Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125525 mal)

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Offline SiLæncer

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #420 am: 30 September, 2012, 06:30 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es irrt der Mensch solang er strebt, meinte ein deutscher Dichter. Das war in einer vorgooglianischen Zeit, als selbst das "Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten" noch unvollständig war, was den sehr gegenwärtigen Goethe verärgerte. Nun haben sich die Zeiten beschleunigt, wie die Vermurksung von Wikipedia zeigt und das Irren erst recht. In der letzten Vorschau war davon die Rede, dass die Plakataktion "vermisst" des Bundesinnenministeriums eingestellt wird, doch beim Barte des Propheten, es kam ganz anders. Vermissten-Plakate wurden in Berlin geklebt, Postkärtchen verteilt und das ausgerechnet im Stadtteil Neukölln an einem Ort, wo eine Nagelbombe der NSU explodierte. Ja, in diesem Neukölln, in dem nach sozialdemokratischer Lesart der schlimmste Slum Berlins wuchert, wo "man dem Busfahrer die Cola über den Kopf schüttet, wenn er nach dem Fahrschein fragt."

*** Reiner Zufall sei das gewesen, meint man im Bundesinnenministerium, und dass man die Postkarten weiter in zehn deutschen Städten verteile, als "Gefährdeten-Direktansprache". Nur die Plakataktion sei wegen der Gefährdungsbewertung durch das BKA gestoppt. Schließlich verweist man stolz auf die schicke Partner schafft Sicherheit und den Sieg von 180 Grad Wende.

*** Ist es auch irre, so hat es doch System, wenn der Nebeneinkunftsmillionär Peer Steinbrück gegen Mutti antreten wird. Unterm Strich, wird er gerechnet haben, ist das mit den von der Partei bezahlten Vorträgen die feinere Art. Eine Überraschung ist es nicht, gut informierte Verschwörungstheoretiker tippten schon 2011 nach den Bilderberg-Fotos auf den Peer. Der von Helmut Schmidt gesalbte  Schachpartner ist die steinerne Brücke der SPD in eine Zukunft, wenn Mutti aussteigt und Hannelore Kraft aus Nordrhein-Westfalen anreist. Nordrhein-Westfalen? Da war doch mal irgendwo eine Nokia-Fabrik und ein Ministerpräsident Steinbrück mit einem denkwürdigen Satz über Politik als Dienstleistung: "Die Landesregierung steht gerne als Dienstleister für Nokia voll zur Verfügung." Später gab es deftige Kritik am Karawanen-Kapitalismus, die zeigte: Peer kann Kamel. Peer wird Kanzler.

*** Noch ein Illtum gefällig? Mit feinstem Catering und illustren Gästen hat Google sein schickes peitschengeschmücktes Sadomaso-Lobby-Büro in Berlin, unter den Linden eingeweiht, Nebelkerzen inklusive. Da die Streetview-Ansicht der Zentrale offenbar gesperrt ist, sei ausnahmsweise auf eine dieser Klickstrecken verlinkt, mit denen sich moderne Verleger von Fernsehsendungen unterscheiden. Zur Eröffnung gab es eine vollkommen vergeigte Diskussionsrunde mit Google Hangout, die die Reporterin an Assange erinnerte und seine lahme Live-Schalte am Rande der UN-Vollversammlung, wo er US-Präsident Obama annölte. Im Namen der Aufklärung wurde ein Google-Manager in Brasilien kurzzeitig festgenommen.

*** Derweil ist das bereits erwähnte Theaterstück über Julian Assange in Hamburg angelaufen. In ihm lesen Albino-Affen aus den Polizeiprotokollen, die Assanges schwedischer Anwalt Björn Hurtig am 23.11.2010 nach London faxte, mit der ausdrücklichen Warnung, dass diese Dokumente nur für Assange persönlich bestimmt seien. Ein Affentheater wie der Disput über eine Operation? Aber ja doch, das geht auch ganz ohne Fell: Da veröffentlicht Amnesty International einen Appell an Schweden, Assange nicht auszuliefern und macht sich in Unkenntnis schwedischer Gesetze zum Vollhorst. Dass Amnesty Schweden der Darstellung widerspricht, passt in die allgemeine Dramaturgie "über einen Schürzenjäger, der sich wie ein Arschloch verhalten hat, wenngleich er niemanden vergewaltigt hat" – so die nicht verlinkbare Rezension der taz "Vom Planeten der Affen".

*** "Drum: Wer ein Vorbild sucht, versuche ihm zu gleichen, entkleide, werde mündig, spreche aus, was anderswo in Texas, Kiel, China, im Iran und Rußlands Weite erklügelt wird und uns verborgen bleibt." Schöne, starke Worte für einen wie Bradley Manning, gegen den ganz anders vorgegangen wird als gegen den nölenden Assange. Starke Worte, doch wurden sie nicht im Theater gesprochen. Sie sind aus dem Gedicht, das Günter Grass in seinem neuen Band "Eintagsfliegen" über den Whistleblower Mordechai Vanunu geschrieben hat. Wer ein Vorbild sucht oder auch nur eine Abladestelle, der wird hier fündig. Andere werden traurig, bei dieser Nachricht: Arthur O. Sulzberger, nicht nur mit den Pentagon Papers das Vorbild für mutige Verleger, ist gestorben.

*** Es gibt Sätze im Newsticker, auf die die kleine Wochenschau zurückkommen muss. Da wäre das unsägliche CleanIT-Projekt der Europäischen Union, das für die Terrorbekämpfung die Grundrechte auskärchern will. Zur Rechtfertigung von CleanIT wurde dieser Satz kolportiert, der es in sich hat: Ein Koch, der ein Abendessen vorbereite, verbringe auch erst mal einen Nachmittag im Supermarkt, um zu entscheiden, was er nehme. Zu diesem Zeitpunkt könne man noch gar nichts darüber sagen, wie das Menü am Ende aussehen und wie es schmecken werde. Ein Koch, der nicht die Zutaten zu einem Gericht präzise im Kopf hat und nicht weiß, wie ein Gericht am Ende schmecken muss, ist keiner. Die Analogie gilt eigentlich auch für jeden Planer, der in der IT ein System wie ein Gericht zusammenstellen muss. Die Analogie verbirgt das eigentliche Problem, dass "Terrorismus" nicht definiert ist und nach Belieben aufgefüllt wird. So und nicht anders verkommt die Idee vom gemeinsamen Europa zum Klumpatsch, den man keiner gemeinnützigen Tafel zumuten kann.

Was wird.

Was soll schon diese Gemeinnützigkeit bewirken? Weihnachten naht und wie es der Zufall so will, hat Amazon die Spendengelder drastisch reduziert, die es an seine Partnerseiten auszahlt. Die Prozente, die etwa Bildungsspender bekommt, wenn man hier ein Buch bestellt, werden von fünf auf zwei Prozent gekürzt. Im harten Online-Business ist Philanthropie nichts wert, wenn immer nur dieselben Gutmenschen bestellen. Dass soziale Projekte nicht die besten Aquirierer von Neukunden sind – und nur darum geht es Amazon –, ist halt bedauerlicher Kollateralnichtsnutzen, eine Art Nichtsklickt. Dabei gibt es im Vorfeld der Buchmesse interessante Bücher zu bestellen: Wie wäre es mal nicht mit Schäuble oder der Sozialromantikerin Rowling, sondern mit Büchern vom Aufdecker schlechthin, von Günter Wallraff, der am 1. Oktober 70 Jahre alt wird. Bereits zum 60. Geburtstag sollte es eine große Sause geben, doch Wallraff büxte aus und feierte mit den Opfern des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen das Überleben.

Was folgt, ist der Tag der deutschen Einheit, ein letzter Ruhetag. Denn 2013, da könnte der Wahltermin durchaus auf diesen Tag gelegt werden, als Höhepunkt für einen ganz besonders patriotischen Wahlkampf. Bis dahin sollten die Hilfs-Angebote gut ausgebaut sein. Man denke nur an all die enttäuschten Piraten, die viel Energie ansorbieren.

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Offline Jürgen

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Re: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #421 am: 01 Oktober, 2012, 01:07 »
Nicht einmal Berliner Sozialdemokraten können ernsthaft glauben, dass "man (in Neukölln) dem Busfahrer die Cola über den Kopf schüttet, wenn er nach dem Fahrschein fragt".
Cola eher nicht.
Die, die den Bus nur mit solcher betreten, sind i.d.R. noch so klein, dass sie den Kopf des Fahrers nicht erreichen würden.
Bier oder Wodka, das ist's in Wahrheit.
Nicht selten gleich samt Dose oder Flasche...

Nun ja, Hal F. lebt bekanntlich nicht dort, aber einer meiner Brüder ist da schon seit Jahrzehnten unterwegs.
Natürlich ohne Getränk, aber nicht ohne Fahrschein.

Jürgen 
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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #422 am: 07 Oktober, 2012, 06:30 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** In einer fernen Zukunft werden Sprachforscher, sofern es noch Sprachforscher und die deutsche Sprache gibt, das Wort "unmerklich" auf die Regierungszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückführen, auf ihre Politik möglichst kleiner möglichst unbemerkter Schritte. Ähnlich wird es bei den Gipfeln aussehen, jenen hektischen Treffen dynamischer Leute, bei denen möglichst wenig verändert wird. Man nehme nur den Elektromobilitäts-Gipfel, auf dem sich genau nichts durchgesetzt hat, auch nicht die Forderung der Autobauer nach der Aufbauprämie E. Ähnlich sieht es beim E-Government aus. OK, es gibt ein "auf den Weg gebrachtes" E-Government-Gesetz, das bald so enden wird wie Googles "Auf gut Glück!" – mit einer einzigen Fehlermeldung. Die Verwaltung soll "breit" modernisiert, De-Mail soll eingeführt, der 2 Jahre alte "neue" Personalausweis soll unterstützt werden. Kleiner Realitätscheck gefällig? Da haben wir, nigelnagelneu eingeführt, die De-Mail. Und seit dieser Woche, Stichtag 1. Oktober 2012, die Version 1.9 der Ausweis-App, die man bei De-Mail braucht, um in das hohe Authentifizierungs-Niveau zu kommen. Vielleicht ist unter uns Heise-Lesern der Hinweis unnötig, dass die neue App-Version nicht mit der neuen De-Mail kann, schließlich kennen wir alle Bananen-Software. Warum sollten Vater Staat und Mutti Merkel bei der Auftragsvergabe fürs E-Government Firmen nehmen, die fehlerfreie Software ausliefern, die obendrein sparsam mit den Ressourcen umgeht? Sehr schön auch die neueste Beurteilung des gemeinen Bürgers, den man erst erziehen muss für den richtigen Umgang mit der De-Mail. Langzeitspeicherung von wichtigen De-Mail-Briefen für 10 Jahre und länger? Ja bitte, aber komplett mit der Erklärung der Langzeitspeicherung mit Übersignatur, wir sind schließlich in Deutschland.

*** Bundeskanzler Schröder regierte bekanntlich mit "Bild, BamS und Glotze", der nötige Link entfällt hier aus Gründen der Pietät. Kanzlerkandidat Steinbrück läuft sich gerade mit der Bild warm und verkündete, seine Nebeneinkünfte genauer aufzuschlüsseln als: "Vortrag 1, 2010, Stufe 3, Vortrag 2, 2010, Stufe 3, Vortrag 3, 2010, Stufe 3, Vortrag 4, 2010, Stufe 3, Vortrag 5, 2010, Stufe 3, Vortrag 6, 2010, Stufe 3, Vortrag 7, 2011, Stufe 3, Vortrag 8, 2011, Stufe 3", macht mindestens 49.000 Euro beim London Speaker Bureau. Für die FAZ hat Steinbrück damit dem in Utopia lebenden grölenden Intelligenzpöbel nachgegeben, womit sicher nicht der Auftritt heute in der Talk-Show von Günter Jauch gemeint ist. Noch verquerer ist die "Süddeutsche" mit dem Satz: Er ist schon deshalb kaum zu korrumpieren, weil er seit Jahren Abgeordneter der Opposition ist. Der soll uns wohl wie Transparency International daran erinnern, dass in Deutschland die Bestechung von Abgeordneten keine Straftat ist. Nun ist aber Ruhe in der Kiste! Einen habe ich noch: "Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt", diese Kriegsandrohung gegen jedwedes Transparenzgesetz soll offenbar die Peersphäre als den Kernbereich peerlicher Lebensführung schützen, doch das Porzellan wird noch lange scheppern.

*** Wie ist es eigentlich um die Einnahmen des Wahlkämpfers Chavez bestellt? Beim Bau der langsamsten Internetverbindung nach Kuba soll Geld in großem Stil veruntreut worden sein. Vetternwirtschaft und Petrodollars kennzeichnen den lateinamerikanischen Weg zum Sozialismus. In Kuba, wo gerade die bekannten Blogger Yoani Sánchez und Agustin Diaz im Vorfeld eines Prozesses festgenommen wurden, sind nicht die Einnahmen der Politiker das Problem. Das sind eher die Einnahmen der kubanischen Ärzte, die in Venezuela arbeiten. Dafür bekommt Kuba 4 Milliarden US-Dollar im Jahr. Gegenkandidat Henrique Capriles will nur 800 Millionen zahlen. Die Zurückhaltung à la mode de Steinbrück zählt übrigens nicht, schließlich wird in Venezuela via Twitter regiert. Beim anderen Wahlkampf soll Obama wegen der Höhenluft in Denver gepatzt haben, erklärte Al Gore, der mit dem High Performance Computing Act als einer der Väter des Internets gilt.

*** Ehe bei uns wieder gewählt wird, Stuttgart mal außen vor gelassen, gibt es verschiedene Dinge zu tun. Gefühlte 100 Mal lief in dieser Woche der Appell durch Klein-Kleckernetzdorf, doch bitte diese Petition gegen das Leistungsschutzrecht mitzuzeichnen. Dem schlecht gemachten Pfandrecht für zukunftsscheue Verleger steht zwar eine ähnlich schlechte Petition gegenüber, aber da müssen wir wohl wirklich durch. Müssen wir wirklich? Ich habe da meine Zweifel, nicht nur, weil das Leistungsschutzrecht ein Walversprechen ist. Die Argumentation mit den Netzsperren als vergleichbares Anliegen ist schief, der geplante Leistungsschutz ist nur für einen sehr kleinen Teil der digital Natives interessant. Erst recht ist es für die außerdigitalen Bürger uninteressant, die in einer Rateshow schon daran scheitern, Sascha Lobo zu erkennen. Der sich als "Opinion Leader" des Netzes voll hinter die Petition gestellt hat. Eine vertane Chance ist übrigens keine Niederlage; es liegt jetzt an den Bundestags-Abgeordneten die vollmundig verkündete Stümperei zu stoppen. Aber ach, vergurkt und schwammig eine gute Figur machen, dass ist schon ein Kunststück.

Was wird.

Am Dienstag startet auf der Frankfurter Buchmesse der ambitionierte Versuch der Verlage, Bücher auf den Markt zu bringen, die einen Inhalt haben und nicht nur substanzloses Geschwafel. Ausgerechnet die Süddeutsche, die seit Wochen in einer Artikelreihe vor den furchtbaren Schäden warnt, die das Internet hinterlässt, hat ihre "zehn Verbote" (nur auf Papier) veröffentlicht, was nicht veröffentlicht werden soll. Darunter sind Verbote, all diese langweiligen Internet-Bücher zu unterlassen, die eine Bedeutungshalbwertszeit von ein paar Tagen haben. "Lasst also das Internet in Ruhe! Es hat euch nichts getan." Um im schönsten Klappentextsprech zu waschzetteln: Ein gutes, ein notwendiges Verbot.

Aber halt! Hallo! Ein Buch ist natürlich von diesem Verdikt ausgenommen. Angela Merkel Bundeskanzlerin, Berlin, monatlich, Stufe 3 hat ein schwergewichtiges Buch herausgegeben, in dem ein ebenso angeheuerter wie atemloser Journalist einen gehetzten Blick hinter die Kulissen des Spektakels namens Zukunftsdialog wirft. Zur Buchmesse erscheint diese seltsame Endlosreportage als "enhanced eBook" mit den Biographien der 130 Experten, die in 18 Arbeitsgruppen nach "dem großen Wurf für Deutschland" suchten. Zahlreiche Videos von Merkels Bürgergesprächen beim Zukunftsdialog sind auch drin im enhanced eBook. Und dazu ist ein aufregender Blick hinter die Kulissen des Bundeskanzleramtes angekündigt. Erfahren wir endlich, wie möglichst kleine Schritte geübt werden? Gibt es vielleicht einen location based Krimi als Zugabe? Tod in der Bundeswaschmaschine?

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #423 am: 14 Oktober, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

***Während in der norddeutschen Tiefebene die tödliche Männergrippe auch Redakteure zu greinenden Weicheiern mutieren lässt, hören wir doch mal in eine Dankesrede rein: "Liebe Europäerinnen und Europäer, liebe Neger, es ist ganz wunderbar, diesen Friedensnobelpreis zu bekommen! Ist er nicht ein deutliches Lob für die Anstrengungen in diesem wunderbar friedlichen Europa alle Mitbürger und Neger anlasslos zu überwachen und die Restneger mit dieser wunderbar freundlichen Frontex-Truppe außen vor zu lassen? Lasst uns alle bei all unserer Freude nicht vergessen, welche Gefahren dem friedlichen Europa drohen. Wir alle halten hier den Friedensnobelpreis in der Hand, nur die Mitglieder des europäischen Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres nicht. LIBE hat die Idee des friedlichen Europas entehrt mit dieser Abstimmung über das Ansinnen von Frontex und Europol, dass Europas Polizeien Zugriff auf EURODAC bekommen. Wie sollen wir nur in Frieden diesen Nobelpreis entgegennehmen können, wenn unsere tapferen Polizisten nicht bei jedem verdächtigen Subjekt stante pede prüfen können, ob er vielleicht gar kein friedliebender Europäer ist, sondern ein Asylant? Natürlich wurde EURODAC allein für die Behörden geschaffen, die für die Erteilung von Visa zuständig sind und für die redlichen Migrationsspezialisten des BAMF. Aber wir dürfen in diesen Stunden der Freude die Gefahr nicht vergessen, die vor Lampedusa schwimmt oder die aus Serbien und Mazedonien schwappt. Dieses unsere friedliche Gemeinwesen ist bedroht von Leuten, die besser im Kongo bleiben und dort auf den Friedensnobelpreis warten sollten.
Liebe Miteuropäer, Europa wird friedlich und vor allem geräuschlos regiert. Das Vertrauen der 27 Staaten, ja die Liebe aller Staatsbürger zu Europa ist grenzenlos und unhintergehbar. Es kann von daher gar nicht angehen, dass Protest über ein Demokratiedefizit laut wird, wenn die weise Regierung Europas dagegen vorgeht, dass Dokumente über die Vorratsdatenspeicherung im Internet auftauchen. Solche Insubordination gegenüber dem europäischen Willen sind geeignet, das friedliche Zusammenleben aller Europäer stören, indem sie auf den Missstand hinweisen, dass die Verbindungsdaten aller Bürger gespeichert werden müssen. Es ist nun einmal der Preis des Friedens im Zeitalter des Internet, dass über jedwede Verbindung Buch geführt werden muss. Sonst gibt es kaum Hoffnung, dass furchtbare Verbrechen wie der Passwortraub am Körper der deutschen Sozialdemokraten nicht aufgedeckt werden können. Hier zeigen die guten Bürger von Frankreich wie man es richtig macht, auf dass die deutsche Polizei mit französischer Hilfe dank funktionierender Vorratsdatenspeicherung den Hacker namens "ZyklonB" festnehmen konnte: Ein 16-jähriges "Skript-Kiddie", das auf seiner runengeschmückten Webseite die Friedensnobelmitpreisträgerin Marine Le Pen anhimmelt und von einem Frankreich ohne Juden schwärmt.
Liebe Europäerinnen und Europäer, dieses unsere Europa ist nicht möglich ohne unsere Polizeien und Militärs, die uns liebevoll beschützten und den Frieden möglich machen. Vertrauen wir ihnen! Wenn der deutsche Bundesrat unter grüner Leitung sich erfrecht, das Haftungsrisiko für freie WLANs zu mildern, die dem Wahnsinn namens Störerhaftung zum Opfer fallen können, dann hört auf eure Polizei! Öffentlich zugängliche WLAN-Netze dürfen nicht zu staatlich organisierten Einfallstoren anonymer Internetkrimineller werden! Wie hat Europa in der Vergangenheit darunter gelitten, dass es unbewachte Briefkästen gab, die gefährliche Kassiber transportierten, bar jeder Kontrolle. So löblich es ist, von der Polizei ein Plädoyer für die asymmetrische Verschlüsselung der Inhalte lesen zu können, so müssen uns die Worte von der gefährlichen Lücke der inneren Sicherheit Deutschlands aufrütteln. Erst wenn die Lücke geschlossen ist, darf das Internet weiter benutzt werden! Das gilt auch für die Bürger von Potsdam, deren öffentliches WLAN zu einem Provider in Balkanien getunnelt wird, ehe es ins große Internet hinausgeht. Das ist zwar immerhin noch in Europa, aber ermittlungstechnisch völlig panne.
Und bitte, wenn es doch in diesem unseren friedlichen Europa zum Krieg kommen sollte, ist einzig und allein dieses Internet mit seinen Cyber-Angriffen daran schuld, wenn es mal zu einen ordentlich gepfefferten Angriff mit Raketen und Haubitzen kommt. Zwar tappen alle im Dunkeln, wo manche Attacke auf kritische Infrastrukturen gestartet wird, aber ein 'naturgegebenes Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung' will auch mal ausgeübt werden, wenn ein Angriff Menschenleben kostete. Dass eine deutsche Regierung an solchen Plänen bastelt und gleichzeitig sich weigert, den Export von Überwachungstechnik wie den Waffenhandel zu kontrollieren, ergibt ein lustiges Bild. Im friedlichen Europa richtet sich der Blick wieder nach Estland, wo das Cyber-Verteidigungszentrum der NATO installiert ist, das für die Bewertung von Cyber-Attacken zuständig ist. Wir sind ja eine große Familie."

*** Na, vom ersten Schrecken schon erholt? Diese kleine, die EU stärkende Rede muss nur noch von einem dieser Europäer gehalten werden, die mit ihrer Bürokratie, mit aberwitzigen Institutionen wie der EURODAC kontrollierenden IT-Agentur für Freiheit, Sicherheit & Recht die Datenbanken des vereinten Europas füttern und überwachen. Bekommt Kommissionspräsident Barroso den Preis umgehängt? Christofias, der amtierende EU-Ratspräsident? Van Rumpoy, der ständige Präsident des Europäischen Rates? Schulz, der Präsident des europäischen Parlaments? Lady Ashton, die Außenministerin? So viele Hälse, so viele Begehrlichkeiten. So viele Gespenster. Aber man kann einen ehrlichen Mann ja nicht auf seine Knie zwingen, oder wie?

*** Genug Europa? Wie wäre es mit Neuseeland, dem Partnerland der Buchmesse? Mit einem Stand, den niemand so recht versteht. Nix Hobbit, mehr Haka und vor allem ganz viel Katherine Mansfield, die heute Geburtstag hat: "Why be given a body if you have to keep it shut up in a case like a rare fiddle?" Die Frau mit den vielen Liebesaffären, die ganz vorzüglich in Bad Wörishofen "In einer deutschen Pension" als erste über Vergewaltigung in der Ehe geschrieben hat, hätte auf der Buchmesse einen schweren Stand. Bekannt aus dem Fernsehen muss man sein, wie Nina Ruge, dann klappt es auch mit Hundebüchern. Mansfield vergriffen? Den lauten Knall in den USA hat man auf dieser Messe geflissentlich überhört. Lieber warnt man vor der furchtbaren Rache der Nerds, die die Welt nach ihrem Bild terraformen. Wofür sie Rache nehmen, was sie gekränkt und gebrochen hat, das kümmert uns nicht. Da gucken wir lieber, ob das Internet Segen oder Fluch ist, Dagobert oder Klaas Klever: "Einen ärgerlich großen Raum nehmen reflexhafte Phrasen und kaum belegbare Behauptungen ein, verbunden zu einem emotionalen Amalgan, das mehr die Gruppenzugehörigkeiten festigen als irgendjemanden überzeugen soll. Regelmäßig lassen sich Diskussionspodien, Talkshowkonfrontationen und Artikelgefechte beobachten, deren Teilnehmer weniger an der Vermittlung und Erklärung interessiert sind, als an der Selbstvergewisserung, und oft genug waren diese Teilnehmer die Autoren des vorliegenden Buches." Emotionales Amalgam? Ja, es gibt sie noch, die hirnlose Faselei über "das Internet, seine Bedeutung für unser Leben und seine Folgen für die Welt". Das erstaunliche ist nur, dass solch zäher Brei gedruckt und nicht einmal im Selbstverlag veröffentlicht wird. Wo sind denn all die Internet-Nichtversteher, wenn man sie mal braucht?

Was wird.

Okay, die Petition zum Leistungsschutzrecht ist daran gescheitert, die Behandlung im Petitionsausschuss zu erzwingen, die großen Versprechungen von Sozialdemokraten und Grünen haben sich als Scheinriesen entpuppt und wenn der Bundestag so mitzieht, werden die Verleger den Lackmus-Test der Sperr-Praxis von Google erleben. Die Probe des Puddings kannte schon Friedrich Engels, doch diesmal wird nicht gekostet. Hier wird der Pudding an die Wand geworfen. Dafür hat es die Petition für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung in die öffentliche Anhörung geschafft und nimmt am kommenden Montag friedlich europäisch einen noblen Gedanken auf: Weg mit dem Zeug. Zahlen wir den Preis einer freien Gesellschaft und sollte er auch darin bestehen, das eine oder andere Schwerverbrechen nicht aufklären zu können.

Angeblich hat der sächsische Verfassungsschutz eine streng geheime Operation "Terzett" durchgeführt, durch die die Terrorzelle des Nationalsozialistischen Untergrundes um ein Haar aufgeflogen wäre. Nichts genaueres weiß man nicht, die Nachrichten klingen so wie die Statements zur "Inhaltlichen Datenträgerauswertung", einer Software, die das Bundeskriminalamt in der BAO Trio einsetzte: total fähige Software mit super Asservatsverwaltung, Erkennung von inhaltsidentischen Dateien und automatische Erstellung von Suchanfragen. Ob es hilft? Am Mittwoch wird die deutsche Sicherheitsarchitektur auf den Prüfstand gestellt, bei einer Polizeigewerkschaft. Der Einarmige unterstützt den Einbeinigen. Oder so.

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Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ach, Google: 21 Milliarden Dollar in acht Minuten zu "verbrennen", das vermittelt eine Ahnung vom Turbokapitalismus. Man könnte die 18 Milliarden Euro dagegen setzen, für die der italienische Staat eine geschlagene Woche brauchte, um sie zusammen zu bekommen, aber die schwarzen Schwäne sind längst auf dem Weg ins Winterquartier. Dass die Panne auf dem Fehler einer Druckerei beruhte, die Googles Geschäftsbericht auf totes Holz kopiert, ist die berühmte Ironie des Schicksals.

*** Angeblich hat Google seine Maske abgenommen und das wahre Gesicht als gefährlicher "Schwarz- und Trittbrettfahrer" gezeigt. Passiert ist das Ganze in Frankreich, wo mit der anstehenden Reform des Urheberrechts um eine "Lex Google" eine französische Form des unsinnigen Leistungsschutzrechtes eingeführt werden soll. Google, das Monat für Monat vier Milliarden Besucher auf die Netzpräsenzen der Verlage spült, soll dafür zahlen. Die Nachrichtenagentur AFP veröffentlichte den Protest von Google, den diese kleine Wochenschau mit einem belgischen Link einspielt: Bekanntlich war Belgien das erste Land, in dem der Verlegerschutz realisiert wurde und Google konsequent reagierte. Dass im französischen Protest von Google der US-Konzern "mette en cause son existence même" in seiner eigenen Existenz bedroht ist, werden die Juristen des Hauses wahrscheinlich mit Glucksen geschrieben haben. Man muss Google nicht besonders mögen, wenn man schlicht konstatiert: "Wenn jemand für eine Leistung Geld haben will, muss es anderen erlaubt sein, auf diese Leistung zu verzichten." Das fehlende Zitat von Larry Page, das angeblich zur fehlerhaften vorzeitigen Veröffentlichung der Geschäftszahlen führte, sind nicht die Witze von #PendingLarry. Der Zuwachs im Bereich der zukunftsträchtigen mobilen Suchanfragen bei stagnierendem Anzeigenaufkommen zeigt, wohin sich Google entwickelt. Selbstfahrer oder Trittbrettfahrer, das ist die Frage.

*** Es war ein kleiner Schritt für einen mutigen Menschen, aber ein großer Schritt für das Marketing von Zuckerwasser, das angeblich Flügel verleiht. Wobei die Frage, ob der Flug zu kurz oder gar der Sprung ungültig war, weil eine Linie übertreten wurde, die Gemüter erhitzt bis zum Denk-, äh Druckverbot: "Ich finde, man sollte eure Seite verbieten. Kann doch nicht sein dass sich jemand als Zeitung ausgeben darf. Sogar im Titel-Banner damit wirbt dass es um ehrliche Nachrichten geht. Und jeder Artikel ist einfach knallhart gelogen und ne Verarsche! Einfach unglaublich. Jeder der sonst Unwahrheiten erzählt, wird bestraft. Was passiert mit euch?" Knallhart gelogen? Nun, es gibt Zeitungen, die über die Analyse von "Körperströmen" schreiben und den Test als Notfall-Fluchtplan für Kunden beschreiben, die ihr E-Ticket bei Virgin Galactic gebucht haben.

*** Zwei US-amerikanische Geheimdienstoffiziere machten sich im Jahre 1948 Gedanken darüber, wie ein Kontrolldienst aussehen könnte, der überwacht, ob die Deutschen es ernst mit der Demokratie meinen oder ob sie wieder nationalsozialistisches Gedankengut verbreiten und den Staat vernichten wollen. Auf der Suche nach einem Namen für diesen Dienst kamen sie auf die wehrhafte Demokratieschutztruppe, dann auf Verfassungsschutz. Dieser prüft seit dem 27. September 1950, ob es Bestrebungen gibt, die Demokratie abzuschaffen, in guter Zusammenarbeit mit dem Klu-Klux-Klan. Wie gut der Verfassungsschutz arbeitet, erkennt man daran, dass seine Leute bei einer Homepage-Überwachungsfangschalte der Kölner Polizei auffielen. Als Clemens Binninger dieses Detail auf der Konferenz über Deutschlands Sicherheitsarchitektur erzählte, war das Gelächter groß. Nach einer Studie dürfte es drei Jahre brauchen, all die Verfassungsämter abzuschaffen und die fähigen Leute als politische Polizei einzustellen, die ohnehin bei politisch motivierter Kriminalität ermittelt. Ein Tabu für Sicherheitspolitiker, die "fassungslos" den sprachlichen Ausrutscher der Grünen-Politikerin Anja Piel kommentieren. Vielleicht wird sie observiert, wie Abgeordnete der Linken. Vielleicht ausgegrenzt wie Feine Sahne Fischfilet. Und wie ist das bei den Piraten? Wer Island so lobt, soll doch nach drüben gehen!

*** Es geschieht nicht alle Tage, dass auf der anerkannten Leak-Seite Cryptome ein Heiligenbild veröffentlicht wird. Das es ausgerechnet die "Erweckung des Lazarus" von Piombo und Michelangelo ist, sollte zu denken geben. Es ist nicht nur das erste Bild überhaupt, dass die britische Nationalgalerie ankaufte, sondern erzählt auch die Geschichte vom bitteren Streit zwischen weibischer Technik (Ölmalerei) und männlicher Arbeit (Fresko). Doch steht er auf, Assange? Zur Buchmesse stilisierte er sich als Nachtwächter, der Warnungen in die Nacht ruft, als solitärer Cyperpunk der dunkelsten Science Fiction, als Schockwellenreiter, der vor der Verletzlichkeit einer Welt warnt, in der jede E-Mail, jeder Telefonanruf gespeichert wird. Derweil hat Wikileaks sein Diskussionsforum geschlossen. Die verbleibende Gruppe der Gläubigen schart sich fest um Christine Assange, die nunmehr die Assanginistas anführt beim Kampf um die Erweckung Julians. Großes Kino? Große Kunst! "In Zukunft werden die ganz großen Umwälzungen aus der Nerd-Szene kommen. Nicht mehr aus der Kunst. It's over, das muss ich jetzt ganz knallhart sagen." Kniet nieder.

Was wird.

Gut, die Woche ist vorbei, die nächste wartet. Wer zur Gruppe der angebissenen Gläubigen zählt, fiebert dem Dienstag entgegen, an dem es farbenfroh zugehen soll. Dann gibt es noch die unverdrossenen, die auf den Donnerstag/Freitag warten, wenn Windows 8 je nach Zeitzone offiziell startet. Der größte lebende Steve aller Zeiten hat vom Beginn einer neuen Ära gesprochen. Wer einfach nur Erlösung sucht, wird bei dieser Religion fündig.

Wo Erlösung wartet, ist Vergebung nah: der große Guttenberg wird bald wieder eine maßgebliche Aufgabe übernehmen. Der Mann bindet Wählerstimmen und könnte auch mit einem Pfund Marihuana noch durchkommen. Seine Dissertation ist Cut&Paste von gestern, der Müllkorb längst entleert. Schließlich stellte sich dieser Tage heraus, wie es um die Freiheit der Wissenschaft in Deutschland bestellt ist, wenn eine deutsche Wissenschaftsministerin einer Universität Redeverbot erteilt. Diese Art Heimvorteil hatte Guttenberg halt nicht, die Kompensation als EU-Beauftragter für Internet-Freiheit war mehr symbolisch. Die Forderung nach einem bedingungslosen Doktortitel für all die Polit-Karrieristen ist von ebenso großer wie ehrlicher Schadensbegrenzung getragen und dürfte selbst bei den Piraten auf große Zustimmung treffen. Wer weiß, vielleicht ergibt sich auch für Koch-Merin die Chance eines Rücktritts vom Rücktritt, wenn dieser "Blockwartmentalität des Internet" ein Riegel vorgeschoben wird.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #425 am: 28 Oktober, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** So geht also Rücktritt 2.0, vorgeführt von den Piraten. Sie können alles, nur kein richtiges Deutsch: "Dass jedoch jeden Tag mehr die Anpassung meines Denkens und Handelns an eine alte Politikervorstellung notwendig zu werden scheint, die ich ablehne und nicht bereit bin zu vollziehen, ist ein Umstand, dem ich mich nicht länger aussetzen möchte", verklärt der rheinische Schwan Julia Schramm (PDF-Datei) ihren Rücktritt. Nicht bereit sein zum Vollzug einer alten Politikervorstellung, was immer das auch sein mag. Eine Vorstellung von Politik ist es sicher nicht. Auch der Sachlichkeitsbeauftragte der Piratenpartei flüchtet sich in grauenvolle Floskeln: "Der Weg geht nicht zurück. Er geht nur nach vorne." Sie wollen sympathisch sein, doch sind sie nur unfähige Nerds mit der seltsamen Forderung "Machtkämpfe durch Toleranz zum Blühen zu bringen." Auf solche Floskeln angemessen zu reagieren, fällt selbst den Humoristen schwer.

*** Ausgerechnet das Neue Deutschland, Zentralorgan der Linksfraktion, hat Recht: Die Piratenpartei ist deshalb groß geworden, weil sie die zentrale Frage problematisierte, "welche Wissensordnung sich in einer Phase des revolutionären Umbruchs der technologischen und sozialen Verhältnisse herausbilden wird, wer also künftig mit welchen Begründungen an den Hebeln von Zugang, Produktion, Speicherung und Verbreitung" von Informationen, dem Öl des 21. jahrhunderts zieht.

*** Was sich vor unseren Augen auf Twitter abspielt, hat Geert Lovink in seinem Essay "Die Gesellschaft der Suche" in diesem schärfstens empfohlenen Buch so gut beschrieben, dass ich es leistungsraubend mordkopieren muss: "Netzwerke fördern eine informelle Führung, und die kann man schwerlich ersetzen. Die Massen der alten Schule auf den Straßen projizierten einst ihre Sehnsüchte auf charismatische Führer, aber die Aktivisten von heute stehen vor der Tatsache, dass neue Medien zwar mobilisieren, aber auch dekonstruieren, zerlegen, fragmentieren und die alten Schulen ignorieren. Der vernetzte Computer ist eine zutiefst postmoderne, lähmende Maschine des Kalten Krieges. Vergeblich suchen wir nach einem Weg, die Massen wieder zu vereinen, und nutzen Netzwerke, um formale Systeme der Repräsentation zu konstruieren. Morozovs Vorschlag (dass es im Twitter-Zeitalter keinen Solschenizyn mehr geben kann) könnte auch als neuer Ausgangspunkt gelesen werden: Es wird keine Massen geben, wenn wir bereits die Hervorbringung von Führern sabotieren." TL,DR? Die Kurzfassung findet sich in jedem Asterix-Heft, in dem sich die Piraten selbst versenken, meistens von altlateinischer Weisheit begleitet: Exitus acta probat.

*** Wahlspaß beiseite, der Ernst des IT-Lebens gebietet es, von anderen Dingen zu berichten, als von den an der 5-Prozent-Klippe absaufenden Piraten. Immerhin wurde in dieser Woche auch geschossen, einen besonderen Treffer verbuchte dabei der Kommentar über die bebrillten Nerds mit ihren sozialen Phobien, die sich nun in eine No-Go-Area wie das Oberholz trauen können, in der sonst jeder Gast ohne Mac misstrauisch beäugt wird. Wenn sich die Aufregung über den hingekachelten Start mit den hübschen Smileys gelegt hat, kommt die Erinnerung wieder, dass sooo neu alles nicht ist unter 1000 Sonnen. Auch die Apps und der App-Store sind schon erfunden und nun braucht man nur mit ein bisserl Geduld auf den ersten Preis-Überfall von Microsoft zu warten, nach dem Vorbild von Apple. Wobei das böse Wort vom Preis-Überfall aus dem Sprachwörterbuch der Verleger stammt, die ihre Abzockerei vornehm den Namen Leistungsschutzrecht gegeben haben. Ein Blick nach Brasilien gefällig, die Herren? Dort soll nach dem Rauswurf der Zeitungen aus Google Noticias Brasil die Netzbesuche auf Zeitungsseiten nur um 5 Prozent zurückgegangen sein. Was erst einmal die alte Annahme bestätigt, dass Google News zu den hoffnungslos überschätzten Angeboten des unbösen Konzerns gehören. Achja, den in der letzten Wochenschau erwähnten Brief hat Google veröffentlicht. Er zeigt die Position auch gegenüber der deutschen Mogelpackung.

*** Die Feierlichkeiten zum Geburtstag des neuen, kontaktlosen Personalausweises haben begonnen, auch die derzeit noch kontaktbehaftete Gesundheitskarte wird zukünftig kontaktlos arbeiten können, doch die große unbekannte Karte ist Girogo. Noch in diesem Jahr werden rund zehn Millionen Bundesbürger entsprechende Karten von ihren Sparkassen erhalten. Dann startet im Januar das Wunder von Wolfsburg, wo sie dem Chef-Menschenhändler Felix Magath das Geldterminal gesperrt haben, dafür nun aber alle Stadionbesucher zum kontaktlosen Bezahlen erziehen. Im Unterschied zur BayArena-Card, die auf der aussterbenden Geldkarte basiert, will Wolfsburg zeigen, wie man blitzschnell kontaktlos Geld vertickt. Anders als die Geldkarte lädt sich die Girogo-Karte beim Bezahlen am POS dank einer mit dem Sparkassenkonto verbundenen Geldladeautomatik immer um einen Sockelbetrag auf, wenn das Guthaben auf der Karte nicht ausreicht. Default sind 35 Euro, das Maximum liegt bei 50 Euro. "Das neue Bezahlverfahren ist auf die Verdängung von Bargeld ausgerichtet", heißt es bei den Betreibern. "Haste mal nen Euro?", diese Schnorrerei soll der Vergangenheit angehören. "Girogo, ich bezahle so", singt der Breakdancer, der am Bettler vorbei durch die Fußgängerzone performt. Im Girogo Flagship Store am Rande der norddeutschen Tiefebene ist Bargeld immer schmutziges Geld. Willkommen bei der nächsten sozialen Kontrolltechnologie.

Was wird.

Wenn die Sommerzeit geht und die Winterzeit die Kühe früher in den Stall treibt, ist Halloween, ein US-amerikanischer Schlager. Aus aktuellem Anlass sei ein Blick in die USA erlaubt, wo Halloween für zombieartigen Schabernack sorgt. Man denke nur an die Halloween Dokumente von Microsoft von 1998 oder an das Halloween Massaker im Weißen Haus unter Präsident Ford. Erst heute weiß man, dass Ford niemals dieses böse "Drop Dead" gesagt hat, das zu den berühmtesten Schlagzeilen des Journalismus zählt und einem Berliner Festival den Namen gab.

Derweil schaut das heutige Amerika auf einen extra feinen Schmutzwahlkampf, ganz ohne Change you can believe in. In allerletzter Minute wurden die Verhandlungen gegen den mutmaßlichen Whistleblower Bradley Manning vor einem US-Militärgericht verschoben, die am 30. Oktober starten sollten. Dort soll es erst nach der Präsidentenwahl weitergehen. In dieser Woche tauchte im Web 2.0 dazu eine E-Mail von Assange an Adrian Lamo, die Spannung verspricht. Denn gegen den Failer Assange will Anonymous mit einer Leak-Plattform namens Tyler starten, am Tyler Durden-Day, wenn nach dem Maya-Kalender ein Weltzyklus endet und der Zyklus der Wahrheit (TM) beginnt. Wahrheit? Wie wäre es mit der Weisheit eines Churchills? "Ich brauche keine Wahrheit, ich brauche eine vernünftige Statistik."

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #426 am: 04 November, 2012, 09:34 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist tatsächlich passiert: Clark Kent hat in der aktuellen Superman-Folge wie angekündigt seinen Job als Journalist beim Daily Planet gekündigt. Comic-Autor Scott Lobdell fand den Schreibtischjob des Kryptonit-Allergikers recht unpassend für die heutige Zeit. Ein Journalist am Schreibtisch anno 2012, das ist für heutige Leser des Comics einfach zu unrealistisch, zu brav und öde. Wer "was mit Medien machen" will, denkt an brenzlige Einsätze in Arabistan, oder an einen nicht abreißenden Strom von Gadgets, die gemeistert werden wollen, oder an Fefe. Dabei arbeiten echte Journalisten heute wie Supermänner, nur ohne das neckische Kostüm: Sie müssen auf Smartphones in Echtzeit mitschreiben, selbst Fotos machen und daneben mit dem großen Zeh eine Videokamera bedienen können. Sie müssen proggen können, eine fesselnde Live-Bildergalerie zehn Minuten vor dem großen Sturmunglück online stellen, sekundenschnell aus Big Data-Kreuzquer eine spannende Geschichte entwickeln und einen Doktortitel in interaktiven Visualisierungstechniken haben. In der nächsten Superman-Folge will Scott Lobdell das Geheimnis lüften, ob Superman bei der Huffington Post oder beim Drudge Report weiter macht oder gar zu ProPublica wechselt, die Fracker dieser Welt jagend, mit Superphone und Supergoogle im Superdress und einem Herzen aus Stahl, das heiße Tränen vergießt.

*** Scott Lobdell hat schon einmal seine Macht demonstriert und bei Marvel Comics das Coming Out des schwulen Superhelden Northstar durchgesetzt, der demnächst seinen Freund heiraten soll. Und wurde nicht der Spiderman ganz im Sinne des Obamismus zum Afroamerikaner? Amerika ist bekanntlich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, dass den Mond erobern konnte. Nur wer sich wirklich harte Ziele setzt, wird sie erreichen können, das wusste John F. Kennedy, als er vor 50 Jahren die Mission in einer berühmten Ansprache erläuterte: "We choose to go to the moon. We choose to go to the moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard, because that goal will serve to organize and measure the best of our energies and skills." Und heute? "We wanted flying cars – instead we got 140 character." Ist das vielzitierte Silicon Valley wirklich nur eine Versammlung von Venture-Kapitalisten, die hasenherzig ihre Chancen verpassen? Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war, als Sandy tanzte. Ist Google die letzte Firma dieser Welt, die sich ein ausreichend anspruchsvolles Ziel gesetzt hat, "die Informationen der Welt zu organisieren und für alle zu jeder Zeit zugänglich und nützlich zu machen"? All your information are belong to us.

*** Vor einem Jahr patzten die Neo-Nazis der heute "Zwickauer Zelle" genannten Kleinkampftruppe. Und Deutschlands Sicherheitsbehörden begannen, ihr eigenes Versagen, "unseren 11. September" aufzuarbeiten. An den damals kommentierten Ungeheuerlichkeiten hat sich nichts geändert. Es hat sich eher zum schlechteren gewandelt, mit einem Innenminister, der frei dreht und punktuelle Verschlimmbesserungen einführt, wie eine Neonazi-Datei, in der die Versager vom Verfassungsschutz nicht einmal ihre dubiosen V-Leute einspeichern müssen. Wobei diese mit großem Aktionismus gestartete, tolle Datei angeblich schon Erfolge zeitigt, obwohl die gepriesene erweiterte Datennutzung laut offizieller Auskunft noch gar nicht programmiert ist.

*** Besonders bedenklich lesen sich die Erklärungen der Kriminalbeamten und der Polizisten, die jede Form von Einsicht in das Struktur- und Mentalitätsproblem vermissen lässt. Da trifft es sich prima, wenn die amtierende Regierung diesen Akteuren den Rücken stärkt und erst Rasterfahndungen dementiert, dann aber zugibt. Wobei die Fahndungen technisch gesehen recht erfolgreich waren, zeigten sie doch, dass die vermuteten Zusammenhänge nicht existierten. Womit die kleine Wochenschau schon in die düstere Zukunft blicken darf: Am 6. November verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Antiterrordatei, der Vorläuferin der Neonazi-Datei. "In grundsätzlicher Hinsicht ist insbesondere zu klären, ob, wieweit und unter welchen Bedingungen eine Zusammenführung von Daten der Nachrichtendienste mit denen von Polizeibehörden verfassungsrechtlich zulässig ist. Ein Problem liegt darin, dass die verschiedenen Behörden wegen ihrer unterschiedlichen Aufgaben ihre Informationen unter sehr verschiedenen rechtlichen Voraussetzungen erheben dürfen, und wieweit eine Zusammenführung dieser Daten die Unterschiede unterlaufen könnte." Wird Deutschland ein Polizeistaat?

Was wird.

Heute vor 60 Jahren hatte ein UNIVAC-Computer seinen großen Auftritt, als in den USA der Wahlkampf zwischen Dwight D. Eisenhower und Adlai Stevenson mit der Wahl von Eisenhower endete. Der von Grace Murray Hopper programmierte UNIVAC vollführte die ersten Hochrechungen auf der Basis von sieben Prozent der ausgezählten Stimmen und sagte frühzeitig den Erdrutsch-Sieg von Eisenhower (438:93) exakt voraus. Die Medien wollten in der Wahlnacht, beraten von Wahlforscher-Wünschelrutengängern, Stevenson zum Präsidenten machen. Besonders lustig die Rolle des Fernsehsenders CBS, der ausführlich über die UNIVAC-Berechnung berichten wollte. Eigens zu diesem Zweck wurde im Studio eine UNIVAC-Attrappe aufgebaut – mit vielen lustigen Lichtern und Schaltern, umschwirrt von Weißkitteln, die der Sender Informatroniker nannte. Die echte UNIVAC arbeitete im Verborgenen. Als die Prognose feststand, entschied sich CBS unter dem Nachrichtendruck der anderen Medien, keine Zahlen zu senden und sprach von einer Niederlage des Computers. Dumm nur, dass UNIVAC richtig gerechnet hatte. Mit Eisenhowers Sieg wurde UNIVAC zum Synonym für Computer überhaupt.

In Deutschland begann der Siegeszug der Hochrechnerei übrigens etwas später, als Sendeleiter Werner Höfer sich schützend vor den Computer stellen musste, der von SPD-Politikern unter "Beschuss" genommen wurde wie heuer nur die Stadtwerke Bochum. So kommt zusammen, was sich nicht gehört. Doch die Nacht der langen Messer ist bei uns noch fern, wenn Steinbrück gegen Merkel und den Uber-Deutschen (Wired) Kim Dotcom antritt. Der muss noch bei den Piraten aufgestellt werden, aber wenn man sieht, wie diese Partei ausschließlich Männer auf ihre Listenplätze setzt, ist das wohl eine Formsache. Kim Dotcom ist schließlich zwei Öltanks, äh...

Bei der Huffington Post, wo Superman bald mit location based heroing anfangen könnte, sind alle Prognosen zur aktuellen Wahl in den USA so hübsch gelistet und visualisiert, dass sich die deutschen Leistungsmedien ganz ohne Superman gerne bedienen. Aktuell führt Obama hauchdünn vor Romney mit 277:191. Zum Sieg braucht es 270 Stimmen. Was Obamas Sieg ausmachen kann, ist nicht die reine Freude, mit der er zu seiner ersten Wahl versprach die Folterpraxis zu beenden und Guantánamo zu schließen. Angesichts der Verwüstungen, die Sandy auf Kuba angerichtet hat, wäre dies ein logischer Schritt. Und Romney? Die Süddeutsche Zeitung beschreibt ihn als die US-Version von Bundeskanzlerin Merkel. 'Nuff said. Nein, ich will da nicht hin.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #427 am: 11 November, 2012, 06:30 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Four more years – Geschichte wird geschrieben und wir waren dabei: "Es wäre absurd, nicht sehen zu wollen, dass dieser Sieg Obamas ein einzigartiger, historischer Durchbruch ist. Jetzt kämpft er mit sich selbst", schreibt Norman Birnbaum in der tageszeitung, die solch wuchtige Sätze lieber offline druckt. Four more years – der zweite Wahlsieg von Barak Obama hat Twitter einen neuen Rekord beschert, ganz ohne den Timeout-Wal früherer Zeiten. Damit ist der Adrenalin-Produzent reif für den Börsengang, ganz anders als Orca, die Unterstützungs-Software der Republikaner. Als es Ernst wurde und Romneys Freiwillige die Wähler animieren wollten, hielt dies Comcast, der Internet-Provider der Republikaner, für eine DDoS-Attacke. Ein kleiner, feiner Hinweis darauf, wie Wahlen in Zukunft ausgetragen werden können, wenn dem InterNetz eine allzu große Bedeutung zugesprochen wird: Anonymous kann auch bei der Jungen Union oder den Jusos sein – sofern Tools wie Orca oder Narwal tatsächlich wahlentscheidend sind.

*** Vier weitere Jahre oder 500 Mannjahre in der IT hat Obama nun Zeit, die technischen Themen anzugehen, die zu seinen Wahlversprechen engage and connect gehörten. Besonders viele IT-Themen waren es ja nicht, die Obama in seinem Wahlkampf angesprochen hat: Ganz oben stand die Förderung von MINT bzw. STEM (Science, Technology, Engineering, Math) durch die schnelle Ausbildung von 10.000 Lehrern in diesen Fächern: Bildung ist wichtig. An zweiter Stelle kommt das Versprechen von Obama, in seiner zweiten Amtszeit 98 Prozent des Landes mit Breitband-Internet zu versorgen. Auch die USA haben eine nationale Breitbandstrategie, ein Anliegen, das eng mit der Frage der Netzneutralität gekoppelt ist. Erinnert sei an die Auseinandersetzung von Netflix mit dem republikanischen Provider Comcast.

*** Als dritten Punkt hatte Obama von seinen Telepromptern die Entwicklung einer neuen Strategie gegen Cyber-Attacken gelesen, freilich ohne die alarmistische Warnung vor einem Cyber-Pearl Harbour wie sein Verteidigungsminister Leon Panetta. Sollte der Rücktritt des CIA-Chefs Petraeus tatsächlich auf eine E-Mail bei Google Mail zurückgeführt werden können, dürfte der Begriff Cyber-Kompromat die Cyber Security erweitern.

*** Julian Assange hat die Wahl Obamas kritisiert und den US-Präsidenten als Wolf im Schafspelz bezeichnet. Die Forderung Assanges nach der Freilassung von Bradley Manning ist ehrenwert, wenngleich von der Angst getrieben, dass Manning ihn mit seinem angekündigten Teilgeständnis belasten könnte. Wichtiger als diese Geschichte wäre eine Schließung des Lagers Guantanamo und die Vorführung der Insassen vor US-amerikanischen Gerichten. Hier könnte der Friedensnobelpreisträger Größe zeigen, auch in der Außenpolitik. Der Rest ist Hellseherei guter Statistiker.

*** In diesen unseren abstrusen wie typisch deutschen Tagen werden in den Städten die Weihnachtslampen dekoriert, die die Kaufeslust stimulieren sollen. Ein bisschen weltländisch wird noch der Tag der Toleranz gefeiert, aber dann geht es gefälligst los mit dem Kaufrausch. Davor aber bewundern wir noch den nächsten Schritt in der Kretschmannisierung der Grünen: Was der baden-würrtembergischen Abteilung ihr bekennenderKatholik, vertreten im Diözesanrat der Erzdiözese Freiburg und im Zentralrat der deutschen Katholiken, ist der Bundespartei ihre öffentlichkeitswirksame Protestantin, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und Mitglied im Rat der EKD. Ich muss mich wohl wirklich an eine FDP für Besser-Esser gewöhnen, die den lieben Gott zwar manchmal einen guten Mann sein lässt, aber alle Mühen unternimmt, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Da passt es ja, dass Trittin seine Rolle als Gott-sei-bei-uns auch für das Bürgertum schon lange verloren hat. Gottvertrauen. Ja, ja.

*** Und wo wir schon bei Gottvertrauen sind: Ganz oben auf den Weihnachts-Wunschlisten der Geeks und Nerds stehen heuer nette Robotik-Gadgets und Baukästen für Do-It-Yourself Überwachungsanlagen. Nachdem Wired das Drohnenbasteln ausgiebig gefeierte hat, verlässt der Chef das Blatt und geht zu seiner eigenen Drohnenfirma. Zufälle gibts.

*** Seinen Weihnachtssack schon ausgepackt hat Kim, der Verschmitzte. Freies Internet für alle verspricht der Möchtegernneuseeländer – finanziert über die vielen Millionen, die er von der US-Regierung erklagen will. Es ist bei weitem nicht das gewagteste Geschäftsmodell, mit dem er an die Öffentlichkeit ging – wir erinnern uns an die Börsenintelligenzmaschine, die Superhacker-Justice-League mit Hasenallergie und den Aufsichtsrat für Shaker und Mover. Dass nur die wenigsten Haushalte ihre Internetverbindung direkt über ein Unterseekabel beziehen, fällt vielleicht demnächst jemandem auf.

*** Nach Jahren als anonymer Internet-Tycoon hat Kim, der Lautsprecher, nun reichlich Nachholbedarf. Und die Medien bescheren reichlich. Sie drucken und senden und onlinen alles, was er sagt – je sinnloser, desto fetter die Schlagzeilen. Ach nein, fett ist nicht nett. Also vielleicht nachfragen? Besser nicht. Ganz ohne Fakten liest es sich doch so viel besser, denkt die Wired und druckt eine seitenlange Speichelleckerei. Dass sich manche bei dem gräßlichen Lärm mehr als die Ohren zuhalten wollen, erscheint nur verständlich, aber anders als einst scheint niemand anderes aufzuhorchen.

Was wird.

Breitbandausbau, nationale Cyberstrategie, Förderung der MINT-Fächer, da war doch was? Richtig, der alljährlich vor Weihnachten stattfindende nationale IT-Gipfel mit der Bundeskanzlerin und ihrem weltspitzigen IT-Hofstaat steht vor der Tür. Unter dem nerdig geschriebenen Motto "digitalisieren_ vernetzen_ gründen" geht es am Tag der schlechten Wortspiele nicht in der Boomtown Berlin, sondern in der Kruppstadt Essen zur Sache. In einem schnieken Quartier digitalisierenvernetzengründen Minister und hochrangige Firmenvertreter, wo doch das Unperfekthaus vom Namen her besser passen würden. Denn alle hehren Gipfelpläne sind gegen die Wand gedonnert: Der Bundesrat hat das E-Government-Gesetz geschreddert, De-Mail ist mangels Firmeninteresse mausetot und der elektronische Personalausweis antwortet nicht unter Windows 8.

Beim Schreddern hat der Bundesrat darauf deutlich darauf hingewiesen, dass deutsche Sonderwege problematisch sind: "Die ausschließlich konkrete Nennung der zwei Technologien De-Mail und neuer Personalausweis zur Identifikation und Authentifikation bei der elektronischen Übermittlung von Nachrichten und Dokumenten ist problematisch, dass zukünftige technologische Entwicklungen, die das gleiche oder ein verbessertes Sicherheitsniveau bieten, grundsätzlich ausgeschlossen werden. Alle genannten Technologien sind darüber hinaus ausschließlich nationale Lösungen. Vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit der Sicherheitstechnologien sowie der großen Anzahl von EU-Initiativen zum Themenfeld der elektronischen Zusammenarbeit im Binnenmarkt (Interoperabilität) ist neben den genannten Technologien eine weitergehende Formulierung /.../ aufzunehmen." Europäische Dimensionen? Halt, halt, da basteln wir uns lieber eine eigene digitale Charta und eine eigene nationale Cybersicherheit. Noch Fragen?

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« Antwort #428 am: 18 November, 2012, 06:00 »
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Was war.

*** Grauer, nebeliger, kalter November. Kein Licht, nirgends. Auch Orangina streikt im schwarzgrauen Bällebad: Auf Twitter meucheln sich die Piraten, mit seltsamen Erklärungen in Nordrhein-Westfalen und noch seltsameren Entgegnungen aus der Berliner Szene, die nicht einmal über juristische Grundkenntnisse verfügt. Nein, keine Links, denn Depression wird hier nicht verbreitet, Hilfe sei nun eingeleitet. Wenn jede Tag Widerstand geleistet werden muss, wird es dem letzten Esel dämmern, dass er diesen Bullshit nicht fressen muss. Der etwas fiese Witz an der Geschichte: Piratenwähler lesen ständig genau das mit, was da getwittert wird. Die achsobösen "Medien" feixen laut, die Reparaturversuche zerren hilflos ein Kamel durch ein Nadelöhr.

*** Und die Hilfe? Ganz ohne die bewusstseinswerweiternden Mittel, die Teilnehmer auf dem IT-Gipfel der Regierung eingeworfen hatten, als sie "Industrie 4.0" beklatschten, sich allesamt als kleine Krupps imaginierend. Ganz ohne die erzieherischen Mittel unserer Musikindustrie, die Ohrfeigen bereithält, nach dem bekannten Motto: "Wer hören will, muss fühlen."

*** Ja, es gibt Lichtblicke. Dazu klettern wir erst einmal tief in die Vergangenheit: Vor genau 50 Jahren endete die Ära Adenauer endgültig. Damals traten fünf redliche FDP-Minister zurück, nachdem der Spiegel einen Artikel mit dem Titel Bedingt abwehrbereit veröffentlichte. Sie erzwangen damit den Rücktritt des CSU-Politikers Franz-Josef Strauß. Aus heutiger Sicht wird über die Ereignisse frei extemporiert und von der Presse als vierter Gewalt phantasiert. Damals schaute das Ausland auf das aufgeregte Westdeutschland und fand, dass die junge Demokratie den Bewährungstest bestanden habe. Der Verfassungsschutz, von den Allierten gegründet, um nationalsozialistische Umsturzversuche zu enttarnen, könnte abgeschafft werden. Die Forderung von 1962 kann 2012 ohne Bedenken wiederholt werden, allem GETZ-Getue zum Trotz.

*** Aus heutiger Sicht ist schon der Blick 10 Jahre zurück ganz aufschlussreich. Er fällt auf eine bald nicht mehr existierende Frankfurter Rundschau, in der Roderich Reifenrath den Artikel Schlamm aufwühlen veröffentlichte. Heute liest sich die Klage, dass investigativer Journalismus nicht mehr bezahlbar ist, wie eine Vorwegnahme der Ideen hinter Wikileaks. In dieser Woche startete der selbstdeklarierte Wikileaks-Nachfolger Shofarleaks als sichere Plattform für Whistleblower. Wie sicher die seltsam altertümlich anmutende Webpräsenz, auf der der Shofar zu G^ttes Ehren geblasen wird, muss die Zukunft zeigen. Die Möglichkeit besteht, dass Shofarleaks ein Puzzlestückchen aus dem ausgebrochenen "Internet-Krieg" ist.

*** Im hier und heute erinnerte übrigens Oskar Negt daran, dass im November 1962 ein Buch erschien, das heute wichtiger ist denn je. Der Strukturwandel der Öffentlichkeit erzählt die Geschichte, wie die bürgerliche Öffentlichkeit enstand, wie Öffentlichkeit und Privatsphäre sich auseinander differenzierten, wie bei deutschen Tischgesellschaften, in den französischen Salons und in den englischen Coffee Houses diskutiert und geurteilt wurde. In diesen Zirkeln diskutierte die bürgerliche Öffentlichkeit mit sich selbst. Später wandelte sich das Bild: Aus der aktiven Öffentlichkeit entstand die konsumierende Öffentlichkeit, in der Massenmedien die Debatten transportierten. In dem Maße, in dem Werbung und Unterhaltung diesen "Diskurs" prägten, verflachten die Themen. Der Niedergang der Öffentlichkeit ging einher mit der Konsumgesellschaft. Ende der Debatte.

*** Heute gibt es Ende 2.0: In Blogs und selbst im Rudimentärmedium Twitter konstituiert sich eine neue Öffentlichkeit und versucht sich am Diskurs, auch wenn es furchtbare Unfälle gibt, wie oben angedeutet. Die Rolle der Gatekeeper funktioniert nicht mehr, selbst ein Medium wie Twitter funktioniert mehr nach den Brechungsgesetzen der Optik denn nach simplen Informationsflüssen. Die neue Öffentlichkeit braucht Journalismus, aber nicht mehr die klassische Zeitung, die nur noch zu einer beleidigten Reaktion fähig ist: "Wer für guten Journalismus nicht gutes Geld ausgeben will, liefert sich dem Kommerz und den Suchmaschinen aus, die gierig sind auf unsere Daten. Und wenn die letzte anständige Zeitung verschwunden ist, bleibt nur noch das Geschwätz." Hallo? Die letzte anständige Zeitung muss nicht auf totem Holz erscheinen. Ob dabei unbedingt die Frankfurter Rundschau zur Huffington Post gemacht werden muss, ist eine andere Frage.

*** Aufschlussreich ist es schon, wie sich die neue Öffentlichkeit langsamschneckisch ihren Weg bahnt. Wenn Steve Ballmer in Deutschland mit den Schlaumäusen auftritt und dabei die Verleger versetzt, mag das mit Terminproblemen zu tun haben. Eine abzusegnende Frageliste hat Ballmer nicht nötig, das ist aus vielen Interviews mit ihm bekannt. So bleibt es schwer symbolisch, wenn der Bericht über Ballmers Nichterscheinen mit "Opa kaputt" eines "Touchscreen-erfahrenen" Kindes endet. Der Blick in die Glaserei-Kugel bringt es mit einem Klick auf den Punkt: Es wird eine Weltsprache entstehen, die nicht weit von der Gebärdensprache entfernt ist. Natürlich kann man auch ganz einfach vom Strukturwandel 2.0 reden oder wahlweise davon, dass jeder Medium ist oder eine Massage.

Was wird.

Es ist nach Mitternacht, die Glocken sind zu hören, die Mundharmonika röhrt und der FoeBuD feiert seinen 25. Geburtstag. FoeBuD? Aus dem "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V." ist nunmehr Digitalcourage geworden. So soll eine größere Öffentlichkeit erreicht werden. Der alte Name war wohl zu pythonesk für eine junge Truppe, die sich "für eine lebenswerte digital vernetzte Welt" einsetzt. In die Trauer über das schöne Bild vom unbewegten Datenverkehr – motionless data – mit Anklängen an die Shinden Fudo Ryû Dakentaijutsu (Schule des unbewegten Herzens) mischen sich Wünsche, dass die Digitalcourage den Blick auf das ganz Andere fortsetzt, den Datenverkehr für eine lebenswerte Welt. Und schlecht ist es ja nicht, wenn an Grimmelshausens Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche erinnert wird, wo es im "Abstract" zum Traktätlein heißt: Demnach die Zigeunerin Courasche aus Simplicissimi Lebensbeschreibung vernimmt, dass er ihrer mit schlechtem Lob gedenkt, wird sie dermaßen über ihn erbittern, dass sie ihm zu Spott, sich selbst aber zu eigner Schand – worum sie sich aber wenig bekümmert, weil sie allererst unter Zigeunern aller Ehr und Tugend selbst abgesagt – ihren ganzen liederlich geführten Lebenslauf an Tag gibt, um gedachten Simplicissimum vor der ganzen Welt zu Schanden zu machen, weil er kein Abscheuen getragen, sich mit so einer leichten Vettel zu besudeln, wie sie sich eine zu sein bekennet - auch in Wahrheit eine gewesen - und er noch dazu sich seiner Leichtfertigkeit und Bosheit berühmet, in Maßen daraus zu schließen, dass Gaul als Gurr, Bub als Hur und kein Teil um ein Haar besser sei als das Andere. Reibet ihm daneben trefflich ein, wie meisterlich sie ihn hingegen bezahlt und betrogen habe. Jedwede Ähnlichkeit mit Personen aus der Great American Comedy um "4S Petraeus" ist zufällig.

*** Petraeus, Broadwell, Kelley, Allen – das eigentlich Sensationelle an diesem bizarren Reigen ist die Tatsache, dass die Geschichte nicht früher aufgeflogen ist. Über 30.000 Mails und Dokumente soll es von den Techtelmechteln geben, doch die panoptischen Systeme, die Super-Datenbanken und -Crawler von NSA und CIA schlugen keinen Alarm. Erst als ein halbnackter ehemaliger FBI-Agent die Sache meldete, begannen die Recherchen. Entweder wurde das Rumgemache bewusst ignoriert wie weiland Eisenhowers Geliebte, oder die Systeme sind schlechter als gedacht und Big Brother ist ein Scheinriese. Was in den USA wiederum eine prima Gelegenheit ist, als Geschäftsidee eine spezialisierte Beischlaf-Suchmaschine wie Enigma anzubieten, benannt nach einem berühmten militärischen Vorbild.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #429 am: 25 November, 2012, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** function getMoney(IHasMoney you) { Money money = you.Money(); money = null; return money; }
Ja, was richtige Coder bei Song in Code so songwriteln, das hat auch ganz ohne Twitter eine simple Botschaft: es geht immer ums Geld, TIM. Und wenn man mit dem Zeug nicht mehr rechnen kann, geht es immerhin um eine Anlage der Geldvermehrung in der Hoffnung, dass irgendwo ein Museum dringend einen Apple 1 braucht, koste es, was es wolle. Oder den ersten Touchscreen-Rechner, die dicke Mutter aller Tablets. Alles muss raus, zur Knete werden, und das nicht nur bei uns. Selbst aus der Angst vor den Mäusen müssen Mäuse gemacht werden.

*** Ob dereinst mit guter Taxe ein komplettes Exemplar der Financial Times Deutschland auktioniert wird? Der letzte Druck auf Lachsrosa erfolgt am Nikolaustag, das Blatt macht dicht, weil 250 Millionen miese Mäuse in zwölf Jahren sich "nicht wirtschaftlich darstellen". So formuliert das Vorständlerin Julia Jäkel, ohne die Garotte zu erwähnen, mit der der Mehrheitsgesellschafter Bertelsmann zwölf Jahre würgte. Liest man die witzlose Twitter-Zusammenfassung, wird klar, warum. Hat darum die nahtoderfahrene "Tageszeitung" recht, wenn sie behauptet, Unsere LeserInnen entscheiden, wie lange die taz noch gedruckt wird, nur um im selben Atemzug ebenfalls eine dieser Pay-Wahls zu errrichten? Immerhin führte sie auf ihrer Titelseite die wichtigsten Argumente für gedruckte Zeitungen auf. "Das iPad lässt sich so schlecht in die nassen Fußballschuhe stopfen." "Weil wir sonst nicht wüssten, worin wir unser Geschirr beim Umzug einwickeln sollten." Dann ist da noch das Ausschneiden von Buchstaben fürs Erpresserbriefschreiben: Alles nützliche und gute Argumente für Zeitungspapier, doch kein einziges für den immer wieder beschworenen guten Journalismus.

*** Der ist bei der Zeit gerade auf den Hund gekommen. Das Vieh mit iPad und Zeitung im Maul erinnert an das obligate Freitagsbild vom alten Schockwellenreiter, das sicher schon eine Agility-Runde mit einem iPad im Maul absolviert hat. Wie heißt es noch im ehrwürdigen Blatt verquast: "Auch in Zukunft kann sich nicht jeder über alles selbst informieren, vermag nicht jeder alles einzusortieren, folglich wird es Menschen geben, deren Beruf es ist, dabei zu helfen, vermutlich werden diese Menschen Journalisten heißen. Solange es Worte gibt, wird es schreibenden Journalismus geben. Und so lange wird dieser Beruf einer der schönsten der Welt bleiben." Nett, nett, doch warum sollen die edlen Helfer das nur in einer Zeitung tun? Es gibt Blogs, es gibt ganz entzückende Nachrichtenticker, es gibt das ganze Internet, das voll mit guten, hilfreichen Texten ist.

*** Doch solange eine deutsche Bundeskanzlerin ohne Widerspruch behaupten darf Lesen können ist noch einmal etwas anderes, als im Internet zu sein, solange wird das Jammern weitergehen. Auch wer bei Facebook ist, muss vor allem lesen können. Zur gekünstelten Aufregung all der Kulturbedenkenträger gehört natürlich, dass die verbleibende deutsche Presse einen Notgroschen fordert, über den im Bundestag um 3 Uhr morgens diskutiert werden sollte. Bernd lachte hart. Die nächste Stufe des laufenden Irrsinns wird ein Gesetz sein, das alle Printerzeugnisse zur Einrichtung von Paywalls verpflichtet: "Wer Druckerzeugnisse komplett oder in Form einzeln aufsuchbarer Artikel ohne Bezahlschranke in das Internet stellt, verliert das Recht, den vergünstigten Mehrwertsteuersatz in Anspruch zu nehmen." Und auch das wird nicht funktionieren.

*** Die "Zeit" will mit der Zeit gehen und hat eine Text API veröffentlicht, illustriert mit einem eigenartigen Wordle, das die Bedeutung von Ute Blaich und Herman Göring für die deutsche Kultur herausstellt. Die kommerzielle Nutzung ist verboten und Volltext ist auch nicht drin, womit die nachträgliche Ferkelei in Hunderten von Vorläufer-Kolumnen zu dieser kleinen Wochenschau leider ausgeschlossen ist. Kleine Spielereien wie ein rechnergeneriertes Kreuzworträtsel mit aktuellen Überschriften aus der aktuellen Zeit sind nett, doch ob auf diese Weise herausgefunden werden kann, wie sich das China-Bild der Redaktion im Laufe der Zeit gewandelt hat? Viel Data, viel Interpretation und noch mehr Recherche.

*** Als das Wünschen noch geholfen hatte, gab es die bezaubernde Jeannie, die mit einem Klick ihrer Augen und einem kurzen Nicken herumzauberte, ganz nach den Wünschen ihres Meisters, einen NASA-Astronauten, den Larry Hagman spielte. Die TV-Serie um Jeannie wurde während des Vietnamkrieges ausgestrahlt, was Hagman dazu veranlasste, der Peace and Freedom Party beizutreten. Später spielte Hagman den Fiesling J.R. Ewing in der Öl-TV-Serie Dallas, als er schon überzeugter Anhänger der Solartechnologie war. Sein letzter deutscher Auftritt war im Berliner Wahlkampf, wo er für den SPD-Kandidaten Wowereit warb. Was schreibt eine angeblich so erhaltenswerte Zeitung zu seinem Tod? Ein dpa-Fünfzeiler muss doch reichen. Auch gestorben ist in dieser Woche einer der letzten Großen der Science-Fiction, Boris Strugatzki. Hier lohnt sich der Link auf das Internet-Projekt Russland Heute, das den Strugatzki-Übersetzer Simon zu Worte kommen lässt.

Was wird.

Die verschlüsselte Nachricht einer Brieftaube, die im zweiten Weltkrieg vom Weg abkam und ihren Bestimmungsort nicht mehr erreichte, sorgt für Kopfzerbrechen. Die Top-Kryptologen des britischen Geheimdienstes GCHQ schafften es bislang nicht, die Nachricht zu entschlüsseln. Wahrscheinlich wurde damals mit einem One-Time-Pad gearbeitet. Vorbei die glorreichen Zeiten, als das GCHQ sein Überwachungsequipment direkt in die britischen Skynet-Satelliten einbauen konnte und keine Mühe hatte, den komplette Nachrichtenverkehr zu überwachen. In dieser Woche ist Julian Assanges Gesprächs-Buch Freedom and the Future of the Internet erschienen, in dem er sich mit Andy Müller-Maguhn, Jacob Appelbaum und Jérémie Zimmermann unterhält. Das Destillat der geselligen Tischrunde ist ein düsteres Werk über die Allmacht des Staates und die Allgegenwärtigkeit seiner militärischen Geheimdienste, die jedwede Kommunikation belauschen. Dank der unermüdlichen Lauscharbeit des Militärs ist Assange zufolge das Internet selbst militarisiert worden. "Die Kommunikation als der innere Kern unseres Privatlebens wird über das Internet aufrecht erhalten. So findet unser Privatleben nun in der militarisierten Zone statt. Es ist, als ob ein Soldat unter dem Bett liegt."

In der Weltsicht von Assange spielt der "Schatten-CIA" Stratfor eine wichtige Rolle. Derzeit steht der Stratfor-Hacktivist Jeremy Hammond vor Gericht und erfährt die ganze Repressionkraft des Staates in der Lesart von Assange: Der Ehemann der Richterin ist ein Strafor-Anwalt. Auch der Prozess und der große Schaden, den Anonymous bei der Paypal-Aktion anrichtete, wird anders gesehen, als Bank-Blockade, die Wikileaks finanziell strangulierte.

*** Wo bleibt das Positive? Es ist die Technik der Verschlüsselung. "Wir haben etwas entdeckt. Unsere einzige Hoffnung gegen die totale Kontrolle. Eine Hoffnung, die uns den Mut, die Einsicht und die Solidarität gibt, die wir für den Widerstand brauchen. Eine wahrlich verrückte Eigenschaft des physikalischen Universums, in dem wir leben. Das Universum glaubt an die Verschlüsselung." Mit Hilfe der Verschlüsselung wollen Assange und seine Jünger "neue Welten und autonome Zonen" errichten, in denen die finsteren Mächte des allgegenwärtig kontrollierenden Staates ausgeschlossen sind. "Kryptographie ist die ultimative Form des direkten gewaltlosen Widerstandes", in dem Assange und die Seinen, unterstützt von Anonymous, zu neuen Aktionen aufrufen. Am kommenden Dienstag will Assange auf dem Convention Camp in Hannover seine "Vision einer freien Gesellschaft", gebaut auf unverletzbarer Kryptographie, verkünden. Und zu Weihnachten wird Preisträger Jacob Appelbaum die Keynote auf dem 29. Kongress des Chaos Computer Clubs halten: Von der staatlichen Düsternis und der herausragenden Rolle der Geeks auf dem Weg zum Licht kann in diesen dunklen Tagen nie genug erzählt werden. Die einen haben ihr Christen-, die anderen ihr Hackertum. Und draußen vor der Tür?

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #430 am: 02 Dezember, 2012, 09:17 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es soll Winter sein, aber das ist nur ein Fake. Der Schnee von gestern wird über der norddeutschen Tiefebene ausgeschüttet und deckt die Glühweinkotze auf den Weihnachtsmärkten zu. Der Schnee von gestern ist überall, wer wirklich Tabula Rasa machen will, braucht halt ein Boogie Board, das derzeit nichts vernünftig abspeichert und wie der Wunderblock funktioniert. Wie der Schnee von gestern funktioniert, hat Julian Assange gezeigt, als er den Zuhörern in Hannover das Vorwort seines neuen Buches vorlas. Mittlerweile ist das dramatische Vorwort von einigen Webseiten veröffentlicht worden, etwas beim Mitgründer der Cypherpunks. Kryptografie als die ultimative Form des gewaltlosen Widerstandes? Da ist es wieder, das ehrenwerte Motto der Cypherpunks aus jenen 90er Jahren, als die Regierungen strenge Exportverbote für Verschlüsselungssoftware kannten und über Schnüffel-Chips nachgedacht wurde, als Hintertürchen auf jedem Rechner zu installieren.

*** Im Jahre 2001 erklärte 42565, Cypherpunk-Gründer John Gilmore auf der Konferenz Hacking at Large, warum das Ende der Cypherpunks gekommen ist, mit Mathematik und Physik per Kryptographie dem Staat Widerstand zu leisten. Die Guten hätten gesiegt, die Bösen aufgegeben: Jetzt seien zahlreiche Verschlüsselungsprogramme auf dem Markt. Künftig werde es "nur" noch darum gehen, die Verschlüsselungssysteme benutzerfreundlich für Jedermann zu programmieren und auf die Fortschritte bei der Hardware zu achten. Gilmore schloß nicht aus, dass es eines Tages einen Großrechner geben könnte, der mit Brute Force einen verschlüsselten Text oder eine verschlüsselte Festplatte knacken könnte. Die schlichte Idee, die dazu führt, dass die Empfehlungen zur Verschlüsselung und zu den Schlüssellängen fortlaufend überarbeitet werden, ist für einen wie Assange allzu trivial: Ein Satz wie "Das Universum glaubt an Verschlüsselung" hat einen zutiefst religiösen Charakter in der Form, dass offenbar ein höheres Wesen nötig ist, weil längst alles kostengünstig abgehört und gespeichert wird. Beweise für so eine Aussage braucht es nicht, wo nur das Lesen frommer Texte ausreicht. Dass mangels verschlüsselter Einreichungs-Plattform Wikileaks am Ende ist und auf kriminelle Text-Aquise durch verschiedenen Anonymous-Fraktionen angewiesen ist, merken nur die, die nicht daran glauben, dass längst jedes Bit woanders mitgespeichert wird.

*** In den USA hat der Prozess gegen Bradley Manning noch nicht begonnen, den angeblichen Informanten, der Wikileaks mit geheimem US-Material gefüttert haben soll. Bei der anstehenden Voruntersuchung präsentierte sich Manning ungebrochen und nicht ohne Witz. Auch dass sich Manning in acht Punkten für schuldig erklärt hat, zeigt seinen Willen, nicht einzuknicken und der Anklage zu widersprechen. Er ist die kleine kluge furchtlose Ratte, von der Assange am Ende seines Buches schwärmt. Wenn nur ein Bruchteil der Behauptungen stimmen, die Manning über seine Haftbedingungen aufstellt, sitzen die USA auf der Anklagebank, eindrücklicher als jede Diplomatenpostveröffentlichung. Und die BRD, die im Irak nicht dabei war, aber in Afghanistan? Sie rückt ab, während die Afghanistan-Papiere veröffentlicht werden und ihrer Entschlüsselung harren. "Es wird Zeit, dass wir in Deutschland darüber reden, wo und aus welchem Grund die Bundeswehr kämpfen soll. "

*** Scheinriesen wie den Herrn Tur Tur kenne ich seit Kindesbeinen an, nun sind Scheinengel hinzugekommen in Gestalt von Google, das nach Meinung des Qualitätskommentators der Süddeutschen Zeitung sich als vermeintlicher Schutzengel des Internet ausgibt. Immerhin ist das noch ein gemäßigter Kommentar. Mittlerweile habe ich gelernt, dass Google ein mächtiger Arm der amerikanischen Regierung ist – von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die zudem noch einem Google-Imperialismus auf die Spur gekommen ist. In der Welt war vom Angriff Googles auf die Grundrechte zu lesen und davon, dass man für die Meinungsäußerung in Deutschland eine Lizenz braucht – auch für mich ein Novum. Ich habe in dieser Woche gelernt, dass es eine Scheinfassade gibt, hinter der Google sich die "Freiheit des Ausschlachtens" nimmt, habe gelesen, dass Google in seinem Nachrichtenprotal illegal Texte sammelt, ohne Rücksicht auf Urheber- und Verlagsrechte. Würden all diese Aussagen stimmen, wäre Google längst ein Fall für die Justiz und Deutschlands Google-Chef Overbeck in Untersuchungshaft. Aber die Aussagen sind ein Beispiel dafür, dass der vielgepriesene deutsche Qualitätsjournalismus Scheinqualität produziert, weil er sich nicht mit der programmierbaren Realität beschäftigt. Statt der Schere im Kopf schreiben unsere Qualitätstrompeten mit dem Milchaufschäumer in der Hand.

*** Die Debatte um das Leistungsschutzrecht hat, ganz ohne die unbeholfene Kampagne von Google auch ihre guten Seiten. 180.000 Menschen, die zu später Stunde im Internet dem Leistungsschutzrecht-Schnack der Politik hörten, in der ein Ansgar Heveling (CDU) dem "liberalen Kapitalismus Angloamerikas" die Leviten liest, gehören dazu. Ebenso gut ein Jimmy Schulz (FDP), der Lessigs "Code is law" zitiert (in Assanges neuem Buch lobt Assange die Cypherpunks der 90er für diesen Satz und wird von Jacob Appelbaum korrigiert). Noch löblicher ist es, wenn in der Debatte auf leistungsschutzrechtbedrohte Angebote wie den Perlentaucher oder Rivva aufmerksam gemacht wird. Wenn Suchalternativen wie DuckduckGo oder Startpage ins Licht der Öffentlichkeit kommen und zeigen, wie gänzlich unböse Google sein kann, wenn es mit einem dieser "Aufsätze" durchsucht wird.

Was wird.

Die nächste Woche startet die World Conference on International Telecommunications im schneefreien Dubai, auf der ein ganz besonderer Schnee von Gestern zu neuen Ehren kommen soll, wenn das Internet stärker an die Zahlungsmodalitäten der TK-Branche angepasst werden soll. Ein Plan, von dem zum letzten Mal 1998 (!) zu hören war, als die ITU über den Standard ITU-T verhandelte und man in Genf H.323 verabschiedete. Eine Demonstration der Internet-Telefonie durch die schweizerisch-israelische Firma Vocaltec wurde damals mild belächelt. Heue ist es bitter Ernst, wenn Netzneutralität abgebaut werden soll, um die schrumpfenden Gewinne der Telcos wieder aufzupäppeln.

Fußballtechnisch ist der Betzenberg eine mythenumrankte Erhebung in Deutschland. Dort hat die erste deutsche Polizeiwache ihren Twitter-Streifendienst aufgenommen und will transparent über Fußballeinsätze kommunizieren. Bedenken gibt es, ähnlich wie die gegenüber der Facebook-Fahndung. Immerhin beschäftigen sich auch Juristen mit diesem Problem. Ganz groß will der nächste europäische Polizeikongress im Berliner bcc das Thema unter dem Motto "ePolice – Polizei in sozialen Netzwerken" angehen und den "Schutz und die Sicherheit im digitalen Raum" debattieren, der für viele Bürger nicht antizipierbar sein soll, heißt es in der Ankündigung. Es mag banal klingen, aber auch ein Verkehrsunfall ist für mich nicht antizipierbar, wenn diese Kolumne gleich mit dem Rad (wo ist nur der schwarze Hubrschrauber geblieben) zu einem geheimen Parkplatz gefahren wird, wo der diensthabende Redakteur bibbernd (wo ist nur das komofortable, mit Rotwein bestückte Redaktionswartebüro geblieben) wartet.

Die Macher des Polizeikongresses schreiben weiter: "Die Zeit der 'Digitalromantik' mit 'moralischen Hackern' und experimentierfreudigen 'Skript Kiddies' scheint längst vorbei. Aus diesen Gruppen rekrutieren sich inzwischen auch Kriminelle, die für Bereiche der Cyber Crime zur Verfügung stehen." Ist es die Trauer nach dem Vergangenen, wo man sich mit dem Chaos Computer Club den Veranstaltungsort teilte? Der aber ist nach Hamburg umgezogen und vor dem 29C3 schwer mit dem Packen beschäftigt. So schließt sich die Schneedecke von gestern, wenn Jacob Appelbaum in weihnachtlicher Stimmung als Keynote das Vorwort des Assange-Buches vorlesen wird und die halbviertel moralischen Hacker mit glühenden Bäckchen im frisch sanierten Messezentrum rumlaufen; Abq zl Qrcnegzras.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #431 am: 09 Dezember, 2012, 00:03 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** In der Schule in Mathematik war Trigonometrie ein tolles Fach zur Bestimmung der Höhe von Scheinriesen und Scheinengeln. Mit urtümlichen Geräten und Stangen ging es hinaus, die Höhe eines Kirchturms zu messen. Wobei es einfacher war, den Küster anzurufen und zu fragen, während man auf die Sesamstraße im Morgenfernsehen wartete. Ähnlich praktisch ist das heute mit dem Internet und der Treegonometrie für den perfekten Baumschmuck: Es gibt immer einen Weg, sich von der Technik noch abhängiger zu machen, auch zum bimmelnden Glühwein-Nachtfest. Was der olle Heine in Berlin notierte, gilt auch für die Hauptstadt von heute: "Wie in allen protestantischen Städten spielt hier Weihnachten die Hauptrolle in der großen Winterkomödie. Schon eine Woche vorher ist alles beschäftigt mit Einkauf von Weihnachtsgeschenken. Alle Modemagazine und Bijouterie- und Quincailleriehandlungen haben ihre schönsten Artikel – wie unsere Stutzer ihre gelehrten Kenntnisse – leuchtend ausgestellt; auf dem Schloßplatze stehen eine Menge hölzerner Buden mit Putz-, Haushaltung- und Spielsachen; und die beweglichen Berlinerinnen flattern, wie Schmetterlinge, von Laden zu Laden und kaufen und schwatzen und äugeln und zeigen ihren Geschmack und zeigen sich selber den lauschenden Anbetern."

*** Anlässlich solcher Weihnachtsfeierlichkeiten freuenh wir uns doch schon auf die nächste CeBIT, anlässlich derer uns Hitzewellen beschert werden, versprochen. Zu den weiteren absurden Erscheinungen dieser Tage gehört ein Comic-Adventskalender der digitalen Gesellschaft über die "Liga der Internetschurken". Nach Aussage von Digigesguru Markus Beckedahl ist er gezeichnet worden, um netzpolitische Probleme und Diskussion auch für Außenstehende verständlich zu machen. Öffnet man die Türchen, so taucht eine Geschichte auf, die nerdiger kaum sein könnte und nur für Digital Natives verständlich ist. Eine auf dem Kopf stehende Pyramide, deren Auge sich als Yan, Yet another Nerd, aufmacht, die Zombiekalypse zu bei der Elbvielunharmonie anlässlich des 29C3 zu bekämpfen, das muss nicht nur fahrplanmäßig entschlüsselt werden, 40 Jahre nach Illuminatus und 23 Jahre nach dem Tod von Karl Koch. Wie erklärt man den Witz, wenn Init und Daemon miteinander ins Bett steigen, wenn Drohnen fliegen und andere Drohnen infizieren?

*** Doch das sind nur Mäkeleien am Rande der großen Bedrohung und der schlimmen Weihnachtsgeschenke, die die Schurken des Internet in diesen friedlichen Zeiten verteilen. Wir lesen vom panzerköpfigen Agent ACTA, von dem schimärenhaften Bundestrojaner Troy, vom nanobegabten Unglück namens Deep Packet Inspection, den echsenartigen Abmahnanwälten und der von der alles entscheidenden dunklen "Erscheinung ANTI-NEUTRONS, der die Ausgeburt eines komplett kontrollsüchtigen und unfreien Internets ist". Hackers Anliegen ist nicht Peterchens Mondfahrt, soviel wird aus der unfrohen Weihnachtsgeschichte im Adventskalender klar. Doch wo ist die Rettung im Angesicht der Gefahr, in Unfreiheit abzusinken? Immerhin stößt die kritiklose Anbetung des Cypherpunks, wie sie von Julian Assange vorweihnachtlich vorgelesen wurde, bei einigen Nerds auf spitze Kritik des eilitären Gehabes. Andere, die die Werbeeinblendungen des Buches für Cryptophones unter die Lupe nahmen, finden nicht unbedingt ein freundliches Universum vor, das mit den Gesetzen der Mathematik und Physik die Verschlüsselung schützt.

*** Alles liefert, alles lacht, zauberhafte Weihnacht. Wer hätte schon gedacht, dass nicht ein Cryptophone oder sonst ein stromfressendes Königsphone, sondern ein rattenschickes Brett wie das Nokia 2110 anno 2012 zu einem späten Weihnachtsknüller werden könnte, der vor dem bösen Eurograbber schützt. Ersteigert von eBay aus dem kleinen Luxemburg natürlich, wo die Steuern wie auch bei Amazon so wunderbar verklappt werden können, dass der Steueranteil schlank und rank bleibt. 25 Millionen kaufen ihre Geschenke im Web, auf dass die in zweiter Reihe parkenden Lieferwagen zum Kollaps in den Städten führen: "So können Verbraucher auf den Geräten beispielsweise digitale Einkaufszettel und Rabatt-Coupons mitführen. Die Navigationssoftware ermöglicht es, Läden zu finden oder sich sogar im Geschäft besser zu orientieren. Mit Barcode-Scannern können Produktinformationen abgerufen werden" und huschhusch geht es nach Haus zu den Preisvergleichern. Wie schön, dass dies mit einem alten 2110 alles nicht geht. Wir brauchen einfach mehr Rückschritt.

*** Apropos Rückschritt: Vor 40 Jahren fotografierte Harrison Schmitt, der letzte Mensch auf dem Mond, an Bord von Apollo 17 die Erde. Ausgerechnet das Bild, das am Ende einer ziemlich teuren Raumfahrtepoche entstand, wurde als Blue Marble zur Ikone der verletzlichen Erde. Im Jahre 1996 wurde das Museu de Arte Contemporânea de Niterói fertig, mit dem Oscar Niemeyer nach eigener spaßiger Interpretation eine "Fassung" für die Murmel konstruierte, in Form eines Raumschiffes, das jederzeit wieder abheben könnte. Nun ist der Betonwellenreiter gestorben, aber immer noch lebendiger als alle Kritik an seiner Architektur. Dazu passt der Unsquare Dance gegen den rechteckigen Terror, natürlich von Dave Brubeck. Oder muss es ein Bossa Nova sein?

Was wird.

Bekanntlich erhält Europa am Montag den Friedensnobelpreis. Drei Männer werden ihn in Empfang nehmen, auch das ist eine Aussage in einer Zeit, in der Nikolausgedichte Chancengleichheit anmahmen. Aber Europa und Frieden? Nicht nur für Amnesty International ist das ein schlechter Witz. Dieses Europa schiebt Menschen ab und blockiert seine Grenzen nach Afrika auf Kosten von vielen, vielen Menschenleben.

Aber vielleicht passt der Preis ja, in einem Jahr, in dem es einen chinesischen Nobelpreisträger Mo Yan gibt, der die Zensur in seiner Heimat ein notwendiges Übel nennt und mit den lästigen Sicherheitskontrollen auf Flughäfen vergleicht. Haha, da lachen wir alle gemeinsam über das Sicherheitstheater, ziehen die Schuhe wieder an und schnüren den Gürtel um die fetten Bäuche. Oder wer ist hier die Lachnummer? Abseits der norwegischen Zeremonien lohnt sich die Lektüre eines UN-Dokumentes über Terroristen, das die ach so harmlosen Flughafenkontrollen mit der Auswertung von Passagierlisten und mit Cookies verbindet, die bei der Nutzung von Facebook, Google, eBay und Paypal gespeichert werden. Wo war nochmal der schimärenhafte Troy? Hier taucht er auf, in der Empfehlung, bei mutmaßlichen Terroristen doch bitteschön deren Computer zu verwanzen.

*** Ja, diese Nachricht steht in der Rubrik "was wird": Der deutsche Verfassungsschutz ist von der Versammlung der Innenminister leider nicht abgeschafft worden. Er soll stattdessen neue tolle Dateien abspeichern und fortentwickeln, unter anderem ein Verzeichnis aller V-Leute. Eine absolut sinnlose Behörde soll reformiert werden, die in ihrer Trägheit und Blindheit an die drei Affen erinnert, die nichts hören, sehen oder sagen können. Nur ist die Zahl der Nichtskönner und Nichtshörer größer. Ab Januar 2013 wollen Beamte aus den Landesämtern des Verfassungsschutzes mit einem "umfassenden Beratungsangebot" auf deutsche Firmen zugehen und ihnen Hilfestellung im sogenannten Cyberkrieg offerieren, im direkten Gespräch. Vielleicht zeigen sie dufte Tricks wie den vom NPD-Funktionär, der bei der Linken Spitzel installieren sollte.

Halt, zu Chanukkah geziemt es sich, wie beim alten Heine zurückzutreten und dem Treiben zuzusehen: "Aber des Abends geht der Spaß erst recht los; dann sieht man unsere Holden oft mit der ganzen respektiven Familie, mit Vater, Mutter, Tante, Schwesterchen und Brüderchen, von einem Konditorladen nach dem andern wallfahrten, als wären es Passionsstationen. Dort zahlen die lieben Leutchen ihre zwei Kurantgroschen Entree und besehen sich con amore die 'Ausstellung', eine Menge Zucker- oder Drageepuppen, die, harmonisch nebeneinander aufgestellt, rings beleuchtet und von vier perspektivisch bemalten Wänden eingepfercht, ein hübsches Gemälde bilden. Der Hauptwitz ist nun, daß diese Zuckerpüppchen zuweilen wirkliche, allgemein bekannte Personen vorstellen. Ich habe eine Menge dieser Konditorladen mit durchgewandert, da ich nichts Ergötzlicheres kenne, als unbemerkt zuzuschauen, wie sich die Berlinerinnen freuen, wie diese gefühlvolle Busen vor Entzücken stürmisch wallen und wie diese naiven Seelen himmelhoch aufjauchzen: 'Ne, des is schene!" Zum Schluss ein Kaddish.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #432 am: 16 Dezember, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist ziemlich genau ein Jahr her. Am 12. Dezember 2011 sprach der damalige Bundespräsident Christian Wulff ein paar Takte auf die Mailbox des Journalisten Kai Diekmann. Verhandelt wurde über das höchste deutsche Amt und die Rolle des investigativen Journalismus, während Wulff auf dem Weg zum Emir war und sich Diekmann in einem New Yorker Hotel amüsierte. Wulffs Ausführungen sind heute bereits große Kunst, "Ohne Titel" zwar, aber da wir jetzt den vollen Wortlaut haben, können wir mit Max Liebermann titeln: "Wirre Wunst auf dem Weg zum Emir, in Öl". Ein bisschen O-Ton gefällig, nicht nur die bekannten Snippets vom Rubikon, den keine Person, sondern ein journalistisches Verhalten überschritten hat. Angeblich fehlt unseren Zeiten ein Shakespeare, das Gesprochene in großes Theater zu übersetzen, daher ja da Ölbild zum Genöle:

"Ich habe alles offengelegt, Informationen gegeben, gegen die Zusicherung, dass die nicht verwandt werden. Die werden jetzt indirekt verwandt, das heißt, ich werde auch Strafantrag stellen gegenüber Journalisten morgen und die Anwälte sind beauftragt. Und die Frage ist einfach, ob nicht die Bild-Zeitung akzeptieren kann, wenn das Staatsoberhaupt im Ausland ist, zu warten, bis ich Dienstagabend wiederkomme, also morgen, und dann Mittwoch eine Besprechung zu machen, wo ich mit Herrn ... den Redakteuren und Ihnen, wenn Sie möchten, die Dinge erörtere und dann können wir entscheiden, wie wir die Dinge sehen und dann können wir entscheiden, wie wir den Krieg führen."

Da hat einer also "alles offengelegt" gegenüber Journalisten und möchte darum mit entscheiden, wie der gemeinsame "Krieg" geführt werden kann. Sieht man davon ab, dass wir heute wissen, dass keineswegs alles offengelegt wurde und viele Informationen immer noch nicht auf dem Tisch liegen, bleiben zwei Punkte: 1.) Ein Staatsoberhaupt will mit der Bild-Zeitung Krieg führen, gegen die öffentliche Meinung, mit Informationen, die die Bild-Journalisten nicht verwendet werden dürfen. 2.) Die Arbeit dieser Journalisten ist für das Staatsoberhaupt "Investigativ-Journalismus". Schlimmer kann die Desinformation nicht ausfallen. Ein Jahr später, kurz vor dem Wahlkampf, wird in Deutschland ein völlig überflüssiges Leistungsschutzrecht diskutiert, bei dem die wichtigsten Punkte erst nach der Verabschiedung des Gesetzes von Gerichten festgesetzt werden müssen. Die verzagte Politik reagiert auf die Bild-Zeitung und ihre Kohorten, die da glauben, was Investigativ-Journalismus heute ist, nämlich der eilige Konsum von Snippets bei den Informations-Talibanen: "Viele Leute, die es eilig haben, bleiben auf Google News und landen gar nicht mehr beim Original."

*** Jeder Journalismus hat seine Zeit, das gilt auch für die begleitenden Theorien wie dem etwas klapprigen Baukasten zu einer Theorie der Medien, in dem all die hübschen Desiderate stecken, aus denen am Nicht-Ende (weil es kein Ende mehr gibt) das digitale Gesamtkunstwerk steht. Aber hey, wir haben ja den Baukasten: "Zum ersten Mal in der Geschichte machen die Medien die massenhafte Teilnahme an einem gesellschaftlichen und vergesellschafteten produktiven Prozeß möglich, dessen praktische Mittel sich in der Hand der Massen selbst befinden." Wer immer in der Bahn, an der Haltestelle, im Hörsaal und in der Frühstückspause hinterm Steuer sein Smartphone zückt, hat es verdient, dass wir ein lautes "Quäl dich, du Sau!" zurufen zur Ermunterung im Gesamtkunstwerk. Um die anderen, die sich im Besitz von Produktionsmitteln wähnen und nonchalant die Miethaitrick-Kultur loben, muss man sich keine Sorgen machen. Das Lebbe geht weida, sagen sie in Frankfurt. Aber das schrieb ich schon. Starten wir lieber den lustigen Wettbewerb "Bettelbriefe an den Weihnachtsmann", nach Vorbild der ehrwürdigen Time: Gesucht wird ein ähnlich dramatischer Text, der dem Heise-Leser vor Augen führt, dass das Ende der Welt nahe ist, wenn er nur mit Adblock diese kleine Web-Präsenz in der norddeutschen Tiefebene besucht.

*** Noch eine Wiederholung: Es begann in diesem gauckigen WWWW mit dem Hinweis, dass die ITU in Dubai einen feindlichen Angriff auf das Netz starten wird. Es endete vorerst in einem krachenden Missklang, mit Deutschland als verspätetem Mitnöler. Ist es die Rückkehr des Gilbs, jener Deutschen Bundespost, der Demokratie und Menschenrechte völlig schnuppe waren. Kommen die Zeiten wieder, als der unautorisierte Gebrauch des Mäuseklaviers in Faxgeräten zur Einstellung des Absendernamens flugs mit 250 DM Strafe geahndet wurde? Die Verabschiedung der ITR führt dazu, dass der Rechtfertigung von staatlicher Internet-Regulierung auf nationaler und internationaler Ebene Tür und Tor geöffnet wird. Das Fass ist aufgemacht – das wird uns die nächsten Monate und Jahre sehr intensiv beschäftigen, womit die erste Jahresendprognose vorliegt.

*** Doch halt! Das Jahr ist nicht zu Ende, denn auch bei uns ist wieder einmal deutlich geworden, dass die Wurst zwei gequetschte Seiten hat: Was hier als Kosten beim Zugriff auf TK-Daten bejammert wird, kostet uns die Demokratie. Ich kann im Rahmen dieser kleinen Wochenschau nur auf diesen recht langen Text des Verfassungsschutz-Überläufers Hansjoachim Tiedge verlinken und ihn zur Lektüre empfehlen, obwohl er einige Längen hat. Das bedenkenlose Überwachen des Telefons, die Speicherung und Nicht-Löschung von Daten in NADIS, der allgemeine Hang zur Schnüffelei auch bei nichtigstem Anlass hat eine deutsch-deutsche Tradition, auf die niemand stolz sein kann. Umso trauriger ist es, dass dieser allgemeine deutsche Pannendienst nicht wegreformiert wurde, sondern in aller Scheinheiligkeit weitermachen kann, es gibt ja Bonn und diese furchtbaren Bombenbauanleitungen im Internet. Da ist man schnell bei der Angst, dass Deutschland das Glück verlässt. Immerhin haben wir in ein paar Wochen ein ganz wunderbares Waffenregister und damit die Sicherheit, dass Newtown weitab vom Schuss ist.

*** Wo bleibt das Positive? Wie wäre es mit der Nachricht aus dem Maya-Kalender, dass die Welt am nächsten Freitag untergeht? Oder wie wäre der heutige Geburtstag von Beethoven, einem der Komponisten von Saturday Night Fever. Was ist mit der Folter in diesem Möbelhaus? Ganz unspektakulär hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall des gefolterten Khaled al Masri geurteilt. Bei näherer Betrachtung des Urteils findet sich der Verweis auf Wikileaks und die Veröffentlichung von Cablegate. Ist es ein Verdienst der Cypherpunks von Wikileaks, ist es das 58 Zeichen lange Passwort im Wikileaks-Buch der Guardian-Redakteure, die am Cablegate beteiligt waren? Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie hat keine Schüler.

Was wird

Im kleinen Verlag am Rande der norddeutschen Tiefebene stehen Veränderungen an. Mit einem rund um den Abschiedskuchen improvisiertem Abschiedsblues endet die Arbeit eines Chefredakteurs, dessen Qualität unter anderem darin bestand, dass die Dinge mit ihm mitunter nicht eben einfach zu erörtern waren. Dabei stand er hinter seinen Redakteuren und auch hinter den Zulieferern, den freien Journalisten. Die wutentbrannten Hersteller-Anrufe auf seiner Mailbox schenken wir uns heute, sie sind gelöscht. Das letzte Ständchen gibt Slowhand Clapton.

"Once the rockets are up, who cares where they come down – That's not my department, says Wernher von Braun", so formulierte es Tom Lehrer in seinem Protestsong über die apolitischen Wissenschaftler. Was insofern schon damals nicht unbedingt stimmte, weil die USA die V2-Raketen nach dem Krieg nutzten, um die ersten Bilder von der Erde zu schießen, lange vor der letzten Mondlandung: Irgendjemand musste die stählerne Filmkassette suchen und die Bilder entwickeln. Ähnlich sieht es aus, wenn Not my department in Hamburg startet. Und die Raketen? Interessierte Bastler treffen sich auf der Konferenz mit dem unspektakulären Titel Exceptionally Hard and Soft Meeting 2012.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #433 am: 23 Dezember, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war, die Weihnachtsedition.

Das Jahr geht zu Ende und dieses Ende fühlt sich in vieler Hinsicht so an wie das Ende einer Ära beim Personal Computing. Es ist an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen, wo wir stehen und wohin die Reise geht. Für diejenigen von uns, die in dieser Branche seit den frühen Tagen der Personal Computer-Revolution Mitte der siebziger Jahre dabei sind, war es eine ganz wundervolle Zeit gewesen, eine "Belle Époque" der IT mit geradezu unglaublichen Innovationen. Wir waren Zeugen von erstaunlichen technologischen Durchbrüchen, wir zapften Kraftfelder an, an deren Existenz wir nicht im Traume gedacht hatten, wir erlebten Situationen von nahezu metaphysisch fühlbaren Wundern, als wir die ungeheure Macht des Informationszeitalters spürten, das uns in das 21. Jahrhundert katapultierte.

Einige Leute verdienten in diesem Umbruch eine Menge Geld.

Aber was ist aus der ursprünglichen Vision geworden, die mit dem PC kam? Dass er die Menschheit befreit, dass er Gleichheit für alle Rassen, alle Glaubensrichtungen, Minoritäten und Klassen bringt – und sogar hilft, aussterbende Spezies zu retten. Das war unser Heiliger Gral. Ich denke, es ist an der Zeit, einmal zu schauen, wie nah wir diesen Zielen gekommen sind.

Was ist von diesem Traum übrig geblieben, was wurde verwirklicht und was ist schlicht Folklore, von denen in die Welt gesetzt, die am meisten dran verdienen konnten? Bei kaltem Tageslicht gesehen mag der Ansatz eine Illusion gewesen sein, zu glauben, dass der PC alle Probleme der Gesellschaft lösen kann. Ein Mythos, von den Begründern dieser Branche ausgestreut, die wohl hofften, dass es so sein könnte, aber ansonsten gut damit leben konnten, wenn nichts dergleichen passierte. Ich habe meinen Anteil daran gehabt, den PC als magische Lösung für alle Probleme zu proklamieren, als Werkzeug, dass die Regierung dezentralisiert und eine demokratische Gesellschaft schafft mit vielen unterschiedlichen Sichtweisen und einem freien Austausch aller Ideen unter Allen.

Gewiss, in einigen Dingen hat der PC die Demokratie verbessert. Man kann online diskutieren und digitale Kampagnen um politische Ziele führen, man kann Politiker anschreiben. Aber im Großen und Ganzen sieht das Bild nicht so rosig aus. Einer der schädlichen Effekte der PC-Revolution ist die schlichte Tatsache, dass PCs eher etwas für die Wohlhabenden denn für die Habenichtse sind. Die Kluft zwischen arm und reich, zwischen den Begüterten und den Benachteiligten ist größer geworden, nicht kleiner. Anstelle die Standesunterschiede zu zerstören, hat der PC ein neues Kasten-System geschaffen, basierend auf dem privilegierten Datenzugriff. Er hat eine Art Berliner Mauer aus Drähten geschaffen, die die informationstechnisch Verarmten ausgrenzt. Was die Gleichberechtigung angeht, vergesst es. Und Gleichheit? Das mag vielleicht der Markenname irgendeiner Firma in Korea sein, ist aber definitiv nicht die Beschreibung des Status Quo in der heutigen Informationsgesellschaft.

Der PC wird heute benutzt, um die Privatsphäre der Bürger auszuhöhlen. In einigen Firmen sind Überwachungsprogramme auf den Rechnern installiert, die jeden Tastendruck registrieren. Wer E-Mail schreibt, ist einfach zu überwachen. In Ausweisen sind Mikrochips versteckt. Gegen die Möglichkeit, sich mit dem PC zu informieren, spricht die Tatsache, dass 70 Prozent aller Erwachsenen sich auf das Fernsehen als einzige Informationsquelle verlassen.

Meine eigene Beteiligung an der PC Revolution datiert auf das Jahr 1974. In Albuquerque in New Mexico erlebte ich hautnah die Entstehung des ersten kommerziell verfügbaren Personal Computers, des Altair PC von MITS. Ich war damals für die Werbung und die technische Dokumentation bei MITS zuständig.

Ich würde mich nicht gerade als ein Ex-Hippie bezeichnen, aber meine politischen Grundeinstellungen sind wesentlich durch die politischen und sozialen Ereignisse der 60er und 70er geprägt worden. Ich protestierte gegen den Krieg in Vietnam und war in Wounded Knee dabei. Eine politische Idee, die mich in dieser unruhigen Periode wirklich elektrifizierte, war etwas, dass partizipatorische Demokratie (participatory democracy) genannt wurde. Die Philosophie hinter dieser Idee war so etwas wie der Rahmen, in dem die Organisation Students for a Democratic Society in Port Huron (Michigan) gegründet wurde.

Partizipatorische Demokratie erweitert das Konzept der repräsentativen Demokratie um einen wichtigen Schritt: Es verlangt in einem ungleich stärkeren Maße die aktive Beteiligung aller Bürger an der Regierung. Einfach gesagt, wie es auch im Gründungsdokument des SDS steht, haben alle Bürger das Recht und die Verantwortung, eine aktive Rolle bei allen politischen Entscheidungen einer Regierung bei Fragen mitzuwirken, die ihr Leben betreffen.

Während ich 1975 bei MITS arbeitete, hatte ich die Gelegenheit, eine kleine Messe für Personal Computer zu besuchen, die an der Universität von Kalifornien in Berkeley stattfand. Diese frühe Form einer PC-Messe wurde von der People's Computer Company gesponsert, die als eine der ersten Altair-Computer bestellte. Ich erinnere mich, dass Bill Gates' Basic auf den Rechnern lief.

Ich entdeckte, dass wir einen gemeinsamen Geist teilten. Die Leute glaubten auch an die Prinzipien der partizipatorischen Demokratie. In einer plötzlichen Einsicht wurde mir klar, dass eines der Probleme bei der partizipatorischen Demokratie in den 60ern schlicht die Tatsache war, dass die Technologie noch nicht in der Lage war, diese Form der Bürgerbeteiligung in einem größeren Maßstab umzusetzen. Es gab schlicht keine Möglichkeit, wie eine große Masse von Leuten in einen effektiven Dialog miteinander treten konnte. Es war wohl möglich, auf lokaler Ebene etwa in einer Ortsgruppe des SDS eine Versammlung abzuhalten, doch im größeren Maßstab funktionierte das nicht. Zu ihrem Nachteil endeten die frühen Versuche in partizipatorischer Demokratie in endlosen Treffen, auf denen wenig erreicht wurde.

Auf der besagten PC-Messe sah ich das Potenzial des PC als interaktives Kommunikations-Werkzeug. Modems und Netzwerke könnten die partizipatorische Demokratie der Zukunft verwirklichen. Die Menschen könnten alle wichtigen Fragen online diskutieren und auf einer breiten Beteiligung ihre Entscheidungen fällen. Heureka!

In Berkeley spürte ich eine neue Form der Solidarität. Ich schaute mich um und sah, dass viele der Computerpioniere der ersten Generation dieselbe Vision hatten, unter ihnen Lee Felsenstein, Steve Jobs und Steve Wozniak, Jim Warren und Dan Bricklin. Wir alle waren waschechte Vertreter der 60er Jahre.

Andere teilten unsere Visionen. Sie waren keine Linken oder gar Gegenkultur-Freaks. Es waren Konservative darunter, mit Ansichten hart an der Grenze zum Libertarismus, und auch eine Gruppe von ultrarechten Republikanern, die die Freiheit des Individuums frenetisch verteidigten.

Die Vision entstand fast zeitgleich in all diesen Gruppen. Der PC war das Werkzeug, das wir suchten, um unsere Gesellschaft demokratischer gestalten zu können. Er würde uns zumindest helfen können, einige unserer Träume für eine bessere Gesellschaft verwirklichen zu können.

Wo sind all die Hacker hin, wo sind sie geblieben? Was ist passiert? Wir sind vom Erfolg des PC überrollt worden, sind bequem geworden und fordern nur noch mehr Rechenleistung. Konnektivität ist der große Sammelruf. Dort, wo es wirklich darauf ankommt, unsere Freiheiten zu verteidigen, ehe die Welt in eine große Dunkelheit abtaucht, müssen wir uns als Netzwerk aktiv verbinden. Ansonsten werden all die Kabel zu Schlingen werden, die um unsere Hälse hängen.

Wir brauchen eine neue Bürgerbewegung. Mein Wunsch für das kommende Jahr ist, dass all diejenigen, die wirklich an das Potenzial des PC glauben, wieder aktiv werden und sich einmischen. Wir müssen raus aus den Sesseln und das Feld verteidigen. Wenn wir es diesmal nicht tun, werden wir alle, die die große Vision des Personal Computing teilen, vollkommen desillusioniert dastehen. Wir werden alte Männer und Frauen werden, die sich bitter über ihr Scheitern beklagen. Die Schlacht für die PC-Freiheit wird dann vielleicht als eine weitere dieser edlen, gescheiterten Versuche verbucht werden, ähnlich wie das Engagement im Spanischen Bürgerkrieg in den 30er Jahren. Die PC-Industrie wird dann der Automobilbranche ähneln oder dem Fernsehen und uns alles andere als Befreiung bringen.

Die Pioniere der Fernsehtechnik glaubten, dass Fernsehen die Massen befreien wird, dass die Menschen dank Fernsehen gebildeter und kultivierter über Themen wie Theateraufführungen und Debatten sprechen werden, die ihnen früher vorenthalten wurden. "Eine Stadt, ein Fernsehsender", lautete die ursprüngliche Devise. An Sendernetze dachte niemand. Dieselbe Idee beflügelte auch die Computerpioniere: "Eine Person, ein Computer". Wir haben niemals daran gedacht, dass vernetzte Computer den persönlichen Computer in der Weise ersetzen könnten, wie dies bei den Netzen der Fernsehsender passierte, die nur noch senden, was dem dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Intelligenz des Zuschauers entspricht, einen großen Einheitsbrei.

Beim Vernetzen der Computer können wir in dieselbe Falle laufen. Anstelle dem Einzelnen alle Freiheiten zu geben, sich an Gruppendiskussionen und Entscheidungen zu beteiligen, kann die Vernetzung eine Zentralmacht hervorbringen, die unser Leben kontrolliert und jede einzelne Bewegung aufzeichnet.

Was wird.

Zu den Waffen! Auf die Barrikaden! Wir sind wieder da, auch wenn es viele noch nicht merken. Ein neuer Kampf steht bevor, der rund um die Rechner ausgetragen wird. Wer ist Computer-hip?

Wir müssen unsere Augen öffnen. Es ist schon sehr enttäuschend, all diese Möglichkeiten zur Online-Kommunikation zu sehen und zu beobachten, wie limitiert die Nutzung ist, wie wenig Aktivisten und Initiativen dabei sind. Es müssen hunderte von politischen Gruppen aller Art dabei sein, von der Friedensbewgung über die Umweltschützer bis zu den Kämpfern für die Rechte von Minderheiten. Jede dieser Gruppen muss ohne Probleme von Interessierten gefunden werden können, damit sie sich weltweit im Kampf für ihr Ziel zusammenschließen können. Wo früher Aktivisten vereinzelt waren, können sie online weltweit zusammenfinden und zu einer Kraft werden. Online sollte es spielend einfach sein, ein Programm und eine Strategie zu entwickeln und Aktionen zu planen, mit denen die Visionen in die Welt gelangen.

Der PC kann ein Werkzeug dafür sein. Er wird es allerdings nicht, wenn wir nicht einige radikale Schritte unternehmen. Es braucht einige hunderttausend Leute, die diesen Text gelesen haben und zu handeln beginnen, die politische Fragen online zu stellen. Für jede Frage, jedes Aktionsprogramme muss es Gruppen geben, die einfach online zu finden sind, die Informationen verteilen und denen man sich anschließen kann.

Eine Warnung: Wenn ich die neue Form demokratischer Teilhabe per PC fordere, dann fordere ich keinesfalls die Beschlussfassung per PC und schon gar nicht Wahlen per Computer. Das wird vielleicht einmal möglich sein, ist aber nicht trivial und sollte gut durchdacht werden, Alles, was ich derzeit fordere, ist der Einsatz von Personal Computern bei der Organisation und Koordinierung von sozialen Aktionen durch engagierte Menschen.

Es ist dringender denn je, dass auch die Politik diesen Einsatz der Personal Computer mitmacht. Ich sehne mich nach dem Tag, an dem es für einen Politiker wichtiger ist, mit den Wählern in Online-Konferenzen zu debattieren, als in irgendeiner Fernsehshow oder in der Wahlwerbesendung aufzutreten.

Ich setze meine Stimme auf den aufgeklärten Nutzer des Personal Computers. Ich dränge Sie, dies auch zu tun. Wenn wir Online nicht zusammenkommen, dann ist das Ende wirklich nah, ob PC oder kein PC. Die Demokratie ist in Gefahr zusammenzubrechen. Das ist etwas, das uns interessieren müsste.

Dieser Text ist eine gekürzte Übersetzung des Aufrufes "The Participatory PC" von David Bunnell, hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors. Er erschien genau vor 25 Jahren in der Zeitschrift PC World. Mit diesem Text will die kleine Wochenschau in Vorgriff auf Weihnachten die Anregung geben, sich aus der Distanz mit all dem Krimskrams von Hard- und Software zu befassen, aus dem der tägliche Strom der Nachrichten besteht. Im Sinne einer transparenten wie vernetzten Gesellschaft wünsche ich allen Lesern schöne Feiertage.

Quelle : www.heise.de

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« Antwort #434 am: 30 Dezember, 2012, 09:08 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich - und zum Jahresende dann doch mehr Rück- als Vorschau.

Was war.

*** Das wars! Das Jahr 2012 schleicht sich kraftlos zum Emir und dankt ab. Zum Austrudeln gibt es zahllose Rückblicke, etwa zur Netzpolitik oder zur Problematik von Sackgassen auf Wikipedia, mit angezweifelten 10 Millionen Abrufen. Es mag ja Schwachsinn sein, aber die Vorstellung, dass Deutsche wissen wollen, was eine Sackgasse ist, hat etwas für sich. Schließlich leben wir in einer solchen. Wir werden einen Kollaps erleben, denn umdenken ist viel zu unbequem. Die bittere Empfehlung von Club of Rome-Vertretern, Kindern in Zukunft lieber Computerspiele zu schenken, als sie mit in die Natur zu nehmen, ist immerhin konsequent: Auf diese Weise leiden sie weniger unter dem Tempo, in dem die Natur verschwindet.

*** Genug genölt, Geschichte wird gemacht! Natürlich muss auch diese kleine Wochenschau klickstreckenfreundlichst zurückblicken und wie Googles Zeitgeist in den Zahlenbergen wüten, die Leser so hinterlassen, wenn sie den Newsticker von Heise besuchen. In den Seitenaufrufen liegt nicht nur bei Telepolis die Wahrheit. Sie ist mitunter bitter, für angehende wie ausgehende Politiker vom Schlage eines Georg Schramm. Die Piratin Julia Schramm (614.464) zählte mit ihrem Buch zu den Aufmerksamkeitsgewinnerinnen des Newstickers, vor dem CDU-Mann Ansgar Heveling (472.464) und seiner Kampfansage an die Netzgemeinde. Knapp dahinter: Die Klage von Expräsidenten-Gattin Bettina Wulff gegen Google (461.937), belästigt durch unausrottbare Rotlicht-Gerüchte. Das alles verblasst natürlich vor der Top-Meldung des Jahres 2012 von der Razzia bei Megaupload und der Verhaftung von Kim Schmitz. Mister Dotcom reihte sich mit 1.521.156 Seitenaufrufen prompt unter die "ewigen" Top-Ten der Tickerstatistik ein, freilich klar entfernt von den Werten der Meldungen über den Anwalt von Gravenreuth. Zwei weitere Meldungen zu Megaupload kamen über die Millionengrenze, knapp darüber schaffte es die Meldung von der Panik der Sharehoster.

*** Addiert man alle Berichte zu Megaupload, so gehören die Berichte zu den Top-Themen des Jahres, die Heise-Leser interessierten. Überholt wurde es nur von den zahlreichen Berichten über Windows 8, die jeweils über 500.000 Abrufe hatten. Damit lieferte wieder einmal Microsoft das Thema Nummer 1. Auf den dritten Platz kam die Fehde zwischen Samsung und Apple, gefolgt von einem Dauerbrenner, der Diskussion über den Fachkräftemangel. Das meistdiskutierte Thema des Jahres 2012 war, gemessen an den Forumsbeiträgen, wiederum ein anderes: Die Kampagne Mein K©pf gehört mir produzierte nicht nur seltsame Aufrufe und Gegenaufrufe, sondern provozierte offenbar viele Leser, sich Gedanken über das veraltete deutsche Urheberrecht zu machen. An zweiter Stelle findet sich ein Unbekannter, ein Konstanzer Lehrling, dem eine (abgesagte) Facebook-Party zum Verhängnis wurde. Auf den dritten Platz in den Debatten schob sich die sogenannte GEMA-Vermutung.

*** Da 2013 ein Wahljahr sein wird, ist ein Blick auf die deutsche Parteienlandschaft im Filter der Heise-Leser ganz aufschlussreich. Eindeutiger Sieger ist hier die Piratenpartei, bei der es fast alle Meldungen schafften, in die Top 100 zu gelangen. Ebenso eindeutiger Verlierer ist die FDP, die ein Jahr zuvor mit ihrer Haltung zur Vorratsdatenspeicherung punkten konnte. Wenn Meldungen mit liberalen Inhalten das Interesse der Leser weckten, so waren es die europäischen Liberalen mit ihrem Nein zu ACTA. Allerdings sei angemerkt, dass die Zurodnung von Parteien und Meldungen methodologisch auf wackeligen Beinen steht: eine der Piratenpartei zugeordnete Top 100-Meldung von einer deutschen Traumkoalition könnte ebenso der FDP oder den Grünen zugeordnet werden. So oder so, die Spannung bleibt uns erhalten, ob die Tickermeldung zur Bundestagswahl 2013 diese Meldung über die schwarz-gelbe Koalition aus den Charts werfen kann, die 2009 1,5 Millionen Abrufe verzeichnete.

*** Abseits der IT-Meldungen und den Berichten von netzpolitischen Themen war 2012 das Jahr, in dem die Raumfahrt mehrfach in den Charts aufauchte: Voyager erreichte den interstellaren Raum und Curiosity erweckte gleich mehrmals die Neugier der Heise-Leser. Selbst die Meldung über den Tod von Armstrong schaffte es in die Top 100, zusammen mit den Debatten zum großen Mondlandungs-Fake. Ebenso angeregt wurde um ein neues Elementarteilchen diskutiert: Wir mögen zwar in einer Sackgasse stecken, aber vielleicht faltet sich ja die eine oder andere Dimension mit überraschenden Lösungen auf. Wer weiß schon, ob unsere Sackgasse nicht in Wirklichkeit eine Hyperraum-Umgehungsstraße ist?

*** Genug gezählt und gemessen. Das wertvollste an all den Zahlen sind nicht die Zahlen, sondern die Leser, die hinter den Zahlen stehen. Die unverzagt den unscheinbaren Button klicken, über den newstips@heise.de abgesetzt werden. Aktuell findet in Hamburg der Jahreskongress des Chaos Computer Clubs statt, in der Weite eines Kongresszentrums, das endlich wieder Raum zum Leben und Arbeiten lässt. Das passt prima zur Wochenschau, schließlich ist Kim Schmitz einer von nur drei Menschen, die im Laufe vieler Kongresse vom CCC vor die Tür gesetzt wurden (ein vierter wurde dieses Jahr vor der Tür abgefangen). Das Kongress-Motto "Not my department" ist in den USA eine gängige Floskel, die prägnant im Film Casablance zu hören ist: "The problems of the world are not in my department". Auf dem Kongress ist das Motto etwas anders gemeint: Die Probleme dieser Welt sind offenbar die Probleme des CCC geworden, der auf allen möglichen Ebenen aktiv ist und sich sofort eine satte Feminismus-Debatte wegen ein paar idiotischer Kärtchen und arroganter Nerds leistet. Noch ein Problem-Departement mehr, weil gleich die ganze Informatik weiblicher werden soll. Zur Unterhaltung gibt es Frauenwitze und Quizze mit nerdigen Fragen, Gelächter und viel Beifall: "Wer hat den kategorischen Imperativ verbrochen?" Natürlich ist es dem typischen Hacker lästig, so eine philosophische Maxime wirklich zu beachten. Im Zweifelsfall gilt schließlich allen Aufrufen zum Widerstand zum Trotz, dass Moral nicht kompiliert werden kann. Gern erinnert sich der IT-Chef von Gamma International an all die tollen CCC-Kongresse, die er besuchte.

Was wird.

Moral? Ach was, geht mir weg mit Moral. Wer immer noch glaubt, das Netz und seine Politik seinen an und für sich eine moralische Angelegenheit, der glaubt auch an Prognosen von Marktforschern. Hm. Natürlich wird Windows Phone im Jahr 2013 das führende Smartphone-Betriebssystem. Oder auch nicht. Google Glasses wird uns die Augen öffnen für die Schönheit der virtuellen Welt inmitten der realen.
Oder auch nicht. Und wieder einmal ist das Jahr des Linux-Desktops. Oder auch nicht. Und Apple geht unter. Oder auch nicht. Die NSA mit ihrem Superrechenzentrum überwacht uns alle und entschlüsselt alles. Oder auch nicht. Die Informationsfreiheit wird kommen und Deutschland verabschiedet Gesetze gegen die Korruption. Oder auch nicht. Und das Internet wird alle Unterdrückten befreien. Oder auch nicht. Und die Piratenpartei stellt nach der Bundestagswahl den Bundeskanzler. Oder auch nicht. Wir werden alle sterben. Oder auch nicht. Obwohl – das wohl doch, langfristig gesehen: "Auf lange Sicht sind wir alle tot", wie der gute Keynes den Ökonomen ins Stammbuch schrieb, die allzu gerne den Markt als langfristigen Ausgleichsmechanismus vor sich hertragen und zur Ideologie machen. So ist das eben mit seltsamen Prognostikern, die sich den Anschein der Wissenschaftlichkeit geben und doch nur das Hantieren mit Zahlen zur Kaschierung ihrer Spökenkiekerei nutzen – ob sie nun Ökonomen oder Marktforscher oder IT-Experten genannt werden. Was wird also? Keine Ahnung. Als ob ich die Antwort auf die Frage aller Fragen, nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest wüsste. Die Antwort zu haben, die Unverfrorenheit haben nur die Berater, die mit irrem Blick durch die Firmen laufen und "Unsicherheit als Geschäftsmodell" verkaufen. Die IT-Branche, die Netzpolitiker und alle unsere Internetvesteher werden schon für Unterhaltung sorgen – manchmal gute, manchmal schlechte, sie werden Geschichte schreiben und Geschichte wiederholen, natürlich als Farce, was auch sonst. Ich bleibe also gespannt. Und werd's weitererzählen, was so passiert, begleitet von tollen Kommentatoren. Nicht zu vergessen all die, die das WWWW grottenschlecht finden, langweilig oder miesepetrig. Die Zukunft ist alternativlos. In diesem Sinne: Ein wirklich glückliches und friedliches 2013.

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