Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125523 mal)

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Was war. Was wird. Die Weihnachtsedition (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #375 am: 25 Dezember, 2011, 08:24 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich - das auch an Weihnachten.

Was war.

*** Stille Nacht, eilige Nacht. Während die Ad-Hoc-Christen ihre Glaubensrelikte wieder einsammeln, darf die kleine Wochenschau aus dem Sündenpfuhl am Rande der norddeutschen Tiefebene die Leser abholen, die eine Weihnachtsansprache zuviel gehört haben und keinen Gott in Windeln sehen wollen. Sodom und Hannover, titelte die tageszeitung über die weltoffene Stadt der Kreisverkehre, mit kleinen Anleihen aus dem christlichen Schmachtfetzen Ben Hur, diesem ersten Lehrstück in Sachen Urheberrechtsverletzung. Seite an Seite mit Margot Kässmann reitet da der Altkanzler Gerhard Schröder, das Urvieh, von dem sich der liebe Herr Wulff immer distanzieren wollte und sei es durch ein spießiges Häuschen in Großburgwedel.

*** Schröder, Gerhard? Vor 10 Jahren stellte der Niedersachse nicht nur die Vertrauensfrage, als er im deutschen Bundestag abstimmen ließ. "Das Mandat, dem zuzustimmen ich Sie heute bitte, bezieht sich auf Kabul und Umgebung. 'Umgebung' meint in erster Linie den einzig brauchbaren Flughafen. Auch insoweit sind, denke ich, die Erwartungen vieler hier im Hohen Hause erfüllt worden. Es ist gefordert worden, das Mandat müsse zeitlich begrenzt werden. Auch das geschieht. Man kann darüber streiten, ob die sechs Monate eine zureichende Begrenzung sind. Aber das ist nun einmal Gegenstand des Sicherheitsratsbeschlusses gewesen. Ich denke, wir sollten jetzt keine abstrakten Diskussionen über die Frage führen, ob sechs Monate ausreichen oder nicht, sondern deutlich machen: Es handelt sich um ein von den Aufgaben her, vom Einsatzort her und von der Zeit her begrenztes Mandat." Mit 538 Ja-Stimmen, 35 Nein und 8 Enthaltungen zog Deutschland in den Krieg nach Afghanistan. Maximal 5000 Mann für maximal sechs Monate wurden zum "Brunnenbauen" abkommandiert.

*** Ja, damals sah es finster aus in Afghanistan. Das Internet war verboten, Disketten wurden als unislamisch deklariert. Doch dann begann US-Präsident Bush mit seinen Angriffen auf Afghanistan und die Wirtschaft florierte, der Cyberwar bot glänzende Perspektiven, die Drohnen stiegen auf. Bald war alles wieder gut und Kabul wieder online. Schröder, Gerhard zitierte weihnachtlich gestimmt eine dpa-Meldung zur Wahl von Hamid Karzai: "Kurz vor seiner Vereidigung hat der neue afghanische Übergangsregierungschef Hamid Karsai Afghanistan Frieden versprochen. Er wird zitiert: Ich möchte versprechen, dass ich Ihre und meine Aufgabe erfüllen will, Afghanistan Frieden zu bringen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Weiter: Wir respektieren die Frauen, die die Hälfte unseres Volkes ausmachen, und wir geben ihnen ihre Rechte. Das sind die Schlüsselsätze von Herrn Karsai, der heute in sein Amt eingeführt worden ist."

*** Vom ruhmreichen Brunnenbauen ist wenig übrig geblieben, ein Boulevard-Blatt druckt Schock-Fotos aus dem Krieg, der auch bei uns inzwischen Krieg genannt werden darf. Der gefeierte Herr Karsai fährt seinen eigenen Kurs und weihnachtlich dankbare Gefühle werden nicht gen Himmel geschickt, sondern via Internet zu den tapferen Steuerleuten der Drohnen: These guys are up above firing at the enemy wird ein Colonel McDonald zitiert. "They love that, they feel like they’re protecting our people. They build this virtual relationship with the guys on the ground." Und was die berühmten Kollateralschäden angeht, so ist alles halb so schlimm: "Collateral damage is unnerving or unsettling to these guys." In Zukunft fliegen sie vier UAVs gleichzeitig.

*** Vor 10 Jahren, war sie schon in Gang, die Anschlagsserie, die das nunmehr auf Facebook fahndende Bundeskriminalamt politisch korrekt als Ceska-Morde bezeichnet. Nach und nach kommt heraus, was der Thüringer Verfassungsschutz sich da geleistet hat, vom geplanten Geld für falsche Pässe bis hin zu regelmäßigen Telefonaten eines V-Mannes und schließlich die Vernichtung von Beweismitteln. "Umso stärker hat uns alle schockiert, dass rassistisch verblendete Verbrecher über viele Jahre Menschen ausländischer Herkunft geplant ermordet haben. Das haben wir nie für möglich gehalten", heißt es in der Weihnachtsansprache eines Großburgwedeler Hausbesitzers. "Wir schulden uns allen Wachsamkeit und die Bereitschaft, für unsere Demokratie und das Leben und die Freiheit aller Menschen in unserem Land einzustehen. Das fängt schon im Alltag an: Es hängt auch von mir selbst ab, welches geistige Klima in meiner eigenen Familie, in meiner religiösen Gemeinde, in meinem Stadtteil oder in meinem Verein herrscht." Nein, in diesem Text kommt keine Partei vor, nur die Familie, die religiöse Gemeinde, ein Stadtteil und der Schützenverein. Wie sollte man auch, wenn eine junge forsche CDU-Familienministerin eine Broschüre "Linksextremismus verhindern" finanziert, die ein Bild der Demonstranten von "Freiheit statt Angst" enthält. Wo, wenn nicht hier zeigt sich denn die Bereitschaft der Zivilgesellschaft, für die Demokratie und die Freiheit aller Menschen in unserem Land einzutreten?

*** "Wir können gar nicht früh genug begreifen, wie dumm und schädlich Ausgrenzung oder gedankenlose Vorurteile sind." Was dieses unsere Land einfach braucht, ist Empathie, Empathie und noch mehr Empathie. Empathie ist etwas, dass in Sodom und Hannover eine Art Verbindungsglied ist, etwa bei der leicht ölig riechenden Verleihung der pädagogischen Ehrendoktorwürde, nach einer Spende eines hässlichen Hau^H^H, nach einer Geldspende von 500.000 Euro. Was für eine bewegende Laudatio: "Besonders hob der Ministerpräsident das Empathievermögen Maschmeyers hervor und zeichnete ihn als einen Menschen, der von dem Gefühl bewegt sei, dass er sich in andere Menschen hineinversetzten könne." Sich in Menschen hinversetzen und ausrechnen, wieviel Geld sie brauchen, ist zweifellos eine Fähigkeit, aus der sich Kapital schlagen lässt. Mit der nötigen Empathie können wir uns in die Ärmsten hineinversetzen, die in ihren Hartz-IV-Ställen sitzen und sich nichts zum Fest schenken können. Oh, von Armut ist in der gefühlvollen Ansprache nicht die Rede, nur vom Irgendwie Anders, dem Bilderbuch. Irgendwie Anders sind halt auch die, die nicht so einfach sparen können wie echte Bundespräsidenten.

*** Immerhin, das kann man stehen lassen: "Europa ist unsere gemeinsame Heimat und unser kostbares Erbe. Es steht für die großen Werte der Freiheit, der Menschenrechte und der sozialen Sicherheit." Wenn dabei klar ist, dass unser Europa kaum christliche Wurzeln aufweist, sondern auf den Werten der Aufklärung und des islamischen Rationalismus beruht, kann es noch was werden. Oder sieht Europa etwa so aus?

Was wird.

Noch ist 2011 nicht vorbei, auch wenn die nächste Wochenschau aus der Tiefebene zwischen Sodom und Hildesheim im neuen Jahr erscheint. Bis dahin dürfte die Flut der Jahresrückblicke abgeklungen sein. Das Jahresend-WWWW mit den üblichen statistischen Betrachtungen steht an, die Glaskugel mit den Prognosen wird schon geputzt. Wie war das noch? 2011 sollte dank Cisco Cius den Durchbruch der Bildtelefonie bringen und nichts Geringeres als die Neuerfindung des Büros. Solch mutige Prognosen brauchen wir. Und einen neuen Präsidenten. Der alte wird ohne zu zögern alle Gesetze unterzeichnen, die ihm seine Gönnerin und ihre vielen Schwammdrüberputzerfische vorlegen, auch wenn verfassungsrechtliche Zweifel bestehen. Ein erstes Beispiel gefällig?

Quelle : www.heise.de

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Was war. Was wird. Die Jahresanfang-Edition.
« Antwort #376 am: 01 Januar, 2012, 05:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich – auch in der Neujahrsnacht.

Was war.

*** Frohes neues Jahr! Frohes Turing-Jahr! Wer erinnert sich nicht an die großartige Szene in der Odyssee, als ein Affe seinen Knochen in die Luft schleudert und die Hörner und Streicher ein Kommunikationsprotokoll untereinander aushandeln, um dann in den Walzer zu rauschen, der zum Neujahr gehört wie besagter Affe zum schwarzen Stein. Ein wunderbares 2012 liegt vor uns und doch geht der Blick zurück, denn dieses WWWW ist auch das traditionelle Jahresend-WWWW, mit Rückblick, Ausblick und etwas Statistik.

*** Beginnen wir mit der Statistik, den beinharten, ach so objektiven Zahlen. Für die Regulars des Heise-Forums, die auf die Top-News gerne wetten, halten die Zahlen diesmal eine kleine Überraschung bereit: Die hoch favorisierte Nachricht von der Existenz eines Staatstrojaners brachte es auf 1.131.503 Zugriffe und damit nur auf Platz 2 der Top Ten des abgelaufenen Jahres. Sieger über alles wurde diese Meldung über europäische Razzien beim Filmportal kino.to mit 1.261.236 Zugriffen. So leicht kann man sich irren im subjektiven Urteil über die Bedeutung einer Nachricht. Immerhin: die Entdeckung des Staatstrojaners und die nachfolgenden Meldungen und Dementi sorgten dafür, dass das Thema in der Addition der Meldungen ebenfalls auf Platz 2 kam. In der Summe wurden diese Meldungen indes haushoch von einem Thema geschlagen, das wirklich niemand auf der Agenda hatte: jede einzelne Meldung zu den Ereignissen in Japan nach dieser ersten Meldung mit dem elffachen Update (auch ein Rekord) brachte es auf über 900.000 Zugriffe an einem Tag. Vielen Heise-Lesern wurde bewusst, wie verletzlich das Leben der Menschen auf dem Planeten Erde ist. Die Kommentare in den sechs Top-Meldungen über Japan über die Unwägbarkeiten waren deutlich. Vielleicht wird die hastig vollzogene Energiewende der Regierung Merkel mit all ihren Widersprüchen einmal als größte Tat der ersten deutschen Bundeskanzlerin gelten. Verglichen mit den Zahlen zur Nachricht vom Tod eines immer noch bekannten Rechtsanwaltes mögen die Zahlen in diesem Jahr bescheiden sein, wie unschwer anhand des letzten Jahresrückblicks errechnet werden kann. Sie bleibt der unangefochtene Spitzenreiter aller Meldungen seit Beginn der Heise-News. Nehmen wir es in diesem Turing-Jahr als Mahnung an alle, wenn das Scheitern eines sehr intelligenten Menschen als Außenseiter solch einen AllTimeHigh-Wert ergibt.

*** Kino.to, Staatstrojaner und die Ereignisse in Japan ließen nur wenig Platz für andere Meldungen, unter die Top Ten zu kommen: Auf den achten Platz schaffte es die Meldung von der Rundfunk-Haushaltsabgabe, die sich damit zu den vielen GEZ-Meldungen gesellt, die in der Statistik über alle Jahre hinweg stets vordere Plätze belegten. Platz 9 enterten die Piraten mit dem Berliner Abgeordnetenhaus. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den 10. Platz lieferten sich die Nachrichten über die Spyware bei Electronic Arts und das Aus für Tablets und Notebooks bei HP. HP verlor, wie diese Firma mit ihrem misslungenen Revirement wohl ungern auf den entscheidenden Moment in der Geschichte zurückblicken dürfte. Insgesamt kam HP mit vielen Meldungen und Tablet-Gerüchten auf Platz 3 der Firmenwertung, knapp vor Facebook. Das es in dieser Kategorie Apple auch 2011 nicht schaffte, Microsoft zu überholen, ist allein den Nachrichten aus dem Mobilsektor geschuldet, als Nokia sich mit Microsoft verbandelte – oder umgekehrt.

*** Zoomt man aus diesem Zahlenbild heraus, so zeigen sich noch andere Tendenzen. Die Zeiten, in denen eine Nachricht über Windows 7 die Charts stürmen konnte, sind endgültig vorbei. Nachrichten wie die vom Build von Windows 8 kommen zwar noch in die Top 100, schaffen es aber nicht mehr auf die vorderen Plätze. Das Interesse der Newsticker-Leser hat sich offenbar gewandelt: Jede Meldung zum IT-Fachkräftemangel oder zur Qualifikation von IT-Spezialisten kam unter die Top 50. Als Absteiger des Jahres mag der "digitale Radiergummi" gelten, der von Verbraucherministerin Aigner gelobt und von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger abgelehnt wurde. Sein Start schaffte es auf Platz 97 der Top 100, nachdem der Höchste Datenschutz made in Germany recht einfach ausgehebelt werden konnte. Noch drastischer der Abstieg von Wikileaks-Nachrichten oder Berichten über Wikileaks-Gründer Julian Assange. Gehörten die Whistleblower und ihre Taten im Jahr 2010 zu den absoluten Rennern, schaffte keine einzige Meldung den Sprung in die Top 100. Das gilt auch für Openleaks und Globaleaks.

*** An den Zugriffszahlen gemessen war 2011 das Jahr der Abschiede. Top-Meldungen waren der Abschied von der Glühbirne, der Abschied vom PC-BIOS, der Abschied von Windows XP und, all diese Zahlen in die Ecke stellend, der lange Abschied von Steve Jobs. Mit ihm verlassen wir das Erbsenzählen. Eine Gründergeneration tritt ab, das gilt erst recht für die Pioniere wie Dennis Ritchie, John McCarthy, Paul Baran, Sidney Harman und Ken Olsen. Was bleibt, was uns auch noch im Jahre 2012 beschäftigen wird, ist ein Vermächtnis von Steve Jobs, der perfekte Geräte für unmündige Konsumenten wollte. Und das nicht erst seit iPod oder iPhone. Erinnert sei daran, dass es die ersten Erweiterungsslots in Apple-Rechnern nur gab, weil sein Partner Steve Wozniak sich quer legte. Zum Jahresende hat Cory Doctorow die Entwicklung auf den Punkt gebracht: Der Computer als Universalgerät und das Programmieren als einfache Bedienung des Universalgerätes sind in Gefahr auszusterben. Das Abdrucken eines Listings in der c't führt dann postwendend zum Diebstahlsverdacht, weil geistiges Eigentum das Öl des 21. Jahrhunderts werden wird. Dass aber ausgerechnet die 3700 Hacker vom Chaos Computer Club die gesellschaftliche Macht hätten, diese Entwicklung aufzuhalten, ist eine alberne Vorstellung. Hier muss nach der gut verkorksten Energiewende eine Maschinenwende ansetzen.

Was wird.

Am Neujahr walzt nicht nur die schöne blaue Donau durch das All. Alles ist frisch und neu und feierlich gespannt. Prognosen gibt es an jeder Ecke wie Berliner (Pfannkuchen). Von der blauen Donau geht der Blick zu Big Blue, wo fünf Prognosen für fünf Jahre zu haben sind. Wobei die Prognose intelligenter Spam-Filter mindestens so albern ist wie dieser wulffige Glaube ans Glück im Eigenheim mit Krüppelwalmdach. Was Prognosen taugen, soll ein Blick ins Jahr 1962 zeigen. Damals feierte der IRE, der Vorläufer der großen IEEE seinen 50 Geburtstag und lud 50 namhafte Wissenschaftler ein, die Welt von 2012 in den Proceedings zu beschreiben. Der Zeitpunkt war nicht schlecht gewählt, denn die Computer befanden sich auf breiter Front im Druchbruch: IBM 1401, Univac Solid State 80/90, CDC 1604, Honeywell 800 und Bendix G-20 waren die Namen der Verkaufsschlager. Die studentischen Hacker am MIT schafften es, mit Spacewar auf einer PDP-1 das IT-Equipment zweckentfremdet einzusetzen, in Großbritannien wurde der virtuelle Arbeitsspeicher erfunden und IBM stellte mit der 1311 den Vorläufer der Festplatte vor, die ersten Laser-Experimente und Glasfaser zur optoelektronischen Übertragung wurden diskutiert. Wie stellten sich die Wissenschaftler das Jahr 2012 vor? Eine kleine Zusammenfassung:

Zeitungen werden 2012 nicht mehr ausgetragen, sondern über ein Kommunikationsnetz zu Lesegeräten verschickt, die "flüssiges Papier" enthalten. Fernsehbildschirme sind wandgroß und zeigen dreidimensionale Sendungen mit Raumklang-Stereophonie. Musik und Film oder TV wird laser-holografisch gespeichert. Wer krank ist, wird über telemedizinische Apparaturen zu Hause versorgt, wer gesund ist, arbeitet überwiegend als Wissensarbeiter in Telezentren. Medizinische Eingriffe erfolgen minimalinvasiv; es gibt eine reiche Auswahl an künstlichen Organen, die vom Körper nicht mehr abgestoßen werden. Autos fahren nicht mehr mit Verbrennungsmotor (weil das Öl alle ist), sondern mit Brennstoffzellen. Sie verständigen sich über ein eigenes Kommunikationssystem, das Bremslichter überflüssig macht und werden über ein Satelliten-Navigationssystem präzise über die Straßen gelenkt. Kinder gehen nicht mehr zur Schule, es gibt Lernmaschinen. Das gesamte Wissen der Welt ist elektronisch gespeichert und kann in jeder Stadtbibliothek abgerufen werden. Es gibt nur noch elektronische Wahlen und jede Form der Wahlfälschung ist unmöglich geworden.

Zur Kommunikation im Jahre 2012 fallen die Prognosen sehr unterschiedlich aus. Der Japaner Yasujiro Niwa sagte ein kleines Taschentelefon vorher, das jeder mit sich trägt und das via Satellit weltweit funktioniert. Der Amerikaner Dorman D. Israel prognostizierte eine kleine Sende/Empfangseinheit, die jedem Neugeborenen in das Nervensystem am Rückgrat eingepflanzt wird. "Logically enough, this operation must be performed within two weeks of birth because the infant is only slightly exposed to contacts with its famlily who still have not completed their 'unlearning' and readjustment, he might never become a good subject for the modern system of communications."

Schöne neue Welt? Aber ja doch: Der Staat selbst hat Bilder aller seiner Bürger gespeichert. Die automatische Gesichtserkennung hat 2012 den Fingerabdruck bei der Fahndung nach Straftätern abgelöst, der Fingerabdruck kommt nur noch bei Einkäufen zum Einsatz, da er die Kreditkarte abgelöst hat. Weil Häuser und Büros optisch und akustisch überwacht werden, tragen die Menschen Geräuscherzeuger mit sich, die einen Klangteppich erzeugen, in dem die Sprache untertauchen kann.

Computer spielen in vielen abgegebenen Prognosen eine wichtige Rolle. Jeder Mensch wird 2012 mit Computern arbeiten, sie werden per Sprachsteuerung bedient. Die internationale Verständigung ist kein Problem mehr, denn Computer übersetzen in Echtzeit zwischen den Sprachen. Sie gestatten auch die Kommunikation mit intelligenten Tieren wie den Delphinen. Mit Mini-Atomzellen bestückte Kleinstcomputer ersetzen bei Tauben als Cochlea-Implantat das Gehör. Computer werden nicht mehr konstruiert, sondern konstruieren sich wegen der fortschreitenden Miniaturisierung selbst. Ein internationales Netzwerk verbindet alle Computer und bildet das Knochengerüst der Mensch-Computer-Symbiose. "To us, the distinction between 'me' and 'my computer' would then be difficult to make" schrieb George L. Haller, Vizepräsident von General Electric, der auch die absolut präzise Wettervorhersage verwirklicht sah.

Gerade in Sachen Computer gab es 1962 auch warnende Stimmen: Ein weltweites Computernetz könnte auch eine Bedrohung für die Menschheit sein, wie eine Wasserstoffbombe. "It will have become accpeted knowledge that the chief threat to humanity will be the interconnected computer system. Science will have foretold that at some critical size and with self-programming abilities, a system of computers will acquire a consciousness of its own existence and a desire for its own enhancement."

Richtig gallig sah der ENIAC und UNIVAC-Konstrukteur John Presper Eckert in die Zukunft: "I hope we have solved the integration problems between the human races before we face the problem of integration with robots. Our real test probably lies beyond the next 50 years, however, when mankind has developed a self-reproducing automata which can improve itself!"

Ein ernsthafter Einwand und eine gruselige Aussicht? Wer liest, was ein Science-Fiction-Autor wie Cory Doctorow über den tapferen kleinen Toaster schreibt, fragt sich heute schon, wie verblödet wir morgen sein werden. In diesem Sinne schließt das Jahres-Ende-und-Anfang-WWWW mit artigen Neujahresgrüßen aus der norddeutschen Tiefebene an den Rest der Welt und einem allerletzten Zitat, aus einer etwas anderen Quelle, einer PDF-Datei beim Bundeskriminalamt: "Das soziale Kapital, das notwendig ist, um wehrhaft zu sein gegen Extremismen, Stereotypisierungen und Stigmatisierung, reproduziert sich nur innerhalb einer vitalen Zivilgesellschaft." In einer Gesellschaft, die ganz ohne implantierbare Rechner die Vertraulichkeit von IT-Systemen als Teil der Lebensführung ernst nimmt.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #377 am: 08 Januar, 2012, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Hui, hui, es pfeift und knattert, die Bäume schwanken und die Eichhörnchen werden seekrank. Wieder einmal ziehen die Stürme über die norddeutsche Tiefebene, doch da lachen wir und singen: "Wir sind die Niedersachsen, erdfest und sturmverwachsen!" Auch wenn es Landeskinder gibt, bei denen nur noch vom Verwachsen, Verkrümmen und Vergessen die Rede ist. Wenn es Niedersachsen gibt, die als ehemalige Landesväter einen rätselhaften Hang zum Süddeutschen hat, Banken inklusive. Ganz zu schweigen von anonymen Geldüberweisungen, die noch weiter südlich zum Geschäftsstil ehrenwerter Männer gehören. Ab hach, wir kennen ihn ja, den neuen bundesrepublikanischen Amtseid, den der Internet-Berater zu Guttenberg geprägt hat: "Es wurde zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht." Den Rest verbuchen wir ganz zeitgemäß als Training on the Job des bewährungsprobenden Bundespräsidentenpraktikantens. Angeblich steht der nächste Praktikant schon bereit. Wie wäre es, das Amt des Bundespräsidenten ganz abzuschaffen oder, als Krone der deutschen Demokratie, dem Bundestagspräsident zuzuschlagen? Die Überzeugung, dass dies mit Goethe nicht passiert wäre, ist doch nur xìng zāi lè huò - billige Schadenfreude.

*** Sieht man von der "Würde des Amtes" ab, die bei eBay als gebrauchter Artikel kurzzeitig sehr günstig im Angebot war und abseits der Sonntagsreden niemanden interessiert, bleibt eine Mailbox als Prüfstein der Wahrheit übrig. Weite Teile des würdevollen Monologes sind inzwischen bekannt, der Rest soll zum Prüfstein des Informationsfreiheitsgesetzes werden. Der Bundespräsident als Leserreporter von "Bild kämpft für Sie": Was diese aufgezeichnete Würde anbelangt, so ist es durchaus auffällig, dass alle Welt von den zwei Standards der Pressefreiheit redet und niemand von dem Quellenschutz, der da missachtet und von einer Boulevardzeitung demoliert wird. Dazu passt wie Deckel auf Eimer die juristische Verdrehung bei der Telekommunikationsüberwachung, dass journalistische Dateien nicht mehr dem Verwertungsverbot unterliegen sollen, sondern die Verwertung nach einer "Abwägung der Verhältnismäßigkeit" erlaubt ist.

*** Wird nichts passieren und eine Fiktion weiter präsidieren? "Die SPD wartet auf die Schleswig-Holstein-Wahl, die CDU auf kollektive Demenz", schreibt ein sehr optimistischer Kommentator. Nun ist das kleine Schleswig-Holstein nach dem noch kleineren exbunten Saarland für eine Testwahl eine ausgesprochen Rutschpartie, wenn das eintritt, was Spanien zum Jahresanfang erlebt hat. Ähnlich wie in Schleswig-Holstein (und Belgien, Dänemark und Frankreich) arbeitet man daran, Internet-Glücksspiele und Online-Poker zu legalisieren. Statt der erwarteten 20, 30 Anträge wurden über 300 Anträge von 64 Firmen auf eine Spiellizenz eingereicht, weswegen das große Zocken frühestens zur Jahresmitte beginnen kann. Ein vergleichbarer Ansturm, der Schleswig-Holstein zum Boomland machen würde, brächte die das Zocken ablehnende SPD in ordentliche Bedrängnis, auch jetzt schon. Lustig knattern die Segel, wenn der Geldregen einsetzt. Warum das Thema in dieser kleinen Wochenschau seinen Platz hat, zeigt unser Nachbarland Frankreich. Dort hat die Spielaufsichtsbehörde Arjel die Internet-Provider zu Websperren verdonnert, eine Maßnahme, die auch in Belgien auf der Tagungsordnung steht, aber noch nicht greift: Weil die vier großen ISP ohnehin sperren, sollen sich viele Belgier bereits jetzt schon für einen der alternativen DNS-Dienste entschieden haben.

*** Das neue Jahr hat sich auf die Socken gemacht und bereits ein paar Überraschungen präsentiert. Zu ihnen gehört das sich abzeichnende Ende von Kodak, einstmals lange vor Apple und Google die strahlende Verkörperung erfolgreicher Ingenieursarbeit. Zur bitteren Pointe gehört, dass Kodak die Digitalkamera erfand, aber nicht verstand, was die eigenen Tüftler da entwickelt hatten. Die Entscheidung für den Ausbau des Druckergeschäftes in Verbindung mit einem ausufernden Patentkrieg dürfte in die Lehrbücher des Missmanagements eingehen und Kodak einen Platz an der Seite von Polaroid sichern. Zusammen mit der schwächelnden Motorola und General Electric gehörte Kodak zu den Gründungsmitgliedern der Consumer Electronics Show (CES), von der es ursprünglich eine Sommer- und eine Winterveranstaltung gab.

*** Vor 30 Jahren wurde am 7. Januar auf der CES'82 ein potemkinsches Dorf präsentiert, der Commodore C64. Dieser "Consumer Computer mit 64 KB RAM" wurde bei Commodore über Weihnachten hastig zusammengeschraubt, weil man die Konkurrenz von Atari und Tandy blockieren wollte. Auch zur Sommer-CES war der "Brotkasten" noch ein Stück Vaporware. Im Krieg der Homecomputer setzte sich der Rechner erst durch, als Mitte 1983 der Händlerpreis auf 200 Dollar gesenkt wurde. Der Preis hatte seinen Preis: Für die Massenproduktion des Rechners mussten die Ingenieure bei Commodore viele anspruchsvolle Projekte aufgeben und beständig an der Optimierung des Kastens arbeiten. Beim verklärten Blick zurück darf die INPUT 64 vom wirklich kleinen Verlag aus der norddeutschen Tiefebene nicht fehlen, aus der sich die iX entwickelte. Ob all die Nostalgie uns heute weiterhilft, darf der Teil der Generation C64 beweisen, der ausgerechnet die SPD beflügeln will, die in ihrem ganzen Elend ein vierdimensionales Panopticon namens Vorratsdatenspeicherung befürwortet. Dass ausgerechnet die Maschine von Tanja Nolte-Berndel bei der Debatte um die Websperren dafür sorgte, dass eine Generation C64 erfolgreich zurückschlagen konnte, darf man in die Reihe der großen Volksmärchen und -Sagen einordnen.

Was wird.

Wie in der letzten Wochenschau erzählt, glaubte man vor 50 Jahren daran, dass 2012 ein Kommunikationschip im Rückenmark zur Standard-Ausstattung moderner Menschen gehören könnte. Dieser Glaube hat sich zerschlagen, ein Bandbreiten fressendes Smartphone tut's auch. Für die kommende Generation Doof empfiehlt ein Medienphilosoph ein Gehirn-Chip-Implantat mit Filterregeln für die anstehende Informationsflut. Was bleibt angesichts dieser Verkümmerung der Gedankengänge schon übrig, als auf den Start einer Reihe von Veranstaltungen hinzuweisen, die über das ganze lange Alan-Turing-Jahr 2012 zu Ehren von Alan Turing verstreut sind. Den Anfang macht das Heinz-Nixdorf-MuseumsForum am kommenden Dienstag mit der Ausstellung Genial & Geheim. Nach Angaben des Museums soll nicht nur der Codeknacker vorgestellt werden, der den Funkverkehr der Wehrmacht entschlüsselte. Das ist ein guter Zeitpunkt, daran zu erinnern, dass Turing nicht nur über Maschinen und Turing-Tests nachdachte, sondern mindestens ebenso scharf über den Menschen. Auch wenn sich Turing intensiv der Biologie und besonders der Morphogenese beschäftigt hatte, lagen ihm Gedanken wie der Verbindung von Gehirn und Computer fern, obwohl er einen von ihm mitkonstruierten Rechner, die Automatic Computing Engine (ACE) als "Brain" bezeichnete. Im Jahre 1948 schrieb Turing:

"...the isolated man does not develop any intellectual power. It is necessary for him to be immersed in an environment of other men, whose techniques he absorbs during the first twenty years of his life. He may then perhaps do a little research of his own and make a very few discoveries which are passed on to other men. From this point of view the search for new techniques must be regarded as carried out by the human community as a whole, rather than by individuals.

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« Antwort #378 am: 15 Januar, 2012, 00:10 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die Consumer Electronics Show in Las Vegas ist vorüber und die Kristallkugeln sind ausgesoffen. Der Supermegatrend des Jahres sind Ultrabooks, die irgendwie dem MacBook Air Konkurrenz machen sollen und Mitte des Jahres schon veraltet sind. Noch ist nicht klar, ob diese teuren Rechner eine Art Solidaritätsadresse der Industrie mit den verzweifelten chinesischen Arbeitern ist, die nicht nur von Apple in Beschlag genommen werden. Wobei die Firma für ihre neue Transparenz (PDF-Datei) ausnahmsweise I.ob verdient. Für die Geeks dieser Welt sind diese Ultrabooks der Intel-Klasse offenbar nicht gedacht, und ob es so viele marktrelevante Pseudo-Öko-Veganer-Apple-User gibt, ist schwer die Frage. Wenn aus dem Einfall von Intel ein Durchfall wird, ist es gar nicht so übel, wenn selbst die hartgesottenen Gadget-Anbeter sich auf die Damentoiletten zurückziehen und es Aushocken, das Geglitzer. Für nüchternere Gemüter stellt sich die Frage, ob diese Ultrabooks noch echte Computer sind.

*** Den Analysten und Trendforschern ist es egal, denn sie haben endlich wieder einen super Trend, der breit getreten werden kann. Was soll man sonst machen, wenn das Ende der Megatrends ausgerufen ist? Man kann ja nicht ewig nach Trendkonkurrenten wie Naisbitt und Horx treten, die noch an dieses Mega glauben. Halten wir darum fest: In einem vernünftigen Abstand zur Gegenwart beginnt die Zukunft und sie ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war. Früher? Vor 10, 20, 30 Jahren? Schauen wir aufs Datum und zurück: Heute vor drei Jahren landete der Flug Nummer 1549 der US Airways im Hudson und weil jemand dies twitterte, war schnell vom Ende des behäbigen alten Journalismus die Rede, der zu spät kommt und vom Leben bestraft wird. Als ob es bei den Nachrichten um das beliebte Forums-Spielchen ginge, wer denn Erster Elf!1einstrallala wird.

*** Twitter ein Trend, das stimmt, wenn #trendmeiner darüber bloggt, wie Bloggen immer unwichtiger wird, Twitter nur Hintergrundrauschen produziert, und Facebook, ja Facebook zum Gral und Kommunikationsknoten schlechthin geadelt wird. Im Extremfall führt die gesammelte Trenddenke zur völligen Verblödung, wenn Facebook als neue Nervenbahn der Gesellschaft gefeiert wird, nicht ohne den Hinweis, dass Journalisten auf Facebook sein müssen, "da sie ansonsten ihren Beruf, ihre Funktionen und ihre Ämter nicht den Anforderungen gemäß ausfüllen können." Ach, können Sie nicht? Wer stellt denn hier die Anforderungen? Warum gibt es keine Alternativen? Warum nicht Lorea, Diaspora, wo nicht nur die Occupy-Aktivisten ihre Kontakte pflegen, warum nicht mit Crabgrass ein eigenes Netzwerk bauen oder sich in Facebook-freien Zonen aufhalten, wenn gebloggt wird? Die Penetranz, mit der heute eingefordert wird, sich bitte zum Affen von Facebook oder Google+ zu machen, mag trendig sein, doch es gibt ihn noch, den Gegentrend.

*** Es gibt sie noch, die kleinen Anfragen, mit denen die seltsamsten Informationen von der unermüdlichen Arbeit unserer Regierung bei der Sicherung unserer Sicherheit öffentlich werden. In dieser Woche veröffentlicht: eine Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage der Linken, die eigentlich eine Presseerklärung ist. Doch was heißt schon "Antwort"? Mantraartig zieht sich der Satz "Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor" durch das gesamte Dokument und legt den Schluss nahe, dass die deutsche Regierung von der europäischen Polizeiarbeit nichts weiß und dieses Nichtwissen mit aller Hingabe auszubauen pflegt. Immerhin erfährt man noch, dass die mobilen Büros der Polizei-Forensiker 23.770 Euro kosten, doch schon bei Detailfragen nach den Cellebrite-Geräten wird es zappenduster. Gäbe es nicht, Facebookseidank, den Vorschlag der mittlerweile abgelaufenen ungarischen Ratspräsidentschaft über Leitlinien für die Nutzung sozialer Netzwerke durch die Strafverfolgungsbehörden, wäre die Antwort noch knapper ausgefallen. So aber lernen wir, dass es Goldene Regeln für die Polizeiarbeit in sozialen Netzwerken gibt und können eine ausgesprochen verschwurbelte Präsentation des ungarischen Europol-Beamten Richárd Leyrer abrufen, die mit der Geschichte der geheimnisumwitterten Robin Sage beginnt. Entsprechend schlicht sind auch die Benimmregeln für offiziell in sozialen Netzen agierende Ermittler: Klappe halten, keine persönlichen Details und wenn du ein schwuler Cop bist, hast du eh nichts bei der Truppe zu suchen. Unter Pseudonym teilnehmen, geht gar nicht, es sei denn, es stehen Ermittlungen wie die Überprüfung von Alibis an. Hier haben sich soziale Netzwerke bestens bewährt, ebenso in der Fahndung.

*** Wie war das noch mit Google und dem Nichtsbösestun? Die ehrenwerte Firma schickt ihren Außenminister ins schöne Hannover zur nächsten Trendmesse mit dem an Orwell erinnernden Motto "Managing Trust". Sie ist drauf und dran, wieder in China Wurzeln zu schlagen, weil Marktpotenzial nunmal nichts Böses ist. Wie sagte es Orwell noch mal? "Men are only as good as their technical development allows them to be." Ja, wenn es eine Frage der Werkzeuge ist, dann ist es völlig unböse, indische Datengräber kenianische Datenbanken ausräubern zu lassen. Natürlich hat Google eine Strategie, wie das mit dem Trust bei den chinesischen Behörden funktionieren soll: Zunächst wird eine große Häkelschwein-Fabrik in China aufgebaut, damit das Land mit Häkelschweinen überschwämmt werden kann. Die Häkelschweine verdrängen die von privat gehäkelten Varianten von Ge-Bi und Ma-Le, jenen Grass Mud Horses, die in der Wüste Malegebi leben und gegen die Flusskrabbe (he xie) kämpfen, alles im Namen der harmonischen (he xie) Gesellschaft Chinas. Indem Google aus dem Protest gegen die Zensur eine Werbekampagne für eine harmlose Albernheit macht, gewinnt es das Vertrauen des Staates. Der nächste Sprung geht dann in das Land, in dem die glühende Sonne der Leidenschaft für den obersten Heerführer brennt, der Schuldige einem stabilisierten Leben zuführt. Wie formulierte es noch der seelig gesprochene Steve Jobs vor einem Jahr? "Don’t be evil is a load of crap." Die Rivercrabs grüßen.

Was wird.

In der weißen Bibel der Apple-Jünger gibt es eine rührende Passage über den großen Erlöser. "Jobs hatte viele andere Ideen und Projekte, die er zu entwickeln gehofft hatte. Er wollte die Schulbuchkonzerne zerschlagen und die Rücken der armen Schüler schonen, die sich mit Rucksäcken abschleppen mussten, indem er elektronische Texte und Lernmaterialien für das iPad erstellte." Nun lädt Apple seine Fanboys in der kommenden Woche nach New York ein, um den Worten des Erlösers Taten folgen zu lassen. Die Rücken der armen Schüler werden entlastet, während der Kopf sich von Klein auf an iTunes und den Applestore gewöhnt. Die Gehirnwäsche beginnt nicht in den Ballbecken. Natürlich kann der amerikanische Ansatz nicht auf Deutschland übertragen werden. Die US-Situation aus der Sicht eines Pädagogen in Zahlen: 90 % Auswendiglernen, 10 % kritisches Denken und 0 % Kreativität. Bei uns ist es noch schlimmer.

Wenn diese kleine Wochenschau an den Start geht, ist es draußen dunkel. Wie wäre es mit einem frühmorgendlichen Kerzlein im Fenster, in Erinnerung an Martin Luther King und an die Reste der Occupy-Bewegung, die weltweit weggeräumt werden, weil es "nun gut" gut ist und diese Vorhölle des "nun gut" bis in höchste Ämter reicht. Die Aller mag überschritten sein, doch ratlos stehen wir vor der Grenze der Strafbarkeit. Sie hat einer überschritten. Wird er es schaffen, da draußen? Oder werden wir die Rufe hören: "Ich bin ein Präsident - Holt mich hier raus!" Wir leben in spannenden Zeiten.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #379 am: 22 Januar, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Der Hannoveraner als solcher wird allgemein für ein langweiliges Wesen gehalten, das korrektes Deutsch spricht. Dabei ist er ungemein verspielt, nicht nur am Herd, wenn er Niedersachsens Küche neu entdeckt. Jeder Hannoveraner besitzt ein rotes Bobbycar, das die Autohändler verschenken, damit man auf dem Roten Faden rollern kann, der die Stadt durchzieht. In der Heimatstadt des offiziellen Finanzoptimierers der deutschen Olympiamannschaft geht es aber immer sehr ganzheitlich und stets alltags wie allnachts oberkorrekt zu: eben weil nur der Hannoveraner weiß, wie übel es in Deutschland aussieht, verdeckt er seinen Spieltrieb und lässt das Bobbycar daheim, um die zahlreichen Gäste nicht zu verschrecken. Die glauben dann, dass Hannover eine langweilige Stadt sei, in der man sich eigentlich nur auf die CeBIT freuen kann, wo "Managing Trust" das Hauptthema ist. Auch hier verdeckt der Hannoveraner seinen Spieltrieb, unterdrückt ein lautes Lachen und übersetzt das englische Thema in korrektes Hochdeutsch, dem Gast zuliebe: "Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt". Jeder Versuch, dies in einem ordentlichen Dialekt zu sagen, klingt verfressen.

*** Megaupload.com, Megavideo.com, Megaclick.com, Megaworld.com, Megalive.com, Megapix.com, Megacar.com, Megafund.com, Megakey.com, Megaking.com, Megahelp.com, Megagogo.com, Megamovie.com, Megaporn.com, Megabackup.com, Megapay.com, Megabox.com, Megabest.com, all diese Webseiten des megagroßen Kimperator und seiner Mitkimster künden davon, wie Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt aussieht. Man muss es sich ordentlich erschwindeln, dann klappt das schon mit dem Vertrauen – bis jemand wie das amerikanische FBI auf die Idee kommt und systematisch die Uploads und Downloads auswertet (PDF-Datei), die 180 Millionen registrierte Nutzer bei Megaupload speicherten und abriefen – oder auch nicht. Denn von jeder Datei, die in der digitalen Lagerhalle ins Hochregal kam, wurde ein Hashwert berechnet und geprüft, ob dieser Wert nicht schon vorhanden wird. In diesem Fall bekam der Kunde für sein Vertrauen in Megaupload zwar eine persönliche URL zum Zugriff, die Datei wurde aber gelöscht. So spart man Speicherplatz, so kann man effektiv löschen, wenn dies etwa von denen gewünscht wird, die Rechte an einer Datei reklamieren. Dass ein Urheberrechtsexperte der Piratenpartei Deutschland dieses Verfahren mit der "Dienstleistung eines Lagerhallenanbieters" vergleicht, wirft ein bezeichnendes Licht auf den piratösen Rechtsbegriff dahinter: Mein ist dein und sowieso ist alles 1 (mal vorhanden).

*** Nun ist zu lesen, dass der Kimperator nicht auf Kaution freigelassen wird. Das nährt die Befürchtung, dass ein Megagau kommt, ganz ohne schicken Domainnamen. Als Jugendlicher vertickte Kim Schmitz die Namen seiner Tauschkunden aus den eigenen Bulletin Boards an die Strafverfolger und arbeitete mit einem bekannten Münchener Rechtsanwalt zusammen. Das kann den 180 Millionen Nutzern auch drohen. Vertrauen muss sich eben ausbezahlen, wenn man nicht einmal im Panikraum sicher ist. Ganz auf der Seite der Seite des Hochstaplers sind die "Mitglieder" von Anonymous mit ihrer Aktion #OpMegaupload, was für Prankster eine verständliche Sache ist. Wer freilich in dieser Woche das Rolling Stone-Interview mit Wikileaks-Chef Julian Assange gelesen hat, darf Zweifel haben, ob aus der apolitischen Gruppe dank der Erziehung durch Wikileaks eine politische Kampfzelle geworden ist.

*** Das Interview überrascht, weil Julian Assange einmal nicht eine kommende, neue, hochsichere Einreichungsplattform für Wikileaks ankündigt, sondern den investigativen Journalisten Ratschläge zur Hand gibt, die nachgerade antiquiert klingen: "Leave your mobile phones behind. Don't turn them off, but tell your source to leave electronic devices in their offices." Ein guter Rat angesichts der neuesten Erkenntnisse, wie die Polizei ungeniert Funkzellendaten abfragt oder wie sich der Verfassungsschutz mit stillen SMS ein Bild von der Bedrohungslage macht. Apart ist auch die Auskunft, die die Hamburger Linksfraktion erhalten hat: "Die Polizei Hamburg nutzt für die Versendung der 'stillen SMS' eine Software, die von der Polizei in Nordrhein-Westfalen verwaltet wird." Wer weiß, welche länderübergreifende Kooperation sich hinter dieser "Verwaltung" versteckt? Die Behörden verweigern die Auskunft: Managing Trust geht anders.

*** Die Online-Welt verdunkelte sich in dieser Woche und alle, alle feierten es als Sieg über SOPA, zumal das korrespondierende PIPA zur Abstimmung auf den Sanktnimmerleinstag verschoben wurde. Sinnigerweise zeigte die FBI-Aktion gegen Megaupload, das beide Gesetze entgegen aller Beteuerungen nicht benötigt werden, wenn Ermittlungen ordentlich geführt werden. Oder? Ist SOPA schon gestoppt, wie EU-Komissarin Neelie Kroes fröhlich twitterte? Wobei ihr liebster Internetbeauftragter zu diesem Thema schwieg, offenbar weil er in einem Stand-By-Modus feststeckt. Nach einem ersten Erschrecken über das Ausmaß der Anti-SOPA-Proteste hat die Unterhaltungsindustrie nicht ungeschickt reagiert und verbreitet nun düstere Geschichten über den Internet-Mob, der Politiker in Washington mit Blindheit schlagen kann. Dazu gibt es noch einen Fallback-Modus namens ACTA, mit dem auch bei uns rechtsstaatliche Verfahren ausgehebelt werden sollen. Halten wir es mit einem 1974 gedrehten Film, der bei uns seit 1982 verboten war und seit Freitag nunmehr offiziell ohne jede Beschränkungen als Filmklassiker zum Kulturgut gehört: Das nächste Kettensägenmassaker ist unausweichlich. Es kommt der Tag, da will die Säge sägen. Oder so.

Was wird.

Wenn Merkel, Rösler und Schäuble in die Schweiz fliegen, dann fallen Biathlon, Wok-Rennen und Skispringen als Gründe aus. Auch das Iglu-Bauen der Occupy-Bewegung dürfte nicht der Grund der Flugbewegung sein. Das Weltwirtschaftforum in Davos passt schon eher, jene Tagung, auf der auf hohem Niveau von der Globalisierung geschwärmt wird. Neben der großen Politik sind die Größen der IT-Branche seit jeher ein fester Bestandteil des Treffens, das diesmal unter dem Motto Managing Money, ähem, "The Great Transformation: Shaping New Models" stattfindet. Großartige Sache diese Transformationen von Armut und Reichtum, weiter so. Angela Merkel eröffnet den Kongress mit einer Rede über die Zukunft des Kapitalismus. WEF-Gründer Klaus Schwab schrammt schon mal haarscharf am Sozialismus vorbei: "Capitalism, in its current form, no longer fits the world around us. We have failed to learn the lessons from the financial crisis of 2009. A global transformation is urgently needed and it must start with reinstating a global sense of social responsibility."

Auch die IT-Branche will in Davos verantwortlich klotzen statt kleckern. Nichts Geringeres als eine neue Organisation namens "Partnership for Cyber Resilience" ist unter der Adresse http://weforum.org/cyber angekündigt, in der sich Regierungen und Softwarehersteller auf einen gemeinsamen Cyber-Nichtangriffspakt per Cyber-Dialog verständigen werden. So soll jede Form des Cyberwars durch Cyber-Deeskalation verhindert werden. Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer von Facebook, soll dieses Treffen leiten.

Zuvor tritt Frau Sandberg mit einer Keynote in München auf, wo wieder einmal Digital Life, Design angesagt ist. Aufgrund vergangener "inhaltlich sehr tiefen Berichte" ist heise online die Akkreditierung verweigert worden; die Party der coolen Bobos findet also ohne unsere Berichterstattung statt. So warten wir auf die Meldung der Agenturen, wie EU-Kommissarin Viviane Reding nichts weniger als einen neuen Datenschutz vorstellen will, der dem "Recht auf Vergessen" einen hohen Stellenwert einräumen soll. Vielleicht ein Anlass für die Polizei in Hannover, die grünen Bobbycars startklar zu machen? Was die vieldiskutierte Privatsphäre angelangt, soll eine Diskussion mit Vertretern von Microsoft, 4Chan und der Piratenpartei Aufschluss über die Bedeutung von Post-Privacy geben. Ich hör sie schon lachen, die Bernds an ihren Leuerstationen.

Deshalb zum Abschluss, bevor das Bobbycar aus der Garage geholt wird, ein kleiner Einwurf mit einem Denker, der noch nicht von Facebook verblödet wurde, wie das lustige Gespräch mit einer Journalistin zeigt, die Facebook nicht aufgeben möchte: "Right. But you’re not going to do anything about that. So you’re using them and every time you tag anything or respond to anything or link to anything, you’re informing on your friends. You’re part of the problem, you’re not part of the answer. Why are you calling up to ask me about the problem you're creating?"

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #380 am: 29 Januar, 2012, 00:08 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Als Mensch, der das Leben in der norddeutschen Tiefebene mit vollen Zügen und zugigen Bahnhöfen genießt, war mir bisher entgangen, dass die Städte Münster und Sennestadt zu dieser wundervollen Tiefebene gehören, weil sie in der Westfälischen Bucht liegen. Somit gehört auch die mythische Stadt Bielefeld zur großen Ebene, auch wenn dort der Sage nach Fußball auf einer "Alm" gespielt werden soll. Bleiben wir erst einmal in Münster, einer seltsamen Stadt, in der einstmals Wiedertäufer eine Herrschaft nach altem Kirchenritus errichteten, "wobei die dramatische Differenz zwischen ideologischem Anspruch und pragmatische Ausführung erheblich an die DDR in Wandlitz erinnert". Münster trägt den Namen "Fahrradstadt", weil hier der Fahrraddiebstahl zum Alltag gehört. Münster hält außerdem den bundesdeutschen Rekord beim elektronischen Personalausweis: 44 Prozent aller Münsteraner Ausweisbesitzer haben die elektronische Identifikation (eID) freigeschaltet und über 1000 Formulare und Anträge elektronisch mit der eID abgewickelt, anstelle zur entsprechenden Behörde zu radeln. Nun wird es unglaubwürdig: In dieser modernen Stadt soll ein Detektiv Georg Wilsberg arbeiten, der Mobiltelefone verschmäht und das Internet nicht kennt. Richtig, wir sind im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, diesem Seniorencamp ohne Raushol-Funktion. Seit gestern abend läuft dort die Suche nach Indizien für die Bielefeld-Verschwörung auf Hochtouren.

*** Das Bielefeld nicht existiert, kann man dank Internet schnell herausfinden. Man nehme nur die Webpräsenz von Bielefeld gibts doch und schaue ins Impressum: eine Adresse in Münster. Oder man gehe auf die hübsche interaktive Grafik über die Konzerne und ihre Aufsichtsräte, die die Deutschland AG führen. Kein einziger sitzt in Bielefeld. Umgekehrt gibt es noch mehr Indizien. Unter dem hübschen Aufmachertitel berichtet die taz vom Wirtschaftstrojaner, eben jenen Puplic Private Partnership-Vorhaben, mit denen die Wirtschaft den Staat oder die Kommunen austrickst und ausplündert, wobei Geheimverträge seit dem Plünderprojekt LKW-Maut Usus sind. Für Transparenz zumindest auf kommunaler Ebene soll eine Kommunalprojekt PPP sorgen. Das Impressum weist Bielefeld aus. Das Suchmaschinen von der Existenz Bielefelds künden, tut nichts zur Sache, denn die gehören ihnen, den Cyborg-Wesen, die die Deutschland AG erobern wollen. Über 400 deutsche Webshops erhielten nach Ausbruch des Miner-Botnetzes von einer sehr seltsamen Yahoo-Adresse die Aufforderung, 100 Bitcoins zu überweisen, andernfalls werde ein DDoS mit 100 Gbit/s gestartet. Nur eine Bielefelder Firma zahlte, der Rest wartete den DDoS ab. Dass dieser im Sande verlief, hat mit der Drohmail zu tun, die bei vielen Firmen im Spam-Ordner landete und nicht beachtet wurde. So musste das Miner-Botnetz über 400 Ziele angreifen, was das Netz vergleichsweise gering belastete.

*** Abseits aller Verschwörungstheorien hatte diese Woche der Datenschutz Hochkonjunktur. Gestern ging der europäische Tag des Datenschutzes zu Ende, ein hoher Feiertag, der selbst von den Datenunschützern begangen wurde. Zuvor hatte sich EU-Kommissarin Viviane Reding für einen mächtigen neuen Datenschutz ausgesprochen, der alles umfasst und nur bei den Präsenzen der EU eine Ausnahme macht: Datenschutz bei Europol und Frontex, das wäre ja noch schöner. Bleibt die Frage, was unabhängige Datenschützer bei dieser mächtigen EU dann noch wert sind. Dürfen sie tapfer wie der deutsche Datenschützer kämpfen, auf dass Drohnen ab 150 Kilo beim Herumflug eine Datenschutzerklärung hinter sich herschleppen müssen, wenn sie in deutschen Lüften kreuzen? In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Befürworter des europäischen Trauerspiels namens ACTA nicht müde werden, den eingebauten Datenschutz dieses Ausheber-Ermächtigungsgesetzes zu betonen. Seltsam nur, dass der EU-Berichterstatter für das geheime ACTA-Abkommen in der Begründung für seinen Rücktritt anführt, dass der Datenschutz ausgehöhlt wird.

*** Vor 40 Jahren erreichte die deutsche Demokratie einen Tiefpunkt, als am 28. Januar 1972 der von Willy Brandt initiierte Radikalenerlass beschlossen wurde und für viele Linke im öffentlichen Dienst ein Berufsverbot verhängt wurde. Inmitten der Rührung über den großen Auftritt von Marcel Reich-Ranicki, der von einem Tag in meinem Leben berichtete, sollte man sich erinnern, dass auch Mitglieder des VVN oder bekennende Kriegsdienstverweigerer ein Berufsverbot erhielten. Entschädigung? Fehlanzeige. Der Verfassungsschutz leistete ganze Arbeit und sammelte Material, das in 11.000 Verfahren benutzt wurde.

*** Auch heute hat die rechts blinde Organisation so viel zu tun, dass sie kaum dem dringenden Wunsch der Mitte der Gesellschaft nachkommen kann, doch bitte auch überwacht zu werden. Die Empörung ist groß, dass nur 27 Ostler der Linken überwacht werden und das Volk stellt sich die Frage: Warum nur diese paar Nulpen? (PDF-Datei) Sind wir nicht alle ein bisschen brandgefährlich und möchten bespitzelt werden? Können wir nicht alle plötzlich irgendwo auftauchen? Um es in den Worten eines großen Schutzpatrons zu sagen: "Beispielsweise ist denkbar, dass man Überwachungsmethoden anwendet, um die Vorbereitung von gewalttätigen Demonstrationen oder Aktionen zu überwachen und plötzlich auf der Bildfläche ein Mitglied der Linken auftaucht, oder sie überwachen eine ausländische Guerilla-Organisation in Deutschland und plötzlich taucht auf der Bildfläche ein Linker auf. Dann hätte man das natürlich automatisch zwangsläufig erfasst." Das Recht darauf, automatisch erfasst zu werden, gehört das nicht ins Grundgesetz?

*** Die Überwachung für alle würde auch das leidige Problem mit der Vorratsdatenspeicherung lösen, die ja nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht sonderlich geeignet ist, die Aufklärungsquote zu beheben. Dass ausgerechnet ein leibhaftiger Chef des Bundeskriminalamtes sich an ihr festhalten will, dass die Deutsche Polizeigewerkschaft nur eine Momentaufnahme sieht und der Schutzpatron keine Relevanz erkennen kann, stimmt nachdenklich. Denn die Studie zeigt klar, dass die Vorratsdatenspeicherung bei Betrugsfällen und dergleichen Vorteile bringt, aber nicht bei den besonders schweren Kriminal-Fällen, bei denen sie erst zum Einsatz kommen darf. Vergessen wird im Dauergequengel, bitteschön endlich die Vorratsdaten zu durchsuchen, dass die gern bemühten schweren Jungs, die Drogendealer und Geldwäscher längst ihre eigenen Pillendosen haben. Und die Debatte, ob mit der Vorratsdatenspeicherung nicht die europäische Grundrechtecharta verletzt wird, wird noch geführt. Was passieren kann, wenn ein Land seine moralischen Maßstäbe verliert, kann bei dieser Geschichte über einen Präsidenten nachgelesen werden, Bobbycar not included.

Was wird.

Hinter der Rechtsdebatte steht der unbedingte Glaube an den Kommissar Computer, allen Beteuerungen zum Trotz, man leide nicht an Datensammelwut. Wenn ausgerechnet Kriminalbeamte angesichts der rechtlich erlaubten Funkzellenabfrage bei der Kritik an der Unverhältnismäßigkeit mancher Maßnahme damit kommen, dass man auch massenhaft Fingerabdrucke auswerten würde, wenn nur genug Personal und Technik da wäre, dann zeigt dies ein Datendenken, das längst aufgehört hat, sich über Grundrechte Gedanken zu machen. Erinnert werden darf an das unter Ex-Innenminister Schäuble geprägte Wort vom digitalen Tsunami, in dem die Datenanalyse für Kriminalisten zum wichtigsten Fahndungsinstrument wird. Schäubles damalige Zukunftstruppe hat einer Tagung in Berlin die nötigen Stichworte zur Hand gegeben, bei der u.a. der Republikanische Anwaltsverein und der AK Vorrat die Veranstalter sind. Von der Funkzellenabfrage über die Deep Packet Inspection bis zu der Frage, wie der digitale Selbstschutz aussehen kann. Eine Frage die Viele beschäftigt.

Nicht fehlen darf der Hinweis auf die immer wieder inspirierende FOSDEM in Brüssel, die bei allen Unzulänglichkeiten im location based Treffing an der freien Universität besser den Stand der Open Source-Szene abbildet als alle geschniegelten Messen mit ihren OSS-Ständen und -Evangelisten. Absolut alles ist möglich, wenn man es unverdrossen anpackt, das ist die Botschaft dieser Veranstaltung, deren Spannbreite von der Freedom Box bis zum Cafe Delirium reicht, wo das Bier in Strömen fließt (doch nicht als Freibier!). Ok, Absolutely Anything toppt das natürlich.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #381 am: 05 Februar, 2012, 00:05 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es gab mal eine Zeit, da tingelte ein US-amerikanischer Viehzüchter durch Europa, der nicht Buffalo Bill hieß. Seine wortgewaltig vorgetragene Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace kam an. Perry Barlow erhielt in Davos standing ovations und wenig später auf der Multimediamesse Milia in Cannes sogar einen goldenen Ehrenpreis der Medienbranche. Das war 1996, als die D wie Digital synonym für D wie viele, viele Dollars waren. "Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes", donnerte Viehzüchter. "Wir werden eine Welt schaffen, in der jeder überall seine Meinung ausdrücken kann, egal wie vereinzelt sie sein mag und sie ausdrücken kann, ohne Angst davor, zum Schweigen oder zum konformen Denken gezwungen zu werden." Eine einzige einheitliche Netzwelt werde es sein, verkündete Barlow unter tosendem Applaus und schätzte auf Anfrage, dass in 20 Jahren Regierungen im klassischen Sinne keine Rolle mehr spielen werden.

*** Noch ist 2016 ein Stückchen entfernt, aber nichts spricht dafür, dass sich dieser wundervolle Cyberspace bis dahin materialisiert oder besser digital voll entwickelt hat. Statt freier Rede gibt es Twitter mit Länder-KTZ, statt grenzenloser Freiheit die große digitale Mauer und statt der Giganten aus Fleisch und Stahl sind Googleplexe gewachsen und gejubelt wird über den Börsengang eines Unternehmens, dass den aufrechten Gang freier Menschen an eine Zeitleiste nagelt. Wer liest, wie über Facebook und Online-Chats der Konformitätsdruck wächst und tödlich sein kann, wird kaum von einer neuen Heimat des Geistes schwärmen.

*** Nun aber setzt der konservative Backlash ein und schlägt in Kenntnis der Vorbilder zu: "Nun haben Wikipedia und Google in den letzten Tagen ihren starken Arm gezeigt. Doch Googles und Wikimedias dieser Welt, lasst euch zurufen", schreibt Ansgar Heveling, der "Speer Gottes", der seinen Barlow gelesen hat, auf den digitalen Maoismus eines Jaron "Lavier" anspielt und auch seinen Hegel ganz wunderbar plagiieren kann:

"Wenn wir nicht wollen, dass sich nach dem Abzug der digitalen Horden und des Schlachtennebels nur noch die ruinenhaften Stümpfe unserer Gesellschaft in die Sonne recken und wir auf die verbrannte Erde unserer Kultur schauen müssen, dann heißt es, jetzt wachsam zu sein."

*** Ernst Jüngers ruinienhafte Baumstümpfe aus den Stahlgewittern grüßen und recken in sich in den Abend, an dem sich über der verbrannten Erde der Kultur ein blutroter Himmel auftut und die Eule losfliegt, die mehrfach schon in dieser kleinen Wochenschau grüßte. Damit genau das nicht passiert, was seit Hegels Eule das Absterben einer alten Gesellschaftsform genannt wird, muss man "jetzt wachsam" sein. So steht es in dem seltsamen Text , den Heveling veröffentlichte, als er sich in Cannes auf der Musikmesse MIdem aufhielt, wo SOPA und PIPA vor den digitalen Horden verteidigt wurden. Wo beginnt die Wacht für die Kultur? Natürlich in Paris:

"Diese bürgerliche Gesellschaft mit ihren Werten von Freiheit, Demokratie und Eigentum hat sich in mühevoller Arbeit aus den Barrikaden der Französischen Revolution heraus geformt - so entstand der Citoyen. Und genau dort, in den Gassen von Paris im Jahr 1789, wurde die Idee des geistigen Eigentums geboren."

*** Aus der Parole Liberté, Égalité, Fraternité, die die "Hybris Wikipedia" korrekt mit Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wiedergibt, wird bei Helveling der Dreischritt Freiheit, Demokratie und Eigentum, wobei dieses Eigentum umstandslos auf geistiges Eigentum verkürzt wird. Das wiederum wird von "den Piraten" geraubt, weil sie es nicht achten. Sieht man von dem Schnitzer ab, dass Räuber nur das rauben, was für sie einen Wert hat, muss diese Passage mindestens als Raubversuch am gesunden Menschenverstand gewertet werden, wenn dem Citoyen, dieser "Masse Mensch vor den Maschinen" der Pirat gegenübergestellt wird. Aux armes, citoyens, formez vos bataillons!

"Sie achten das Eigentum des anderen nicht, setzen ihr Wissen nur für den eigenen Vorteil ein, sind darauf bedacht, zusammenzuraffen, was sie von anderen kriegen können."

*** Wir fragen: wer ist Nerdzismus-Experte Ansgar Heveling (CDU)? Ist er vielleicht ein narzisstischer Zwilling von Rolf Stöckel (SPD)? Auch sein aktueller Text über die Piraten und die Hohepriester und nützliche Idioten ist bemerkenswert kurzschlüssig. Er wird aber nicht beachtet, weil er ohne die Reizworte auskommt, auf die die üblichen Verdächtigen aufgeregt reagieren. Was spricht gegen die Piraten und ihre Sicht der Dinge? Na? Natürlich die Verwendung von nerdigen, narzisstischen Nicknames, wie man das von Kriminellen kennt.

"Das Paradiesversprechen der Piratenpartei ist die totale Freiheit im Internet, ihr Gottseibeiuns heißt Zensur. Dass sie mit dieser Agenda die Interessen von Internet-Industrie und Kriminellen bedienen, haben die Piraten noch gar nicht begriffen. Sie kämpfen für die totale Freiheit im Inter­net – als Abgeordnete müssen sie nun im Parlament ihre Pseudonyme fallen lassen."

*** Was folgt, ist eine Argumentationskette, die beweisen soll, dass die Piraten die Handlanger der Internet-Industrie sind, die nach Möglichkeit Unkosten vermeiden will, die Urheberrecht und Kinderpornographie mit sich bringen. Ja, das kann man zusammendenken, wenn alle Schrauben locker sind. Schließlich gilt das Piratensegel im Saarland bei aller Wurschtelei als echte Bedrohung, von Berlin und vom Zockerparadies Schleswig-Holstein ganz zu schweigen.

"Für ein seriöses Netz, für eine effiziente Selbstregulierung und die Durch­setzung internationaler Regeln müs­sten die Profiteure des Internet einen hohen Preis zahlen. Der Chef des Verbands der Internetwirtschaft ECO schätzt, dass allein die gesetzliche Sperrung so genannter Kinderporno-Seiten in Deutschland mehr als 100 Millionen Euro im Jahr kosten würde. Da kommen die Piraten für das total freie Internet gerade recht."

*** Ein Satz ist besonders albern und toppt jeden Hevelingualismus: "Das Telefon hat Hitler nicht verhindert." Müssen wir uns jetzt eine Telefonkette vorstellen, mit der ein Sozialdemokrat einen anderen Sozialdemokrat angerufen hat und, weil mal einer auf dem Klo hockte, Hitler an die Macht kam? Wie war das damals mit dem Radio? Es war das Massenmedium, das 1931 auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise vom Reichskanzler Heinrich Brüning als wichtigstes Regierungsinstrument genannt wird. Im Jahre 1924 schrieb der preußische Innenminister Carl Severing, ein Sozialdemokrat:

"Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass das im Rundfunkwesen liegende Beeinflussungsmittel sehr bald eine solche Bedeutung gewinnen wird, dass eine Regierung, die darauf keinen maßgeblichen Einfluss hat, überhaupt den Boden unter den Füßen verloren hat."

*** Wie sieht es mit dem Internet aus, in dem Piraten hausen, Citoyens debattieren und Angilzismen bekämpft werden? Als neue Form der Partizipation hat die Bunderegierung einen Internetdialog mit dem Volk gestartet, begleitet von einem Expertendialog, der die Vorschläge sichtet. Diese können ohne Probleme mit einem Bot in der Hitliste hochlaufen wie aktuell das Votum zum Islam zeigt. Es gibt die Enquetebeteilung zur Komission Internet und digitale Gesellschaft, die mit glazialer Geschwindigkeit arbeitet. Und wer auf europäischer Ebene den kleine Twitter-Fragestunde von EU-Kommissarin Neelie Kroes in dieser Woche beobachtet hat, wird bemerken können, dass der Boden unter den Füßen noch da ist und steinhart. Entsprechend bösartig und schlecht gelaunt fallen die Antworten der selbsternannten Vermittler aus. Da ist von Internet-Zombies und Internetausdruckern die Rede und von einer Modernitätssimulation, die an DDR-Zeiten erinnere. Was lehrte uns die Eule Hegels? Zustände sind Prozesse, Vorgänge sind Übergänge.

*** Auch ein langer Atem kann heiß sein, und die Freude groß, wenn das Resultat bei Heise so überaus gut aussieht. Ein Blick auf das im Protest linklos gebliebene WWWW zeigt, welcher Fortschritt uns erspart geblieben ist. Dass ausgerechnet ein fortschrittsblinder Verband nun an Journalisten appelliert, verantwortungsvoll mit dem Urteil umzugehen, ist das Sahnehäubchen auf dem, ähem, Schneckenteller. Weil das Internet noch viele Momente dieser Art braucht und viele, viele ganz gewöhnliche Netizen, die da "reinschreiben", darf ein Gedicht nicht fehlen, mit Verbeugung vor Wislawa Szymborska, deren Grabstein-Gedicht die Leser erfreute.

Ich möcht' einmal am Sender stehn
und sprechen dürfen. - Ohne Zensur.
Ein einziges Mal. - Eine Stunde nur -
»Hetzen« - und Hass und Feuer säen. -
Lasst einmal mich am Geräte stehn
und nur einen Tag aus meinem Leben
wahrhaft und nüchtern »zum besten« geben.
- Nichts weiter. Es würde ein Wunder geschehn.
- Ich möchte die wütenden Fratzen sehn
Wenn's hieße: »Achtung! Deutsche Welle!
Eine Arbeiterin spricht! - Thema: Die Hölle.« (1932)

Was wird.

Ganz Europa freut sich über den kommenden Safer Internet Day, der das Internet sicherer macht. Europa freut sich auch über ACTA, wegen der Medikamentensicherheit und so. Ganz Europa? Während die deutsche Regierung gelassen bleibt und keine Änderungen auf sich zukommen sieht, gibt es in ganz Europa am kommenden Samstag Demonstrationen gegen das Abkommen. In ganz Europa?. Es gehört zu den Seltsamkeiten des gemeinsamen Europas, dass es Vertragswerke gibt, die einheitlich erscheinen, aber national sehr unterschiedlich ausgelegt werden können. Abseits von ACTA zeigt dies der europäische Haftbefehl im Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange vor dem Supreme Court des Vereinigten Königreichs. Im deutschen Rahmenbeschluss ist die Formulierung schlicht und hätte längst zu einer Auslieferung von Assange gereicht: "Dieser Haftbefehl ist von einer zuständigen Justizbehörde ausgestellt worden." Stempel drauf, fertig. Die große Ordnung ist die große Unordnung.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #382 am: 12 Februar, 2012, 00:05 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Bekanntlich hat die Nicht-Hannoveranerin Marie Antoinette nicht gesagt, das Volk möge Kuchen essen, wenn kein Brot da ist: "S’ils n’ont pas de pain, qu’ils mangent de la brioche!" Was ihre Gegner kolportierten, stammt aus der Feder von Jean-Jacques Rousseau, der in seinen Confessions von einer hohen Prinzessin berichtet, die über die Hungersnot ihres Volkes unterrichtet wird und die nämliche blasierte Antwort gibt. Rousseau suchte eine bildhafte Illustration der adeligen Dekadenz und fand sie im wenig nahrhaften Weißbrot. Der praktisch gemeinte, völlig an der Wirklichkeit vorbeigehende Vorschlag gehört seitdem zur Standardausstattung der rhetorischen Werkzeugkiste. Das Volk mag ACTA nicht? Aber es muss doch an Marken glauben, es muss den Markenkram fressen, denn eine Kultur der Fälscher ist der Untergang aller Kultur.

*** Vor den Clouds des Internet, im Jahre 1968 mokierte sich Hugh Kenner über die Rückständigkeit einer Kultur, die auf immer perfekteren Reproduktionsverfahren beruht und dennoch Dinge wie das Urheberrecht und die Originalität für sich reklamiert: "Leben wir doch in einer Zeit der vorgedruckten Briefe, der Unterschriftenstempel, der allen verfügbaren Kongressberichte, der Tonbandmontagen, der Xerokopien und der Farbfotografien, der perfekt reproduzierten van Goghschen Sonnenblumen, der sorgsam gestellten Dokumentarfilme und der Abermillionen gleicher Suppenkonserven, die Körper mit Glasaugen und Goldzähnen ernähren." In den Zeiten der universalen technischen Reproduzierbarkeit hat ein sorgsam ausgewählter Trupp von Lobbyisten ein Abkommen ausgehandelt, das angeblich, von EU-Juristen kontrolliert, überaus fair sein soll. Die Rede ist von einem Rechtsdienstgutachten, dass dies bestätigt, aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Ein Gutachten über Verträge, die in weiten Teilen bei der Veröffentlichung geschwärzt sind, das steht in bester Tradition der Brioches. Auch die verwaschene Erklärung der deutschen Politik, ACTA "vorerst" nicht zu unterzeichnen, passt ins Beutelschema großer Politik. Die Zahlen über die ACTA-Demonstranten sind noch kippelig, aber wenn eine Minimalschätzung von 30.000 Demonstranten in 50 Städten an einem wirklich kalten Samstag spricht, ist das berümte "deutliche Zeichen" eine Exklamation.

*** Es ist nicht nur der Inhalt von ACTA, der Protest gebiert, sondern der durch und durch veraltete Politikstil im Zeitalter des Internet. Dieser Kommentar bringt die Sache auf den Punkt: "Und deshalb haben die Politiker einen riesigen Fehler gemacht. Denn heimlich, still und leise funktioniert bei diesem Thema nicht mehr, auch wenn man nur 'Business as usual' im Kopf gehabt hat: Zu viele Menschen interessiert die Zukunft des Internet mehr als das wirtschaftliche Schicksal von Griechenland." So zeigen die vielen Demonstrationen gegen ACTA in Deutschland, dass wir wahrhaftig in großen Umbruchszeiten leben, was viele Leithammel in Politik und Wirtschaft nicht verstanden haben. Das schreibe ich am europäischen Notruftag, an dem man am einen Notruf an die EU absetzen könnte, dass der Kontakt zum Volk verloren geht. Was heißt zur Not? Zu Gerechtigkeit im Sinne aller Menschen darf auch ein Notfall-Fax (PDF-Datei) abgeschickt werden. Dass diese Möglichkeit im Zeitalter des Internets abgeschafft werden soll, ist auch so eine ausgrenzende Gedankenlosigkeit.

*** Der Notruftag ist nicht von ungefähr identisch mit dem Geburtstag von dem Supererfinder Thomas Alva Edison, der Vieles kommerzialisierte oder begründete, was zu den modernen Errungenschaften der westlichen Welt gehört. Dazu gehört nicht nur der Notruf- bzw. Notfall-Knopf. Man denke nur an das zwei Kilo schwere Grammophone als Preis, den Musiker bei den Grammy Awards bekommen. Zum Start im Jahre 1959 war das noch der Eddie in Gedenken an Edison. Bei diesem Ereignis feiert sich ausgiebig ein Duopol von bedenktlicher Marktmacht, dass einen Extraprofit daraus bezieht, wenn die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Internet verhindert werden. Die Kleinen sollen klein bleiben, das ist die Devise. Und diesen Grammy für Milli Vanilli, den hat es nie gegeben. Was bleibt ist ein festes Daumendrücken für die Bear Family und ihre Bristol Sessions, und dass die Leute klar genug im Kopf sind.

*** Natürlich reagiert die Politik auf den Umbruch, eben auf ihre Weise. Da soll ein ständiger Bundestagsausschuss für Netzpolitik gebildet werden, da gibt es Pläne, die Internet-Kommission des Bundestages zu einer Dauertagung zu machen. Über allem aber schwebt Merkel und der neue Bürgerdialog über Deutschland, nach Trafficaufkommen derzeit die erfolgreichste Webseite unserer Regierung. Über 4000 Vorschläge sind online und die höchste deutsche Bloggerin bedankt sich dafür. Nachdem das Bewertungssystem nach Angaben der Merkel-Mitarbeiter nunmehr fälschungssicher Klickereibetrug abwürgt, sollen die Zahlen realistisch sein. Mit 27310 Stimmen führt die offene Diskussion über den Islam vor der Diskussion über die Legalisierung von Cannabis und der Forderung, ACTA zu stoppen. Mit 6 Stimmen weit abgeschlagen im Crowdthinking zeigt der Vorschlag eines europaweiten Solidaritätszuschlages für Griechenland, was den Netzbürger bewegt. Ob er auch beim Bürgergespräch der Bundeskanzlerin in Erfurt eine Stimme hat? Wo ein Krümel, ist auch ein Kuchen.

Was wird.

Die Woche begann einer Klarstellung des Bundeskriminalamtes zu einer Studie des Bundeskriminalamtes zu "retrograden Verkehrsdaten", im Internet-Volksmund besser als Vorratsdatenspeicherung bekannt. Weil aus der Studie durchaus abgelesen werden kann, dass das Interesse an IP-Adressen weit größer ist als die Speicherung von Telefondaten, reagierte das BKA mit einer Gegendarstellung unter dem schönen Titel BKA-Erhebung zu den Auswirkungen des Wegfalls der Vorratsdatenspeicherung wird teilweise unzutreffend interpretiert. Teilweise unzutreffend ist laut BKA demnach die Ansicht, dass Telefondaten unwichtig geworden sind. Die nächste Woche startet mit dem europäischen Polizeikongress unter dem hübschen Dreisatz "Cyber - Homegrown - International". Auf dem Kongress betreibt das BKA ein eigenes, nichtöffentliches Forum, auf dem Themen wie Vorratsdatenmining und extrem Trojaning von Praktikern behandelt werden. Es gehört zu den deutschen Absonderlichkeiten, dass in denselben Räumlichkeiten der Chaos Computer Club tagte und ausführlich seine Dekonstruktion des Staatstrojaners feierte. Auch so kann ein Ökosystem definiert werden - und Orwell lacht. Spannend dürfte das Forum zum Cyberterrorismus werden, hat doch der Behördenspiegel als Kongressveranstalter aus "gut unterichteten Kreisen" gemeldet, dass die USA an eigenen Bot-Netzen arbeiten, mit denen Gegenschläge auf Cyberangriffe ausgeübt werden können. Fehlt nur noch der richtige Angreifer, dann spannt eine ausgetüftelte Verteidigungsmaschinerie den Schutzschild über uns, auf dass der digitale Himmel uns nicht auf den Kopf fällt.

Mit einem Schmankerl geht die Woche zu Ende. Ausgerechnet in Osnabrück, wo Mobilfunktelefone selten und teuer sind, kann das Ende eines Mammut-Prozesses gefeiert werden, in dem einer bekannten Persönlichkeit das Ende einer Zulassung als Anwalt droht. Es gibt sie noch, die guten Dinge. Kuchen für das Volk, Hartkeks den Erpressern.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #383 am: 19 Februar, 2012, 08:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "I never reveal my sauces", sagt Julian Assange in den Simpsons auf die Frage von Marge nach dem Barbecue-Rezept. Hahaha, darauf ein Duff-Bier, gebraut von der Eschweger Klosterbrauerei nach bekanntem Rezept. Es ist etwas still geworden um das Meisterhirn von Wikileaks, sieht man davon ab, dass die Organisation in dieser Woche heftig gegen eine UNESCO-Konferenz gestänkert hat, zu der sie angeblich nicht eingeladen war – die Organisatoren dementierten das energisch. Wenn die Signale nicht täuschen, steht die Auslieferung Assanges nach Schweden bevor, weil die Alternative hieße, das gesamte, nach September 2001 hastig zusammengezimmerte Konstrukt des europäischen Haftbefehls zu zertrümmern. Nun ist Schweden nicht Dänemark, in dessen Gefängnissen Assange wahre Horrorszenarien erwartete. Wichtiger als die schwedische Untersuchungshaft ist die Frage, wie der Stand des Whistleblowing ist, wo die Lecks klaffen und Informationen strömen. Denn so zweifelhaft Assanges Theorie von der konspirativen Herrschaft der Wissenden über die Unwissenden ist, so gibt es keinen Zweifel daran, dass unterdrückte Informationen öffentlich gemacht werden müssen. Diese Woche hat zeigt, dass die Sauce ausläuft und es nicht mehr einfach ist, eine Sperre einzurichten. Vom Bericht des Bundesdatenschützers zum Staatstrojaner über die ACTA-Mauscheleien bei der europäischen Kommission bis hin zum Verscherbeln von Patientendaten kommt ans Tageslicht, was ans Tageslicht gehört. Erwischen dürfte es auch die ach so geheimen Mautverträge, nachdem die Regierung überlegt, sich von den teuren Geldsammlern von Toll Collect zu trennen.

*** Die Flagge ist am Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung angelangt. Sunt lacrimae rerum et mentem mortalia tangunt, würde der Lateiner in uns sagen. Die Würde des Amtes steht in Berlin herum, Horst II gibt den Aushilfs-Hausmeister im blauweißen Kittel und das Bobbycar ist zurück in Großburgwedel. Nach dem Rücktritt von Christan Wulff mit seiner gierigen Ehrensolderklärung das überflüssige Amt des Bundespräsidenten abzuschaffen, darauf kommt keiner, weil es parteitaktisch immer noch von Nutzen ist. Diesmal zur Vorbereitung der großen Koalition. Eigentlich hat Wulff mit seiner modernen Patchworkfamilie und seiner signalsendenden First Lady gut ins Gepränge gepasst, doch ist er mit seinen Gefälligkeiten ein Opfer der zunehmenden sozialen Spaltung geworden. Wie viele von uns hat er es schlicht versäumt, vorab die Allgemeinen Nutzungsbedingungen für Bundespräsidenten zu lesen.

*** Christian Wulff wird einen Ehrensold bekommen und muss nicht in eine dieser entwürdigenden Ü50-Maßnahmen, die seine Altersgruppe erfährt, komplett mit SAP-Schulung. Vielleicht fährt er mit bester Unterstützung in das schöne Hannover, dass sich gerade für die CeBIT fesch macht. Während die Direktwahl des Bundespräsidenten im Bürgerdialog abgeschlagen ist, wird geschachert. Die liebe Netzgemeinde schluckt, wenn die Rede auf Zensursula kommt oder auf den Gaukler, der Occupy für albern hält und das Internet für überflüssig. Aber das ist und bleibt chancenlos wie SCO gegen IBM, obwohl auch das großes Kabarett.

*** Inmitten all der Donnerhallen und Treueschwüre stand die Wacht am Rhein, ungebrochen und strahlender denn je. Die 100 Webseiten, auf denen das Wohl und Wehe der Bundesrepublik sich gründet, sie standen fest im DDoS-Wogenprall: Lieb Vaterland, magst ruhig sein. Ein Signal sollte der Besuch von Innenminister Friedrich beim BSI sein, wo ein rund um die Uhr besetztes Lagezentrum das Wissen aus 80 Quellen saugt und ständig die "Top 100 Websites" ansurft, die Deutschland ausmachen. Die wichtigsten Adressen sind nicht das Bundespräsidialamt, Bundestag oder Bundesrat, die Ministerien oder die Kanzlerin. An erster Stelle stehen nach BSI-Angaben die drei IT-Dienstleistungszentren des Bundes und zwar das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik, die Bundesanstalt für IT-Dienstleistungen und die Bundesstelle für Informationstechnik.

*** Mit im Boot im Rhein bei Bonn entsteht mit leichter Verzögerung die Stiftung Datenschutz, die nach Ansicht der Industrie ein schlankes und rankes Gremium werden soll, vielleicht mit einem Geschäftsführer und einer Schreibkraft und einem ordentlich fetten Beirat, der reihum in feschen Hotels tagen kann. Sylt is calling. Das Ganze komplettiert in der Zusammenarbeit mit den deutschen TÜVs, die ohnehin alles zertifizieren, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Auch das nerdliche Datenschutzzentrum kritisierte die Pläne, jedoch vor dem Hintergrund, dass die eigenen Compliance-Fachleute zum Zuge kommen. Am Ende entsteht eine echter deutscher Kompromiss und alle reden von einer Winwin-Situation. Winwin, Winwin, helau.

Was wird.

Tata, tata, tata. Auch wenn die deutschen Narren ihre Karren über das Wochenende eilends umwulffen müssen, muss gefeiert werden, da versteht das närrische Deutschland keinen Spaß mehr. Macht das Internet drei Tage dicht? Von wegen. Vielleicht erinnert sich jemand daran, dass allzu freizügige Faschingsbilder im Bundesinnenministerium der Anstoß für den Ideenwettbewerb Vergessen im Internet waren, der mangels Interesse der Generation Facebook wieder und wieder verlängert werden musste. Alte Kamellen? Aber nicht doch. Man lese nur die Warnung aus den USA, wo Jeffrey Rosen aus dem Recht auf Vergessen gleich das Ende des gesamten Internet ableitet.

Ehe der Untergang kommt, soll nach dem Willen der Verwertungsrechteindustrie ACTA schnellstens in trockenen Tüchern sein. Entsprechend quengelig sind die Reaktionen derer, die offene Diskussionen für einen Beweis fehlender Public Relations halten. So langsam dämmert es auch weniger netzaffinen Menschen, dass mit ACTA etwas mehr gemeint ist als ein Anti-Piraterie-Abkommen. Wenn selbst die Verbraucherschutzministerin die Floskel von den Sorgen und Ängsten der Menschen da draußen im Lande hervorkramt, wird klar, dass "Kommunikationsbedarf" besteht. Zudem haben die Hochtöner der Deutschen Content Allianz in ihre Hörner geblasen und eine Pressemeldung zu ACTA abgesetzt und dramatischen Unsinn zur Freiheit des Internet getrötet und zur Rechtslosigkeit der Verwerter, der an das Gerede vom rechtsfreien Raum erinnert. Wäre es denn so, gäbe es kein Verfahren gegen Megaupload und jeder Berichterstattung hätte zu schweigen.

Doch es sieht anders aus. Der ach so rechtlose Raum ist ziemlich gut geregelt, die Rechtsprechungs entwickelt sich, mit einigen Aussetzern weiter. Der Fall Megaupload wird vor Gericht verhandelt, Abofallenbetrüger erhalten ihre Strafe und allzu weitreichende Ansprüche der Verwerter werden vom europäischen Gerichtshof gebremst. Viel spricht dafür, dass hier auch die Rechtmäßigkeit von ACTA beurteilt werden kann ohne die Drückertruppe der Content Allianz, die zur Unterzeichnung drängelt. Die maßlosen Angriffe gegen das demokatische Prozedere provozieren natürlich. Sie rufen die anonymen Lulzler auf den Plan, die mit einem mega-über-awesome war drohen "that rain torrential hellfire down on all enemies of free speech, privacy and internet freedom. We will systematically knock all evil corporations and governments off of our internet." Unser Internet? Und was ist mit diesen Untergrund-Netzen, die andere bauen?

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #384 am: 26 Februar, 2012, 06:04 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Gauck. Gauck? Gauck, Gauck, Gauck! Der Schweinejournalismus hat Konjunktur. Und Rösler über allem, das ist gleich das Ende des Journalismus, um einmal vom Ende der FDP unter fünf Prozent zu schweigen. Weil ein öffentlicher Intellektueller wie Gauck nun Bundesersatzpräsidentendienst leisten soll, einer, der sich in seiner Rolle zu vielen gesellschaftlichen Fragen zu Worte melden muss, gibt es natürlich Unmassen von Aussagen und jede wird gewichtet und gewertet, bequatscht und zerkaut. Die Schweine bekommen Flügel und steigen auf, die Sonne verdunkelt sich. Wenn Bürger Gauck sich durchaus differenziert zur Vorratsdatenspeicherung geäußert hat, reicht das nicht und ein offener Brief ist fällig. Seine Analyse der DDR hat sich gefälligst an Hannah Arendt zu orientieren und nicht so pathetisch zu sein. Jede Position des mutmaßlich künftigen Bundespräsidenten wird abgeklopft. Wäre man mit Horst Köhler so verfahren, hätte dieser niemals Präsident werden können, vom Barzahler Wulff ganz zu schweigen.

*** Die einzig richtige Antwort auf diese Politiksimulation wäre, dass dieses Amt des Bundespräsidenten obsolet geworden ist. Ein bestellter Staatsnotar tut's auch, die paar Sachen zu unterschreiben, die unterschrieben werden müssen. Die gerne bemühte Überprüfung von Gesetzen ist besser beim Verfassungsgericht aufgehoben und das Diplomatenschütteln kann der Bundestagspräsident übernehmen. Der Schutz vor den Feinden der Demokratie im Parlament ist unnötig, denn die Feinde sitzen nicht im Parlament. Sie sitzen im Verfassungsschutz, der die Waffenübergabe trotz Beobachtung nicht erkannt haben will, vor einer Mordserie, die nicht als Ausfluss rechtsextremistischer Gewalt erkannt wird, weil Bekennerschreiben fehlten. Das ist besonders beklemmend, dass es in Deutschland ein Schreiben braucht und die Schützer nicht auf den Gedanken gekommen sind, dass Neonazis morden. Die Augen links, ist das Kommando dieser nutzlosen Schützer.

*** Die Generation der rückgratlosen Babyboomer hat abgewirtschaftet, jetzt müssen halt Ältere ran, die echte Narben in ihrer Biographie haben. Denn die Jüngeren, die haben typische Adoleszenz-Probleme und erklären sich für Netzbabys oder eben für Netzkinder, die in aller Unschuld zwischen Kabeln und Spielkonsolen aufgewachsen sind und gegen die Generation Nichts schwärmerisch ins Felde führen: "Es gab in unserem Leben keinen Auslöser dafür, eher eine Metamorphose des Lebens selbst", das sich auf einmal im Internet abspielte. Netzkinder, hach wie unschuldig das klingt, viel besser als der Slang der Vermarkter, die sich auf den Begriff der Generation C geeinigt haben. Die Blumenkinder lassen grüßen mit ihrem Wunsch, ein Kind zu sein und bitte, wo die Kinder spielen, da muss die IT-Umgebung auch sauber und ordentlich sein wegen der Kinderspielplatzbenutzungsordnung. Und bitte macht uns unser Netz nicht mit diesen ökonomischen Sachen kaputt, wir finden ja Taschengeldjobs genug auf den Straßen mit unserem Netz. Wenn das in seinem digitalnativen Gewebe geborgene süße Netzkind eine Frage stellt, dann höchstens ein gehauchtes Wie ist dein Verhältnis zu Fefe?. Sein Verhältnis zu Fefe scheint der eine oder andere Oberholzer übrigens gerade zu überdenken. Der Herr im schlammgrünen Anzug ist sich da sicher.

*** Es ist ein weiter Weg von der Hackerethik und der darauf aufbauenden "Gemeinde" früher Tage zu dem Marsch durch die Institutionen, den einige angetreten haben und mühselig ist der Gang in den Ebenen allemal. Die Internet-Komission soll ihre Arbeit beenden und wird nicht in einem ständigen Ausschuss für Netzpolitik enden. In der Kampfkandidatur um das Amt des Datenschützers ist Constanze Kurz ausgerechnet in Thüringen mit 34 zu 45 Stimmen gescheitert. Ausgerechnet in Thüringen? Jawohl, Thüringen ist das einzige Bundesland, das seine beträchtlichen Fördergelder in die Entwicklung eines sicheren Maildienstes namens ClosedXchange gesteckt hat, der nach zertifizierten BSI-Richtlinien als Ende-zu-Ende-System in allen Bereichen sicher ist. Sollten die durchweg nutzlosen Verfassungsschützer Thüringens diese Mails wie 37 Millionen andere mit ihrer Suchliste von 16.400 Begriffen rastern, dürfte das Ergebnis ebenfalls als Spam aussortiert werden. Wichtiger als die deutliche Zunahme der e-Mail-Überwachung dürfte die Tatsache sein, dass der Bericht des parlamentarischen Kontrollgremiums unmittelbar vor der CeBIT veröffentlicht wurde, auf der die De-Mail ihren großen Auftritt hat. Wie war das noch einmal mit der kurzzeitigen, wenige Sekunden dauernde Entschlüsselung und Neuverschlüsselung wegen Spam-Kontrolle und Virenbefall? Auch unter Schlapphüten findet sich modernste Technik.

*** Mit diesem Plakat von Alan Turing (PDF-Datei) hat die Gesellschaft für Informatik die Kampagne "Wir sind Informatik!" gestartet. Ziel ist es, die menschliche Seite der Informatik in den Vordergrund zu rücken, die als "kalte Wissenschaft" empfunden wird. Neben den Postern gibt es jede Menge Bekenntnisse und besinnliche Aufsätze der Informatiker, die dann so enden: "Wir sind Informatik. Die Anderen aber immer häufiger ebenfalls. Und das ist gut so! " Die Wowereitschen Anklänge sollte man nicht auf Turing beziehen, sondern auf das ACTA-Abkommen, dass auch den Informatikern nicht zusagt. Während diese kleine Kolumne von den wieder eingeflogenen Verlagsenten geprüft wird, demonstrieren viele Menschen gegen ACTA, nicht nur der Netzkindergarten. Aufregend ist es schon, wenn direkt auf die Kolumne des bekannten Netzfremdlings Ansgar Heveling (für ACTA) eine folgt, die darauf aufmerksam macht, dass es mitnichten nur um Download-Dateien geht, sondern um Medikamente und Saatgut: "Wenn Unternehmen aus Entwicklungsländern Getreide exportieren wollen, das in einem Acta-Land patentiert ist, soll es an den Grenzen zu Acta-Ländern festgehalten und vernichtet werden." Dass eine Prüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof daran etwas ändern könnte, ist wohl der Versuch, das Thema etwas abzukühlen. Wenn Brüssel da geschlafen hat, wird Luxemburg kaum aufwachen.

Was wird.

Der Newsticker färbt sich wieder einmal rot: In Barcelona beginnt der Mobile World Congress zu letzten Mal wunderbarerweise in den alten Hallen der Fira Montjuïc, die zur Weltausstellung 1929 entstanden und irgendwie immer noch stehen, während in Hannover auf dem CeBIT-Gelände ein Gebäude der Weltausstellung 2000 schwächelt. Es hat schon etwas für sich, wenn nicht nur der um IT-Nachwuchs werbende Bundesnachrichtendienst umziehen muss, sondern auch die Fraunhofer-Gesellschaft ausgerechnet zum Geburtstag ihres Namenspatrons den komplizierten Messe-Stand Urban Living abbauen und wieder aufbauen muss, treu nach dem Motto: "Wir haben Ideen, wo andere aufgeben".

In der kommenden Woche beginnt außerdem die 19. Generalversammlung des Flüchtlingshilfswerkes der UN. Wo Menschen flüchten, sind Bedingungen vorhanden, die ihnen das Recht auf ein menschliches Leben nehmen. Daher gehören Debatten zur Verfassung des Menschenrechtes zu den Themen dieser Versammlung. Hinter dem unscheinbaren Titel FOE and Internet verbirgt sich eine Debatte über die Meinungsfreiheit im Internet. Glaubt man dem amerikanischen Berichterstatter Robert McDowell, sollen Verträge zur Sprache kommen, die es der UN über ihre Tochterorganisation ITU ermöglichen sollen, den Internet-Verkehr zu beobachten und womöglich Einnahmen aus dem Netzverkehr zu fordern. Dieser Prozess soll in Genf angestoßen und in Dubai zur Vollversammlung der ITU vollendet werden. Ob diese feindliche Übernahme tatsächlich stattfinden wird, wird heftig diskutiert. Die Befürchtung der Amerikaner, die von ihnen gelebte Dominanz in der ICANN könnte ein Ende haben, steht auch in dem düsteren Szenario. "Productivity, rising living standards and the spread of freedom everywhere, but especially in the developing world, would grind to a halt as engineering and business decisions become politically paralyzed within a global regulatory body." Ja, da muss doch ein flammender Appell her und ein paar Demo-Schilder male ich auch noch: DENKT BITTE AN DIE ARMEN NETZKINDER!!111einself!

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #385 am: 04 März, 2012, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

Kebabträume in der Mauerstadt,
Türk-Kültür hinter Stacheldraht
Neu-Izmir ist in der DDR,
Atatürk der neue Herr.
Miliyet für die Sowjetunion,
in jeder Imbißstube ein Spion.
Im ZK Agent aus Türkei,
Deutschland, Deutschland, alles ist vorbei.

*** Deutschland ist vorbei. Deutschland hat abgedankt. Polen übernimmt die Vorherrschaft, wird Leitnation in Europa und Osteuropa. Dahinter: nichts. Putin-Russland ist auch kollabiert, desgleichen China, wo der Krieg zwischen Provinzherrschern tobt. Die Welt steht im Bann von zwei mächtigen Koalitionen, auf der einen Seite die Achse der beiden verbündeten Supermächte Türkei und Japan, auf der anderen die Neuen Vereinigten Staaten von Amerika, ein Gebilde aus Mexiko, USA und etwas Kanada. Der Kampf zwischen Türkei-Japan und Mexiko-USA ist der Clash der Kulturen, der das 21. Jahrhundert beschäftigt und prägt. Nein, ich habe nichts geraucht, mein Kaffee muselmannisch schwarz, klar und rein, meine Seele wurde schon vor langer Zeit von einem DB-Automaten gefressen. Dieses geopolitische Szenario stammt von George Friedman, dem Chef der Firma Stratfor, deren Mails Wikileaks in homöopathischen Dosen unters Volk bringt. Friedman ist wie sein Freund Francis Fukuyama vom "Ende der Geschichte" besessen und hat Stratfor gegründet, dieses Ende vorherzusagen. Irgendwo in diesem Stratfor-Mails ist eine große Geschichte versteckt, meint Wikileaks. Doch wer die ersten 600 Mails gelesen hat, wird eher zur Ansicht gelangen, es mit einer Bande von Spinnern zu tun haben, die Wikileaks bis aufs Blut hassen, weil sie eine Konkurrenz zum eigenen Geschäftsmodell sind, geopolitischen Klatsch für 349 US-Dollar pro Jahr im Abo zu verkaufen.

*** Aus der Sicht klassischer Geheimdienste wie unserem BND oder MAD/KSA verfolgt Stratfor ein cleveres Geschäftsmodell, das der deutsche Medienpartner von Wikileaks ganz trefflich beschreibt: "Für mich ist die Frage, wie sich Stratfor-Mitarbeiter nach außen hin zu erkennen geben. Tun sie unter Umständen so, als seien sie Regierungsmitarbeiter oder Journalisten?" Die Antwort ist einfach: Es ist egal. Sie brauchen beides nicht. Erst recht brauchen Stratfor-Mitarbeiter das nicht machen, was Geheimdienstler eine "Schüttelstrecke" nennen, wenn sie ihren Quellen Tarnnamen wie Onkel Wanja verpassen, Zeit und Ort der Informationsabschöpfung in eine Legende verpacken. Das alles kümmert den Low-Cost-Geheimdienst nicht und so bereitet es der Stratfor-Konkurrenz ein höllisches Vergnügen, die Informanten über die Mail zu enttarnen, sei es nun James Casey oder Obamas geheimnisvolle Domina Penny Sue Pritzker. Mitten in China wird sie vom Strafor-Getratsche verfolgt.

*** Was vielleicht noch Sorge macht, sind diese unkontrollierten Anarchos von Anonymous, die für Wikileaks das "Kompromat" besorgen. Aber hey, auch daraus lässt sich ein Business machen, wie das Startup Crowdstrike zeigt. 26 Millionen Dollar in der ersten Finanzierungsrunden, dafür kann man schon ein paar Container Club Mate für den Maschinenraum ordern.

*** Schock! Schwere Not! Deutschland, Deutschland ist vorbei: "Schock! 78 Prozent der Muslime wollen sich integrieren!" titelte die tageszeitung über die von Innenminister Friedrich einseitig vorgestellte Studie über "Lebenswelten junger Muslime in Deutschland", die ein Boulevardblatt zur üblichen Hatzstrecke umdeutete. Muss man bis Seite 277 lesen, um ein differenzierteres Bild zu bekommen? Aber nicht doch. Da könnte ja jeder kommen. Das haben wir noch nie so gemacht. Geifern wir lieber los, wenn islamischer Religionsunterricht an Schulen beginnt und nennen das Ganze verfassungswidrig. Erinnern wir uns an Stratfor: Deutschland wird ohnehin von Polen versenkt und von der Türkei aufgeteilt.

*** Wie bricht man eigentlich eine Lanze für den Schwanzhund und lässt dabei den Phallus als Signifikant intakt? Peter Glaser hat mal nicht den üblichen Katzencontent ins Internet gestellt, sondern eine Hommage an Loriot. Bezeichnend ist, was das spießige humorlose Facebook daraus macht: eine schmierige Angelegenheit, die es in seinem Privatreich nicht duldet. Das ist wiederum ein glaserklarer Fall für den ultimativen Schwanzvergleich und damit ein vorgezogener Hinweis auf Unlike Us das nächste Woche startet: Im Internet ist nichts alternativlos.

*** Das zarte Rot im Ticker hat sich gelegt, der Mobile World Congress ist vorbei. Zahllose schicke Sachen wurden vorgestellt, nur der kluge Wirtschaftsteil einer deutschen Tageszeitung lästert über die klobigen Geräte von Rohde & Schwarz, weil deren weltweit den Standard setzende IMSI-Catcher nun einmal nicht schick auszusehen brauchen. Backend-Ausspähtechnik von Feinsten, da von der Münchener Firma, die Standards für alle Testgeräte setzt. Wenn Rohde & Schwarz etwas verpeilt, ziehen alle Gerätehersteller der Welt mit und bauen den Fehler nach, um kompatibel zu den Messgeräten zu bleiben. Wer könnte dies in der grauen Welt der Software so souverän behaupten? Man denke an die Softwarefirma, von der das Land Niedersachsen das Programm zur Verwaltung der "Ortungsimpulse" bezieht, wie stille SMS im Polizeideutsch heißen. Es ist nicht in der Lage, die Anzahl der verschickten stillen SMS zu zählen. Das Wunderwerk deutscher Programmierkunst ist nach Auskunft der Landesregierung so gestrickt, dass der Einbau eines Zählers in die Datenbank 80.000 Euro kosten soll. Zart errötend wird man von Verarschung sprechen dürfen.

*** Auch die Bundesregierung steht in diesem Punkte an Argumentationsgeschmeidigkeit nicht zurück, wenn sie einem anfragenden Abgeordneten erklärt, dass eine Unterschrift unter ACTA nur eine Zeichnung ist, die den Text eindeutig festlegt und keine Ratifizierung, die der EU und dort dem handelspolitischen Ausschuss vorbehalten ist. Die einmal festgelegte Haltung zu ACTA bleibt, "etwas Intelligenteres" ist nicht in Sicht: Es gibt keine Alternative zu dem in Japan gehüteten Gesetzesschatz, Tina.

Was wird.

Tja, die CeBIT. Managing Trust ist angesagt und das in Hannover. Der Himmel im schönsten Blau, kein Wölkchen zu sehen nach dem 29. Februar. Die CeBIT dagegen? Rot. Rot wie eine BSI-Ampel, nur knapp gerettet dank August Wilhelm Scheer. Weg von Blech und Code, hin zu Themen und Events. Dabei mächtig auf Draht, diese CeBIT. Dank Speedy, dem neuen Ticketsystem, das nicht nur alle möglichen Eintrittskarten erkennt, sondern mit dem Erkennen auch dem Aussteller sofort "signalisiert, ob seine Einladungskampagne erfolgreich war." Vielleicht in gefälliger App-Form, dass die nächsten Beuteltierchen gleich aufschlagen? Darüber freut sich die Messe wie über ihren neuen Eingang. Erdacht von der Firma, die Halle 9 konstruierte, von der in der letzten Wochenschau bereits die Rede war. Eine klare Designsprache mit hellen Betonplatten, das hebt die Stimmung.

Von der Spannung ganz zu schweigen: ein gutes Dutzend Wettbewerbe sind zu Ende, der integrationswillige Sieger der App für Deutschland bekommt einen geschmackvollen Pokal von Bundesinnenminister Friedrich. Bei der Eröffnung von Health & Vitality verteilt Gesundheitsminister Bahr Organspendeausweise und den Leonardo Gesundheitspreis, moderiert von Dr. Eckart von Hirschhausen mit kleinen neckischen Witzen über seine Organspender. Seitdem mein Zahnarzt mit einer Kamera Bilder vom Bohren live auf die Zimmerdecke überträgt, weiß ich, dass Ärzte einen sehr speziellen Humor haben. Auch bei der partymäßig tonangebenden Avantgarde hagelt es Preise in künstlerisch gestalteter Umgebung.

Seit Gottschalk live kennen wir alle den Werbeblock, darum geht es jetzt schnurstracks zum Heise-Forum, stellenweise mit Live-Vorführungen. Die Präsentation der besten Produkte von "Mach flott den Schrott" am Machflottwoch muss allein schon darum erwähnt werden, weil mit den Hardware Hacks ein wirklich anregendes Projekt gestartet wurde. Dann gibt es noch ein grünes Privacy-Barcamp. Nicht im Grünen. Die schöne Stadt Hannover liegt an der Leine, festgezurrt. Traumschiff geht anders und die Titanic kommt noch. Wir kentern dann vor Izmir.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #386 am: 11 März, 2012, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

CIOs bewerten CeBIT-Motto "Managing Trust" als "genau richtig" München (ots) – Eine breite Mehrheit von 82 Prozent der Chief Information Officer (CIO) stufen das Leitmotiv der diesjährigen CeBIT – Managing Trust – als haargenau … CeBIT:Ein PC für die Hosentasche Denn was der Computer-Experte aus dem Zürcher Forschungszentrum des IT-Riesen IBM aktuell auf dessen Cebit-Messestand präsentiert, ist so etwas wie der … CeBiT in Hannover Philipp Rösler auf CeBIT mit Torte beworfen Hannover/Berlin – Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler ist bei einem Rundgang auf der Computermesse CeBIT in Hannover attackiert worden. The sights of CeBIT 2012 HANOVER, Germany--CeBIT is a mammoth trade show that most people in the United States have never heard of. CeBIT 2012 : SteelSeries Makes the Sensei Laser Gaming Mouse More Affordable At this year’s CeBIT 2012 fair, SteelSeries has announced a new version of its high-performance Sensei gaming mouse, dubbed simply enough the Sensei [RAW], which was designed to make its creation much more affordable …

Schnipsel, schöne Schnipsel, frische Schnipsel! Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Mit Google News angefangen, über Microsoft Bing bis hin zu DuckduckGo habe ich am Freitagabend die jeweilige Top-News zum Thema CeBIT in fünf Suchmaschinen abgefragt. Sie wurden mitsamt jener "Snippets" kopiert, für die die deutschen Verleger Geld nehmen wollen, weil sie eine unglaublich wagemutige verlegerische Tat darstellen. Das geplante neue Leistungsschutzrecht lässt grüßen, geboren aus der Verärgerung darüber, dass Dritte eigenen Content übernehmen und damit wiederum das Geld verdienen. Sieht man einmal vom kleinen Schönheitsfehler ab, dass meine CeBIT-Suche im ersten und letzten Fall keinen verlegerisch hochgehandelten Snippet, sondern schlichte Werbung unter den Mauszeiger spülte, ist die eingefangene und verlinkte Leistung eher bescheiden. Vom Informationsgehalt her ist die Tatsache, dass Minister Rösler mit einer Torte beworfen wurde, noch die verständlichste Aussage über die CeBIT. Tatsächlich reicht mir die Aussage und ich klicke nicht weiter zur Stuttgarter Zeitung, der damit eine Einnahme entgeht. Die Attacke eines Piraten mit einer Käsecreme-Aprikosentorte lief am vergangenen Donnerstag durch Twitter und interessierte mich schon da nicht. Dass die Piraten eine verkappte FDP-Truppe sind und die gegenseitige Abneigung dieser beiden Parteien besonders groß ist, kann nicht als neue Information gewertet werden. Was wird das seltsame Leistungsschutzrecht bringen außer der Erkenntnis, dass Verleger Anti-Visionäre sind? Wie war das noch mit dem Öl des 21. jahrhunderts? Wird es aus toten Bäumen gepresst?

Was sonst noch war auf dieser CeBIT, kann komplett mit lesbaren und kostenlosen Snippets hier bei Heise betrachtet werden. Groß angekündigt, aber Magerquark im Resultat, förderte das Social Command Center der CeBIT seltsame Ergebnisse zu Tage: Am Donnerstag wurden Ultrabooks in der Social Media-Szene doppelt so häufig diskutiert wie das neue iPad, am Mittwoch beherrschte angeblich @neeliekroeseu die Szene, die EU-Kommissarin Neelie Kroes, ganz ohne Torte und zu Guttenberg. Auch der Streik im öffentlichen Dienst war auf der CeBIT ein Nicht-Ereignis wie Windows 8, sieht man davon ab, dass eine ernsthafte Standortbestimmung nicht erwünscht war.

Mitunter hatte ich den bizarren Eindruck, diese CeBIT 2012 stecke im Jahre 1997 fest, kurz bevor der große Megagagaballerboom im Internet begann: Die logische Sekunde feiert fröhliche Wiederkehr. Anno 1997 bezeichnete die logische Sekunde die Zeit, in der Daten in einem Router gespeichert sind und der Zugriff auf sie nicht unter das Telekommunikationsgesetz fiel. Nun ist sie wieder da, die logische Sekunde, als Bezeichnung der Zeitspanne, in der De-Mail entschlüsselt und auf Spam geprüft wird. Überhaupt ist diese neue De-Mail sooo 1997, dass es kracht: 15 Jahre nach Inkrafttreten des Signaturgesetzes baut man in Deutschland das Mail-System auf, das damals eingeführt werden sollte. Damals, als das Internet mit Modem oder schwerst modern mit ISDN-Router betreten wurde, war die Netzwelt nicht flat, sondern teuer. Und heute? Der De-Mail-Brieftarif "Mini" bei den Frankiermaschinen-Spezialisten Francotyp Postalia gilt für E-Mail <50 KByte und kostet 0,28 Euro, dann kommt der "Standard"-Brief mit den Maßen >50 KByte <1 MByte für 0,33 Euro und für richtig schwere Sachen gibt es den "Maxi"-Brief für 0,66 Euro und den Maßen >1 MByte <10 MByte. In der logischen Sekunde, in der die De-Mail auf Spam geprüft wird, wird der Brief auch schnell einmal gewogen. Logisch, praktisch, aber gut?

Beim Lesen der vor Gericht eingereichten Klage als Hintergrund zu dieser Meldung über den LulzSec-Anführer Sabu verfestigen sich allmählich finstere Gedanken. Man kann verschiedene Schlussfolgerungen über die Monsegur Five ziehen. Eine davon ist die, dass das FBI in der Lage ist, Tor-Daten auszuwerten. Das ist wenig erstaunlich, da Tor zu Beginn mit Regierungsgeldern entwickelt wurde. Ein anderer Schluss muss nach der Triumph-Meldung zum Stratfor-Hack gezogen werden, der offenbar unter Aufsicht des FBI stattfand, das zu dieser Zeit den Super-Hacker Sabu bereits in enger Führung durch eigene Agenten kontrollierte. Das FBI erlaubte den Stratfor-Hack, damit die Kanäle untersucht werden konnten, auf denen Wikileaks Informationen bekommt. Offenbar waren die Informationen, die Stratfor für viel Geld an seine Kunden verkauft, nicht sehr bedeutsam. Wikileaks wurde mit viel Fluff, Liff und Labenz gefüttert.

Früher war alles besser, na klar. "Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren. Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen, die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen." Heute, am 60. Geburtstag von Douglas Adams, stehen wir auf den Holzwegen, die nach Digitalien führen und müssen ohne ihn weitergehen, immer immer weitergehn. Es gilt, unbequeme Meinungen gegen alle Anfechtungen zu verteidigen wie die von der Erde, die nur eine Auftragsarbeit der pandimensionalen Wesen ist, die wir Menschen nur in Gestalt weißer Mäuse sehen können. Nein, werter Herr Glaser, das Internet ist keine Katze und transportiert keinen Katzencontent. Wenn doch, ist etwas schiefgegangen.

Was wird.

Nach der CeBIT ist vor der Droidcon, auch das ist weitergehn. Die junge Garde der IT will bestaunt werden und die digitalen Innovatoren sowieso. Seit der CeBIT-Predigt des Herrn Schmidt wissen wir, dass jeder Mensch online sein will, auch unser neuer, fein austariert gewählter Bundespräsident.

Zum Abschied des Alten gab es ein Späßchen, das die Juristen unter dem Stichwort akustische Körperverletzung zu Höchstleistungen anspornen dürfte. Wir sind so frei mit unserer Meinung. In anderen Ländern sieht es düster aus: Am 12. März findet der Welttag gegen Internetzensur statt. Birma, China, Kuba, Iran, Nordkorea, Saudi Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam, die alten Feinde des Internet aus dem Jahre 2011, sind sicher wieder dabei, auch wenn zumindest in Birma Anzeichen für eine Besserung gesichtet worden sind. Dafür gibt es genug Neuzugänge, man denke nur an Bahrain, Belarus und Kasachstan. Der Gruß der Netzbürger geht an die Netzbürger in der Hölle von Syrien.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #387 am: 18 März, 2012, 06:11 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Anders seyn, und anders scheinen,
Anders reden, anders meynen,
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, stets behagen,
Allem Winde Segel geben,
Bösen, Guten dienstbar leben.
Alles Thun und alles Dichten
Bloß auf eignen Nutzen richten,
Wer sich dessen will befleißen,
Kann politisch heuer heißen.
Friedrich von Logau)

Hach, da lacht das Herz und die Brust bebt: das nächste iPad ist draußen und die Sonne scheint. Alles wird wärmer, auch das neue iPad. Selbst die klinisch eigentlich tote FDP zeigt Regungen, wo der von ihr mit verursachte Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen mit einem Schnellstart begonnen hat. Bambi is back, das scheue Reh, das sich nur ab und an auf Twitter zeigte und kandidiert als Fischstäbchen, ähem, als Retter aus der Tiefkühltruhe der FDP. Immerhin, seine Chancen sind besser als die von Julian Assange, der 2013 für den australischen Senat kandidieren will. Gar nicht zur reden von den Piraten, die recht plötzlich einen Dreifach-Wahlkampf stemmen müssen und vor Kraft kaum gehen können: Felix qui potuit rerum cognoscere causas!

*** Ja, das Leben könnte so flauschig-fluffig sein, wäre da nicht dieses vertrackte Internet. Dieses Maschinenunddrahtgeknubbel, dem jede Ethik fehlt. Heute wird in einer Quisquilie der nächste Bundespräsident gewählt und sein Name sei Gauck. Kurz vor der Wahl erschienen sieben Thesen zum Internet, die Gauck als Schirmherr eines Denkpanzers der deutschen Post veröffentlichte. Die deutsche Post, das ist der Konzern, der mit seiner e-Post ganz eigene Wege geht, die selbst den e-Post-Anhängern Rätsel aufgibt.
Zur Hebung des Vertrauens engagierte man als "e-Post-Botschafter" den ehemaligen Hessen-CIO Harald Lemke, der im Geschäft mit Lottogesellschaften einen tollen Markt für die e-Post sieht. Sein "Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet" musste bei den Thesen den Schirm vom Herren abziehen. In einer neuen Fassung "ruht" Gaucks Schirmherrschaft und endet mit dem Amtsantritt des Bundespräsidenten. In der noch aktuelleren Gesamtfassung (PDF-Datei) einer DIVSI-Studie über Internet-Nutzer wurden die Thesen weiter entschärft. Es fehlt der Satz von These 4 zur schrecklichen Anonymität in diesem Internet, die sofort die Justiz auf den Plan ruft: "Die Anonymität des Netzes und die damit erschwerte Arbeit der Justiz wird zunehmend für kriminelle Zwecke missbraucht." Zurück bleibt ein Satz bei These 4, der die Frage aufwirft, was denn verhältnismäßig sein soll und ob im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzip die Grundrechte gewahrt bleiben sollen, wenn es heißt: "Straftaten im Internet müssen in verhältnismäßiger Form verfolgt werden."

*** Nicht nur dem Internet fehlt jede Ethik, auch die in seinen Röhren kommunizierenden Netizen sind finstere Gestalten. Sie drangsalieren mit emotionalen, von sachlichen Argumenten losgelösten Diskussionen in Internetforen und Blogs, auf dass es eine einzige Gefahr für die öffentliche Ordnung ist. Kurz bevor die allgemeine Anarchie ausbricht, kommt dieser Stopp und passt wie Arsch auf Eimer zur gesamten ACTA-Diskussion mit ihren seltsamen Argumenten. Es ändert sich nichts in Deutschland, howgh, das Kabinett hat gesprochen, wir sind nur Beobachter und als solche womöglich dem digitalen Mob ausgeliefert:
"Insbesondere könnten die Namen der Mitarbeiter, die gemäß einem dem Antrag des Antragssteller angefügten Hinweis auf einer Webseite veröffentlicht werden, von Dritten dazu verwendet werden, in unangemessener Form gegen sie vorzugehen. In einzelnen Internetforen, Blogs und im Netz eingestellten Videos sowie dazugehörigen Kommentaren wird zum Teil eine vom sachlichen Regelungsgehalt der Bestimmungen des Abkommens losgelöste, emotionale Diskussion geführt, bei der auch ehrverletzende Äußerungen und Drohungen mit Gewalt gegen an ACTA beteiligte Personen ausgesprochen werden. Es erscheint daher im Falle der Herausgabe der Daten der bei den Verhandlungsrunden anwesenden Personen hinreichend möglich, dass diese Personen persönlich bedrängt oder sonst gegen sie unangemessen vorgegangen wird."

*** Der Untertan als solcher wird hier mit aller Geringschätzung und Verachtung bestraft, die im Bundesjustizministerium in den hintersten Ecken zusammengekehrt werden konnte. Statt der Schwärzung von 17 Namen schwadroniert man lieber von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Gegen genau diese diffuse staatliche Bürgerehrabschneiderei hilft nur eines: Spenden, damit jede Informationsblockade in Sachen ACTA angefochten werden kann. Wenn selbst die CSU ACTA als störendes Relikt aus vergehenden Zeiten betrachtet, dann ist das Getue um die öffentliche Ordnung genau das, was das Ministerium beschreibt: eine emotionale Diskussion, die Angst schüren soll, als ob hinter ACTA Ctulhu lauern würde.

*** Was bleibt, ist ein mikrobenkleiner Vorschuss für die Ministerin besagter klinisch toter Partei, die sich in dieser Woche gegen infame Vorwürfe zur Wehr setzen musste. In ihrer Heimat Bayern ist sie Zielscheibe des dortigen Landbundes der Kriminalbeamten, der davon spricht, dass wegen der fehlenden Vorratsdatenspeicherung "Tausende von Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten, sogar Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag!" Die aufgebrachten Beamten regen sich in ihrer neuesten Presseerklärung über "Quick Freeze" auf und bringen die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung auf ein bekannt sachliches Niveau der Argumentationslogik, wonach man nichts einfrieren kann, was man nicht hat. "Dies ist ungefähr so, wie wenn eine Hausfrau ein Steak einfrieren möchte, das der Hund bereits vor drei Tagen gefressen hat!" Dabei erreicht das Angebot an Frischfleisch in Kürze neue Dimensionen.

*** Was lauert in Bluffdale, einem Städtchen, das eigentlich ein Ausläufer von Salt Lake City ist. Dort wo einst die Großfirmen Novell und Word Perfect den Campus beherrschten, sieht Spiegel Online ein ländliches Kaff, in dem die NSA ein neues Rechenzentrum baut. Glaubt man dem auf die NSA spezialisierten Autor James Bamford, wird dieses Rechenzentrum in der Lage sein, die gesamte Kommunikation der Welt im Netz, mit Telefon, die Satelliten und die Seekabel abzuschnorcheln, ob irgendwo ein Reizwörtlein auftaucht, dass auf eine Bedrohung hinweist. Dann wird schnell und entschlossen reagiert. Beispiel gefällig? Vor Kurzem hat eine dänische Firma bei einem deutschen Zigarrengroßhändler kubanische Zigarren im Wert von 26.000 US-Dollar bestellt. Die via SWIFT abgewickelte Zahlung wurde von den USA als terroristische Aktivität eingeschätzt und eingefroren. Soviel zum freien Handel im freien Europa. Starker Tobak? Aber nicht doch. Es ist unsere Freiheit, die sie meinen. Vielleicht wird der neue Bundespräsident auch diese Form der Freiheit verstehen lernen. Von wegen "The Man I Love" ...

Was wird.

Das Leben blubbert weiter und Kony 2012 ist immer noch der letzte Schrei. Bei uns ist das Super-Lotto gestartet. Angeblich macht es überhaupt nicht süchtig, diese ehrliche Chance, mit einem Schlag zu den Superreichen zu gehören. Was dort so ehrlich erzählt wurde vom braven Mr. Smith, schlägt nach wie vor hohe Wellen, die Muppets trenden. Wobei die deutsche Übersetzung als Dödel auch ein Stück der Posse ist: Die Wall Street hat kein Problem in Sachen Ethik, sie braucht (wie das Internet) keine. Ethik ist hinderlich, das ist die schlichte Nachricht.

Das Jahr 2012 ist nicht nur ein Turing-Jahr. Die Europäische Komission hat es zum Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen ausgerufen. Morgen beginnt in Brüssel der erste Kongress der Aktivisten und beschäftigt sich damit, wie Menschen in der digitalen Seniosphere aktiv wegschrumpeln können, damit das für sie vorgesehene Geld aus den Reserven der Krankenkassen abgeleitet werden kann. Auch der Bundshaushalt ist bar jeder Ethik. Der Frühling ist da, doch diese Pflanze wächst hier nicht.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #388 am: 25 März, 2012, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Eigentlich darf das hier nieman lesen, ohne einen Taler am Kassenhäuschen entrichtet zu haben. Denn die nackte Anarchie beginnt schon, wenn jemand beim Lesen aus meiner kostbaren Wochenschau, ein, zwei Gedanken in seinen Langzeitspeicher schaufelt und dann weiter verwendet. Enteignet bin ich dann von blitzgescheiten Worten, ein armer Schlucker und darf mit Christian Lindner über die "Anarchie des freien Kopierens" jammern und die kulturelle Verlanzung der Welt. Aber hier steht kein Kassenhäuschen. Bestenfalls könnte man von einem Teller sprechen, auf dem die Leser ein paar Cent lassen wie nach dem Besuch eines WC. Auch dieser Vergleich hinkt im Sanifair-Zeitalter mit Zahlschranken und Bonus-Bons. Die hohe Schule des Jammerns zeigte dieser Woche Sven Regener, der einen Wutausbruch am WC hatte und Sanifaire-Zutrittsregelungen auch bei seiner Kunst sehen will: "Man pinkelt uns ins Gesicht" heißt es auf Youtube, das klingt wirklich unfein nach Verrohung der WC-Kultur und nach einem kriminellen Element. Für seinen Wutanfall hat Regener höchstes Lob geerntet, mit dem spitzen Hinweis, das bisher jeder Rock 'n Roll, Punk, Reggae usw. ohne Kultursubvention ausgekommen ist. Der Gegenwind war auch nicht zu verachten, wie Netzpolitik mit Ausschnitten und einer kleinen Linksammlung dokumentiert: Wer gegen den Wind pinkelt, sollte keine hohen Bögen versuchen, sonst geht es ins Gesicht.

*** Was viele in der Aufregung, dass Regener mit der GEMA den Lieblingsfeind aller Internet-Versteher verteidigt, vergessen, ist die Basis deren Existenz. Schließlich ist die Urheberrechtgspauschale u.a. auf Leermedien und zum Kopieren geeignete Geräte, mit der das beliebige private Kopieren von urheberrechtlich geschützten Werken abgegolten ist, eine Art Minimalform der Kulturflatrate. Was viele ebenfalls vergessen: Eine Haltung, die den Künstlern das Recht auf eine Honorierung abspricht, auf das Verdienen des Lebensunterhalts mit ihrer Kunst, macht sich allzu wohlfeil unter einer falsch verstandenen "neuen Zeit des Digitalen" breit. Was viele darüber hinaus ignorieren: NIMBY als Herangehensweise an eine grundsätzlice Überarbeitung des Urheberrechts, das in den letzten Jahren allzusehr zu einem reinen Verwerterrecht verkommen ist, ist keine gute Idee.

*** Interessanterweise können solche Diskussionen über Aufregerthemen ganz locker als empirischer Beweis dienen, dass Heise-Forentrolle ihr Habitat überall haben. Jedenfalls überall da, wo Aufregerthemen mit überkommenen Reflexen bedient werden und dem gemeinen Troll ungeahnte Aufmerksamkeit bescheren. Ach, selige Welt der Online-Foren: Willkommen in der schönen neuen Welt der Social Networks, in der er mittlerweile weltweit erschallt, der Ruf aller Mitdiskutanten: "Don't feed the troll!" Oder, etwas prosaischer: Geh sterben[...]

*** Aber was sind schon Troll-Reflexe und Rants eines Musikers gegen die Winkelzüge der Content-Industrie? Von wegen ACTA ad acta. Obwohl es die Europapolitiker nicht wahrhaben wollen, weht ihnen ein ganz heftiger Wind ins Gesicht, drauf und dran, ein großer Orkan zu werden, der Lobbyisten entwurzelt und für Dachschäden sorgt. Die im letzten WWWW erwähnte Spendenkampagne gegen die Geheimnistuerei der Regierung hat bisher 7000 Euro für den Klageweg eingesammelt, bei dem das Transparenzversprechen des Informationsfreiheitsgesetzes einem Lackmus-Test unterzogen wird. Derweil geben sich die ACTA-Befürworter unerschütterlich, auch wenn es an Verbesserungswünschen nicht mangelt. Der oberste ACTA-Befürworter, EU-Kommissar de Gucht, sieht eine aggressive pan-europäische" Kampagne gegen ACTA laufen, die vor Cyber-Angriffen auf europäische Institutionen nicht zurückschreckt. So stehts in einem Geheimprotokoll, das gerade in mehreren deutschen Ministerien zirkuliert. 22 europäische Staaten hätten ACTA unterzeichnet, die übrigen fünf seien zur Unterzeichnung verpflichtet: Die Zangsargumentation mit europäischen Pflichten kennen wir von der Vorratsdatenspeicherung. Bekanntlich ist Herr de Gucht davon überzeugt, dass der europäische Gerichtshof ACTA durchwinken wird, weil alles höchst wunderbar EU-rechtskonform abgelaufen sei. Geistiges Eigentum ist Eigentum, was gegen die Grundrechte des freien Informationszuganges verteidigt werden muss! Wer dem Druck der Internetgemeinde nachgebe, gefährde ganz Europa! Und überhaupt: Die Glaubwürdigkeit Europas werde von einer diffusen Internetgemeinde mit ihren vollkommen unbegründeten inhaltlichen Einwirkungen zerstört.

*** Die Reaktion auf solcherlei Schwarzweißmalerei kann nur lauten: dann zerstören wir mal, als mündige Bürger Europas. Bekanntlich haben wir in dieser Woche offiziell einen neuen Bundespräsidenten bekommen, der in seiner Rede dem "Demokratiewunder" dank des Engagements der 68er-Generation in Ost wie West einen höheren Stellenwert einräumt als Autos, Kühlschränke und dem neuen Glanz einer neuen Prosperität:

"Neben den Parteien und anderen demokratischen Institutionen existiert aber eine zweite Stütze unserer Demokratie, die aktive Bürgergesellschaft. Bürgerinitiativen, Ad-hoc-Bewegungen, auch Teile der digitalen Netzgemeinde ergänzen mit ihrem Engagement, aber auch mit ihrem Protest die parlamentarische Demokratie und gleichen Mängel aus."

In diesem Sinne muss auch die von Europa angedrohte Strafzahlung wegen der Vorratsdatenspeicherung gesehen werden. Ein paar Millionen Euro sollten uns der Erhalt der Bürgerrechte wert sein, in einer Zeit, in der Millarden zur Rettung des Finanzsystems zirkulieren. Zudem steht eine Debatte über Quick Freeze an, die das Zeug hat, die Bundesregierung zu zerlegen. Eine Regelung, bei der die CDU einlenkt, wie gefordert, ist nicht in Sicht. Es ist ein traurige Anlass, gehört aber zur Diskussion: Dass Frankreich die EU-Regeln der Datenspeicherung befolgt und dennoch ein den Diensten bekannter Homegrown-Terrorist zuschlagen konnte, offenbart die Fruchtlosigkeit des gesamten Überwachungskonzeptes und das polizeiliche Gefasel über Schutzlücken. Ja, man hatte schnell den Computer seiner Mutter ausfindig gemacht, ohne dass reagiert wurde, doch erst ein Motorradhändler brachte die Ermittler auf die Spur. Die klassische Ermittlungsarbeit funktionierte, wie in vielen vergleichbaren Fällen. Man muss nur lesen können (PDF-Datei). Wenn nun in Frankreich ein Besuchverbot für islamistische Webseiten folgt, hätten wir die Totalüberwachung. Die Republik zieht ein Monster groß, aber schuld ist das Internet? Europa, im 21. Jahrhundert.

Der Computer ist
auf dem allerneusten Stand
Da ist noch Pfand auf den Flaschen,
die in der Küche steh'n,
da will ich bald mal Scherben seh'n
Und der Bücherwand,
für die ein halber Wald einmal starb,
schlägt die letzte Stunde bald

Bring' den Vorschlaghammer mit,
wenn du heute Abend kommst,
dann hauen wir alles kurz und klein
Der ganze alte Schrott muss 'raus
und neuer Schrott muss 'rein
bis Morgen muss der ganze Rotz verschwunden sein. (Kriminelles Element)

Was wird.

Wird der ganze Rotz verschwunden sein? Oder wird er, einmal ausgerotzt, eintrocknen und verkrusten, als Festpopel am Arm dazu benutzt werden können, einen Vibrationsalarm unter die Haut schicken, auf dass wir keinen Anruf mehr verpassen? Achja, was Anrufe anbelangt, so stehen die offiziell der syrischen Regierung gehörende Syrian Telecommunication Establishment wie die Syriatel von Rami Makhlouf, dem Cousin von Bashar al-Assad, nicht auf der erweiterten Sanktionsliste der EU. Die Familie darf nicht mehr shoppen gehen, doch Software für die Überwachung des aufmüpfigen Volkes darf nach wie vor nach Syrien verkauft werden. Ein Verbot des Exports von TK-Überwachungstechnik wird es nicht geben. Über den Rest kommt ein blaues Mäntelchen der Verschwiegenheit.

Wie war das noch mit dem Taler am Kassenhäuschen? Ganz für Umme, in dieser verkackten Kostenloskultur im Internet ist ein Artikel von Albert Camus aus dem Jahre 1939 aufgetaucht, in dem er die vier Gebote des Journalismus für freie Journalisten vorstellt und erläutert, wie unter den Bedingungen der Zensur gearbeitet werden kann. Er sollte im Le Soir Républicain erscheinen, einer Tageszeitung in Algier, die unter der französischen Zensur stand. So tröstlich seine Überlegungen sind, so trostlos ist es, dass sich 1939 nicht viel geändert hat: "Un journaliste libre, en 1939, est donc nécessairement ironique, encore que ce soit souvent à son corps défendant. Mais la vérité et la liberté sont des maîtresses exigeantes puisqu'elles ont peu d'amants. -- Ein freier Journalist bedient sich unvermeidlich der Ironie, wenn auch oft widerwillig. Doch Wahrheit und Freiheit sind anspruchsvolle Geliebte, die nur wenige Liebhaber haben." Wo die Wahrheit unter den Tisch gekehrt werden, ist es schon ein kleiner Sieg der Ironie, wenn Starbucks für Aufklärung sorgt: Die Tatsache, dass sich chinesische Untergrundgewerkschafter in solch einem Setting treffen, um Informationen auszutauschen, machte niemanden stutzig. Früher aufgestanden als ein Hahn, später Feierabend als eine Nutte, und dann zu Starbucks?

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #389 am: 01 April, 2012, 00:10 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** April! April! April! Der mitfühlende Liberalismus feiert einsame Triumphe. Wenn am Montag die "Schlecker-Frauen" ihre Arbeitssuche im Tagespendelbereich beginnen, bekommen sie kleine gelbe Original-Fähnchen zur Anschlussverwendung. Derweil macht sich das Kampfblatt des neuen Liberlaberismus auf die mitfühlende Spurensuche beim politischen Gegner. Schlamm, geworfen, wird hart als Dreck und bleibt irgendo kleben. Doch Aprilscherz beiseite, was ist schon Schlecker gegen das Engagement für Spritschluckerabfüller, die mit Staatshilfe geschützt werden müssen?

*** Natürlich mag man sich fragen, ob die Bürgschaft für einen KfW-Kredit zum Aufbau einer Transfergesellschaft eine sinnvolle Sache ist oder nur Populismus. "Schlecker-Frauen" haben ihre besten Jahre hinter sich und bekommen keine Kinder mehr – das war ein Einstellungskritierium von Schlecker, keine Bösartigkeit. Das Transferkurzarbeitergeld plus Aufstockungszahlung der Transfergesellschaft liegt nun einmal über dem Arbeitslosengeld, zudem bleibt der Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten. Zudem könnten Schulungsmaßnahmen bei denen greifen, die noch nie eine Bewerbung geschrieben haben. Angeblich alles Ideen aus einer anderen beschaäftigungspolitischen Zeit, denn der Aufschwung ist da und Stellen gibt es reichlich im Tagespendelbereich. Ja, so wollen wir leben, so wollen wir arbeiten. Das Geld der KfW ist viel besser bei kleinen Internet-Firmen wie angelegt, wo der Erfolg die Erfinder benebelte. Darauf ein Lied.

*** Der April, der April, der macht, was er will. Aber was will er denn? In Österreich will er zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung. Es gibt Proteste und es gibt Anleitungen, die Spitzelei zu umgehen. Bei uns ist es kurioser, da niemand nichts Genaues wissen will. In der letzten Wochenschau stehen mehrere Links zum Attentäter von Toulouse, der mit herkömmlichen Ermittlungen eingekreist wurde. Das hindert die Zeitung für kluge Köpfe nicht an der Behauptung, dass der Terrorist nur durch alte Internetkontakte und Vorratsdaten gestellt werden konnte. In dem hinter der Paywall liegenden Artikel "Wieder einmal Schwarzer Peter?" wird die Spielkarte der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zugeschoben, einer erklärten Gegnerin von Scheinlösungen. Die Spannung steigt, wie ihr auf der Cybercrime-Konvention des Europarates beruhender Vorschlag Quick-Freeze nun in das Kabinett gebracht werden kann, ohne dass die Runde auseinanderfliegt wie eine Gas-Plattform. Achja, April, April: Zwei Mal soll bei uns die Operation Paperstorm zuschlagen, mit einem DDoP.

*** In dieser Woche hat Hans Magnus Enzensberger im Spiegel seine letzte Folge des Panoptikums abgeliefert, einer kleinen, ziemlich schlecht recherchierten Serie über den modernen Überwachungsstaat. Hinter der Paywall liegend muss für "Armer Orwell!" das Zitatrecht her, Enzensbergers Optimismus dokumentieren, warum alles nicht sooo schlimm ist. Denn: Nur 95 Prozent der Bevölkerung werden bei uns überwacht werden. Die Totalüberwachung ist schlicht zu teuer, und die Ökonomie hat schon immer gesiegt in letzter Instanz.

"Es wäre zu aufwendig, eine kleine, aber zähe Minderheit zu entfernen, die sich aus purem Eigensinn gegen die Verheißungen des digitalen Zeitalters sträubt. Fünf Prozent, das sind immerhin über vier Millionen Leute. Also: Nur keine Panik! Auch in Zukunft wird jeder, der es nicht lassen kann, relativ sorglos und analog essen und trinken, lieben und hassen, schlafen und lesen können."

Ist es Altersnarrheit, ist es schlichte Ignoranz, ist es die groteske Unkenntnis des Alltags, die zu solchen Sätzen führt? Allein die Stimmenzuwächse bei den Piraten zeigen, dass offenbar mehr als 5 Prozent der Gesamtbevölkerung, Nichtwähler inklusive, ein Interesse daran haben, ohne Überwachung lieben, lesen und labern zu können. Der weit verbreitete Irrtum, dass die Fraktion "ich hab nichts zu verbergen von den sieben Zwergen" damit jedweder Spitzelei zustimmt, tritt auch hier zum Vorschein. Außerdem gilt: Das kleine, zähe gallische Dorf ist überwacht, wenn 95 Prozent von Gallien überwacht sind.

*** Wer Stanislaw Lems Momentaufnahme "Eine Minute der Menschheit" gelesen hat, wird das Werk "One Human Minute" von J. und S. Johnson kennen, das in Mare Imbirum erschienen ist. Seit diesem epochalen Werk wissen wir, dass die Menge des Ejakulats, das in einer Minute von allen Männern der Erde ausgeschieden wird, auf 45.000 Liter geschätzt wird. In bester Tradition von Lem hat Intel, dessen 8008er-Chip heute vor 40 Jahren erschien, zum Geburtstag des x86-Urahns eine kleine Grafik veröffentlicht, die zeigt, was so in einer Internet-Minute alles passiert. Die 45.000 Liter Sperma verblassen schon deshalb, weil Intels Internet-Minute den üblichen Schweinskrams à la ***tube*** ausblendet, der Youtube locker in den Schatten stellt. Doch 1,3 Millionen Video-Betrachter und 61.141 Musikstücke zeigen deutlich, warum technophobe Urheber meinen, ihnen werde Knete vorenthalten, weil überall Lauerstationen ihr geistiges Eigentum saugen. Man nehme nur den reportierten Fall der Tatort-Autoren, denen immer wieder originelle Einfälle für die schnarchigste Fernsehserie abhanden kommen. Geklaut von CCClern, die einen auf Einheitsfront machen und dabei völlig verpeilt sind. Das Urheberrecht abschaffen, die deutscheste aller deutschen Reaktionen, hat da gerade noch gefehlt. Wo ich bei dieser Downloadklauallekulturistimarsch-Debatte bin: In dieser Woche ist Majos Favorit Over the Rainbow überholt worden, sagt Media Control. Wie war das noch? Nichts ist wichtig, dazu ist die Welt zu groß.

*** Ceterum Censeo: Ich bleibe dabei, dass das Prinzip der Urheberrechtspauschale in all diesen Debatten auf den richtigen Weg weist. Man muss nicht jeden Rant, der den Weg in eine Tageszeitung nimmt, gleich mit einer Gegenprovokation beantworten – auch wenn unter den Rantern Leute wie Friedrich Ani sind, dessen Krimis ich mit Genuss (wenn dieses Wort bei den hintergründigen, machmal düsteren, melancholischen Texten Anis gestattet ist) lese. Und dessen Bücher ich mir daher auch kaufe. Aber die Debatte ergibt sowieso nur Sinn, wenn man von der Voraussetzung ausgeht, dass die Urheber solcher Bücher oder anderer Werke auch zu bezahlen sind. Manch einem, den man schon gar nicht mehr als Mitdiskutant bezeichnen, sondern dem man als Troll seinen Feed wegnehmen möchte, schimpft aber schlicht auf alles, was seiner Saugermentalität zuwiderläuft. DRM? Böse (okay, geschenkt). Urheberrechtspauschale? Ebenfalls böse. Und dann? Bleibt nur, alle, die es sich nicht so einfach machen wollen, als Internetausdrucker zu bezeichnen und ihnen jede Berechtigung zur Diskussionsteilnahme abzusprechen. Ja, die Weisheit der Massen hat manchmal eben auch den Charakter von Mobaufläufen.

Was wird.

Knallhart wird Assads Regime in Syrien unter dem Embargo der Europäischen Gemeinschaft in die Mangel genommen. Auch das war schon Thema in der letzten Wochenschau, doch fehlte dabei ein Bescheid der Bundesregierung, die öffentlich keine Namen nennen will, wie dies verwerflicherweise in der Wochenschau geschah. Wer gesperrt wird, welchen Exporteuren nun Sanktionen drohen, das alles ist streng geheim, denn, hahaha, "Sanktionen verlieren einen Teil ihrer Wirkung, wenn über sie öffentlich diskutiert wird." In vertraulich tagenden Gremien wird man Auskunft geben. Die Konsequenz dieser ganz speziellen Geheimhaltung kennen wir seit den Maut-Verträgen: Die in Syrien-Deals verwickelten Firmen brauchen keine Auskunft zu geben. Als Urheberrechtsabhängiger bin ich wahrlich kein Freund der Piratenpartei, doch das muss man auch nicht sein, um zu verstehen, welch großartige Sache diese Transparenz ist, die sie im Politischen etablieren wollen. Da hilft alles Gebrabbel über Reife und Hörner ihrer Politiker nichts, im Großen wie im Kleinen gibt es genug zu tun.

Ganz klein hat es angefangen, das Vintage Computer Festival Europe, das im April auf dem Kalenderblatt steht. In diesem Sinne ist zu wünschen, dass die einzigartige Veranstaltung weitergehen kann. Darum schließt sich diese Wochenschau an den dringenden Aufruf bei der Suche nach Lagerraum im Münchener Raum an, der schonvon O'Reilly veröffentlicht wurde. Wer weiß, wo dort ungefähr 80 Paletten und noch einmal so viele Gitterboxen sicher unterkommen können, möge sich an hal@heise.de wenden und helfen, die Schätze vor der weiteren Zersplitterung zu retten. Man stelle sich bloß vor, die Schätzchen würden im Sperrmüll landen müssen, wie Patientenakten.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

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