Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 125359 mal)

0 Mitglieder und 10 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #270 am: 28 Februar, 2010, 07:45 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Where are the waves?" Während man sich heutzutage Tsunamis schon live angucken kann (ob man das möchte, oder muss, oder gar sollte, das ist wohl eine Frage, die nicht mehr diskutiert wird), und bei manchen Zuschauern sich schon Enttäuschung breit macht, hat Deutschland so seine eigenen Probleme. "Guten Tag, hier ist der Escort-Service Jürgen Rüttgers. Lernen Sie mit uns das schöne Nordrhein-Westfalen von seiner intimsten Seite kennen. Heute neu mit riesigem Willkomensbonus in unserem Casino. Zur schnellen Beantwortung Ihrer Anfrage drücken Sie bitte 1 für einen Termin mit dem Herrn Minister, 2 für eine anonyme kostenlose Stornierung eines Termins. Drücken Sie bitte 3 für die gerichtlich erzwungene Abfrage des Dienstfahrzeuges und 4 für aktuelle Daten der laufenden Videoüberwachungen. Für alle anderen Fragen warten Sie bitte auf Godot. Sie werden mit dem nächsten frei werdenden PayPol-Mitarbeiter verbunden. Zur Qualitätssicherung unserer privilegierten Politiker-Partnerschaft werden die Gespräche nicht aufgezeichnet."

Tüt-tüt-tütelidüüt

"Bitte haben Sie einen Moment Geduld. Alle PayPol-Leitungen sind belegt. in der Zwischenzeit hören Sie die Laudatio zur Verleihung der Moses-Mendelssohn-Medaille an den unentbehrlichen Berthold Beitz, exklusiv aufgezeichnet von unserem Escort-Service."

Tüt-tüt-tütelidüüt

"Guten Tag, mein Name ist Hasi 4, Schneeschipperin. Was kann ich für Sie tun?"

§5&%%%!!!'##<§@

"Ich kann Sie nicht verstehen. Telefonieren Sie vielleicht mit einem iPhone? Dann vermeiden sie bitte alle zweideutigen Begriffe wie Stellung, Position oder Bar."

§5&%%%!!!'##<§@

"Sex? Ach, Sie sprechen sächsisch? Einen Moment. Ich verbinde Sie mit Stanislaw Tillich Opreptions-Service.

*** Ganz Deutschland in der Hand von Politikern? Aber nicht doch. Sooo schlimm ist es ja doch nicht. Wir haben ja noch Experten und Berater, aufrechte Menschen mit unabhängigem Urteil wie etwa Roland Berger, dessen Gutachten "Telematik im Gesundheitswesen" 1997 den Durchbruch für die elektronische Gesundheitskarte brachte. Das war zu einer aufregenden Zeit, als Helmut Kohl noch für die Menschenwürde kämpfte und Experten den aufrechten Gang predigten. Nun sind wir in spätrömischer Dekadenz dabei, das Gesundheitswesen mit einer Kopfpauschale umzukrempeln. Wie versprochen und berichtet, hat Gesundheitsminister Rösler dafür nun eine hochkarätige Expertenkommission eingesetzt.

*** Für Aufsehen sorgte in dieser Woche der CDU-Politiker Siegfried Kauder. Um dem Eindruck einer gewissen Bestechlichkeit durch die Zeitungsverleger zu entgehen, erklärte er das von den Verlegern geforderte überlebensnotwendige Leistungsschutzrecht für halbtot. Mit dieser Halblebendigkeit lässt sich trefflich weiter verhandeln über den Schnüffel-Zuschlag für die freie Presse, die ach so stark unter Google und anderen Suchmaschinen leidet, die keine Detekteien für "lousy pennies" beschäftigen. Detekteien? Im Zoff zwischen der "Bunten" und dem "Stern" präsentiert sich der Zustand des Journalismus, halbnackt und im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflichten ausgesoßt. So lesen wir von der Dienst leistenden "Christian Max Kießling Group", dass Schrift und Layout der vom Stern präsentierten Schnipsel nicht der üblichen Vorlage für Arbeitsprotokolle entsprechen. Das nennt man dann wohl Formatierungsbetrug. Das ausgelagerte Drecksgeschäft der Güllefedern als journalistisches Söldnertum zu bezeichnen, ist noch die netteste Bezeichnung durch eine Edelfeder.

*** Wo die Grenzen der Pressefreiheit liegen, bestimmt das Gesetz. Doch die genaue Grenzziehung wird immer wieder ausgehandelt. Es ist kein Geheimnis, dass auch diese kleine Wochenschau und der Verlag, der sie veröffentlicht, sich dabei Beulen holten. Es passierte in einem Satz zur Realitätsverschiebung eines Anwalts, der eine Passion für Waffen hatte. Das Ganze illustriert mit einem Link zu militärisch drapierten Bildern, auf die der Anwalt selbst hingewiesen hatte. Den Vorgang bewertete das Gericht als Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Abgebildeten. Nun hat der Anwalt zur Waffe gegriffen in einer Situation, die er als auswegslos betrachtete und Suizid begangen. In einer Pressemeldung des FoeBuD zu seinem Tod wird die Ambivalenz deutlich, mit der die Netizen auf die Nachricht reagierten: "Nicht jeder mochte ihn, aber wir kamen immer mit ihm klar – obwohl auch wir nicht alles schätzten, was er so angestellt hat. [...] Er hat unseren Lebensweg bereichert; wir bedauern, dass wir in stürmischen Zeiten uns nicht besser um ihn kümmern konnten." So endete das Leben eines intelligenten Menschen, der sich selbst sein größter Feind war. Er fand Lücken im deutschen Rechtssystem, die er ohne Hemmungen ausnutzte. Einer von denen, die durch den Anwalt in den Bankrott getrieben wurden, schrieb in seinem Nachruf: "Er hätte als Techniker und Jurist so viel erreichen können, er hätte die nichtsahnenden Juristen fortbilden können in Sachen EDV. Es war aber seine Entscheidung, lieber negativ zu wirken. Dabei ist er nicht einmal reich damit geworden, sondern krank und einsam. Es soll uns eine Warnung sein. Wer mit den Menschen arbeitet, statt gegen sie, der hat am Ende mehr."

*** Olympia geht zu Ende. Der große Verlierer sind die Niederländer, die auf Sven Kramer und die Svenergy-Kampagne gewettet haben, in der Hoffnung, niedrige Strompreise zu bekommen. Dank eines Spurfehlers wird für sie der Strompreis steigen, während der Unbesiegbare den Sponsor wechselt. Witzbolde tippen auf TomTom. Der groß Gewinner sind die deutschen Skifahrerinnen, vom Boulevard als "Blitzmädel" ausgerufen, ohne jede Ahnung über die historischen Wurzeln. Wie war das noch im Februar vor 65 Jahren, als Frauenbataillone gebildet werden sollten? Das war ganz sicher nicht im Sinne der Gleichberechtigung. Was mich zurück in die IT-getränkte Welt bringt, in der die Wikiseite der Piratinnen vom Vorstand wegen eines Verstoßes gegen die Parteisatzung kommentarlos gelöscht wurde. Inzwischen ist die Löschung unter Vorbehalt revidiert, das Ganze eine Diskussionsvorlage geworden mit dem hintersinnigen Titel: Klarmachen zum Gendern. Ein Schelm ist der, der etwas vom Kentern liest.

Was wird.

Wie bereits in der letzten Wochenschau angedeutet, geht es nun zur Sache. Das Bundesverfassungsgericht gibt seine Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung unter dem Hashtag #vds bekannt und diese soll, wenn das Raunen eines Richters stimmt, von europäischer Tragweite sein und ein "Grundsatzurteil zu der Massenspeicherung von Telefon und E-Mail-Verbindungsdaten". Wer Nachhilfe braucht, warum das Urteil wichtig ist, sei noch einmal auf einen Text verwiesen, der mittlerweile auch für Menschen mit Papierallergie lesbar geworden ist.

Bleibt die Frage, ob sie ihn verstehen werden. Denn gerade die Apologeten des Social Web sind leider nicht die hellsten, wenn sie sich über Väterchen Datenschutz lustig machen und offenbaren, dass eine Straßenlampe mit Lichtsensor mehr "Intelligenz" besitzt als diese Allesinsnetzschreiber, bei denen es am Ende heißt: "Und außerdem bereitet es mir eine diebische Vorfreude, eifrige Mitarbeiter des Innenministeriums über permanent einflatternden buzzes, tweets und anderweitigen Updates Ihrer Zielpersonen verzweifeln zu sehen..." Für diese sozialen Vollpfosten zur Kenntnisnahme: Dafür gibt es eine Web 2.0-Software namens Centrifuge, die sowohl beim Verfassungsschutz wie beim Bundesnachrichtendienst eingesetzt wird und über das gemeinsame Antiterrorzentrum GTAZ in brüderlicher Nächstenliebe mit dem BKA geteilt wird. Den Firmensitz des Herstellers ist Pullach. Polizeiliche Vorfeldermittlungen in Sozialen Netzwerken wird längst auf Polizeischulen gelernt, verdeckte virtuelle Ermittler sind angedacht.

Väterchen Staat ist viel weiter als die Menschen, die im Kontrollverlust einen orgiastischen Zustand sehen. Es gibt dazu freilich auch die kaum weniger überdrehte Vision von Out of Control, wo alles längst verloren ist und die Schlachten längst geschlagen sind. Wie wäre es mit einer nüchternen, soma-freien Sicht auf das Jetzt.Sofort.Alles, ehe man unkritisch davon schwärmt, Teil einer digitalen Sphäre zu sein, die wie eine Waberlohe um uns flackert?

Dann wäre da noch die CeBIT, komplett mit stark geschrumpfter Partyliste und dem ausdrücklichen Hinweis, dass Messetickets auch Nahverkehrstickets sind: In dieser schönen Stadt braucht niemand den Käßmann zu machen, bis die Bürgersteige hochgeklappt werden. Das Gastgeberland ist Spanien mit Blick auf das Hinterland namens Lateinamerika, zentrales Thema ist der selbstbewusste Umgang mit dem Internet. Große Gebiete, große Worte. Wo fangen wir an, in welcher Halle? Wie wäre es mit dem Selbst, das mündig werden muss, ehe es bewusst handeln kann? Sonst bleibt es doch beim "großen Rundgang für farbiges Druckerpapier" und ähnlichen Übersprungshandlungen.

Denn Kurzschlüsse gibt es ohnehin genug. Man lese nur die Mitteilung der Datev-Steuerberater zum fast sehnsüchtig erwarteten elektronischen Lohnzettel, auf den sich deutsche Arbeitnehmer freuen. Nur lesbar mit dem elektronischen Personalausweis, dem großen CeBIT-Thema anno 2010. Natürlich ist das neue Kärtchen hochsupersicher, genau wie die deutschen elektronischen Reisepässe der murksenden Mossad-Agenten.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #271 am: 07 März, 2010, 07:44 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Die CeBIT ist vorbei, die Vorratsdatenspeicherung gekippelt, die Sauerland-Gruppe verurteilt. Der Schnee ist wieder da und SCO kann mit einer genehmigten Finanzspritze und kleineren Fleischwunden weiter machen. Eine Erfolgsmeldung reiht sich also an die andere. Wer will da mäkelig sein und die Meldungen ausklopfen wie den berühmten Schiffszwieback? Wer will die schöne neue Kommunikationswelt madig machen? Das WWWW natürlich: Nur hier gibt es das bewährte Grau in Grau, das Genöle und das platt Getretene, den Quark von gestern und den Käse von morgen.

*** Ein Herz für den Jammer, das ist es, was fehlt. Man lese nur die Beschreibung zur Verwanzung eines Mietwagen, den die doch so raffiniert vorgehende Sauerland-Gruppe gleich mehrfach anmietete, um das Gejammer über eine schnelle Reparatur des Vorratsdatenspeicherungsgesetzes als das zu Entlarven, was es ist, ein fröhliches Getrolle. Hinter der Tür wird dann gejubelt, weil abseits der Hürde eine nette Bürde geschaffen wurde, auf die die Maschinenräumerin aufmerksam macht: Es kommt der Tag, da wird Anonymisierungssoftware in Deutschland verboten sein. Der flottierenden Identität im Internet wird der Krieg angesagt, ein Trend, den De-Mail und der neue Personalausweis unterstützen. Niemand im Netz weiß, dass du ein Hund bist, aber jeder kennt deine Hundemarke und deine Vorlieben.

*** Ach, dummes Bürgerlein, das ist doch erst der Anfang der De-Anonymisierung, mit der die Deterritorialisierung des Netzes bekämpft wird. Hoch oben im Norden, wo die norddeutsche Tiefebene am riesigen Bungsberg endet, hat Dataport, der IT-Dienstleister der Behörden von Schleswig-Holstein und Hamburg, die Mail-Kommunikation auf eine Whitelist umgestellt. So wird aus dem ganzen E-Government-Gedöns eine Leerformel für all diejenigen, die "verdächtige" Mail-Adressen besitzen, so wird aus der E-Mail die U-Mail, die Untertanen-Mail für verifizierte Subjekte. Pfeifen wir auf den Tatbestand der Nachrichtenunterdrückung nach dem Telekommunikationsgesetz! Es ist schon schlimm genug, wenn es noch Internet-Provider gibt, die nicht 48.000 Euro an die FDP gespendet haben, in kleinen, gewellten Scheinen.  Da hilft nur kräftiges, lang anhaltendes Jammern.

*** Ob zudem die europäische Richtlinie über Bord geworfen werden kann, ist schwer die Frage.  Mit dem deutschen Urteil zeigt sich einmal mehr, wie problematisch diese Richtlinie ist. In einem aufschlussreichen Interview über die nicht vom Himmel fallenden Normen des deutschen Grundgesetzes kann man diesen wichtigen Gedanken komplementär zur Entscheidung des Verfassungsgerichtes lesen: "Die Gesetzgeber sollten sich öfter fragen: Muss etwas überhaupt geregelt werden? Und muss das unbedingt auf EU-Ebene stattfinden?" Wir haben die Wahl zwischen einer EU der Eurokraten und einer Völkerverständigung nach dem Vertrag von Lissabon. Jammern nutzt da gar nichts.

*** Die Bradyarthrie der Branche ist besiegt, schließlich soll das Treffen in Hannover 19 Milliarden Euro Investitionen generiert haben. Der "Investitionsstau" löst sich auf, feier Bahn dem freien Bürger im freien Netz. Das muss man doch genießen, auch wenn mir niemand auf der CeBIT erklären konnte, wie das hübsche Sümmchen eigentlich berechnet wird.  Drei Prozent Besucher mehr pro Tag, 30 Prozent Aufträge mehr– und das im wilden Hannover und nicht in Second Life generiert! Damit die Sache weiter funzt, will die CeBIT nächstes Jahr tausend Blumen blühen lassen und eine "CeBIT pro", eine "CeBIT gov",  eine "CeBIT lab" und eine "CeBIT life" feiern. So muss man das wohl nennen, wenn man angreifen und nicht "CeBIT los" proklamieren will. Das würde ein Bild des Jammers ergeben.

*** Für Politiker wie Jürgen Rüttgers, der in dieser Woche einen CDU-Zukunftskongress mit dem hinreißend hintersinnigen Titel "Neue Moral oder altes Casino" veranstaltet hat, kommt dieses CeBIT-Jubiläum etwas ungelegen: Vor 10 Jahren verkündete der c't-Autor Gerhard Schröder anlässlich der CeBIT eine Initiative, die qualifizierte IT-Fachkräfte ins Land spülen sollte. Das Teil erhielt zunächst den ampeligen Namen Red Greencard und wurde von dem bekennenden Moralisten Jürgen Rüttgers heftig angegriffen: Kinder statt Inder sollten programmieren und in der Bundeskinderprogarmmiersprache Squeak die Schildkröten zum Rennen bringen.  Die Rekord-CeBIT spülte den Stress mit 180.000 Liter Bier hinunter und man versprach, nett zu den Indern zu sein. 33.000 sind nach Angaben des Bitkom gekommen, was der Zahl von drei Jahrgängen an Informatikstudenten entsprechen soll. Auf Dauer bleiben durften die tollen "Inder" bei einem Jahresgehalt von mindestens 66.000 Euro. Genau 150 IT-Spezialisten machten von dieser Regelung Gebrauch. So werden Erfolgsgeschichten im Land der Jammerer geschrieben.

*** Zum Ende der CeBIT kann man Warst du nicht fett und rosig? singen oder mit dem Oldie von der schönen Frau schwärmen, ganz im Stil von Roy Orbison. Zur Feier des Tages muss es heute aber die Version mit der haarigen, fetten Frau sein, die 2 Live Crew produzierte. Denn exakt heute vor 16 Jahren erging ein Urteil des US-amerikanischen Obersten Gerichtshofes, dass eine Parodie eines Liedes von der Fair-Use-Regelung gedeckt ist. Neben den Rechteinhabern von Roy Orbison klagten Dolly Parton und Michael Jackson. Auf die Seite der parodierenden Rapper stellten sich das Mad Magazine, der Harvard Lampoon und der TV-Spartensender Comedy Central. Die Koalition der Lustigen gewann: "Like less ostensibly humorous forms of criticism, parody can provide social benefit by shedding light on an earlier work and, in the process, creating a new one." Das Urteil gilt als ein Grundstein der heutigen Remix-Kultur und hier wird es natürlich mit Willie the Lion Smith begangen, der Zeit seines Lebens nur kopierte – wie er gerne witzelte. Das Ganze ist ein Geburtstagsständchen für Billy Taylor. Und natürlich ist dieser kleine Exkurs in die Musike nicht vollständig ohne Stevie Wonder, der nach 30 Jahren in dieser Woche seine Auszeichnung als "Commandeur des Arts et des Lettres" abholte, für einen Auftritt in der Sesamstraße. Dazu kassierte er noch einen "Victoire de l'Honneur" für sein Lebenswerk. Verdient, verdient, verdient: Wer gegen diese Jam-Session die Schröderband Scorpions ins Feld führt, muss mit Fleischwunden rechnen.

Was wird.

"Während des Tages sammelt er über sein Handy Angebote von Werbeschildern, Plakatwänden, aus Radiosendern oder Onlinespielen ein. Manche Ketten haben wie damals auf der CeBIT ihre 'Einheitsläden' in 'Second Life' nachgestellt. Paul kann sich dort bereits virtuell mit dem Produkt vertraut machen. Im Laden angekommen, wird er ohne Umwege zum richtigen Regal gelenkt, kann dort die Ware begutachten oder ohne Begutachtung sich nach Hause schicken lassen. Dazu schnappt er sich als Erstes einen digitalen Einkaufsassistenten." Heinz' Life, ein Buch, das auf der CeBIT 2010 vorgestellt wurde, schildert in dieser Passage das Leben im Jahre 2013 und wie Heinzens Sohn Paul einkauft. Die ganze Geschichte dieses 'Tage'-Buches geht bis zum Jahre 2032, dem Jahr, in dem Heinz 70 Jahre alt sein wird. Er ist dann etwas älter als Jonas, gehört aber immer noch zu den schlimmsten Vertretern des Homo Faber. Seine Frau liegt im Koma (appalisches Syndrom), und der Informatiker beginnt, "sich aktiv mit der Situation meiner Frau auseinanderzusetzen". Er entscheidet sich für eine Behandlung mit implantierten Tiefenhirnelektroden, die von einem Rechner gesteuert das Gehirn stimulieren, doch bitte mit dem ollen Denken, Fühlen und Kacken wieder anzufangen. Der Plan geht auf, schließlich steht SAP dahinter und nicht ein wahnsinnig gewordener Fork in der Open Source.  Wer die blutarme Geschichte von Heinz liest, wird sich auch für den Gedanken interessieren, dass der Mensch eine ganz schlichte Maschine ist, wie ein hübscher lastbarer Esel (oder Eselin, wenn das gendernietzschig wichtig ist. Hammer statt Jammer!

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #272 am: 14 März, 2010, 00:09 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** One
A Poem
A Raven

Midnights so dreary, tired and weary,
Silently pondering volumes extolling all by-now obsolete lore.
During my rather long nap - the weirdest tap!
An ominous vibrating sound disturbing my chamber's antedoor.
"This", I whispered quietly, "I ignore".

Es ist eine Weile her, dass die kleine Wochenschau die Poesie zu Worte kommen ließ. Doch heute, am Tag von Pi, darf die Cadaeic Cadenza nicht fehlen, der unbestrittene Höhepunkt zeitgenössischer Pipilogie. Ein Gedicht, das die ersten 3834 Stellen von Pi angibt und obendrein Poes Meisterwerk nacherzählt, das ist der echte Tribut an eine Zahl, die für viele traumatische Erlebnisse im Mathematikunterricht steht, ganz ohne anfummelnde Lehrer, in der rettenden Hölle die laufend von Schülern verführt werden mussten. Pi, besungen von Kate Bush. Man kann es hier hören und die idiotische Diskussion ignorieren, ob ein Lied über Pi ein Verstoß gegen das Copyright enthalten kann. Poe und Pi, das mitlerweile von ordinären PC berechnet wird, ergeben eben Poesie:

Once upon a midnight dreary, while I pondered, weak and weary,
Over many a quaint and curious volume of forgotten lore,
While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping,
As of some one gently rapping, rapping at my chamber door.
"'Tis some visitor", I muttered, "tapping at my chamber door ---
Only this, and nothing more."

*** Ja, die Besucher, die können schon schwer zwicken. Nehmen wir nur einen der erfolgreichsten Internet-Unternehmer Deutschlands, wie die neutrale Wikipedia säuselt, der mit seiner United Internet fleißig an die Mövenpickpartei spendet und in dieser Woche mit unserem Außenminister auf Besuch nach Südamerika geflogen ist. Beratend in Sachen Internet für Firmen in Brasilien und Argentinien war er dabei, als Westerwelle den Satz prägte: "Wer Märkte verschläft, den bestraft das Leben." Klar doch, dass man da einfach nicht schlafen gehen kann, sondern mitjetten muss, genau wie Michael Mronz und Cornelius Boersch mit diesen Mainzer Spitzenfirmen Arygon und ACIG, die beste deutsche RFID-Technologie im Ausland verbreiten. Besonders bedankt hat sich der EADS-Mitflieger Stefan Zoller vor der Presse für Westerwelles Auslandstrip, weil Brasilien offenbar so ein kniffliger Markt ist, den man schnell verschlafen kann. Wer will in dieses Gemengelage den ersten Stein werfen und dann noch mit so furchtbaren Folgen? Die Demokratie wird gefährdet, diese unsere freiheitlich demokratische Grundordnung wankt. Da muss der Michel seine Zipfelmütze aufsetzen und, erschrocken über den linken Zeitgeist ohne Antwort auf die Fragen schlafen, schlafen, schlafen. Ganz nebenbei bemerkt, war niemals davon die Rede, dass das Leben so mirnix, dirnix bestrafen kann. Die korrekte Übersetzung aus dem Russischen lautet: Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.. Ein warnender Satz für alle Schlafmützen.

*** Nur die Michel, die sich beim Langschlafen unter einen großen Stein legen, werden nichts davon gehört haben, dass eine neue Abgabe für 20 Millionen gewerbliche PCs in Deutschland kommen soll. Sie soll ähnlich der GEZ-Gebühr eingezogen werden und den ach so bedürftigen Verlagen ausgezahlt werden, die mit Hilfe der Mövenpickpartei ein Leistungsschutzrecht ins Regierungsprogramm gestrickt haben. Denn angeblich kann man mit Journalismus im Internet kein Geld verdienen, nur verlieren. Die Leistung, für die Herr Keese vom Axel-Springer-Verlag Geld sehen will, besteht angeblich in der "Rangreihenfolge der Informationen", die die Verlage herstellen. Etwa dann, wenn sie ein Buch totschweigen, das sich mit dem Verschwinden der Medien als kritische Instanz beschäftigt. Die Debatte wird nicht besser, wenn sich ein Thinktank-Leiter zu Worte meldet und eine Google-Steuer fordert, der sich mit Legitimationsproblemen moderner Staaten beschäftigt (PDF). Geoff Mulgan veröffentlichte 1997 Connexity, in dem sich ein Plädoyer dafür findet, dass Zeitungen den Ausbau des "Information Highway" finanzieren sollten, im Interesse einer lebendigen Öffentlichkeit. Die Debatte wird sogar noch schlechter, wenn sich etwa der Netscape-Entwickler zu Worte meldet und den Zeitungen das Verbrennen der Boote empfiehlt, eine Strategie, die von einem der schlimmsten Menschenschlächter der Geschichte stammt, der drohenden Verrat fürchtete.

*** Gehen wir Journalisten jetzt alle mit der Sammelbüchse herum, erbarmungsklapprig um einen Heller bittend? Ich hoffe nicht. Selbstbewusste Leser auch dieser kleinen Wochenschau können das wunderbare Helferlein Adblock für diese Seiten aus der norddeutschen Tiefebene ausschalten und das wär's schon. Damit dieses Modell, ganz klassisch mit Fütterung durch Werbung, funktioniert, muss man freilich an die ebenso klassische Funktion des Journalismus glauben, den Fakten und nicht den Ärschen hinterherzukriechen. Das aber fällt zunehmend schwer. Die in dieser Hinsicht erschütternde Tiefendimension eines moralisch verkommenen und fachlich versagenden IT-Journalismus wird ausgerechnet in der unendlichen Geschichte demonstriert, in der über die SCO Group in einer Berufungsverhandlung (nach deutschem Recht, in USA ist es ein neues Verfahren) sehr unappetitliche Details bekannt werden. Da gibt es also IT-Journalisten, die auf Anweisung eines Pressesprechers die übelsten Geschichten produzieren und dafür "war pay" verlangen, gewissermaßen ein Kopfgeld für Behauptungen, dass Open Source am Ende ist. Die jede Woche ihre Notizen wegwerfen, damit die Schleimspur der Gefälligkeiten nicht auffällt. Der laufende Prozess beschäftigt die Geschworenen noch zwei Wochen, doch dieser Tiefpunkt dürfte schwer zu überbieten sein. Darum sei weider einmal Shakespeare angeführt, ganz wie in früheren Zeiten dieser Wochenschau, als noch Gewissheit herrschte, dass "unendlich" keine juristische Kategorie ist:

"Zeit ist bankrott und schuldet mehr dem Zufall, als sie wert ist."

Was wird.

Bleiben wir bei Shakespeare und seinem "Hütet euch vor den Iden des März", die Montagmorgen beginnen. Julius Cäsar hütete sich nicht – "den besseren Gründen müssen gute weichen". So man dies verallgemeinert, bleibt schon mal der Hinweis auf die Vorratsdatenspeicherbewegten, die zur nächsten Demo am 11. September aufrufen. Derweil machen sich die Daten breit und breiter. Glaubt man diesem Bericht der BBC, kommen Mobiltelefone auf den Markt, die genau prüfen können, ob die 1-Euro-Schipper und -Jobber wirklich den Schnee wegräumen oder nur eine Fluppe rauchen und über Hertha BSC lästern. Das alles wird möglich in einer bankrotten Zeit.

Nach einer Pressemitteilung der Telekom sieht es jedoch viel zickliger aus. Da hat sich in dieser Woche der Zukunftsforscher Ray Kurzweil die T-Gallery mit mehr als 120 Erlebnismomenten angesehen. Der Hoheprediger der Singularität traf auf René Obermann und seine T-Visionen. Entsprechend gehoben trabt die Sprache in der Pressemeldung herum. Nachhaltiges Design ist selbstverändlich? Von wegen: "Nachhaltigkeit im Design muss ein Selbstverständnis werden. So sind leicht abbaubare Materialien ebenso ein wichtiges Thema wie auch neue Kommunikationsmittel beispielsweise für Menschen mit Sehbehinderungen: Eine gut lesbare Schrift hilft in diesem Fall weiter. " Das beruhigt ungemein, zumal eine drastische Erweiterung von Telekom-Diensten bevorsteht und die Firma selbst ab Montag weiblicher werden soll. Spannend wie eine Sendung von Maybritt Illner ist das.

Ich wiederhole mich mit dem großen Barden und wünsche eine schöne Woche:

Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild;
ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht
Sein Stündchen auf der Bühn', und dann nicht mehr
Vernommen wird: ein Märchen ists's, erzählt
Von einem Dummkopf, voller Klang und Wut,
Das nichts bedeutet.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #273 am: 21 März, 2010, 00:15 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Bürger und Bürgerinnen! Der freie deutsche Arbeiter- und Bauernstaat blickt mit Abscheu auf das Treiben in der BRD. Heute geht unser Blick nach Hannover, der Hauptstadt der norddeutschen Tiefebene, wo in all seiner Flachheit der deutsche Straßenroller erfunden wurde. In dieser Stadt sind wir wieder einmal Zeuge, wie der Kapitalismus die Hirne vergiftet und Politiker willig katzbuckeln. In dieser Stadt lebte und arbeitete Dieter Oesterlen, der nach der Befreiung vom Faschismus am Leineschloss für die Demokratie einen denkmalswürdigen Plenarsaal baute. Ganz bewusst verzichtete Oesterlen auf Fenster, damit sich die Volksdiener auf ihre Arbeit konzentrieren können. Heute ist das alles vergessen, heute wird der denkmals-"geschützte" Bau nach einem Beschluss des Parlamentes abgerissen und durch einen Glasbau ersetzt, in dem sich die Eitelkeit und Geschwätzigkeit des Kapitalismus spiegeln kann. 45 Millionen Euro werden dafür ausgegeben, dass drei Tage im Monat die Repräsentaten einer Demokratie zusammenkommen, die alles andere ist als eine demokratische Vertretung der arbeitenden Menschen. So sehen wir wieder einmal, dass der Feind keine Kultur hat und dort, wo noch Kultur war, mit Glas Transparenz simulieren will. Wie anders sieht da unser wunderschöner Palast der Republik aus, ein souveränes, gepflegtes Rasenstück, das den Willen des Volkes symbolisiert: Nie wieder Krieg, nur Federball!

*** Heute vor 50 Jahren startete das Westfernsehen im Ostfernsehen. Nach 1519 Sendungen verabschiedete sich Karl-Eduard von Schnitzler ungebrochen von der bekanntesten Remix-Kultursendung Deutschlands. Der Schwarze Kanal soll einen Vorgänger in der BRD gehabt haben, doch die einzige Alternative zum Kapitalismus, die Bilder aus dieser unmenschlichen Welt brachte, die sich jeden Montag mit dem "Feind im Äther" auseinandersetzte, hatte ein eigenes Kaliber. In der DDR entstand dank der unermüdlichen Agitation von Schnitzler der Eindruck, dass im Westen objektiv berichtet wird: Dieser Montagsmaler hat ganze Arbeit geleistet. Täglich wurde ihm eine versiegelte Aktentasche gereicht für seine giftigen Notate. Heute hätte er Google-Alerts eingerichtet, mit Hunderten von Alerts wie Abrüstung oder Nuklearwaffenkonvention. Und würde mit Helmut Schmidt gegen die Waffen wetternd einträchtig eine Zigarette rauchen.

*** Von Journalistenschülern in Leipzig befragt, was denn Journalismus sei, hat von Schnitzler geantwortet: "Es ist Abkehr von jeder Illusion, das heißt: schonungslose Analyse der Wirklichkeit. Nur sie kann uns zu einer eigenen und vor allem richtigen Meinung verhelfen. " Gut möglich, dass er glaubte, seine Arbeit sei eben diese schonungslose Analyse. Wie wichtig die Analyse heute ist, zeigt die weiterhin geführte Diskussion über Nacktscanner, die Datenschützer skeptisch betrachten. Wer eine Waffe in ein Schnitzel einpackt, kommt durch. Ähnlich effektiv arbeiten offenbar wünschelrutenartige Bombendetektoren. Diese Placebo-Wedel sollen eine gänzlich verbesserte Version des Unsinns darstellen, die vom Sicherheitsspezialisten Markus Kuhn als kompletter Fake enttarnt wurde. Man könnte drüber lachen wie über deutsche Politiker, die Browser verhaften wollen, wenn, ja wenn nicht Menschen mit diesem Mist nach tödlichen Bomben gesucht haben und Menschen gestorben sind, weil diese "Technik" gar nichts finden konnte. Dann wären da noch die Menschen, die das "Sezieren" der Smartcard anprangern, weil diese gefährlichen Hacker, die Cracker und die Knacker auf Firmengeheimnisse scharf sind und die Volkswirtschaft bedrohen. Sie muss man nicht verlinken. Und: Bis zur genauen Untersuchung der Innereien durch Fachleute und aufmerksam die Sache verfolgende Journalisten halte ich diesen HEDD1 (PDF-Datei) für genauso sinnvoll wie einen Busenwärmer mit USB-Anschluss, der nur eine Mamma auftaut.

*** Entgegen manch triumphaler Geste ist die Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung noch lange nicht beendet, sondern steht an einem neuen Anfang. Das kann man an den gedrechselten Äußerungen der zuständigen Ministerin erkennen oder am Sprecher des AK Vorrat, der auf dem #lawcamp das Urteil als Rückschritt bezeichnet hat. Ist es vielleicht so, dass im Namen einer Ideologie des Datenschutzes hier Herrschaftswissen der besonderen Art vor den Garnixnerds gesichert wird, wie es die Altlinken gerne posaunieren: "Autofahren ist klassenübergreifend, Computerbenutzung auch. Aber vor allem Selbständige und Multiplikatoren haben Berufs- und Wettbewerbsgeheimnisse. Wer ihnen hier hineinpfuscht, stößt auf das besonders große Protestpotential von Rechtsanwälten und Journalisten sowie des Medienkapitals." Der Volkszorn, der so angeblich erzeugt wird, ist billig gesteuertes Eigeninteresse. Man sollte in jedem Fall nicht verheimlichen, dass es auch Positionen gibt, die die Vorratsdatenspeicherung gegen den Staat gewendet für eine gute Sache halten. Denn nur so ist die Chance da, dass dokumentiert werden kann, wie nicht die pöhsen Chinesen, sondern ein Doktorand des Hasso Plattner-Institutes die missliebige Meinung eines akademischen Außenseiters abschalten will.

*** Derweil nehmen die Debatten um das Denken im Zeitalter des Internets an Fahrt auf, mit etwa 20 Jahren Verpätung. Kann man sich eigentlich noch um das Denken kümmern, wenn iPhone Äpps für Zweijährige auf dem Markt erscheinen? Wer so jung konditioniert wird, kann gar nicht mehr die Kontrolle verlieren und Eintauchen in die aufgeschlämmte Welt der digitalen Bohème, die sich schon deshalb über Kontrollen á la Elena lustig machen kann, weil sie noch nie einen richtigen Lohnzettel gesehen hat. Die 35 Millionen Datensätze, das sind die Anderen. Wer so urteilt, fährt Vollgas in einer Sackgasse. Das mag überraschend enden, ganz im Sinne eines bekannten Preises für die Exculpation aus dem Gen-Pool. Dagegen muss man festhalten, dass es immer Unser Denken ist, das das Internet lenkt. Dazu gehören auch die Begehrlichkeiten unterdrückender Mächte, unser freies Denken zu kontrollieren und zu unterdrücken. Ja, wenn die Verhältnisse zum Tanzen gebracht werden sollen, dann braucht es bewegliche Datenschützer, die Tango tanzen können, natürlich den Libertango. Und wenn dann noch Pamela im roten Kleid auftaucht, weil dieser Prozess sich als Farce entblättert, .... dann lächelt Chuck Norris versonnen und knutscht Karl-Eduard von Schnitzler. Darüber berichtet dann Ingo Mocek, und alles ist in Butter. Ich erzähle dann im nächsten WWWW, wie mir Bill Gates eingeschlafen ist, mitten im Interview. Welchselbiges nicht schnarch, röchel, rrhumpfss endete, wir sind ja Profis.

Was wird.

Bill Gates? Die kommende Woche beginnt mit dem Versuch, mit der längsten Schlange vor einer Toilette ins Guiness-Buch der Rekorde zu kommen. Das hört sich blöd an, hat aber einen ernsten Hintergrund, den der Weltwassertag vermitteln soll. Man muss einfach ein Stück weiter denken und an all den Phosphor erinnern, den eine echte Bewirtschaftung des Urins zurückgewinnen (PDF-Datei) kann, wie es kämpferisch hier festgestellt wird: "Urine is a potential source of the mineral. So far, there is no indication that Bill Gates wants to monopolise world supplies of urine: this may be because it's complicated to do so. To capture, value, and reuse urine requires a multi-dimensional transformation in how we think about and treat sewage. Technologies, regulations, business models - and especially attitudes and behaviour - all have to change." Intelligenter Pinkeln, das ist die Losung. Ob es eine Lösung ist, werden wir ja sehen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #274 am: 28 März, 2010, 00:09 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ich bin gerne Online-Journalist, auch wenn die Einnahmen nicht so prickelnd sind und ich das höhnische Urteil eines Professors der Besoldungsgruppe A 14 lesen muss, dass das Honorar nicht der Rede wert ist. Denn im Online-Bereich liegt eindeutig die Zukunft des Journalismus, jedenfalls der Form von Textzünderei, bei der der Leser weiter denken muss und nicht wie ein Masthuhn mit Geschmacklosigkeiten gefüttert wird. Fern bleibe mir der Service-Journalismus, den die Strategen des Paid Content predigen. Die 10 besten Tools und Tipps zur Sommerzeit komplett mit Klickstrecke, wie man einen Uhrzeiger verstellt, sind geronnener Schwachsinn. Wo Udmurtien, Samara, Kemerowo und Tschukotka liegen, die neue Zeitzonen bekommen, wäre noch sinnvoll, wenn es wirklich interessiert. Wer zur Sommerzeit Abwechslung sucht, sollte sich eine Uhr besorgen, die entschärft werden muss und das Lesen dieser Kolumne einstellen.

*** So viel Vorrede muss sein, und das nicht wegen der Sommerzeit, die auf kaiserlichen Befehl am 6. April 1916 zum 30. April eingeführt wurde, komplett mit einem Kommentar in der "Frankfurter Zeitung" zur Überlegenheit der deutschen germanischen Sommerzeit gegenüber der englischen Sommerzeit – weil diese drei Wochen später eingeführt wurde. Vergessen wir an dieser Stelle einmal, dass es der englische Bauunternehmer William Willet war, der die Sommerzeit aus baupraktischen Gründen als erster im großen Stil propagierte und wenden uns der englischen Presse zu. Diese soll nach und nach kostenpflichtig im Internet zu lesen sein, was als "entscheidender Zeitpunkt" für den Journalismus gewertet wird. Freunde der Milchmädchenrechnung kommen da ganz auf ihre Kosten, wenn zum Preis einer Tasse Kaffee verkündet wird, dass die Leser den direkten Zugang zu den Journalisten und Experten bekommen. Dass sie als bezahlende Kunden nicht mehr simple Konsumenten des Internet-Angebotes sind, sondern Teil einer aufregenden Online-Kultur: " We want people to do more than just read it – to be part of it." Klar doch, dass man dafür zahlen muss, wenn Qualitätsjournalismus geboten wird, veredelt durch Handlungsanweisungen des septuagenarischen Herrschers über die Inhalte.

*** Vielleicht sind sie ja besser als das Verbot von 119 Worten, das in Chicago bei der Tribune zwecks Qualitätssicherung erlassen wurde. Obwohl: Die Vorstellung hat ja etwas Schönes, milgramhaft Verlockendes an sich, wenn IT-Journalisten elektroschockig vermittelt werden kann, nicht solche Unworte wie "Software-Schmiede" oder "Internet-Urgestein" oder "pfiffiges Programm" zu verwenden. Noch härter bitte bei Marketiers, die aus einer simplen Mitfahrzentrale 2.0 einen Dynamic Ridesharing Service machen.

*** Bleibt nur noch abzuwarten, ob die Ausführung des Paid Content im Murdoch-Reich besser durchdacht ist als die beim deutschen Hamburger Abendblatt, wo mit wenig Kniffke bei den Browser-Einstellungen der geschützte Bezahl-Content wieder zu lesen ist. Nein, nein, ich werde da nicht konkreter, aber die Sache beim Hamburger Blatt ist ungefähr genauso einfach wie die tolle Sicherheitslücke, die sich in dieser Woche den Kassenzahnärzten in der norddeutschen Tiefebene aufgetan hat. Einmal in das Webportal ihrer Verrechnungsstelle eingeloggt, brauchten sie nur die KZV-Nummer eines Kollegen eingeben und erhielten Einblick auf seine Dokumente, auf Honorarbescheide und Quartalsabrechnungen inklusiver aller Patientendaten. Wer sich über die Sicherheit von medizinischen Daten im Netz noch Illusionen macht, sollte sich das Sonderrundschreiben der kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsens besorgen und durchlesen, aus dem Journalisten nicht zitieren dürfen. Security by obscurity, Baby, da hilft auch die schönste bunt bedruckte Gesundheitskarte nicht die Bohne.

*** Obamacare ist ein neues Wort und steht für den wohl größten Erfolg in der bisherigen Regierungszeit des US-Präsidenten Barack Obama. Bei uns gibt es Kommentare mit einem schwiemeligen Unterton, der wohlwollend sein soll. Dabei können wir von der Reform lernen, wie es wenigstens die stationäre Aufnahme erkannt hat: Alle Abgaben an Ärzte, die den Wert von 10 Dollar überschreiten, müssen deklariert werden, die schrecklichen Burgerbrater und Huhn-Verbrenner müssen die Kalorien veröffentlichen, die ihr Fraß enthält. Von solcher Transparenz sind wir in der ach so fortschrittlichen BRD meilenweit entfernt. Ärzte bekommen Bakschisch, wenn sie den Besuch eines Pharmaberaters "bewerten" und wer das Gezeter um die Futterampel verfolgt, darf ruhig in Tränen ausbrechen. Immerhin gibt es Software wie barcoo, die aus der Barcode-ID in einer Datenbank die Werte heraussucht, die die Industrie zu vertuschen sucht. Derweil lacht sich die Pharmaindustrie über unseren Gesundheitsminister Rösler schlapp, der seine Preisbremse als Erfolg verkaufen will.

*** So professionell, wie Medizinjournalisten schwindeln können, arbeiten auch ihre Pendants in dieser unser kleinen IT-Branche. Viel zu viel von dem Schrott, der da veröffentlicht wird, stammt aus den Quellen von "PR-Flaks", den Pressesprechern und angeschlossenen Werbe-Agenturen, die ihre Gülle auf "Experten" regnen lassen, die das für Sanddorn-Nektar halten. Unter PR-Profis gilt es als ausgemacht, dass gelogen werden darf. Damit sind wir beim brisanten Thema, ob die Lizenz zum Lügen auch für Regierungssprecher gilt: Am Freitag, den 4. September 2009 um 8:06 lief eine E-Mail des Bundesnachrichtendienstes über die Verteiler ins Bundeskanzleramt und ins Verteidigungsministerium, in der dieser BBC-Bericht besprochen und verlinkt wurde. Bald wird die Bundeskanzlerin nicht mehr erklären können, von nichts nie niemals etwas gewusst zu haben. Von Deutschen kommende Befehle haben unstrittig eine Katastrophe ausgelöst. Nun wird die Wahrheit am Hindukusch verteidigt – und der Chef der Bundesagentur für Arbeit krempelt die Bundeswehr um. Sie wird aufgehübscht wie eines der jungen Atomkraftwerke, von denen es in Deutschland plötzlich nur so wimmelt. So beseitigt man eine störende Defizitanalyse durch eine mit sanfter Hand aufgetragene Quacksalbe.

*** Am letzten Samstag starb Robin Milner, der 1991 den Turing Award für seine zahlreichen Entdeckungen in der Informatik erhielt. Er gehörte zur Generation der Forscher, die erst einmal eine eigene Programmiersprache entwickelten. ML, ausgeschrieben die Meta-Language, wurde benötigt, um automatische Beweise durchführen zu können. Mit dem Pi-Kalkül entwickelte er eine Beschreibung für Berechnungen, deren Vorgaben sich während der Berechnung ändern. Milner studierte Mathematik und war einer der ersten Programmierer, die an dem EDSAC arbeiteten. Danach betreute er bei Ferranti die Programmbibliotheken, ehe er sich zwischen einer Karriere als Oboist oder Informatiker entscheiden musste. Das Resultat ist bekannt.

*** Ein weiterer Nachtrag muss Grigori Perelman erwähnen, der für seinen Beweis der Poincaré-Vermutung seit 6 Jahren Favorit auf den höchstdotierten Mathematik-Preis war. Nun hat er ihn gewonnen und die Preissumme abgelehnt, genau wie zuvor die Fields-Medaille. Perelman arbeitet weiterhin als Mathematiker und scheut Preise wie Presse. Gerüchte besagen, dass er sich mit der Riemannschen Vermutung beschäftigt, für die er eine weitere Dollar-Million ablehnen kann. Wer Perelman einen Verrückten nennt, könnte dies genauso ignorant über Francisco Ayala behaupten, der dieser Tage den mit 1,6 Millionen dotierten Templeton Prize gewann. Ein geweihter katholischer Priester, der als Evolutionsgenetiker wissenschaftliche Karriere machte, sprengt kleinstkarierte Muster.

Was wird.

Der erste April naht. Er wird voller Nachrichten darüber sein, welche Pläne Google mit China, der Welt, dem Universum und dem ganzen Rest hat. In Deutschland wird es Nachrichten darüber geben, dass die bis zum 29.3. verlängerte Verfassungsbeschwerde gegen ELENA in Bielefeld wegen dem ersten April verlängert wird, weil Koffer voller Formulare verschwunden sind in einem Codeklau sondergleichen.

Daher möchte ich zum Schluss dieser kleinen Wochenschau auf ein anderes Ereignis aufmerksam machen, das das Zeug hat, jeden Aprilscherz in den Schatten zu stellen: Die Berufungsverhandlung zwischen Novell und SCO ist zu Ende, die Schlussplädoyers sind gehalten, nur die Geschworenen sind mit ihrer Beratung noch nicht fertig. Es darf auch niemals fertig sein: Was da in Salt Lake City verhandelt wurde, ist mittlerweile Bestandteil der Computerkultur, mit allen Halbwahrheiten, in denen SCO glänzt wie ein Judenei und das im Staate der Mormonen. Außer Frage steht, dass die Geschworenen dieser gebeutelten und gestrauchelten Firma ihre Sympathie schenken und Novell abblitzen lassen. Gekonnt formulieren dies die Agenturen, wenn sie davon schreiben dass eine Jury über das Eigentum an den Unix-Copyrights entscheidet. Doch darum geht es längst nicht mehr. Zur unendlichen Geschichte gehört es schließlich, dass die Geschichte wirklich unendlich ist, ansonsten wäre es nur eine bitterböse Satire über die Verkommenheit des US-amerikanischen Justizsystems. Das würde niemand mögen dürfen sollen, um es mit einer Anleihe beim bayerischen Justizexperten Karl Valentin zu sagen. Oder, um mit einem leicht verrückten Kollektief einzustimmen: Amsterdamned.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline ritschibie

  • Aufpass-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 10878
  • Ich liebe dieses Forum!
Re: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #275 am: 28 März, 2010, 10:20 »
Wie (fast) immer: der Mann brilliert  :)

Wer den (etwas heiklen) Ausdruck:
Zitat
in denen SCO glänzt wie ein Judenei
noch nicht kannte (so ging es mir), sei auf http://de.wiktionary.org/wiki/gl%C3%A4nzen_wie_ein_Judenei verwiesen  ;)

Wer sich (wie ich) über die Einführung des "paid content" für journalistische Inhalte im Netz nicht nur freuen kann, der findet hier einen "brother in arms".
Intel Core i7-4770K - ASRock Z87 Extreme6/ac - Crucial Ballistix Sport DIMM Kit 16GB, DDR3-1600 - Gigabyte Radeon R9 290 WindForce 3X OC
TBS DVB-S2 Dual Tuner TV Card Dual CI  - DVBViewer pro 5.3 und Smartdvb 4.x.x beta - 80 cm Schüssel, 2xQuad-LNB - Astra (19.2E)/Hotbird (13E)
I-net mit Motzfuchs ; WLAN: Fritz 7390; BS: Windows 10

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #276 am: 04 April, 2010, 00:11 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wenn die Hälfte aller Artikel über Apples iPad ein Viertel realistischer Prognosen enthalten, von denen ein Achtel zutreffen wird, dann erleben wir an diesem Wochenende einen bereits denkmalsgeschützten Moment der IT-Geschichte, wie es früher mal der Start der Freibadesaison war. Um es mit dem gelehrten Lateiner zu sagen: Ubi bene, ibi ipad. Zwar muss Europa noch warten, kann sich dafür aber über David Letterman amüsieren, der in seiner Show den iLingus als neues taktiles Interface demonstriert. Bleibt die Frage: Wie können Harald Schmidt, Stefan Raab und Georg Schnurer diese Sexshow toppen? Steve Wozniak mit Zaubertricks?

*** Ed Roberts, gerade erst von uns gegangen, mag bereits in seinem Grabe rotieren: Der Rest gehört den Antworten der einschlägig bekannten Hohepriester wie Mossberg und Pogue und natürlich den Beschwörern des Weltunterganges a.k.a. Ende der Freibadesaison. Gary Doctorow hält ein letztes Plädoyer für offene Hardware, doch den Vogel hat diesmal Daniel Dilger abgeschossen. Seiner Meinung nach tötet das iPad so viele Dinge, dass man ab sofort von einer iindustriellen Revolution sprechen müsste. Google, Microsoft, Flash: vorbei, vorbei, alles obsolet. Besonders amüsant sind da die Hoffnungen, die sogenannte Content-Publisher mit dem iPad verbinden. Wie vorvorgestern mit der CD-ROM setzen sie auf teure Preismodelle für ihren iPad-Content. Ja, Information will immer besonders teuer sein, weil immer wichtiger in unserem Leben. Bald kann man ohne Klickstrecke extra für das iPad nicht mehr überleben, soviel ist angeblich sicher.  Besser als mit diesem Hoffnungslüfterl kann die "vierte Gewalt" nicht demonstrieren, wie sehr sie auf den Hund gekommen ist und nur noch schnüffeln kann  an Ärschen und Lüften.

*** Weit und breit finden sich kaum Kommentare, dass Apple und Steve Jobs diesmal eine Reihe von Fehlentscheidungen getroffen haben im Bestreben um die Entmündigung des Konsumenten, etwa beim Verzicht auf einen zweckmäßigen USB-Anschluss, der einstmals von Apple popularisiert wurde. Die größte Fehleinschätzung ist dabei wohl, dass Jobs keine Fehler machen kann. Wie war das noch mit Apples Pippin, dem Abspielgerät für CD-ROM? Erinnert sich niemand mehr an die Zeit, als CD-Publisher ihren Content an Apple schicken mussten, damit Apple mit ihrem privaten Schlüssel die Checksumme der CD signiert? Wer immer über die Versuche von Microsoft und Intel lästert, Tablett-PCs oder UMPCs verkaufen zu wollen, denen Apple nun zeigt, wo der Bembel baumelt, der sei an den Netzcomputer und das Netztablett erinnert, das IBM, Netscape, Oracle, Sun und Apple im Juli 1996 vorstellten. Sie meinten damit, eine neue Form des Internets zu kreieren, das übrigens in dieser Woche von der Tagesschau endgültig abgeschaltet wurde. Pippin, Newton und ein paar andere Flops gingen übrigens nicht auf das Konto von Steve Jobs, das muss wohl als Argument herhalten.

*** Natürlich wird das iPad seine Wirkung haben, wie Lackmusstreifen wirken. Bestens zu sehen ist dies bereits bei den Preisen für eBücher, die neu ausgehandelt werden, am Eintrittstor in die neue Gutenberg-Galaxis oder bei den Gebühren für Wolfram Alpha. Dass dabei Reader wie der Kindle vom Aussterben bedroht sind, gehört zum guten Ton inmitten einer fortschreitenden Gängelung, die hohe Auflösung mit niederen Motiven koppelt.  Natürlich werden Bücher nicht verschwinden. Sie werden beispielsweise benötigt, um als Unterlage einen Laptop die nötige Robustheit zu geben, wie Nassim Taleb vom Gasthaus Schwarzer Schwan bemerkt.

*** Was bleibt, ist Ostern, ein kompliziertes Fest im christlichen Glaubensgebäude, wie alle Theorien, die einen Messias brauchen, um den Menschen verkleinern zu können. Anstelle von Eiern und unsäglicher Musik, die angeblich das Gelbe vom Ei sein soll, blicken wir auf den großen Muddy Waters, der heute seinen 95. Geburtstag hätte. Niemals zufrieden sein und sich mit dem Elend abfinden, das ist die Nachricht, die der Hoochie Coochie Man für uns hat. Ja, es ist immer dasselbe mit dem Blues. Er hat dich und das Geld haben andere. Zurück bleibt der kosmische Blues und der ist immer da. Wie wäre es, wenn wir im Gegenstück zum Hill's Farmer Blues die definitive Tiefebenen-Flachlandblues-Liste  zusammentragen? Das Ganze in vorgreifender Erinnerung an eine Zeit, in der besagte Ebene nicht aus schwimmenden Treibhäusern und Wasserfarmen besteht wie das Missisippi-Delta, in dem der Modder-Blues entstand.

*** Und dann war da auch noch Peter Herbolzheimer, der nicht mehr den Durchlauferhitzer mit seiner Bigband geben kann. Wobei mir nicht behagt, dass in all den Nachrufen vor allem Till Brönner und Roger Cicero hervorgehoben werden. Wären die Pop-Prinzen des Jazz der Einzige, die erwähnenswert wären als Jungtalente, die durch Herbolzheimers Durchlauferhitzer die Energie zum Start ihrer Karriere fanden, dann wäre es um den Jazz in Deutschland schlecht bestellt. So sagen uns all die Nachrufe auch wenig über den Jazz. Hören wir lieber interessanteren  Durchlauferhitzten zu. Und danken Herbolzheimer für seine Arbeit, seinem Geblase in der Rythm Combination & Brass und seiner Lehre im Bundesjugendjazzorchester. Ebenso übrigens Herb Ellis, dem Gitarristen, der zusammen mit Ray Brown im Oscar-Peterson-Trio für Rhythmus, ja eigentlich den Swing zuständig war.

Was wird.

Es wird schon was. Wir sehen gerade, wie die SCO Group auf einer Welle des Erfolges schwimmt und weitermachen will mit ihrem Geschäft. Als nächstes soll die Frage nach dem geklauten Code geklärt und IBM zu einer Millionenzahlung bewegt werden. Die Antwort liegt in einem geheimnisvollen Koffer, der einst durch Deutschland wanderte und längere Zeit nicht aufgetaucht ist. Um es mit unserem Poetus Laureatus zu stabreimend zu sagen:

Manche spinnen, Schweine pfeifen,
Pferde treten, Busse streifen,
So spricht der Volksmund, wenn er meint,
Dass etwas ganz unglaublich scheint.

Durch SCOs Betrugsversuch
Gibt es nun einen neuen Spruch,
Den man bei Lug und Trug zitiert:
Ich glaub', mein Koffer fabuliert!

Sieht man vom Verkaufsstart bei Apple ab, so dürfte nach Ostern das Leben in ruhigen IT-Bahnen verlaufen. Bekanntlich hat die neuerdings sehr datenkritische Union mit 22005 gegen ELENA kämpfenden Parteigenossen ihre Sachverständigen für die Enquete-Kommission 'Internet und digitale Gesellschaft' vorgestellt. Deshalb werden zum Ende der großen Eierei wohl die Sachverständigen der SPD bekannt gegeben werden,  damit das große Palaver Formen annehmen kann. Schließlich behauptet die SPD ähnlich wie die ELENA-Opposition ganz ironiefrei, die Netzpartei schlechthin zu sein, die die Netzgemeinde wirklich versteht. Die härtesten Urteile zu dieser wunderlichen Kommission (und seiner alten SPD) finden sich übrigens bei einem, der liebend gerne dabei sein würde. Am Ende wird die Kommission feststellen, dass Datenautobahnen Ländersache sind, die Inhalte jedoch, leider, leider der EU unterliegen, wo ein großer Maelstrom alles Böse schreddert. Und eine Mälmströmerin Sperrbänder spannt, wegen der armen Kinder.

Sind die Kinder etwas größer, so können sie bald nach Berlin fahren und beim Klassentreffen 2.0 namens re:publica das große Wir im Nowhere feiern und die Utopie des erewhon gleich mit. Neben dem Schutz der Netzneutralität will die Konferenz die digitale Identität shreddern. Wer braucht schon Datenschutz und Privatsphäre, wenn er sich einzigartig unter all den vielen Einzigartigen fühlt, die alle nichts mit den Mühen des Alltags zu tun haben. So faselt es sich bestens: "Das Beispiel, dass Schirrmacher in seinem Buch anführt, die Software, die für viele Leute ihren Aufenthaltort rät, ist nur deswegen relativ präzise, weil die meisten Menschen eben einen 9to5 Normaljob nachgehen. Sie sind also nur deswegen berechenbar, weil sie einer gesellschaftlichen Norm nacheifern. Für mich würde diese Software also keine verlässlichen Einschätzungen treffen können." So denkt das Kleinhirn der digitalen Avantgarde und weiß nicht, dass bereits Horst Herold mit seiner negativen Rasterfahndung vor 30 Jahren genau diese ach so schwer berechenbaren Subjekte im Visier hatte. Sie sollten vom Computer ausgespuckt werden, nachdem alle Normalos gelöscht sind. Mit den neuen Eiferern gegen den Datenschutz freuen sich die Unternehmen, die längst die entsprechende Software installiert haben, die kontrolliert, was die Lohnsklaven abseits 9to5 so treiben.  Es freut sich auch die Initiative D21 und spricht von einem "Zuviel an Datenschutz", das das Aus für einige Geschäftsmodelle der Zukunft bedeutet. Etwas direkter gesagt: Macht euch nackig! Keine falsche Scham!

Noch ein Stückchen weiter in der Ferne tagt das BSI in Bochum zum Thema "Sichere Identitäten, Daten und Dienste". In dieser Woche konnten wir von der Bundesregierung lesen, was bereits auf der CeBIT ausposaunt wurde, dass der De-Mail-Test ein voller Erfolg geworden ist. Hochgerechnet 2,75 Prozent der Bürger von Friedrichshafen seien dabei, wenn der Test über ein Jahr laufen würde, was er aber leider, leider nicht können darf. Der Test wird abgewürgt, ein Widerspruch der zu 85 Prozent Begeisterten ist nicht möglich, genau wie Widersprüche gegen Behördenentscheide vie De-Mail rechtlich nicht zulässig sind. Wohl dem, der in Zukunft rechtzeitig merkt, was die Verwaltung von ihm will und deshalb in sein rechtssicheres Postfach geschlenzt hat, der rechtzeitig seinen Widerspruch ausdruckt und die Schneckenpost zum Galoppieren bringt. Diese De-Mail-Debatte kann angesichts zahlloser fehlerhafter Behördenbescheide noch richtig lustig werden.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #277 am: 11 April, 2010, 00:06 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

Nasz smutek jest z wami. Heise polska ist ein wichtiger Bestandteil des Angebotes, das der Heise-Verlag im Netz offeriert. Ich weiß nicht, ob ich richtig mitgeschrieben habe, was mir telefonisch übersetzt wurde, daher muss es an dieser Stelle wiederholt werden: Unsere Trauer ist mit euch, gerade weil die polnisch-russische Zusammenkunft über Katyn so wichtig ist für ein neues Miteinander und damit sogar noch wichtiger als alle Abrüsterei. Schon keimen die Verschwörungstheorien darüber,  warum ein Flugzeug im Nebel vier Mal die Landung versucht.

Nach dieser Schweigeminute:

*** Willkommen zur Wochenschau in der norddeutschen Tiefebene. Hier ist alles flach, sogar die Gedanken. Wenn etwas mehr auf der Tiefebene liegt in diesen Tagen, dann ist das die Gülle, die stinkt und schnellstens eingepflügt werden muss, aber bis dahin in der Frühlingssonne müffelt. Wer hier aufwächst, nicht die Schweine oder Hühner füttert oder schlachtet, nicht diesen veredelten Mist im Kühlzug nach Süddeutschland karrt, sondern als Journalist arbeitet, bekommt schnell die Frage gestellt, ob sich das denn lohnt. Noch geht es, ist dann meine Antwort. Die Familie wird ernährt, das Studium der Kinder kann bezahlt werden. Diese kleine Wochenschau bringt neben anderen Geschichten Geld ein und es ist ein feiner Spaß, sie zu schreiben. Wie anders war das im Leben eines großen Schreib-Lehrers, bei Leo Calvin Rosten, der heute Geburtstag feiern könnte. Seine Karriere als politischer Kommentator weltbewegender Themen wurde unterbrochen, als seine Frau schwer erkrankte. Fortan arbeitete Rosten als Humorist, weil da die Honorare höher waren. Im Kampf gegen die Krankheit wurde er Erklärbär wunderbarer jiddischer Witze, wie sie von unseren Großmüttern überliefert wurden. Es war eine Frage des Überlebens. Die Frage ob die schlichte 9to5-Schreiberei über den Tod hinaus und dann noch im Internet eine Bedeutung hat, hätte ihn sicher amüsiert. Wie Baudrillard hätte er diese Simulation der digitalen Bohemiens entschlüsselt, nur witziger als der Franzose. Der aber rotiert bei all seinen Netz-Proselyten dauerhaft im Grab.

*** "Die Medien sind nicht Sensoren, sondern Effektoren von Ideologie. Sie sind nicht nur nicht ihrer Bestimmung nach revolutionär, sondern nicht einmal, und sei es in anderen Zusammenhängen oder virtuell, neutal oder nicht-ideologisch – das ist das Phantasma ihres 'technischen' Status oder ihres sozialen 'Gebrauchswert'." Das schrieb Baudrillard in seinem "Requiem für die Medien – Kritik der kybernetischen Illusion", das mit allen Feedback-Phantasien einer freien Öffentlichkeit im Jahre 1972 kurzen Prozess machte.

*** "Sicher können Computer Probleme lösen, Informationen speichern, kombinieren und Spiele spielen - aber es macht ihnen keinen Spaß. Das ist bei Journalisten anders."  Ja, da kann man Leo Rosten zustimmen, auch wenn es manchmal ohne Computer nicht mehr geht und dann auch schnell die Spässeken im Halse steckenbleiben. Im Juli 2007 appellierte Reporter ohne Grenzen an die damalige US-Regierung, den Mord an zwei Reuters-Mitarbeitern aufzuklären. Vor drei Monaten erhielt Wikileaks ein verschlüsseltes Video zugespielt und bat um Hilfe, die relativ schnell mit brutaler Rechenkraft zum Erfolg führte. Danach begann für die Freiwilligen das Überprüfen der Fakten, während sie ihrerseits offenbar von Geheimdienstlern überwacht wurden.

*** Am Montag dieser Woche wurde das Video von Wikileaks im Presseklub von Washington vorgestellt, damit über die Presseberichte erneut eine inhaltliche Auseinandersetzung in Gang kommt. Ein neuer Appell von Reporter ohne Grenzen fordert die Obama-Regierung auf, mehr Transparenz zu zeigen und alle Details über das Geschehen zu veröffentlichen, damit ein Urteil gefällt werden kann. Im Zusammenspiel von Wikileaks, Presse und einigen Admins, die Rechenzeit freimachten, sehen wir, wie Supermedia arbeiten kann, die Form des Journalismus, der nach Charlie Beckett die Welt retten kann – oder was noch von ihr übrig bleibt nach unserer alltäglichen Zerstörung. Die Kretins 2.0, die dabei allen Ernstes das Ende der etablierten Medien delirieren, können vor lauter Gelalle über Social Media nicht einmal mehr genau Hinschauen, was wirklich passiert ist.

*** Das stumpfsinnige Herumgetrampel auf den Medien hat Folgen, wenn die Medien anfangen, selbst den Aberglauben an die schöne neue Technik 2.0 zu propagieren. Ein Springer-Manager, der täglich zu St. Jobs beten will und ihm unendlich dankbar ist, wie dieser seine sterbende Branche mit einem Tablet-Computer rettet, ist eine niederschmetternde Offenbarung. Vor allem deshalb, weil die rastlos von seinem Verlag beworbene, angeblich den Journalismus rettende iPad-App ein enttäuschendes Stück Software ist. Wenn dieser iKiosk die Rettung der langsam absaufenden etablierten Presse sein soll, dann ist sie schon ertrunken. Man mag von der Welt halten, was man will, aber dass die dort arbeitenden Journalisten eine solch seltsame Anwendung im leicht veränderten PDF-Outfit akzeptieren, die hypernervös auf jedes Wackeln des iPad reagiert, spricht nicht für diese neue Zukunft.  Besonders fies kommentiert dies eine Zeitung, die nicht den Quatsch von einem Leistungsschutzrecht für deutsche Verlage unterschrieben hat, mit diesem Artikel: "Das iPad destruiert genau jene Hoffnung, die es den angeschlagenen Verlagen selbst gemacht hatte, dass man nämlich mit ihm kostenpflichtige Nachrichten-Apps an den Leser bringen könnte."

*** Wie schön und passend ist es, dass eine Firma wie FlexiSpy in einer atemlosen Mail an ihre Kundschaft die erste Spyware für das iPad ankündigt. Wer ganz entspannt im Hier und Jetzt mit seinem Tablett auf der Couch surft, den kann schnell die Wollust piesacken, das eine oder andere Centerfold in ordentlicher Auflösung anzutappsen. Schließlich steht die Pornoindustrie in Reih und Glied bereit, das Brettchen zu erobern. Bemerkenswert dabei, dass ganz ohne Flash gestöhnt werden kann. Vielleicht ist auch etwas für die erstaunliche, ganz frisch von der CSU ins Feld geführte Gattung der Gelegenheitspädophilen dabei, die der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch für blanken Unsinn hält. Aber bitte, hier geht es um Politik, nicht um Sexualität. Wer weiß wirklich, wie gefährlich Gelegenheitssurfer sind, wenn sie einschlägige Stellen in den dicken Büchern, wie die Illustration von Leda und ihrem Schwanz.  Noch gefährlicher ist die Politik!  Da ist das Feld der menschlichen Perversionen deutlich größer. Erinnern wir uns daran, dass das Lateinische coire (für Zusammenführen) sowohl zum Koitus führt wie zur Koalition. Eigentlich wartet die Szene nur darauf, dass nach 4chan, 12chan oder Krautchan ihr Politico-Chan zu bekommen,  komplett mit allen Verschwörungstheorien.

*** Bleiben wir in der Politik. Es ist ja ganz reizend, dass Europa eine IT-Agentur bekommt, die all die Fahnundungs- und Visa-Daten betreut und so für unser alle Sicherheit sorgt. Dennoch ist Agentur für Freiheit, Sicherheit & Recht ein Name, der schlechte Assoziationen hervorruft. Freiheit und Sicherheit zusammen bei einer Behörde klingt einfach verdächtig. Der Vorschlag von Heise-Lesern, lieber eine Behörde für Frieden, Eierkuchen und Blümchen im Haar zu schaffen, dürfte in Brüssel auch keine Chancen haben, obwohl genauso irrsinnig. Können wir uns auf MiniWahr einigen, mit all den Erinnerungen an ein Ministerium für Wahrheit?

*** Ach ja, und doch, der Punk ist nicht tot. Malcolm Mc Laren aber, der ist von uns gegangen, der geniale Spinner und begnadete Vermarkter, ja auch so nicht vermarktbarer Musik wie des Punk. Er fand in den Sex Pistols aber auch die passenden Mitstreiter, so ist denn auch "This is not a Love Song" möglicherweise doch auch ein Liebeslied, ein Liebeslied Johnny Rottens an den Mann, der ihm ungeahnte Möglichkeiten eröffnete. Wir Zurückbleibenden aber sollten uns vielleicht nicht mit den Sex Pistols aufhalten und stattdessen mal wieder, gelangweilt von all dem aus den USA herüberdröhnenden Post-Punk, lieber U.K. Subs, Sham 69, Killing Joke oder auch Joe Strummers Clash zu Gehör bringen.

Was wird.


Ein kleines grünes Gleichheitszeichen soll  das Logo für die Netzneutralität sein, die in der nächsten Woche in Berlin auf der re:publica verhandelt wird. Alle Daten sind gleich, das klingt im Deutschen viel platter als in Globish, wo die Bill of Rights konstatiert "All data are created equal", ganz in Anlehnung an das bekannte "All men are created equal". Man kann das neue Datenrecht, das wohlgemerkt kein Datenschutzrecht sein soll, mit allen mittlerweile auf 9 Thesen erweiterten Katalog zur Netzneutralität bei Jeff Jarvis nachlesen, der damit in Berlin auftreten will.  Die ersten vier Thesen sollten selbstverständlich sein. Mit dem Recht, seine Daten zu kontrollieren, wird der Datenbrief des CCC in die Welt geschickt, und das nicht per Brieftaube. Dann wäre da noch das Recht darauf, seine eigene Identität kontrollieren zu können, was übersetzt nicht schlicht auf ein Single Sign-on herausläuft. Gefragt ist das Ich mit eigenem Verstand, das alle Thesen vom Kontrollverlust ablehnt und dagegen seine Existenz setzt. Dumm ist nur, dass so ein Satz pathetisch klingen muss, weil über tausend Jahre Humanismus in unseren Schamhaaren sitzen, nicht im Gen.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #278 am: 18 April, 2010, 00:11 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Blauer Himmel in der norddeutschen Tiefebene, der am Horizont seltsam fahl ist und ohne jeden Kondensstreifen. Eyjafjallajökull lässt grüßen. Asche auf mein Haupt, wenn ich über die neue Form des Cloud Computings Witze mache. Eigentlich müsste die Szenerie wie in Metro 2033 aussehen, aber nix da. Die Lage ist nicht ernst und schon gar nicht hoffnungslos, wenn von einem iPad aus weiter regiert werden kann, wenn eine richtige Tastatur benutzt wird. Möglicherweise ist dieser Vulkan eine Marketingmaßnahme von Apple, die Verspätungen zu erklären, für die US-amerikanische Junkies  verantwortlich sind: Angeblich macht das iPad applesüchtig wie Oxycontin, ein starkes Opiat, dass die Israelis fürchten.

*** Interessanter als der aschewolkig gewundene Reiseweg von Kanzlerin Merkel über Lissabon und Rom heim in die Republik ist ihr USA-Aufenthalt, komplett mit einem netten Abkommen zum Austausch biometrischer Daten zu unser aller Sicherheit. Falls das BKA meine Fingerabdrucke noch nicht hat, kann es sie bald günstig aus den USA beziehen, wo sie bei jeder Einreise überprüft werden. Mit ein bisschen Gefrickel im Code sollten transatlantische Datenabfragen sogar schneller sein als die im SIS-II-System, das ohnehin nur Fahndungsbestände speichert und dann noch schneckig performant sein soll. Vielleicht hätten die Systemarchitekten dieses 60 Millionen Euro-Unfalls mal bei Google nachfragen sollen, wie das geht mit schnellen Algorithmen. So sorgt Google nur für die Nicht-Nachricht dieser Woche, weil man bei ihrem Besuch in Kaliforien die Bundeskanzlerin einfach abblitzen lies. Sie wollte das Hauptquartier des Datengeistes besuchen und das seltsame Leistungsschutzrecht diskutieren, das nicht nur Blogger ratlos macht. Das wollte Google nicht und sagte lieber den Termin mit Merkel ab. Jede Ähnlichkeit mit einem chinesischen Politbüro ist zufällig.

*** Passend zu den auch von Merkel begleiteten Abrüstungsgesprächen haben sich ganz ohne Merkel US-Präsident Barack "Blackberry" Obama und sein russischer Präsidentenfreund Dimitri Medwedew darauf geeinigt, die Welt künftig per SMS und E-Mail zu regieren. Jedenfalls solange, wie es keinen sicheren Regierungsmodus für Twitter gibt, den Dienst, den Medwedew offenbar bevorzugt. Man kann sich richtig gut vorstellen, so einen Regierungs-Service, in dem Medwedew laufend RTs von Putin verschickt und Angela Merkel mit #mrkl getaggt wird. So wächst transatlantisch vulkanausbruchsicher zusammen, was längst zusammengehört, wie dies unser Bundesgerichtshof erkannt hat: Die New York Times kann vor ein deutsches Gericht gestellt werden, wenn ihr investigativer Journalismus einem deutschen Bürger ein Dorn im Auge ist.

*** Vor sieben Jahren schrieb Paul Graham auf, warum Nerds unbeliebt sind mit ihrem nüchternen Blick auf die Welt. Der Text war Ausgangspunkt einer größeren Debatte um die Bedeutung der Nerds, abseits der spaßigen Definitionen, was ein Nerd ist. Seit einem Jahr gibt es den Text auch auf Deutsch. Nerd, das ist jemand, der ein Blick für Verfahrenstechniken hat. Man lese nur die ergötzliche Stelle über die Bedeutung der Cliff's Notes für den Französischunterricht, weil sich herausstellte, das selbst die Lehrer nur die Cliff's Notes kannten. In unserer Remix-Kultur des Internets sind die Literaturverkürzungen die Norm geworden, und die aus den Cliff's Notes hervorgegangene "Für Dummies"-Bücher sind Legion. Erinnern wir uns daher an den Literaturliebhaber Clifton Keith Hillegass, der heute Geburtstag hätte. Er kaufte einem kanadischen Verleger die Cole's Notes ab, der aus Shakespeares 16 Stücken Kurzversionen zum schnellen Lesen produziert hatte und nannte sie in Cliff's Notes um. Aus der Idee des Literaturfans, den Arbeitern die Lektüre der Weltliteratur zu ermöglichen, entstand eine Buchreihe, die zunächst den Pädagogen verhasst war. Hillegass war entsetzt: Jede Ausgabe der Cliff's Notes bekam eine warnende Banderole: "A thorough appreciation of literature allows no shortcuts." Das half nicht. Längst ist die Warnung verschwunden und die iPhone-Äpp wandert auf das iPad. Wer liest schon noch Kamellen wie Brideshead Revisited? (<-- Hier mal in einer Zusammenfassung für Nörds)

*** 2500 Teilnehmer trafen sich in Berlin zur Nerdkonferenz re:publica und brachten mit mehr als 5000 eingeloggten Geräten das WLAN zum Schwitzen. Eigentlich sollte es um Netzpolitik und Bloggen gehen, aber hey, das Mikrobloggen mit Twitter ist ja so sausubversiv, da muss man gleich multipel vernetzt sein. Inmitten aller Aufmunterungen und aschenputtelig ausbleibenden Referenten gab es viele amüsante Szenen. Eigens zur Konferenz stellte ein "Holzmedium" den reichlich engen Hallraum der deutschen Bloggerszene in einem multimedial angerührten Dossier vor, was prompt Blogger reizte, die davon phantasierten, dass Blogger die FAZ besetzen. Ein Frank Schirrmacher sollte an den Toren der Kalkscheune rütteln? Warum? Frank Schirrmacher hielt derweil Privataudienz im Cafe Einstein und ließ ausgewählte Referenten zu sich kommen. Und alle, alle kamen. Tja, so funktioniert die Frank Schirrmacher-Maschine, die eine Frank Schirrmacher-Maschine bauen lässt, damit das ungesunde Multitasking durch eine gesunde Lektüre ersetzt werden kann, auf Papier, Kindle oder eben dem iPad.

*** Für viele Teilnehmer des Digerati-Schwoofes waren Freiheitsblogger aus der "Dritten Welt" völlig uninteressant - der Saal blieb gähnend leer. Dafür wurde ausgerechnet ein Referat eines Unternehmensberaters hoch bejubelt, der als Change Management Papst (PDF-Datei)  damit beschäftigt ist, ängstliche Deutsche zu klassifizieren. Etwa in Zaungäste, in in "Besucher" und in "Bewohner" von Digitalien. Dass das Wiederkäuen einer auch schon 10 Jahre alten These so begeistert, muss amüsieren. Es kann aber auch nachdenklich stimmen, wenn man mitliest, wie die genau diese begeisterten Bewohner von Digitalien ihren durch kein Realleben gebremsten Sexismus auslebten. Dagegen sind die angeblich ach so furchtbaren Heisetrolle gesittete Menschen mit digitalen Manieren, selbst mein Dauerkommentator, dem ich dauernd einen ähem, ähem.

*** Ist der Auftrieb zur re:publica ein Abbild der "Internet-Community"? Oder gibt es zahlreiche, viel verlappende "Communities", so wie es sehr unterschiedliche Gruppen gibt, die alle eine Zeitung lesen, ohne gleich Teil einer Zeitungs-Gemeinde zu sein? Jeder Journalist kennt die Gefahr des Tunnelblicks, wenn man drauf und dran ist, nur für eine Community zu schreiben und den Leser vergisst. Insofern waren die "standing ovations", die der Referent des wunderbar obskuren Wikileaks-Projekts auch eine Art Trollerei. Die Aussage, dass die Journalisten glaubwürdig sind, die ihre Quellen bei Wikileaks veröffentlichen, ist hoch bedenklich.  Es kommt der Zensur gleich, wenn eine Plattform gegen Zensur und Unterdrückung von brisanten Informationen auch noch als Messlatte der Glaubwürdigkeit herhalten soll.

Was wird.

Nach der re:publica wartet Berlin auf die Next10 der Game Changers, die selbst ernannte "Kongress zur Zukunft und Relevanz des Webs für Blue Chips, Visionäre und Startups". Für Blogger und Twitterer gibt es einen um 500 Ocken vergünstigten wahnsinnig günstigen Eintrittspreis von 290 Ocken, wenn sie mindestens 1000 Leser oder Follower haben und mindestens einmal am Tag bloggen oder twittern. Soviel zum Thema Relevanz.

Doch zunächst richten sich die Blicke nach Frankfurt. Vielleicht bleiben sie noch länger am Boden, die Flieger. Freie Himmel über Frankfurt! Freilich könnte es passieren, dass Referenten nicht zur Auftaktveranstaltung staufreies Hessen anreisen können, mit der die größte automotive Überwachungsanlage gebührend gefeiert werden soll. 2015, wenn das momentan noch verbotene KFZ-Kennzeichen-Scanning wieder funktioniert, wird jeder fahrende Hesse sanft geleitet und gelenkt, auf dass es nirgendwo mehr stockt und staut. Der Polizist Big Brother bekommt einen schönen hessischen Namen wie Heinz Erhardt. Und ganz im Hintergrund lauert die Einführung einer PKW-Maut, wie sie das Umweltbundesamt (PDF-Datei) in einem Hintergrundpapier zur Diskussion gestellt hat. Bleibt wieder einmal die Frage, ob wir diesmal etwas von den Nachbarn lernen können, nicht nur in Sachen Afghanistan?

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #279 am: 25 April, 2010, 00:06 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wenn diese kleine Wochenschau im Internet auftaucht, ist draußen im echten, im einzigen Leben, das wir haben, viel passiert. Man denke nur an die Menschenkette zwischen den AKW Krümmel und Brunsbüttel, für die ich vergeblich mein Kettenbändchen in der Reliquientruhe gesucht habe. Eine überfällige Kettenreaktion auf das unsägliche Lavieren in der Atomkraftpolitik, verbunden mit der Aufdeckung der Gorlebenlüge durch Dokumente, die Greenpeace befreit hatte: Vielleicht macht das Beispiel Wikileaks Mut.

*** Geschichte wird auch der erste Augmented Reality Flashmob in Amsterdam auf dem Dam sein, während die Feuer des Ashmobs hier und da noch glimmen dürften. Grillen gegen Island, das ist der Würstchen gewordene Protest gegen eine Gesellschaft, die sich einer Simulation auf schmaler Datenbasis unterworfen hat und auf einmal flügellos dastand. Bemerkenswert am ganzen Debakel: Die zuständige ICAO der UNO, deren Erlasse völkerrechtlichen Charakter haben, wie bei Regelwut um die elektronischen Reisepässe zu sehen ist, hat keine Grenzwerte für Partikelkonzentrationen ausgegeben. Soviel zum Thema Sicherheit.

*** Natürlich ruft so eine Kritik an der Simulation und ihren Daten die Kritiker der Kritiker auf den Plan, die Forscher, die auf kleinster Datenbasis große Interpretationen machen. Seit der re:publica verehren die Aktivisten der deutschen Social-Web-Szene den Unternehmensberater Peter Kruse für seine Kunststücke. Schließlich hat er mit seiner Firma nach der Befragung von 100 Deutschen für die Bertelsmann-Stiftung herausgefunden, was jeder Netizen weiß: " 96 von 100 Deutsche sind der Meinung, dass die Menschen in Deutschland betrogen und fehlinformiert werden." Als Grund wird genannt, dass unser Leben immer stärker vom Lobbyismus geprägt wird und dieser noch in 10 Jahren wie ein Grauschleier über allen politischen Entscheidungen liegt. Das "computerunterstützte Verfahren", das diese kollektiven Wertemuster errechnete, macht leider keine Angaben, warum die Deutschen nicht Lobbycontrol die Bude einrennen oder wenigstens häufiger die Nachdenkseiten aufsuchen, wo man regelmäßig kluge Gedanken zu der Lobbymacht lesen kann.

*** "Kleine Datenbasis" rufen auch entrüstet die Kritiker des Kölner Stadtanzeigers, der mit einer Omniquest-Umfrage Dampf in den wolkigen Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen bläst: Eine Mehrheit für Rot-Grün, eine Alternative zum Arbeiterführer Rüttgers, der so tapfer den Verlust von Arbeitsplätzen bedauern kann, wird sichtbar. Wahrscheinlich ist an dieser Hochrechnung eine indische Software schuld, die in Bangalore von Hindu-Kindern zusammengefrickelt wurde. Das wäre gewissermaßen Reinkarnation 2.0 in der Politik. Noch ist nicht aller Tage Abend und so finden sich bei Rüttgers tatsächlich Sympathien für die Piraten, die sich diesmal als Verbraucherschützer getarnt ans Kentern machen und vor allem für die wackeren Westfalen aus Münster. Sie wollen den Stamm der aufrecht-preußischen berg/bauernden Westfalen von den luschigen Rheinländern abtrennen, die nur Karneval auf die Reihe kriegen, beim Ausschachten der U-Bahn pfuschen und seltsame Biere brauen.

*** Eines der schönsten Computerbücher ist der Fotoband "Defying Gravity" von Doug Menuez. Lange bevor die Fanboys von Apple mit ihrem hysterischen Marken-"Bewusstsein" die Szene betraten, hat Menuez minutiös die Entstehung des Apple Newton mit seiner Kamera begleitet. Wir sehen, wie die Prototypen fest an Labortische geschraubt sind, wie die Entwickler in einem Haus kaserniert werden und lesen, wie einer von ihnen deshalb Selbstmord begeht. Die wundersame Geschichte um Apple und Gizmodo, komplett mit Downfall-Mashup (wieder gesperrt), mit Biergärten, deutschem Bier und dokumentierter Hehlerei ist zweifelsohne ein neuer Höhepunkt im Marketing von Apple, die Gläubigen für den nächsten Einkaufsrausch in Stimmung zu bringen. Journalistische "Marken", die ihr Hirn längst durch Apfelmus ersetzt haben, begeistern sich für die Partnerschaft München-Cupertino. Tipp von Amazon: Wer diese Story glaubt, glaubt auch an das Märchen vom Klapperstorch. Während in Berlin über die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte verhandelt wurde und nur ein klitzekleines Detail wegen des Wahlkampfs in NRW freiwillig vergessen wurde, fiel eine rundum gelungene Aktion von Microsoft aufmerksamkeitstechnisch unter den Tisch: In der Berliner Kalkscheune feierten die Sieger des deutschen Imagine-Cup-Wettbewerbs 2010 mindestens so heftig wie die re:publikaner. In der Kategorie Software Design gewann wieder einmal die TU Dresden mit dem Gesundheits-Internetportal Mediator vor weiteren Lösungen wie SanCuration, die die Medizin verbessern wollen. Schützend hält Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel seinen Schirm über die neuen Exportschlager, die erst einmal nach Warschau fahren dürfen. Mögen sie nicht auf harte Konkurrenz stoßen, die mit leckeren Hirschhornkäferlarven den Hunger in der Welt bekämpfen und damit die Preise einheimsen.

*** Bekanntlich kämpfen unsere Soldaten in Afghanistan für etwas, das in Deutschland Frieden genannt wird, anderswo nur als möglichst einfacher Abzug gehandelt wird. In dieser Situation ist eine studentische Mindmap aus Potsdam besser als alle gegelten Aussagen, Auge um Auge. Meine Sympathie ist mit den deutschen Soldaten, die sich I Fight for Merkel als Aufnäher besorgen und tragen. Sollte diese Geschichte stimmen, wird die Wahrheit schon lange nicht mehr am Hindukusch verteidigt.

*** Noch steckt der Text des CCC-Mitgliedes Frank Rieger hinter einer Paywall, doch das Konzept des Datenbriefes, das er im Blatt noch einmal erläutert, soll einen Weg ins Bundesinnenministerium gefunden haben. Natürlich gibt es Spötter, die diesen Brief für ausgemachten Schwachsinn halten. Wenn der Datenbrief dabei hilft, dass sich Firmen Gedanken darüber machen, ob man nicht mit ein "bisschen weniger Suchgenauigkeit oder etwas wilderen Buchempfehlungen" leben kann, ob man auf Daten verzichten kann, weil die Auskunftskosten und das Drumherum die Sache nicht wert sind, dann hat er sich schon gelohnt und war das Nachdenken über eine solche Konstruktion, sein Porto wert. Neben den Spöttern gibt es immerhin auch die Naiven, die nur darauf warten, mit Facebook, Google und Amazon endgültig die Kontrolle zu verlieren und in ihrem schrecklichen Deutsch radebrechen: "Es gilt die Situation schonungslos zu erfassen und sich emanzipative Strategien zu entwickeln, die den CTRL-Verlust managen, ohne ihn rückgängig machen zu wollen." Die Leute, die glauben, nicht von Algorithmen erfasst werden zu können, weil sie keinen 9to5-Normaljob machen, sind ganz nach Orwell wirklich arme Schweine, wenn sie verächtlich über die Normaljobber erhaben sind und verkünden: "Sie sind also nur deswegen berechenbar, weil sie einer gesellschaftlichen Norm nacheifern. Für mich würde diese Software also keine verlässlichen Einschätzungen treffen können."

*** Eine richtig anstrengende Woche will sanft verabschiedet werden. Wie wäre es mit einer mashup-gestärkten Mondscheinsonate komplett mit Troll-Kommentaren? Oder soll es, ganz im Sinne von Hal 9000 lieber ein rauschender Walzer an der schönen blauen Donau sein? Ach, was. Flüchten wir uns lieber in etwas zünftige   Blasmusik, gern auch mit etwas   Bayern-Punk und bayerischem Techno vermischt.

Was wird.

De-Mail, der neuen Personalausweis und der fiese Identitätsdiebstahl sind die Themen, die in der nächsten Woche ein BSI-Symposium behandelt. Vergeblich wird man das Wort Leuchtturmprojekt suchen, das nacheinander an das System der LKW-Maut, die elektronische Gesundheitskarte und schließlich den Personalausweis getackert wurde, denn diese Projekte senden Signale, dass Dinge unrund laufen: Leuchttürme waren dafür bekannt, dass sie einst kräftige Lichtstrahlen sendeten, aber keinen Rückkanal besaßen. Das beschreibt die deutsche Misere besser als lange Ausblicke. Ob unsere Nachbarn besser dran sind, ist nicht nur mit Blick auf Griechenland die große Frage. Belgien und die Niederlande kriseln. Ob die Wahl in Großbritannien wirklich nur die Wahl zwischen Blackberry und iPhone ist? Auf mehrfachem Wunsch meiner Leser werde ich nur noch positiv denken. Man muss einfach nur das richtige Auge für die richtigen Fortschritte haben. Wie wäre es mit diesem Faktoid hier: SCO Deutschland ist in Bad Homburg umgezogen. Die huch, huch, ach so skandalösen WLAN-Angaben vor Ort werden nachgereicht.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #280 am: 02 Mai, 2010, 00:13 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Leise hat er sich davongemacht, der April. Dafür lärmt der Mai umso lauter: Horden mit Bollerwagen ziehen durch die norddeutsche Tiefebene, Betrunkene aller Altersgruppen kotzen jede Blume am Straßenrand zu. Das ehrwürdige Fruchtbarkeits-Fest zu Ehren der Göttin Floralia, oder germanisch-keltisch zu Ehren von Bealtuinn oder christlich zu Ehren von Walburga oder auch zu Ehren der Arbeiterklasse ist nur noch eine große Sauferei unter freien Himmeln. Überall finden sooo deutsche Rituale statt, dass Grausen aufkommt. Gespannt schauen die Medien nach Berlin oder Hamburg, das kollektive Torkeln in der Ebene wird ignoriert. Da hilft nur allgemeines Zurückignorieren mit Blick ins kalte München, wo alte Rechner eine kleine Halle heizen, unter ihnen der c't86.

*** "(Online-)kommunikation: Endlich wieder Reden" ist das Thema des VCFE wie dieser kleinen Wochenschau. Denn der Rückblick gilt nicht der vergangenen Woche, sondern dem Leben eines großen deutschen Online-Pioniers. Leise ist Günther Leue am 1. April abgetreten, der IT-Pionier und Ehrenpräsident des Chaos Computer Clubs. Alle Vertreter der Generation Mailbox verneigen sich vor ihm, denn ohne seine geniale Konstruktion des Vereins zur Förderung der Telekommunikation (VFTK) im Jahre 1984 wäre unser Treiben illegal gewesen. Um es im Denglisch des derzeit amtierenden Innenministers auszudrücken, war der gesamte Telekommunikations-Bereich eine "No-go-Area" für technisch interessierte Staatsbürger. Schon der Anschluss eines nicht vom Gilb zugelassenen Telefons an das staatliche Telefonnetz war ein Anschlag auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands, ebenso der Betrieb nicht zugelassener "Telemodems".

*** Mit dem VFTK spannte Günther Leue einen wichtigen Schutzschirm auf, weil er einen juristischen Kniff ausspielte. Die Mitglieder des VFTK durften zur Erfüllung des Vereinszwecks Datennetze betreiben und benutzen, obwohl dies nach dem Postmonopol eigentlich verboten war: Das Recht auf Vereinigungsfreiheit war höher angesiedelt als das Fernmelderecht. Die Mailboxszene, der CCC und Leues eigenes System, die 1982 gestartete IMCA-Box in Haunetal: Sie alle wurden von einem Jura-Hack beschützt. So konnte sich aus der Mailbox von Leue das GeoNet-System entwickeln, in dem fast alle CCC-Mitgieder einen Account besaßen, da Leue ihnen einen besonderen "Haustarif" gewährte und erklärte: "Wir sind der Meinung, dass E-Mail nicht nur dem Kommerz dienen soll, sondern in gleicher Weise auch dem Verbund von Menschen." Die Mitglieder des CCC dankten ihm auf ihre Weise. Sie produzierten das erste elektronische Magazin Chalisti, das für viele GeoNet-Nutzer zur Pflichtlektüre wurde: "Die gesamte Menschheit bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit des globalen Dorfes zu vollenden."

*** Günther Leue war auf seine höchst eigene Weise ein "68er": Er lebte in den USA, als 1968 die Debatte um das Carterfone kulminierte und die Federal Communications Commission entschied, dass das Carterfone (und andere Systeme wie Akustikkoppler und Modem-Schaltungen) an das Telefonnetz von AT&T angeschlossen werden durfte, sofern sie keinen Schaden am Netz verursachten. Leue, der viele Gespräche mit dem ARPANET-Pionier Ed Roberts geführt hatte, begriff als einer der Ersten, dass eine völlig neue Kommunikationsindustrie entsteht, auf die Monopolisten wie AT&T (oder die Deutsche Bundespost) keinen Einfluss mehr hatten.

*** Dem Kondolenzbrief meines Providers ist eigentlich nichts hinzuzufügen: Ohne das GeoNet und dem Ansatz, dass Netze mehr sind, als Daten für Banken oder Behörden durch die Gegend zu schaufeln, kann das Heute kaum erklärt werden. Ich bin ein Fan von Ursache und Wirkung. Ich bin sicher, dass eine Erfindung wie das WWW von Berners-Lee irgendwo seine Vorväter hatte in Form von Gedanken und Visionen, die zu E-Mail und Informationsverbreitung erst führen konnten. Ich bin sicher, ein Tim Berners-Lee kennt den Namen Günther Leue nicht, aber irgendwo in der gedanklichen Evolution zwischen der Ursuppe der Byteschaufelei und den neuen Multimedia-Welten auf dem iPad, da ist er eines der vergessenen 'Missing Links'".

*** Nichts illustriert den Missing Link besser als die Ignoranz der deutschen Wikipedia, deren Relevanz-Krähen keinen GeoNet-Eintrag zulassen und erst recht keinen Günther Leue kennen, nicht mal als den Mann, der in seiner Zeit als Diebold-Berater für die Einführung der Barcodes in Deutschland kämpfte.

*** Günther Leue begann seine lange Karriere in der IT 1953 bei Remington Rand Univac. Er wurde Verkaufsdirektor für den Bezirk Nordrhein-Westfalen und arbeitete so erfolgreich, dass er als erster Europäer im Jahre 1966 Product Line Manager in der amerikanischen Zentrale von Univac wurde. Bei einem Lehrgang an der New Yorker Graduate School of Business lernte Leue den Automationsspezialisten John Diebold kennen und wurde Geschäftsführer der Diebold Deutschland GmbH. Leue beschäftigte sich mit dem, was heute IT-Assesment genannt wird. Er arbeitete außerdem in dem von Henry Sherwood geleiteten europäischen Diebold-Forschungsprogramm. 1974 ging er für Diebold wieder in die USA, wo er das Team leitete, dass IBM im großen Antitrust-Prozess IT-technisch beriet. 1976 wagte Günther Leue den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete die Firma "Leue Management Consultants", die Seminare zur IT-Organisation anbot. Er wurde Mitglied im einflussreichen Informationskreis Organisation und Datenverarbeitung und beschäftigte sich mit dem "Information Retrieval" aus großen Datenbanken. Er engagierte sich in einem US-amerikanischen Diskussionskreis, der die Rolle von "Informationsarbeitern" unter den Bedingungen der zunehmenden Computerisierung untersuchte. Dort dachte man über das nach, was uns heute selbstverständlich erscheint: die Bündelung von Sprache, Text und Bild in einem einzigen Informationskanal. 

*** Zusammen mit seinem Sohn Christian begann Günther Leue Ende der siebziger Jahre mit der Entwicklung eines einfach zu bedienenden Kommunikationssystems. Unter dem Namen IMCA-Mailbox ging das System online. Es war eine der wenigen Mailboxen, die über Datex-P erreicht werden konnten. Auf Basis dieser ersten Mailbox mit Z80-Prozessor und dem Betriebssystem Oasis entstand in einem zweiten Anlauf mit DEC-Hardware und OpenVMS als Grundlage das GeoNet-System, das Leue sehr erfolgreich vermarkten konnte. Geonet-Knoten gab es in Deutschland und in Österreich (von Radio Austria betrieben), in England, aber auch in den USA. Das größte GeoNet-System überhaupt wurde 1990 in Polen installiert, 1991 bekam Sibirien seinen eigenen Mailboxverbund mit GeoNet-Technik. GeoNet war nicht nur Hardware, sondern in erster Linie eine Software, die auf ihre Weise Standards setzte. Die GeoNet-Syntax färbte auf viele andere Mailbox-Systeme ab, etwa bei den Zerberus-Mailboxen. In seinen leider nur rudimentären Memoiren schrieb Günther Leue: "Der Befehlsvorrat, den das System anbot, war so ausgewählt, dass alle Operationen mit schlichten, der Umgangssprache entnommenen Worten aufrufbar waren. Es wurde dadurch eine extreme Benutzerfreundlichkeit erreicht, die sich insbesondere in der einfachen klartextlichen Dialogführung in der jeweiligen Muttersprache widerspiegelte. Aber auch im 'Vergeben' bei den häufigsten Syntax-Eingabefehlern, in automatischer Korrektur (wo immer möglich) und dem Anbieten von Hilfen und Alternativen, wo das System nicht von sich aus korrigieren kann. Das Ganze war ausgelegt auf 'Nicht-Computerfachleute', wie zum Beispiel Sekretärinnen. Selbst für Blinde, von denen einige von Anfang im System waren, waren sie schnell lern- und nutzbar."

*** Im Geonet-System war eine Art "Instant messaging" möglich, weil der Befehl "Online" eine Liste der Teilnehmer ausgab, die eingeloggt waren. Mit "Text" konnte den Teilnehmern eine Sofortnachricht geschrieben werden, mit "Dialog" startete ein Chat. War kein Teilnehmer online, funktionierte "Dialog" trotzdem: Hinter dem Befehl verbarg sich eine komplette Implementation von Weizenbaums Eliza.

*** Als einen der wichtigsten Momente in seinem Leben beschrieb Günther Leue ein Treffen von LMC-Mitarbeiten mit dem damaligen Post-Minister Schwarz-Schilling und etlichen Managern der Deutschen Post am 24.7.1985, das durch Graf Nayhauß vermittelt wurde. Bei diesem Treffen der verfeindeten Seiten, von dem es umfangreiche Protokolle beider Seiten gibt, wurde die halblegale Mailbox-Szene regierungsamtlich anerkannt. Der "Sieg" hatte im Schlusskommuniqué des Postministeriums folgenden Wortlaut: "Der Liberalisierungsprozess der Telekommunikation wird auch in Deutschland eingeleitet. Die Bedeutung der technischen Kommunikation beim Übergang in ein Zeitalter, dass mit dem Schlagwort von der 'Informationsgesellschaft' charakterisiert wird, machen dies zwingend." Natürlich war die Anerkennung der Mailbox-Szene im Sinne legaler Techniknutzung nur ein Aspekt. Die widerständigen Kräfte meldeten sich auch im Protokoll zu Worte. Schließlich hatte damals die Bundespost damals gerade noch einmal 500 Millionen DM in ihr BTX-System gesteckt, dass vor den Mailboxen Vorrang haben sollte: "Die existierenden Gesetze müssen beachtet werden, die Reformbedürfnisse in Form von notwendig werdenden Gesetzesänderungen bedürfen einer sorgfältigen Analyse. Die heimische Industrie muss Gelegenheit bekommen, sich auf den verstärkten Wettbewerb vorzubereiten. Die personalpolitischen und technischen Gegebenheiten des Großunternehmens Deutsche Bundespost müssen beachtet werden."

Was wird.

Günther Leue ist 85 Jahre alt geworden. Für uns alle, die immer wieder seine E-Mails mit Anregungen bekamen, bleibt in Erinnerung, wie sehr er sich trotz aller Klinikaufenthalte und Zäsuren mit neuen Ideen beschäftigte. Groß war seine Begeisterung für das Projekt "Better Place". Zuletzt war es das bedingungslose Grundeinkommen, mit dem er sich intensiv auseinandersetzte. Die Texte hierüber befinden sich auf einer Website, die dem Online-Pionier gewidmet ist, der jetzt am Großen Terminal sitzt.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #281 am: 09 Mai, 2010, 07:56 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ich lebe in glücklichen Zeiten. Ich durfte erleben, wie unser Bild der Erde sich mit dem Bild von Apollo 8 veränderte. Nun erlebe ich, wie unser Bild vom Menschen eine Veränderung erfährt. Willkommen, liebe Neandertaler! Auch wenn es nur ein bis vier Prozent sind, die wir geerbt haben, so wird unzweifelhaft ein Weltbild revolutioniert. Wir kommen alle aus dem Neandertal mag etwas übertrieben klingen, macht aber Schluss mit der überlegenen, unbefleckten Entwicklung des Homo Sapiens Sapiens Sapiens. Die Frage, ob Neandertaler unter unseren Vorfahren sind, kann einfach mit Ja beantwortet werden. Der Dank an die Menschen, die gezeigt haben, dass die Neandertaler zu uns gehören, dass das biologische Konzept der Auswahl und Variation viel größer ist als angenommen, ist auch ein Dank an die Technik, die diese Leistung möglich machte. Aus den Knochen von Vi33.16, Vi33.25 und Vi33,26 reines, nicht kontaminiertes Material von der Größe einer Aspirin-Tablette zu destillieren und daraus 5,3 Millionen Basenpaare zu sequenzieren, ist ein Rekord, der noch vor fünf Jahren für absolut unmöglich gehalten wurde. Was im Einzelnen noch in der weiteren Forschung gefunden werden mag, der Unfug mit der Krone der Schöpfung ist geknackt. Vielleicht dreht sich das Bild und der Neandertaler starb aus, weil er friedlicher war als seine Mitmenschen. Irgendwo um einen großen schwarzen Monolithen herum vibriert es jetzt. Es ist die Resonanz auf ein lautes, nicht enden wollendes Gelächter im Universum. Gelacht wird über den kleinhirnigen Menschen, der das, was sich irgendwann vor 100.000 bis 50.000 Jahren abspielte, verdruckst als Seitensprung bezeichnet.

*** Ja, wir kommen alle aus dem Neandertal, aber nur die richtigen Neandertaler, die haben die Wahl. In Nordrhein-Westfalen wird abgestimmt, ob die Politik von Rent-a-Rüttgers fortgesetzt werden soll oder eine kraftlose Alternative weiter macht wie bisher. Klingt ungerecht? Wer diese Geschichte vom digitalen Nordrhein-Westfalen verfolgt, angefangen bei Wolfgang Clement, noch nicht beendet bei Jürgen Rüttgers, wird schnell feststellen, dass ein ordentlicher Sumpf nicht trocken gelegt wird, wenn Regierungen wechseln. Das Ganze im Namen der zauberischen Public Private Partnership, von der die Presse natürlich keine Ahnung hat.  Armer Rüttgers: Von Tigern angegriffen, muss er sich als Papiertiger dem Kampf stellen und kann doch nur "auf vielen kleinen Trostpflastern" landen. Schiefe Bilder?  Da haben es die Piraten besser. Bei ihnen kommt kein Viehzeugs vor, für die gilt nur, die Drei Prozent zu erreichen, die man "Achtungserfolg" nennt. Dafür streiten sich die Kernis mit den Andis, wie anderswo die Fundis mit den Realos. Wo bleibt eine knackige Internetsperre, wenn man sie einmal dringend braucht. Mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag allein ist schlecht Wahlkampf zu machen, dazu ist das Wort zu lang, die Konzepte zu wabbelig.

*** So bleibt am Ende das Thema Griechenland über, das alle Talerbesitzer ganz ungemein aufregt. Faule griechische Anleihen in Höhe von 2 Milliarden Euro haben WestLB und die NRW-Bank gesammelt, allerdings nicht nur unter politischer Aufsicht von Rüttgers und Co., sondern auch unter den rot-grünen Vorgängern.  Insgesamt ist das Thema Bundespolitik und Anliegen der Notstandsexpertin Angela Merkel: "Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft Europas und damit um die Zukunft Deutschlands in Europa. Das erlegt uns allen, die wir im Deutschen Bundestag unser Volk vertreten, sei es in der Regierung, sei es in der Opposition, eine außerordentlich große Verantwortung auf. Selten gibt es solche Situationen. Selten gibt es Situationen, in denen, erstens, ohne historisches Vorbild, zweitens, mit unmittelbarer Wirkung für den Augenblick und, drittens, mit weitreichender Wirkung für die Zukunft unseres Landes und Europas entschieden werden muss. Heute ist ein solcher Tag. Niemand kann uns, den gewählten Vertreterinnen und Vertretern unseres Volkes, diese Verantwortung abnehmen." Wie schön, dass wenigstens die SPD Nein gesagt hat und auf einer Finanztransaktionssteuer besteht, die Bundeskanzler Ackermann bei Millionen zukünftiger Bonus-Zahlungen die Laune verdirbt. Ansonsten verweise ich auf  diese wunderschöne Grafik. Es kommen noch viele Tänzchen.

*** Wo bleibt das Positive? Diese Woche sind erste Details zum WWWW-Gesetz bekannt geworden, dass die Handwerker-Innungen unter kräftiger Mitarbeit der Gewerkschaft Bau, Steine, Erden unserer Regierung als Fortsetzung der Mövenpickhilfen empfiehlt. Gedacht ist an eine einfache Geräteabgabe auf all die Dinge, die Wie-wo-was-weiß-Obi und Co. verkaufen. Die Einnahmen kommen den Handwerkerbetrieben zugute, deren Erlössituation unter den vielen fiesen Selbstmachern leidet: "Werden Geräte, die allein oder in Verbindung mit anderen Geräten zur Vornahme von Handwerkerarbeiten geeignet sind, zum Zwecke der gewerblichen Nutzung betrieben, wird vermutet, dass diese zur Herstellung von  handwerklichen Leistungen benutzt werden", für die es einen besonderen, 50 jahre lang gültigen Schutz gibt.  Deshalb wird auf all die Geräte eine Abgabe fällig, die von einer Verwertungsgesellschaft einbehalten wird, ähnlich der Kopiererabgabe für Drucker und Fotokopierer.  Das neue WWWW-Gesetz ähnelt verblüffend dem Leistungsschutzrecht, das sich der Verlegerverband mit kräftiger Mithilfe der beiden Gewerkschaften von Qualitätsjournalisten ausgedacht hat. Wie bekloppt und kurios die ganze Sache ist, sieht man an den ersten juristischen Kommentaren. Sollte das Recht in der vorliegenden Form verwirklicht werden, kommt eine weitere Geräteabgabe – von der Google befreit ist. Dazu bekommen Journalisten das wunderbare Privileg, für die eigenen, von ihnen angelegten Archive (und digitalen Kopien dieser Archive) nichts zahlen zu müssen.

*** Ich vermisse allerdings eine Regel, dass Blogger ausgepeitscht werden dürfen, sollten sie eigene Archive anlegen. Irgendwo muss der Qualitätsjournalismus ja anfangen.  Sollte sich das mit dem Unterschied von Bloggern und Journalisten nicht durchsetzen lassen, müssen Blogger auch an dem Leistungsschutzrecht teilhaben und in die VG Wort eintreten. Da dürfen sie dann zusammen mit den Journalisten über die sadistischen Web-Interfaces heulen, die eine besondere Spezialität dieser Verwertungsgesellschaft sind. Und alle zusammen heulen dann, wenn wie in Kanada geschehen der Quellenschutz fällt: Wer nur Leistungsschutz, Verwertung, Prozente und Marktmächte im Sinne hat, für den hat die Rolle der öffentlichen Meinung in einer Demokratie ohnehin ausgedient. Man könnte die Abschaffung des Quellenschutzes Collateral Murder nennen und sich für die Dokumentenbefreiungsfraktion von Wikileaks freuen.

*** Aber ach. Das Elend muss doch irgendwann ein Ende haben. Erfreuen wir uns derweil lieber an etwas, was das Erfreuen wirklich zur Freude macht. Wir sind nicht erst eine Woche mit Keith Jarrett unterwegs, er begleitet uns mindestens seit der Mitte der 70er Jahre, als das Köln Concert wie eine Offenbarung in unsere Gehörgänge drang, denen wir dann doch in diesen und den Jahren danach ganz andere  Klänge zuführten. "Zu viel. Zu lang" meinte Jarrett über die Aufnahmen vor seinem Zusammenbruch Ende der 90er Jahre in einem Gespräch mit Alex Rühle, das in einen kongenialen Geburtstagsartikel in der Süddeutschen Zeitung mündete (nur als ePaper online). Dem muss man nicht zustimmen, keineswegs. Das Köln Concert fasziniert noch immer, in seiner, nun, sagen wir "Richtigkeit", in der Jarrett hier improvisierend komponiert. Seine neueren Konzerte aber, vor allem das "Testament", sind tatsächlich konzentrierter, weniger ausschweifend. Schon gar das Trio mit Gary Peacock und Jack DeJohnette: Drei gewitzte Musiker, die ganz entspannt swingen, ja, genau, das kann Jarrett auch. Lehnen wir uns entspannt zurück: Keith Jarrett hat zu seinem 65. Geburtstag auch ganz relaxte, konzentrierte und gar nicht ausschweifende Songs zu bieten – dafür sei auch Charlie Haden Dank.

Was wird.

Gespannt warten wir auf den ersten Film über einen Wissenschaftler, der sich über den Knochenstaub hermacht, die komplette DNA und die Versicherungsnummer eines Neandertalers rekonstruiert, mit diesen Daten einen Bioschleim füttert und PLOPP sind unsere Kumpels von damals wieder unter uns.  Vielleicht sprechen sie ja diese Nav'i-Sprache, die Paul Frommer aus seinen Genen gefischt hat. Ein bisschen kleiner werden sie sein, nur 1,55 Meter, was unter anderem dazu führen wird, dass Google seine kompletten Streetview-Aufnahmen wie damals in Japan in die Tonne treten kann und 40 cm tiefer wiederholen muss. Das wird ein Spass, die Kommentare von Menschen zu lesen, die sich heute schon über Jägerzäune aufregen, weil diese ihrem Kontrollverlust im Wege stehen. Ganz zu schweigen von den liliputanesischen Wutwichteln, die zurückfotografieren wollen, was Google an "Resthäusern" verdeckt, das alles im Namen der Freiheit, die Eier auf der spitzen Seite aufzuschlagen.  Oh, ha! Die Blefuscaner rücken heran. Und wie erklären wir diesen versammelten Schwachsinn einem frei schweifenden Neandertaler?

Vielleicht hilft da die gemeinsame Lektüre von den zentralen Werken unserer heutigen Kultur. Für die verquere Streetview-Debatte empfiehlt sich als Plichtlektüre eigentlich alles, was der großartige Hugh Kenner über Fälscher und Lügner, über James Joyce und Alan Turing geschrieben hat, aber der Einstieg ist schwierig. Heutzutage muss es ja Twitter sein, damit überhaupt ein Buch gelesen wird. Mit subtilen Maßnahmen und der kräftigen Unterstützung von Skript Kiddies hat sich Neil Gaimans American Gods an die Spitze gesetzt und führt eine durchaus bemerkenswerte Bücherliste an, die zu 140 Zeichen am Tag gelesen werden sollte: Fahrenheit 451, 1984,  Brave New World, Slaughterhouse Five. Ray Bradbury, George Orwell, Aldous Huxley und mein Favorit, der großartige Kurt Vonnegut zeigen, dass noch Hoffnung besteht und sich der Homo Sapiens weiter entwickelt und etwa aus Tiefenbohrungen lernt.

Und wenn er auf der Stelle tritt, der Sapiens Sapiens? Dann hilft nur noch feiern. Ein etwas näherer Verwandter als der Neandertaler ist der Niederländer, der uns schon deswegen überlegen ist, weil er dank seinem Fernsehen wesentlich besser beim  Multitasking ist. Aber was gibt es zu feiern, noch vor der Fussball-Weltmeisterschaft, die diesmal den Kaaseköppen gegönnt sei, bei einem absolut grauslichen Bayern-Block?

Wenn Bayern wieder Meister wird,
dann hör ich auf zu dichten
und werde kühl und ungeniert
die ganze Welt vernichten.

Kurzum: Wenn Bayern Meister wird,
dann kommt auch meine Stunde.
Dann wird der Globus ausradiert,
und ihr geht vor die Hunde.

Drum macht, dass es ein andrer wird.
Sonst lass ich's Schreiben bleiben
und werde kühl, doch passioniert
euch allesamt entleiben.
(Thomas Gsella)

Wir feiern! Und feiern! Natürlich das großartige Kannitverstan des Rheinländischen Hausfreunds Johann Peter Hebel, der vor 250 Jahren geboren wurde. Und wir trösten uns auch damit, dass wir immerhin den sogenannten Klassenerhalt des SC Freiburg und von Hannover 96 feiern können. Ach. Ist man in dieser hysterischen Zeit schon mit Brosamen zufrieden. Nein, keineswegs. Mit Brosamen geben wir uns nicht mehr zufrieden. Zurück zu Jarrett und Haden. Ja.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #282 am: 16 Mai, 2010, 07:07 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es war einmal eine kleine Agentur in einer großen Stadt, die zur Hochzeit der ersten großen Internet-Blubberei gegründet wurde, all die Bobos zu melken, die Werbung für ihre Firmen brauchten. Das Geschäft lief mal prächtig, mal weniger gut, aber man schaffte es doch, über 10 Jahre zu wachsen. Das wurde vor vier Jahren mit einer netten Party gefeiert, auf der man sich ausführlich mit diesem Web 2.0 beschäftigte. Irgendwie musste das soziale Web doch Schotter bringen und sei es nur 2,99 – mit einem ordentlich langen Schwanz (PDF-Datei für Erwachsene) kann das zu netten Einnahmen führen. Die nächsten 10 Jahre wurden mit einem Augenzwinkern angegangen. Weil die Party nett war, wurde sie zum Business, zum Kongress, auf der Redner wie Zuhörer reichlich Kohle zahlen, um zu präsentieren und zu hören. Win-Win nennt man das, wenn man gleichzeitig in zwei Geldbörsen greifen kann.

*** In diesem Jahr kam die Sache mit den Game Changers, den Hütchenspielern des Internets nicht so gut an. Wenn Ferkel fliegen könnten und auf dem iPad über die Theorie des kommunikativen Handelns räsonnieren könnten, ja, dann hätte man einen normativen Sprung gehabt, aber so blieb es halt bei La Fontaine und dem Getue von Frau Fliege:

Frau Fliege summt die ganze Reih entlang,
Muss jedem ihre Meinung in die Ohren sagen.
Nach harter Müh ist oben unser Wagen.
»Verschnaufen wir!« sagt nun das Fliegentier;
»Mein Gott, ich plagte mich bis zum Erschlaffen,
Um unsre Leute hier heraufzuschaffen.
Also, ihr Herren Pferde, was bezahlt ihr mir?«

Die Herren Pferde aber blieben stumm. Dafür finden wir eine Antwort des Veranstalters, komplett mit einem Screenshot von heisechan und den Rest der Fabel auf einer Seite toter Fische:

Ich kenne Ähnliches von vielen,
Die immer die Geschäftigen spielen.
Sie mischen sich in alle Dinge,
Als ob es ohne sie nicht ginge -
Und sind nur ungelegen überall.
Schmeißt sie hinaus mit Knall und Fall!

Rausschmiss oder Reinfall, das ist die Frage. Immerhin kam in Berlin die bis dahin größte deutsche Anhäufung von iPads zusammen, komplett mit iPhones, die nahezu jeder Teilnehmer besaß. Wer solcherartauf eine Firma fixiert ist, kann viel über das "curated computing" als Paradigma der Entwicklung schwärmen, das gerade die "walled gardens" der Geburtstagsfeier ablöst.

*** Eine Antwort gibt es nur, wenn man schaut, wo gerade die Karten neu gemischt werden. Ein Game Change der Extraklasse dürfte das Ansinnen von SAP produzieren Sybase für 6 Milliarden Dollar zu kaufen, um SAP auf dem Smartphone-Markt zu verankern. Viele der 4000 Mitarbeiter von Sybase hoffen, dass der Kaufpreis von 65 Dollar Cash für jede Aktie noch durch Oracle und IBM in die Höhe getrieben wird, damit SAP im Übernahmekampf selbst ordentlich Federn lässt. Mit dem Kaufangebot bekommen wir einen richtig heißen IT-Sommer, auch wenn es dank der Asche aus Island draußen in der Realität kalt und grau bleibt. Aber hach, auch Vulkane sind richtige Game Changer, wie es das Beispiel der Draisine zeigt, die über Pferde und Kutschen triumphierte, als es 1816 an Futter mangelte. Frau Fliege, Herr Pferd und Spezialisten für Kutschenmarketing, hübsch aufgepasst: für den Wechsel muss man die Denkrichtung ändern. Deswegen haben wir bekanntlich runde Köpfe.

*** So ein Wechsel beginnt häufig ganz unscheinbar, etwa mit der gründlich einplanierten Wiedergabe einer Theorie. In seiner Theorie des kommunikativen Handelns beschäftigt sich der Internetversteher Jürgen Habermas mit dem Problem, dass kommunikative Milieus unter dem Druck "verselbstständigter Subsysteme auf dem Wege der Monetarisierung und Bürokratisierung" irreparabel zerstört werden können. Um auch mal richtig loszuplanieren: All die Errungenschaften des Internet, dass uns so glücklich macht wie ein Kräutergärtlein den Pfaffen, sind bedroht, wenn der Rubel rollt. Nun posauniert ein FAZ-Blog unter Berufung auf eben jenem Habermas neue Vorschläge für eine Politik der herrschaftsfreien Kommunikation, in der das Wort "Elternneutralität" auftaucht. Genau wie die Rede von der Netzneutralität geht es um scheinbar Progressives:

Und da es immer diejenigen Kinder ausbaden müssen, die es mit den Eltern nicht so dolle getroffen haben, ist der Gesamtgesellschaft sicher mehr gedient, wenn man den Eltern, so weit es geht, die Erziehung aus der Hand nimmt. Dann bekommt zwar nicht jedes Kind eine optimale, aber alle eine okaye und vergleichbare Erziehung.

Wer nimmt eigentlich in diesem Szenario den Eltern die Kinder "aus der Hand"? Der Staat? Der ist gerade dabei, die von schwarzgelb ausgerufene Bildungsrepublik Deutschland nach allen Regeln der Kunst zu planieren. Man schaue nur nach Hessen. Dort, wo Roland Koch die Bildungs- und die Kita-Kosten drastisch zusammenstreichen will, geht es immer um Kinder und Eltern, die es richtig dolle getroffen haben, was in diesem unseren Lande "Standard" ist an Arbeit, Häuschen, Glotze. Es geht um die etablierten Eltern, die den Bildungsvorsprung ihrer Kinder hinter dem Kürzen von Leistungen gesichert sehen. Es geht um eine ganz bestimmte Jugend, die abgekoppelt wird von der Bildung, aber auch vom selig machenden Kontrollverlust und der propagierten Ressource Ignoranz der Digital Inhabitants. Denn die, die draußen bleiben, bleiben draußen. Das hat ein Landessozialgericht in Nordrhein-Westfalen in einem unerhörten Schandurteil festgestellt, dessen Tragweite wenigen bewusst ist. Wenn ein Personalcomputer nicht zur Grundausstattung gehört, was machen wir dann mit diesem Satz, den das Bundesverfassungsgericht im Kontext von Hartz IV geschrieben hat?

Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG hält den Gesetzgeber an, die soziale Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht im Hinblick auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums zu erfassen, die sich etwa in einer technisierten Informationsgesellschaft anders als früher darstellt.

*** Verklappen wir die Ausgeschlossenen im Graben namens "Digital Divide"? Bekommen sie einmal die Woche ein iPad-Blatt vom Discounter ihrer Wahl, auf der die Netzweltnachrichten von einem großen deutschen Verlag zusammengefasst sind, der seit Wochen für Apple Werbung macht? Der Verlagschefs hat, die täglich vor dem Steve-Jobs-Altar kniend beten? Ja, so unscheinbar beginnt der Wechsel. Wo "curated computing" möglich ist, wo die Nutzer jubeln, wenn sie veräppselt werden, da ist die kuratierte Gesellschaft nicht fern – und die wird von den Interessen einer alternden Bevölkerung dominiert, die nichts mehr interessiert, was hinter einem Ereignishorizont zwanzig Jahre in der Zukunft liegt. "Yesterday you said tomorrow"  klagt  Christian Scott die ewig verschobenen Versprechen auf Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ein, die das Bürgertum mit seinen Revolutionen in die Welt gesetzt hat und heutzutage doch nicht mehr einzuhalten bereit zu sein scheint. Das könnte Scott genauso gut hierzulande tun.

Was wird.

Ein weiteres höchstrichterliches Urteil beschäftigt die Gemüter. Man kann es positiv als Schadensbegrenzung sehen, wenn absurde Haftungsansprüche bei offenen WLANs deutlich reduziert werden. Man kann aber auch bedauern, wie die digitale Gastfreundschaft infrage gestellt wird. An dieser Stelle ist eine kleine Verschwörungstheorie fällig, komplett mit dem Verweis auf den elektronischen Personalausweis, der ab November ausgegeben wird. Offene WLANs im Oberholz und anderswo werden in Zukunft weiterhin erlaubt sein, nur das Log-in wird an die Funktionen gekoppelt, die der neue Ausweis bietet. Damit befindet sich unsere Bildungsrepublik in bester Gesellschaft: Einer der ersten Staaten, die die Nutzung von öffentlichen WLANs an die Identität seiner Bürger knüpfte, war Malaysia. Am Montag erhält Premier Dato' Tun Abdul Razak auf der Weltausstellung in Shanghai einen Forenschrittspreisis der ITU, zusammen mit Robert Kahn. Das Internet macht einfach glücklich.

Manchmal klappt es nicht ganz mit dem Glücklichsein, vor allem dann, wenn Google wieder in den Schlagzeilen ist. Nun sollen die Giraffastras des Konzerns nicht nur Bilder gemacht und WLANs geplottet, sondern anbei in das Netzwerk gelauscht haben, für zwei Sekunden. Die Erklärungen von Google sind ebenso bescheuert wie die Hyperventilation nach diesem Datenskandal. Was Google wirklich wissen will von uns, das hat der Bi-Ba-Butzemann längst in sein Säcklein geworfen. Es kann nur besser werden: Sollte Google jemals seine Opel in der norddeutschen Tiefebene in Richtung unserer Einöde steuern, werde ich schützend auf dem Trecker ein Ferkel (ohne iPad) in die Kamera halten, im Namen der "Panoramafreiheit" Zur Zeit hat mein Nachbar 37 davon. Und unsere WLANs sind offen wie die Scheunentore, durch die derzeit die unterernährten Schwalben frierend taumeln. Die Brut muss dieses Jahr ausfallen. Dafür bauen die Amseln schon wieder ihr Nest im Blumenkasten auf dem Hannoveraner Balkon.

Was nicht ausfällt, ist ein Seminar zum Schutz kritischer Infrastrukturen, das in dieser Woche stattfindet, natürlich unter Beteiligung von SAP, den Spezialisten für krisenelastische Kommunikation. SAP-Lösungen auf der Basis von BusinessObjects haben den Polizeikongress beherrscht und werden uns weiterhin beschützen. Jedenfalls besser als Werder sein Tor. Was waren das noch für Zeiten, als das Logo vom WWWW im Zeichen von Werders W erstrahlen konnte. Schnüff.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #283 am: 23 Mai, 2010, 00:10 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wan de Cheng ist nicht die plattdeutsch formulierte Frage "Wann gibt es das Geschenk?", sondern ist Chinesisch und heißt "Stadt, in der du alles bekommst." Unter diesem Namen geht Media-Markt in China an den Start, ganz feierlich und schwer symbolisch von Bundespräsident Köhler auf der Expo in Shanghai eröffnet. Nun könnte man laut "Ich bin doch nicht blöd" rufen und auf Wikipedia nachschlagen, ob es zu den Aufgaben eines Bundespräsidenten gehört, Media-Märkte zu eröffnen, aber wenn es der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen dient, ist alles paletti. Horst Köhler, ja ganz Deutschland steht wie ein Mann hinter Metro, da tritt man niemanden boatengistisch auf die Füße, den Standort gefährdend. Und wie hübsch es doch klingt, dieses "Stadt, in der du alles bekommst." Alles? Alles. Sogar Computer, die den großen grünen chinesischen Damm umgehen, diese Firewall, an der ständig 30.000 Fachleute herumproggen? Wie wäre es mit Menschenrechten, hübsch verpackt auf einer SIM-Karte für unüberwachtes Telefonieren? Von freien Medien gar nicht zu reden. Wer den Videostream zur Verleihung der World Communication Awards in Shanghai verfolgt hat, dürfte sich über die Einblendung von Mozarts kleiner Nachtmusik gewundert haben, als der ITU-Generalsekretär Cyberwars zwischen den Staaten als barbarische Akte verurteilte.

*** Zurück zur Normalität in einer Zeit voller Internet-Süchte, die in China mit altbewährten Methoden behandelt werden. Schließlich leben wir auch im freiesten Westen nicht in Städten, in denen man alles bekommt. Was gab es für ein Geläster, als Peking seine Olympiamaskottchen vorstellte, komplett mit Heisig und der tibetanischen Antilope. Nun ist London dran und dort erklärt man allen Ernstes, dass Wenlock und Mandeville an den Erfolg des Dackels Waldi anknüpfen werden, schreibt der Guardian. Dass die Zyklopen wunderbar den allgegenwärtigen Überwachungskameras ähneln, bemerkte einer. Wie London zu den olympischen Spielen überwacht werden soll, erklärt dieses Video der fiktiven Firma Blackwell & Briggs. Die Produzenten von Conspiracy for Good erklären sich zur Unbewegung, der niemand und doch alle angehören können. Das sich hinter dem Ganzen ein von Tim Kring produzierter PR-Gag für den Werbepartner Nokia versteckt, der seine Ovi-Dienste aufpeppt, ist dabei nur die halbe Wahrheit. Die subtile Geschichte hinter der Werbekampagne ist der Appell an den Bürger, mit seinem Nokia-Handy selbst Teil der Überwachung zu werden. Wer kein Gesicht hat, hat nichts zu verbergen und hilft, London zu einem sicheren Platz zu machen. Mit der richtigen GIS-Software werden Wenlock und Mandeville ihre Freude haben.

*** Wie schön für uns, dass Deutschland andere Akzente setzt und für die Video-Überwachung am Arbeitsplatz strengere Regeln aufstellen will. Doch halt, was tummelt sich denn da für ein Würmchen zum Thema GPS-Überwachung? Es klingt streng, es riecht aber auch streng, wenn es im Gesetzentwurf heißt: "Die Ortung eines Beschäftigten darf nur während der Arbeits- und Bereitschaftszeit erfolgen und nur dann, wenn es für die Sicherheit des Beschäftigten oder für die Koordinierung des Beschäftigteneinsatzes erforderlich ist und die Güterabwägung ein Überwiegen des Unternehmensinteresses ergibt." Gummiband, ick hör dir klatschen: Was GPS-tüchtige Handys und Navis an Standortinformationen per SMS in die Firma schicken, dürfte nahezu jede Firma als unerlässlich für die Koordinierung des Einsatzes ihrer Mitarbeiter deklarieren können, bis hin zum letzten Friedhofsgärtner. Beredetes Schweigen auch bei den Datenschützern, die das neue Gesetz kritisieren.

*** Bill und Melinda Gates sind mit ihren Kindern durch Europa gereist, sind durch viele Museen und Installationen gewandert, damit die Kinder einen Eindruck von einer anderen Kultur bekommen können, wie der stolze Vater erzählt. Fasziniert waren sie von der Leichtigkeit, mit der der alte Kontinent seine Vielsprachigkeit und Kenntnis von Excel kombiniert. Das Resultat der Europareise ist ein Gedicht von Rory Gates, das der Vater in seinem Blog veröffentlicht hat, komplett mit der Abbildung eines Schwarzen Lochs. Zu Pfingsten erschien vor 15 Jahren das erste Buch von Bill Gates in den USA, das im damaligen Herbst übersetzt als "Der Weg nach vorn" auch in Deutschland seine Interessenten fand. The Atlantic nutzt das Jubiläum, um die damaligen Prognosen von Gates mit der heutigen Realität zu vergleichen. Im Deutschen ist das nicht so einfach, denn Gates und seine Ghostwriter schrieben das Kapitel über die Bedeutung des Internet für die internationalen Ausgaben des Buches komplett neu. Während in der ersten Auflage im US-Original MSN und AOL als Online-Dienste die Menschen verbinden, bestimmt in den internationalen Ausgaben das Internet und der "Information Highway" "Die Zukunft der Informationsgesellschaft", wie der Untertitel des Buches lautet. Parallel zu diesem Umschwung muss erwähnt werden, dass es Gates und seinen Mannen 1995 gelang, den Konzern in sehr kurzer Zeit auf Internet-Kurs zu bringen und Netscape zu neutralisieren.

*** Unter diesen Aspekten können sich die Prognosen von Bill Gates sehen lassen, trotz der Microsoft-Färbung: Nicht der Wallet-PC von Microsoft dominiert die mobile Kommunikation, sondern die Smartphones mit all den Möglichkeiten, die zutreffend beschrieben sind. Auch die Rolle von WLAN und die Technik, dass Smartphones sich automatisch das kostengünstige Netz ohne Taktung suchen, ist gut beschrieben. Ja, die Menschen benutzen ein Multimedia-Lexikon im Internet, auch wenn es Wikipedia heißt und nicht Microsoft Encarta. Und immer noch macht die Menschheit gravierende Fehler: "Fehler wie die Entscheidung von Apple, seine Betriebssystemsoftware nur zusammen mit der eigenen Hardware zu verkaufen, werden sich in den kommenden Jahren noch oft wiederholen." Bill Gates, der Erfinder des iPad lag mit seiner Prognose richtig, dass digitales Geld keine Chancen gegen Kreditkarten haben wird und vollkommen daneben, dass Public Key-Verschlüsselung von Jedermann wie selbstverständlich genutzt wird, weil jeder Mensch wissen wird, wie wichtig die Privatsphäre ist. "Gefährdet uns die Informationsüberlastung?" fragte Gates in seinem Buch, nur um zu erklären, wie zentral "Abfragen" unser Leben bestimmen werden. Jeder Mensch wird ständig "Abfragen" stellen und, wo dies nicht ständig möglich ist, wird er Filter einrichten, die im Prinzip nichts anderes als ständige Abfragen sind: Erstaunlich sind nicht die Prognosen, sondern die von Gates nicht gezogenen Konsequenzen. Ersetzt man sein Plädoyer für Abfragen durch "Suchmaschinen" oder Google, dann hat der Microsoft-Chef erstaunlich genau den kommenden Konkurrenten beschrieben – und doch die falschen Schlussfolgerungen gezogen. Warum das passieren konnte, steht ebenfalls im Buch: "Bei Abfragen, die über den Information Highway geschickt werden, empfiehlt sich höchstwahrscheinlich die Hilfe eines Softwareberaters, weil die Information dann leichter und rascher zu finden ist." Statt an die Weisheit der Massen zu glauben, die jeden Mist in das Suchfenster von Google eingeben (und Resultate bekommen), sollten die Information Broker mit SQL-Kenntnissen die Gewinner sein. Aber auch die konnten nicht beantworten, wie Vögel Musik hören, das machen wir schon selbst.

*** Nach Microsoft kommt Microbesoft. Im Jahre 2007 tauchte dieser Begriff in der Zeitschrift Wired auf und bezeichnete die Firma Synthetic Genomics von Craig Venter, der sich ein Patent auf das erste künstliche Bakterium sichern wollte. Venter und vor allem sein damaliger Mitstreiter, der Nobelpreisträger Hamilton Smith haben mit Vier Flaschen für ein Heureka demonstriert, wie neues Leben programmiert und kreiert werden kann. Ob es ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit ist, wie Kommentatoren das Ereignis feiern, das dürfte man erst in 15 Jahren wissen, wenn höhere Zellformen ebenso zusammengefrickelt werden können. Wie wäre es mit dem ölfressenden Bakterium, dass Venters Firma seit mehr als einem Jahr als kommendes Produkt anpreist? Was Microbesoft anbelangt, so sind die Ängste geschwunden. Der verklempnerte und DNA-verbastelte Mensch, wie ihn die Google-Ausgründung 23 and me betreibt, kündet von gesunder Konkurrenz.

Was wird.

Wer hätte es gedacht, dass 2010 eine Regierung an der Frage scheitern kann, ob die DDR ein Unrechtsstaat oder eine Diktatur war? Nordrhein-Westfalen soll eine große Koalition und eine große Lahmheit bekommen, dafür in Zukunft noch mehr Nichtwähler, die sich mit Grausen von dieser Sorte Politik abwenden. Wenn in diesem bleiernen Bundesland noch aufmüpfige Reden gehalten werden, dann nur im Speakers' Corner, stilecht mit Powerpoint präsentiert.

Putzig ist es dann schon, wenn ausgerechnet in Nordrhein-Westfalen am Sonntag, am offiziellen deutschen Verfassungstag von Bundespräsidenten Horst "Wan de Cheng" Köhler das Bürgerforum 2011 gestartet wird, das die Bertelsmann- und die Heinz-Nixdorf-Stiftung ausgetüftelt haben. Es ist ein supertolles Modellprojekt, bei dem "10.000 Bundesbürger in 25 Städten und Kreisen bis Mai 2011 gemeinsam diskutieren und ein Bürgerprogramm erarbeiten, wie das gesellschaftliche Zusammenleben bei wachsender Vielfalt der Gesellschaft gestaltet werden soll". Das "größte Bürgerbeteiligungsprojekt in Deutschland" wird neue politische Richtlinien entwickeln und auf einer Internetplattform diskutieren.  Unter dem Oberthema "Zukunft braucht Zusammenhalt" werden neue politische Verfahren der Meinungsbildung erprobt, unter wissenschaftlicher Begleitung der Bertelsmann Stiftung.

Nein, dieser letzte Abschnitt ist kein Cut & Paste aus den Bewerbungsunterlagen für den von Wolfgang Clement (SPD) und Bill Gates ausgeheckten Road Ahead Prize, auch wenn man mit einem einfachen s/Bürger/Schüler ziemlich nah an den damaligen Materialien zum neuen Lernen liegt. So manches wiederholt sich als Farce, was als Komödie begann und in der Satire enden wird.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

  • Cheff-Cubie
  • *****
  • Beiträge: 191383
  • Ohne Input kein Output
    • DVB-Cube
Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #284 am: 30 Mai, 2010, 00:10 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Er  gab wohl den schönsten und zärtlichsten Tod, nun hat der ihn selbst geholt: Dennis Hopper starb mit 74 Jahren an Krebs. Er war nicht nur born to be wild und zeigte einer ganzen Generation, was eine coole Sau ist, er war auch Tom Ripley, nachdem der schon weit mehr als talentiert und zum amerikanischen Freund mutiert war. Er war ein großer Dialektiker in Vietnam. Und er war, ja, er war alles und nichts. Querulant und grandioser Schauspieler, der in unzähligen miesen Filmen mitspielte. Sturkopf und trauriger Komödiant, der in zahllosen grandiosen Filmen mitspielte. Er wird uns sehr fehlen.

*** Anders wird uns weniger fehlen. "Frauen regier'n die Welt" sang unser Mann Roger Cicero auf dem europäischen Schlagerwettbewerb und wurde damit in Deutschland für das einfühlige Arrangement von Musik und Lyrik gelobt, die so besche'rt reimt:

Als ich erfuhr, dass sie auf Umweltschutz steht
Hab ich "nein danke!“ auf mein' Parka genäht
Das hat sie damals alles nicht in'tressiert
Doch seitdem weiß ich wer die Welt regiert.

Frauen reagieren die Welt, nicht der Staat oder das Mafiageld, und das mit langen Beinen und lasziven Blicken. Wahrscheinlich waren es auch Frauen, die den Song gar nicht gut fanden und ihn auf Platz 19 bugsierten. Damit genug der Lenamanie. Es lebe Johanna! Heute vor 579 Jahren wurde La Pucelle im Alter von 19 Jahren verbrannt und dafür vor 90 Jahren heilig gesprochen, wie die Katholopedia ordentlich verlinkt berichtet. Wie wäre es mit einer lustigen Vertonung dieser Zeilen einer leicht modernisierten Fassung eines großen Gedankens?

Darum, wer unten sagt, daß es einen Gott gibt
Und ist keiner sichtbar
Und kann sein unsichtbar und hülfe ihnen doch
Den soll man mit dem Kopf aufs Pflaster schlagen
Bis er verreckt ist.

*** Ja, Frauen regieren die Welt und darum hat der gestaltungsmachtlose Roland Koch in Hessen angekündigt, das Handtuch zu werfen, das Tischtuch zu zerschneiden und die Schnuppe zu machen. Man mag es eine erschütternde politische Bilanz nennen, dass jemand, der als 68er-Fresser gestartet ist, an einer Regierungsfrau scheitert, die sich nicht um die Kulturkämpfe scherte. Doch halt, noch regiert Koch und freut sich für sein geliebtes Bundesland über den DE-CIX-Knoten, denn Hessens Wohlstand hängt vom Verkehr ab. Was auch den Datenverkehr meint, den wir natürlich Konrad Zuse verdanken, der die Kraft der Idee hatte, womit die ersten Umrisse des Philosophen Roland Koch erkennbar werden "Für Zuse waren die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern so, wie sie bisher waren.". Dass hinter diesem schönen Satz die Forderung nach neuen Datenschutzgesetzen folgt, muss man einfach Zuse anlasten. Der wollte den Rechnenden Raum zellulärer Automaten, doch heraus kam ein rechtsfreier Raum namens Internet. Sind wir nicht alle etwas schwerhörig?

*** Glückliches Hessen! Mit einer 400er-Schlange sicherte sich Frankfurt den deutschen Rekord beim deutschen Lauf auf das iPad, diesem bewußtseinserweiternden Stück Hardware, vor dem die Börse in großer Andacht  döpfnert. Hach, und bezahlte Inhalte wird es auch noch geben, nach dem Motto Pferdeäpfel sind wieder etwas wert. Nur logisch, dass es die von Koch so bekämpften Leser der Altbauwohnungseigentümerzeitung taz ganz schwer betroffen von der dunklen Seite des iPad schwadronieren. Nun fertigen die Arbeiter von Foxconn für alle Großen der Branche, ohne dass dort das Dunkle großartig Thema war. Nicht von ungefähr wird das Quartal für Quartal enorme Profite abliefernde Foxconn mit seinen 900.000 Arbeitern auf chinesisch "Fabrik der Welt" genannt.

*** Neun chinesische Professoren haben Foxconn in einem offenen Brief dazu aufgerufen, das Konzept der Weltfabrik zu überdenken: "Die neue Generation von Arbeitern ist besser denn je ausgebildet, hat anspruchsvollere Träume und tiefere Gedanken und leidet daher ungleich mehr als die einfachen Wanderarbeiter." Die Antwort von Foxconn ist auch ein offener Brief, einer, in dem die Arbeiter unterschreiben müssen, dass sie für ihre Taten selbst verantwortlich sind. Wie war das noch in den Schlachthöfen Chicagos mit der Hebung der Moral derer, die nichts haben? "Meine Herren, es gibt auch eine moralische Kaufkraft. Heben Sie die moralische Kaufkraft, dann haben Sie auch die Moral. Und ich meine mit Kaufkraft etwas ganz Einfaches und Natürliches, nämlich Geld, Lohn." Extra für Apple-Jünger, die in Schlangen jauchzend stehen, gibt es dazu die prickelnde Shenzen-App: "Finde heraus, welcher Selbstmörder dein iPad zusammenbaute!"

*** Begrüßen wir nach dieser ordentlichen Schippe Kapitalismuskritik den Beschreiber von denen da unten unter uns. Bis jetzt hat Günter Wallraf sein ganzes Büro immer mit sich getragen, eine dicke Tasche voller Papier, mit Notizen, Manuskripten und Briefen von Informanten. Nun ist ihm diese Tasche in einem Café in Barcelona gestohlen worden und damit seine Arbeitsgrundlage weg. Das Telefonregister, der Terminkalender. Wen anrufen? Zahllos die Termine, die Wallraf nun nicht einhalten kann. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat einen Hilferuf und Appell veröffentlicht, stilgerecht nur auf Papier zu lesen. Vielleicht lesen spanische Straßendiebe diese Zeitung, man will es nicht ausschließen, kluge Köpfe gibt es überall. Nun sattelt Wallraff um: "Ich hatte ohnehin schon vor, mir irgendwann mal einen Laptop anzuschaffen, um damit notgedrungen Anschluss an die entsinnlichte Computerwelt zu finden. Jetzt ist es wohl nicht mehr zu verhindern." Entsinnlichte Computerwelt? Wo wir uns längst mit allen Sinnen dem Computer hingeben, genau wie die Nav'i ihre Schwänze mit allem zusammenknoten, was nicht bei drei auf den Bäumen ist? Günter Wallraf hat zu viele Bild-Geschichten über das iPad gelesen und zieht die falschen Schlüsse.

*** Nach kurzem Prozess ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss zu einer milden Bewährungsstrafe verurteilt worden, was unter anderem bedeutet, dass seine Pensionsansprüche nicht gefährdet sind. Es gibt zahllose Kommentare und Analysen, nicht nur im Heise-Forum, es gibt auch eine persönliche Erklärung. Die schlimmsten Kommentare sind diejenigen, die den Besitz der Bilder herunterspielen und damit die Brisanz verharmlosen. Nicht von ungefähr lassen Journalisten, die im pädophilen Milieu recherchieren, ihre Arbeit durch eine anwaltliche Begleitung dokumentieren. Dass ein Abgeordneter diese Vorsichtsmaßnahme und Beratung nicht für nötig hielt, ist gewählte Arroganz. Sprachlos macht, unabhängig von diesem Prozess, auch die allgemeine Praxis der Behörden, dass, werden Dateien gefunden, diese nicht analysiert werden, das bestraft und nicht durch Analyse der Bilder versucht wird, eine Sozialprognose zu erstellen.

Was wird.

Tralala, tralala, die Frauen regier'n die Welt, Lenangela rummsbumms: Das weibliche Jahrzehnt bricht an, besser gesagt die Female Decade unter der Schirmherrschaft von Dr. Maria Burda-Furtwängler. Das heißeste 2.0-Standout voller Vordenkerinnen und Querdenkerinnen bringt als Women-Only-2.0-Conference sogenannte High Acts wie Doris Dörrie, Silvana Koch-Mehrin und Catherine Millet zusammen – und als Top Act, ähem, Paul Coelho. Wahrscheinlich verscherze ich mir jetzt auf alle Ewigkeiten mein überschaubares weibliches WWWW-Lesepublikum, aber es muss sein: Ich könnte meiner Frau wohl alle Ehebrüche dieser Welt in diesem Leben verzeihen, aber wenn sie ein Buch dieses Weichspülers lesen würde, wäre meine Grenze des guten Miteinanders erreicht. Wahrscheinlich hat der Mann schon die Presseerklärung geschrieben, in der es in deutscher Übersetzung heißt: "In den mehr als 15 Panels reicht die thematische Vielfalt von Business-Initiativen für mehr Frauen in Führungspositionen über den Einfluss der Hormone auf Kreativität und Führungsstärke bis hin zum erotischen Kapital der Menschen." Das Ganze wird begleitet von der Präsentation des Superbuchs zur weiblichen Dekade, Zielgruppe Frau. Darf ich vollkommen hormongesteuert mit lasziven Blicken Alternativen zu dieser Präsentation von Frau 2.0 anbieten? Wie wäre es mit annalistigen Analysen, den Reisenotizen aus der Realität oder schlicht ein Häppchen Twister? Nein, die Sache mit der Super-Zukunftsministerin ist nicht gemeint. Dieser Abschnitt der Wochenschau wurde von Orgasm Inc bezahlt.

Bleibt zum guten Schluss der Wochenschau noch ein Blick auf eine der teuersten Veranstaltungen des Jahres, die im Juni stattfindet. Nein, nicht das Gekicke bei den Blatter-Festspielen, auf das sich deutsche Balltreter vorbereiten. Da gibt es immerhin Einnahmen aus Tausendundeiner Vermarktung. Gemeint sind die unmittelbar aufeinanderfolgenden Regierungstreffen der G8- und G20-Länder in Kanada. Dafür muss Ausrüstung in großem Stil angeschafft, die Ausbildung und Versorgung der Sicherheitskräfte gewährleistet werden. Zur Zeit summieren sich diese Kosten auf 833 Millionen kanadische Dollar, was darum als besonders günstig angesehen wird, weil beide Konferenzen unmittelbar aufeinander folgen. Das nennt sich dann eine Piggyback-Solution.

Quelle : www.heise.de

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )