalto war Ziel eines Angriffes eines gemeinsamen Mobile Handset Exploitation Team von US-amerikanischer NSA und britischem GCHQ, die einen "Workshop" abhielten. Dass bei diesem Trainingskurs alle SIM-Karten, Kreditkarten und auch unsere elektronischen Gesundheitskarten kompromittiert sind, ist reine Panikmache. Die Snowden-Dokumente, soweit sie nicht geschwärzt sind, sprechen von 300.000 K{i}s eines somalischen Providers und davon, dass man sich nach Gemalto auch den deutschen Hersteller Giesecke & Devrient vornehmen will. Natürlich ist jeder Geheimdienst daran interessiert, einen nicht identifizierbaren, nicht verfolgbaren Zugang in Kommunikationsnetze zu bekommen, aber schwerlich an den Daten aller Teilnehmer. Der tiefe Staat als universaler Datensammler, der alles über alles in riesigen Datencentern in der Walachei sammelt, ist das am Ende gar eine Projektion des von Hackern kultivierten Snowden-Rituals? Ausgerechnet der libertäre Geldgeber Peter Thiel, dessen Firma Palantir Technologies die Nachrichtendienste dieser Welt beliefert, brachte es in einem Interview auf den Punkt, als er zu Snowden befragt wurde:

"Ich habe eine etwas andere Einstellung zu den Snowden-Enthüllungen. Ich denke, sie zeigen, dass die NSA mehr wie die Keystone Cops denn wie Big Brother arbeitet. Was mich erstaunt, wie wenig James Bond-ähnliche Sachen gemacht werden und wie wenig sie mit all diesen Informationen anstellen. Deswegen denke ich, dass die NSA in einer Art Anti-Technolgie-Zone lebt, in der sie nicht mit den Daten anzufangen weiß, die sie sammelt. So saugen sie halt all diese Daten ab, überall in der Welt. Ich denke, das war selbst für Obama neu, dass er Merkels Telefon anzapfte."

*** Nebelbomben eines Auskenners und Auftragnehmers? Brauchen NSA und GCHQ oder auch unser BND all diesen Daten, um "intelligence" zu produzieren? Oder sind sie längst so ein eigenständiges Subsystem, dass sie uns bzw. der Gesllschaft vorschreiben können, was alles geheim ist? Ist gar ein Putsch der Geheimen im Gange, eine Sabotage an der Demokratie, ein Griff nach der politischen Macht, wie es Frank Rieger formulierte:

"Was man jedoch kaum mehr ohne moderne, überwachungsanfällige Kommunikationsmittel vollbringen kann, ist gewaltlose gesellschaftliche Veränderung durch Diskurs, Meinungsbildung und politische Organisation.

*** In diesem Sinne lohnt sich der Blick in die aktuelle c't für diesen Kommentar über die veraltete Kryptographie, der allenthalben auf Unverständnis und heftigen Widerspruch bei den Nerds trifft, die das Zeug ja aus dem Effeff beherschen und von schockierend naiver Berichterstattung reden: Lasst PGP endlich sterben!. Jeder Journalist hat (zumindest in der IT) jede Woche mit Informanten zu tun, die Vertrauliches kommunizieren wollen und nach dem Schlüssel fragen. Erschröcklich ist dann die Rückläufer-Quote von Mails, die trotzdem unverschlüsselt geschickt wird. Wer einen Ausstieg aus der unverschlüsselten Kommunikation fordert und trotzdem an PGP-Systemen festhält, fördert die Etablierung der Kaste der Hackerpriester.

*** So bleibt es dabei, dass es keine technische Lösung für politische Probleme gibt. Verschlüsselung schön und gut: Die Geheimdienste verfolgen ihre eigene Agenda. Dass sie und verwandte Organisationen eine eigene Fraktion im Staatsapparat bilden, die sich jeder demokratischen Kontrolle entzieht, dagegen hilft Verschlüsselung nicht. Die hässliche Fratze des tiefen Staats ist nicht dazu da, kleine Nerds zu erschrecken, dass sie endlich mal Verschlüsselung praktikabel machen. Es nutzt anscheinend nichts, die Techniker in die Mitte der Gesellschaft zu holen, wenn sie als Fremdkörper durch eben diese Gesellschaft trudeln und als selbsternannte Elite Unverständnis für die Nicht-Techniker transportieren. Ein Heilmittel gegen den tiefen Staat ist nicht eine technische Priesterkaste, sondern eine Gesellschaft, die sich auf ihre Freiheit besinnt und sich nicht von den Geheimdiensten vorschreiben lässt, wie Sicherheitspolitik den Staat und die Struktur der Gesellschaft definiert.

Was wird.

Was der Sigmar kann, kann Angela schon lange: Am Donnerstag behauptete Wirtschaftsminister Gabriel, auf einem roten Sofa sitzend und sichtlich zufrieden, dass Deutschland der Ausrüster der Welt ist. Am Montag wird seine Chefin, Frau Dr. Merkel, im bayerischen Amberg die "Smart Factory" von Siemens besuchen und das Hohe Lied der Industrie 4.0 anstimmen, wo "Softwarefähigkeiten" mal eben eine ganze Fabrik zum Tanzen bringen. Das hört sich dann so an:

"Es werden sich natürlich die Arbeitstätigkeiten völlig verschieben. Es wird in der klassischen Produktion sehr viel mehr Softwarefähigkeiten brauchen. Es werden bestimmte andere Arbeitsgänge durch Robotik und anderes ersetzt. Und deshalb ist das Thema "lebenslanges Lernen" – wie qualifiziere ich mich als Facharbeiter eben auch weiter? – von ganz besonderer Bedeutung."

Von Industrie 4.0 und den neuen Softwarefähigkeiten über die drohende Arbeitslosigkeit hin zum lebenslangen Lernen, das ist ein Schnelldurchlauf der Extraklasse. Schade, dass es der Datenschutz nicht in die Ballung geschafft hat, sondern einige Sätze später behandelt wird unter den allseits bekanneten Polbildungen Freiheit und Sicherheit:

"Das heißt, es ist nicht nur so, dass sich die industrielle Produktion verändert, sondern ich habe dann auch sehr viel mehr Daten verfügbar. Und jetzt muss ich aufpassen, dass ich auf der einen Seite den Datenschutz beachte, aber auf der anderen Seite die Verarbeitung von großen Mengen an Daten nicht so restriktiv handhabe, dass neue Produkte gar nicht mehr entstehen können. Hier geht es insbesondere darum, das richtige Verhältnis von Schutz und Freiheit der Datenverarbeitung zu finden."

In der nächsten Woche findet dort, wo sich früher mal die nachdenkenden Pfadfinder des CCC versammelten, der europäische Polizeikongress statt mit seinen Vorträgen und Messeständen all der Firmen, die mit der Polizei ins Geschäft kommen wollen. Nicht alle sind da gern gesehene Gäste. Diesmal gibt es schon im Vorfeld eine Art Ausladung des Veranstalters, der Netzpolitik die Akkreditierung mit dem Hinweis verweigert, dass das Umfeld dieser Blogplattform zur Demonstration vor dem Kongress aufruft. Dabei geht es da gar nicht um das Verkaufen, sondern um das Ersaufen.

Bevor ihre Software zum Lieblingsspielzeug des Bundesnachrichtendienstes wurde, durfte Palantir Technologies auf dem Polizeikongress ihr damals "World Check" genanntes System vorführen. In diesem jahr hält eine neue Softwareklasse Einzug, sogar mit einem eigenen Workshop. Nach dem OK eines Datenschützers können die Bundesländer Software für Predictive Policing anschaffen, zur Erleichertung der Einsatzplanung. Das freut die Software-Firmen, auch wenn die wissenschaftliche Evaluierung noch aussteht, wie es ausgerechnet eine niedersächsische Studie formuliert. Am Rande der norddeutschen Tiefebene kann man es noch in Aktion sehen, das kritische Nachdenken:

"Allerdings bleibt unklar, wie der Schritt von der Theorie zur Vorhersage vollzogen wird – hier sind die Softwarelösungen wie eine Black Box zu sehen. Die Kenntnis darüber, wie und mit welchen Daten Prognosen angestellt werden, ist wichtig, um einen Abgleich mit Gesetzen und Bestimmungen vornehmen zu können. Ferner bleibt ohne einen Nachweis der Wirksamkeit in Form einer nach wissenschaftlichen Standards durchgeführten Studie offen, ob der Erwerb von Predictive Policing eine lohnende Investition ist."

Black Box? Macht nichts, wir arbeiten noch mit ganz anderer Gurken-Software. Erstmal anschaffen, denn hey, Schlussfolgerungen auf Basis der aktuellen Erkenntnisse wären verfrüht. Hauptsache, die Verfrühungssoftware wird endlich genutzt, die Softwarefähigkeiten dürfen einfach nicht brach liegen. Solche Vorhersagemodelle sind Polizei 4.0.

Quelle : www.heise.de

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4W: Von inneren Drängen, äußeren Zwängen und 32 IP-Anfragen
« Antwort #559 am: 01 März, 2015, 06:08 »
Man achte Michel Foucault, meint Hal Faber, die Einführung in das Panopticon der umfassenden Überwachung ist aktueller denn je. Da sollte sich auch der "artgerechte Journalismus" mal darauf besinnen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ich bitte um höfliche Beachtung des Gütesiegels "artgerechter Journalismus" weiter oben. Jeder Satz, jedes Zeichen dieser kleinen Wochenschau ist handgetippt, selbst die Leerzeichen sind durch sorgfältiges Drücken der Leertaste eingepasst worden. Die gesamte Kolumne ist bei artgerechter, schmierstofffreier Haltung des Journalisten entstanden und frei von jeglichen Desinformationsgiften. Für diese geballte Ladung an nützlichen Informationen wurde kein Katzenfotos entstellt und kein Häkelschwein geschlachtet. Auch wurde nicht geraucht oder gar ein Hund bestohlen. Diese Kolumne entstand quasi aus internem Drang und der nie versiegenden Lust auf das Zeilenhonorar des Verlages am Rande der ... Ach, lassen wir das.

*** In einem anderen Verlag in einer anderen Stadt hat ein renommierter Journalist mit dem Gütesiegel UNINUN (unermüdlich investigativ unterwegs) einen Keylogger an verschiedene Rechner seiner Kollegen geflanscht, ganz zuletzt bei einer Praktikantin.. Nach Darstellung des Verlages "knackte" der Übeltäter die Rechner "aus einem inneren Drang" heraus, was klingt, als sei das Hacken eine Zwangshandlung wie das Popelfressen. Und hastunichgesehn, prompt poppte auch hier wieder die NSA auf, die heutzutage für so Vieles herhalten muss:

"Der Fall, um den es aber hier geht, ist wohl keiner, hinter dem Monstrositäten wie die NSA stecken. Es war ein Diebstahl digitaler Art; der Verdächtige knackte Redaktionsrechner quasi aus innerem Drang."

*** "Keine Monstrosität" klingt wie ein "kleines bisschen schwanger" und ist eine Verniedlichung, die eigentlich nur mit einer Verschwörungstheorie *und* einem beteiligten Geheimdienst erklärt werden kann. Natürlich sollen und dürfen Journalisten bei brisanten Recherchen versteckte Methoden einsetzen, wenn das Interesse der Öffntlichkeit gegeben ist auch in Redaktionen. Wenn etwa mal geklärt werden soll, wie miese Kampagnen entstehen. Doch die Monstrosität, in den Kernbereich der beruflichen Lebenführung anderer einzudringen, hat im Zeitalter der digitalen Archive eine ganz andere Dimension. Die linksalternative Zeitung, die sich schwer entrüstet, wenn es um den Staatstrojaner geht, verniedlicht den technisch sehr ähnlichen Keylogger. Derzeit nicht online, sondern nur auf Papier ist zulesen, wie die Sache weitergeht, quasi mit dem inneren Drang, auch am Montag wieder eine Zeitung am Kiosk zu haben:

"In der taz haben die Mitarbeiter sämtliche Passworte geändert. Der Sicherheitsexperte und Hacker Bern Fix, der für die Wau Holland-Stiftung arbeitet, soll die Redakteurinnen und Redakteure nun in digitalem Sicherheitsmanagement schulen. Aber auch er sagt: 'Ein Angriff von innen lässt sich nicht verhindern'."

*** Nichts gegen Bernd Fix oder gar gegen die Wau Holland-Stiftung, die steuerabzugsfähige Gelder für wichtige Projekte sammelt, aber die Zuschreibung "Sicherheitsexperte und Hacker" offenbart das ganze Elend, das schon Thema der letzten Wochenschau war. Wenn Journalisten, die eigentlich viel vom Schützen verstehen müssen und seit 20 Jahren mit Verschlüsselung arbeiten, Sicherheitsexperten und Hacker brauchen, liegt mehr im Argen bei der "4. Macht" als gedacht. Hacker oder eben Sicherheitsexperten – was nur ein anderes Wort ist – können da gar nicht helfen. Ihr Glauben an eine technische Lösung ist nur ein Glaube, wie so viele Religionen.

*** 20 Jahre sind keine lange Zeit. Das zeigt dieser lustige Text von Clifford Stoll, einem Sicherheitsexperten und Hackerjäger, der exakt vor 20 Jahren erschienen ist und aus der Erfahrung von 20 Jahren Online-Sein ein Blick auf heute wirft und bei allen Prognosen daneben liegt. Bücher werden bei Amazon geordert, Flugtickets online gekauft und die Süddeutsche Zeitung beklagt sich am Wochenende, dass das Flirten ausgestorben ist, weil nur noch Partnerbörsen genutzt werden. Und das alles in 20 Jahren. Sind 40 Jahre eine lange Zeit? Aber nicht doch: Exakt vor 40 Jahren erschien in Frankreich "Surveiller et punir" von Michel Foucault, bei uns als Überwachen und Strafen ein Jahr später. Der "Rezeptaussteller, Richtungsanzeiger, Kartograph und Waffenschmied" Foucault ist ja in einigen Wochenschauen als Anreger präsent gewesen, etwa hier oder hier, sogar mit NSA-Bezug. Die Einführung in das Panopticon der umfassenden Überwachung ist aktueller denn je, bis hin zum Satz, dass jedes Herrschaftssystem ein System von Schaltungen ist. Denn das Überwachen ist nicht nur der Rundumblick eines Benthams, sondern im Netz des Schreibens und der Schrift eingeschrieben, mit einer Unmasse an Dokumenten, den Aufzeichnungstechniken der Herrschaftsmacht, die das Individuum als Datenmaterial festschreiben. Schreiben und Dokumentieren, Überwachen und Unterdrücken hängen eng zusammen: "Die Einführung des Notizblocks bei den Griechen war genauso revolutionär wie die Einführung von Computern im Privatleben", das sah Foucault hellsichtig voraus.

*** Nun haben wir die Computer in unser Privatleben eingeführt, sogar in unser Sexleben. Bei 210.000 Männern ist das in Deutschland ganz schlimm, denn sie sind – wofür sie nichts können – pädophil und "benutzen regelmäßig Kinderpornos", wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem seltsamen Artikel schreibt. Da geht es spaltenlang über die Mühen der Polizei, sichergestellte Datenträger zu sichten, doch statt mehr Personal einzustellen und auszubilden oder externe Ermittler hinzuzukaufen, wird das Hohe Lied der Vorratsdatenspeicherung gesungen, die unbedingt kommen muss, weil es ein ganz übles Darknet gibt, das Polizisten nicht betreten dürfen. Das Böse breitet sich aus im dunklen Internet, da müssen wir doch die IP-Adresse des Bösen haben. Aber halt:

"Je intensiver ermittelt wird, desto mehr findet man. Die Arbeitsbelastung werde auch nicht dadurch abnehmen, dass mehr Personal eingestellt wird, heißt es im BKA ganz unverblümt. Ja, es würden mehr Taten entdeckt und auch aufgeklärt, aber ob die Aufklärungsquote höher würde – wer kann das schon sagen?"

*** Sieh an, sieh an. So, wie die Pädophilen auf Kinderbildern stehen, so haben auch die Kriminalisten einen eigenen Fetisch, die Aufklärungsquote. Sie ist so wichtig, dass auf Polizeikongressen kräftig gejammert wird, mit dem ein oder anderen Rückzieher. Das Verfahren, die digitalen Lebensdaten aller Bürger zu sammeln und aufzuheben, erscheint so alternativlos, dass die CSU ein Animationsfilmchen veröffentlicht hat, in dem gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Ganz interessant ist dabei die Darstellung, das ringsherum um Deutschland gespeichert wird, was das Zeug hält, z.B. in der Schweiz. Dort heißt das Verfahren putzig Randdatenerhebung und wird von einer eigenen Behörde betrieben, die täglich die IP-Daten aller 103 Internet-Providerlis sammelt und sechs Monate bevorratet. Für 2013 liegen die Zahlen der (kostenpflichtigen) Abfragen vor. Bei 725.6287 Straftaten insgesamt wurde 32 mal die IP-Adresse nachgefragt und das, während die Aufklärungsquote in Sachen Kinderpornographie wie früher sank. Die LeserInnen dieser Wochenschau wird er nicht wundern, dass man auf Abhilfe sinnt – mit einer Verlängerung der Speicherdauer von 6 auf 12 Monaten. Natürlich gibt es Gegner, die das Kindeswohl mit Füßen treten, wie es dann immer so schön heißt. Die Ausweitung auf das Internet der Dinge wird die nächste Stufe sein. Verräterisch ist der, der sein Licht zur Unzeit anmacht.

*** In der Schweiz hat einer sein Licht ausgemacht. Sehr selbstbestimmt und mit ordentlicher Selbstpromotion für das letzte eigene Buch, auch auf dem Kindle verfügbar. Natürlich muss er das letzte Wort behalten:

"Selbstmord aber ist in Deutschland geächtet, wenn nicht gar verboten; zumindest jegliche Hilfe, 'Sterbebegleitung' genannt. Der Staat greift nicht nur bis zur Läppischkeit in unser Leben ein, verordnet – giftige – Glühbirnen, Fahrradhelme, plant einen 'Tag der genitalen Selbstbestimmung' (ein Gedenktag zum Thema Beschneidung), verlangt 'Lufthoheit über Kinderbetten', akzeptiert einen erschreckenden Anstieg des Alkoholkonsums bei Jugendlichen (verniedlicht 'Koma-Saufen' genannt, als ging es um eine lustige Abiturfeier), akzeptiert den Tod von Hunderttausenden durch industrieverpestete Luft. Aber über mein Leben, mein Lebensende darf ich nicht selber entscheiden."

*** Von einem anderen gibt es den letzten Tweet vor dem Transit zum Vulcan: "Das Leben ist wie ein Rosengarten, perfekt, aber nur in deiner Erinnerung." Ein anderer hatte gar nichts mehr, nachdem er Russlands Engagement in der Ostukraine im Fernsehen kritisiert hatte. Vier Schüsse, viele Blumen, viele Fragen. "Was macht der Russe?"

Was wird.

Es gibt viel zu tun und zu speichern. Mit intelligenten Stromzählern braucht allein eine Stadt wie Hannover vier Millionen Zertifikate, wenn eine PKI zur Sicherung der Zugriffe eingerichtet werden soll. Hannover? Was soll da los sein? Aber hallo, das Special ist gestartet, die Messe ruft. Riesigst grüßt das Wirtschaftswunder 4.0. Das wird man doch noch ein paar Daten ausleiten dürfen. Man muss halt einen Plan haben.

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4W: Von digitalen Talibananen, düsteren Kellern und dunklen Schatten
« Antwort #560 am: 08 März, 2015, 06:00 »
Es gibt Propaganda, und es gibt Propaganda. Da treibt dann schon mal die Talibanhaftigkeit als Netzneutralität ihr erschröckliches Unwesen, grummelt Hal Faber, der mal keine Eulen nach Athen tragen will.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Hoppla, der legendäre Stoiber-Rap vom Transrapid am Hauptbahnhof hat ein kleines Brüderchen bekommen. Kein Geringerer als EU-Kommissar Günther Oettinger hat losgerappt im Bundesfinanzministerium in der Veranstaltungsreihe BMF im Dialog. Sein Lieblingsbeispiel von der Auto fahrenden Familie, bei der der Sohn daddelt und die Tochter Bilder auf Instagram guckt hat er mit einem Portalkrankenhaus erweitert, in dem sehr seltsame Dinge passieren. Der bizarre Monolog in Echtwort:

"Wenn Sie Verkehrssicherheit in Echtzeit haben wollen, da geht es um unser Leben, dann muss dies absoluten Vorrang haben, in Qualität und Kapazität. Wenn wir das Portalkrankenhaus im ländlichen Raum, das bei einem schweren Unfall vielleicht auch Operationssaal sein soll, und das Uniklinikum mit dem Oberarzt macht dies, wenn diese digitale und elektronische Operation möglich sein soll, dann geht dies nur in perfekter Qualität und Kapazität der Übertragung der Anweisungen, die der Oberarzt im Organbereich Lunge oder Herz oder Kreislaufgefäße beim Patienten gibt. Das muss uns wohl doch etwas wert sein. Und da kann man doch nicht von perfekter Gleichheit reden. Ist es wichtiger, dass im Auto hinten rechts die sechsjährige Tochter hockt und lädt sich Musik runter, Youtube, hinten links hockt der neunjährige Bengel und macht irgendwelche Games. Ist es wichtiger, dass die beiden in Echtzeit oder der Alte vorne links in Echtzeit hört, von rechts kommt jemand? Ich finde, Youtube runterladen hat ein paar Sekunden Zeit. Ich finde, das Game kann auch mal nicht perfekt auf dem Bildschirm sein. Aber Verkehrssicherheit, ein kommerzieller Dienst, Gesundheit, ein kommerzieller Dienst und ein paar andere fallen mir ein, sollten von der Netzneutralität, von diesem Taliban-ähnlichen Thema abweichen dürfen."

*** Eine Portalklinik ist eine abgespeckte Klinik ohne klassische Abteilungen mit einer Ausrüstung, die vor allem für Untersuchungen und Diagnosen gedacht ist. Sie besitzt wie in diesem Beispiel skizziert, keinen Operationssaal, weil sie eben keine Unfallklinik oder Universitätsklinik ist, für die eine Portalklinik Zulieferer ist. Für Günther Oettinger zählt das alles nicht, denn er will am eingängigen Beispiel der Teleoperationen das Thema Netzneutralität lächerlich machen. Ausfallsichere Standleitungen für Operationsübertragungen, die deswegen auf mehreren Kanälen übertragen werden, die mit dem Internet nichts zu tun haben, so etwas passt nicht ins Bild von "digitalen und elektronischen Operationen" im "Organbereich Lunge oder Herz", so genau kann man das halt nicht sehen beim Teleschnippeln. Anstelle ausgewogene Argumente pro und contra zu den amerikanischen Regelungsansätzen zu präsentieren, spicht Oettinger von einem Taliban-ähnlichen Thema. Ja, die Taliban, das sind kriminellen Schurken, die es zu bekämpfen gilt, gerade in Deutschland: Abu Beckedahl-Al-Almany, Al-Haksa Rieger und Muhhammad Lobo und natürlich die Piratenpartei, das sind die persönlichen Feinde in der Mimimi-Welt des EU-Kommissars, der in seiner Stoiberei auch einen echten Heveling unterbringt:

"Was die Netzneutralität betrifft, da haben wir gerade in Deutschland Talbian-artige Entwicklungen. Da ist die Netzgemeinde, da sind die Piraten unterwegs, da gehts um perfekte Gleichmacherei. Da heißt es die böse Industrie. Da geht es nicht um die Industrie, da geht es nicht um den Vorstand und sein Gehalt."

*** Das letzte Mal, dass ich einen eigenen Mail-Server im Keller stehen hatte, war zu der Zeit, als Netware 4.11 in meinem Büro die Rechner verband und E-Mail über einen MHS-Gateway nach Compuserve gepumpt wurde. Lang, lang ist's her, so lange, dass selbst die deutsche Wikipedia zu Netware nur Schwachsinn speichert: Nein, Netware war nicht die einzige Möglichkeit, PCs zu vernetzen. Es gab Dutzende von Alternativ-Lösungen, unter anderem Lantastic aus Arizona, das Werbung machte mit dem Gouverneur von Arkansas, der "fantastisch einfach" zu Hause seine Rechner koppeln konnte. Jawohl, Bill Clinton ist gemeint, der einzige Präsident, dessen offizielles Portrait einen weiblichen Schatten hat. Schuld daran ist der Hofmaler Nelson Shanks. Sollte Hillary Clinton bei der nächsten Präsidentschaftswahl antreten und siegen, dürfte Shanks seinen Auftrag los sein. Nun hat Clinton gerade eine E-Mail-Affäre, komplett mit einem eigenen Mailserver im Haus. Unglaubwürdig? In der Tat, von einer Agentur herbeigeschrieben von Journalisten, die MX-Records nicht lesen können. Aber was soll's, es reicht ja zum Abschreiben von Schreibfehlern wie Eric Hoteham und der Spekulation "möglicherweise ein Pseudonym", in der Realität aber eine falsch abgeschriebene Whois-Abfrage. Das passt zum Weltfrauentag, äh internationalen Frauentag, der am "Samstag, den 8. März", stattfinden soll.

*** Gegen eine Zahlung von 5000 Euro an den Kinderschutzbund ist das Verfahren gegen den Ex-Politiker Sebastian Edathy eingestellt worden. Das ist schade, denn auf diese Weise wird die abenteuerliche Vorverurteilung mit dem Logdatenbeweis nicht von einem Gericht gewürdigt. Auch wäre eine Klärung ganz schick, wieso Edathys Laptop immer noch verschwunden ist, obwohl das wunderbare Findewerkzeug Computrace auf ihm installiert ist, wie auf allen Abgeordneten-Laptops. Hatte Edathy etwa Linux installiert? Hat der kanadische Geheimdienst Zugriff auf den kanadischen Hersteller, zumal Kanada auch Schauplatz des Verfahrens gegen Azov Films ist, in dem Edathys Ankäufe entdeckt wurden. Ich wäre so gerne ein richtiger Verschwörungstheoretiker geworden, doch nun muss ich Journalist bleiben.

Was wird.

Wirklich große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus. Seit Jahren wird um die Apple Watch gerüchtet, nun ist es am Montag soweit, eine neue Zeit beginnt. Die Uhr, mit der das Schlafzimmer erobert werden soll, wird vorgestellt. Dabei darf eigentlich keiner mehr schlafen, denn Apple drückt angeblich kräftig aufs Gaspedal eines iMobils, vom iJetpack ganz zu schweigen. Think different!

Waren es nun sechs oder fünf Wasserhähne, die im Neubau des BND abgeschraubt wurden? Das Anzapfen einer Wasserleitung beim Projekt "Austrittskanal" war jedenfalls erfolgreicher als das Projekt Eikonal, mit dem EADS ausgespäht werden sollte. Doch schauen wir in die Zukunft, denn es gibt gute Nachrichten: Für 5000 Druckseiten in den Jahren 2016 und 2017 werden grüne Bäume ihr Leben lassen müssen, damit die braune Vergangenheit des BND so ordentlich dokumentiert ist wie die Schatten der Vergangenheit über der stark angebräunten Geschichte des Bundeskriminalamtes.

Schatten, Schatten über Alles, über Alles in der Welt: Glaubt man dem Spiegel, so steht eine deutsche "Lösung" bei der Vorratsdatenspeicherung bevor, sogar ein "Alleingang für die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten", weil sich auf europäischer Ebene nichts tut. Man will ein Gesetz "hinbekommen", dass den gerichtlichen Auflagen entspreche und ein Muster für ganz Europa sein könne. Am anlasslosen deutschen Speicherwesen soll die Schengen-Welt genesen.

Na, ob das die Netz-Taliban so einfach durchgehen lassen? Auf dem nächsten Polizeikongress könnte der neue BKA-Chef Holger Münch als Grinsekater auftreten. Schließlich ist es ja ein Grüner, nur echt mit einem ordentlich aufgeführten Eiertänzchen. Ganz nebenbei könnte man sich der Frage widmen, wie es eigentlich um die grundrechtsschonende Alternative zur Quellen-TKÜ bestellt ist, zu der die Firma ESG mit dem Projekt "tGATT 2.0" Forschungen betreibt, wie von den eTalibanen berichtet. Denn große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, wenn die Sonne tief steht und die Eule losfliegt.

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4W: Von Dreherchen, Kinderchen und Speicherchen. Und einem Trauerfall.
« Antwort #561 am: 15 März, 2015, 05:00 »
Ugh! Oder nicht? Trauer ist das eine, Empörung über das, was entgegen landläufiger Meinung keineswegs unausweislich ist, das andere. Das lässt sich Hal Faber nicht nehmen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war. >

*** Hanfinduzierte Teleportation. Oder doch nicht? Ein anderer Großer scheint den passenden Kommentar lange vor dem eigentlichen Anlass abgegeben zu haben. Uns aber bleibt nur ein "Ugh!", oder so: At last, Sir Terry, we must walk together. Oder, anders, zufällig aufgeschlagen nicht nur von Heise-Foristen: "Herr, was soll sich die Ernte erhoffen, wenn nicht das Interesse des Schnitters?"

*** Vorbei, vorbei, vorbei.

Kuscheltiere auf dem Weg zum Friedhof der Kuscheltiere

*** Aber nun gut, es gibt dafür schon seltsame Zahlenkombinationen und Dreher. Nach meinem Empfinden kann heute die Zahl 1,4032015 gefeiert werden, irgendwo in der Nähe von Wurzel 2, aber weil in den USA Datumsangaben skurril vertauscht sind, entsteht die Wochenschau am Pi Day, einem Supertag. Er ist passend garniert mit reichlich Spam, mit Raspberry Pi-Angeboten zu supertollen Preisen. Dann feiert mal schön, ihr Datumsdreher, denn der nächste Supertag dürfte am 9. Mai 3141 kommen und die meisten Heise-Leser nicht mehr interessieren. Manchmal sind Zahlendreher nicht nur skurril, sondern höchst gefährlich. Da wurde in Bremen ein Großalarm wegen unmittelbar drohender Islamistengefahr ausgelöst, und prompt wurde eine christlich aramäische Familie festgesetzt, weil französische Kennzeichen so schwierig zu lesen sind mit den Zahlen in der Mitte. Ein kleines Fehlerchen nur, ein Dreherchen und jede Ähnlichkeit mit Brazil ist meinem kränklichen Hirn geschuldet.

*** Was gegen den andauernden, nicht nachlassenden Terror getan werden kann, wird getan. Der schiere Umfang der Cyber-Propaganda der Islamisten mit ihren Drohungen, das Weiße Haus, Big Ben und den Eiffelturm in die Luft zu sprengen, muss bekämpft werden. Darüber informierte sich unser Bundesinnenminister Thomas de Maiziére auf dem informellen Treffen der europäischen Innenminister. Eine neue Truppe muss her, so der europäische Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove. Eine schlagkräftige Internet Referral Unit, angesiedelt bei der Polizeibehörde Europol, soll extremistische Inhalte zuverlässig aus dem Netz putzen. Favorisiert wird der Vorschlag von der lettischen Ratspräsidentschaft, für die das Projekt "Digital Europe" besonders wichtig ist, bis hin zur militärischen Cyber-Verteidigung.

*** Die lettische Tagung findet ausgerechnet in Berlin statt und ist einer von den Kongressen, über die die Bundesregierung ins Schwärmen kommt, wenn sie "Cyber Network Operations" (CNO) erläutern soll:

"Die technischen Möglichkeiten, im Internet zu operieren, sind universal, grundsätzlich bekannt und werden in offen zugänglichen Foren und Kongressen diskutiert. Schwachstellen in Soft- und Hardware werden genutzt, um in gegnerische Netzwerke einzudringen, dort aufzuklären, einzelne Funktionen zu stören und zeitweise außer Betrieb zu setzen oder dauerhaft zu schädigen. Das Vorgehen im Einzelfall hängt ab vom Operationsziel und von der Konstellation der Schutzfunktionen des gegnerischen Netzwerks. Dabei werden die Vorgehensweise und die dabei zu nutzenden Werkzeuge auf den Einzelfall zugeschnitten. CNO richten sich gegen gegnerische Computernetzwerke und dringen in diese ein. Dabei werden u.a. Zugangsmöglichkeiten über das Internet genutzt. Die Mittel des elektronischen Kampfes nutzen die physikalischen Bedingungen für die Wellenausbreitung im elektromagnetischen Spektrum."

*** Digital sich anschleichende Kämpfer im Tarnfleck hatten wir schon, jetzt wird das elektromagnetische Spektrum zum Schlachtfeld erklärt, auf dem der elektronische Kampf um die Wellen geführt wird. Dabei geht es ungemein gesittet zu beim Cyberkrieg:

"Von der zulässigen Tarnung strikt zu unterscheiden ist die unzulässige Nutzung falscher Identitäten mit dem Ziel, eine Zurechnung zu Zivilisten, zivilen Einrichtungen oder anderen geschützten Personen oder Objekten zu provozieren und sie so zum Ziel eines Gegenangriffs zu machen."

*** Daneben gibt es, auch das hatten wir schon, zulässige Stealthtechniken, die das Heimtückeverbot nicht verletzen, aber unsere Cybertruppe zuverlässig tarnen. Bedenklich an diesem CNO-Geschwurbel ist die Vorstellung, dass es verantwortliche Militärs gibt, die diesen Unsinn glauben. Das sind nicht die Geeks in Uniform, die im Battle Lab in Greding arbeiten, sondern Personen, die nur hübsche Powerpoints vom Cyberwar gesehen haben. Leider noch nicht verlinkbar ist ein Bericht der tageszeitung von der weltgrößten Waffenmesse Idex in Abu Dhabi, auf der erstmals Drohnen und Cyberwaffen ausgestellt werden durften. Besonders denkwürdig der ehemalige Entwicklungsminister Dirk Niebel, der am Stand seiner neuen Firma Rheinmetall für die Oerlikon High Energy Laser Gun wirbt, mit dem denkwürdigen Slogan "Low cost to kill ratio". Gut, das alles ist noch kein Cyberwar, denn der entsprechende Konferenzteil "Cyber Warfare" der Idex war nur geladenen Gästen zugänglich, die unter sich bleiben wollten. So wundert sich der taz-Reporter und schreibt:

"Der Schaukasten eines italienischen Unternehmens mit dem Namen 'Hacking Team' wirbt mit einer 'Hacking Suite für Regierungsspionage'. Die Slogans sind erstaunlich eindeutig: 'Erfassen Sie relevante Daten, egal, ob sie übermittelt werden oder nicht. Dringen Sie in PCs und mobile Geräte ein, um sie zu überwachen. Bleiben Sie unsichtbar und unauffindbar.'"

*** Hacking Team? Das sind die unsympathischen Zeitgenossen, deren Hacking-Handbücher enttarnt wurden, die Schnüffel-Software für Smartphone-Plattformen entwickelt und diese an 21 Staaten verkauft haben, darunter Äthiopien, Kasachstan und die Vereinigten Arabischen Emirate, allesamt nicht lupenreine Demokratien. Von Reporter ohne Grenzen wird die Firma zu den Feinden des Internet gezählt. Besagte Reporter sorgten am Donnerstag mit ihrer Aktion grenzenloses Internet für Verwirrung. Es ging um das Entsperren von neun Webseiten, die von elf Staaten blockiert werden. Eine Korrektur der Korrektur der Korrektur der eigentlichen Meldung am deklarierten "Welttag gegen Internetzensur", das kommt nicht alle Tage vor.

Was wird.

Heute abend wird die CeBIT eröffnet. Erstmals ist das ÖPNV-Ticket nicht Bestandteil des Messetickets, eine wirklich gelungene Demonstration des High-Tech-Standortes Deutschland. Die Kontrollen sollen moderat ausfallen. Wer Industrie 4.0 verständlich ohne Buzzwords erklären kann, bekommt ein kostengünstiges Guru-Guru-Ticket. Freuen wir uns also auf Claas 4.0 in der Landwirtschaft, auf Wirtschaftswunder 4.0 und was sonst noch mit 4.0 benamst werden kann, vielleicht Kinder 4.0. Damit wird IBMs Watson und sein Cognitive Cloud Computing angepriesen, ein System mit angeschlossenen mitlernenden CogniToys, die gemeinsam mit dem Kind lernen, wobei gleich beide Seiten immer "klüger" werden. Es ist ein Produkt für hippe Eltern, die zuvor ihre Kinder mit Babynes gestillt haben.

"Der kluge CogniToy-Dino beherrscht die Echtzeit-Konversation mit voller Spracherkennung, kann mündlich gestellte Fragen beantworten und erinnert sich an seinen Spielgefährten – weiß also dessen Name oder Lieblingsfarbe. Eltern können über eine cloudbasierte Plattform die Entwicklung ihres Kindes verfolgen und erhalten Einblicke in seine Lernfähigkeit und Vorlieben."

Wie war das noch in Zeiten, als aufmerksame Eltern ganz ohne Cloud "Einblicke" in das Leben ihrer Kinder hatten und sich nicht sonderlich um "Lernfähigkeiten und Vorlieben" kümmern mussten, sondern diese kannten? Das angepriesene WiFi-Überwachungsspielzeug kommt in Form einer ausgestorbenen Spezies. Irgendwann lernt das Kind hoffentlich, dass es Dinosaurier nicht mehr gibt, dass es Fragen gibt, die dank Störerhaftung nicht einfach beantwortet werden können. Ein Glück, dass einige Leute ihre ganz eigene Show abziehen. Und das nicht nur, weil dieser kleine Verlag in der norddeutsche Tiefebene meinen Lebensunterhalt [...] ach, lassen wir das mal wieder.

Doch die CeBIT ist nicht alles. Am Ende der Woche startet der Grüne Polizeikongress. Womit wir wieder beim Dauerthema dieser kleinen Wochenschau sind, diesem dauernden Kampf gegen den zunehmenden Terror, der das öffentliche Leben lähmt. Gerade weil die Grünen eine Partei der Freiheit seien, brauche man mehr Polizisten und nicht mehr Technik, so die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring Eckhardt. Eine spannende Argumentation. Während die vieldiskutierte Vorratsdatenspeicherung in den Niederlanden und Bulgarien gekippt wurde, während aus Brüssel das Signal kommt, vorerst keinen neuen Anlauf zum Überwachungsstaat 4.0 zu starten, wollen sich die Grünen unvoreingenommen dem Thema widmen. Ein Vorschlag für ein klitzkleines Bisschen Speichern tauchte bereits in der tageszeitung auf, allerdings in Richtung SPD und dazu noch als einzig sinnvolle Lösung angepriesen:

"maximal zwei Wochen Vorratsdatenspeicherung bei IP-Adressen, null Vorratsdatenspeicherung bei Telefonkontakten. Damit sollten Bürgerrechtler und Polizei leben können."

Dann leben Sie mal schön in diese Woche rein. Möge Anatolius von Laodicea, der Schutzpatron vor Zahlendrehern, rechtzeitig zur Stelle sein, in den Weiten des Internet.

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4W: Von schlimmeren Welten als dieser und den Verwirrungen ........
« Antwort #562 am: 22 März, 2015, 07:11 »
Wenn der Streisand-Effekt wütet, bleibt Schmodder zurück, der ekelhaft stinkt. Dabei kann man auch ohne Shitstorms so richtig übles Zeug in die Weltgeschichte blasen, befürchet Hal Faber. Dann doch lieber mit den Wildschweinen grunzen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Mit dieser Ausgabe der kleinen Wochenschau nach der ach so wunderbar abgelaufenen CeBIT werde ich die Zahl meiner geschätzten Leserinnen und Leser mutwillig ramponieren, Stinkefinger hin oder her. Mit den Shitstorms im Internet gibt es einhergehende Shit-Effekte, die nur noch Streusand sind, der übel riecht. Die neue Atemlosigkeit stinkt aus dem Mund der Beteiligten, die alles und jeden unter einem großen Verdachtsvorbehalt einordnen können. Da rauscht ein Glenn Greenwald ran, tritt auf der CeBIT auf und meint allen Ernstes, es gebe keine schlimmeren Welten als diese unsere. Ein Blick nach Syrien oder in x-beliebige Flüchtlingslager ringsum, ein bisschen Geschaukel auf den Wellen vor Lampedusa? Geschenkt, dann schon lieber ein Gemurmel von Siggy Pop als "Nachricht" rausgeblasen, am besten im Stil der größtmöglichen Bösartigkeit: Sollte Deutschland Edward Snowden Asyl gewähren, wollten es die amerikanischen Freunde für diesen Fall hinnehmen, wenn Terroristen in Deutschland Massaker veranstalteten.. Glaubt jemand ernsthaft an diesen Unsinn? Niemand kennt den genauen Wortlaut der Antwort von Sigmar Gabriel an Glenn Greenwald, und Gabriels Sprecherin bügelt ab. Leise rieselt der Streisand und am Ende wird schon was dran sein. So wird die "abstrakte" alltägliche Gefahr täglich etwas größer und abstrakter.

*** Ja, Sigmar Gabriel, der ehemalige Pop-Beauftragte der SPD, hat es nicht leicht. Einerseits ist er Wirtschaftsminister in einer Regierung, in der seine Chefin wirtschaftet, indem sie adrett die Hände hält. Andererseits will er irgendwann einmal Wahlen gewinnen und muss dafür ein Profil haben. Auf der CeBIT mit den Chinesen herumlaufen und über Industrie 4.0 zu reden, genügt dafür nicht. Auch die schönen Memos von Firmen wie Microsoft reichen nicht aus, denn alles, was mit dem Internet der Dinge kommt, hat auch damit zu tun, dass klassische SPD-Milieus weiter dequalifiziert werden und sei es als 4.0 Fachwerker, dem Videos und Fotos vorführen, was er da zusammensetzen soll. So schmuck es sein mag, wenn sich der Wirtschaftsminister mit dem achtreichsten Mann von Deutschland auf Sofas niederlässt, so wird daraus noch längst kein neues Programm. Dies merkt der erfahrene Politiker selber und so gehört es zu den Seltsamkeiten dieser Woche, dass er seine SPD als Aufpasserpartei präsentiert, die sorgfältig darauf achtet, dass all die Punkte im Koalitionsvertrag abgearbeitet werden. Die Konsequenz liest sich in der Süddeutschen Zeitung dann so:

"Sigmar Gabriel führt seine Partei, aber ihm fehlen der Wille und die Vorstellung, mit seiner SPD das Land zu führen. Hinter der herzhaften Rustikalität, die er ausstrahlt, verbirgt sich entschlossene Unentschlossenheit. Gabriel hat Kraft, aber keine Stärke; er verwechselt Pose mit Haltung. Er ist präsent, aber er präsentiert keine Botschaft."

*** Dem präsenten Sigmar Gabriel ist auch nicht wirklich damit geholfen, dass er von einer dankbaren Kanzlerin zum Ehrenmitglied der Union erhoben wird, für seine unermüdliche zupackende Art, alle drei Tage die Generalsekretärin der SPD zu rupfen, wenn seine Argumente in Sachen Vorratsdatenspeicherung mal wieder nicht zünden wollen. Da war doch diese wunderbare Argumentation, dass gespeicherte Vorratsdaten zwar nicht Verbrechen verhindern, aber doch bei der Aufklärung helfen können beim Mord an der sozialdemokratischen Jugend:
"Das ist die Erfahrung gewesen der Norweger bei dem Attentat von Herrn Breivik, einem rechtsradikalen Attentäter, auf sozialdemokratische Kinder und Jugendliche in einem Zeltlager. Da wird immer behauptet, das hätte gar nicht stattgefunden - das ist falsch, wir haben die Norweger gefragt. Und das gilt auch in vielen anderen europäischen Staaten. Ich glaube also, dass wir wegmüssen von so einer ideologischen Debatte. Und ich meine, wir erleben doch gerade, dass die Welt ziemlich gefährlich geworden ist und dass die Gefahren aus anderen Teilen der Welt zu uns importiert werden."

*** Geht es noch dümmer und ideologischer? Eine ziemlich gefährliche Welt, in der die Gefahren dazu noch aus anderen Teilen der Welt "zu uns importiert" werden. Es geht. Mit einer Richterin, gar einer wachechten Präsidentin des Bunderichtshofes, die im Interview die offenbar aktuell stattfindende Praxis der Vorratsdatenspeicherung so beschreibt:
"Dass Daten zurzeit in anderen Ländern abgefangen und dann für das deutsche Strafverfahren zu Nutze gemacht werden, ist sicher nicht die richtige Antwort auf das Problem."

*** Irgendwo in Frankreich oder in der Schweiz oder in sonst einem Land, wo die Vorratsdatenspeicherung gelebte Praxis ist, werden Daten für deutsche Ermittler abgefangen, aufbereitet und für deutsche Strafverfahren zur Nutze gemacht, davon ist zumindest Bettina Limpberg überzeugt. Dass diese Art der internationalen IT-Auftragsverarbeitung auch noch rechtens sein kann, scheint jedenfalls kein Problem zu sein, sonst hätte die erfahrene Juristin nicht Strafverfahren erwähnt, in denen dies praktiziert wird. Sachdienliche Hinweise, um welche Verfahren es sich handeln könnte, nehme ich gerne entgegen, zur Not auf einem bekannten dunklen Parkplatz im Norden von Hannover. Denn dann könnte man sich so manche Bundestagsdebatte zum Thema Vorratsdatenspeicherung schenken, auch wenn es immer wieder apart ist, wie zunehmend Delikte auftauchen, "die auch (bei) Normalbürgern erheblichen Schaden anrichteten und für die es ohne IP-Adressen keinen Ermittlungsansatz gebe". Schwerste Straftaten und terroristische Absichten? Das Internet der Dinge kommt, da müssen noch ganz andere Sachen ermittelt werden, wenn erst einmal hartnäckig schweigende Sensoren von erfahrenen Kriminalisten zum Reden gebracht werden als virtuelle Zeugen. Man stelle sich nur intelligente Ventile vor, die Fotos von der Raumkamera abrufen, wenn jemand an den Wasserhähnen fummelt.

*** Dieses Internet der Dinge kam auf der CeBIT wunderbar an, nicht nur in der heise show. Die Nerds haben etwas zum Basteln, den Behinderten wird geholfen und das bisschen Überwachung, da werden Datenschützer schon das richtige Machtwort sprechen. Ach, werden sie? Vielleicht werden sie nicht einmal gefragt, wenn es ans Vernetzen der Dinge geht. Der technische Datenschutz soll ja vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) kommen und seinen technischen Richtlinien. Allein bei den Smart Metern hat das BSI ein gutes Dutzend Richtlinien veröffentlicht, die als Pionierarbeit gelten, von den Smart-Meter-Zählern über die Smart-Meter-Gateways bis hin zu den Zählpunkten. Es lohnt sich, einmal mit den Richtlinien des BSI bewaffnet das Stadtwerk einer mittleren Stadt anzusehen. Da müssen für jeweils 100.000 Einwohner angenommene 50.000 Zählpunkte und im Schnitt ein Smart-Meter-Gateway pro 10 Zähler bereitgestellt werden. Das bedeutet nach den Vorgaben des BSI: 15.000 Smart-Meter-Zertifikate für die Gateways (drei pro Gateway), die alle obendrein alle zwei Jahre erneuert werden müssen. 5000 TLS-Zertifikate für die Authentifizierung der Gateways im Home Area Network (HAN). Alleine so sind 20.000 gültige Zertifikate notwendig. Setzt man auf Verbraucherseite ebenfalls Zertifikate (auf Smartcards) ein, kommen 50.000 Zertifikate hinzu. Bei 100.000 Einwohnern muss also eine PKI mit 70.000 Zertifikaten unterhalten werden. Große Städte werden nicht umhinkommen, eigene Trustcenter zu betreiben, um den enormen Kostenfaktor senken zu können. Ein Traum für große wie kleine Techniker.

*** Doch halt, das BSI bewertet nicht nur die Smart Meter, sondern viele andere Sachen auch. Sollte die Software zur Quellen-TKÜ erst einmal funktionieren, so ist das BSI die Instanz, die prüfen muss, ob die Vorgaben der standartisierten Leistungsbeschreibung eingehalten werden. Dementsprechend begleitet das BSI seit den Tagen von Innenminister Schäuble die Entwicklung des Programmes, das vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung der "Gesprächsquellen" ausleitet. Das soll nun ein Skandal sein, meint Netzpolitik. Kommentare, die die Arbeit des BSI bewerten und fordern, dass die wichtigste deutsche Sicherheitsbehörde aus dem Geschäftsbereich des Innenministeriums herausgelöst werden muss (wie übrigens auch der Bundesdatenschutzbeauftragte), werden als geschmacklose  Entgleisungen bewertet. So geht Satire, ganz ohne Stinkefinger.

Was wird.

Gibt es ein Leben nach der CeBIT? Nach dieser wunderbaren Messe in einer wunderbaren Stadt bleibt nur Tristesse übrig und man sehnt sich nach Australien, wo die Party in Sydney weitergeht. Der Schwung ist da, das Perpetuum Mobile kommt aus Hannover. Wenn es denn mit dem Internet der Dinge nicht mehr klappen sollte, bleibt immer noch Bayern übrig, das in Brüssel die Terrorbekämpfung anleitet, kurz vor Elmau.

Quelle : www.heise.de

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Wenn Ungewissheit nur durch immer noch peinlichere Fragen überdeckt werden soll, reicht Fremdschämen schon nicht mehr aus, befürchtet Hal Faber. So bleibt nur der Versuch, die Leere auszuhalten, auch wenn der Himmel über uns in Wirklichkeit nie leer ist.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war. >

*** Ja, so ist das im Leben. Manche wollen Astronauten werden (und landen bei Accenture), manche Piloten, und manche was ganz und gar Verrücktes wie Medienethiker (was ich bislang für ein besonders blödes Oxymoron hielt). So kommt es, dass nach dem von einem angeblich psychisch kranken Piloten herbeigeführten Absturz eines Linienfluges der Absturz der Medien begann, unter eifriger Begleitung durch "Experten" und "Nachbarn". Längst war da die medizinische Diagnose im Kasten, obwohl befragte Mediziner wieder und wieder vor voreiligen Schlüssen warnen. Doch egal, es war eine Depression und der Pilot ein Amokflieger, was zusammen auch das Zeug zu einem Oxymoron hat. Die Witwenschüttler unter meinen Kollegen werden sich bald wieder an nichts erinnern können oder treuherzig versichern, doch nur zu schütteln, weil es denn die Leserinnen und Leser so wollen. Das Ganze übrigens nicht auf die "privaten" Medien beschränkt, auch öffentlich-rechtliche zeigten sich von ihrer zynischen Seite, wie dieser kleine Twitter-Dialog beweist:

@hrinfo Nach #Germanwings-Absturz: Stimmung an deutscher Börse eingetrübt. #Lufthansa-Papiere verlieren mehr als 4 Prozent an Wert.

Leser: Nehmt mal einen Grundkurs in journalistischem Anstand. Bitte.

@hrinfo Können wir den bei Ihnen buchen?

*** Auch die newstips@heise.de bekamen nach dem Absturz von 4U9525 etliche Hinweise wie die nach den doch seltsamen Youtube-Vorlieben des Piloten oder die Geschichte zum Absturz von Egypt Air 990, weil da ein islamistischer Hintergrund auftauchte. So gesehen könnte man eigentlich froh sein, dass heise online ein technisch orientierter Nachrichtenticker ist, doch auch das ist zu kurz gegriffen im Getöse besinnungsloser Mitmedien, die anfangs über all die technischen Ursachen spekulierten, die es dann doch nicht waren – und die eine große Wochenzeitung zu einem ebenfalls unfassbar peinlichen Schnellschuss verleiteten. Und natürlich gibt es auch im Lichte der neuesten Erkenntnisse ernsthafte IT-Fragen wie die, dass eine pilotenlose Maschine, im Sinne der Asimovschen Gesetze programmiert, niemals in den Berg fliegen könnte, selbst wenn der ausdrückliche Befehl eines Menschen dies vorgeben würde. Aber dies lässt sich aus anderem Anlass und unter anderen Vorzeichen weit besser diskutieren als in diesen Tagen, daher schwieg der Newsticker hier trotz all der ernstgemeinten als auch der verschörungstheoretisch verschwurbelten Newstipps. Auf der nach oben offenen Skala idiotischer Vorschläge dürfte dagegen der Vorschlag des CDU-Politikers Jarzombek, Web-Cams in Flugzeugen zu installieren, ganz hoch oben stehen. Bodenkontrolle für das Cockpit, das bringt genau welche zusätzliche Sicherheit?

*** So schießen die Spekulationen ins Kraut, wobei die Frage bleibt, welches Kraut da eigentlich konsumiert wird, wenn es unter der Überschrift Furchtbares Geheimnis heißt: "Wäre die Gesundheitskarte in vollem Umfang eingeführt worden, so sagen ihre Befürworter, dann hätten die verschiedenen Ärzte, die Andreas Lubitz behandelten, voneinander gewusst, dann hätte der Fliegerarzt ihn womöglich nicht tauglich geschrieben." Wo genau wird auf der elektronischen Gesundheitskarte die Arztadresse gespeichert – oder sind es doch zentrale Patientenakten, die da herbeiphantasiert werden? Am Ende tötete dann auch noch der deutsche Datenschutz die Passagiere und Besatzungsmitglieder von 4U9525. Interessanterweise fehlen in dem Getöse Artikel, die in die Gegenrichtung blicken. Wie genau würde die fünfjährige Speicherung von Flugpassagierdaten bei innereuropäischen Flügen hier weiter helfen? Meldungen über den bundesweiten Protest gegen die neue Variante laufen unter Kiezleben. "Scannt mein Gepäck und nicht mein Leben" ist als offizieller Slogan freilich auch etwas neben der Spur.

*** Scannt unsere Kennzeichen! Die Ausländermaut ist am Freitag vom Bundestag beschlossen worden, der Bundesrat ist dabei angeblich außen vor, da es um Bundesstraßen und Autobahnen geht. In letzter Minute beschloss der Verkehrsausschuss am Mittwoch, dass "Synergieeffekte geschaffen" werden sollen. Doch wie die aussehen sollen, wird erst klar, wenn man den ursprünglichen Mautplan kennt: Die Planung, dass die Maut-Verbuchung bei deutschen Autofahrern künftig vom KFZ-Bundesamt durchgeführt wird, ist vom Tisch, eben wegen dieser Synergieeffekte. Auf deutsch Kosteneinsparungs-Knaller. Die Privatfirma, die von den Ausländern das Geld einkassieren soll, wird auch für deutsche Autofahrer zuständig sein, weil das einfach billiger ist, wegen dieser Synergieeffekte. Der Zuschlag erfolgt in freihändiger Vergabe durch den Verkehrsminister, weil bis zum avisierten Start der Maut im nächsten Jahr keine Ausschreibung zu bewältigen ist. Zwei Favoriten sind im Rennen, hier Toll Collect, dort AGES. Den Zuschlag erhält, wer das günstigste Angebot zum Scannen und Speichern der KFZ-Kennzeichen abgeben kann, komplett mit Ausleitfunktion der Vorratsdaten für Polizei und Zoll und einem Richtervorbehalt für die besorgten Datenschützer.

*** Natürlich kann die wichtigste Nachricht dieser Woche nur von einem Techniker kommen. Klaus Landefeld erklärte klipp und klar, dass der Bundesnachrichtendienst freie Hand bei der Internet-Überwachung hat, also keiner wie auch immer gearteten Kontrolle der Arbeit hinter seiner Cockpit-Tür unterliegt. Diese Diagnose kommt nicht überraschend, doch sie hat es in sich, wenn man die zweite Anhörung des NSA-Untersuchungsausschusses hinzufügt Man stelle sich vor: Da gibt es einen ehemaligen Vorsitzenden der parlamentarischen G10-Kontrollkommission, der von der Existenz einer Abhhöraktion erst aus der Presse erfahren konnte. Übersteigt das die Vorstellung von Kontrolle? Muss man nicht eher von einer Unkontroll-Unkommission reden, die von einer von einer psychosomatischen Erkrankung des politischen Körpers kündet. Die Überwachung in Deutschland, schreibt der Historiker Josef Foschepoth, war niemals ein vorübergehendes Ereignis, "sondern ein anhaltender, immer schwieriger und komplexer werdender politischer Prozess", der die Entwicklung der Bundesrepublik nachhaltig geprägt habe und bis heute präge. Noch ist die letzte Steigerung nicht erreicht, die heimliche Überwachung der Kontrollkommission durch den BND oder den Verfassungschutz – oder ist sie nur noch nicht bekannt geworden? In den USA gab es ja im Vorfeld der Veröffentlichung des CIA-Folterberichtes den unschönen Vorfall, dass der CIA die Kommission überwachte. Die Konsequenzen sind bekannt und vom CIA-Chef Brennan in einer Direktive festgelegt: Keine Verurteilung der Täter, sondern die Einrichtung eines Directorate of Digital Innovation, damit der nächste Schnüffelangriff besser getarnt ist und möglichst nicht auffliegt.

*** Wo bleibt das Positive angesichts solcher Nachrichten? Es kann nur von dem größten lebenden Kolumnisten Deutschlands kommen, dem wir die die mautnahe Erkenntnis verdanken, dass eine Überraschung eine Art Hinterhalt ist, nur schlimmer. Vor 10 Jahren konnte das Geburtstagsständchen für Harry Rowohlt punktgenau landen, heute ist es leicht verspätet. Was auch nichts macht, wenn die richtigen Freunde lange vorab gratulieren oder nur ganz kurz vorher. "Zum Licht empor mit klarem Blick, ein Vorwärts stets, nie ein Zurück, dann hat das Leben Zweck und Ziel. Wer Großes will, erreicht auch viel." Harry Rowohlt hat Großes erreicht. In diesem Sinne kann angesichts der bevorstehenden Umschaltung auf die Osterzeit und den herbeibrausenden Frühling nur ein Gesumm gebrummt werden, von Winnie der Pu:

Der Kuckuck gurrt auf keinen Fall,
Er kuckt und kuckt nur überall,
Und Pu macht ›Pu!‹ mit lautem Knall
Wie ein Vogel am Himmel.

Was wird.

Zum Tag der Pressefreiheit gibt es im Vorfeld viele Veranstaltungen, angefangen mit der De-Fragmentierung bei der LiMA. Eine sticht mit ihrer Frage besonders hervor in diesen Absturz-Tagen, formuliert von Reporter ohne Grenzen: "Wieviel Medienschelte verträgt Pressefreiheit?" Ich kannte bislang den in der Juristerei gültigen Begriff der Richterschelte und Politikerschelte als abgewandelte, ironische Form. Doch nun geht es zur Sache, denn Medienschelte kommt nicht umsonst, sondern gleich mit dem drohenden Untergang der Medien, ehemals auch vierte Gewalt genannt. Sei's drum, denn nun geht es um mehr als um die "Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten".

"Irgendetwas läuft falsch in der Beziehung zwischen Journalisten und ihrem Publikum. Die Symptome sind unverkennbar: Grassierendes Misstrauen etwa in die Ukraine-Berichterstattung, Shitstorms in den Diskussionsforen von Qualitätsmedien, Manipulationsvorwürfe bis hin zur vergifteten Parole von der 'Lügenpresse'. Doch was sind die Ursachen für diese Phänomene? Wie lässt sich ihnen begegnen? Wann schlägt Kritik an medialer Deutungsmacht in eine Gefahr für die Pressefreiheit um?"

Fragen über Fragen. Und der Himmel über uns so leer.

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4W: Von den Fehlern der Vergangenheit
« Antwort #564 am: 12 April, 2015, 06:00 »
Aus den Fehlern der Vergangenheit für die Zukunft lernen, das wär mal was. Doch die Gegenwart lehrt uns, dass es nicht ganz so einfach ist, auch nicht für Hal Faber.



Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Dort, wo der Horizont unter der Brücke beginnt, weiden Kühe. Man könnte zu ihnen kraxeln, nur um eine weitere Weide mit Kühen zu sehen, denn hier ist tiefste Provinz, hier ist Unort. Es gibt ein Entkommen, sagt die aufgestelzte Brücke und der Ro 80 steht bereit, eine der beiden Richtungen zu nehmen und die Tristesse hinter sich zu lassen. Adrett und linkisch zugleich wankelt der Sohn, vom Papa exakt in der Mitte festgehalten.

*** In der deutschen Provinz zu Paderborn entstanden bei Nixdorf Computer, hier war der Erfindergeist zu Haus, bereit, die Welt zu erobern und die Tristesse hinter sich zu lassen. Ja, was soll all das Geplappere über Microsoft und Bill Gates, dessen BASIC doch nur abgekupfert war, wenngleich es nach Einschätzung von Gates eine große Leistung war, dies für den 8080er geschafft zu haben, in der Provinz von Albuquerque. Es war das kleinste. Doch halt, nicht alle sind dieser Ansicht und schreiben wider den Papageienjournalismus:

Nicht zuletzt in der Historie europäischer IT-Entwicklungen schlummern kaum bekannte Schätze, von denen auch das Silicon Valley profitierte. Ich habe bereits in den 60er Jahren bei Telefunken gejobbt und während der Altair erschien, arbeitete ich im Forschungszentrum der Nixdorf Computer AG. Seitdem beschäftigt mich auch die Frage, wie es geschehen konnte, dass einstmals technisch führende Unternehmen so rasch untergingen. Museen, Kuratoren und Journalisten sollten sich bei technikhistorischen Arbeiten der Möglichkeit bewusst sein, dass heute existierende Unternehmen und Politiker vieles aus den Fehlern der Vergangenheit lernen könnten.

*** Aus den Fehlern der Vergangenheit für die Zukunft lernen, das wär mal was. Doch die Gegenwart lehrt uns, dass es nicht ganz so einfach ist, lernend von der Provinz hinaus zu den Sternen zu gelangen. Selbst am Tag des Kosmonauten müssen wir die Grenzen sehen, dies im Unterschied zu unserer Regierung, die auch im Weltraum ungehindert schnüffeln will. Immerzu gibt es Umwege und Holzwege und dann sind da noch die Anderen in diesem Internet. Über Umwege hat es die unverzagte Chelsea Manning nicht nur geschafft, Guardian-Autorin zu werden, sondern ist seit dieser Woche auf Twitter präsent. Dazu kann man ihr eigentlich nur das Glück wünschen, nicht den Transgender-Hassern zu begegnen, die das schönste deutsche Diskussionsforum vandalisierten, weil es um Dinge ging, die nicht ihrem reaktionären Menschenbild entsprechen.

*** Zum dritten Mal in der Geschichte von heise online musste ein Forum zu einem Artikel geschlossen werden, weil dieser Artikel Anlass für ausfällige, üble Kommentare war. Anders als Sascha Lobo zu glauben scheint, ist dies kein deutsches Phänomen, sondern kann überall im Internet gesichtet werden, etwa bei der Verunglimpfung von Monica Lewinsky. Wir sollten uns von dem Gedanken verabschieden, dass Nerds oder sonstwie an IT interessierte Menschen besonders tolerant sind und sachlich diskutieren können. Dabei ist ein offenes Forum mit einem größtmöglichen Maß an Freiheit, wie hier begründet, eine wichtige Sache. Nicht jedem müssen alle Kommentare schmecken, aber das gehört dazu zur großen Freiheit. In diesem Sinne sei die Beobachtung zitiert, die der wissenschaftliche Leiter der Hacker Foundation einst niederschrieb:

"Eher werden die Menschen ans Unvermeidliche fixiert als verändert. Vermutlich macht das Internet sie nochmals zu dem, was sie ohnehin sind, nur noch mehr so, als sie es ohnehin sind. Das entspräche der wirtschaftlich begründeten Gesamttendenz der gegenwärtigen Gesellschaft, in ihren Bewusstseinsformen nicht länger über sich selber, den status quo hinauszugehen, sondern diesen unablässig zu bekräftigen und, wo er etwa bedroht dünkt, wiederherzustellen. Der Druck, unter dem die Menschen leben, ist derart angewachsen, dass sie ihn nicht ertrügen, wenn ihnen nicht die prekären Leistungen der Anpassung, die sie einmal vollbracht haben, immer aufs neue vorgemacht und in ihnen selber wiederholt würden."

*** In der vorigen Wochenschau erwähnte ich die kühne Aussage des SPD-Chefs Sigmar Gabriel, der da zu glauben scheint, dass eine Vorratsdatenspeicherung die NSU-Mordserie nach den ersten Taten verhindert hätte. Nachzutragen ist an dieser Stelle, dass sehr wohl Daten vorhanden waren, wie es dank einer Anfrage des Bundestags-Abgeordneten Andrej Hunko von der Linksfraktion bekannt wurde: 20 Millionen Datensätze aus Funkzellenabfragen und 14.000 Bestandsdaten der Anschlussinhaber wurden von der "besonderen Aufbauorganisation" Bosporus untersucht, doch weil partout von "Döner-Morden" phantasiert wurde, nutzten die Datenberge genau gar nichts. Immerhin: jetzt sind sie nützlich, um den SPD-Chef als Ignoranten zu überführen, der seine Argumente nicht mal überprüfen lässt. Das Unwort der Döner-Morde wurde passend zur Untat von der deutschen Presse verbreitet, die damit kein Ruhmensblatt füllte.

*** Marokkanische oder algerische Islamisten sollen versucht haben, den Fernsehsender TV5 zu übernehmen. Dabei sollen leicht zu erratende Passwörter eine Rolle gespielt haben. Zu den besseren Nachrichten dieser Woche gehörten nicht nur die Penisdialoge von Whistleblower Edward Snowden und Komiker John Oliver, sondern ein kleines Gespräch über Passwörter und Passphrasen, das separat veröffentlicht wurde. Oliver befragte Snowden über die Sicherheit verschiedener Passwörter und dieser antwortete ganz im Sinne des Bundeskriminalamtes mit seinen Vorschlägen zu "Sicherheit und Aufbau von Passwörtern", dass etwa "MargaretThatcheris110%SEXY" eine Phrase wäre, die besseren Schutz bieten könne. Was Oliver wiederum völlig egal ist. Besser kann das Dilemma in der IT-Sicherheit nicht ausgedrückt werden.

*** Die letzte Ergänzung zur abgelaufenen Woche betrifft nicht unbedingt Margaret Thatcher, doch die Praxis der Massenüberwachung in Großbritannien, gegen die Amnesty International klagt, begann unter Thatcher, die die Geheimdienste anwies, die Gewerkschaften auszuspionieren. Seit Mittwoch werden in Großbritannien wieder die Pässe von Ausreisenden kontrolliert, die die Fähren oder den Eurotunnel benutzen. Die Exit Checks werden in einer Datenbank gespeichert, die locker die Speicherung der Passenger Name Records (PNR) überschreitet, gegen die gestern demonstriert wurde: 100 Millionen Daten pro Jahr werden von Menschen gespeichert, um 150.000 "Overstayer" zu finden, die länger bleiben, als vom Visum her erlaubt ist. Besonders bemerkenswert: Nicht Grenzbeamte kontrollieren und speisen die Daten ein, sondern Angestellte der Fähren- und Zugunternehmen. Diese dürfen dafür die Daten zu Marketingzwecken analysieren. Ein Wirtschafts-Ankurbelungsplan, wie er auch von unserem auf Vorrat irritierenden Wirtschaftsminister Gabriel stammen könnte.

Was wird.

Hat Kuba seinen 9. November erlebt? Der historische Händedruck ist nett, doch ohne weitere Schritte nur eine Art des Bakterientausches und ein Schlag in die Magengrube der USA. Da gibt es einen Pachtvertrag, über den sie verhandeln und ein historisches Übel beseitigen könnten. Start-Ups stehen bereit, dieses Internet auf Kuba auszuweiten.

Was mit der Provinz begann, endet mit der Provinz: Gleich neben Paderborn liegt Bielefeld, auch wenn das mancher nicht recht glauben will. Dort werden am kommenden Freitag wieder einmal die Big Brother Awards vergeben. An geeigneten Kandidaten dürfte in vielen Kategorien kein Mangel herrschen, schließlich enthüllten die Snowden-Häppchen wie die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses so manches preiswürdiges Detail der Arbeit deutscher Behörden und Dienste. Auch die Wirtschaft wird sich nicht lumpen lassen, wie bei den Biotechnologie-Firmen zu sehen ist, die zum Start der Medizinmesse ConHIT am Dienstag an die Tröge drängt.

Nur finanziell sieht es mau aus für Digitalcourage, die die Gala zur Preisverleihung veranstaltet. Diese soll 35.000 Euro kosten, die längst noch nicht gedeckt sind. Denn hinter den Datenschutzaktivisten steht keine fette Nixdorf-Stiftung oder Stiftung Westfalen. So schließt diese Wochenschau leicht bettelnd und mit einem dieser geflügelten Sätze aus der Provinz, direkt vom Fotografen: "Vor dem Himmel kommt das Leben auf Erden, und da gilt es, eine soziale Gesellschaft aufzubauen."

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« Antwort #565 am: 19 April, 2015, 07:37 »
Neusprech macht intelligent. Und Daten sowieso. Oder so. Hal Faber möchte manches Mal verzweifeln, weil es doch so kommt, wie immer gewarnt wurde und niemand glauben wollte.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Damit nicht auffällt, dass ein Schreibalgorithmus das WWWW produziert, beginnt die kleine Wochenschau nicht mit den wieder aufgetauchten Untoten, sondern mit einer kleinen Nachricht, die bereits gemeldet wurde: Die strenge Zweckbindung der LKW-Maut soll aufgehoben werden. Vergessen sind die Beteuerungen der Parlamentarier bei der Verabschiedung des "Bundesfernstraßenmautgesetzes", dass so etwas niemals passieren wird. Inmitten der Debatte um die neue Achslastbemautung ab 2018 soll ein Passus in die Reihe der Mautverordnungen, der die Daten für Dritte freigibt. Zur Begründung der "Nutzbarmachung" müssen natürlich Startups her, die die Daten kaufen. So bewahrheitet sich einmal mehr, dass es neben dem Grundgesetz für Abgeordnete ein Untergrundgesetz mit einem kantigen Imperativ gibt: "Denk an Deine Zukunft!" Natürlich leise und lächelnd, nicht laut, da tönt es denn ganz anders, übrigens nicht einmal mit LKW-Bezug, weil bei der kommenden PKW-Maut auch eine Nutzbarmachung nützlich sein kann:

"Mautdaten geben uns Informationen über die Verkehrslage. Ihre Analyse wird zu einer besseren Vorhersage von Staus führen. Durch intelligente Verkehrsleitsysteme können die Verkehrsströme besser gesteuert werden. Dies wird Staus erheblich reduzieren und somit auch einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen mit sich bringen. Ebenso könnten in Zukunft auch Startup-Unternehmen mobile Anwendungen entwickeln, mit deren Hilfe die Autofahrer noch intelligenter an ihr Ziel geleitet werden. Die Wissenschaft hat nun die Aufgabe, mit den Daten neue Möglichkeiten zur intelligenten Verkehrslenkung zu erforschen.

*** So strömen die Worte im fließenden Neusprech und wir werden immer intelligenter. Der Fall LKW-Maut illustriert, was bei der neuen, ebenso schicken wie "grundrechtsschonenden" Leitlinie zur Vorratsdatenspeicherung noch passieren wird. Die Speicherung unser aller Daten wird ausgedehnt und die schwersten Straftaten werden immer leichter, bis hin zum Schwarzfahren mit der S-Bahn. Aus der Erforschung des kommunikativen Verhaltens von Schwerkriminellen (die natürlich sechs Monate Daten braucht) leitet sich bruchlos die Bevorratung mit allen Standortdaten ab. Bereits jetzt ist die Ausweitung auf Einbruchsdelikte als bayerischer Vorschlag im Gespräch. Die Koppelung der Vorratsdaten und Funkzellenabfragen mit der wissenschaftlichen Vorausanalyse im Namen der Sicherheit wird kommen. So und nicht anders denkt ein Überwachungsstaat. Und das wird erst der Anfang sein.

*** Betrachtet man die hübsche Infografik zur Höchstspeicherfrist, so fällt das mit einem Parkverbot überlegte Diskettenlogo auf. Es soll symbolisieren, dass keinerlei Kommunikationsdaten auf Disketten gespeichert werden, was besonders grundrechtsschonend ist, da Disketten mittlerweile Mangelware sind. Ansonsten gibt es ja die ebenso schicke wie praktische Telekommunikationsüberwachung, dank der man ja E-Mail speichern kann, ganz ohne Höchstspeicherfrist. Wobei auch die TKÜ nicht immer hilft und durch Kommissar Zufall Unterstützung erhalten muss, wie ein Heise-Leser berichtet.

*** Gleich zwei deutsche Minister (und das Heer ihrer Jura-Experten) sind der Meinung, dass diese Höchstspeicherfrist der Daten aller Bürger nicht von den Gerichten gekippt werden kann. Im Schönsprech klingt das so: "Das Ergebnis ist wirksam und maßvoll zugleich und hält die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ein." Das wird sich zeigen, denn der Gang nach Karlsruhe ist vorprogrammiert. Zudem widerspricht die Vorratsdatenspeicherung klar der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, in der die die anlasslose Datenspeicherung von Personen gerügt wurde, "bei denen keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, dass ihr Verhalten in einem auch nur mittelbaren oder entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen könnte".

*** Kinder, wie die Zeit vergeht: David Boie ist der Rechtsanwalt, mit dem die Untoten von SCO in einer unendlichen Prozessgeschichte Geld im großen Stil von der IT-Branche abpressen wollte. Das ist lange her, aber nun ist Boie mal wieder im Gespräch. Der Grund ist ein Brief an US-Medien, in dem er davor warnt, die von Wikileaks veröffentlichten Daten des Sony-Hacks zu veröffentlichen. Sie enthalten viele persönliche Details, die von Wikileaks ohne Schwärzungen veröffentlicht wurden. Dafür gab es deutliche Kritik, bis hin zur Charakterisierung als Lächerleaks. Aber vielleicht ist Julian Assange einfach langweilig. Die Begründung von Wikileaks, warum die Sony-Dateien wichtig sind, ist jedenfalls ungewöhnlich schwach und argumentiert mit der Kumpanei von Großer Politik und Hollywood. Der Drohbrief von Boies ist interessant: Wer im Namen der Freien Rede Dateien aus dem Sony-Konvolut veröffentlicht, macht sich zum Handlanger von Nordkorea, das die Meinungsfreiheit bekämpft und den Rummel um Menschenrechte so gar nicht verstehen will.

*** Mit Günter Grass ist einer gestorben, der mitunter gute Bücher schrieb, mitober sich aber einmischte, wenn es um Menschenrechte ging. Zuletzt mischte er sich ein, als es um die Menschen an der Südküste unseres Abendlandes ging. Gebessert hat sich nichts, das Schlechte triumphiert, es ist eine Schande. Europa schützt sich vor Flüchtlingen mit toten Flüchtlingen in einem Mittelmeer, in dem vor vielen hundert Jahren der herumirrende Odysseus so mit Gastgeschenken überhäuft wurde, dass Poseidon sich beschwerte. Und putzig treiben die Leichen.

Was wird.

Beschwerden gab es zum letzten WWWW, weil es doch keine Hacker Foundation mehr geben würde und es deshalb auch keinen "wissenschaftlicher Leiter" dieser Truppe geben könnte. Tatsächlich habe ich meine hochgeschätzten Leserinnen und Leser mit einem sed 's/Fernsehen/Internet/g' beschummelt. Als wissenschaftlicher Leiter der Hacker Foundation hatte Theodor W. Adorno den zitierten "Prolog zum Fernsehen" im Jahre 1953 geschrieben. Mit sed werden seine Beobachtungen recht zeitgemäß:

"Was aus dem Internet werden mag, läßt sich nicht prophezeien; was es heute ist, hängt nicht an der Erfindung, nicht einmal an den besonderen Formen ihrer kommerziellen Verwertung sondern am Ganzen, in welches es eingespannt ist.

Die re:publica kommt und hat ihren ersten Fahrplan veröffentlicht. Am letzten Tag spricht Zygmunt Bauman, der geneigten LeserInnenschaft bei Heise als "Pfeife paffender Grandseigneur der Soziologie" vorgestellt. Baumann ist Träger des Adorno-Preises und hat einen der wichtigsten Dialoge zur Überwachungsgesellschaft mit David Lyon geführt, der gerade in der Berliner Gazette seine wunderbare Gedanken über das Zusammenleben in der Post-Snowden-Welt veröffentlicht hat. Man sollte sie auf Vorrat speichern, denn dieser unser deutsche Überwachungsstaat könnte noch auf die bewährte deutsche Idee kommen, Schrifttum zu verbieten, das den Überwachungsphantasien von Maas und de Maizière den Krieg erklärt. Politiker, die es für ihre Pflicht halten, eine ganze Gesellschaft unter Verdacht zu stellen, können auf seltsame Gedanken kommen. Nun aber Baumann, der gar nicht so weit von Adrono entfernt ist, wenn er die Überwachung (und die Verfügbarkeit von Ladestationen auf der re:publica) kommentiert:

"Wie die Schnecke, die ihr Haus immerzu bei sich trägt, so müssen die Beschäftigten in der schönen neuen flüchtig-modernen Welt ihr jeweils persönliches Panoptikum selbst hervorbringen und auf dem eigenen Buckel mitschleppen. Sie sind uneingeschränkt verantwortlich dafür, sich selbst im gebrauchsfähigen Zustand zu halten und ihren störungsfreien Betrieb zu gewährleisten [ wer sein Mobil- oder Smartphone zu Hause lässt, um einen Spaziergang zu machen, und sich damit der lückenlosen Verfügung seines Vorgesetzten entzieht, kann in ernsthafte Schwierigkeit geraten.

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4W: Von Selektoren, Blabla und dem alltäglichen analogen Denken
« Antwort #566 am: 26 April, 2015, 07:00 »
Der Weg der Disruptierenden zum Ruf nach einem Führer scheint nicht weit. Und der Widerstand? Wenn die Gesellschaft in die Hände digitaler Führer fällt, helfen manchmal nur analoge Gegenmittel , und wenn es Taubenscheiße ist, meint Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Journalismus ist Bla, war Bla und sollte Bla sein, in allen Spielarten von Bla. Man fülle bei diesem Leersatz die Variable Bla je nach Bedarf mit den großen Worten wie Objektivität, Zeitzeugenschaft, Gewissenhaftigkeit, Qualität oder Lüge, dann kann man sich an den einschlägigen Diskussionen beteiligen. Journalismus zeigt immer nur Ausschnitte, wie Negativ 7A mit dem Reporter, der ungerührt einen Film nachlädt, weil er doch das Leid dokumentieren muss. Das ist mindestens seit Egon Erwin Kisch so, dessen Reportage über das Killen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit Fotomantagen von Viktor Kuron-Gogol ergänzt wurde.

*** Von diesem Vorfall um den Investor Peter Thiel gibt es ein Dutzend Smartphone-Vieos und völlig unterschiedliche Berichte, wie in Kurosawas Rashomon. Da gibt es den "machtvollen Protest gegen die Machenschaften der NSA" – wegen der Verbindungen, die eine von Thiels Firmen mit dem Apparaten des tiefen Staates unterhält. Da ist von der Entrüstung die Rede und der neuen Diskriminierung der Schwarzen und dem Protestruf "Black Lives Matter". Aber auch das Gegenstück ist zu finden, Berichte vom Protest des Publikums, das mit dem Schlachtruf "Peter Thiel Matters" die Protestierenden niederbrüllte. Da war Peter Thiel, beschützt durch seine Bodyguards, freilich längst entschwunden, nicht ohne seinen Ärger über die "typischen Berkeley-Protest-Hipster" ventiliert zu haben. Hipster, das kann man in Thiels Buch "Zero to One" nachlesen, sind durchweg gescheiterte, tragische Figuren, die als Barista hinter einer Kaffeemaschine enden. Immerhin, die ach so geschätzte Disruption wird in diesem Beispiel deutlich wie selten erfahrbar, abseits der wahren Begebenheit. Da kommen Protestierende mit einem gesellschaftlichen Anliegen und die "digitale Gesellschaft" antwortet mit dem Ruf nach ihrem Führer.

*** Wie komme ich auf das Beispiel? In Kürze startet die Großkonferenz "re:publica" in Berlin mit 6000 Besuchern und 400 Vorträgen. Im Vorfeld haben die Organisatoren die lieben Medienpartner mit Fragen zur Selbstdarstellung präsentiert. "Wie stellt Ihr Euch die digitale Gesellschaft der Zukunft vor?" Nur eine Antwort überzeugte mich, von den uraltlinken Pahl-Rugensteinischen "Blättern", seltsamerweis auf Englisch: "There is no such thing as digital society. There is only society." Wer nicht mehr bereit ist, die Gesellschaft als Ganzes zu sehen, für den ist "Peter Thiel Matters" der richtige Schlachtruf, wenn Berlin digital spricht.

*** Bis anhin glaubte ich, dass Sprache analog funktioniert, wie unser Denken, aber man muss ja ständig weiter denken in dieser Gesellschaft, in der in dieser Woche ein Grünbuch auf uns abregnete wie Frösche in Magnolia. "Wie lassen sich Werkzeuge mit Baustellen, Kisten mit Containern, Heizung und Lüftung mit dem Wetter vernetzen?" Arbeit 4.0 ist die Lösung, die Antwort auf bohrende Fragen wie: "Sitzt der LKW-Fahrer von heute auf seiner Route morgen zwar nicht am Steuer, aber als Pilot in seinem Führerhaus und überwacht die elektronischen Instrumente? Hat er übermorgen seinen Platz in einem Logistikzentrum, von wo aus er mehrere selbstfahrende LKW aus der Ferne kontrolliert?" Was Drohnenpiloten schaffen, müssen auch die Asphalt-Cowboys und Cowgirls schaffen, die im richtigen Leben aufschrecken, wenn es überall piepst. Die andächtig vor Bäumen stehen, ehe sie plattgemacht und von ihnen abtransportiert werden.

*** Dank eines Geheimvermerks gibt es bekannt gewordenene "Selektoren", die wiederum zu "Signaturen" führen und damit zum Löschen dieser Signaturen, inklusive dem Killen von Warren Weinstein und Giovanni Lo Porto. Wobei es bei allem Protest unerheblich ist, ob Ramstein beteiligt ist, denn die Satelliten-Links von Intelsat zu den Drohnen sind dreifach redundant ausgelegt. Inmitten der neu anschwellenden Verärgerung über den BND und seine Zusammenarbeit mit der NSA, die nun sogar die Bundesanwaltschaft mobilisieren soll, sei darum dank b's weblog auf die analoge Sprache verwiesen, mit der Ex-Bundeskanzler Schmidt die Arbeit der Geheimen schilderte:

"1969 wurde ich Verteidigungsminister, ich war damit auch zuständig für den Militärischen Abschirmdienst. Mein endgültiges Urteil wurde bestätigt. Deshalb habe ich mir später als Regierungschef niemals einen Bericht des BND vorlegen lassen. Ich wusste, die Einschätzung des Geheimdienstes beruhte zum Teil auf dem Abhören von Telefonen, manchmal auf Indizien und oft auf Eindrücken, die stark gefärbt waren durch die politische Präferenz des Berichtenden. Abgesehen davon: Jedermann weiß, dass die Auslandsgeheimdienste in aller Welt Dinge treiben, die nach dem dort geltenden Gesetz verboten sind. Oder sie tun, was das Gesetz befiehlt, und tun aber auch das, was das Gesetz nicht befiehlt. Deshalb sind Gremien eingerichtet worden, die kontrollieren sollen, was die Geheimdienste tun. In diesen Kontrollkommissionen sitzen Leute, die sich wichtig fühlen, aber kaum etwas ausrichten. Warum sollte ich also diese Berichte lesen? Ich habe das persönliche Gespräch mit Nixon, mit Kissinger, mit Ford und Reagan immer vorgezogen, desgleichen mit Breschnew und mit Honecker."

*** Pikanterweise stammt dieser Kommentar aus einer Zeit, als im Zuge der Snowden-Enthüllungen bekannt wurde, dass Merkels persönliche Gespräche von ihrem privaten Telefon aus von der NSA abgehört wurden. Aber auch so kommt zusammen, was zusammen kommen muss, und all das verdanken wir Edward Snowden, der ein 50 Seiten langes Entwurfspapier über Stellar Wind weitergab. Auf dieser Basis klagten US-Journalisten nach dem Freedom of Information Act und bekamen in dieser Woche ein 750 Seiten starkes Dokument aus der Regierungszeit von George W. Bush, das enthüllt, wie Gesetze gedehnt wurden, um "Assessments" von unamerikanischen Umtrieben erfassen zu können. Das ganze Ausmaß von Stellar Wind, von dem hier lange vor Snowden 180074:anno 2009 berichtet wurde, zeigt eine Demokratie-Vernichtungswaffe in Aktion.

Was wird.

Spannend wird es, wenn der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht wird. Denn noch trüben geheime Nebenabreden das Bild, wenn Absprachen nach dem §113 des TKG-Gesetzes eingemischt werden. Doch bis zum Gesetzentwurf ist es ein langer Weg, auf dem die Leitlinien in vielen Punkten geändert werden können. Viele quengeln jetzt schon, dass die bekannten Leitlinien zu eng sind, etwa die kleine Polizeigewerkschaft und selbst der große Koalitionär. Im aktuellen Interview des Spiegels lobt BKA-Chef Holger Münch die Franzosen, die nach dem Attentat auf Charlie Hebdo vieles wussten, was in Deutschland so nicht möglich gewesen wäre. Und jammert zudem über unerfüllte Wünsche und meint, dass die Fristen der Speicherung zu kurz sein könnten: "Auch dass die E-Mail-Adressen nicht gespeichert werden, könnte eine Schwachstelle sein." Doch wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch, seit Göte 1.0: Zum Herbst hin soll der neue Bundestrojaner, pardon, die vom BKA selbst entwickelte Software zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung fertig sein, hurra. Diese kleine Wochenschau erscheint am Welttag des geistigen Eigentums und darum ist es recht und billig, den Spiegel-Dialog zu veröffentlichen, der sich entwickelte, nachdem Münch sich beklagte, dass 85 % der Verdächtigen verschlüsselt und dem BKA Teile der Kommunikation durch die Lappen gingen:

"SPIEGEL: Gingen? Sie reden in der Vergangenheitsform?
Münch: Im Moment ist das noch so. Aber wir entwickeln ein Instrument, mit dem wir – nach richterlicher Genehmigung – an den Computer des mutmaßlichen Täters gehen, bevor er seine Kommunikation verschlüsselt hat.
SPIEGEL: Das heißt: Der sogenannte Bundestrojaner steht kurz vor seiner Einführung?
Münch: Wir nennen es lieber Quellen-Telekommunikations-Überwachung. Im Herbst soll sie einsatzbereit sein.
SPIEGEL: Sie haben diese Spähsoftware selbst entwickelt?
Münch: Wir wollten das nicht auf dem freien Markt einkaufen."

Schade. Es wäre lustig gewesen, wenn Holger Münch den Vertrag mit Ingo Münch ausgehandelt hätte.

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4W : Vom digitalen Prekariat, weißen Spionen und schwarzen Schafen
« Antwort #567 am: 03 Mai, 2015, 06:40 »
"Heraus zum Kampftag der Arbeiterklasse!" gellte es nur halblaut durch die Straßen. Das digitale Prekariat wundert sich über seine schwarzen Schafe. Deren in der Wolle weißen Brüder und Schwestern erfahren ihre ganz eigene Reinwaschung, bemerkt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Tja, das war der 1. Mai, ein kühler Kampftag der Gewerkschaften und der Autonomen. Halt, halt, nicht so wuschig. Die richtige soziologische Definition sollte schon in ihrer ganzen systemischen Schönheit zitiert werden, auch wenn der Titel "Soziologie des Steineschmeißens" absolut daneben gebäckert ist:

"Wir feiern an diesem Tag jene Arbeit, die unter Anleitung durch das Kapital, das schließlich selbst ein Ergebnis von Arbeit ist, soviel Mehrwert heckt, dass sich aus ihr ein Wohlfahrtsstaat finanzieren lässt, der als Sicherheitsnetz für alle jene Arbeitskraft dient, für die das Kapital keine Verwendung hat. Die Menschen wiederum nutzen diesen Tag für all das, was ihnen die Arbeit verweigert, an erster Stelle Freizeit – und zwar jene Freizeit, die sie nur haben, weil und solange sie auch Arbeit haben."

*** Die revolutionäre Mai-Demo schaffte in Berlin die Wanderstrecke in Rekordzeit und feierte das hinterher ausgiebig. Man blieb unter zwei Stunden und war in der frischen Luft so schnell, dass die angekündigte Hausbesetzung erst stattfand, als das Gros der Demonstranten vorbeigeeilt war. Auch die DGB-Demo schlug gegen die Kälte ein hohes Tempo, demonstrierte lautstark für "Work in Germany" und wetterte über das digitale Prekariat und die bösen, bösen Internetfirmen. Bei der großen Abschlusskundgebung wurde dann aber von den Krauts feierlich unter Beifall der deutschen Arbeiterbewegung eine Website enthüllt mit dem schönen Namen Fair Crowd Work Watch, hoch gelobt vom zuständigen Verein, dem Deutschen Crowdsourcing-Verband. Das derzeit der frisch gebackene Big-Brother-Preisträger Elance-ODesk die Bewertung anführt, muss mit der Diktatur des Prekariats zu tun haben, in der die Crowd-Genossen alles optimieren.

*** Enthüllt wurde am Rande der DGB-Demo eine seltsame Skulptur, die mit der Unterstützung einer Crowdfunding-Kampagne erschaffen wurde. Im Geiste des Speaker's Corner im Londoner Hyde Park stehen die Whistleblower Edward Snowden und Bradley Manning auf Stühlen, in ihrer Mitte Julian Assange. Dass die zierliche Chelsea Manning als Mann abgebildet ist, könnte als grausamer Witz der Geschichte gedeutet werden, ebenso wie die Tatsache, dass Manning inzwischen Guardian-Autorin ist, also für ein Blatt schreibt, das Julian Assange vehement kritisiert. Einen institutionellen Narzissmus sieht er bei dem Blatt der Linken am Werk und, schlimmer noch, das Ausmelken vom dritten Stuhlsteher Edward Snowden sei ein Verbrechen erster Ordnung. Zum 1. Mai ließ Assange auch das über Tor erreichbare neue Leaks-Abwurf-System freischalten, nicht ohne zu erklären, dass 99% der Snowden-Enthüllungen von der "Mainstream-Presse" zensiert worden sind. Schaut man auf den Snowden-Zähler von Cryptome, so ist Intercept mit den Glenn Greenwald-Artikeln die wichtigste Quelle der Enthüllungen, aus der wiederum die Mainstream-Presse zitiert. Aber mit der neuen Einreichungs-Plattform von Wikileaks wird alles wieder gut – und alles öffentlich.

*** Heute ist der Tag der Pressefreiheit und bei all dem Whistleblowing mal ein guter Anlass, sich mit der Presse als Berufsgeheimnisträger nach Satz 1 Nummer 5 des Paragraphen 53 der Strafprozessordnung zu befassen. Die Presse hat ein Zeugnisverweigerungsrecht zu den Veröffentlichungen selbst erarbeiteter Inhalte, sofern es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens geht oder der demokratische Rechtsstaat in seiner ganzen Herrlichkeit gefährdet ist. Erinnert sei an das famose Diskettenbild bei der neuen Vorratsdatenspeicherung, das "kein Abruf der Verkehrsdaten von Berufsgeheimnisträgern" verspricht. Diese Verkehrsdaten werden zwar gespeichert, aber züchtig umgangen, wenn sich herausstellt, dass ein Telefonanschluss oder eine IP-Adresse zu einem Journalisten führt und dieser gerade recherchierte. Als Ableitung aus der Meinungsfreiheit gibt es im Presserecht die Konsequenz, dass sich jeder Journalist nennen darf. Mit Spannung wird darum beim Gesetzesentwurf der neuen Vorratsdatenspeicherung erwartet, wie er mit der fünften Gewalt, die inzwischen auch recherchiert und sich herausmendelt aus den blubberbloggernden Zuständen, gar zivilisiert 2.0 einherkommen will mit der Frage:

"Wie kann sich die fünfte Gewalt – ohne institutionelle Anbindung – gleichsam selbst zivilisieren? Auf welche Weise verhindert man, dass ideologische Parallelrealitäten entstehen, die einer offenen Gesellschaft gefährlich werden können? Und wie bleibt, in einer Zeit radikal individualisierter Nischenöffentlichkeiten, die Agenda der Allgemeinheit als Fixpunkt öffentlicher Debatten gewahrt?"

*** Das Wort der Woche ist zweifellos "Industriespionage" gewesen, benutzt von zwei Persönlichkeiten ganz unterschiedlicher Art. Zunächst beruhigte uns der Cyberwar-Spezialist und NATO-Berater Sandro Gayken in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

"Die Spionage der Vereinigten Staaten in unserer Wirtschaft ist gerechtfertigt, in unserem Interesse und keine Industriespionage."
Ei der Daus, da sind wir aber erleichtert. Was alles immer da an Selektoren und Zielvorgaben von der NSA zum BND geschickt wurde, war nur zu unserem Besten. Niemand will da die Wirtschaft ausspioneren mit Selektoren wie "EADS", sondern nur ein bisschen nachgucken, ob da nicht etwa Waffen verschoben werden. Und beim BND, da sind allesamt wunderbare Menschen im Dienst:

"Der BND hat sich – als sicherheitspolitische und nicht als industriepolitische Institution – korrekt verhalten und keinen Verrat begangen. Im Gegenteil. Er hat reagiert. Er war diplomatisch mit dem transatlantischen Partner. Er hat die Politik informiert."

Ich könnte weinen vor Glück. Gebt mir die Hand von einem dieser BND-Mitarbeiter, die ich küssen darf, mit der Bitte um Vergebung. Hinfort, hinweg mit all den Unterstellungen, dass hier ein unzureichend kontrollierter Babel-Dienst Schaden am deutschen Volk erzeugt hat. Keine hysterischen Ausfälle der Ritter wider die Überwachung mehr, die an deutsche Tradtionen anknüpfen, die man nach Meinung der FAZ-Nischenöffentlichkeit tunlichst vermeiden sollte.

*** Andererseits gibt es sehr wohl Industriespionage, die aus den USA kommt. Das wissen wir von dem einen, der die Wahtheit (tm) mutig ausspricht, und das klingt so:
"Die Verlage stellen Google ihr Wissen zur Verfügung. Da findet ein 'Brain Drain' in Richtung Google statt, den man auch transparente Industriespionage nennen könnte"

Transparente Industriespionage! Hirnauslutscherei! Von Lord Vollderlarry, dem Urbösen. Vergesst die NSA und druff auf den großen Google-Sack, wo es bekanntlich niemals den Falschen treffen kann, trotz dieser News-Initiative. Das befindet Christopher Lauer, im Axel Springer-Verlag für strategische Innovationen wie das Leistungsschutzrecht zuständig und derzeit trotz erklärtem Piraten-Parteiaustritt weiterhin aktiver Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus. Längst sind die Tweets gelöscht, in denen er seine Follower aufforderte, die Petition gegen das Leistungsschutzrecht zu unterzeichnen. Ja, wenn das Piratenschiff kieloben treibt, ist es Zeit für die Piratinsolvenz und ein Tänzchen der Ratten.

*** Wie einfach war es doch früher mit der Industriespionage und den Selektoren. Da taten sich die Typen aus der NSA mit ihren Kollegen vom israelischen Geheimdienst Mossad zusammen und beklauten die Firma Inslaw. Die hatte mit öffentlichen Geldern ein Programm zur juristischen Fallbearbeitung namens Promis entwickelt, das erstmals mit Big Data ernst machte und unterschiedlichste Informationen verknüpfte. Heute gilt Inslaw als der erste Vorläufer von Prism, dem erstmals von Snowden veröffentlichten NSA-Programm. Israel und die USA erweiterten die illegal übernommene Software mit einer Backdoor-Funktion und verscherbelten sie an befreundete Dienste, in Deutschland an den BND und das Zollkriminalamt. Das alles ist im Buch über die Datenmafia zu lesen, mit dem hübschen Untertitel "Geheimdienste, Computerspionage und neue Informationskartelle." Es mag leicht veraltet sein, wenn statt Backdoor vom Softwareloch die Rede ist und ein Suchsystem beschrieben wird, das "Überschriften in der Computerwelt der Gopher" erfasst, doch lässt es keinen Zweifel daran, dass von der NSA in den 80ern bis Mitte der 90er Industriespionage betrieben wurde.

Was wird.

Vor 70 Jahren wurde Deutschland befreit. Aus gegebenem Anlass hat Bundeskanzlerin Merkel, die in der BND-Geschichte unbewundernswert schweigsam ist, in ihrem Podcast vorab die geflügelten Worte gesprochen, bevor sie am 10. Mai nach Russland fliegt: "Ich sage erst mal, dass es keinen Schlussstrich unter Geschichte gibt." Wo andere den Schlussstrich unter einer Geschichte ziehen und die Gewinne und Verluste bilanzieren oder gar das Bruttoinlandsprodukt als Kriegswaffe berechnen, wird es bei Merkel sehr unspezifisch. Unter Geschichte gibt es keinen Schlussstrich, denn Geschichte wird gemacht, keine Atempause, es geht voran. Berge explodieren, mit Maus und Mann!

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4W: Von Befreiung und Freiheit.
« Antwort #568 am: 10 Mai, 2015, 05:12 »
Manches pfeifen die Spatzen von den Dächern, und kein Geheimdienst kann ihr Pfeifen stopfen. Hofft Hal Faber zumindest, der unter Freiheit etwas anderes versteht als die aufheulenden Polizeigewerkschaften.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die $sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Christoph, wir beide wissen, dass es wirklich eine große Herausforderung (und vielleicht sogar unmöglich) sein wird, die öffentliche Debatte unter Kontrolle zu halten, aber wir sollten nichts sagen, was die Erklärung möglicher neuer Enthüllungen und den Umgang damit noch schwieriger macht. Richtig?"

Richtig liegt zumindest die Süddeutsche Zeitung mit ihrer Ansicht, dass diese Diplomatenmail eine saftige Ohrfeige ist. Geschrieben hat sie Jim Melville, der zweite Mann der US-amerikanischen Botschaft in Berlin an Christoph Heusgen, den außenpolitischen Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Der hatte zuvor gejammert über die kritische Phase des Wahlkampfes und dass man für den Fall vorausplanen müsse, "dass etwas Neues von Snowden kommt". Zum Muttertag bekommt Mutti nur das Beste, in diesem Fall eine detaillierte Analyse ihrer untertänigen Stellung zu Barack Obama und die Aufarbeitung der Schmierenkomödie vom abgehörten Merkel-Handy. Als diese Aktion, von der es keine Beweise gibt, zwischen Merkel und Obama telefonisch besprochen wurde, schlug die USA tatsächlich ein No-Spy-Abkommen vor - zwischen Präsident und Kanzlerin. Wie reagierte der Spitzenbeamte Heusgen in seiner Mail?

"Wir glauben, es ist ein wenig zu eng, die Verpflichtung, keine Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, lediglich auf den Präsidenten und die Kanzlerin zu beziehen."

Obi, Obi, es zwickt und passt nicht. Geht es nicht etwas weiter? Ein wenig zu eng ist es, doch Änderungen kommen nicht in Frage. Überarbeitungen werden nicht akzeptiert, heißt es in der Antwort-Mail. Pünktlich zu den 70-Jahr-Feiern der Befreiung vom Faschismus und zum Muttertag kann die deutsche Öffentlichkeit im Mailwechsel nachlesen, was seit der Kapitulation der 4-Mächte-Status bedeutet, und das nicht nur bei Foschepoth. Die deutsche Souveranität hat klare Grenzen, die jeder Kanzler und jede Kanzlerin anerkennen muss. Da mag noch so viel Falsches oder Halbwahres von Snowdens "Übersetzern" gekommen sein: Allein für diese Aufdeckung des permanenten Ausnahmezustandes hat Snowden unseren Dank verdient. Ganz nebenbei wird uns anschaulich vor Augen geführt, wie sehr die große Politik damit beschäftigt ist, wenn "etwas Neues von Snowden kommt".

*** Zur Lage Deutschland passen die neuesten Erkenntnisse, die der NSA-Untersuchungsausschuss vom hypomnesischen Bundesnachrichtendienst ans Tageslicht gefördert hat. Was immer es mit den Selektoren auf sich hat, kann nicht mehr geklärt werden, weil die Datei nicht mehr vorhanden ist und es keine Sicherheits-Backups gibt. Der Rechner, auf dem sie sich befand, "ist irgendwann abgezogen worden". Von wem der Befehl zum Abzug kam, wohin der Rechner zog, das alles ist natürlich schwer geheim. Aber da halten wir Optimisten es ganz mit dem US-Diplomaten Jim Melville: Es ist unmöglich, die öffentliche Debatte unter Kontrolle zu halten. Die Crowdfahndung läuft. Insofern halte ich es nicht mit dem wackeren Wolfgang Kaleck, der recht subversiv behauptet, dass es egal sei, von welchem Geheimdienst man ausspioniert wird: Der Untersuchungsausschuss kann sich nun einmal gemäß den politischen AGB nur mit deutschen Diensten beschäftigen, auch wenn er liebend gern NSA-Mitarbeiter einladen würde: Where, oh where are the little selectors gone? Nein, das Leben ist kein Hundehof. Aber wir armen Hündchen versprechen, artig zu sein:

"Wie Sie wissen, haben wir den Versuch mit der Aussicht auf den Abschluss eines 'No-Spy-Agreements' begonnen. Ich verspreche, diesen Ausdruck künftig nicht wieder zu verwenden. Wir haben realisiert, dass wir dieses Ziel nicht erreichen werden."

*** Du weißt, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik erschienen ist, wenn eine der Polizeigewerkschaften aufheult und den dramatischen Anstieg der Fallzahlen beklagt, in diesem Fall den Anstieg um 1,8 Prozent bei den Wohnungseinbrüchen, ganz auf der alarmistischen Linie des Innenministeriums. Schaut man genauer in die Statistik oder auch nur in die entsprechende Pressemeldung, hatten die Wohnungseinbrüche prozentual das niedrigste Wachstum aller Delikte im Jahre 2014. Keinbruch, kein Ruf nach Predictive Policing? Oder geht der Ruf nach weitestgehend zentralisierten deliktsbezogenen Ermittlungen durch geschulte Einbruchssachbearbeiter in diese Richtung?

*** Ganz ohne jede vergleichende Aussage ist diesmal das "Tatmittel Internet" geblieben, weil die Statistik umgestellt wurde: Erstmals wurden "Cybercrime-Delikte nur dann erfasst, wenn die Tat innerhalb Deutschlands und nicht in den Tiefen des Internetzes begangen wurde. Die vom Ausland aus begangenen Delikte sollen künftig in einer eigenen Statistik erfasst werden und wurden diesmal überhaupt nicht erwähnt. 49.925 deutsche Fälle landeten in der Statistik, mit einer Aufklärungsquote von 29,3 Prozent, wobei der Teilbereich Computersabotage nur auf 17,7 Prozent kam. Was bleibt, ist eine leichte Trauer, dass die Internetkriminalitätshochburg Delmenhorst dank der neuen Zählweise von der Landkarte verschwunden ist. Dafür hat jetzt der interaktive Sicherheitsindikator neues Zahlenmaterial, mit dem das Stadt-Land-Gefälle beim Tatmittel Internet erklärt werden kann.

*** Die ach so aufklärerische re:publica ist vorbei, die erste ihrer Art, bei der Frank Schirrmacher nicht Hof hielt unter den Linden im Cafe Einstein und viele Redner und Besucher in Privataudienz zu sich kommen ließ. Sein Blatt berichtete von den verehrten Nerds aus China und davon, dass Hacktivisten Leute sind wie du und ich. Die Mühen und öden Ebenen politischer Arbeit waren vergessen, als der Aktivist Jacob Appelbaum die Aktivistin Sarah Harrison durch die Luft wirbelte und ihr einen ganz besonderen Panda schenkte, einen Geheimdienst-Bären. Nach China war Appelbaum von Rhizome geschickt worden, künstlerisch das Thema Mitleid und Ekel im Verein mit Ai Weiwei zu bearbeiten. Rhizome schickte auch einen in Ehrfurcht erstarrten Berichterstatter mit, der das Projekt beschreiben durfte. Die Rechtfertigung der Veröffentlichung von Dokumenten des Sony-Hacks, weil bei Sony "rassistische Arschlöcher" sitzen, zeigt eine ungewöhnliche Weltsicht. Das mitten in China per Cryptophone geführte Telefonat zwischen dem nicht Reisen dürfenden Ai Weiwei und dem nicht Reisen wollenden Julian Assange ist auch interessant. Letzterer hatte mit vielen Tweets in dieser Woche einen eigenen, heftigen Wahlkampf gegen David Cameron geführt, der von einer Last-Minute-Verzweifelung profitierte und nun der große Wahlsieger ist.

Was wird.

Liebe NSA, du kannst mit meinen Daten machen, was du willst. ABER NICHT MIT MEINEN AUGEN. Zu den vielen Seltsamkeiten rund um die Snowden-Dateien gehört die Erkenntnis, dass der mächtigste Geheimdienst der Welt ausgesprochen üble Powerpoints produziert. So vermutete man beim Guardian am Anfang, dass die Powerpoints nur deshalb geheim sind, weil sie so furchtbar hässlich sind. Bis zum 22. November läuft die Biennale in Venedig und dort kann man die Arbeit "Secret Power" des Künstlers Simon Denny bewundern, der sich (in Anspielung auf Nicky Hager) mit dem Grafikdesigner David Darchicourt, auseinandersetzt. Darchicourt illustrierte als "Creative Director of Defense Intelligence" der NSA von 2001 bis 2012 unter anderem die "Incorruptable Network Security" der NSA, entwarf das Briefpapier der Organisation und schuf zahlreiche Vorlagen für die Powerpoints, die Snowden bekannt machte. Während der politische Teil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit zahlreichen Invektiven gegen die absurde Form der NSA-Kritik hetzt, sie gleichsam in bester Nazi-Tradition sieht, weht im Feuilleton ein letzter Hauch von Schirrmacher, wenngleich schon von Jünger angehaucht in Diskursgewittern:

"Zu den größten Trümpfen der Sicherheitsdienste zählt, dass wir sie für eine Blackbox halten, eine Maschine, die im Geheimen Dinge verrichtet, die zu kompliziert sind, als dass wir sie verstehen können. Simon Denny gibt dieser Maschine nun ein Gesicht. Anhand von Bildern lernen wir - genau wie die NSA-Mitarbeiter -, die Arbeit des Geheimdienstes zu verstehen."

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4W: Vom Zauber, der verflogen ist.
« Antwort #569 am: 17 Mai, 2015, 06:00 »
Lucille schweigt, der Blues bleibt. Trauer ist angesagt, grummelt Hal Faber, in diesem beschissenen Leben. Nicht nur, weil einer der Großen unserer Zeit gegangen ist und uns nur Pudel wie die SPDler mit ihrer Vorratsdatenspeicherung zu bleiben scheinen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

***The thrill is gone, Lucille schweigt, aber nur 12 Takte lang. Denn der Blues ist immer da und verlässt dich nicht, weder auf dem Friedhof noch in der mean old world. Aber niemand, niemand kann dir B.B. King wegnehmen.  How blues can you get, dafür gibt es keine Grenze in diesem beschissenen Leben. Denn immer, wenn du denkst, es wird was und es ändert sich, dann ist der Blues da. Bei dir.


*** Es gab eine Zeit, als Sigmar Gabriel in der SPD ganz offiziell als "Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs" eine Website namens sigmar.de hatte, auf der der niedersächsische Ministerpräsident für Blues in Lehrte warb. Heute hat er als Pudel von Merkel für solche Sperenzchen keine Zeit, denn Blues und Politik, das geht gar nicht. So eröffnete er in dieser Woche pudelbrav eine China-Ausstellung, in der Regimekritiker wie der im letzten WWWW erwähnte Ai Weiwei mit keinem Wörtchen erwähnt werden. Ja, Kunst muss eben doch auf Wirtschaftsinteressen Rücksicht nehmen, das wusste bereits Albert Dürer, als er sein Monogramm entwarf.

*** Der Pudel als solcher nimmt vielerlei Gestalt an. So gibt es neben dem Gabrielschen Großpudel auch Zwergpudel wie Heiko Maas, die brav das Stöckchen namens Vorratsdatenspeicherung apportieren, wenn ihnen das befohlen wird. Und wie schnell das geht! Um 14:51 war am Freitag der Referentenentwurf für die Vorratsdatenspeicherung fertig, um 20:34 tauchte er bei Netzpolitik.org auf. Und wie schön das aussieht! Klar und deutlich beschreiben die Juristen im Abschnitt "A. Problem und Ziel" ihr verfassungswidriges Vorhaben, sprechen von tiefen Grundrechtseingriffen , die aber notwendig sind, weil es sonst nur eine Frage des Zufalls ist, ob Daten da sind oder nicht. Und das geht ja gar nicht! Sonst müssten ja die Strafverfolgungs- und die Gefahrenabwehrbehörden auf Kommissar Zufall setzen. Aber halt, es kommt noch besser, denn es gibt "B. Lösung". Diese Belösung geht so:
"Die Eingriffsintensität wird durch ein deutlich reduziertes Datenvolumen (keine verpflichtende Speicherung von Daten von Diensten der elektronischen Post) und eine sehr kurze Speicherfrist (vier bzw. zehn Wochen) im Vergleich zur vorhergehenden Ausgestaltung deutlich reduziert."[/]

*** Das ist zwar das Verletzen von Grundrechten, aber eben nur ein kleines Bisschen. Ritzen liegt voll im Trend, warum soll das nur bei Jugendlichen gehen. Eine geritzte Verfassung, das hat was. Zumal bei den rund 1000 Unternehmen, die künftig mit der verdachtslosen Speicherung aller unserer Verkehrsdaten beschäftigt sein werden, keines verbluten bzw. einer "erdrosselnden Wirkung" durch unbillige Härten ausgesetzt sein soll.
"Von den vorhandenen ca. 1000 Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste sind 20 so groß, dass sie 98 Prozent des Marktes abdecken, die übrigen sind kleine bis mittlere Unternehmen, die sich voraussichtlich häufig auf eine unbillige Härte berufen werden."

*** Wir sehen, dass die neue Vorratsdatenspeicherung nicht nur unterschiedslos alle Menschen trifft, die sich gerade auf dem Boden der Bundesrepublik aufhalten, sondern eben mal bis zu 980 Unternehmen in die Krise schickt. Wo es um den Schnüffelstaat geht, darf man nicht auf Wirtschaftsinteressen Rücksicht nehmen, so einfach ist das. Dann überleben halt die fittesten und sind umso mehr in der Lage, sich um die technologische Souveranität zu kümmern, die im Koalitionsvertrag steht, den die Sozialen Pudel Deutschlands mit unterschrieben haben. Ganz nebenbei werden die Kosten für den Schnüffelstaat auf die Beschnüffelten umgelegt, eine ungemein elegante Lösung:
"Es ist davon auszugehen, dass die übrigen betroffenen Unternehmen diese Kosten bei ihrer Preisgestaltung einkalkulieren und an ihre Kunden weitergeben werden."

*** Und Hurra, Juchheissassah! Mit der Vorratsdatenspeicherung kommt ein neues Gesetz, dass die Datenhehlerei unter Strafe stellt. Denn die neuen Datenberge wecken Begehrlichkeiten bei all denen, die Bewegungsprofile bilden und auswerten können. Die Bestimmungen sind wunderbar multifunktional gelungen! Schließlich wird direkt das Bundeslagebild Cybercrime erwähnt, der rasant zunimmt und auch zu dieser Datenhehlerei führt.
"Wer Daten, die nicht allgemein zugänglich sind und die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

*** Zwar soll der Passus zur Datenhehlerei nur die abschrecken, die sich an den anlasslos gespeicherten Daten vergreifen wollen, doch mit der schammigen Definition einer rechtswidrigen Tat ist man auch das elende Problem der Whistleblower losgeworden, die Journalisten informieren wollen. Und, was noch hübscher ist, ist die Ausnahmegenehmigung für die Strafverfolger, nicht nur bei den berühmten "schweren Straftaten" zuzugreifen, sondern auch bei Ordnungswidrigkeiten. Denn die Datenhehlerei
"...gilt nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen. Dazu gehören insbesondere solche Handlungen von Amtsträgern oder deren Beauftragten, mit denen Daten ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugeführt werden sollen."

*** Ganz nebenbei findet sich in den Ausführungsbestimmungen ein Passus zu den Berufsgeheimnisträgern, der das Herz eines jeden Ermittlers freudig pochen lässt. Die einmal diskutierte Weißliste der Geheimnisträger ist vom Tisch, auch die TK-Verkehrsdaten von Politikern, Pfaffen und Pudeln werden gespeichert:
"Die Berufsgeheimnisträger in ihrer Gesamtheit schon von der Speicherung ihrer Verkehrsdaten auszunehmen, ist nicht möglich. Dazu müsste sämtlichen Telekommunikationsanbietern, von denen es in Deutschland ca. 1000 gibt, mitgeteilt werden, wer Berufsgeheimnisträger im Sinne des §53 StPO ist; diese Liste müsste dauernd aktualisiert werden."

*** Wir lieben euch alle. Und das ist gut so! Sind die Daten da, kann man sie auswerten und hoppla, wenn ein Berufsgeheimnisträger mit dynamischer IP-Adresse auf einmal drunter sein soll, hat man sie schon ausgewertet und schließt gnädig die Augen. So geht anlasslos. Genauere Regeln sind verpönt, denn da gibt es ja diesen rasanten Wandel der Technik. Was heute eine dynamische Adresse ist, kann morgen IPv6.

*** Überhaupt hatte es dieser Freitag computertechnisch in sich: Da wurden Indizien bekannt, nach denen der Bundesnachrichtendienst für die USA in Österreich mithörte, ganz nach dem Motto "Ausland ist Ausland". Tapfer kämpfte der Bundestag gegen Hacker und die Gefahr, dass da Daten abfließen wie das Wasser im Bundesnachrichtendienst. Es entbehrt nicht der Ironie, dass man einen Trojaner im Netz vermutet und daher am Freitag auf alle Rechner die Warnung schickte: "Um Datenverlust zu vermeiden, schalten Sie bitte ihre PCs zum Dienstschluss aus." Die Vorstellung, dass die "pfeilschnellen Rechner" von Dell nach dem Ausloggen sonst ein ganzes Wochenende herumdösen, bis eine Reinigungsfachkraft das macht und kein Bundesrechenzentrum ein shutdown -q verschickt, hat etwas tröstliches. Es geht nichts über Handarbeit.

Was wird.

Wie Dänemark soll auch Deutschland das Bargeld abschaffen, empfiehlt ein "Wirtschaftsweiser", dem man ohne Weiteres abnimmt, dass er niemals Trinkgeld gibt. Begründet wird die neue Vorratsdaten-Überwachungskomponente damit, dass auf diese Weise die Märkte für Drogen und Schwarzarbeit ausgetrocknet werden und wertvolle Zeit an der Kasse aufgeholt werden kann. Man hätte auch den "Kampf gegen den Terrorismus" als Begründung nennen können. Der führte 2011 dazu, dass automatische Kontenabfragen drastisch erleichtert wurden. Seitdem verdoppeln sich die Abrufzahlen Jahr für Jahr, weil der Terrorismus ansteigt.

Vielleicht regt sich Protest, wenn das in Deutschland sehr beliebte Bargeld flöten geht, vielleicht auch nicht. Dann muss der Blues-Sänger auf der Straße in Naturalien bezahlt werden. Aber warum in die Ferne gucken, wenn das Schlechte liegt so nah? Bereits in zwei Wochen soll das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nach Informationen von Netzpolitik vom Bundeskabinett beschlossen werden. Vorher gibt es am Dienstag noch einen großen Pudelkonvent, bei dem die Fraktion von Sigmar Gabriel des Pudels Kern berät. Dahin fahren sie, die Sozialdemokraten. Dahin, vielleicht. Der Kasus aber lässt uns bitter lachen.

Darauf einen Security Blues ...

They who can give up liberty, mama,
what in the world they do?
Obtain a little safety, mama
that's all for these fools.
But when it all sums up, they
deserve no liberty 'n safety too.

Quelle : www.heise.de

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