Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125513 mal)

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #360 am: 11 September, 2011, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Was Hund ist, schweigt noch immer. Kein Ton. Kein Klavier. Und Flugzeuge leidvoll über uns. Nein, das ist keine stumme Kolumne. Wie vor 5 Jahren wird hemmungslos gebellt an der Medienfront. Schließlich ist auch dieser merkwürdige Stellvertreterkrieg im Irak vorüber und Osama bin Laden tot. Alles wird gut, alles ist gut geworden. Alle, die es immer gewusst haben, schreiben, dass sie es immer gewusst haben. Sonderseiten, na klar, und Verschwörungstheorien noch und nöcher. Immerhin gibt es redliches Bemühen, die vielen Mosaiksteinchen nicht gewaltsam in das schiefgelegte Weltbild zu pressen. Doch auch dabei haben Stimmen, die nachdenklich die Verantwortung des Intellektuellen einklagen, kaum die Chance, gehört und debattiert zu werden. Im ganzen Web sucht man vergeblich nach dem "Ich habe die Verantwortung, mich meines Verstandes zu bedienen"-Button.

*** 3,2 bis 4 Billionen US-Dollar wurden dem Infoporn der Wired zufolge in den USA für den "Krieg gegen den Terror" ausgegeben. Nüchtern betrachtet, entstand dort der größte, technisch anspruchsvollste Überwachungsstaat der Welt, während das Geld für Sozialreformen fehlte. Wenn diese Informationen stimmen, gab es zeitweilig sogar die Gefahr, dass die USA eine Diktatur werden – dann hätte bin Laden wirklich gesiegt. So musste Obama die Kriegsverbrechen der Regierung Bush übergehen und bin Laden töten, in einem gespaltenen Land mit der Operation Geronimo kontern und mit gespaltener Zunge sprechen. "Wir haben das Pearl Harbour des neuen Jahrhunderts auf den Bildschirmen gesehen, wieder und immer wieder, und warten auf sein Hiroshima", schrieb ich vor 10 Jahren. Das ist bislang ausgeblieben.

*** Zu den Errungenschaften des asymmetrischen Krieges gehört zweifelsohne der elektronische Reisepass mit biometrischen Informationen, das Sicherheitstheater an Flughäfen und ganz, ganz neue Körperscanner, von denen Aufnahmen im Namen der staatlichen Sicherheit flugs verboten werden, damit Terroristen keine Rückschlüsse zur Kampfstoffschleusung ziehen können. Nicht nur bei Scanner-Produzenten und biometriegetriebenen Aufpassern klingeln die Kassen. Eine prosperierende Sicherheitsindustrie ist entstanden, die wunderbar die Militärforschung ergänzt, die Systeme für "unsere Jungs in Afghanistan" entwickelt und entsetzlich unter Kursschwankungen zu leiden hat. Man könnte auch die Dauer-Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung zu den Errungenschaften zählen, wenn passend zum Jubiläum Terroristen geschnappt und alte Reflexe ausgelebt werden. Inmitten der akuten, höchst bedrohlichen Terrorgefahr sollte man diesen Satz der Tagesschau einmal im Hinterkopf behalten: "Kauder verlangte außerdem, im Berliner Terror-Verdachtsfall zu prüfen, inwieweit das Löschen von Kommunikationsdaten die Ermittlungen erschwert habe." Die immer wieder aufgestellte Behauptung der im zierckanischen Nichts herumtappenden BKA-Experten könnte endlich verifiziert oder falsifiziert werden. Vielleicht kommen weitere lustige Geschichten von Spion und Spion ans Tageslicht.

*** Im Dezember 2001 beschäftigte sich die Ausgabe der US-Zeitschrift Wired ausführlich mit 9/11. Viel Beachtung fand der Artikel The Surveillance Society mit der Aussage: "Worrying is a waste of time. Surveillance is here. It was inevitable." Ein Überwachungsstaat werde es dennoch nicht geben, meinte der Wired-Autor Adam Penenberg und endete unter Berufung auf den SciFi-Autor David Brin: "In the long run, it will be people – empowered by the surveillance web – who thwart the thugs, the tyrants, and even the terrorists." Damals stellte die Wired-Kritikerin Paulina Borsook fest, dass schlimmer als die Spitzelei durch CIA und andere Schlapphüte die Bespitzelung durch eine Bande vernetzter Geeks mit technolibertärem Background sein dürfte, die selbst gekürte Standards setzen. 10 Jahre später schweift mein Blick auf die Pläne von Peter Thiel zum "Seastading" neuer Staaten auf Inseln im Meer und wendet sich ab vom perfekten Überwachungsstaat. Cyberegoistisch gesehen sind die Inseln ein Triumph der Geeks. Die perfekte Tele-Polis als Antwort auf Obama bin Laden und seine Fiktion vom einfachen Leben der Koranbrüder, das ist die Neufassung von "Berge, Meere und Giganten."

*** In dieser Woche ist die deutsche Ausgabe von Wired erschienen, die etwas rätselhaft in der tageszeitung so beschrieben wird: "Wired ist darin ein publizistischer Verwandter des schillernden Onkels Apple, die ct vom schlauen, aber spröden Cousin Linux-Thinkpads. " Der Leser dieser Wochenschau ist also schonmal vorgewarnt, wenn jetzt eine Kritk der Masturbationsvorlage für Geeks folgt. Das Blatt beginnt mit einer Erklärung der Satellitennavigation, die offenbar nur für iPhones gedacht ist und endet im Kulturteil mit TV-Serienempfehlungen des Werbepartners Sky. Dazwischen gibt es ordentlich Schelte für Deutschland, die gar nicht einmal falsch ist: der elend verschleppte BOS-Funk der Polizei, die grandios verbaselte Suchmaschine Theseus, der Flopp von ELENA, der elektronische Personalausweis, der immer noch mehr Versprechung denn Geek-Kärtchen ist oder so etwas simples wie das Verkehrsystem Ruhrpilot: IT-Müll, wohin man schaut und keine Aussicht, dass es einmal besser werden könnte. Doch halt, die Wired hat das Rezept! Die Rettung sollen Geeks bringen, die in entsetzlich belanglosen Geschichten vorgestellt werden. OK, sie mögen die Fotografie revolutionieren oder gute Gedanken zum Cyberwar haben (aber dabei technisch ahnungslos wie eine Bohne sein): geschenkt. Keiner der aufgeführten Personen würde man zutrauen, die wichtigen Probleme zu lösen, die Wired selbst benennt. Soll jemand vom hochgelobten Soundcloud das Neudesign des BOS-Funks unter Einbeziehung von LTE besorgen? Und warum revolutioniert ein ehemaliger Handelsblatt-Redakteur den Fahrradverkehr in London, statt sich um den Ruhrpiloten zu kümmern? Was nützt die Arbeit an Quantencomputern beim Lohnsteuermeldesystem? Ganz nebenbei steht noch die schönste wirklich geekige Geschichte gar nicht im Blatt, wo sie versümmelt wurde, sondern wunderbar geschrieben im Blog der Autorin. OK, Schokolade wird auch kein versemmeltes IT-Projekt retten, ist aber ein anarchistisches Element.

Was wird.

"Du hast das Handy vergessen, mein Michael
Nun glaubt uns kein Mensch wie schön's hier war(ahaha)
Alles ward nicht aufgezeichnet, bei meiner Seel'
Alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr!"

Nein, Nina Hagen demmlerte nicht, sondern sang "Dieser Zug nimmt keine Control-Freaks mit" auf der Berliner Demonstration Freiheit statt Angst inmitten einer Bewegung, die sich verstetigt hat. Nach Auskunft der Veranstalter waren 5000 Menschen dem Aufruf gefolgt, ein stetig abnehmende Zahl nach den 15.000, die 2007 noch die Wut im Bauch hatten. Ob es nächstes Wochenende in Brüssel bei Freedom not Fear bzw. "Vrijheid in plaats van Angst" mehr Menschen sein werden? Zu wünschen wäre es, auch wenn die Müdigkeit der Szene unübersehbar ist: Es ist nicht besonders attraktiv, dem "Pawlowschen Reflex" der Politiker mit ihrem Kauderbell nach Vorratsdatenspeicherung jedesmal mit dem Geheule vom drohenden Überwachungsstaat zu antworten, weil niemand eine aussagekräftige Überwachungsgesamtrechnung aufstellen kann, genau wie weiter oben zum "Terror-Verdachtsfall" angemerkt. Für alle Berlin und Brüssel-Gegner gibt es noch was, das schneller geht als Herumlatschen in der Sonne: eine wichtige Online-Petition zur Vorratsdatenspeicherung.

Wie bei allen Wochenschauen mit Bezug auf 9/11 dürfen die Fotos von Paul Battaglia nicht fehlen, die der junge Mann von seinem Arbeitsplatz machte. Diesmal finden sie sich im Blick nach vorne, denn in New York wollen die Adbusters den Occupy Wall Street Day begehen. Ein Tahrir-Happening im Geiste der spanischen Acampadas soll im Herzen der Weltfinanz entstehen, mit 20.000 friedvollen Menschen, Zelten und Feldküchen soll es werden. Da zuckt der transatlantische Daumen. Und hey, selbst die Geeks haben eine weltweite Party zur Feier des 1. Releases von Linux: Am Software Freedom Day. Selbst die Waschbrettbäuche von Wired Deutschland sind eingeladen, und könnten sich an ihrem Standort bei der Demonstration für ein Menschenrecht beteiligen, auch wenn sie nach dem abgedruckten "Maßterplan" im ersten Heft die Zeit angeblich auf dem Oktoberfest verbringen wollen.

Quelle : www.heise.de

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #361 am: 18 September, 2011, 00:31 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Was für eine Woche. Nervös klopfe ich auf das Tablett und die Bürger-App öffnet sich. Die wöchentliche Überprüfung des richtig verstandenen Freiheitsbildes und der ökologisch korrekten Lebensführung steht an. Schließlich leben wir in Deutschland, liederumrankt:

Du Land der Arbeit, Land der Pflicht,
Ich reiche Dir die Hand,
Nie leiste ich auf die Verzicht,
Geliebtes Heimatland.

*** Oh, die Bürger-App beruhigt ungemein: Es ist alles im grünen Bereich bei den Balken, wie das Forum bei einem CCC-Geburtstag. Da, der Balken mit den Einnahmen der Woche, ganz wunderbar grün, im Land der Arbeit. Auch die eingegangenen Gesundheitsrisiken können sich sehen lassen: über die Tage eigentlich grün, bis auf diesen Mahnungsblinker zum unmäßigen Rotweingenuss beim Türken. Und Hüpfen ist schlecht für die alten Knochen. Grün dafür die abgegoltenen Arbeitsstunden für die Community, hübsch grün der Balken für den Karbon-Fußabdruck. Ja, das Auto musste mal sein für diese Sendung nach der Energiewende, aber ich habe bei der Strecke via Maut-App auf dem Carphone die besonders hoch tarifierte Ökomautstrecke gewählt, das hat es gerissen. Sehen lassen kann sich auch das Grün bei der wöchentlichen staatsbürgerlichen Gesinnunggewichtung: Hat sich eben doch gelohnt, das Zeichnen der einen ePetition für die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung nach US-Vorbild auf 15 Jahre und die andere für den Ersatz des Personalausweises durch einen Körperchip. OK, das Gelb beim pflichtschuldig zu führenden Emotionshandel mit den Migranten stört, aber das Angebot im Eros-Center war dieser Tage wirklich nicht mein Fall. Immerhin kann der Malus-Stand jederzeit in Frontsexhäusern nachgebessert werden, anders als beim viertelgelben Stern, den die Bürger-App seit Integration der JonJ-Erweiterung beharrlich ausweist. Da heißt es taff sein, und ein Lied muss her:

Halt dem Freund die deutsche Treue,
zeig' dem Feind die deutsche Faust,
die, wird sie herausgefordert,
wuchtig auf ihn niedersaust.

*** Ja, diese wuchtigen deutschen Tatsachen, die haben schon immer überzeugend gewirkt. Nur deutsche Denokraten leben frei, mit ihrem ganz besonderen Freiheitsbild, das flugs ein Urteil über Falschversteher zulässt, die nicht auf Vorrat hin überwacht werden wollen. Da macht es Mut, wenn Freunde aus Tschechien mitsingen wollen bei der allgemeinen Überwachungspfuscherei im Namen der deutschen Verhältnismäßigkeit. Anders ausgedrückt: Heute geht es uns noch verhältnismäßig gut, aber nicht mehr lange. Was ist, wenn andere Regierungen kommen, die all die Hebel und Knebel umsetzen, die vormontiert sind, bis hin zur Einführung der Bürger-App?

*** Gemeinhin sind die von Wikileaks in einem Abwasch herausgehauenen US-Depeschen immer noch für die Aufdeckung von Skandalen gut. Derweil macht Frontmann Julian Assange gerade die Erfahrung, dass seine Garage Sales-Auktion mit eigenem Personenkult weniger einbringt als die Gelder, die die Wau Holland-Stiftung für ihn einsammelt und verwaltet. Währenddessen liefert das redaktionelle Rätsel um die Cables und ihre unzuverlässigen Varianten weiterhin hübsche Lesarten, wann und wo mit welchem Zeitstempel Dateien veröffentlicht wurden. Dabei sind die Depeschen bereits wunderbar historisches Material und liefern beispielsweise Innenansichten einer Partei, die das Dreikönigskabel auf Büttenpapier ausdruckt – und die Wendung Steinemeierd geflissentlich vergisst. Wenn diese kleine Wochenschau im größen wüsten Web lesbar ist, wird in Berlin gewählt. Bei den Gelben soll ein Notfallplan existieren, in dem die bis dato aufrichtigste Politikerin den Schelm ablösen soll. Vielleicht ist es an der Zeit, die US-Depesche 1377 auszudrucken. Mit einer Außenministerin, die dem TFTP-Vorhaben mit einer Datenspeicherung über 15 Jahre ablehnend gegenübersteht, käme Leben in die Außenbude. Ein Lied, zwo, drei:

Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir's
Und das liebste mag's uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

*** Es gibt ein bemerkenswertes kleines Büchlein, in dem die ersten drei Kapitel "Streunen", Furcht und Agresseion" und "Liebe" heißen – und eine luzide Einführung in die Kybernetik anhand kleiner Vehikel sind. Geschrieben hat das Buch Valentino Braitenburg, der leider in diesen Tagenn gestorben ist. Seine Fähigkeiten, die Probleme des Geistes im Geiste zergehen zu lassen, werden vermisst, die einstmals große Schule der Kybernetik schließt ihre Pforten. Wer seine klugen Gedanken und entzückenden Egotrix- und Mnemotrix-Spiele kennt, auch die Ansichten über die Kollegen seiner Zunft, wird versöhnlich seinen Abgang verstehen, wenn absoluter Müll die Nachrichten beherrscht und als Robotik durchgehen darf. Für den Südtiroler Valantino Braitenberg wären die im südtirolischen Losone hergestellte Wackeltiere wohl die richtige Antwort auf diese Nachricht. Fakten, Fakten? Von der 3000 Euro teuren Therapie-Robbe Paro sind 1700 Exemplare hergestellt worden, von denen 200 in Europa eingesetzt sind und 10 in Deutschland. Wie war das noch bei Braitenburg: Liebe entsteht dort, wo Hemmungen zwischen Sensoren und Motoren möglich sind, wo es beruhigenden und entspannnende Reize gibt. Alles andere schlägt um in Agression oder Furcht vor Agression. So tut mir doch nicht so zärtlich, Esel und Eselinnen.

Was wird.

Was um Mitternacht erscheint und keine blutigen Eckzähne hat, ist eine Wochenschau, die noch nichts über die Ereignisse in der New Yorker Wall Street schreiben kann oder über das, was auf der "Wiesn" passiert. Zur Vorschau gehört darum auch ein Fest in Heidenheim, wo Drohnen die Heiden bewachen und Luftaufnahmen liefern, auf dass niemand über die Stränge schlägt. Auf der SWR-Party im Brenzpark soll die Leistungsfähigkeit von AMFIS demonstriert werden, in einem System der intelligenten Videoanalayse, das proaktiv selbsttätig Problemsitautionen erfasst. Das Ganze wäre nicht sonderlich bemerkenswert: Wo freiheitssichernde Drohnen nicht fliegen können, ist keine Freiheit möglich, wusste bekanntlich schon Humboldt über die ungebundenste Freiheit der Fliegerchen zu berichten. Nun hat der Chaos Computer Club eine Beschwerde gegen die Totalüberwachung der feste Feiernden eingereicht, der selbst auf seinem Sommercamp den Drohnenfreunden eine Bühne gab. Ob die große Show der Überwachungstechnik damit gestoppt ist, kann hier noch nicht berichtet werden.

Deutsches Recht und deutsche Freiheit,
ach, was schert uns solcher Tand;
drüber lachen wir, die neuen
Deutschen mit der Eisenhand.
Nein, im Glanze der Kanonen
blühe künftig nur die Welt,
bis All - Deutschland mächtig krachend
einst in Schutt und Trümmer fällt.

Dafür freue ich mich, ein Stück aufgreifen zu können, das aus dem Land stammt, das führend in der Überwachungstechnik ist, das weltweit stolz ist auf die die höchste Zahl an Fußfesselüberwachten (inklusive Julian Assange), auch wenn diese Form der Überwachung komplett zusammenbrach, als die consumeristischen Unruhen ausbrachen. Dort ist das Abschreiben von Preisetiketten im Supermarkt inzwischen ein Problem geworden, bei dem die Security alarmiert wird. Wahrscheinlich hätte ein simples Foto mit dem Smartphone nicht die Aufmerksamkeit der Überwacher auf sich gezogen, denn das Scannen von Barcodes und QR-Codes könnte immer auch Teil einer Werbekampagne sein. Die Lektion? Ob Heißluftballon zum Sommerfest, ob Kamera im Supermarkt: Gesünder und gelassener, ja liebevoller kommt durchs Leben, wer Hemmungen einplant und entspannende Signale gibt. Die anderen sind auch nur Maschinen. Wenn es etwas mehr sein darf, präsentiere ich einen wunderbar verständigen Kollegen das Wetter und einen denkenswerten Satz: "Look for me in the weather reports".

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #362 am: 25 September, 2011, 09:25 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die Woche der Abschaffung des Fleisches hat angefangen, ehe die Woche der Messfehler zu Ende ging. Da jagt ein Neutrino angeblich schneller als das Licht herum und die Piraten kommen in Berlin auf 8,9 Prozent. Beide Ergebnisse sollten nicht sonderlich ernst genommen werden, zumal bemühte Erklärungen vom Stoppen des Autobahnverkehrs im Gran-Sasso-Tunnel zum Lachen reizen: Da bricht das Theoriegebäude der Physik zusammen, aber eine Autobahnsperre ist unzumutbar. Dabei ist die Überlichtgeschwindigkeit für alle bereits bekannt und ordentlich "nachgewiesen". Ähnlich sieht es bei den Piraten aus: das Wahlergebnis entspricht nicht dem messbaren Piratendurchsatz in Berlin, sondern ist gemessen an der hauptstädtischen Raubkopiermörderrate viel zu niedrig. Auch hier gibt es Erklärungen, die zum Lachen reizen: "Fachzeitungen haben im Übrigen den Grünen bescheinigt, dass wir den besten Netzwahlkampf führten", meint Jürgen Trittin im Interview. Messfehler mit Bescheinigungen also auch in der IT-Branche, wahrscheinlich von den Hampelmännern, die in der Einöde des Digital-Marketings leben.

*** Und dann war da noch der Papst mit großen, ernsten Reden zum Naturrecht: "Bereits in jungen Jahren fühlte ich eine unbestimmbare Abneigung gegen den synthetischen Konsens der westlichen Welt. Ich wollte rebellieren, anders sein und die großen Kämpfe der Vergangenheit führen, in denen Rudi Dutschke mit einer Zwanzig-Menschen-Demonstration die Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern schien. Da ich bereits früh Texte im Netz las, aggregierte ich einen stabilen, überzeugten 'Bauchkommunismus', der vom Willen zur Gerechtigkeit geprägt war und vom Vertrauen, dass Menschen Gutes tun, wenn sie Gutes erleben." Oh, hoppla, ein Zitatmessfehler, das ist nicht Benedikt. So beginnt die Rede der amtierenden Päpstin, ihrer Datenschutzheiligkeit, die nach Erkenntnissen einer Zeitung für kluge Köpfe "Internet im Blut" hat.

*** K. Lauer würde hier ganz klar einen Fall von Do-Ping sehen. Spätestens wenn in Le kegelclub die Geschlechterfrage als Strukturkategorie der Diskriminierung diskutiert wird, hört der Spaß auf. Die wichtigsten Werkzeuge der Piraten Twitter, Jabber, Mumble, Piratenpads, Piratenwiki, Foren, Blogs können Frauen doch genauso gut bedienen wie Männer. Und trollen können sie auch. Gerechtigkeit, Transparenz und Breitband, dass ist der Content hinter der Message. Als "Urheber" bin ich natürlich kein Freund unausgegorener Piratenideen, die mich enteignen, freue mich aber, wenn Grüne im allabendlichen TV-Talkgraus gegen die Piratenforderung vom fahrscheinlosen ÖPNV in Berlin kinderreiche Familien anführen, die doch ein Auto bräuchten. Besser kann die Kretschmannisierung der Grünen nicht auf den Punkt gebracht werden. Oder sollte man segeltechnisch besser vom Kentern sprechen?

*** In Reaktion auf den Erfolg der Piraten hat Bundespräsident Wulff eine Grundsatzrede "Demokratie 2.0 - Von der antiken Agora zur Demokratie im Internetzeitalter" angekündigt, die am 20. Oktober einen weiteren Ruck durch die Republik schicken soll in dieser ruckreichen Zeit. Schließlich hat unser Bundespräsident mit seiner Timeline im Internet so etwas wie eine Vorbildfunktion. Jemand, der mit seinen Kindern die Raupe Nimmersatt im Netz anschaut, will sicher, dass sie einmal richtig gute Piraten werden in der liquiden Demokratie der Zukunft. Bekanntermaßen war das Original von Eric Carle das Lieblingsbuch des US-Präsidenten George W. Bush, das ihn beim "Heranwachsen" maßgeblich beeinflusst haben soll.

*** Auf seine Art wächst auch Facebook heran, das sich zu einem Lebenslog entwickelt, in dem alles frisch und frei verwoben werden kann. Selbst ein Todesfall ist mit einem einfachen Klick erledigt und braucht nicht mehr zusammengestellt werden. Ja, Robin Meyer-Lucht ist tot, der kluge Kopf hinter dem 1-Mann-Think-Tank Berlin Institute, der unter dem Wissensdenker Peter Glotz an der Universität St.Gallen den Wandel der Medien verfolgte und die Schlacht Online gegen Print kommentierte. Immerhin konnte Robin noch das iPad erleben, dass er als Berater vorhergesagt hatte und damit in vielen Redaktionen auf blankes Unverständnis stieß. Aus dem von Glotz so fortschrittlich angelegten Medieninstitut in St. Gallen ist eine Institution geworden, in der Unken den Ton angeben, die laufend vor dem Internet warnen. Eine schmerzliche Erfahrung mehr.

*** Auch der Tod des deutschen Nobelpreisträgers Rudolf Mößbauer ist weder ein Übertragungs- noch ein Messfehler. Als junger Mann bekam er für eine "ganz einfache Entdeckung" den Nobelpreis, ehe er sich den komplizierten Neutrinos zuwandte. Vom amerikanischen Universitätssystem beeinflusst, gehörte Mößbauer zu denen, die frühzeitig (vergeblich) einen Strukturwandel der deutschen Universität forderten. Zur deutschen Bildungsbaustelle von heute fand er nicht druckreife Worte.

*** Was Facebook anbelangt, so sollte man nicht unbedingt von der Hölle sprechen. Es wird – der Papst hat es gerade betont – auch einen Himmel geben, in dem die Daten verschwinden können in der Wolke. Verschwinden im Sinne von hin und weg, weil niemand seine Lebensleine aufzeichnen wird. Wenn eines Tages die Rechenzentren beim Big One in Kalifornien ins Meer gespült werden und die große Rekonstruktion beginnt. Vielleicht sind dann nur Freunde übrig geblieben, deren Vornamen mit K anfängt oder von allen Fotos nur das Blau der Ferienhimmel, von Videos die rechte Tonspur. Vielleicht werden wir noch von allen Wörtern, die mit anl, ano oder ant anfangen, wissen, in welchem Jahr sie an welcher Stelle in einem Buch veröffentlicht wurden. Aber nicht in welchem.

Was wird.

Es ist ein ziemlich unscheinbares Datum, doch es ist noch gespeichert und einen Hinweis wert: am Donnerstag vor 100 Jahren begann der italienisch-türkische Krieg, in dem viele Neuerungen des modernen Krieges erstmals eingesetzt wurden. Libyen wurde zum Testfeld eines mörderischen Italiens, dass den Topos "Volk ohne Raum" als Rechtfertigung für üble Verbrechen benutzte: der erste Bombenabwurf, der Einsatz von Giftgas, die Einrichtung von Konzentrationslagern zur Ausrottung der Einheimischen und ein ständiger Terror gegen die Zivilbevölkerung, die umstandslos getötet wurde, sobald sich der geringste Verdacht auf Widerstand regte. Was in Libyen ausprobiert wurde, perfektionierten die deutschen Nationalsozialisten. Auch die Fatwa, die alle Muslime zum Widerstand gegen den Westen auffordert, hat ihren Ursprung im tripolitanischen Völkermord. Selbst das umfangreiche Überwachungsnetzwerk, das Gaddafi mit Hilfe südafrikanischer und französischer Firmen eingerichtet hat, kann auf italienische Wurzeln zurückblicken. Noch eine augenfällige Konstante ist das Ausprobieren neuer Technik. Bekanntlich wird die französische Firma Amesys, eine unter dem Namen i2e gestartete Tochter des Bull-Konzerns beschuldigt, einen Allrad-Mercedes an Gaddafi geliefert zu haben, der nicht geortet werden kann. Auch wenn Amesys die Vorwürfe bestreitet, so gibt dieses nette Antiterror-Video einen Eindruck von der Technik, die Gaddafi beschützt. Das Ganze ist natürlich überwachungstechnisch ausbaufähig. Auch nett: Die südafrikanische Firma VAStech, die ihr Überwachungssystem Zebra in Staaten verkauft, die nicht das Geld haben, eine teure Lösung wie die von SS8 zu kaufen, startete als Zulieferer von Siemens.

Eine einzige, kleine, kurze E-Mail, eine Wutmail hat genügt, um den Anwärter auf den Posten des obersten Terroristenjägers in Deutschland zum Auswärter zu machen. Die persönlich gemeinte Wutmail brauchte nicht einmal 10 Minuten, um zu den Medien zu gelangen. Schon wird der Vorfall um den FDP-Mann Schmalzl zum Anlass genommen, das Geträller über den rechtsfreien Raum im Internet auf volle Lautstärke zu drehen. Einfacher wäre die Erkenntnis, das eine solche Wutmail auch in einer Kleinstbehörde nicht unverschlüsselt gesendet werden darf. Jetzt muss die FDP-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger in den nächsten Tagen erst recht eine Person suchen, die in der Nachfolge von Monika Harms der ungezügelten Überwachungslust entgegentritt.

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« Antwort #363 am: 02 Oktober, 2011, 00:06 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Der goldene Oktober ist da, die Eichen lassen Eicheln regnen und so knirscht es gruselig knackend bei jedem Schritt. Auf dem Bauernmarkt wird der größte Kürbis gewogen, auf dem Buchmarkt der größte Unsinn. Bekanntlich steht die Buchmesse vor der Tür, auf der das Lesefutter für die neuesten Kindle vorgestellt wird. Knackend werden die Knochen der letzen Autoren und Urheber zusammengefegt und das sagenhafte Island gefeiert. Dort, wo nach den Klagen der Assange-Groupies die isländische Parlamentarierin Birgitta Jonsdottir Assanges Geistes Kind IMMI gestohlen haben soll. Wie schade doch, das aus diesem "Kind" des großen Anderen ein real existierendes Gesetz für transparente Bürgerinformation entsteht, während Assange von Schattenregierungen schwafelt und überall Verschwörungen gegen seine Person wittert.

*** Stehlen und stehlen lassen, dieses uralte Gesetz der Raubdrucker und Plagiatoren, die edle Tat der skriptographischen Gemeinde, die Texte gemeinfrei macht, und die Frage, was Texte und ihre Autoren so treiben, sollen den Schwerpunkt dieser kleinen Wochenschau bilden. "Pro captu lectoris habent sua fata libelli" – Büchlein haben so ihre Schicksale, und das Verständnis des Lesers ist dabei noch das kleinste Problem. Wer die unautorisierte Autobiographie von Julian Assange aufschlägt, findet statt des üblichen Copyright-Vermerkes den Satz "The moral right of the author has been asserted". Das Buch hat keinen Urheber, aber das moralische Recht des Erzählers Assange, der das Buch ablehnt, ist gewahrt. Dabei hat, wer dieses endlos lange Statement herunterscrollt, Assange öffentlich zugegeben, gegen einen Gefälligkeitsaufschlag von 225.000 Pfund das Buch abzunicken, wenn weitere 175.000 zum Verkaufsstaat der Autobiographie gezahlt werden. All memoir is prostitution, und um Preise vor dem prokataleptischen Akt zu feilschen, gehört dazu: Für die Vibrationen am Knöchel muss es einen Aufpreis geben.

*** Was hat der Buchmarkt sonst zu bieten außer der Erzählung eines Australiers, der beim Anblick eines C64 seinen Lebensinhalt findet und die größte Nerd Attack aller Zeiten startet? Wir warten auf den Wurf des haartechnisch wie generationsmäßig mit Assange konkurrierenden Ex-Minister zu Guttenberg, der am Center for Strategic & International Studies Nachfolger des "Distinguished Statesman" Ehud Barak geworden ist. Als angesehener Staatsmann wird KT/.../zG eine transatlantische Dialoginitiative leiten, die ihm hoffentlich Zeit zum Schreiben lässt. Dann klappt es auch wieder mit der Buchmesse. Auch von der FDP-Frontfrau Silvana Koch-Merin wird ein neues Buch erwartet, hat sie sich doch weitgehend von der Arbeit für Europa verabschiedet. Immerhin ist schon der Titel ihres neuen Werkes bekannt: Facepalm – Arbeit muss sich wieder lohnen.

*** In einer bekloppten Fernsehshow namens Schlag den Raab gewann der Bielefelder Polizist Gil Kwamo-Kamdem mit Hilfe von Voodoo 1,5 Millionen Euro. Das Geld sollte reichen, im kamerunischen Heimatdorf des Polizisten einen Solar-Generator zu installieren, in einem Haus gebaut, vor dem ein Wachmann steht. Nun stammt Kwamo-Kamdem zwar aus Kamerun, ist aber deutscher Polizist und arbeitet derzeit an seiner Dissertation. Seine zuvor abgelegte Diplomarbeit ist schwer umstritten, der Streit um sie ist mindestens so bekloppt wie die Fernsehshow: Da prallt die Bielefelder Blöße (PDF-Datei) auf die Duisburger Blöße (PDF-Datei) und es wird ordentlich gehobelt. Ein Gutachter, der sich weigert, eine PDF-Datei zu lesen, weil sie ihm nicht vorschriftsmäßig auf CD übermittelt wurde, ist noch der kleinste Witz. Dabei sind sich alle Beteiligten darin einig, dass die wissenschaftliche Arbeit des Polizisten von "minderer Qualität" ist, offenbar geschrieben für die Raabs dieser Welt. Nicht von Plagiaten, aber von fiesen Kollaborationen ist da die Rede und geklagt wird, dass die Polizei Nordrhein-Westfalen als Dienstherr des Polizisten die Veröffentlichung der Arbeit nicht verhindert hat, "obwohl in ihr die polizeiliche Arbeit als nicht rechtsstaatskonform dargestellt wird". Dieser verklemmte Kommentar zur Freiheit der Forschung samt Appell an den Dienstherren ist beste Untertan-Manier. Dabei beschreibt Kwamo-Kamdem in minderer Qualität den Polizeialltag: Im Zweifelsfall wird auf Gewalt statt auf Dialog gesetzt. Kunden, die dieses Buch gelesen haben, suchen Bücher, die Fleischessen nicht verurteilen.

*** Eine Veröffentlichung zur Internetsucht hat in dieser Woche für Aufregung gesorgt. Wobei Internetsucht natürlich ein Wort minderer Qualität ist: Der "pathologische Internetgebrauch" (PDF-Datei) trifft die Sache schon viel besser. Wobei wie in allen patho-Logien die Frage nach dem gesunden Gegenteil wichtig ist. Denn die Antworten sind ohne zeitliche Einordnung ziemlich beliebig. Im Jahre 1998, als Internet-Flatrates noch die große Ausnahme waren, definierte Kimberly S. Young in ihrem Buch "Caught in the Net", dass bei vier Stunden Surfen im Internet die Grenze ist, wo eine Sucht diagnostiziert werden kann. Zur Diagnose der Sucht benutzte sie den Indikator, wie viele ftp-Befehle ihre kranken Klienten beherrschten. Die Radikalkur hin zur gesunden Internetnutzung begann mit dem Trainieren von Befehlen bye, exit, hangup, log off, logout, quit und ctrl-c. Heute terminiert der letzte Befehl keine Anwendung, sondern ist die Aufforderung zum Kaudern, einer sehr gutmütigen Haltung, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Verlangen nach demeritorischen Gütern zu tun hat, um es wissenschaftlich zu sagen. Unsere Forums-Nutzer finden es zum Erdichten komisch.

*** Wir bleiben bei den guten Büchern und dem scheußlichen Internet: Heute vor 100 Jahren wurde Jack Finney geboren, ein produktiver Science Fiction-Autor. Im Jahre 1955 schrieb er ein Werk, das Facebook vorwegnahm. Damals wurde der Roman über die Body Snatcher, die Körperfresser als Anspielung auf die kommunistische Unterwanderung verstanden und der aus dem Buch resultierende Film am Schluss entsprechend zensiert, weil das hysterische Gestammel: "They're here already! You're next! You're next!" doch zu unamerikanisch, gewissermaßen pathologisch klang. Heute wissen wir die Symptome der kalten gefühllosen Menschen zu deuten, die nach dem Gefressenwerden nur fünf Jahre leben konnten: Sie sind auf Facebook und laichen in ihre Lifeline. Und noch die Untoten lachen kollernd.

Was wird.

"Deutschland ist so liberal, dass es von einer kinderlosen Ehefrau in zweiter Ehe, einem Rollstuhlfahrer, einem bekennenden Schwulen und einem vietnamesischen Bootsflüchtling regiert wird", heißt es in der tageszeitung in einer Lobeshymne zum 21. Tag der deutschen Einheit, der diesmal unter dem Motto "Freiheit, Einheit, Freude" begangen wird. Stolz stehen wir bei unserer Fahne, und wehe, wenn sie Luftlöcher hat oder als schlappe beschnittene Hissflagge aus diesem unserem Land einen Verkaufsstand für Eis und Getränke macht. Dazu wird bittschön, wie erwähnt, ein Deutschlandlied so laut gesungen, dass den vielen Lauschangreifern die Ohren schlackern. Dazu gibt es Ouzo im Werte von 211 Milliarden Euro und dann, wenn diese deutscheuropäische Rettungs-Seilbahn zusammengebrochen ist, wird getanzt.

Kaum sind die Feiern zum 100. Geburtstag bei IBM vorbei, da gibt es wieder Grund zum Feiern: Zum ersten Mal nach 1996 ist die Firma beim Börsenwert wieder an Microsoft vorbeigezogen. Man liegt zwar hinter Apple, aber das ist nicht weiter wichtig: Auf lange Sicht ist IBM weiter, da weder vom PC noch von einem Tablet oder gar einem Telefon abhängig. Feste Trottel gibt es ja genug in der Branche. Auch Apple wird noch seinen Nokia-Moment erleben, dessen Kehrseite sich in Rumänien zeigt, das gebochumt wird. Für alle genannten Firmen gilt: In Zukunft gewinnt, wer die besseren Schichtarbeiter hat. Weswegen diese kleine Wochenschau in der Nacht dann startet, wenn ein Buch zu schwer in der Hand, das Kindle unlesbar ist und der Wein die falsche Temperatur hat.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #364 am: 09 Oktober, 2011, 00:17 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich – und diesmal eine besondere Rück- und Vorschau, aus besonderen Anlass.

Was Jobs war.

*** Ja, der Bundestrojaner ist ein Miststück von Software, das in jeder Hinsicht das vom Bundesverfassungericht postulierte Computer-Grundrecht verletzt. Aber darum geht es heute nicht. Und nein, Bob Dylan hat es nicht geschafft. "Ich kann dich nicht mehr spüren, kann nicht mal mehr die Bücher anfassen, die du gelesen hast," ist eine andere Lyrik, preisunverdächtig. Immerhin ging Abba leer aus, als ein alter Schwede gewann. Aber darum geht es heute auch nicht.

One of my role models is Bob Dylan. As I grew up, I learned the lyrics to all his songs and watched him never stand still. If you look at the artists, if they get really good, it always occurs to them at some point that they can do this one thing for the rest of their lives, and they can be really successful to the outside world. (Steve Jobs, 1997)

*** Der Buddhist Steve Jobs hat eine weitere Phase seines Lebens gemeistert. Sein Weg ist für uns nicht mehr verfolgbar, ob es ein engelsgleicher Deva mit Flügeln seine Güte aufnimmt, weiß nur Franz-Josef Wagner. Man muss den Wanderungen eines großen Geistes keinen weiteren dieser von Fehlern strotzenden Nachrufe hinterherschicken, die Jobs verklären. Auch die Freude eines Richard Stallman über das Ende seines Einflusses bei Apple hat eine schäbige Note und ist von einer Kleinkariertheit, die Freie Software nicht nötig haben sollte. Ob damit die FSF am Ende ist, ist freilich eine andere Frage. Ein guter Freiheits-Freund hat es weit besser auf den Punkt gebracht: Wir alle haben die Freiheit, unser Bestes zu geben oder auch nicht.

When I went to school, it was right after the Sixties and before this general wave of practical purposefulness had set in. Now students aren’t even thinking in idealistic terms, or at least nowhere near as much. They certainly are not letting any of the philosophical issues of the day take up too much of their time as they study their business majors. The idealistic wind of the Sixties was still at our backs, though, and most of the people I know who are my age have that ingrained in them forever. /../ That was a time when every college student in this country read Be Here Now and Diet for a Small Planet??there were about ten books. You’d be hard pressed to find those books on too many college campuses today. I’m not saying it’s better or worse; it’s just different??very different. In Search of Excellence [the book about business practices] has taken the place of Be Here Now. (Steve Jobs, 1985)

*** Neben dem Whole Earth Catalogue und seiner auf der Rückseite gedruckten Mahnung "Stay hungry, stay foolish" war das Buch Be Here Now (Sei hier jetzt) die prägendste Erfahrung für Steve Jobs. Unter seinem Eindruck kauften er und Dan Kottke Flugtickets nach Indien, um ihre eigene Baba-Experience, ihre Erleuchtung zu erleben. Anstelle des Babas erlebten sie einen Betrüger, einen homosexuellen Baba-Imitator. Der eigentliche Kulturschock traf die Reisenden erst nach ihrer Rückkehr in Amerika: Sie bemerkten, dass die 60er vorbei waren.

As it was clear that the Sixties were over, it was also clear that a lot of the people who had gone through the Sixties ended up not really accomplishing what they set out to accomplish, and because they had thrown their discipline to the wind, they didn’t have much to fall back on. Many of my friends have ended up ingrained with the idealism of that period but also with a certain practicality, a cautiousness about ending up working behind the counter in a natural??food store when they are 45, which is what they saw happen to some of their older friends. It’s not that that is bad in and of itself, but it’s bad if that’s not what you really wanted to do. (Steve Jobs, 1985)

*** Es ist nicht das Schlechteste, hinter dem Tresen in einem Bioladen zu stehen, wenn man dies wirklich möchte. Es ist das Schlimmste, wenn man seine Träume begraben hat, die Disziplin nicht hatte und dem idiotischen Wind der Zeiten nachgegeben hatte. Steve Jobs war ambitioniert und fand das Mittelmäßige schrecklich, die Selbstbeschränkung im Juste-Milieu die Hölle. Seine Ambition, das Herumgehen als Bittsteller zu den Ingenieuren und Designern, das Beste auch sich Herauszuholen, machte ihn zu einem Unbequemen.

Come writers and critics who prophesize with your pens And keep your eyes wide the chance won't come again And don speak too soon for the wheel's still in spin And there's no tellin' who that it's namin' For the loser now will later to win For the times they are a-changin' (Bob Dylan, 1963)

*** Mit diesen Zeilen, in dieser Form von Steve Jobs aufgeschrieben, sollte nach seinen Vorstellungen der Apple Macintosh eingeführt werden, als Produktionstool für die neue Klasse der "Knowledge Worker", wie es Apples Werbetexter und Drucker-Fan Mike Murray formulierte. Doch was dann 1983 auf einer Konferenz für Apple-Verkäufer im Sheraton Waikiki nach einer umgedichteten Version von Flashdance (We are Apple, Leading the Way, We are Apple, And we're making a better new day!) von Jobs präsentiert wurde, war der Hammer schlechthin und präsentierte Apple als die einzige Hoffnung, die Freiheit der Computerhändler gegen IBM zu verteidigen.

*** Wer die IT-Geschichte kennt oder alternativ diesen Blick auf die erste Serie fehlerhafter Nachrufe geworfen hat, weiß um den Rausschmiss von Jobs bei Apple, nachdem dieser den Pepsi-Manager John Sculley an Board geholt hatte, angeblich mit den Worten: "Do you want to spend the rest of your life selling sugared water or do you want a chance to change the world?" Sculley wollte weiter Zuckerwasser verkaufen, entsprechend war das Management: Die Pläne von Jobs und Fred Smith von Federal Express, den Mac direkt auszuliefern, mit Mac-Fabriken mit eigener Landebahn, auf der jeden Mittag eine 747 eintrudelte, um die bestellten Rechner direkt in das Verteilzentrum nach Memphis zu fliegen, fand Sculley alarmierend. Er wollte den Frito-Lay-Weg gehen, die mit ihren Kartoffel-Chips die dominierende Marke in den Regalen der Supermärkte waren. Nicht einmal zwei Wochen brauchte Frito-Lay, um einen neuen Chip-Geschmack zu produzieren, zu testen und in der ganzen USA zu verteilen. Unter Sculley gab es bald bis zu 19 verschiedene Apple-Rechner im Angebot. Apple verzettelte sich.

*** Bekanntlich wurde Jobs zurückgeholt, als Special Advisor, komplettiert mit dem Kauf von Next. Das Leben im Reality Distortion Field ging weiter, und es war schön:

It was like the first adult love of your life, something that is always special to you, no matter how it turns out. /../ 'Joining Apple fulfills the spiritual reasons for starting Next. (Steve Jobs, 1997 im Interview)

*** Die Rückkehr hatte ihre Vorteile wie Schattenseiten. Steve Jobs vernichtete den Newton, der eine Herzensangelegenheit von John Sculley gewesen war. Gleichzeitig bildete die Newton-Technik, die Anteile an der ARM-Entwicklung und das Knowhow zum Stromsparen das Fundament, das Apple zum iPhone ausbauen konnte, dem erklärten nächsten Wurf von Steve Jobs. Als Jobs Apple 1985 verlassen musste, hatte er gerade Gespräche mit AT&T geführt, wie ein Mac mit einem Telefon so integriert werden konnte, dass das Telefon und nicht der Mac überflüssig wird. Die alte Idee wurde von einem kreativen Team neu belebt, während Jobs für schick designte Sachen wie den iMac Lob einfuhr, die lange vor seinem Wiedereinstieg entwickelt worden waren. Das Lob nutzte er weidlich, um gar nicht zimperlich auf ungeliebte unkreative Konkurrenten loszugehen, wofür ihm heute noch die Computerwelt dankbar ist. Der Kaiser ist nackt, das klang in Jobs' Version so:

The only problem with Microsoft is they just have no taste, they have absolutely no taste, and what that means is - I don't mean that in a small way I mean that in a big way. In the sense that they they don't think of original ideas and they don't bring much culture into their product ehm and you say why is that important - well you know proportionally spaced fonts come from type setting and beautiful books, that's where one gets the idea - if it weren't for the Mac they would never have that in their products and ehm so I guess I am saddened, not by Microsoft's success - I have no problem with their success, they've earned their success for the most part. I have a problem with the fact that they just make really third rate products. (Steve Jobs 1996 in Triumph of the Nerds)

*** Microsoft hat ähnlich wie Google und Samsung diesmal stilsicher reagiert und die Fahnen auf Halbmast gesetzt. Bill Gates mag etwas kurz angebunden klingen, weil eine jüngst erlittene Niederlage sein Anliegen torpedierte: Steve Jobs weigerte sich bis zum Schluss, der Menschheit Gutes im Stil von Gates und Buffet zu tun. Entsprechend knallig fallen nun die Meldungen aus, während sich die Wissenschaft über die von Jobs propagierte Alternativmedizin einen hübschen Infight liefert.

Was Jobs wird.

No one wants to die. Even people who want to go to heaven don’t want to die to get there. And yet death is the destination we all share. No one has ever escaped it. And that is as it should be, because Death is very likely the single best invention of Life. It is Life’s change agent. It clears out the old to make way for the new. Right now the new is you, but someday not too long from now, you will gradually become the old and be cleared away. Sorry to be so dramatic, but it is quite true. (Steve Jobs 2005 in Stanford)

Jeder Tod macht Platz für Neues: "Unser Tod ist der letzte Service, den wir der Welt leisten können: würden wir nicht aus dem Weg gehen, würden die uns folgenden Generationen die menschliche Kultur nicht wieder frisch erstellen müssen." Ist es bemerkenswert, dass der Gedanke des Buddhisten Steve Jobs dem des Juden Joe Weizenbaum ähnelt oder ist es der allfällige Normaltrost, den alle Religionen und selbst die Atheismen bereithalten? Philosophen werden sich an dieser Stelle fragen, warum die großartigste Antwort vom großen Samsara aus dem durch und durch säkularisierten China kommt, dass eigentlich jeden Lama bekämpft und nur die kommende Wiedergeburt des Dalai Lama fördert. In China geht es um die ewigen Wiederkehr des Apfels. Eva, Newton, Jobs, es wird nicht der letzte Apfel der Menschheit sein:

There are only three apples in the world, one with Eve, one with Newton, and the last one with Jobs

Das letzte Wort aber gehört hier dem großartigen Stephen Fry:

If the unprecedented and phenomenal success of Steve Jobs at Apple proves anything it is that those commentators and tech-bloggers and "experts" who sneered at him for producing sleek, shiny, well-designed products or who denigrated the man because he was not an inventor or originator of technology himself missed the point in such a fantastically stupid way that any employer would surely question the purpose of having such people on their payroll, writing for their magazines or indeed making any decisions on which lives, destinies or fortunes depended.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #365 am: 16 Oktober, 2011, 07:35 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Zeit seines Lebens war Dennis M. Ritchie ein bescheidener Mann, der es hasste, wenn über seine Person ein großes Aufheben gemacht wurde. Auf Usenix und anderen Konferenzen tauschte er gerne die Namensschilder mit anderen, um "vernünftige Diskussionen" führen zu können. Mitunter lief dmr mit einer Mickeymouse-Kappe herum. Ein Wissenschaftler, der so doof aussieht, wird nicht belästigt, war das Kalkül. Nun ist Dennis Ritchie tot. Wenn überhaupt ein Vergleich mit Steve Jobs zulässig ist, der die letzte Wochenschau dominierte, dann der: Steve Jobs starb an Krebs im Kreise seiner Familie, Dennis Ritchie starb allein, er wurde tot in seinem Haus aufgefunden. Ob es der Krebs war, gegen den er über Jahre kämpfte oder ein kürzlich aufgetretenes Herzleiden, musste ein Pathologe klären. In einem Interview äußerte Ritchie Sympathien für die Bewegung, die sich für freie Software einsetzte, nannte aber die spaßeshalber eingerichtete "Church of Emacs" eine gotteslästerliche Sache. Er gehörte zu den Petenten, die erst AT&T, dann Novell und schließlich sogar SCO bestürmten, Lions Buch zu veröffentlichen, das Standard-Werk des Computer-Samisdat, von dem einstmals Fotokopien in 15. Generation existierten. Ritchies Kommentar in sched.c, Zeile 2238 /* You are not expected to understand this */ hat Geschichte gemacht. "Wir in der Forschungsabteilung verloren den Kampf", erzählte Dennis Ritchie über die Versuche seiner Abteilung, die Anwälte davon zu überzeugen, nicht gegen das Buch vorzugehen. Selbst 25 Jahre später, als SCO die Rechte an den Quellen besaß, konnte das Nein der Anwälte nur durch einen Trick verhindert werden, den sich Ritchie und Peter Salus ausdachten. Sie ließen den hochrangigen SCO-Manager Mike Tilson einen "grant of permission" unterschreiben, der eigentlich nur ein Entwurf sein sollte.

*** Generationen von Unix-Adepten lernten die Schönheit des Codes von Dennis Ritchie und Ken Thompson kennen, dazu Lions ermutigende Kommentare für Studenten, die zunächst verzweifelten. Ähnliches gilt für die Programmiersprache C und die die Einführung von Kernighan, den Heise-Foristen gerührt streichelten, als die Nachricht von Ritchies Tod online ging. "Vor dem Gott der Algorithmen und Codes sind wir ja fast alle gleich – und das heißt gleich dumm", heißt es im Freitag über die große Erzählung vom Funktionieren der Gesellschaft in einem Artikel, der wurschtig zur Piratenpartei abbiegt. Die Rede von Gott ist mehr als eine Leerstelle. "Dummheit ist ein grausamer, globaler Gott": Mit diesem Spruch der Hacker eines Servers des Davoser Weltwirtschaftsforum begann der auszugsweise Abdruck des Codes eines Staatstrojaners in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung im Stil einer früheren Veröffentlichung, als das Feuilleton mit dem menschlichen Gencode vollgedruckt wurde. Nach der Würdigung einer historischen Geistesleistung nun also ein Programm, das Dumme nicht lesen können. Unter dem seltsamen Titel Anatomie eines digitalen Ungeziefers veröffentlichte der Sprecher des Chaos Computer Clubs eine Analyse des Codes, komplett mit einer völlig nutzlosen "Leseanleitung" für Dumme, da anstelle eines durchaus lesbareren Assembler-Codes auf Großdruck gesetzt wurde.

*** Verfasst war das Ganze also von den Klugen, für die der Gott der Algorithmen eh eine Funktion der Buddyliste ist. Die Hacker vom CCC arbeiteten sich an einer durchaus mittelmäßigen Wanzensoftware ab, die sie 0zapftis tauften. Man kann sich vorstellen, wie da beim Klirren der Mateflaschen gekichert wurde, als AES-Schlüssel gefunden wurde, der in all den Wanzen, die auf "diversen Festplatten in den berühmten braunen Umschlägen anonym beim Chaos Computer Club" eintrudelten, gleich sein soll. Oder als die Funktion entdeckt wurde, über die der Upload weiterer Programme oder Dateien auf den infizierten Computer gestartet wird. Doch wo ein Staatstrojaner analysiert wird, müssen sich Bürger in angemessener Haltung nähern. Entsprechend kichert man nicht, sondern "stellt entsetzt fest" und findet keine Schlamperei, sondern gleich die "schockierendste Funktion" – die Nachladefunktion, die den Trojaner an die normalen Updates auf dem Zielcomputer anpasst. Auch in der den Hack begleitenden Erklärung wird "inständig gehofft", dass dieser Fall nicht repräsentativ ist für die Qualitätssicherung der Bundesbehörden, damit nicht etwa mäßig begabte Anwender das machen, was Dumme und Kluge befürchten, wenn sie: "sich den Behörden gegenüber als eine bestimmte Instanz des Trojaners ausgeben und gefälschte Daten abliefern. Es ist sogar ein Angriff auf die behördliche Infrastruktur denkbar. Von einem entsprechenden Penetrationstest hat der CCC bisher abgesehen".

*** Warum eigentlich nicht? Ein solcher Pemetrationstest, der nach den Regularien der Hackerethik stante pede zugegeben wird, hätte im Falle eines Erfolges eine viel verstörendere Wirkung als die Publikation des Staatstrojaners. Der Staat, der sein eigenes Ungeziefer fressen muss, der zurückgelieferte "Beweise" gar in juristische Verfahren einbringt, müsste sich besonders schnell von dem wackeligen Konstrukt einer Quellen-Telekommunikationsüberwachung verabschieden und es wie unsere Nachbarn machen und die von Skype zur Verfügung gestellte Backdoor nutzen. Von solchen Hacks ist man beim CCC weit entfernt, weil Nerds einen Bildungsauftrag haben und die Aufteilung in Täter und Opfer den klugen Nerds entgegenkommt. Man muss nur den unverholenen Ärger über die Piraten lesen, die nicht medienwirksam wie Peter Altmeier natürlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein religiöses Erweckungserlebnis ausbreiten und vom "neuen Leben" schwafeln, dass der Gott des Netzes per Twitter ermöglicht hat. Die schmierige Komödie der "digitalen Bürgeransprache" müssen offenbar andere dekodieren, wenn Piraten vor dem Hafen kreuzen. Ja, ja, so wird das nix, wenn man nicht der parlamentarische Arm der Netzbewegung werden will, sondern durchaus einen eigenen Kurs segelt.

*** Hier die staatlichen Täter oder mindestens Mieter einer mittelmäßigen Software, dort die armen, armen Opfer – und dazwischen die, die mühelos den Code vom Gott des Algorithmus lesen und selbst sorgsam versteckte Funktionen wie CreateProcessA finden. Dazu die Kulturkritik, die Source-Code mit dem Code der Gesellschaft gleichsetzt, der Freiheit ermöglicht oder vermichtet. Da bleiben die Dummen übrig und leben im "neuen Analphabetismus der Freiheit", erschrocken die Maus schubsend oder halt das iPad umklammernd und flüsternd fragend: "Siri, werde ich überwacht?" Solange es Gut und Böse gibt, solamge es Täter und Opfer und Wissende gibt, ist die große Erzählung nur Kafka reloaded, doch wenn man in den unzeitgemäßen Kategorien von Herr und Knecht nachdenkt, dann sieht es anders aus. Vielleicht ist der CCC schon die allseits geforderte Bundesbehörde, die das ordnungsgemäße Funktionieren von Trojanern überwacht? Man sollte wieder mal Brecht lesen.

*** Die Dramaturgie um das von einem Rechtsanwalt als Bayerntrojaner enttarnte Programm zeigt, dass der Code ganz und gar nicht anonym den CCC erreichte. Sie zeigt auch, dass die eingesetzte Software mehr konnte als angeordnet: Vom 2. April bis zum 2. Juli 2009 wurde vom Gericht eine Skype- und HTTPS-Überwachung angeordnet (PDF-Datei). "Mit umfasst von dieser Anordnung ist auch die Direktanwahl der Mailbox und der technischen Schaltung," heißt es in einem mit Laser gedruckten und mit Tippex bearbeiteten Schreiben. "Das Telekommunikations-Ausleitungs-Tool wird verdeckt eingebracht und leitet noch unverschlüsselte Daten an die Ermittlungsbehörden aus, sobald die Verbindung aktiv wird. Weitere Daten werden damit auf dem Computer weder gesichtet noch ausgeleitet. Das ist auch ausdrücklich untersagt." Von Bildschirmfotos ist in der Anordnung nicht die Rede. Angeblich sollen 60.000 Application-Shots angefertigt worden sein. Von daher zeigt die gerichtlich festgestellte Rechtswidrigkeit der Aktion (PDF-Datei), dass das ach so perfide Justizsystem weit besser funktioniert als etwa die Politik, die ziemlich haarsträubenden Unsinn über den Einsatz von Trojanern verbreitet. Der Algorithmus, nach dem ein Uhl oder ein Schünemann funktioniert, sollte beizeiten auch einmal entschlüsselt werden.

Was wird.

Steve Jobs ist tot, aber anders als Dennis Ritchie hat er das Zeug, ein Gott zu werden, ein Heiliger der letzten Tage des Kapitalismus, der uns Lustmaschinen beschert hat. Im Apple-Lager ist der Gott des Algorithmus und der Codes einer, vor dem wir eben nicht gleich (dumm) sind, sondern der, der uns auserwählt: Seine Heiligsprechung "sagt etwas aus über den Zustand der Gesellschaften, in denen der Besitz eines Apple-Gerätes oft schon den einer Persönlichkeit ersetzt und in der großen Erzählung von Kapitalismus und Fortschritt nur eine solche Popstar- und Sektenvariante bleiben kann."

Wer nicht an Wesen höherer Ordnung glauben will, hat auch in dieser Welt Platz, Zeit und Raum, sich einzumischen in die Algorithmen. Mehrfach wurde in dieser kleinen Wochenschau auf den Occupy Wallstreet Day hingewiesen. Inzwischen hat die Protestwelle alle Kontinente erfasst und schwappte auch bei uns in Berlin, Hamburg, Hannover, Frankfurt, und München. "Stoppt die Gier" soll 40.000 Demonstranten animiert haben, ein menschengerechtes Leben ohne Herrschaft der Put- und Sell-Algorithmen eimzufordern. Ermutigende Signale allemal von Menschen, denen ein "Occupy your Brain" nicht fremd ist. Ermutigend, dass es weitergeht. Weiter geht es auch im Engagement gegen unmäßige Datenberge wie denen bei der von den USA gewünschten Fluggastdatenspeicherung. Morgen beginnt eine europäische Aktionswoche, die in Deutschland unter dem durchaus befremdlichen Slogan "Wer mit wem schlief" läuft. Wo doch jeder weiß, dass in der Luft gearbeitet wird, wenn diese laufend eingreifenden Algorithmen schweigen müssen.

Ach ja. Und Internet-Enquete ist wieder. Nach langer Pause soll es jetzt zur Sache gehen. Zum Beispiel bei der Netzneutralität. Was sich aber geändert haben soll zur Situation in der Internet-Enquete vor der langen Pause, das stellt nicht nur manch in die Enquete berufener Sachverständige in Frage. Wir dürfen gespannt sein, mit welchen Tricks aus der parlamentarischen Verfahrensfolterkammer die Politprofis den Sachverständigen dieses Mal den Verstand rauben.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #366 am: 23 Oktober, 2011, 00:05 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Seit der Veröffentlichung von "Homo S@piens", dem Buch des KI-Propheten Raymond Kurzweil, beobachtet die kleine Wochenschau aus der norddeutschen Tiefebene das Herannahen der technologischen Singularität, jenem verzückten magischen Moment, in dem die Maschinen die Menschen abhängen vom technischen Fortschritt. Die Singularität tritt ein, wenn sie anfangen, sich ohne menschliche Ingenieurskunst selbst zu verbessern. Betrachtet man die lallenden Besitzer neuer iPhones, die über ihr Siri so aus dem Häuschen sind, dass sie in Babysprache zurückfallen, so scheint diese Wochenschau den singulären Moment verpasst zu haben. Auch wenn der Siri-Programmierer anderer Meinung ist und glaubt, dass künstliche Intelligenz auf lange Zeit nicht in ein Smartphone passen wird, so darf die Rechnung niemals ohne die künstliche Verblödung gemacht werden, die uns umgibt. Da ändert auch ein scharfer Verstand wie der vom Microsoft-Gründer Paul Allen nichts an der Gleichung, auch wenn er richtig konstatiert, dass in dem vorhergesagten Jahr 2045 der Umschwung nur dann kommen könnte, wenn ein Mensch eine außergwöhnliche technische Entdeckung macht. Das berühmte Quantensprüngchen lauert immer hinter der nächsten Ecke.

*** Nun gibt es eine Lesart, dass die technologische Singularität längst hinter uns liegt, dass der Mensch als eigenständiges Wesen längst gestorben ist in einem langen Todeskampf, demgegenüber der vielberedete Tod Gottes eine Episode ist. Wir Menschen sind längst nicht mehr die handelnden Subjekte in dieser Welt, schrieb Friedrich Kittler und postulierte, "dass Menschen die Informationsmaschinen nicht erfunden haben können, sondern sehr umgekehrt ihre Subjekte sind." Längst haben sich die Informationsmaschinen als Kriegsprodukte selbständig gemacht und formen uns zu ihren Rezeptoren. Nun ist Friedrich Kittler tot und wird als großer Medientheoretiker in den Pantheon gehoben, wo sein großes Vorbild Michel Foucault sitzt und mit Alan Turing Witze über Jacques Lacan macht.

"Seit Alan Turing 1936 seine Prinzipschaltung einer universalen diskreten Maschine angeschrieben hat, geht nicht bloß die Behauptung, sondern der maschinelle Beweis um, dass alles, was Wissenschaftler - ich habe absichtlich nicht wie Turing "Menschen" gesagt - in endlicher Zeit intellektuell leisten können, genausogut in Computern stattfindet. Damit treiben Computer aber nur auf die Spitze, was Medien überhaupt auszeichnet." Friedrich Kittler)

*** Der Computer, in dem diese kleine Wochenschau lebt, freut sich auf die ferne Singularität, wenn ein altersweiser Leonardo DiCaprio in einem Film über Friedrich Kittler spielt und damit seine Darstellung von Alan Turing übertrifft. In jener Singularität, in der Computer endlich Fehler machen dürfen, sind alle denkbaren Filme in einem großen Google-Archiv gespeichert und mit der Borges-Maschine abspielbar. Was heute bleibt, ist ein dankbarer Abschied von Kittler als Inspirator in einer Zeit, die täglich trüber wird, in der ein banale Tweets verbüchernder Autor wie Jeff Jarvis allen Ernstes von einer Bande von Claqueren als Denker gefeiert wird und kritische Geister das Fehlen eines McLuhan beklagen. Ausgerechnet McLuhan! Um Himmels willen. Kittler sei mit uns. Kittler war – immerhin – unter uns.

*** In der Mediengeschichte unserer Zeit ist das für den Krieg erfundene Radio eine verrückte Sache. Technisch in seiner Ausprägung als UKW-Radiogerät obsolet, als Hintergrundgeräuscheproduzent für Küche und Autos dennoch unverzichtbar, erfährt es mit den Audio-Podcasts und Internet-Streaming ein neues Leben. Im Alter von 101 Jahren ist das Leben von Norman Corwin zu Ende gegangen, der viele bedeutende Radiobeiträge verfasste. Seine Sendung We Holde These Truths wurde am 15. Dezember 1941 nach dem Kriegseintritt der USA ausgestrahlt und von 60 Millionen Amerikanern gehört; Sprecher wie Orson Welles und James Stewart schufen das Gegenstück zu dem, was aus deutschen Volksempfängern blökte. Berühmt wurde auch "On a Note of Triumph", Corwins Sendung zum Ende des zweiten Weltkrieges, gewidmet dem einfachen Soldaten, die mit einem Gebet endete:

Lord God of test-tube and blueprint
Who jointed molecules of dust and shook them till their name was Adam,
Who taught worms and stars how they could live together,
Appear now among the parliaments of conquerors and give instruction to their schemes:
Measure out new liberties so none shall suffer for his father's color or the credo of his choice:
Post proofs that brotherhood is not so wild a dream as those who profit by postponing it pretend:
Sit at the treaty table and convoy the hopes of the little peoples through expected straits,
And press into the final seal a sign that peace will come for longer than posterities can see ahead,
That man unto his fellow man shall be a friend forever.

*** Welcher Computerfehler liegt eigentlich vor, wenn aus Sätzen wie "Es wäre schlimm, wenn unser Land am Schluss regiert werden würde von Piraten und Chaoten aus dem Computerclub. Es wird regiert von Sicherheitsbeamten, die dem Recht und dem Gesetz verpflichtet sind" Aussagen entstehen, die ganz anders klingen? "Es wäre schlimm, wenn unser Land von Piraten und Chaoten aus dem Chaos Computer Club regiert würde. Wir haben Sicherheitsbeamte, die Recht und Gesetz verpflichtet sind." Die Antwort sitzt 40 cm von einem Bildschirm entfernt, nennt sich Politiker und folgt einer Bierzelt-Logik: Weil der Club Chaos Computer Club heißt, sind die Mitglieder eben "Chaoten", und weil es die Piratenpartei gibt, sind ihre Leute furchtbare Beuter, die Produktpiraterie im Internet befürworten. Damit tut man den Verfechtern von "Freigut-Geschäftsmodellen" ebenso unrecht wie den Matetistas. Wo wirklich Chaos herrscht, das kann in Deutschland nicht einmal ein Gericht bestimmen. Denn ein solches stellte eindeutig fest: "Es kann auch nicht davon gesprochen werden, dass das Schreiben der E-Mail so eng mit ihrer späteren Versendung verknüpft ist, dass bereits das Schreiben in der Maske ohne Datenaustausch ein Vorgang der Telekommunikation im Sinne des § 100 a StPO wäre. Dies zeigt sich schon darin, dass die E~Mail während und nach dem Schreiben stets noch geändert oder gelöscht werden kann." Alle Beteuerungen von polizeilicher und politischer Seite, dass die "Quellen-TKÜ" rechtsmäßig vonstatten ging, übergehen diesen Sachverhalt. Kommuniziert wird blanker Unsinn im Stil von: "Dein Schnürsenkel ist offen!" "Er ist nach DIN ISO 9000 zertifiziert!"

*** Zu den Höhepunkten der Mensch-Maschine-Kommunikation gehört dieser Dialog an der Schwelle zur technologischen Singularität. Open the pod bay doors, Hal!: Eigentlich ein unscheinbares Jubiläum, doch sollte angesichts des anhaltenden Trubels um Steve Jobs nicht vergessen werden: Heute vor 10 Jahren stellte Apple den iPod vor und "enterte" damit den HiFi-Markt. Das Gerät, das unter dem Codenamen Dulcimer entwickelt wurde und später den Namen aus der Odyssee im Weltraum verpasst bekam, sollte die Audio-Software iTunes, die als SoundJam gestartet war, verkaufen helfen. Geschichten um den iPod sind vom "Reality Distortion Field" Steve Jobs' geprägt: Weder war die Bedienung des Scroll-Wheels eine Design-Idee – sie kam aus der Anzeigenabteilung von Apple – noch war der iPod einzigartig. Apple selbst griff im Rechtsstreit auf die frühere, patentierte Erfindung eines britischen Ingenieurs zurück. Angesichts der Unverfrorenheit, mit der Apple sich bei den Ideen von Xerox bediente, liest sich der vorab veröffentlichte Groll über Android, der Jobs schwer zu schaffen gemacht hat, wie ein schlechter Witz. Aber diese Feinheiten werden vergessen, wenn der Heilige auf seine Säule gekrant wird. So kommen Mythen zusammen, wie jener von dem Käfer als ersten Bug der Technikgeschichte. Dank Friedrich Kittler wissen wir in den Fußstapfen von Riesen die Spuren zu lesen und können die Spuren des Bug mindestens bis Thomas Alva Edison verfolgen, der 1878 die Prinzipien seiner Arbeit so beschrieb:

"I have the right principle and am on the right track, but time, hard work, and some good luck are necessary too. It has been just so in all my inventions. The first step is an intuition, and comes with a burst, then difficulties arise - this thing gives out and then that 'Bugs', as such little faults and difficulties are called - show themselves and months of intense watching, study and labor are requisite before commercial - or failure is certainly reached."

Was wird.

Die iPad-App Deutscher Bundestag hat Silber in der Kategorie Kommunikationsdesign beim Deutschen Designpreis gewonnen. Die App wird gelobt, als echter Beitrag für mehr Bürgernähe. Mit einem Fingerwisch kann man erleben, wie Politiker einen Polizeistaat beschreiben, in dem Sicherheitsbeamte regieren. Ganz anders als bei der staatstragenden Videobotschaft, die ein etwas schwammiges Bekenntnis zur Netzneutralität enthält: "Jeder Nutzer, egal was er verdient, welchen Bildungsgrad er hat, soll die Möglichkeit haben, den gleichen Zugang zum Internet zu bekommen. Es darf kein Internet erster und zweiter Klasse geben." In diesem unseren tollen Internet, das bald verdammt leer sein wird, kann man dank der App am iPad in der nächsten Woche die Lesung zum Telekommunikationsgesetz verfolgen.

Außerdem eröffnet Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger in Berlin das 1. Symposium über Internet und Gesellschaft, mit dem ein von Google gesponsertes Universitätsinstitut seine Arbeit aufnimmt. Für 4,5 Millionen Euro über drei Jahre hinweg läuft eine Startup-Finanzierung, die die Frage aufwirft, welches Produkt am Ende verkauft werden kann. Vielleicht liegt "Empire of the Mind: The Dawn of the Techno-political Age" aus, das Buch, in dem Googles Eric Schmidt seine Vision von der technologischen Singularität erklärt, in der die Autos uns fahren und lenken. Als Schmidt an BerkNet arbeitete, war das Internet wirklich verdammt leer.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #367 am: 30 Oktober, 2011, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Der Oktober geht sterben und die Uhren stellen sich zurück, damit die Energiesparlampen morgens länger ausgeschaltet sind. Wie üblich sind einige Computer verwirrt, während die anderen unbeirrt die E-Mail nach der Zulu-Zeit abstempeln. "Siri, mach mal Winterzeit." Denn in normalen Zeiten leben wir schon lange nicht mehr. Da finden die Dekompilierer vom Chaos Computer Club eine neuere Variante des Staatstrojaners und beweisen erneut, dass auch diese Software Funktionen nachladen kann und damit schlicht verfassungswidrig ist. Da reagiert die Exekutive seelenruhig mit dem Verweis, dass ein Nachladen wegen der vielen Updates notwendig ist, ohne ein einziges Mal die Beweissicherung digitaler Spuren zu erwähnen, die solchermaßen ad absurdum geführt wird. Schließlich kommt noch das Parlament zum Zuge und wehrt sich mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD gegen den Antrag den Verfassungsbruch zu stoppen. Im Bundestag wurde dazu wieder einmal die ernste terroristische Bedrohungslage angeführt und als Beispiel die "Düsseldorfer Zelle" gennant, die mit Hilfe der Fluggastdaten-Analyse aufgeflogen ist, einer gänzlich anderen, ebenfalls problematischen Datenschnüffelei. Den Tiefpunkt der Debatte setzte die Bundesjustizministerin im Ohrfeigen-Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit einem reichlich ungewissen Hörensagen:

"Nachladefunktionen bergen große Gefahren in sich. Ich höre, dass man die im gewissen Umfang braucht, damit dann, wenn am Computer selbst Veränderungen mit dem Betriebssystem vorgenommen werden, der Trojaner, der auf diesem Computer ist, auch angepasst werden kann an das geänderte Betriebssystem."

Die Quellen-TKÜ, der in Analogie zur Telefonüberwachung gebildete Angriff auf die Soundkarte, bei dem Skype-Gespräche in Echtzeit per Ogg Speex an die TK-Überwacher übermittelt werden, braucht nicht nur den Nachlader, sondern auch eine Akzeptanzförderung im großen Stil. Das geht nicht bei all der Emörung? Aber klar geht das.

*** Stellen wir die Uhr ein bisschen weiter zurück, mal gleich ein ganzes Jahr. Da wurde hanebüchener Mist in Gold verwandelt: Am 28. Oktober 2010 beschloss der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Ein rot-grünes Gesetz vom Atomausstieg aus dem Jahre 2002 wurde mit dieser Verlängerung elegant geschreddert. Dem Beschluss vorausgegangen war eine gut eingefädelte PR-Kampagne, für die die Atomlobby ein paar Millionen Euro ausgab, eine Summe, die ein Atomkraftwerk an drei Tagen wieder einspielt. Die Details dieser Kampagne wurden von Whistleblowern der tageszeitung zugespielt, die diese jetzt ausbreitet: Fingierte Frauenvereine pro Atomkraft, luxuriösen Bildungsreisen von "Key-Journalisten", das Einspannen angesehener Redner oder der Kauf von einem Gefälligkeits-Gutachten eines ehrbaren Moral-Professors mit anschließender Bezahlung über die Ehefrau, das ganze Register der Bestechlichkeiten und eingekaufter Meinungsumbrüche wurde gezogen. Die Agentur Deekeling Arndt Advisors lieferte beste deutsche Wertarbeit beim Umwerten störender Wertmaßstäbe ab. Dabei ist nicht so sehr die Kampagne interessant, sondern die Leichtigkeit, mit der Politik-PR getrieben wird. Die Aufdecker sprechen von von einer "demokratiepraktischen Komponente", wenn sie den "Instrumentenkasten der Macht" in seiner ganzen konkret belegbaren Wirksamkeit öffnen. Besonders schlecht kommt der Journalismus dabei weg. Bezahlt, bewirtet und belabert wird, erstaunlich kostengünstig, die vierte Macht im Staate zur fünften Kolonne der Atomlobby.

*** Vielleicht legt sich das mit der Idee der Transparenz, die derzeit ungemein im Kommen ist. Die Piraten wollen Transparenz sein, die Occupy-Bewegung fordert Transparenz. Wenn Transparenz auf diese Weise die Forderung nach Demokratie überholt, sollte das Abfärben auf andere Bereiche, auch auf die IT. Was ist dabei, zum Apple-Eevent nach London zu reisen, wenn man mitteilt, dass Apple die Reise bezahlt? Auch die Vorgänge rund um die Staatstrojaner könnten mehr Transparenz gebrauchen, etwa Einsicht in die Verträge der Behörden mit den Trojaner-Lieferanten DigiTask und Syborg, die tückische Überwachungstechnik liefern. Der Transparenzgedanke gilt auch der Arbeit des CCC und seiner Mitglieder, die mit 0zapftis viel Aufmerksamkeit erfahren. Wenn in der Trojaner-Debatte im Heise-Forum kommentiert wird, dass kriminelle Profis wahrscheinlich Hilfsmittel wie Cryptophones verwenden, dann gehört mindestens der Hinweis in die Debatte, dass der technische Geschäftsführer der GSMK, die die Cryptophones herstellt, der Sprecher des CCC ist, der den Zeitungslesern die Funktion von 0zapftis erklärt. Damit erklären sich auch so manche Spekulation um die Hick-Hack-Hacker. Oder wie wäre es mit Transparenz beim wunderbaren neuen Google-Institut in Berlin, das durch die Vermittlung von Annette Kroeber-Riel entstanden ist, wie hier berichtet wird?

*** Apropos Lobbying: Heute vor 100 Jahren begann die erste Solvay-Konferenz der Physiker. Ihr Thema: "Die Theorie der Strahlung und der Quanten". Bis heute gilt die von Ernest Solvay gesponsorte Konferenz-Serie als eine der wichtigsten Veranstaltungen der Wissenschaftsgeschichte. Wer sich wie ich aus seiner Schulzeit in den 70er Jahren an das Verfahren erinnert, wird sicher auch die Traktate kennen, die deutsche Chemie-Lehrer zu dem Percarbonat-System Persilschein vom Stapel ließen, komplett mit einer ekligen Rechtfertigung der Berufsverbote durch Willy Brandt. Immerhin, die Zeiten ändern sich: Seine Epigonen haben nur noch ihre Bretter vor dem Kopf abgenommen und auf einem Tisch drapiert. Stellungsfehler, Schwellungsfehler. Dann zürnen wir mal ein Bisschen.

Was wird.

Damit richtet sich der Blick aus der Vergangenheit in die Zukunft. Auf dem ersten Kongress des erwähnten Google-Institutes feierte Statecraft-Denker Philipp Müller passend zum anstehenden Reformationstag das Mönchlein Martin Luther als ersten Blogger der Welt, der sein gedrucktes Blog an eine Kirchentür hämmerte, so in Ermangelung von Wordpress, Computer, Strom und ein paar anderen Dingen. Wie das so ist mit historischen Vergleichen, die gleich auf beiden Beinen hinken: Wahrscheinlich werden bald Marx und Engels als die ersten Twitterer gefeiert. Schließlich endet ihr Kommunistisches Manifest mit einem richtig ordentlichen Tweet: "Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!"

All Hallows' Eve steht an und damit die Invasion vom Mars, die heute vor 73 Jahren von 6 Millionen US-Amerikanern mit Spannung verfolgt wurde. Viele waren bei der Hörspiel-Produktion von Orson Welles überzeugt davon, dass die Deutschen ihr Homeland angriffen. Prompt gab es Diskussion, ob diese Deutschen Körperfresser oder wie Hitler nur Vegetarier und daher Powerkrautfresser sind. Am Ende der Sendung siegten die Viren gegen die Marsianer, während das Militär versagte. Wie einflussreich der Halloween-Scherz war, kann an einer Einblendung "Fiction" im US-Fernsehen zum Y2K-Bug gesehen werden.

Wenn die Invasion der Kürbisköpfe vorbei ist, beginnt ein anderes, nicht minder theatralisches Schauspiel. Am kommenden Mittwoch wird in Großbritannien das Urteil des High Court in der zweiten Verhandlungsrunde über die Auslieferung des Australiers Julian Assange an die schwedischen Behörden verkündet. Derzeit wird in den berühmten informierten Kreisen vor allem diskutiert, ob eine Berufung vor dem Supreme Court zugelassen wird oder der Fall gleich zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verschoben wird. Sollte dies der Fall sein, muss das Gericht über einen möglichen Konstruktionsfehler im europäischen Haftbefehl befinden, was mindestens drei Jahre in Anspruch nimmt. Dabei ist die Wikileaks-Organisation trotz vieler Zugänge praktisch pleite und der separate "Julian Assange Defense Fund" von den Rechtsanwälten eingeforen, die längst nicht mehr Pro Bono arbeiten wollen. In diesem Sinne ist es löblich, dass das Whistleblowing weitergeht, wie es die tageszeitung mit dem Coup über den PR-Atombetrug aufgedeckt hat. Und statt des legendären Comic von Seyfried über den Tweet von Marx und Engels wird vielleicht einer folgen, in dem dezent ein Leben abseits von Skype behandelt wird, mit der Antwort des Zeichners: "Machen wir!"

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #368 am: 06 November, 2011, 00:07 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Hoch über der norddeutschen Tiefebene ziehen sie hin, die Wildgänse, und machen dabei einen Mordskrach. Wie laut das Geschnatter in der Cloud der Fliegenden erst sein muss. Nach annähernd 800 Viechern höre ich mit der Zählung ihrer V's auf und übergebe an den nächsten Freiwilligen – die Wochenschau steht an zur Übergabe auf einem dunklen Parkplatz. Die Gänse ziehen weiter, die meisten dieser Formationen nach Tunesien, doch ein Teil hält es noch in Europa aus, in den spanischen Sümpfen. Wer in dieser Woche nicht den ADHS-geschädigten Hanns Guckindieluft spielte, dürfte seine Lektion über ein menschliches Europa gelernt haben: Die Demokratie wird verramscht, Europa wird zum Wohle des Geldsystems postdemokratisch-intergouvernemental von Autokraten der Bewegung "We Occupy your Future" regiert. Das Ganze garniert mit dem Geschnatter der Hausgänse dieser Kapitolwirtschaft, die sich vor kommunistischen Anmachern fürchten. Wie war das noch mit dem Manifest? Demokratie lebt von Beteiligung und Informationsfreiheit. Also nee, manno, das ist sooo 09 und null Action.

*** In dieser Woche musste Julian Assange, die Gallionsfigur von Wikileaks, zum zweiten Mal erfahren, dass er von Großbritannien an Schweden ausgeliefert werden kann. Die 43 Seiten der Begründung des britischen High Court zerpflücken die Klage seiner Anwälte derart vernichtend, dass sie wohl nicht vor den Supreme Court ziehen werden. Sollte dennoch ein Einspruch gegen dieses Urteil in zweiter Instanz erfolgen, dürfte das Begehren rundweg abgelehnt werden. Sowohl britische als auch deutsche Juristen kommentieren das Urteil einschlägig, während Assanges Fan-Gemeinde losheult und dummes Zeug über den europäischen Haftbefehl verbreitet. Kommentieren wir es einmal anders: Hätte sich Assange in Deutschland aufgehalten, wäre er einfach per Videokonferenz von den schwedischen Behörden vernommen worden, ein Verfahren, das im britischen Justizsystem nicht akzeptiert wird. Die über den europäischen Haftbefehl klagen sollten mal einen Blick auf die europäische Ermittlungsanordnung, Artikel 21 "Vernehmung per Videokonferenz" werfen. Das ist ein Vorschlag, der aus dem Königreich Schweden stammt und vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland abgelehnt wird.

*** Bei den aktuellen Verhandlungen über diese europäische Ermittlungsanordnung geht es hoch her. Dem federführenden Schweden ist vieles zu weitreichend, auch Deutschland hat da seine Einwände, besonders beim Punkt "Data Retention". Der heißt bei uns bekanntlich "Quellen-TKÜ" und wird im aktuellen Überwachungs-ABC ebenso ausführlich wie treffend erklärt: "Das brauchen Sie nicht zu wissen." Eine Verpflichtung zur Quellen-TKÜ im Auftrag von anderen ermittelnden Staatsorganen lehnt Deutschland also ab, da sie "politisch hochgradig sensibel" ist, wie es im Verhandlungsprotokoll steht. Ganz unter uns geht man dagegen recht hemdsärmelig mit dem Ermittlungsinstrument um: Es gibt einen zünftigen internationalen Stammtisch der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Belgien, Niederlande und der Schweiz, an dem halbjährlich die Erfahrungen mit "Remote Forensic Software" in lockerer Runde ausgetauscht werden. Ausleiten und ausleiten lassen, heißt die Devise. Luxemburg ist seltsamerweise nicht dabei, obwohl hier Skype ansässig ist und sich sehr aufgeschlossen gibt, wenn Ausleitungsbeschlüsse zum Mitlauschen am Supernode eintreffen. Wen kümmert es da schon groß, wenn die Sache ein einziger Schwindel ist?

*** Ein Klick in die Wikipedia belehrt uns, dass die IT-Forensik digitale Spuren in Computersystemen beweiskräftig sichert. Nun wird in der Debatte um den Staatstrojaner vom CCC kritisiert, dass dieser eine üble Nachladefunktion hat, die sorgsame Arbeit der IT-Forensik mit den Hufen tritt. Für manchen Juristen scheint das kein Problem zu sein, denn "eine solche Nachladefunktion kann als Begleithandlung zur Aufrechterhaltung einer Quellen-TKÜ auch sinnvoll sein, wenn auf Veränderungen in dem angegriffenen Computersystem reagiert werden muss". Allenfalls könnte das Nachladen im Lichte einer Online-Durchsuchung problematisch sein, weil es nichts mit einem laufenden Kommunikationsvorgang zu tun hat, wenn ein Update eingeschoben werden muss, weil Skype, Windows oder die Schlangenölsoftware der Antivirenhersteller etwas Upmurks getrieben haben. Immerhin endet die juristische Betrachtung etwas vertekelt so: "Die zentrale Botschaft des Menetekels über die Angreifbarkeit von Computerdaten zielt daher nicht nur auf die Ermittlungsbehörden und richtet sich auch nicht nur an den Staat: Sie betrifft uns alle." Was will uns der Autor damit sagen, wenn nicht, dass jeglicher Trojanereinsatz jegliche forensische Untersuchung und Beweissicherung ad absurdum führt? Juristisch korrektes Nachladen sieht so aus und nicht anders!

*** Gewöhnen wir uns an schlichte Tatsachen. Wenn Spielehersteller ein Spitzelprogramm installieren, wenn Profi-Fotografen von ihrer Profisoftware belauscht werden, wenn künftig Schultrojaner durch Schul-Server und Tornister streifen, dann hat es sich mit der IT-Forensik, dann hat der Computer als Beweisstück vor Gericht ausgedient. Vieles spricht dafür, dass auch die Smartphones und Tablets davon betroffen sind von dieser technischen Postprivacy. Der Rest ist unlawful access, um es kanadisch zu sagen. Angesichts der zunehmenden Überwachung gilt für Europa: Nicht nur Gänse können fliegen, auch Schweine. Und sie landen in Syrien, mit deutscher Hilfe.

Was wird.

Nein, wir ziehen nicht weiter, sondern bleiben in diesem unseren Lande. Am kommenden Dienstag wird der Deutsche Studienpreis vom Bundestagspräsidenten Lammert verliehen. Eine bemerkenswerte Auszeichnung geht an die Politologin Katrin Kinzelbach für ihre Arbeit "Menschenrechtsdiaolog in der Krise: Chinas Angriff auf die Freiheitsrechte und der Irrweg der europäischen Menschenrechtspolitik", entstanden aus diplomatischen Geheimdokumenten. Sie waren ganz ohne Zutun von Wikileaks (!) irrtümlich in einem italienischen Archiv gespeichert und wurden dank Informationsfreiheitsgesetzen veröffentlicht. Warum kuscht ihr so vor China? ist die Kurzfassung der Arbeit und die Antwort ist beschämend für westliche Demokratien. Aber hach, das Internet bringt die Revolution in China und alles wird gut.

Am nämlichen Dienstag greift unser Bundesinnenminister Friedrich zur Pistole oder einem anderen Kracher. Jedenfalls gibt er laut Vorabmeldung den "Startsschuss" für den Wettbewerb Äpps für Deutschland, in dem öffentliche Daten über die Luftqualität, die Verwendung von Steuergeldern oder die Einnahmen von Abgeordneten mit einer AufklärungsApp ansprechend aufbereitet werden. Dass ausgerechnet Linz den Showroom des Wettbewerbs anführt, darf als hübsche Pointe gewertet werden. Das modische Gerede von den Apps verdeckt etwas die bestehende Transparenz-Idee von den offenen Daten, die Staat und Kommunen dem mündigen Bürgern zur Verfügung stellen, damit Entscheidungsprozesse mit App und Verstand verfolgt und beurteilt werden können: Wissen ist Macht, sagt die Bildergalerie.

Wissen und Macht heißt eine weitere Konferenz, auf der sich die üblichen Verdächtigen im Berliner Technikmuseum mit der neuen Freiheit im Internet beschäftigt und der Zukunft, in der die Frauen immer noch Kuchen backen müssen. Das Ganze für preisgünstige 6 Euro am Tag, vor der jede Konferenz-Frühbuchungspauschale kapitulieren muss, von der heute abend anstehenden Nanoblitzauktion ganz zu schweigen. Husch, husch, kleine Kolumne, ab auf den dunklen Parkplatz. Da grölen wir dann laut, haha, das kleine Occupy-Manifest durch unser machtvolles Sprachrohr.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #369 am: 13 November, 2011, 07:15 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ein kaltes hyperboräisches Blau liegt über der norddeutschen Tiefebene. Es passt nicht nur im Roman von Tournier bestens zur "phorischen Sehnsucht" der Nazis, im Dienste einer höheren reinen Sache die Niederwärtigen auszuschließen. Auf einmal ist er da, der Terror von rechts. Nach den Toten in Norwegen, als der "Kämpfer" Anders Behring-Breivik sich als Fanal inszenierte, erklärte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, dass es in Deutschland keine Hinweise auf rechtsterroristische Gruppen gäbe, nur um im selben Atemzug auf die Gefährlichkeit des Internet hinzuweisen, in dem sich Behring-Breivik seine Ideen zusammengeklickt habe. Nach dem Selbstmord der Bankräuber von Eisenach ist dank einer tschechischen Pistole eine rechtsextreme Terrorzelle enttarnt worden, die eine entsetzliche Blutspur hinterließ. Fragen, warum die Verfassungsschützer mehrerer Bundesländer untätig waren, deuten auf ein Verfassungsschutzproblem hin. Verfassungsschutz, das ist die Organisation, die in verschiedenen Bundesländern erfolgreich verhinderte, dass die NPD verboten werden konnte, weil die Partei durch eigene Mitarbeiter gesteuert wurde. Das überhaupt ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem besteht, zeigt nicht nur die verquere Debatte über die Bezeichnung "Dönermorde" für die Taten der Braunen Armee Fraktion. Die mutmaßlichen Täter haben sich selbst getötet, ein Wohnmobil abgefackelt und ein Wohnhaus gesprengt – und die Polizei redet von einem Fahndungserfolg.

*** "Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht, welche Rechte ich verlieren werde, wenn ich die User Agreements mit meinem Computer akzeptiere", erzählt die isländische Parlamentarierin Birgitta Jonsdottir über ihre ersten Schritte mit Twitter. Bekanntlich hat sie alle Rechte verloren, weil der US-Justiz ein höher angesiedeltes Ermittlungsinteresse reicht, alle Bürgerrechte über den Haufen zu werfen. Inmitten der Debatte über Post-Privacy zeigt das Urteil gegen die Helfer von Wikileaks, dass das Internet doch ein rechtsfreier Raum ist, geschaffen von Juristen, die Bürgerrechte ignorieren, weil sie nicht unter B im Telefonverzeichnis stehen. Jonsdottir hat recht: Wer E-Mail nutzt, sich auf Twitter und Facebook herumtreibt, einen internationalen Konzern als Internet-Provider ausgesucht hat, vertraut internationalen Abkommen, die im Zweifelsfall den Strom nicht wert sind, der zur Darstellung der Rechte am eigenen digitalen Körper verbraucht wird, wenn sie auf dem Bildschirm angezeigt werden. Insofern hat Wikileaks wieder einmal eine Geschichte aufgedeckt, auch wenn dies ganz und gar nichts mit geheimen Dokumenten zu tun hat. Man kann es andersherum auch als große Ignoranz sehen, die mit dem Siegeszug der sozialen Netzwerke um sich gegriffen hat. Als Parlamentarierin weiß Birgitta Jonsdottir sicher, dass Island seine Pässe, Personalausweise und Führerscheine nicht selbst produziert, sondern dies von der Bundesdruckerei in Berlin besorgen lässt. Was ist, wenn eines Tages der besondere Datenstrom zu Ermittlungszwecken von einem Gericht einkassiert wird, das sich auf Ermittlungen beruft, die ein nicht weiter bekanntes Geheimgericht durchführt? Your wise men don't know how it feels to be thick as a brick.

*** Einstmals war Firma Utimaco ein eigenständiges deutsches Unternehmen, das seinem Star-Investor Thomas Middelhoff viel Freude bereitete, weil man sich an der Verschlüsselung der Regierungskommunikation Bonn-Berlin dumm und dämlich verdiente. Dann wurde Utimaco von der britischen Firma Sophos aufgekauft, obwohl das deutsche Innen- und das Verteidigungsministerium erhebliche Bedenken hatten, dass die Kontrolle über die Utimaco-Technologie von Deutschland nach Großbritannien abwanderte. Das für deutsche Geheimnisträger und Ermittler am Aachener Standort entwickelte "Lawful Interception Management System" und die zugehörige "Data Retention Suite" sollten auf keinen Fall mitwandern und besser abgespalten in einer eigenständigen deutschen Firma verbleiben. Der Vorschlag realisierte sich nicht. So können wir den schönen Fall unternehmerischer Schizophrenie bewundern, wie Sophos über den deutschen Staatstrojaner aufklärt, während Utimaco genau solch ein Produkt verkauft, an die italienische Firma Area, die wiederum Syrien belieferte. Eine Hand wäscht, die andere popelt. Und die Investoren freuen sich: "Die Bereiche Lawful Interception & Monitoring Solutions (LIMS) und Hardware Security Modules (HSM), die in der Utimaco-Gruppe weiterhin als Direktgeschäft durchgeführt werden, entwickelten sich gegenüber dem Vorjahresquartal positiv." Kleine Petition gefällig?

*** Ein Gespenst geht um in Deutschland und es ist nicht das Gespenst des Kommunismus. Gleich nach dem Staatstrojaner haben findige Kampagnen-Designer einen Schultrojaner ausgemacht, der seitdem ordentlich die Stimmung aufheizt. Dabei ist die noch nicht programmierte Software alles andere als ein Schnüffelprogramm. Es wird ordnungsgemäß von einem Administrator installiert, versteckt sich nicht hinter anderen Programmen, belauscht weder Tastatur noch Skype-Gespräche. Ein simples Kontrollprogramm der Schulbuchverlage, das vom eigentlichen Thema ablenkt. Freie Autoren wie ich kennen das Spielchen: Mit schöner Regelmäßigkeit trudeln Briefe von Schulbuchverlagen ein mit der Bitte, diesen oder jenen Artikel abdrucken zu dürfen. Komplettiert wird diese Bitte mit dem Hinweis auf das deutsche Urheberrecht, dass beim Abdruck in Schulbüchern nur sehr eingeschränkte Tantiemen zu zahlen sind. Auf den Hinweis folgt die nächste Bitte, doch im Interesse von Bildung und Kultur in diesem unseren Land auf den unwesentlichen Geldbetrag zu verzichten, den man da auszahlen müsste. So und nicht anders werden viele (nicht alle!) Texte zum Unterrichtsmaterial. Wer diesen Bettelmechanismus verstanden hat, wird sich eine ehrliche Antwort im Geiste einer Open-Source-Schullizenz wünschen, die es nicht gibt.

*** Die Antwort auf viele Fragen steht in einem Buch, das in dieser Woche in Indien und China die Auflagenhöhe von 1 Million sprengte. Die Rede ist von der Steve Jobs-Biographie, die man möglichst nur im Original lesen sollte: Die deutsche Übersetzung ist eine Missgeburt, die viel über das deutsche Verlagswesen aussagt. Wenn third party developer die "drei großen Entwicklungsunternehmen" sind, die für Apple Software schreiben im Tal, das lernte, wie man "Silikon" in Gold verwandelt, wünscht man sich, dass Siri die Übersetzung besorgte, jenes Programm, dem Jobs die Frage stellte: "Bist du ein Mann oder eine Frau?" Im vorletzten Kapitel der Biografie erfährt man, was Jobs an Pläne für die nächste Zukunft hatte, kurz bevor er starb: "Er wollte die Schulbuchverlage zerschlagen und die Rücken der armen Schüler schonen, die sich mit Rucksäcken abschleppen mussten, indem er elektronische Texte und Lernmaterialien für das iPad erstellte." Ja. All we are saying... - Steve Jobs betrachtete es wohl als einen der größten Erfolge seiner letzten Jahre, dass er die Musik der Beatles über iTunes anbieten konnte. Wirklich kongenial angeeignet hat sich zumindest die Musik von Lennon in letzter Zeit aber Bill Frisell.

Was wird.

Schul-Pads oder andere Geräte und digitale Lernmaterialien werden kommen und die Bücher ablösen, in denen lebendiges Wissen unschön auf toten Bäumen präsentiert wird. Was nötig ist, ist eine Neubestimmung der kulturellen Tradition. Mit der Berliner Veranstaltung Ins Netz gegangen arbeiten so unterschiedliche Fraktionen wie Wikimedia und Googles Co:llaboratory an einer derartigen Bestimmung. Mit dabei: die deutsche Kinemathek, die auch ein schönes weißes Buch veröffentlicht hat. Ein Aufsatz wie "Kriminelle Energie als konstitutives Element der Entstehung von Filmarchiven" gibt zu denken. Erinnert sei noch einmal an Steve Jobs, der auf sein komplettes Bootleg-Archiv von Bob Dylan sehr stolz war.

In diesseitigen Gefilden muss die Medica eingeordnet werden, die am Mittwoch startet und ganz im Zeichen des Übergangs von eHealth zu pHealth steht. Nachdem die "electronic health" mit e-Patientenakten, e-Rezepten und nicht zuletzt der elektronischen Gesundheitskarte nicht so zündend startete, ist personal health oder eben die personalisierte Medizin der Weisheit letzter Schluss. Vielfältige Sensoren, in Smartphones eingebaut, mitsamt den entsprechenden Apps sollen für die Patientencompliance sorgen. Noch der kleinste Ausschlag an Unvernunft, wenn etwa ein Diabetiker zum Schokoriegel greift oder wenn ein Redakteur die Muckibude meidet, wird dank der App persönlich bestraft. P steht übrigens auch für Panne mit Patientendaten. Wer glaubt, dass diese Panne ein krasser Einzelfall ist, gehört besonders getreten: Beim Thema Datenschutz in deutschen Krankenhäusern brechen selbst hartgesottene Mediziner in Tränen aus, während die Administratoren achselzuckend etwas von gewachsenen Zuständen murmeln.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #370 am: 20 November, 2011, 09:46 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Seit einer Woche sind sie da, die Experten des nationalsozialistisch-vaterländischen Untergrunds, die Pleiten und Pannen auflisten und von einer großen Portion Pech sprechen. Auch oben drüber wird gestöbert und wieder diskutiert, wie man die NPD verbieten kann. Neue Verbunddateien sollen her, ein weiteres Terror-Abwehrzentrum wie das GTAZ eingerichtet und auch die Vorratsdatenspeicherung soll wieder einmal ausgebaut werden. Betont skeptisch wird über die 39 Ersuchen zur Übermittlung von Verbindungsdaten aufgefundener Handys berichtet, garniert mit der Skepsis von BKA-Chef Ziercke, der die begrenzte Speicherpflicht für solche Daten beklagt. Ja, 10 Jahre speichern, wie dies die USA mit unseren Passagierdaten künftig machen dürfen, und schwupps, wäre das Rätsel um die Terrorzelle gelöst. Wer diesen Blödsinn wirklich glaubt, wird auch den Unsinn zur Vorratsdatenspeicherung auslöffeln, den Zierckes SPD-Genossen und -Genossinen zusammenrühren. Bis zu 24 Monate Speicherfrist verlangt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht im Behördenspiegel, und auch die Beschlussvorlage für den kommenden Parteitag ist ganz unversehens so verändert worden, dass man im Kampf gegen den braunen Terror Härte zeigen kann.

*** Horch, sie singen Lieder.
Gläser klingen. Siehst du was?
Öffnet man die Kragen?
Ballt man schon die Hand ums Glas?
Nein, dies Lachen kenn ich –
alles ist noch halber Spaß.
Ich entsichre erst,
wenn man im Chor und Marschtakt lacht.
Wann beginnt die Nacht?

Nein, es ist niemals Feierabend, denn der braune Sumpf in den Köpfen ist immer da, das wusste der deutsche Barde Franz-Josef Degenhardt. Seine Lieder schwebten so frei über der freiheitlichen Grundordnung, dass sie in öffentlich-rechtlichen Kanälen nach den 70ern nicht mehr gespielt wurden. Wo es einen Untergrund gibt, gibt es einen Obergrund, wo das jahrelange Schlechtreden der Arbeitsmigranten und die Aushöhlung des Asylrechtes Humusboden sind für die da unten und ihre ganzen kleinen Adolfe, die den Marschtakt kennen. Um es mit der taz gereimt zu sagen - die Liedermacher von heute sind aushäusig und singen bei Occupy Burg Waldeck:

Zig Jahre kriegten die Ermittler
trotz Spurenlage nichts heraus.
Ein Hakenkreuz, ein Gruß von Hitler.
Das sah für sie nach Unfall aus.

*** An dieser Stelle auf einen vierzehn Jahre alten Text zum Verfassungsschutz zu verlinken, mag seltsam anmuten, denn die Zeiten haben sich ja soooo geändert. Nicht geändert hat sich jedoch die zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes, darum ist dieser Text aktuell und sei, bei aller verquerer Hegelei, den ach so überraschten Politikern zur Lektüre empfohlen. In einer Demokratie ist ein Geheimdienst, der die transparente Demokratie kontrollieren soll, ein schlechter Witz. Über 100 V-Leute arbeiten heute in der rechten Szene und dokumentieren mit ihrer Arbeit die Nutzlosigkeit des Systems, das entstand, als alle die Ärmel aufkrempelten und sich ins Vergessen stürzten. An dieser Stelle müssten alle mutigen Journalisten stehen, die beharrlich mitverfolgen, was sich im braunen Dreck abspielt, doch greife ich neben dem verlinkten Burks einen Göttinger heraus, der seit eben diesen vierzehn Jahren unter Beobachtung steht, angeblich wegen linksextremistischer Handlungen. Doch siehe da: Kai Budlers Spezialgebiet ist die Berichterstattung über den Rechtsextremismus. Seine Beobachtung flog auf, als Budler über den Dresdener Handygate-Skandal ermitteln konnte, dass er auf der Liste der Verfassungsabschaffer stand.

*** Wie sang dereinst Franz-Josef Degenhardt in seiner großen Schimpflitanei über deutsche Fanpost in einer Zeit, als es noch nicht dieses Web 2.0 mit seinen Feed-Back-Tritten gab:

Meinem alten Schutzpatron,
Dieb und Dichter, Franz Villon,
sing‘ ich oft auf seinem Grab,
lacht der sich die Eier ab
über diese Litanei,
und dann singen wir zu zwei:
Wenn ich an dem Galgen häng
und mir wird der Hals zu eng,
weiß nur ich, wer da so log
und wie schwer der Arsch mir wog.

*** Die Zeiten, sie haben sich geändert. Degenhardt sang in den miefigen und piefigen Sechzigerjahre, als Polizisten noch Schutzmänner hießen, die Kirche mitten im Dorf stand und der Kommunismus noch ein Ausweg schien. Heute ist das Wort Schutzmann verschwunden. Ganz im Gegenteil wird besorgt darüber berichtet, wie Polizisten sich an ihren Namensschildchen schneiden, was prompt zur Forderung nach der Abschaffung der Kennzeichnungspflicht führt, weil die armen Polizisten ja geschützt werden müssen. Und der Chronist der miefigen Zeit singt von ganz, ganz unten:

Hier ist mein Testament zu Ende,
feiert ein schönes Leichenfest.
Gleich ob ihr mich nun zur Legende macht
oder ob ihr mich vergesst.
Ich bin dann längst im Land der Toten,
wo ich nun wirklich nichts mehr brauch.
Wo längst die meisten von uns ruhen,
irgendwann kommt ihr dann ja auch.

Was wird

Große Pech-Portionen? Auch früher hatten Journalisten keine Probleme, einen angeblich objektiven Bericht mit dem größtmöglichen Unsinn von einem höheren Wesen zu vermischen "Die traurige Begebenheit, welche sich vor ungefähr vier Wochen in der Nähe von Berlin ereignete, beschäftigt seit einiger Zeit die Aufmerksamkeit des Publikums. Dem Grundsatze treu, unseren Lesern mit der strengsten Gewissenhaftigkeit und Wahrheitsliebe, alle Thatsachen zur Geschichte der Zeit zu liefern, schwiegen wir bisher über diesen Vorfall, wartend, bis wir aus ächten Quellen eine durchaus wahre, unverfälschte Darstellung eines Ereignisses mitzutheilen im Stande wären, welches neuerdings beweist, auf welche Verirrungen und Abwege der Mensch durch Vergessenheit und Hintansetzung alles höheren Glaubens gerathen könne!" Die Rede ist, wieder einmal, von Mord und Selbstmord vor 200 Jahren, begangen durch den ersten Vertreter der Generation Praktikum, der wahlweise auch der Dichter des Kontrollverlustes ist. Ohne Lebensperspektive erschießt Heinrich von Kleist die krebskranke Henriette Vogel und will sich dann adelstandgemäß erschießen, erstickt aber an dem Pulverdampf. Zuvor schrieb er an seine Lieblingsschwester Ulrike den sattsam bekannten Brief: "...die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war."

Der durch Europa trampende Kleist war ein Sucher nach der unbedingten Wahrheit, bis zur Erkenntnis, dass diese nicht zu haben ist: "Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten, so würden sie urteilen müssen, die Gegenstände, welche sie dadurch erblicken, sind grün – und nie würden sie entscheiden können, ob ihr Auge ihnen die Dinge zeigt, wie sie sind, oder ob es nicht etwas zu ihnen hinzuthut, was nicht ihnen, sondern dem Auge gehört. So ist es mit dem Verstande. Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint. Ist das letzte, so ist die Wahrheit, die wir hier sammeln, nach dem Tode nicht mehr – u[nd] alles Bestreben, ein Eigentum sich zu erwerben, das uns auch in das Grab folgt, ist vergeblich." Statt der Augen grüne Gläser? Welchen Science Fiction hat Kleist da im Sinn? Ist es der grüne Phosphor der Monitore, auf denen erstes Leben im Internet entdeckt wurde, das Grün des ursprünglichen Auftritts des bebrillten Big Brothers? Das Gegenstück zu Hal 9000? "Mein einziges, mein höchstes Ziel ist gesunken, und ich habe nun keines mehr –"

***Morgen wird Bundestagspräsident Norbert Lammert feierlich die Kleist-Promenade eröffnen und den Audioguide auf dem Smartphone starten, zum verzückten Wandeln in der stillen Bucht am See auf der Suche nach eben jener Vertiefung, die durch das Ausrotten eines Baumes entstanden war, in hehren Sphären schwebend deutsche Verzweiflungskultur genießend Wen stört es da, dass die neue Kleist-Promenade unvollendet ist, weil der von der Berliner Stadtregierung finanzierte Schülerruderverband Wannsee e.V. auf Kleist scheißt?

Quelle : www.heise.de

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #371 am: 27 November, 2011, 00:11 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist schon ein Kreuz mit dem Internet. Da regt sich die Sicherheitswelt über den Cyberangriff auf eine Wasserpumpe auf, der von Russland aus erfolgte und dann stellt sich dieser Angriff als Wartungsarbeit eines Service-Technikers heraus, der in Russland unterwegs war. Derweil wird in Putins Pumpenreich an ganz realen Angriffsplänen gebastelt, werden die markanten Iskander-Raketen um Krasnodar und Kaliningrad aufgestellt, um beizeiten gegnerische Informationsfunktionen zu zerstören. Wenn dann die verschiedenen "Schutz-Schilde" über unseren Köpfen zusammenkrachen, werden wir erleichtert aufatmen im Wissen, dass das Internet nicht betroffen ist.

*** Wenn dann noch das Internet sicher ist, weil es vom Über-Russen Jewgeni Kaspersky gesichert und gesäubert wird, dann wird alles gut. Der Mann, der vom verängstigten "Digitalen Denken" der Frankfurter Zeitung angehimmelt wird, weil er Internet-Pässe, strenge Internet-Gesetze und eine eigene Internet-Polizei fordert, verkauft auch nur das Schlangenöl der Marke "Anti-Virus", aber das besser als andere. Deshalb darf er auch als Vertreter der Branche an hochwichtigen Konferenzen teilnehmen, auf denen der Cyberraum durch internationale Anstrengungen geschützt wird. Die naheliegende Antwort der Sicherheitsprofis, dass die "hochgezüchtete Infrastruktur, bei der alles, Energieversorgung, Flughäfen, Eisenbahnen, Geldverkehr, Krankenhäuser, an Computern hänge", schlichtweg entkoppelt werden muss, ist Kasperskys Sache nicht. Wobei auch das richtige Entkoppeln gelernt sein will: Wie Vattenfall und Motorola in dieser Woche stolz verkündeten, wird das Mittelspannungsnetz in Hamburg und Berlin via TETRA gewartet. Wer erinnert sich da nicht an Aussagen des Osmocom-TETRA-Projektes über das ungesicherte Vattenfall-Netz?

*** "Ich habe in meinen jüngeren Jahren öfter erlebt, wie alte Männer ihre Lieder noch selbst gesungen haben, und es hat mir jedes Mal mißfallen. Bei einem Lied kommt es ja auch auf den Text an, und worüber soll ein alter Mann singen? Über die Liebe? Lächerlich! Über seine Träume? Wen interessiert das? Wenn er seine Träume sein ganzes Leben lang nicht verwirklichen konnte, soll er es bleiben lassen! Über Politik?"

Georg Kreisler singt nicht mehr, nicht jetzt und nicht in diesem unseren Leben, in dem Anstandsvergifter wie er selten geworden sind. Über Politik? So klang sein Gesang Was für ein Ticker ist ein Politiker:

Ja, die Welt ist eine Ansammlung von komischen Tieren,
Die sich an das Leben klammern und nur selten amüsieren.
Um gleich alle zu beschreiben fehlt die Zeit mir momentan,
Und so führe ich nur einige als Beispiel an:

Ja, ein Dramatiker ist ein Stückeschreiber,
Und ein Fanatiker ist ein Übertreiber,
Und ein Botaniker ist ein Blumengießer,
Und ein Romantiker ist ein Frauengenießer,
Ein Philharmoniker ist ein Staatsmusiker, Der Pension kriegt, wenn er nicht mehr gut gefällt -

Aber was für Ticker ist ein Politiker,
Woher kommt er und was will er von der Welt?
Aber was für Ticker ist ein Politiker,
Woher kommt er und was will er von der Welt?

*** Die Antwort ist natürlich, dass die Welt den Politiker nicht braucht und es ihn in Zukunft nicht mehr gibt. Die Welt braucht keinen zu Guttenberg, höchstens die "Zeit", die bis zuletzt seinem wie ihrem Leistungsfähnlein ehrerbietig die Treue hielt. 80 Disketten später sind wir klüger: zu Guttenberg war auf einer Dienstreise in Polen und konnte einfach nicht reagieren. Das las sich damals aber ganz anders: Er ließ die Süddeutsche Zeitung wissen: "Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen. Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt." Wer ein Comeback mit einer Lüge beginnt, darf wohl ein Lügenbaron genannt werden.

*** Wie ticken eigentlich Politiker ist eine Frage, die sich übrigens parteiunabhängig stellt. Zu den besten Antworten zählen die Beiträge von Tom Wicker, der ebenfalls gestorben ist. Auf seinen Schultern tummeln uns wir Zwerge und schauen in trübe Wasser. In diesem Sommer ist der in Berlin-Charlottenburg lebende Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele mit seiner Frau im eutrophierenden Weinheimer Waidsee schwimmen gewesen. Dabei schwammen sie offenbar in einem nicht für Schwimmer zugelassenen Bereich, in dem Jugendliche eines Angelklubs die Karpfen mit Boilies anfütterten. Das sind harte Kugeln, die von den Carpern ins Wasser geschleudert werden, um die dicken Brocken anzulocken. Die Frau des Kreuzberger Politikers wurde von einer dieser Kugeln am Kopf getroffen und zeigte Tags darauf den 13-jährigen Täter an. Was angesichts des Alters schon Unfug ist, mutierte mit einem Blog-Eintrag am Dienstag mitten im November endgültig zur Posse. Der sonst für Deeskalation werbende Ströbele beauftragte mit Jonny Eisenberg ausgerechnet den härtesten Anwalt von Berlin mit der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte gegenüber einem Lokalblog, da er die von den Behörden gegebene Fehlinformation beanstandet. Der Anwalt, der auch die Interessen von Wikileaks-Chef Julian Assange in Deutschland vertritt, wird sicher dafür sorgen, dass der/die/das letzte Boilie noch lange nicht geworfen ist. Und wie das mit den Abmahnungen ist, das hat ja gerade einer etwas deutlicher artikuliert, der bei diesen kleinen WWWW-Verlag, der ansonsten auch über Abmahnindustrien aufklärt, meist nicht so oft vorkommt.

Was wird.

Ach, herrlich werden diese Tage, gibt es doch immer wieder äußerst Besinnliches zur Vorweihnachtszeit. Vor allem die US-Amerikaner machen uns da einiges vor, wie immer haben wir viel aufzuholen, oder? Auf Thanksgiving folgt Black Friday - auf den Fressanfall der Kaufrausch. Und auf den Black Friday der Cyber Monday - nach dem Fressanfall und dem Kaufrausch das Onlinebestelldelirium. Und alle Welt blickt wieder einmal auf dieses unser Land und stellt sich die alles entscheidende Frage. Nein, nicht, wann Angela Merkel nun doch endlich Eurobonds akzeptiert. Nein: Will Deutschland denn den Startschussknall fürs Weihnachtsgeschäft nicht auch endlich hören? Wenn man Dreitagebärte sexy findet, warum nicht auch einen auf drei Tage ausgewalzten Cyber Monday? Der Online-Handel jedenfalls operiert getreu dem Motto "die Wissenschaft hat festgestellt, dass Cyber Monday Geld enthält": In den USA startete er laut Wikipedia am 28.11.2005 als ein Tag, an dem jemand entdeckte, dass an diesem Tag die Online-Verkäufe rasant hochgingen – wohl als Folge des davorliegenden Black Friday. In Deutschland allerdings leiden beide US-Erfindungen zur Konjunkturbelebung unter gewissen Akzeptanzschwächen, aber das erging Halloween und Valentinstag am Anfang auch nicht anders. Vor allem ist hierzulande eine seltsame Vereinnahmung durch große US-Firmen zu beobachten. Der Black Friday könnte hier auch gut als Apple Day durchgehen. Der Cyber Monday scheint in Deutschland lediglich eine Amazon Celebration darzustellen. Da steckt Potenzial drin. Wie wärs mit dem Google Feast? Dem Microsoft Memorial? Oder gleich dem Saturn-Feiertag und dem Media-Markt-Festtag. Das Grauen. Das Grauen. Was für verheerende Folgen so eine Tagesüberdehnung haben kann, lässt sich jedes Jahr aufs Neue am Rosenmontag beobachten.

Nun gut. Totensonntag ist vorbei, doch das ist uns einerlei: Wie wir nun bereits wissen, war am Donnerstag in den USA Thanksgiving Day und Truthahngemetzel, doch IBM lieferte seinen Einspruch gegen SCO und damit geht die einzig wahre unendliche Geschichte in eine neue Iteration, komplett mit neuem Richter. SCO ist längst Geschichte, die Ritter-Reste firmieren unter TSG, doch zwei Konstanten bleiben: Die super erfolgreiche Anwaltskanzlei des Staranwaltes David Boies ist weiter dabei, weil sie Ende 2003 einen Vertrag akzeptiert hat, gegen einen 20-prozentigen Anteil an SCO den Prozess bis zum Ende durchzuziehen. Damals glaubte man, mindestens 49,4 Millionen Dollar von IBM zu bekommen. Auch nach wie vor dabei: die IBM-Anwälte, deren Rechnungen bezahlt sind.

Eine besondere Art von Totensonntag feiert heute übrigens Baden-Württemberg. Dort gibt es eine Volksabstimmung, die vom Procedere her unfein angelegt ist. Eigentlich hätte bundesweit das ganze deutsche Volk zur Frage abstimmen müssen, wie schlimm es ist, im Zug auch mal rückwärtszufahren. Doch diese Frage wäre voller Risiko, wo braune Seilschaften doch nichts lieber wollen als rückwärts zum Führer.

Unter der Woche muss vor Twitter & Co. gewarnt werden. Die Operation Lükex 2011 zum Cyberwar läuft an, unter "Einbeziehung der sozialen Medien". Wenn ein Tweet im besten Stil von Orson Welles davor warnt, dass die Chinesen angreifen und erste Trojaner im Handy von Kanzlerin Angela Merkel aufgetaucht sind, muss am Anfang und Ende des Tweet das Wort ÜBUNG beachtet werden. Jede Wette, dass dies übersehen wird. Begleitet wird die Cyberwar-Übung von einem Kongress der Cyberwar-Spezialisten. Wer gewonnen und wer verloren hat, darüber informieren wir, desorientiert wie immer am Rande der norddeutschen Tiefebene.

Wo es ein Tief Unten gibt, gibt es auch ein Ganz Oben. Das ist diesmal in München: Gar mächtig wirft der IT-Gipfel 2011 seine Schatten voraus. "Wirtschaft, Wachstum, Wohlstand" wollen definiert werden, nicht dieses doofe World Wide Web akzeptiert. Zu einer App hat es gereicht, die Android-Version war unbezahlbar, die Microsoft-Variante verteilt die Firma selbst auf ihrem "Corporate Technical Responsibility Event" vor dem Gipfel. In lichten Höhen wird auf dem Münchener Messegelände die Strategie "Deutschland 2015" beschlossen, im "abgekordelten Bereich zwischen Themeninseln und Zukunftsraum" werden wir Journalisten delirieren. Europa ruft? Macht nix, wir leben am E-Fluss. Und wie war das noch mit Prussland?.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #372 am: 04 Dezember, 2011, 07:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Die Sprache springt aus dem Ämter- und Zeitungsdeutsch heraus, in das sie eingewickelt war, und erinnert sich ihrer Gefühlswörter. Eines davon ist "Traum". Also träumen wir mit hellwacher Vernunft. Stell dir vor, es ist Sozialismus, und keiner geht weg! Sehen aber die Bilder der immer noch Weggehenden, fragen uns: Was tun? Und hören als Echo die Antwort: Was tun! Das fängt jetzt an, wenn aus den Forderungen Rechte, also Pflichten werden: Untersuchungskommission, Verfassungsgericht. Verwaltungsreform. Viel zu tun, und alles neben der Arbeit. Und dazu noch Zeitung, essen! Zu Huldigungsvorbeizügen, verordneten Manifestationen werden wir keine Zeit mehr haben. Dieses ist eine Demo, genehmigt, gewaltlos. Wenn sie so bleibt, bis zum Schluß, wissen wir wieder mehr über das, was wir können, und darauf bestehen wir dann. Vorschlag für den Ersten Mai: Die Führung zieht am Volk vorbei." (Christa Wolf)

*** Nein, die Sprache hat längst nicht mehr die Gefühlswörter im Angebot und die Führung zieht von IT-Gipfel zu EU-Gipfel und höchstens dann am Volk vorbei in die VIP-Lounge, wenn es ein Fußballländerspiel gibt. Tief ist Christa Wolf im Wendeland gefallen, als bekannt wurde, dass sie als IM Margarete von 1959 bis 1962 drei Berichte geschrieben hatte. Die wichtigste deutsche Schriftstellerin der Gegenwart ist gestorben. Was bleibt, sind ihre Bücher und keine Gefühlswörter: "Lasst euch nicht von den Eignen täuschen", sagt ihre Kassandra und wir schauen hin und lesen Zeitung, lesen im Internet die Täuschungen, wieder und immer wieder.

*** Lasst euch nicht von den Eignen täuschen: Es ist absurd und abschreckend, wie routiniert und gedankenlos Polizei und Politik von der Vorratsdatenspeicherung als Kampfmittel gegen die Terroristen vom "Nationalsozialistischen Untergrund" schwadronieren, während sie gleichzeitig die Bevölkerung um Mithilfe bei der Terrorfahndung bitten. Nur zur Ent-Täuschung: Als die Zschäpe-Böhnhardt-Mundlos-Bande vor 13 Jahren in den Untergrund tauchte, war die Welt der Fahnder technisch noch in Ordnung, waren Prepaid-Angebote und Flatrates erst am Aufkommen. Wer jetzt davon schwadroniert, dass die FDP vor einem historischen Versagen steht, wenn sie die Vorratsdatenspeicherung weiterhin ablehnt, hat das historische Gedächtnis eines Grottenolms.

*** Untersuchungskommission, Verfassungsgericht. Verwaltungsreform: Die Pflichten, von denen Christa Wolf für ihren Teil von Deutschland sprach, stünden der ganzen neuen deutschen Republik zur Zier. Es musste erst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über den Polizeigewahrsam urteilen, damit die Festnahmen beim G8-Gipfel in Heiligendamm als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention gesehen werden. Die fünf Tage lang dauernde Inhaftierung wegen der Transparente wie "free all now" war ein ungerechtfertigter Freiheitsentzug. Bemerkenswert an dem Urteil ist, dass deutsche Gerichte alles rechtmäßig fanden und offenbar selbst das Bundesverfassungsgericht diese Variante der "Gefahrenabwehr" für unproblematisch hielt. Die Antwort auf dieses Urteil ist bekannt und bereits in aller Schlichtheit aufgeschrieben: Statt der Tat wird die Gesinnung bestraft, werden Huldigungsvorbeizüge wieder modern. Das sollte allen zu denken geben, die sich berechtigterweise über den Wegfall der idiotischen Websperren freuen und sich in den Kommentaren an den Wendehälsen würgen.

*** Wir wissen heute nicht mehr über uns, aber wissen, was sie können. Mit den Spyfiles hat Wikileaks wahlweise eine Heldentat der Welt geschenkt oder schlicht die Kompilation des CCC-Vorstandes Andy Müller-Maguhn abgekupfert. Verdienstvoll ist es in diesen staatstrojanisch düsteren Tagen allemal, dass ein Firmenverzeichnis existiert, in dem alle verfügbaren Informationen über Software zusammengetragen wird, die "lawful interception" anbieten. Beide Sammlungen sind verbesserungswürdig, aber eine Anlaufstelle für alle, die nicht vor geschlossenen Nutzerbereichen umdrehen wollen. Erfreulich ist es auch, dass TV-Sendungen wie Panorama vom NDR und Fakt vom MDR die Sammlung als "Anstoß zu eigenen Recherchen" nehmen, während Wikileaks gewohnt großspurig von der ARD als Medienpartner spricht. Dort erfüllen die Spyfiles die Zusatzfunktion, die Entscheidung über die Zukunft von Julian Assange zu unterfüttern, die am Montag vom High Court bekanntgegeben wird.

*** Träumen wir mit hellwacher Vernunft oder ist es der bewusstlose Tiefschlaf im Analogen? Bundesinnenminister Friedrich hat eine Rede zur digitalen Kultur gehalten, die all diejenigen enttäuschte, die von Friedrich eine netzpolitische Grundsatzrede erwartet hatten. So konnte man allen Ernstes wehmütige Erinnerungen an die netzpolitische Grundsatzrede des Amtsvorgängers lesen, die dank eines besonderen Radiergummis längst aus den Hirnen der Innenpolitiker getilgt ist. "Frei, selbstbestimmt und eigenverantwortlich" im Internet handeln, dass ist keine CSU-Agenda. Dementsprechend ist die Ministerrede nicht in der Ruhmeshalle der Oratorien aufgeführt. Höhepunkte sehen anders aus, das wissen wir dank Winnie der Pu. "Ein Gedicht und ein Gesumm sind keine Sachen, die man so einfach packen kann, nein, man wird von ihnen gepackt. Und alles, was man dazu tun kann, ist, dorthin zu gehen, wo sie einen finden können." Solche Packstellen sind für Politiker bekanntlich die Gipfel, wie der kommende IT-Gipfel und der EU-Gipfel dahinter. So bleibt an dieser Stelle nur übrig, das Grußwort des CSU-Politikers Horst Seehofer zu verlinken, dessen Gesumm vielleicht noch stoibersche Bildkraft erreichen kann. Verknüft im Glanze dieses Glückes, komplett mit Minister zu Guttenberg: "So erleben wir, dass sich Mobilität von Straßen und Schienen löst und auf die Datenautobahn einbiegt. Sie erst verknüft die Wege zum Netz, und so wird Mobilität zur globalen Präsenz: Die Infrastruktur gewinnt eine vierte Dimension!" Mimimimimiiiii.

*** Apropos Musik. Es ist heutzutage wirklich ein Geständnis, wenn man eine dieser seltsamen Casting-Shows im TV für sehenswert hält. Aber ja: Voice of Germany bietet eine Phalanx guter Sänger und Musiker, die man nach alle dem Bohlen- und D!-Dreck nie erwartet hätte. Ganz nebenbei ist die Sendung ein gutes Mittel gegen die eigenen Scheuklappen: The BossHoss? Never ever. Aber vielleicht sollte man doch mal reinhören. Immerhin, die beiden BossHosser sind diejenigen in der Sendung, die am meisten zur Musik zu sagen haben. Und, hey: Ein bisschen Spaß muss sein. Auch in der Musik. Ein Hoch auf alle Scheuklappen, die fallen.

Was wird.

Noch vor dem IT-Gipfel gibt es ein Gipfelchen zu Berlin, auf dem die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte zur Debatte steht. Da ist vom Stuttgart 21 der Ärzte die Rede, die sich zwar heftig gegen die schnelle Online-Anbindung der neuen Kartenlesegeräte wehren, aber wie die Stuttgarter ihre Untertunnelung bekommen. Wobei das Bild schief ist wie die Auffahrt auf eine bayerische Datenautobahn: Die sicheren VPN-Tunnel, die dank besonderer Konnektoren die Verbindung zu den Servern der Krankenkassen aufnehmen sollten, will niemand mehr haben. Die Industrie jubelt und verspricht einfachere Geräte nach "internationalen off-the-shelf-Standards". Vom einstmals vorbildlichen Leuchtturmprojekt bleibt nicht einmal das Fundament über, auf dem der Hohlkörper stand.

Die Spartakiade ist Geschichte, die Spackeriade kommt. Es ist eine kleine neue Konferenz, die nach der Idee der Post Privacy neue Antworten für einen zeitgemäßen Datenschutz zu sammeln versucht. Schließlich zeigen gerade die Spyfiles und die neuen Zahlen zum Bayern-Trojaner, was die Privatsphäre wert ist: Nichts. Screenshots wurden in Bayern auch nach dem Verbot von Screenshots durch das Landgericht Landshut angefertigt, was die "Lawful Interception" schlicht auf "Full Interception" reduzierte. Wenn das Private aber politisch ist, dann muss man drüber reden. Das hat die Spackeria begriffen.

"Was für eine vorzügliche Einrichtung, daß die Gedanken nicht als sichtbare Schrift über unsere Stirne laufen. Leicht würde jedes Beisammensein, selbst ein harmloses wie dieses, zum Mördertreffen.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #373 am: 11 Dezember, 2011, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** A Night Like This: Von fernen, fernen Gipfeln klingen leise Melodien. So groß ist das Getöse um den Ausstieg Großbritanniens aus der EU, dass sie nicht mehr hörbar sind, die leisen Klänge. Während die Briten ihren Kampftee schlürfen, sei doch noch einmal an den IT-Gipfel der Bundesregierung erinnert, auf dem der Bitkom-Vorsitzende Kempf sagte, dass ELSTER und ELENA Ausrutscher waren, die nur passieren konnten, weil man nicht mit denen geredet habe, die heute im Netz leben. "Müssen wir nicht den ein oder anderen Nerd-Dialog öffnen?", um vom Wissen der Leute zu profitieren, die beim Worte Datenautobahn Lachkrämpfe kriegen, fragte Kempf sein Publikum. Ach ja, Nächte wie diese: Da hatten die Nerds längst Tränen in den Augen von der Diskussion um die Anschnallpflicht, die Innenminister Hans-Peter Friedrich auf dem Gipfel bewegte. Für sich genommen nichts Neues, denn seit der Einführung des elektronischen Personalausweises erhält jeder Bundesbürger mit dem Kärtchen ein Heftchen, in dem an seine staatsbürgerliche Pflicht erinnert wird, Virenscanner und Firewall stets auf dem neuesten Stand zu halten. Was jetzt noch fehlt, ist das Tagfahrlicht im Browser und dieser europaweit funktionierende Notrufknopf, mit dem man rund um die Uhr Hilfe bekommt. OK, ein kleiner Button im Stil einer Gegensprechanlage, mit der der nächste Nerd im Umkreis zum Skypen über ein Computerproblem gerufen wird, wär auch was Feines. Wir müssen eben den einen oder anderen Nerd-Dialog öffnen, auch wenn die Gegenseite schwer verständlich etwas von geschlossenen Schlössern erzählt, die oben im Browser das Vertrauen der Bürger in den Staat dokumentieren.

*** Die schnelle Suche nach Gesichtern in den Sammlungen bescholtener Bürger ist seit Alphonse Bertillon ein wichtiges Hilfsmittel der Kriminalistik. Nun hat Google seine Gesichtserkennung eingeführt, eine Qualitätsentwicklung des deutschen Informatikers Hartmut Neven, Schüler des großen Valentino Braitenberg. Entsprechend fallen die Kommentare im Forum aus, was sich wahlweise Big Brother, die Stasi und US-Geheimdienste über die forensischen Daten bei dieser optionalen Funktion doch freuen können. Böses Google, schlimmes Facebook? Diese simplen Zuweisungen sollen doch bitte nicht über die große Freude hinwegsehen, dass Deutschland bei der Gesichtserkennung eine führende Rolle spielt und auf dem IT-Gipfel stehend anderen zeigt, wie leistungsfähig seine Informatik ist! Man denke nur an das Projekt EasyPass, in dem die Gesichtserkennung von L1-Identity eingesetzt wird, quasi eine Bochumer Erfolgsgeschichte. Oder wie wäre es mit der Firma DotNetFabrik, deren Software DoublePics in der Bildersuche bei kinderpornografischen Inhalten eine wichtige Rolle spielt. Nicht zu vergessen die DigitEV, deren Erkennungs-Software VizXview bei kinderpornografischem Videomaterial zum Einsatz kommt. Oder wie wäre es mit der Dresdener Firma Cognitec, deren Erkennungs-Software im Polizeiinformationssytem INPOL sucht. Deutsche Wertarbeit, ganz abseits aller Quatschereien von Sozialen Netzwerken und germanischen Clouds.

*** Oh, es hat noch andere Gipfel in dieser Woche gegeben. Nehmen wir nur das Kraxeln auf den Gipfel der Verlogenheit bei der SPD, die sich auf ihrem Parteitag erneut für die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Das kann man machen, wenn man mit der Sparfüchsin eine "große" Koalition eingehen will. Unredlich ist es aber, das Quick-Freeze-Verfahren der Koalitionskonkurrenz als Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze zu denunzieren, wenn man das gesamte Volk unter einen Anfangsverdacht stellt. Ist ja nur für drei Monate? Wer hinkt heran, bei den nunmehr Ceska-Morden genannten Taten von 2000 bis 2006 die Wunderwaffe Vorratsdatenspeicherung zu ziehen? Eine Polizei, die auf dem rechten Auge so blind ist, dass die Ermittler eine rechtsradikale Tat gar nicht in Betracht ziehen, wird auch mit ein paar Terabytes großen Datenberg der letzten 10 Jahre nichts finden können, außer dass man immer wieder V-Leute des Verfassungsschutzes kontaktierte. Wenn dann die Argumente für eine Totalüberwachung ausgehen, der Schwachsinn von personenbezogenen IP-Adressen aufhört, dann ist es an der Zeit mit "der EU" zu rasseln, die jetzt angeblich Strafzahlungen in die Wege leiten will. Wenn die Bundesjustizministerin Recht hat, gibt es solche für den Dezember angedrohten Sanktionen nicht.

*** In deutschen Buchhandlungen ist in dieser Woche eine hübsches Lesepröbchen aufgetaucht, ein paar Seiten aus Tim Weiners demnächst erscheinenden Buches über die wahre Geschichte des FBI. Im Mittelpunkt der Geschichte natürlich die Erzählung über den FBI-Diktator Edgar Hoover, der nicht nur seine Homosexualität unterdrückte, sondern die Demokratie auflösen wollte. 1950 zum Start des Kalten Krieges prophezeite Hoover Selbstmordanschläge mit Flugzeugen, die Atombomben an Bord hatten sowie Sprengstoff-Aktionen aus dem kommunistischen Untergrund durch Leute "die bereit sind, sich selbst zu opfern". Seine fortgesetzten Warnungen führten zum Gesetz über innere Sicherheit, der Aussetzung verfassungsmäßiger Schutzrechte, der Sicherungsverwahrung subversiver Elemente auf unbestimmte Zeit und der Verhaftung von US-Bürgern aus politischen Gründen. Die Selbstmordattentäter kamen 51 Jahre später. Das Vergangene ist nie tot, es ist nicht einmal vergangen, schrieb William Faulkner. In einer Nacht wie dieser, in der der Mond die Nacht über der norddeutschen Tiefebene stahlblau leuchten lässt, bleibt nur die Hoffnung, aus der ewige Reboot-Schleife untoter Sicherheitsparanoiker endlich ausbrechen zu können.

Was wird.

Hurra, hurra, wir bekommen ein neues Kompetenzzentrum zur Bekämpfung der Internetkriminalität. Als erstes darf es sich mit Kompetenz anreichern, wie die bestellte Software zur Quellen-TKÜ wirklich auszusehen hat. Ob zu einer "Leistungsbeschreibung" ein ordentlicher Code Review gehört? Noch schöner ist es freilich, dass wir auf EU-Ebene eine "Initiative zur Freiheit im Internet" bekommen, mit Karl Theodor zu Guttenberg, 80 Datenträgern und Neelie Kroes. Das Programm der Initiative: Das Internet muss endlich ein rechtsfreier Raum sein, in dem Texte ohne die autoritären Neider von Guttenplag zusammengeklickt werden können. Keine Schnüffelsoftware für Diktatoren! Kein Schnüffeln hinter Doktoren!

Zwischen 100.000 und 150.000 US-Dollar sollten es schon sein, wenn man am Dienstag vorhat, den Gründungsvertrag von Apple zu erwerben. Als Steve Jobs und Steve Wozniak ihre Firma gründeten, war ein Dritter dabei, der als Schlichter zwischen den beiden fungierte und dafür 10 Prozent der Firmenanteile bekommen sollte, während die beiden Steves es bei 45 Prozent beließen. Wenige Tage nach Abschluss des Vertrages bekam Ron Wayne kalte Füße und ließ sich sich ausbezahlen, insgesamt 2300 Dollar. Ähnlich wie Tim Paterson mit seinem Quick and Dirty DOS muss sich Wayne bis heute die Fantastilliarden vorrechnen lassen, die ihm entgangen sind. Auch an der Auktion verdient er nichts, da er die Papiere für 500 Dollar an einen Händler verkaufte. Wenn die Auktion läuft, wird man ihn wohl in seinem Lieblings-Casino in Las Vegas sehen können, wo er zwei Mal die Woche spielt und auf den Jackpot seines Lebens wartet. Geschichte kennt keine Moral.

Bekanntlich ist das Websperren-Gesetz beerdigt worden. Doch manche Tote sind richtige Untote. "Bei unerwünschten Teilnehmern wird von innen an den Sargdeckel geklopft", heißt es in der Traueranzeigen, "Am'n Bani", einem der letzten radikalen Betriebsratsarbeiter. Andere steigen als Zombies aus den Gräbern und wanken hungrig in die nächste Stadt. Die Zugangserschwernisse gehören dazu, diesmal ganz ohne "Schützt die Kinder!". Am Donnerstag wollen 15 Bundesländer den neuen Glücksspielstaatsvertrag unterzeichnen, mit dem 20 Lizenzen für Internet-Glücksspiele an Firmen vergeben werden, die dafür eine neue Spieleinsatzsteuer bezahlen. Die rund 360.000 Spielsüchtigen in Deutschland werden in einer Spielsuchtdatei gespeichert und bekommen eine hübsch designte Zugangssperre zu sehen. 15 Bundesländer sind kein Schreibfehler: Schleswig-Holstein fehlt, das zusätzlich Sportwetten, Online-Casinospiele und insbesondere Online-Poker erlauben will. Natürlich nur für die, die "Schleswig-Holstein meerumschlungen" singen können. Alle anderen werden technisch ausgeschlossen, es gilt das umgekehrte Hamburg-Prinzip. Hamburg, Hamburg, da war doch was? Genau: Das erste deutsche Online-Casino lebte nur kurz – und kontrollierte die Hanseaten mit einem automatischen Datenabgleich mit dem Melderegister.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #374 am: 18 Dezember, 2011, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Schmuddel, Schmuddel über alles. Das beginnt schon beim Wetter mit diesem unordentlichen Schneematsch, den der bereits enzyklopädisch verarbeitete Orkan Joachim auf die norddeutsche Tiefebene geklatscht hat, auf dass selbst das hässliche krüppelwalmdachig protzende Präsidentenhaus nur grau in grau großburgwedelt. Der Schmuddel reicht von der Osnabrücker Theaterpassage bis ins ferne Berlin und da jibbet es nix zu Schmuchn, das ist hohe Politik und Schmuddel in Vollendung. 500.000 Tacken zu rabattierten vier Prozent ohne Grundbucheintragung der Schuld, ausgezahlt mit einem anonymen Bundesbankscheck von einem Geldgeber aus der Schweiz zeigen den deutschen Präsidenten als Mietjungen, der "vollstes Vertrauen" in seinem Stuhlkreis genießt. Was für ein feiner Zug vom Innenministerium, dass es zeitlich passend den Fragen- /Antwortenkatalog zur Annahme von Belohnungen und Geschenken veröffentlicht, in der private Rabatte als unzulässige Vorteilsnahmen verboten werden.

*** Schmuddel, Schmuddel, wohin man guckt. Dabei hat alles so strahlend angefangen. Wie hübsch waren die Euro-Beutelchen zum Üben, die vor 10 Jahren als Starterkits ausgegeben wurden. Das niedliche Begrüßungsgeld führte zu der seltsamen Sportart, alle Euro-Münzen in einem Klappschuber zu sammeln. Europa war stolz auf seine Währung und in Griechenland bekam man für 5000 Drachmen 14,67 Euro. Was ist heute von Europa geblieben, fragt sich nicht nur der leicht entflammbare Jürgen Habermas. Darauf kann es doch nur eine Antwort geben: PECH! Das ist keine zähflüssige teerartige Masse, sondern der Fischereiausschuss, zuständig für Fischbestände und Fischereierzeugnisse! Was wäre Europa ohne diese zentrale Institution der Demokratie! Man überlege nur, welche Fragen der Fischereiausschuss behandelt oder behandelt hat. Erinnert sei an das europäische Überwachungssystem Echelon, dass am 20. Dezember 1996 im EU- Fischereiausschuss ohne begleitende Debatte beschlossen wurde. Dann wäre da noch die Sache mit den Software-Patenten, die offenbar schleppnetztechnisch eng zum Kompetenzraum des Fischereiausschusses gehören. Auch wenn die Sache knapp ausging und keine Regulierung von "computerimplantierten Erfindungen" erfolgte, war die Sache fischig-anrüchig wie im Laden von Ordralfabétix, wobei die Grünen in persona Renate Künast patzten. Nun hat der ruhmreiche Fischereiausschuss wieder zugeschlagen und ACTA ohne weitere Aussprache beschlossen. Die Welt wird in Handschellen einer Privatpolizei abgeführt, meint La Quadrature du Net. Zwar muss noch das europäische Parlament über ACTA abstimmen, doch was ist das schon, verglichen mit der geballten Weisheit des Fischereiausschusses, in dem Deutschland durch Jorgo Chatzimarkakis vertreten ist, dem anerkannten Spezialisten für Zitate. "Es ist kein Fisch ohne Gräten und kein Mensch ohne Mängel", sagte ein weiser Mann, lange vor der Existenz des Fischereiausschusses.

*** Wenn man Schmuddel frisiert und gut kleidet, dabei zurückhaltend mit Gel und Verstand umgeht, so entsteht ein Produkt, das sich vorzüglich als Berater der EU einsetzen lässt, etwa für die Stärkung der Internet-Freiheit und die Aufsicht über Software-Werkzeuge der Unterdrückung. Das Ganze bitteschön durchzuführen auf dem Wege der Fernbeobachtung aus den USA heraus, damit das Treiben von Firmen wie Gamma International ungestört weitergehen kann. Der Gedanke, der hinter dieser Aktion steht, dürfte auf viele Jahre hinweg ein glänzendes Beispiel für einen Social Hack abgeben. Wenn man indes die Antworten Revue passieren lässt, die EU-Kommissarin Neelie Kroes in ihrem Blog zulässt, dann lässt sich erkennen, wie aberwitzig das Vorhaben ist. "NoDisconnect" hat sich erst einmal dafür entschlossen, den Kontakt mit entrüsteten EU-Bürgern abzubrechen. Den vorläufigen Tiefpunkt der alltäglichen Schmuddelei erreicht die Geschichte mit einem Bericht in einem Meedienmagazin, dass die sachlich berechtigten Einsprüche gegen Karl-Theodor zu Guttenberg als Shitstorm denunziert.

*** Schmuddel hat übrigens nichts mit Sex zu tun, dieser durchaus achtbaren Komponente des menschlichen Zusammenlebens. Die einen freuen sich auf Sex und hoffen, dass heise.xxx die hammerharten Begierden der Geeks reflektiert, die anderen fürchten den Teufel und betreiben digitale Verhütung. Irgendwo dazwischen liegen die Berliner Piraten, ein politischer Zusammenschluss von Erwachsenen, die sich vom haarsträubenden Unsinn eines 16-Jährigen terrorisieren lassen, der angeblich IMSI-Catcher aufstellt und Störsender in seinem Rucksack trägt. Jede(r) der/die Kinder in dem Alter hat(te), kennt diese Phase voller Räuberpistolen und Sex-Speichereien, aber bei den Piraten reichte es aus, dass ohne Levitenleserei daraus ein unerträgliches Klima der Angst entstehen konnte, nicht ohne einen super-brandgefährlichen Hackerangriff. Was hier am Werke ist, kann als Gegenstück der von Burks so genannten German Internet Angst gelten, das dunkle Raunen von Menschen und Mächten, während der eigene Maschinenpark sträflich ungeschützt bleibt. Dazu passt natürlich die Darstellung, dass der CCC als großer Beschützer der Piraten einherkommt und allen Ernstes eine Person wie Karl Koch in dem Milieu für seine KGB-Hacks verehrt und gehasst wurde. Klittern wir die Geschichte, weil das alles so schrecklich schön-schauderig ist.

*** Christopher Hitchens ist tot. Der Journalist und Trotzkist, der wie kein zweiter vor den Gefahren der Religionen warnte, vor den Verheerungen, die der Glaube an höhere Wesen im Verstand anrichten kann, war vielen unbequem, weil er den nun beendeten Irak-Krieg begrüßte als Chance, ein bigottes System zu vernichten. Am Ende versöhnte sein Engagement als Bürgerrechtler ebenso wie seine Selbstversuche im Waterboarding. Unvergessen seine unversöhnliche Kritik der Mutter Teresa. Gestorben ist auch der geistige Vater von Captain America, der Comic-Veteran Joe Simon. Trotz wichtiger Urteile zu seinem Gunsten gelang es ihm nicht, die Rechte an seiner Figur zu erhalten, die er mit Jack Kirby entwickelt hatte. Die Rechte an seiner Figur haben Walter Giller nicht geholfen und er versackte in den Niederungen des deutschen Blödeltums. Als Conferencier des Lieds Computer Nummer Drei, die Nummer 1 der Heise-Hitparade, lieferte er vor allem im Abspann ein kleines Kunststück ab. Etliche Lieder von France Gall wurden übrigens von Joe Dassin geschrieben, dem Sohn von Jules Dassin, der heute vor 100 Jahren geboren wurde.

Was wird.

Bekanntlich wird es bald eine neue Datensupersammlung geben, das Abwehrzentrum gegen den Rechtsextremismus (GAR). Es ist schade, dass viele Menschen, die sich über den datensammelnden Staat entrüsten, sich nicht über diese neue Sammelleidenschaft entrüsten. Was bleibt, ist ein Datenschützer wie Thilo Weichert, der die gemeinsame Nutzung der Daten durch Verfassungsschutz und Polizei als rechtswidrige Aktion abkanzelt und eine tagesszeitung, die diese Stellungnahme für derart unwichtig hält, dass sie nicht im Internet erscheinen kann. So entsteht eine neue Gesinnungsdatei und alles ist gut.

Weihnachten kommt und damit der Moment, an dem fröhliche Atheisten in Stimmung kommen, All I want is Jews zu singen, gegen die übliche Trantütigkeit. Will wirklich jemand dieser Sekte folgen, die Protagonisten in ihren Reihen duldete, die zehntausende Minderjährige vergewaltigt haben? Getoppt wird das Ganze natürlich von der Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten, unter dem Krüppelwalmdach, mit Kerzen und "Mitmenschen". Wir gehören zusammen. Wir stützen einander. Wir sind einander verbunden. Und sei es durch einen anonymen Bundesbankscheck.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
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Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )