Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 124375 mal)

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« am: 09 Januar, 2005, 04:35 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ich finde fabern nett. Eine geglückte Assoziation mit labern, ein Schüsschen färben ist drin für die Freunde des objektiven Journalismus und leichte Anklänge ans falknern und die hohe Kunst, mit schrägen Vögeln umzugehen. Ich meine, fabern hat so etwas menschliches, es ist schon einen Schritt weiter als der Help Desk mit einem menschlichen Anlitz, diese millionenschwere Werbekampagne von IBM, die gerade mit den Playoffs im amerikanischen Football gestartet wird. Während die Conceptioner von Ogilvy & Mather davon schwärmen, dass ihre neuen Werbespots die "humanistische Dimension der Technologie" begreiflich machen, grübel ich über die Giraffe hinter dem Help Desk, vielleicht ein dezenter Hinweise auf die Human Computer Giraffe Interaction. Von dem Satz "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", wie er einstmals 1968 in Prag propagiert wurde und unter die Räder kam, ist ein Help Desk geblieben -- und ein rotes Telefon, gewissermaßen die Kreml-Direktverbindung zum User.

*** Dabei lebt der Kommunismus in einer neuen Art auf. Das hat Bill Gates gesagt und wenn einer etwas vom Kommunismus versteht, dann wohl his Billness, seit seinem Open Letter to Hobbyists der Jäger des verlorenen Eigentums schlechthin. In Las Vegas billgte er also über die neuen Kommunisten, die das abschaffen wollen, was Programmierer und Musiker zum Schaffen anreizt. An dieser Stelle muss gefragt werden, was denn die Incentives sind, die gemeinhin einen Musiker beflügeln oder einen Programmierer in eine Tag-und-Nachtschicht treiben. Für Gates sind es harte Dollars, die sich nur dann realisieren lassen, wenn sich das Eigentum an geistiger Arbeit an einer Person festzurren lässt. Nehmen wir nur das Patent Nr. 302 53 039 an den beiden Engeln, die Raphael 1513 in der sixtinischen Madonna gemalt hat. Über dieses Patent regen sich die Kulturträger auf, doch nicht darum, weil es zeigt, wie aus der Kultur Profit wird, sondern darum, dass es von einer im alten Kommunismus aufgewachsenen Prostituierten gehalten wird. Groß ist auch die Empörung über den Plan, mit 1-Euro-Jobs die deutsche Kultur zum Zwecke besserer Vermarktbarkeit zu digitalisieren und die deutsche Wirtschaft zwangsarbeitend anzukurbeln. Auch hier sind nicht die neuen Kommunisten am Werk, sondern ganz normale Unternehmer, die Waren liefern Firmen wie Corbis oder Getty Images.

*** Vielleicht drehen Musiker, Maler und Programmierer nicht den großen Geldhahn auf, wenn sie kreativ sind, sondern schöpfen ihre Werke aus der sie umgebenden Kultur, grasen wie Kühe auf der mittelalterlichen Allmende. Legt man mit Lawrence Lessig diesen Begriff an, dann weht die Rote Fahne der neuen Kommunisten auf vielen Dächern, dann wird Gates' dahingeworfene Floskel zum Alptraum für Microsoft. Es gibt bei dieser Firma genügend intelligente Leute, die künstlerische Freiheit und geistiges Eigentum nicht so platt auf einen Nenner bringen, wie es ihr Stararchitekt tut -- der möglicherweise aber mehr von den puritanischen Ursprüngen des American Way of Life verstanden hat als all die aufgeregten Open-Source-Anhänger, die Microsofts Übervater nun in die McCarthy-Ecke packen.

*** Bill Gates' Auslassungen fielen auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas, der offenbar nichts Peinliches fremd ist. Den Höhepunkt der Peinlichkeiten erreichte Intels kurz vor der Pensionierung stehender Craig Barrett im Duett mit Aerosmith-Sänger Steven Tyler. Die beiden vergriffen sich so an Walk this way, dass King Elvis im Grabe rotieren würde -- wenn er denn gestorben wäre. Doch Elvis lebt, für immer, in unseren Herzen, darum sei es ihm gegönnt, in Harper Valley PTA mit Jeannie C. Riley zu röhren, mittlerweile im Großelternrat.

*** In dieser Woche, in der die Witwenschüttler, ähem, die Journalisten in Ostasien ganze Arbeit leisten, ist es wahrscheinlich etwas frivol, auf die großen Geister hinzuweisen, die sich ganz ohne Wasser auf den Weg gemacht haben. Hier an dieser Stelle wurde Charles Wilp zum 70. gratuliert, jetzt müssen wir Beileidskarten nach Bochum schicken. Gegangen ist einer, der wie kein Dritter für die Raumfahrt lebte. Der zweite, der für und von der Raumfahrt lebte, ist Frank Kelly Freas, der größte Illustrator, den die Science Fiction bisher hatte. Schließlich trauern wir noch um Will Eisner, der den Comic von den Superhelden emanzipierte und vice versa die Helden melancholisch werden ließ.

*** Über das, was sich in Südostasien nach den Tsunamis abspielt, können wir in Europa oder in Amerika schlecht urteilen. Dennoch gibt es wohlfeile Ansichten en gros. Die einen schimpfen über das Hilfegetue und veröffentlichen einen Aufruf, nicht zu spenden. Hier ist nur noch der halbherzige Widerruf zu lesen. Die anderen protestieren gegen den Schuldenerlass, wie man es in der Süddeutschen Zeitung passenderweise nur als E-Paper lesen kann. Auf ihrer Titelseite jubiliert die FAZ mit Forschungsministerin Bulmahn über ein 40 Millionen Euro teures Frühwarnsystem für Sri Lanka, während das mit quelloffener Software aufzusetzende Open Tsunami Alert System mit keiner Silbe erwähnt wird. Ja, Geschäfte machen müssen wir doch alle.

*** Der Ekel vergrößert sich, wenn die von der Bundesregierung versprochenen 500 Millionen Euro im Lichte der aktuellen Ereignisse rund um Hartz IV betrachtet werden. Am vergangenen Mittwoch meldete der Heiseticker schwere Software-Pannen von der Sorte, dass Barschecks die Allg-II Empfänger nicht erreichen. Nun hat die Bundesagentur für Arbeit offiziell zugegeben, dass 23.000 Scheckbriefe betroffen waren, weil durch ein Problem bei der Buchhaltungssoftware im Adressenfeld statt 27 Stellen nur 18 Stellen zur Verfügung standen. Auch die Tatsache, dass 95.000 Postbank-Kunden versehentlich ihr Geld nicht bekamen, ist inzwischen bestätigt. Die Melancholie der Superhelden erfasst dieses Land, wenn ein ranghoher Gewerkschaftler im Freitag mit den Worten abwinkt: "Sieben Millionen Menschen setzen sich vor den Fernseher, nur weil eine abgetakelte Schauspielerin Kakerlaken isst. Da ist es schwer, eine gesellschaftspolitische Debatte zu führen, die wir ganz dringend brauchen, um zu definieren, in welche Richtung die Gesellschaft steuern soll."

Was wird.

Zur CES in Las Vegas verhedderte sich Bill Gates nicht nur in der Dialektik der politischen Ökonomie, sondern lieferte auch noch eine Keynote ab, in der nicht alle Geräte mitspielten. Sogar einen wachechten, Microsoft-typischen Bluescreen gab es, als bei der Präsentation von Forza Motorsport ein "Out of system memory" im satten Blau erschien. Den Vogel schoss indes der angeheuerte Komiker O'Brien ab. Ein Satz aus der Keynote, in der O'Brien über seine Erlebnisse in Las Vegas berichtete, gibt uns das Motto für die nächste Woche: "I got too drunk, I woke up with a hooker, Bill got too drunk, he woke up with an Apple computer."

Ja, die MacWorld in San Francisco bringt die Gerüchteküchen auf Hochtouren. Sich solchermaßen über mögliche, unmögliche und gänzlich überflüssige Produkte zu freuen und zu spekulieren, vor Aufregung nicht schlafen zu können und, wenn es doch gelingt, von der angekifften Ellen Feist zu träumen: DAS müssen die Windows- und Linux-Fans erst einmal nachmachen. Eine abgesicherte Nachricht gibt es immerhin schon: Apple wird die Keynote von Bill Jobs nicht live als Stream senden, damit sich ein Fiasko wie bei Steve Gates nicht wiederholen kann. Vielleicht erinnerte sich Apple auch an den letzten Versuch, als vor 1000 europäischen Journalisten am Berliner Tor in Brandenburg alles durcheinander ging, weil ein Sturm den Satellitenwagen zum Kentern brachte. Dabei kann es gut möglich sein, dass Apple den vorhergesagten Billig-Mac für 249 Dollar einführt und 2005 noch 10 Millionen von diesem Zweit- und Drittrechner verkauft. Im Jahr 2004 war, wie das JWWWW zu berichten wusste, dieses Thema der absolute Spitzenreiter. So geht also alles weiter, wie's war. War was? Wird was? Wer will's wirklich wissen?

Quelle : www.heise.de
« Letzte Änderung: 23 Februar, 2009, 19:41 von SiLæncer »

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #1 am: 16 Januar, 2005, 09:48 »
Was war.

*** Uh, oh, da war die Aufregung groß: Hal fabert über den Kommunismus und heraus kommt nach Meinung einiger Leser, dass er ein ganz fieser Kryptokommunist ist, ein Vertreter der fünften Internationale, zu der sich diese Linux-Typen und Apple zusammengeschlossen haben. Uh, oh, wie passend ist es da, wenn die Junge Freiheit in ihrer neuesten Ausgabe den Big Brother Award als "Preis unter Verdacht" seziert und die Rolle der Linksextremen untersucht, die mit Telepolis den Heise-Verlag unterwandert haben. Schonungslos decken da unsere Kommunistenjäger auf: "Die der telepolis angegliederte Internetseite www.heise.de ist eines der besucherstärksten Angebote des deutschsprachigen Internet. Außerdem dient sie vielen Journalisten als Informationsquelle, die häufig unkritisch zitiert wird. Ein solches Leitmedium eignet sich besonders gut, um Propaganda zu verbreiten." Wir sind nicht die Guten, wir sind die gefährlichen Unterwanderer. Jahrelang hat der Heise-Verlag so genannte Telefonbücher gedruckt, die natürlich nichts anderes sind als getarnte Verzeichnisse für die nächsten stalinistischen Säuberungen für den Tag, wenn die fünfte Internationale zuschlägt! Liebe Leserinnen und Leser, nun wissen Sie's, und wenn Sie jetzt nicht wegklicken, dann, ja, dann können wir jetzt mal ein Ständchen in der dunklen niederdeutschen Tiefebene erklingen lassen: "Spaniens Himmel breitet seine Sterne über unsre Schützengraben aus....." Hach, wie romantisch.

*** Den weniger aufgeregten Lesern empfehle ich den Hinweis, dass Bill Gates sich über den neuen Kommunismus geäußert hatte. Das verursachte einen großen Wirbel, darum musste His Billness nachlegen und erklären. Und wer diese neuen Erklärungen liest, merkt erst, wer hier fabert. Husch geht es von den Incentives bis nach China noch vor der Kulturrevolution und einmal zurück. Von Musikstücken bis zur elektronischen Patientenakte, die mit DRM und nicht mit PKI gesichert werden soll, lässt der Chefarchitekt seine Gedanken schweifen und bringt doch nur Eines zum Ausdruck: Wer nur einen Windows-Hammer hat, dem ist alles eine Bodenschwelle. Mit seinen schlichten Ausführungen hätte Gates auf der gerade zu Ende gegangenen DRM-Konferenz einen schweren Stand gehabt. Manche Ausführungen müssen einfach schlicht rüberkommen, das wissen Software-Macher wie Politik-Macherinnen. Gates' Vorstellung einer DRM-geschützten Patientenakte kann ja noch die deutschen Gematiker erreichen. Bundesministerin Ulla Schmidt ist überzeugt, dass der homöopathisch dosierte Start mit 100.000 Gesundheitskarten erfolgen kann und sicher ist, obwohl man noch an der Lösungsarchitektur feilt. Es fällt nicht schwer, sich in diesem Rahmen DRM-geschützte Patientenakten von Microsoft vorzustellen.

*** Wo wir gerade wieder beim Kommunismus, den Verschwörungen und dem ganzen Rest angelangt sind: Ein Bömbchen gefällig? Das n+etz ist angelaufen, dazu gibt es ein Buch, das sich mit dem an dieser Stelle bereits erwähnten Unabomber beschäftigt. Film wie Buch wollen eine universale Verschwörung aufdecken, gegen die die Theorien zum 11. September pillepalle sind. Manche mag es irritieren, wie souverän das "Netz" ausgelegt wird, ohne sich etwa um die Thesen von Alston Chase zu scheren, dass der Unabomber nach diadischen Experimenten des Psychologen Henry Murray offensichtlich ohne psychologische Behandlung blieb. Vielleicht waren es die Experimente der nationalsozialistischen Wissenschaftler, die ihn zum Mörder und nicht zum netten Computer-Hippie werden ließen. Aber was ist schon Realität? In unseren Kinos ist auch ein Film über eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt angelaufen, der nichts mit der Geschichte zu tun haben will und besser "Rocky unter den Nazis" heißen sollte.

*** So ist das halt mit den Verschwörungstheorien und der Geschichte: Wer sie nicht kennt, ist verdammt, sie zu wiederholen. Die Farce aber wird auf den Bühnen des Internet heutzutage jederzeit gegeben, nur die Darsteller werden immer schlechter. Die Geschichte mit dem großen Betrug ist eigentlich nach all den Mondlandungstheorien nicht mehr so recht witzig, und auch der moralische Vorwurf, ob das wirklich sein muss, nicht mehr so richtig neu. Die Moral des Vorhabens, eine Sonde auf den Saturn-Mond Titan zu schicken, lässt sich kaum in vulgärutilitaristische Kategorien fassen. "Wir mögen aufsteigen von dieser beschränkten Erde und, von oben auf sie herabblickend, bedenken, ob die Natur all ihre Pracht und Herrlichkeit nur auf dieses Häufchen Dreck verschwendet hat. So werden wir, wie Reisende, die in anderen, fernen Ländern weilen, ein besseres Urteil über die Vorgänge zu Hause gewinnen und ein jeglich Ding nach seinem wahren Wert schätzen." Wenn wir nicht mehr fragen, bleibt nur noch die Frage übrig, warum wir uns noch auf der Erde behaupten wollen. Ohne Bewusstsein dahinvegetieren können Ameisen und Krokodile besser -- und machen es uns schon lange vor. Wieso auf den Saturn-Mond, wenn die Probleme der Erde nicht gelöst sind? Wozu Musik, wenn Menschen hungern? Was soll Literatur, wenn Gefangene gefoltert werden? Warum denken, wenn Flutwellen über Inseln hinwegrollen?

*** Ja, das Denken und die Geschichte sind schon so zwei unangenehme Angelegenheiten. Wer sehen will, wie das ist, wenn man nichts mehr mit seiner Geschichte zu tun haben will, der sollte einen Blick auf die Geburtstagsfeier der Grünen werfen, die sich an diesem Wochenende vor 25 Jahren gründeten. Zur Feier gibt es einen Kongress, in dem die radikalen Anfänge sorgfältig umgangen werden. "Vielmehr wollen wir vorrangig die jetzt aktive politische Generation der Grünen nach ihrem Blick auf die Geschichte und die Perspektiven der Partei befragen", heißt es passend. Geschichte ist krümmbar, Herr Nachbar. Ihre Grenzen sind klar, um mit Minister Fischer zu reden: "Wir können nicht Politik gegen die Finanzmärkte machen."

*** Geschichte ist wirklich unwichtig. In England erscheint ein junger Prinz im Nazi-Look mit Armbinde auf einer Kostümparty und meint, wie Rommel auszusehen. Die Empörung ist halbherzig, die Entschuldigung ebenfalls. In Frankreich findet Le Pen, dass die Zeit der deutschen Besetzung nicht besonders unmenschlich gewesen sei. Olle Kamellen? Ich finde nicht. Im Vorfeld des beliebten Auschwitz-Gedenkens wird verharmlost und abgeschwächt, was das Zeug hält. In der Süddeutschen Zeitung (E-Paper, grummel) steht, wie die Juden abhanden gekommen sind bei all den offiziellen Erinnerungsterminen. Aufklärung, nein danke. Wer nicht über die Geschichte aufgeklärt ist, der wird aufwachsen wie David Wolfgang Hawke in den USA, als glühender Nazi der arischen Befreiungsfront, bis er mit seinen jüdischen Wurzeln konfrontiert wird und seitdem als Spam-King seinen Hass auf diese Welt loslässt.

*** Es ist nicht zu vermeiden, in diesem Wochenrückblick Apple zu erwähnen. Die Firma hat schließlich einige nette Sachen vorgestellt, etwa einen teuren MP3-Stick, der die Musik selbst bestimmt, oder einen kleinen Rechner für den Einbauschacht im Auto, sofern es nicht ein Alfa Romeo ist. Da passt nur ein iPod rein. Die Generation iPod hat eine Religion und die lautet Apple, befindet die Süddeutsche auf gammeligem E-Paper. Nun ist Apple, nicht Microsoft, die Firma, in der mit Klagen und Drohungen geholzt wird, nicht nur bei der Suchthilfe. Jeder, der sich Produkte dieser Firma kauft, muss eigentlich wissen, dass er eine Firma unterstützt, die gegen die Meinungsfreiheit vorgeht. Der Gedanke, dass auf diese Weise Firmengeheimnisse verraten werden, ist so lächerlich wie ein iPod shuffle. Aber: Jobs knows what's good for you, bald kommt der iPod sure mit von Apple fest eingebrannten Musikstücken und die Erinnerung an die Frau in roten Hosen ist längst schon verblasst.

*** Es hat etwas, einer gerade gestorbenen zum Geburtstag zu gratulieren, doch ich finde, bei Susan Sontag passt das. Heute wäre ihr 72. Geburtstag gewesen. Lieber erinnere ich an einen großen Geist als mich mit einem Land zu befassen, das auf den Hund gekommen ist. Bachblüten und ein Heim für Daisy, die sicherlich keine Fleischfresserin ist.

Was wird.

Kann man Zukunft eigentlich sehen? Wer so fragt, schaut die Sendung mit der Maus oder sucht das Programm der CeBIT. Die Messe in der norddeutschen Tiefebene naht und für die gequälten DV-Journalisten beginnen die Previews und Preshows, die Preforen und die Early Trendspots, auf die ich nicht verlinke, weil Normalsterbliche sich so etwas niemals antun würden. Man muss schon Hardcore-Hardware-Junkie sein, um sich ein Ereignis reinzuziehen, an dem Till Schweiger einen neuen Overhead-Projektor von Sharp präsentiert, ohne die geringste Ahnung zu haben, was Powerpoint ist. Wer smart aussieht, kriegt die Elitessen, nicht die Handouts, pflegt mein Freund Don zu sagen, wenn er und die Seinen nicht gerade in der Geschichte rummatschen.

Ich jedenfalls werde wahrscheinlich bis an mein Lebensende nicht die Saukälte vergessen, die in Fehmarn herrschte, als eine Truppe herein schneite, der ich heuer ein geschmackvolles Weihnachtspräsent verdanke. Ach, wir schauen gar nicht in die Zukunft? Dann muss es wohl so weitergehen:

Liebe Kinder. Das ist Cliff Richard. Er ist ein bedeutender Musiker. Aber Cliff hat ein Problem, weil er noch nicht gestorben ist. Bald gehört ihm die Musik nicht mehr, die er macht. Deswegen gibt es Forscher, die Tag und Nacht daran arbeiten, das

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #2 am: 23 Januar, 2005, 11:08 »
Was war.

*** Eine Woche habe ich gegrübelt, wie man die Klickerei auf die tanzenden WWWWs, das Merkzeichen dieser kleine Kolumne, verbessern kann. Bill Gates über Kommunismus an zwei Wochenenden hintereinander, das kann einfach nicht getoppt werden. Jedenfalls nicht mit Argumenten. Nein, da muss schon die älteste Strategie der Welt her, und so singen wir mit der Gebrüder Engel Band über den heißen Poser: "Er macht mich an." Um es mit dem Fäule-Ton auf den Punkt zu bringen: Zwei Bilder sind es, zwei Bilder nur, die das Genre der Strapse tragenden Secretaries auf Schreibtischen voller PC-Technik mit einer Lässigkeit transzendieren, die heterotopisch die Negation aller Benutzeroberflächen vorwegnehmen, wenn der Antirealismus der Gefühle durchbricht.

*** Wenn die Technik posiert, wandert der Geiz in die Hose, das weiß man doch aus der Werbung. Kann dieser laszive Blick, diese Lümmelei auf Windows 1.0 mit einem Mac verschämt im Hintergrund noch getoppt werden? Eigentlich ist nur noch diese Nachricht, dass der dritte Band da ist und endlich erklärt, wie das so ist mit dem tendenziellen Fall der Profitrate, auf gleicher Höhe wie die Studie des Softwarearchitekten als junger Mann. Womit Gates und der dialektische Materialismus, trickreich verbandelt den Rückblick auf eine Woche einleiten. Es ist schön auf der Welt zu sein, sagt der Igel zu dem Stachelschwein ... Und erinnert sich an den Jahrestag des Beginns einer Revolution, die unter Führung des Popen Gapon eigentlich gar nicht als solche gedacht war, ihre Apotheose jedoch nach von vielen mit Fug und Recht bezweifelter Ansicht Lenins in der Oktoberrevolution, ganz sicher aber ästhetisch in einem inhaltlich wie formal revolutionären Film fand.

*** Nicht mehr auf dieser Welt ist Claude Chappe, der heute vor 200 Jahren gestorben ist. Ich habe an dieser Stelle schon einmal über ihn geschrieben, als 210 Jahre zuvor seine Erfindung, der Flügeltelegraf und die verschlüsselte, mit Prüfsummen abgesicherte Nachricht, vor der Nationalversammlung vorgestellt wurde. Chappe stellte seine Technik in den Dienst der Aufklärung, verlangte aber auch, dass jeder Bürger gegen eine Gebühr mit dem Telegrafen kommunizieren und der Staat diese Nachrichten nicht zensieren darf. Was natürlich ignoriert wurde. So sehen wir, wie sich die Zeiten ändern und doch wieder nicht. Das gezielte Ausfiltern ist strafbar und wird dennoch an einer baden-württembergischen Hochschule praktiziert. Zu denken gibt auch die Arbeit von Deutschlands freundlichstem Geheimdienst, der mit seinem nicht öffentlichen Arm Mails entschlüsselt und ein schickes Museum mit Enigmas und Hagelin-Maschinen unterhält.

*** So ist das eben mit den Eliten: Während diejenige dieses unseres Landes über orientierungslose Jugend klagt, kommen ein paar norddeutsche Hauptschüler daher und demonstrieren auch ohne die Weihen der höheren Mathematik Lust auf geistige Herausforderungen. Anfangend mit der örtlichen Lehrerschaft forderten die PISA-Image-Geschädigten als krönenden Abschluss hochdekorierte Bundestagspolitiker zum Wettkampf in simulierter Staatsführung -- und gewannen. Nicht dass es ihnen hülfe: Die Parlamentarier in Land und Bund trugen die Niederlage zwar mit patronisierender Würde oder wenigstens gediegenem Sarkasmus ("Wir sind ja schon froh, dass wir wenigstens im (Spiel-)Industrieland keine Revolution verursacht haben"), doch das Volk, dem man auch im Heise-Forum aufs Maul schauen kann, machte die Lage überdeutlich. "Die lieben Kinder" sollten gefälligst erst "rechnen, lesen und schreiben lernen. Die Fähigkeiten der Hauptschülern mit denen der Mitgliedern des Bundestages zu vergleichen", sei jedenfalls Irrsinn. Das wahre PISA ist im Kopf. Und ist es nicht im Kopf, dann ist es nirgendwo -- könnte man mit leichtem Gruseln frei nach Andre Heller schlussfolgern.

*** Nun muss man nicht erst einen salbadernden Österreicher heranziehen, um die Ansicht vertreten zu können, dieses Land sei auf den Hund gekommen. Aber halt: Viel Kritik kam bereits in der letzten Woche zu eben diesem Satz. Gemeint war das Tamtam um die Hündin Daisy des Modisten Moshammer, welchselbiger auch unter den lebensbejahenden DFÜ-BenutzerInnen der Bayrischen Hackerpost eine Kultfigur gewesen ist. Ich wusste es nicht, wie mir so Vieles vom landestypischen Brauchtum unter den Maibäumen und in den Biergärten nachgerade kryptographisch verschlossen ist. Aber was nach der Festnahme des Mörders in der Politik über die Ausweitung der DNA-Test gefaselt wird, das ist verständlich und klar erkennbar ein Angriff auf bürgerliche Freiheiten. Nur seltsam, dass der Protest gegen die Stimmungsmache aus Schleswig-Holstein kommt. Und dass einer der besten Kommentare zu Moshammer aus Hamburg stammt und in einer Finanzzeitung steht, die sich eigentlich mehr um den Widerstand gegen den tendenziellen Fall der Profirate kümmert. Die Schhöne neue DNA-Welt, wer will sie denn außer ein paar Sicherheitsfetischisten?

*** In anderen Teilen der Welt scherte man sich nicht besonders um den von einem Iraker umgebrachte Mosi. In den USA war die Inauguration von George W. Bush wichtiger. Es gehört zu den sinnigen Zufällen, dass Dostojewskis Dämonen kurz vor der Rede Bushs beim Projekt Gutenberg erschienen, aus denen sich der Redenschreiber des US-Präsidenten bediente: "Because we have acted in the great liberating tradition of this nation, tens of millions have achieved their freedom. And as hope kindles hope, millions more will find it. By our efforts we have lit a fire as well, a fire in the minds of men. It warms those who feel its power; it burns those who fight its progress. And one day this untamed fire of freedom will reach the darkest corners of our world." Das Feuer in den Köpfen der Menschen: Wer erinnert sich da nicht an die Szene aus den Dämonen, in der Gouverneur von Lembke vor seinem brennenden Haus steht, die Löscharbeiten verfolgt und die Verhaftung der Nihilisten fordert: "Das Feuer ist in den Köpfen dieser Menschen, nicht im Gebälk des Hauses. Verhaftet ihn und lasst das Haus niederbrennen!" In seiner zweiten Amtszeit will George W. Bush Messias sein. Da sind Kontakte zum Teufel unvermeidlich. Lasst den Irak niederbrennen, es gibt noch andere Länder. Und eine Koalition der Gutwilligen findet sich immer.

*** Zwei Sonntage weiter weg feiert diese kleine Wochenschau ihren 5. Geburtstag (hat jemand besondere Themenwünsche?). Bekannt und bei manchen Lesern berüchtigt wurde sie mit dem schier endlosen Geläster über die Bobos der neuen Ökonomie, diesen Entrepreneuren, denen eher das Wort Synergieeffekte über die Lippen kommt, denn ein einfaches Dankeschön. Die Humankapital im großen Stil verbrauchten. Nun kommen welche wieder, um die volle Opulenz der Medien mit ihrem Spam zu bewerfen, bis uns das Hören und Sehen von Klingeltönen vergangen ist. Andere zocken das Geld für thailändische Flutopfer ab. Wie wohltuend ist da doch die neue Bescheidenheit der neuen Unternehmer, wenn sie verkünden, dass sie kein dickes Auto und Maßanzüge brauchen, sondern einfach nur ihren Lebensunterhalt sichern wollen, indem sie uns ausspionieren. Bescheiden kommen die neuen Überwacher an, und verkünden, dass alle ihren Spaß haben wollen, wenn die Pille rollt. Das Runde ins Eckige machen sie auf dem Rasen, während ringsum die Versuchskaninchen jubeln.

*** Ganz schlimm steht dieser Tage Hewlett Packard da. Nun muss das Unternehmen in Deutschland neben seinen Personalcomputern weiter Abgaben für seine Drucker und Multifunktionsgeräte zahlen, wie viele andere Hersteller auch. Ist es da nicht verständlich, wenn sich der Hersteller wehrt und Regionalcodes für Druckerpatronen einführt, die ohnehin teurer als Öl sind? Sollten diese Regionalcodes kommen, sind sie immerhin ein leuchtendes Beispiel dafür, warum das Thema Digital Rights Management wichtiger ist als die Eroberung eines Ölfeldes durch tapfere Freiheitskämpfer.

Was wird.

Ich ende wie ich angefangen habe, mit dem räkelnden Bill Gates. Niemand "schupst" diesen Mann so leicht vom Schreibtisch wie das ein kleiner PC mit Autoradio und Fernseher in Hamburg getan haben soll. Nein, die Rede ist nicht von der Keksdose, sondern von neuen Centrinos, die im Einbauschacht der Mini Coopers auf der CeBIT rockig röhren sollen. Im ganzen Land sind die Vorschauen zur aufregendsten Messe der Welt in der aufregendsten Stadt der Welt (Hannover rulez!) angelaufen. Dabei startet zunächst einmal das Weltwirtschaftsforum in Davos unter dem aufregenden Motto Taking Responsibility for Tough Choices, wie es eigentlich nur die Sendung mit der Maus erklären kann: Das ist der Bill. Er ist der reichste Mann der Welt. Aber das stört ihn nicht. Deshalb kann er täglich harte Entscheidungen treffen. Zum Beispiel die, gleich nach Davos nach München zu fliegen und dort das Haus der Gegenwart einzuweihen. Das Potenzial des Hauses war Antrieb genug für Microsoft in einer Umgebung, in der Limux wächst und Wienux Nachbar ist. Ja, das Haus der Gegenwart ist keines dieser überall herumstehenden Zukunftshäuser, weil in einem Gegenwartshaus natürlich nur handelsübliche Technik unter Windows eingesetzt werden kann. Raffiniert, nicht wahr? Wir wünschen eine reibungslose Eröffnung ohne die blauen Schirme der Vergangenheit.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #3 am: 30 Januar, 2005, 10:30 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Diese Woche drehte sich bekanntlich alles um Fußball. Unter "Fußball" als Stichwort findet sich in den 80.000 Seiten Dokumentation zur Strafsache 4 Ks 2/63 gegen Mulka u.a. der Bericht über den SS-Rottenführer Baretzki, der ein Neugeborenes in Oshpitsin als Fußball benutzte. Wer 60 Jahre später im Album klickt oder in den über mehrere Seiten veröffentlichten Fotos blättert, hat es schwer, mit der offiziellen Beileidsrhetorik vom "unvorstellbaren Grauen". So unvorstellbar war das nicht. Auschwitz, als Außenstelle 001 im IBM-System geführt, lebt vom Mythos der Verdrängung. Ist der deutsche Patriotismus besser, der an Auschwitz erinnert und die Frage stellt warum? War die Neutralität der Schweiz ein Verbrechen? Gespenstisch wird es, wenn in den Zeitungen davon die Rede ist, dass das Gedenken an Auschwitz in Gefahr ist, weil die letzten Überlebenden ableben. Die Überlebende Cordelia Edvardson, Hollerith-Nummer A 3709, schreibt: "Auch Überlebende werden alt. Das Leben reduziert sich, die Kräfte schwinden, die Einsamkeit breitet sich aus und die Schutzmauern stürzen ein. Dann, wenn nicht schon früher, weiß man: Es gibt kein Entkommen aus dem Wüsten Land. Es geht nie vorbei. Niemals."

*** "Heil Dich Doch selbst", so wettert die in der FAZ geschaltete Anzeige der Flickconnection gegen die Flick Collection zum 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und jemand gießt literweise weiße Farbe hinterher. Der Urlaub mit den Kakerlaken ist vorbei, der Themenwechsel ist abgeschlossen und die Erinnerung an die 50.000 Zwangsarbeiter im Flick-Konzern ist mit unpolitischen Bildern stillgestellt, die sich Auschwitz verweigern wie sich Friedrich Christian Flick verweigert, wenn die Rede auf den Entschädigungsfond der deutschen Wirtschaft kommt. "Heil Flick", aber das wollte man dann doch nicht schreiben.

*** Neben den unpolitischen Bildern der Connection fliegen die politischen Bilder über die RAF durch den Raum. Die private Ausstellung, die dank einer engagierten Kunst-Auktion auf eBay möglich geworden ist, soll die Kunst ins Verhör nehmen -- und findet hinter der Metaebene des Terrorismus im Feuilleton doch keinen Grund. Was jetzt noch fehlt, ist ein öffentlicher Blog, wie er für Christos Gates in News York installiert wurde. Denn die Rede über die RAF ist eine deutsche Familiengeschichte, die beim SS-Hauptsturmführer Hans Martin Schleyer und bei Will Vesper noch lange nicht zu Ende ist. Wer jetzt fragt, was das denn bitte mit Computern zu tun hat, der sei auf das RAF-Logo des Chaos Computer Clubs zu seinem 18. Jahreskongress verwiesen, als man sich die künstlerische Freiheit nahm, mit dem Logo an Winslow Peck zu erinnern.

*** Geld ist immer eine ernste Sache -- sei es im faschistischen Staatskapitalismus, der die Massenausrottung industriell organisierte und ein weltweites Umverteilungsprogramm für deutsche Kleinbürger und Arbeiter zu veranstalten suchte, sei es im westdeutsche Sozialismus, denn die RAF dann doch nicht herbeibombte, sei es in der freien Marktwirtschaft, die auch angesichts Massenentlassungen und Angleichung der Lebensverhältnisse auf ostdeutschen Lohnniveau keine anderen Probleme als eine Manager-Rolex hat. So mag einem auch beim Running Gag der IT-Branche das Lachen im Halse stecken bleiben. "Wer meine Ehre kränkt, sieht nie mein Geld", dichtete einstmals der große Shakespeare, der in dieser Wochenschau gerne zitiert wurde, als das Schicksal von SCO noch richtige Wellen schlug. Jetzt plänkelt die Beweisführung dahin und während DaimlerChrysler sich abwendet, überschüttet IBM die SCO Group mit Dokumenten, wohingegen SCO klagt und stöhnt ob der unzumutbaren Forderung, Gleiches mit Gleichem zu verrechnen. Geplagt ist die Firma vielleicht auch darum, weil IBM mit Dr. Edward Powell und PointServe die Firma gefunden zu haben scheint, in der die sagenhaften MIT-Wissenschaftler tätig sind, die einstmals den direkten Codeklau von Linux-Programmierern beweisen konnten. Inzwischen ist daraus eine nicht-wörtliche Übertragung geworden und die Beweissuche ein einziger Witz. Doch nun steht wieder großes Theater ins Haus. Die gefeuerten Spitzenkräfte der Canopy Group verklagen den Noorda Family Trust in Gestalt von Noorda-Tochter Val Noorda Kriedel auf 100 Millionen Dollar Schadensersatz, weil sie zu Unrecht gegangen worden seien. Im Gegenzug klagen Noorda & Co die Manager an, mindestens 20 Millionen mit fingierten Geschäften untereinander aus dem Familienfond abgezogen zu haben. Damit wird auch beim Mehrheitseigner der SCO Group jener schöne Kranz an Klagen und Gegenklagen geflochten, der seit Jahr und Tag besonders zu Freitagen als anerkannte Unterhaltung geschätzt wird.

*** Mit Musikhinweisen will ich aus aktuellem Anlass nicht dienen, jeder Kommentar scheint überflüssig. Doch anerkannte Unterhaltung liefert zu unserer aller Rettung auch Douglas Adams. Der Film zum Anhalter kommt am 6. Mai in die englischen Kinos, doch bereits jetzt erfreut der Asteroid Douglasadams neben Lasvegas und Rosalindfranklin die Astronomen, nachdem Arthurdent vom deutschen Sternengucker Felix Hormuth gleich nach dem Tode von Adams getauft wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass da draußen keine neue Umgehungsstraße gebaut wird.

Was wird.

Bill   Gates   will   das   Internet   sicherer   machen. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie sicher die Programme sind, die Dateien verschlüsseln, ehe sie über das böse Internet geschickt werden. Während Bruce Schneier nur Anfängerfehler sieht, schlägt Phil Zimmermann Alarm, weil er dem proprietären Code grundsätzlich misstraut. Wenn Bill Gates in der Münchener Pinakothek der Moderne den Kongress über Deutschlands sichere Präsenz im Netz eröffnet, wird Bayerns Ministerpräsident laut PR seiner Staatskanzlei stolzgeschwellt verkünden: "Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass der Internet-Pionier Bill Gates vom Hightech-Standort München aus eine Sicherheitskampagne im Netz startet." Bill Gates als Internet-Pionier: Wer so sicher in den Fakten ist, wird Microsoft auch als Pionier in Sachen Sicherheit feiern können.

Wie immer, wenn Davos zu Ende ist, tingelt nicht nur Bill Gates durch Europa. Auch andere IT-Größen machen Abstecher. Den lustigsten schafft Novell-Chef Jack Messman. Am Mittwochvormittag referiert er in Bonn bei der Veranstaltung der bedeutenden Wirtschaftszeitung Handelsblatt über das "Identity Driven Enterprise on Open Source", am Nachmittag ist er bei der Bonner Veranstaltung der bedeutenden Wirtschaftszeitung Financial Times Deutschland und spricht über "Identity -- the Key to Securing, Managing and Integrating Open Source". Es ist doch wunderbar dem Gedanken der Open Source entsprechend, wie sich die bedeutenden Wirtschaftszeitungen auf einen gemeinsamen Ort verständigen können. Sonst hätte sich Jack Messman womöglich verdoppeln müssen und eine schwere Identitätsschutzverletzung erzeugt.

Die Selektion der schwarzen Schafe, der bunten und gefleckten, begann hier. Inmitten der Debatten um Sicherheit und Identität, der RAF-Geschichte und der deutschen, werden all die zu schwarzen Schafen gestempelt, denen es nicht egal ist, wenn RFID-Chips die Grenzen sichern und die Staaten in aller Welt immer mehr wissen wollen, bis auch die letzte DNA für den rechtswidrigen Zugriff in einer Datenbank gespeichert ist. Sehr früh erfolgt darum hier der Hinweis, dass sich im Sommer die schwarzen Schafe sammeln. Worüber im Sommer 2001 niemand redete und man sich allenfalls über die Videoüberwachung der Toiletten belustigte, das klingt heute nachgerade schäfchendumm. Wodurch sich wiederum zeigt, dass auch Schafe lernfähig sind.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #4 am: 30 Januar, 2005, 16:09 »
Zitat
Der Film zum Anhalter kommt am 6. Mai in die englischen Kinos, ...
Ich würde mir ja gerne 'mal wieder die ursprüngliche Fernsehserie der BBC ansehen, die vor vielen Jahren auf dem ZDF ausgestrahlt wurde. Eine Wiederholung ist mir leider bisher nicht untergekommen, die Festplatte wartet...
Hoffentlich wird der Kinofilm ein Anlass zur erneuten Ausstrahlung, und zwar möglichst ohne Werbe-Einblendungen im laufenden Film, wie heute so oft üblich  :(
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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #5 am: 06 Februar, 2005, 06:33 »
Immer wieder gibt es Informationsbröckchen, die es nicht zur richtigen Nachricht schaffen. Sie mögen nicht in das Bild passen, das eine Firma von sich präsentieren will. Sie passen nicht in die angesagten Technik-Trends oder sie sind wirklich so kümmerlich, dass es der Sammlung bedarf. Manches bleibt auch unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle: Menschen, Computer, Sensationen verdecken den Blick auf Hintergründiges und Zusammenhängendes.

Die Wochenschau von Hal Faber möchte hier ein bisschen gegensteuern und den Blick für die Details schärfen. Sie ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist, so es die Bröckchenlage zulässt, Rück- wie Vorschau zugleich. Aus gegebenem Anlass sei aber eine Warnung vorweggeschickt, nicht, es behaupte jemand, er sei nicht gewarnt worden.

    Habe nun, ach! Philosophie,
    Juristerei und Medizin,
    Und leider auch Theologie
    Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
    Da steh ich nun, ich armer Tor!
    Und bin so klug als wie zuvor;Heiße Magister, heiße Doktor gar
    Und ziehe schon an die fünf Jahr
    Herauf, herab und quer und krumm
    Meine Leser an der Nase herum --
    Und sehe, dass wir nichts wissen können!

Müssen wir uns dieser Schlussfolgerung wirklich stellen? Bleibt sie uns erhalten, auch ohne erst Mephistopheles herbeizuzitieren? Ach, nehmen wir zum Start doch lieber eine Anleihe bei einem anderen großen Dialektiker:

    Die Narben schmerzen
    in der kalten Zeit.
    Aber ich sage oft: nur das Grab
    Lehrt mich nichts mehr.

Was war.

*** So ist das also: Was war das schon, als heute vor fünf Jahren, kurz vor der vorverlegten CeBIT, zum Superbowl der Wochenrückblick begann, sich über die Fetzel herzumachen, die es nicht zu einer ordentlichen Nachricht im Ticker brachten. Sich um die Jubiläen und Abschiede zu kümmern, die zum Nachdenken anregen. Sich über Links zum WWWW zu freuen, die davon künden, dass diese Welt tatsächlich eine Scheibe ist, von der man sich etwas abschneiden kann. Sich mit der Musik zu befassen, die wenig mit den Zumutungen der Nazgûl zu tun hat. Sich über die Bobos und die größenwahnsinnige New Economy mit ihrem Gesabbel aufzuregen. Ja, vor fünf Jahren hatte man Visionen zu haben, keine allergischen Reaktionen im Stil des WWWW. Unablässig faselte man davon, First Mover und Weltmarktführer zu sein, stellte gar Philosophen ein, über die Weltmarktführerschaft den Sinn zu suchen.

*** In diesem Sinne darf eigentlich gratuliert werden. Doch wie sieht die Lage wirklich aus? 258 Wochen- und Jahresschauen später ist klar, dass die New Economy ein einziger gut organisierter Bereicherungsfeldzug für die einen, eine einzige Kapitalvernichtung für die anderen war, Heute wissen wir, dass wir aus der Risikogesellschaft (Ulrich Beck) in die Gesellschaft des Weniger eingestiegen sind, mit 5 Millionen Arbeitslosen. Dabei sind 5 Millionen noch schöngerechnet ohne die fast freiwilligen Vorruheständler nach Paragraph 428 SGB III (ca. 400.000 Personen), die Teilnehmer an "Eignungsfestellungsmaßnahmen" (100.000 Personen) und die 300.000 Menschen, die bereits als Ein-Euro-Jobber geführt werden. 600.000 Plätze in diesem Bundesarbeitsdienst sollen nach den Vorstellungen von Wolfgang Clement den Durchbruch zum Besseren bringen.

*** 5 Jahre WWWW sind kein Grund zum Feiern. Vielleicht lesen wir uns in 10 Jahren wieder, doch sicher nicht zum Feiern des Onlinejournalismus, einer schlicht völlig unsinnigen Kategorie. Nur weil in einem Satz ein Link auftauchen kann, ist noch lange kein anderer, kein neuer und kein besserer Journalismus entstanden. Wer so etwas glaubt, wird gleich klagen, dass die Erwähnung von AnyDVD das Abendland zum Zusammenbruch bringt. Es gibt Webseiten, ja ganze Kongresse, die sich plustern und bauschen wie die Bobos zu ihren besten Zeiten. Machen wir es kurz: Onlinejournalisten gibt es nicht, nur einen Journalismus, der nicht auf toten Bäumen erscheint. Der, wenn er einmal ausfällt, einem Verlag genauso Schaden zufügt, wie eine nicht erschiene Zeitung oder nicht gesendete Sendung. Wer Reaktionen darauf als schäbig aburteilt, ist wahrscheinlich wirklich in den Stadtbrunnen gefallen.

*** Es jährt sich bald der Tod jener Elsie Siegl im chinesischen Lustbad, über den Karl Kraus in der Chinesischen Mauer berichtete. Während Kraus an der Publikation des Textes arbeitete, kam es zum Streit mit dem Verleger Kurt Wolff über die Frage, ob Journalisten Seismographen oder Seismologen sind. Die einen registrieren nur, die anderen suchen die Zusammenhänge. An Stelle der nur noch peinlichen Schelte von Online-Angeboten durch Online-Journalisten, bei denen das Hirn Offline ist, braucht es Seiten und Kolumnen, die die Zusammenhänge suchen.

*** In dieser ach so banalen Woche freute sich Microsoft, vom Wirtschaftsmagazin Capital erneut als Deutschlands bester Arbeitgeber ausgezeichnet zu werden. Gefeiert wird mit einer ganzseitige Anzeige in den Wochenendausgaben jener deutscher Tageszeitungen, die nicht vom Wettbewerb der Konkurrenz berichtet hatten. "Firmengeschichte schreibt nie einer allein" heißt es in der Anzeige, die alle Mitarbeiter mit ihrem Vornamen unterschrieben. Einer alleine schreibt unterdessen darüber, sich nicht konzentrieren zu können. Auch so kann man ein Bekenntnis zur Interoperabilität ablegen.

*** Max Schmeling ist gestorben, ein ehrbarer Mann, der einstmals nicht die Hand zum Hitlergruß erhob, sondern unter dem Jubel der Franzosen beide Fäuste reckte. Der Judenbengel versteckte und seinen größten Kontrahenten Joe Louis unterstützte, als dieser verarmt erkrankte. In vielen Blättern steht heute ein Text von Wolf Wondratschek über einen Boxer, der mit seiner Rechten die Sterne vom Himmel boxen konnte. Tod ist auch der große Drummer Nicola James Capaldi, der unablässig gegen das Schicksal der Kinder in den brasilianischen Favelas antrommelte und mit der Band Traffic unsterblich wurde. Seinen letzten Eintrag hat auch Ivan Noble hinter sich, der als Chronist seiner Krankheit mit einem Blog dort anschloss, wo der große Tom Mandel aufhörte. Der eine bewegte "nur" eine ganze Online-Community, der andere schon die halbe Welt. Und so fehlt uns auch heute, an seinem 60. Geburtstag, ausgerechnet der, der uns erklärt, was Gut und was Böse ist. Im zu Ehren sei ein Anderer zitiert: "Das einzige, was sich verantworten lässt, ist, den ideologischen Missbrauch der eigenen Existenz sich zu versagen und im Übrigen privat so bescheiden, unscheinbar und unprätentiös sich zu benehmen, wie es längst nicht mehr die gute Erziehung, wohl aber die Scham darüber gebietet, dass einem in der Hölle noch die Luft zum Atmen bleibt."

Was wird.

Spätestens seit dieser Woche wissen wir, dass es eine analoge Lücke gibt, die mit der Windows Media Center Edition geschlossen werden muss. Dank iRights wissen wir auch, dass die Lücke aus der Sicht der Rechteverkäufer zwar unangenehm ist, doch keineswegs illegal. Bislang sichert uns die Pauschalabgabe auf Kopierer, Brenner und PC das Recht, ohne Beobachtung und Kontrolle der Medienindustrie Privatkopien anzufertigen. Das soll sich bekanntlich ändern, hin zu einer Kontrolle durch die Industrie, die der Zensur von jeher aufgeschlossen gegenüberstand, wie eine gerade eröffnete Ausstellung in Gronau zeigt. In Darmstadt steigt darum eine Veranstaltung, die sich dem Digital Rights Management widmet. Dem Menschenrecht auf Schutz der Privatsphäre steht das Maschinenrecht gegenüber, was mit ihnen angestellt werden kann.

Auch die Gesundheitskarte will näher beleuchtet werden. In dieser Woche hat die Ärztezeitung eine kleine Serie gestartet, die den Ärzten klarmachen soll, dass es schon ein bisschen mehr sein darf als die durchschnittlich 6000 Euro für die Lesegeräte der neuen Karten, die in den Praxen installiert werden. Das derzeit größte IT-Projekt der Welt will in Berlin und in Zürich diskutiert werden. Erfreulich ist ja, dass das neue Verwaltungsvereinfachungsgesetz festlegt, dass die Gesundheitskarte bei einem Wechsel der Krankenkasse weiter genutzt werden darf. Wo kämen wir hin, wenn all die doch so sicher abgelegten Datenbestände aufs Neue aufgebaut werden müssen? Aus den roten Zahlen? Aus denen kommt das megalomane Reformprojekt ohnehin nicht.

5 Jahre liegen hinter mir, weitere 16 sind maximal möglich. Dann strahlt der Ruhm des ersten Letzten. Dann, im Jahre 2021 kommt eine österreichische Terroristen-Gruppe aus dem Jahre 2080 per Zeitreise zurück und macht der ganzen gefrickelten Vernetzung und Verlinkung ein Ende. Das Paranetz wird unkaputtbar sein. Bis dahin routen wir uns um den Verstand.

Ehe das seltsame Erster-Spielchen beginnt, möchte ich mich eigentlich bei mehreren Identitäten als nur DocSnyder bedanken. Es ist erstaunlich, wie viel Unterstützung und Kritik ein kleiner Wochenrückblick erfahren kann. Ein besonders dickes Dankeschön geht an einige Realnamen, die ich nicht nennen möchte, sowie an Angelwing, as400.holgerscherer.de, B.Eckstein, Desiatox, DocSnyder, Don Alphonso, faeshn, Kar98myNRA.com, phosmo, pullmoll, HelpDesk, Rauhvertikal, Twister, Tyler Durden, Vivaldi, wurgl, den treuen Z, Zorglub und sogar an die unverbesserlichen HenryPym und Yens. Mein Dank natürlich auch an heise online, wo die Kolumne abgerechnet wird. Vor fünf Jahren wanderte sie nach 91 Versuchen in einem anderen Internet-Angebot und 356 Ausgaben auf toten Bäumen anderswo hierher und fühlt sich sehr wohl. Ein Dank auch an die Redakteure, die samstäglich über den dahingeschlenzten Sermon stöhnen und der GRÖSSTE an alle Leser, die das große Kotzen kriegen und doch immer wieder vorbei schauen:

Ich rate euch, begrüßt mir
heiter und mit Achtung den
Der euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
O schönes Kopfschütteln
Über der unbestreitbaren Wahrheit!



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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #6 am: 13 Februar, 2005, 06:55 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es gibt Wochen, in denen scheinbar unzusammenhängende Nachrichten über den Ticker laufen und erst in der Rückschau ein kleines Licht gezündet werden kann. Nehmen wir nur den Cell, den IBM, Toshiba und Sony präsentierten, ein Prozessor, der praktisch ein Netzwerk von RISC-Prozessoren im Kleinen darstellt. Möglicherweise kommt mit Cell die nächste Welle leistungsfähiger Multimedia-Geräte, doch eine Revolution, wie es die Firmen preisen, ist dieser Prozessor nicht. Das Zusammenschalten von RISC-Prozessoren wurde in Labors schon frühzeitig durchgespielt, etwa bei Hewlett-Packard, wo man mit PA-RISC-Systemen experimentierte -- bis Carly Fiorina kam und die Forschung radikal kürzte. Fiorina versuchte, aus Hewlett Packard und Compaq eine Art Über-Dell zu machen und traf damit nicht unbedingt auf Gegenliebe. Insofern passt der mit mindestens 21,1 Millionen Dollar prämierte Rücktritt gut in die Rückschau und noch besser zum Cell-Prozessor von IBM. Wie IBMs Lou Gerstner offenbar der erste war, dem man die Nachfolge von Fiorina antrug.

*** Ansstand ist kein Schreibfehler, sondern ein deutscher Verein der Anwender des Software-Entwicklungsstandards der öffentlichen Verwaltung, der sich mit Leib, Seele und dem nötigen Anstand dem V-Modell verschrieben hat. Dieses Entwicklungsmodell, mit dem bundesdeutsche IT-Erfolgsprojekte wie die LKW-Maut und die Hartz-IV-Software modelliert werden, wird durch das V-Modell XT abgelöst -- die Nachricht ging in der Vorbereitung zur Geburtstagsfeier unter. Mit dem extremen Tailoring können neue IT-Großprojekte in extrem kurzer Zeit gestartet werden, weil die ach so störenden Anforderungen und Schnittstellen erst im Nachhinein festgelegt werden müssen. Wer genau hinschaut, findet das System bereits im Einsatz, nämlich bei der elektronischen Gesundheitskarte, bei der erste Feldtests und allgemeine Einführung dank "nachladbarer Applikationen" praktisch mit ein- und demselben Rollout erledigt werden.

*** Vor 60 Jahren ging Dresden in Schutt und Asche unter, wie von Kurt Vonnegut in Schlachthof 5 mit tralfamodorischer Meisterschaft beschrieben, von Ed Sanders bedichtet. Ja, so geht das mit dem Tod. An dieser Stelle ist ein Link auf einen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung fällig, der beschreibt, wie in der DDR der Mythos vom sinnlosen Opfer entstand und wie die Amerikaner die Bösen wurden. Leider wird der Link schon bald nicht mehr lesbar sein, weil auch die NZZ ihr Archiv zu Geld machen will. Doch welche Barbarei zerstörte Dresden? Sollte man nicht daran erinnern, dass es möglicherweise Vannevar Bush war, der Erfinder des Memex-Systems des universal vernetzten Wissens, der sich für den Einsatz von Napalm bei den Brandbomben stark machte? Das aufgeklärte Wissen kennt keine Schranken, Dresden strahlte in triumphierendem Unheil -- und wurde seitdem zum gegenseitigen Aufrechnen der Schuld benutzt. Darum: Keine Träne für Dresden.

*** Nein, der P-Day fand in dieser Woche nicht statt. Dafür gab es einen hübschen Strauß von Nachrichten rund um die sich weiter hinziehende Entscheidung zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen. Die Sache wird uns also weiter beschäftigen. Im Jahre 1943 erschien "Patents for Hitler", in dem Günter Reimann erklärte, wie Hitler systematisch deutsche wie amerikanische Patentansprüche ausnutzte, um amerikanische Firmen unter Druck zu setzen und gegen einen Krieg mit Deutschland zu stimmen. "Der amerikanische Kapitalismus gibt sich 'isolationistisch' weil er die besten Geschäfte mit Hitler machen kann", schrieb Günter Reimann, ehemals Wirtschaftsredakteur der Roten Fahne. Er machte als erster auf die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der IBM und der Dehomag aufmerksam. Als Hans Steinicke in einer großen jüdischen Kaufmannsfamilie im Februar 1904 in der Uckermark geboren, wurde er als Kommunist Experte für Weltwirtschaftsfragen. Reimann kritisierte früh die sowjetische Wirtschaftspolitik und konnte 1936 in die USA fliehen, wo sein Buch "The Vampire Economy" erschien, das die Umschichtung jüdischer Vermögen beschrieb. 1947 gründete Reimann einen Währungs-Informationsdienst, den er 1983 an die Financial Times verkaufen konnte. Für 2000 Dollar im Jahr verschickte er seine Reports, mit denen er "den Glauben der Kapitalisten an ihr System" unterminierte. In der Nacht zum vergangenen Sonntag starb Reimann in seiner Villa auf Long Islands.

*** "Wo man nicht helfen kann, soll man auch jammern nicht", so dichtete einst der große Shakespeare. Doch beim letzten großen Drama in zahlosen Akten, beim Kampf der SCO Group gegen den Rest der Welt wird gejammert. Da hat es doch tatsächlich einen Sieg für SCO gegeben und alle Welt schreibt nur über den verärgerten Richter. Verstehe einer da die Welt, wundert sich also SCO. Derweil ist hinter dem Rücken der SCO Group beim Investor Canopy Group ein Kampf ausgebrochen, der die SCO-Linux-Saga in den Schatten stellt. Lang, lang her ist es mit den Zeiten, als der erklärte Musterschüler von Ray Noorda, der "3D-Star-Designer" (so Ray Noorda) Ralph Yarro für die Linux-Adaption Corsair diese Oberflächen entwickelte, mit denen der Linux-Desktop in Konkurrenz zu Microsoft Bob die Welt erobern sollte. Bekanntlich verschwanden die Oberflächen von Bob und Corsair in der geräumigen Wühlkiste computertechnischer Peinlichkeiten, in die jede Firma dieser Branche entsorgt. Ralph Yarro aber stieg zum Vertrauensmann der Noordas auf und installierte die Canopy Group als Holding, die mit der Vereinigung von Linux (bei Caldera) und Windows (Willows Software) die Mother Lode der IT freilegen sollte. Der Plan ging gründlich schief, wenngleich man im Prozess mit Microsoft punkten konnte. Heute streiten sich die Parteien, ob Ray Noorda zurechnungsfähig ist oder demenzkrank vor sich hindämmernd alles unterschrieben hat, was Yarro vorlegte. Die unappetitlichen Details finden sich auf Groklaw, während die IT-Presse an die Rückkehr des großen Alten glaubt. Der Rest ist Schweigen? Von wegen. Das Königsdrama um den hochfahrenden Adoptivsohn hat gerade erst begonnen und mancher Kommentator versteht die Tragik nicht, in die einfache Leute gestürzt werden, denen plötzlich das Nichts die Aufwartung macht.

Was wird.

Es gibt Seltsamkeiten, die auf ihre Weise mehr über den Zustand der Welt aussagen als manche tiefschürfende Betrachtung. Der Richter mit der Pumpe gehört dazu, aber auch die bizarren Rollen im Sociolotron mit seiner dildobasierten Aufmerksamkeitsökonomie. Unter diesen Umständen klingt es nachgerade gewöhnlich, wenn morgen die Linux Virgins damit beginnen, einen Computer zusammenzubauen, der unter Linux läuft. Dabei ist die Beschäftigung mit der Jungfräulichkeit manchmal nur eine harmlose Sprachübung.

Wie das nun geht mit dem brandneuen Super-XT beim Bund, wenn man nicht mehr einen Schritt nach dem anderen machen muss, sondern konstruktiv stolpern darf, wird XT-Guru Manfred Broy in München erläutern. Wie sagte er treffend dem Handelsblatt: "Nun kann man mit der Implementierung und Integration anfangen und dann erst die Anforderungen festlegen." Die methodischen Feinheiten dieses Ansatzes lese man bei Dilbert nach.

In Cannes beginnt morgen die GSM-World und damit das Bombardement mit Nachrichten über absolut unverzichtbare Komfortmerkmale des mobilen Lebens. Den Anfang hat Nokia gemacht, und zwar mit seiner Nokia Local Marketing Solution, bei denen die Benutzer von Mobiltelefonen per Bluetooth mit Coupons und Werbeangeboten zugedröhnt werden, auf dass sie mit pawlowschen Klicks ihr Smartphone bespeicheln. Ach, ich bin zu hart? Das "klick-reduzierte Leben", das Nokia ganz ungeniert feiert, muss ja nicht denk-reduziert sein. Jedenfalls solange noch Verstand genug da ist, in den Unter-Unter-Menübaumen die Option zu finden, mit der man diesen Bluetooth-Spam ausschalten kann. Bis die ersten Gadgets kommen, bei denen sich Bluetooth nicht ausschalten lässt. Bis dahin wünsche ich allen eine unstürmische Woche.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #7 am: 13 Februar, 2005, 17:42 »
Zitat
dem V-Modell verschrieben
V steht in diesem Zusammenhang sicherlich für VAPO(U)R = Dampf ~ heisse Luft.
Langenscheid:
1. Dampf, Dunst
2. Phantom, Hirngespinst
...
5. fig. schwadronieren, prahlen
Zitat
Die methodischen Feinheiten dieses Ansatzes lese man bei Dilbert nach.
Schlag nach bei
http://www.dilbert.com/

Paperware u.a.:
Das Dilbert Prinzip von Scott Adams

Broschiert / Heyne / erschienen 2000
ISBN: 3453148304 (andere Ausgaben teils schon vergriffen)
« Letzte Änderung: 13 Februar, 2005, 17:43 von Jürgen »
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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #8 am: 20 Februar, 2005, 08:06 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Muhahaha. Wenn die Kinder soweit sind, dass sie Micro$oft schreiben können und sich über $0ftw4r3p4t3nt3 aufregen, dann ist es an der Zeit, besorgte Eltern aufzuklären, was es mit l33t auf sich hat. Schließlich gebietet es die elterliche Pflicht, dort einzuschreiten, wo Kinder in illegale Aktivitäten verwickelt sind, etwa den h3153 l33tt1KKr lesen. Mit dem Verunglimpfen von Firmennamen fängt es immer an, dann folgt der Unglaube an geschichtlich verbürgte Wahrheiten. Das Ende ist die völlige Zerrüttung der Persönlichkeit, etwa der hemmungslose Genuss von Wein. How does it feel to be on your own? Like a Rolling Stone, drohte schon Bob Dylan.

*** Wenn ich SCO höre, greife ich frei nach Lenin zu Shakespeare. Diese Firma bekommt von IBM geliefert, was sie immer haben wollte, auch wenn es Komplikationen bereiten könnte. Mit SCOXE, dem Delisting von der Börse, zeichnet sich ein Ende dieser Firma ab. "And peace proclaims olives of endless age", dichtete His Willness, im letzten Aufzug, eh das nächste Drama startet. Mit der Saga um einen alten Herrscher, der womöglich bar jeder Erinnerung dahindämmert, während durchtriebene Engel die Schätze seines Herrscherhauses in einem Salzsee versenken, kündigt sich das nächste Stück an, ein Drama, wie es zuletzt das Gold am Grunde des Rheins herauf beschwor. Noch jeder Firewall konnte durchritten werden.

*** Andere Länder, andere Dramen. Nehmen wir nur das Land Bremen. Dort gibt es nicht nur die glücklich gealterten kritischen InformatikerInnen, sondern auch die Sache mit dem Glückspenis. Es ist eine Niederlage des Datenschutzes, wenn ein Gericht die Ermittlungen der Polizei explizit als Verletzung des Postgeheimnisses bezeichnet und verurteilt, die Ergebnisse aber dennoch weiter verwendet werden. Bemerkenswert auch, dass in Bremen nur Polizisten belangt werden, nicht die Mitarbeiter im Amtsgericht und der Gesundheitsbehörde, von denen die Mail mit dem Glückspenis stammte. Macht das Verhalten Schule, kann jeder Spam, der weitergeleitet wird, als Argument dafür dienen, eine ganze Festplatte zu durchsuchen. Deutschland, das Land der Dichter und Denunzianten.

*** Deutschland ist auch das Land der Macher, der Leute, die mit der Greencard die IT-Spezialisten aus Indien ins Land holen wollten oder die heftig um die Chinesen warben. Fast vergessen in den Turbulenzen um den selbstgefälligen Bundes-Joschka ist der Biometrie-Fan Otto Schily, der sich doch tapfer bemühte, die Schleuser zu bekämpfen. Wie schön ist es da, wenn Schily auf der CeBIT mit Zeig mir Dein Gesicht! eine Ausstellung eröffnet, die die Gemüter beruhigen soll. Selbst der Außenminister soll einwandfrei erkannt werden. Inmitten der deutschen Wahlkämpfer wird die Visa-Affäre noch weidlich ausgeschlachtet werden. Wer bemerkt da noch den Protest der Ukrainer, die Europa erleben wollen und unversehens ein einzig Land voll Krimineller geworden sind, die das Land der Dichter und Lenker bedrängen? So sind etwa die Inder mittlerweile auch für die CDU , die chinesische Touristen ob der exzellenten Wirtschaftsbeziehungen gut behandelt wissen möchte, hoffähig -- für dieselbe CDU, die in "Kinder statt Inder"-Zeiten etwa mit dem guten Umang Gupta dann doch nicht so recht etwas zu tun haben wollte. Die Ukrainer in männlicher Inkarnation aber erscheinen in der Debatte grundsätzlich als Mafiosi, in ihrer weiblichen Ausprägung dagegen als Zwangsprostitutierte. So wird aus einer Visa-Affäre, über die ein allzu arroganter Ex-Sponti zu stolpern droht, über alle Parteigrenzen hinweg die gesellschaftliche Verankerung eines offiziell und staatlich sanktionierten Rassismus. Wer mag da noch von einem Reformstau in Deutschland reden: Für die Nazis waren die Nürnberger Rassengesetze auch eine Reform.

*** Statt "Zeig mit Dein Gesicht!" ist die biometrische Variante Zeig mir deine Knochen! erwähnenswert, auch wenn sie sinnigerweise nur zur Altersbestimmung dient, ehe man Pornografie sehen darf. Unter diesem Aspekt wird der Aufwand von Ray Kurzweil verständlich, der angeblich täglich 250 Aufbaumittel schluckt, um das ewige Leben des Homo S@piens zu erreichen. Lebe lang genug, um immer zu leben, das ist natürlich eine fesche Antwort auf die Absicht, die soziale Absicherung zu privatisieren. Wer ewig lebt, dem ist alles Zinseszins.

*** Im Land der altersbedingten unbegrenzten Möglichkeiten, dort, wo jeder Hund seine 15 Minuten Ruhm hat, gibt es für Bill Gates neben Microsoft eigentlich nur noch Google. Dieses Google hat eine neue Toolbar eingeführt, die im Zusammenspiel mit den neuen Karten für interessante Ergebnisse sorgt. Nun will Google freilich nicht nur der Wikipedia unter die Arme greifen, sondern auch den Bibliotheken in die Regale. Doch was ist mit den deutschen, den französischen Büchern, wenn dieser Kulturimperialismus über uns kommt? Werden die Kiddies neben l33t7 nur noch lernen können, wie man Donald Duck gegen den Strich liest? Oder wird der französische Widerstand in einen europäischen münden? Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Aktion mit dem Besuch von US-Präsident Bush zusammenfällt.

*** Zu den Toten dieser Woche zählt der IBM-Ingenieur Samuel Alderson, der Vater aller Crash-Test-Dummies. Bei IBM versuchte der Kriegsheimkehrer, intelligente Prothesen zu entwickeln, die mit winzigen Motoren und Computern ausgestattet sein sollten. Mit seinen Cyborgs war Adelson seiner Zeit voraus, mit den Dummies für die Crashtests feierte erst bei den Flugzeugbauern, dann bei den Automobilkonstrukteuren einen späten Triumph.

*** Ohne jeden Triumph endete morgen vor 40 Jahren das Leben von Malcolm X. Heute würde er von denjenigen, für die in der Ukraine alles eine kriminelle Soße ist, schnell zu den muslimischen Hasspredigern gezählt werden. Doch seine späte Einsicht ist unverändert gültig: "Ich werde mich jedem anschließen, egal welche Hautfarbe Du hast, solange Du diese miserablen Lebensumstände, die auf dieser Welt existieren, verändern willst."

Was wird.

In der Woche forderten die Reporter ohne Grenzen im Vorfeld der Vorbereitungen zum zweiten Weltgipfel der Informationsgesellschaft die Informationsfreiheit im Internet. Nach einiger Diskussion enthielt die Erklärung auch diesen Passus: "Auch Internetautoren wie Weblogger und Verfasser persönlicher Seiten sollen den gleichen Schutz und die gleichen Rechte nach Artikel 19 genießen, wie professionelle Journalisten. Denn auch Internetautoren machen Gebrauch von dem Menschenrecht auf freie Information und freie Meinungsäußerung." Wenn man den Heise-Lesern eine Aversion gegen das Bloggen nachsagt -- was nicht stimmt -- so muss man die Zeichen der Zeit lesen. Derzeit wird das Bloggen als neueste Killeranwendung im Internet über den grünen Klee gelobt und mit Business-Modellen aller Art beworfen, wobei der Dummheit keine Grenzen gesetzt sind. Das Werbblog, das Blog zur Pflege des Firmen-Images, hat auf der großen Bühne der Einsamen keine Chance. Dennoch wird die Sau durchs Dorf getrieben, zum nächsten Mal auf der Burda-Konferenz zum Digital Lifestyle Day. Dort versammelt sich die internationale Blogosphere, um über Geschäftsmodelle zu tratschen, dort referieren die Jamba-Spezialisten über "Mozart, iPods and Ringtones". Das Motto der Konferenz ist auch nicht schlecht: "How to make consumers PAY for it". Hier treffen sich die Setter.

Einen zarten Gegensatz bildet die FOSDEM zum Ende der Woche. Eine spartanische kostenlose Konferenz, die gut organisert ist und Jahr für Jahr wächst, weil es Leute gibt, die sich für nicht essbare Gambas interessieren und bei Nautilus nicht nach Tintenfischrezepten suchen. Hier treffen sich die Trendsetter.

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« Letzte Änderung: 20 Februar, 2005, 09:36 von SiLencer »

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #9 am: 27 Februar, 2005, 07:41 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Nimm dir ein Ziel vor, wenn du ein Thema angehst, zum Beispiel ein Wildschwein mit einem Jagdmesser verfolgen und töten." Die Ratschläge für angehende Journalisten vom Gonzo-Journalist Hunter S. Thompson waren immer ungemein praktisch. Nun ist der große Reporter von Rolling Stones tot. Der Waffenfan schoss sich in den Kopf, am Anfang einer langen Reise. Sein eingeäscherter Rest kommt in eine Kanonenkugel und die wird in die Luft geschossen. Jeder Journalist, den ich kenne, wünschte einmal, so schreiben zu können wie Thompson. Doch die, die es konnten, sind wie Jörg Fauser auch schon lange tot. Die schlichte Wahrheit ist, dass der Gonzo-Journalismus einzigartig ist. Oder?

*** Tot ist auch Peter Benenson, aber mit ihm stirbt sein wichtigstes Anliegen nicht. Der Historiker und Jurist, in Weltkriegszeiten im Bletchley Park der Codebrecher und Informatikpioniere aktiv, machte sich früh einen Namen als Anwalt für soziale Anliegen. 1961 initiierte er eine Kampagne zur Freilassung politischer Gefangener, aus der dann die Organisation Amnesty International entstand. Menschenrechte, ja, war da was? Eine Welt, die Organisationen wie AI nötig hat, ist noch lange nicht der Ort, an dem wir unbesorgt und unbedarft leben wollen.

*** Es gibt leider so einiges, was diese Welt nicht zu einem allzu wohnlichen Ort macht, und die eigenen Verfolgungsgelüste sind da auch nicht gerade hilfreich. Man mag es mir nachsehen, aber man müsste sich wirklich eine chemische Keule besorgen, eines von diesen praktischen kleinen Sprays, raus nach Nymphenburg fahren, durch den Schnee rutschen und dann jeden, der auf den Digital Lifestyle Days 05 dumm rumquatscht, sofort eines in die Fresse brennen. Oder besser gleich zur Uzi greifen, wenn Verena Pooth aka Feldbusch als Vertreterin der digitalen Generation begrüßt wird. Man müsste einen Flammenwerfer nehmen und die dämlichen Banner samt Träger rösten, die ein Tim Renner im Hubertus Burda-Saal entrollt: Faschismus -- Kommunismus -- Mainstream. Wir haben einen Auftrag. Wie viel Prozac, Schnee oder sonst was muss man geworfen haben, um solch einen Mist amüsant zu finden und zu applaudieren, wenn Renner die neue Ehrlichkeit ausruft? Tja, wenn es keine Knarren gibt, dann greift man besser zur Axt und verhackstückt mit ein bisschen Verve und Boshaftigkeit, na, wen wohl? Ich wechsel meinen Klingelton vielleicht häufiger als meine Unterhose. Und überhaupt, ich mag die Kids. Mir ist es lieber, dass die Kids dafür Geld ausgeben als für Süßigkeiten oder für Zigaretten oder sonst irgendetwas. Ich meine, wenn die Kids Klingeltöne kaufen und sich beim Spielefütterdienst Duke Nukem aufs Handy laden und dann mit der fetten Uzi losstürmen, dann haben sie doch auch einen Auftrag. Oder nicht? Sind wir nicht alle Hunter S. Thompsons? Hass, Hass, Hass, 100 Zeilen Hass!

*** Ach so. Mit dem Hass im Internet ist ja ab sofort Schluss. Tschuldigung, ich vergaß. Dafür sorgen die Naiinjas, die für "no abuse in internet" zuständig sind. Nehmen wir einmal im Stil vom ollen Thompson den Geschäftsführer Dennis Grabowski ins Visier. der von Zusammen gegen Rechts kommt und offensichtlich einen wichtigen Posten besetzt. Herzen wir unsere untadeligen Kämpfer, auch wenn sie ein dunkles Geheimis mit sich tragen. Es gibt halt Menschen, deren Nutzwerk über jede Tücke erhaben ist. Das Internet mag voller Hass sein, doch ist der nicht zu stoppen, weil es in den Hinterköpfen rumort. Und einen richtigen Hinterkopf kann nur Hunter S. Thompson beschreiben. Oder etwa nicht?

*** Ach, heute zieht es mich magisch zur taz, zu der Zeitung, die Thompson verabschiedet und vor dem Abschied rührend besorgt um den Außendicken ist. Sie hat ja nicht nur Nachrufe und schöne Gedichte über den Fußball zu bieten. In dieser Woche wurde das höchste Lob verteilt. Die Zeitung, die einst (vor einer Markenklage) die Katzenpranke im Logo führte, das Kampfzeichen aller Dosen- und Türöffner, hat nun das Herz entdeckt. Das taz-Herz schlägt nicht für das Geburtstagskind, sondern für Bill Gates. Denn dass wir Open Source überhaupt haben und mit dieser Software ans Internet können, haben wir Bill Gates zu verdanken. Der bietet nämlich Alternativen an, die mit Apple einfach nicht da sind, weil Apple sich nur auf Apple reimt.

*** Ach ja, es ist gut, wenn man endlich auf dem Boden der Realität ankommt. Welche Realität aber, das ist dann wieder die Frage, und doppelbödig scheint jede einzelne davon dann auch wieder zu sein. Einen dieser Böden fand nun allerdings die Mozilla-Foundation, die mit vergleichbaren konzeptionellen Problemen zu kämpfen hat wie Microsoft. Wundern mag man sich dabei aber eigentlich nur über das Wundern so manch lautstarken Mitglieds der Open-Source-Gemeinde, das sich schon im Besitz der alleinseligmachenden Software wähnte. Das Leben aber ist gefährlich und das Risiko, zur Sekte zu werden, für jede Ingroup groß. Und Dummheit wird bestraft, auch im Internet -- sei es bei Anwendern, Entwicklern oder Fangemeinden.

*** Dummheit, Menschenrechte, Realitäten -- ja, es ist so ein Kreuz mit dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest. Schauen wir einmal nur auf den Rest, ist bemerkenswert, dass der Wochenrückblick bei allen Tageszeitungen wahrlich schräg ausfällt. Während die taz Bill Gates ihr Herz schenkt, flippt die FAZ am nämlichen Tag über Stephan Schambach aus und feiert (leider nicht online) ihn und sein Startup Demandware als SAP der Zukunft, weil Grid Computing für Webshops im Internet das einzig Richtige ist. Die Serverfarm, die für Quelle die Bestellung fertig macht, ist natürlich qualitativ weit ab von Intershop angesiedelt, das einfach nur vermurkste Software verkauft. Eben genauso weit weg wie es Jena und Boston sind. Oder Berlin von Nürnberg: Die seltsame Schelte, die Minister Clement auf das Hartz-IV-Projekt ablädt, findet sich natürlich in der Software A2LL, die die Zahlungen an die Antragsteller regelt. So kam es aus dem Hause Clement als Order über die armen Sachbearbeiter: Jeder, der mindestens drei Stunden am Tag "zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes" tätig sein kann, gilt als erwerbsfähig. Softwaretechnisch ist das ein Kästchen zum Anklicken, und wenn so Drogensüchtige aller Art bedient werden, so müsste für den Minister das beliebte Diktum der Heise-Foren gelten: Wer keine Ahnung hat, der ...

*** Als weitere aparte Abirrung von der Realität oder vielleicht auch noch einer Suche nach einer weiteren Wirklichkeit dürfen wir die Sätze des BMVBW-Ministerialrats Bernd Törkel registrieren, der in dieser Woche öffentlich bezweifelte, dass die mittlerweile berühmt gewordene Mautprellerfahrt des ZDF überhaupt stattgefunden hat. Das ZDF hat darauf die Tachoscheiben der Fahrt vorgelegt. Sie werden als Beweisstücke vom Verkehrsministerium abgelehnt, weil es so einfach wäre, mit einem Computer die Fahrt auf einer Scheibe zu simulieren. Ja, so sind die Computer. Sie simulieren einfach alles. So eine mit einem Griffel gezeichnete Tachoscheibe ist dabei noch das kleinste Problem. Was passiert, wenn die Regierung die Dokumentensicherheit der Scheibe bezweifelt (die bald von digitalen Schreibern abgelöst wird), dürfen die Kontrolleure ausbaden. Hat die Regierung im anstehenden Prozess mit dem ZDF Erfolg, werden wir den zweiten Kollateralschaden der Maut hinnehmen müssen. Der erste ist abseits der Autobahnen zu hören.

Was wird.

Nichts wird. Die nächste Woche dümpelt. Gebannt starrt die IT-Welt auf die große Laberwelle, die bald über Hannover rollen wird. Ich gebe gerne zu, dass solch ein Vergleich geschmacklos erscheinen mag, aber die schiere Masse der diesjährigen Aussendungen vor der CeBIT überrascht. Andere hängen sich an anderswo stattfindende Wettbewerbe oder geilen sich an fehlenden Kabeln auf. Ansonsten heißt die Parole Deckung: Weniger denn je scheinen die Firmen die Lehre vom Kommunikationskanal zu beherrschen. Eine CeBIT-Meldung wird anscheinend grundsätzlich drei Mal ausgeschickt, als E-Mail, Fax und dann kommt, höllisch verspätet, die Pressemappe. Besser ist es da, einfach ruhig zu bleiben und ein gutes Buch von Hunter S. Thompson zu lesen, ehe in der Stadt des Leibnizkekses die Vorhölle ausbricht. Ein angekündigter Hackerwettbewerb, bei dem die Siegerin, der Sieger eine Barbie-Puppe im Stil der schwarzen Witwen erhält, lässt Schlimmstes befürchten. "Alle die, die eine Revue, eine ingeniöse Idee oder einen Trick kennen, sind willkommen", schrieb der Hannoveraner Leibniz im Jahre 1675. 330 Jahre später sind die mit dem Trick in der Überzahl. Ich ziehe mich derweil in meine Leseecke zurück und harre der Dinge, die da aufs Messegelände kommen, Trick hin, Schrott her.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #10 am: 06 März, 2005, 06:26 »
Was war.

*** Heute vor 530 Jahren wurde Michelangelo geboren, der Künstler, nicht der Computervirus. Michelangelo war überzeugt davon, mit einem monumentalen Marmorgrab für Papst Julius II. ewigen Ruhm zu gewinnen. Vor 500 Jahren begann er mit diesem Projekt, das ihn 40 Jahre lang beschäftigte, immer wieder unterbrochen durch Nebenjobs wie das Auspinseln des Sixtinischen Kapelle. Mit seinen Abschweifungen wurde er bekannt.

*** Abschweifungen sind diese Rückblicke, Woche für Woche, von einem Unkünstler, der Journalism by mail gelernt hat. Auf gewisse, perverse Weise finde ich es beruhigend, dass ein Genie wie Michelangelo 40 Jahre in die Irre laufen kann und dennoch unsterbliche Werke für die Zeiten erschafft, in der Menschen solche noch bewundern können. Mit Paul Giangarra habe ich vor 10 Jahren ein Gespräch geführt, auf dem er OS/2 40 Jahre Lebenszeit prognostizierte. Nun ist es etwas kürzer geworden. Als vor 10 Jahren die CeBIT ihre "Pforten" öffnete, war überall Microsoft-Werbung plakatiert, weil Windows 95 in wenigen Monaten kommen sollte: "Willkommen zur Windows 95" hieß es auf den Plakaten, auf denen CeBIT durchgestrichen war, und weiter: "Wo immer Sie auf der CeBIT 95 hingehen, Microsoft ist schon da." Was haben wir gelacht, was haben wir uns wie Götter gefühlt .... und gründlich geirrt.

*** Microsoft war wirklich überall da, wo OS/2 niemals hinkommen konnte. "Been there, done that", dieses IBM-T-Shirt von damals war schlichtweg eine nette Illusion. Dies muss festgehalten werden. Bill Gates hat sich mit den daraus sprudelnden Millionen zu Recht zum Ritter schlagen lassen, allen billigen Witzen zum Trotz. Wer will denn den Vergleich ziehen zwischen einem AIDS-Bekämpfer vom Schlage Gates und eine, AIDS-Arzt wie Elon Ganor, der zur CeBIT 95 Vocaltecs "Voice over IP" erstmalig am Stand von Unisys vorstellte? Heute, morgen, nächste Woche ist VoIP eines der Top-Themen in Herscheltown, doch die Not, möglichst billig mit Ärzten vor Ort kommunizieren zu können, die ist längst vergessen. Mit Peter Benenson haben wir einen verloren, den wir nicht vergessen werden: Auch diese Woche mag ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Welt doch noch ein Ort werden kann, an dem wir unbesorgt und unbedarft leben wollen.

*** Vergessen und unbesorgtes Leben, sollte es da aber vielleicht doch einen Zusammenhang geben? Jedenfalls mögen sich manche Bill Gates als einen glücklichen Menschen vorstellen: Schließlich meckert beim Erfinder des Hotdogs auch niemand, er habe nur geklaut, da er nicht innovativ genug zur Entwicklung der Wurst gewesen sei. Glückliche Menschen aber sehen in Wirklichkeit doch ganz anders aus. So wie James Last zum Beispiel, den RTL auf Platz 1 der erfolgreichsten Pop-Künstler hob, ganz streng nach deutscher Chart-Mathematik, knapp vor Peter Maffay. Ja, so betrügt uns die Realität aufs Neue. Vergessen wir also den Pop, und wir führen ein glücklicheres, unbesorgteres Leben. Das reicht nicht? Nun, man muss auch bei der Flucht in ein besseres Leben keineswegs am Popjazz eines Esbjörn Svensson scheitern, man kann auch beispielsweise Me'shell NdegéOcello auf den Spuren von Miles Davis und Jon Coltrane folgen. Ach, Vergessen, nein, es ist keine Lösung.

Was wird.

PC-RX ist kein neuer Prozessor, der auf der CeBIT für Heißluft sorgt. Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein Gremium des Europarates, das ausgeschrieben "Committee of Experts on the Criminalisation of Acts of Racist or Xenophobic Nature committed through Computer Networks" heißt. Dort wurde ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen gegen die Computerkriminalität, der so genannten Cybercrime-Convention "erarbeitet". Nun trägt die Arbeit, Zypries sei Dank, Früchte. Die deutsche Justizministerin nimmt das Protokoll zum Anlass, in einen Gesetzentwurf das Leugnen von Völkermord und Kriegsverbrechen an den Tutsi oder in Ruanda, ähem Ruantutsi und dem ehemaligen, armen Jugoslawien auf ein- und dieselbe Stufe mit dem Leugnen des Holocaust zu stellen. Wenn das Gesetz in der kommenden Woche durch den Bundestag kommt, dürfen nur noch der Völkermord in Armenien und der in Vietnam geleugnet werden. Da fragt es sich doch, ob man im Namen des Kampfes gegen die Computerkriminalität nicht konsequenter den Begriff Völkermord in zypriessche Schutzhaft nehmen soll. Ein mit 1-Euro-Jobs gebildetes Wahrheitsministerium für Leugnungen aller Art wäre auch erwägenswert. Auf seine Art wäre es ein würdiges Völkermorddenkmal einer sozialidemokratisch/grünen Regierung, die ein gestörtes Verhältnis zur Meinungsfreiheit hat. Als nächstes folgt das rotgrüne Gesetz, das politische Diskussionen in Nichtraucherzimmern verbietet.

Dann wäre da noch das Rauchen im Freien. Wie wäre es mit einem Netz von Satelliten und Rauchmeldern, die ihre Position und das Erschnüffelte melden? Oder bin ich da Opfer der allgemeinen Konfusion? Wie gut, dass in München der Satellitenkongress startet, auf dem der verworrene Kurs der Navigatoren erläutert wird. Stellen wir uns einmal all die nichtmilitärischen Anwendungen vor, die davon bedroht sind: Das Verfolgen von Kindern, Verurteilten im Hausarrest, verwirrten Alten ohne Silberlöffel und über Bundesstraßen marodierende LKW steht auf dem Spiel, ganz zu schweigen von den unglaublich wichtigen Location Based Services, ohne die man in den Herrenhäuser Gärten rettungslos verloren wäre.

Hannover! Heimat! Hier habe ich den Roten Punkt erlebt und nein, es war nicht Sine Alcohol, das heuer seinen 100. Geburtstag feiert. Keksstadt mit einem großen Nana-Herz und den Fenstern, aus denen die Monadinnen schüchtern lugen. Dreimal werden wir noch wach, dann wiederholt sich erneut die Geschichte, dann startet in der norddeutschen Tiefebene die CeBIT, die Leitmesse für Kinderspielzeug und pfeilschnelle Datenkommunikation. Es tut bitter Not, die CeBIT zu erwähnen, die mit einem Technology Industry Summit startet, auf dem diskutiert wird, warum die unendliche Geschichte gut für diese Branche ist. In einer Zeit, in der Debatten über den Ursprung von MS-DOS vor Gericht ausgetragen werden müssen, ist es das Schlechteste nicht, wenn einmal die guten Aspekte der juristischen Hickhacks betont werden.

Nach der CeBIT ist vor der CeBIT. Wenn die Marketiers ihre Brunftzeit haben, sei der Hinweis auf Creative Capital gestattet, auch wenn Anmeldungen unterhalb von 300 Euro nicht mehr registriert werden. Schließlich ist es für eine möglicherweise gute Sache, genau wie das Ansinnen des Jungen Liberalen, der da forderte, dass die Alten für eine gute Sache bitteschön ihre Löffel abzugeben haben.

Jungforsch stelle ich diesmal gegen altforsch, und das zur Erinnerung an das Ende der Entführung von Peter Lorenz: Gegen das perfide Luftsicherheitsgesetz argumentierte Burkhard Hirsch in dieser Woche in der FAZ in einem Leserbrief über die Verpflichtung des Staates, jedes menschliche Leben zu schützen: "Der Sohn Schleyers hatte damals eine einstweilige Anorndung beantragt, mit der die Bundesregierung verpflichtet werden sollte, dem Ansinnen der Entführer nachzugeben, wie dies im Falle Lorenz geschehen war." Doch dann zeigte der Staat eine Härte, die künftigen Verteidigungsministern anempfohlen sein soll. Dagegen schreibt Burkhard Hisch: "Das Recht auf Leben hängt aber nicht davon ab, ob der Verteidigungsminister glaubt, dass es ohenhin nicht mehr lange dauert. Auch der finale Rettungstotschlag ist ein Totschlag und kein Verfassungsrecht." Ja, wie war das mit dem Vergessen und dem unbesorgten Leben? Was wird?

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« Letzte Änderung: 06 März, 2005, 06:27 von SiLencer »

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #11 am: 13 März, 2005, 07:09 »
Was war.

*** Ja, die Hölle hat einen Namen: CeBIT, das "Weltcentrum Büro-Information-Telekommunikation" -- wir halten uns an den Geburtsnamen dieser seltsamen Messe in der sturmgepeitschten norddeutschen Tiefebene. Wahrlich heftig stürmte es diesmal, reihenweise knickten die verteilten Microsoft-Regenschirmchen um, die nicht das Potenzial hatten, einem norddeutschen Tief zu wiederstehen. Noch ist die Hölle nicht überstanden, noch sind die Kombinationsgespenster nicht verflogen. Gerade darum ist ein kleines Dankeschön an die netten Hannoveraner fällig, die diesen Irrsinn mit norddeutscher Grandezza überstehen. Jeden Morgen, in der Straßenbahn auf dem Weg zur Messe beruhigte mich der Anblick des führenden BTB-Shops, der daran erinnerte, dass es nicht nur Business to Business heißen muss, sondern ebenso gut: Bären -- Tinte -- Bier. Ein Laden, in dem man geschmacklose Bären kaufen und seine Druckerpatronen auffüllen lassen kann, um dann noch mit einem Sechserpack bestückt den Heimweg anzutreten, der hat etwas, das die Geiz'n'Geil-Märkte nicht bieten können. Willkommen in der kalten Nacht, in der die Hölle zum kuscheligen Plätzchen wird, in der der messegeile Buzzword Bullshit Bingo abgestellt wird und der Trendsport Extreme Bärenfellteiling angesagt ist. Kommen wir in Stimmung, so es verboten ist, Bären aufzubinden.

*** Tütenweise Gummibärchen haben sie bei Motorola gegessen, die armen Hostessen, die eine Nacht lang vor der CeBIT eine Seite aus den Prospekten reißen mussten, weil Apple eine Premiere auf einer Messe ohne Apple-Beteiligung mit einem Eil-Fax untersagte, das das Mittagessen der Motomobilisten am Mittwochmittag verdarb. Wenn der name Apple fällt, ist es nicht zu vermeiden, auf den Bärendienst hinzuweisen, den Apple mit seinem Kurs gegen Think Secret und anderen Gerüchteseiten der Industrie erweist. Der Bär schlägt zu, die Fliege ist tot und der Gartenliebhaber auch: Wenn wirtschaftliche Informationen wie die paar vagen Andeutungen zum Apple-Projekt "Asteroid" über die Presse- und Meinungsfreiheit gestellt werden, dann ist es an der Zeit, Konsequenzen zu ziehen. Denn es geht eben nicht darum, ob im "öffentlichen Interesse" oder lediglich für eine "interessierte Öffentlichkeit" geschrieben wird, ob Blogger oder Journalisten am Werke sind. Es geht darum, dass die Firma, die einst mit "Think Different" gegen IBMs Firmenmotto "Think!" antrat, inzwischen bei "Think Control" angelangt ist. Und darum, dass Apple nicht die einzige Firma in dieser Branche ist, die totalitäre Tendenzen festmauern will.

*** Ja, bei Think Different stehen vorne und hinten kleine Bärentatzen, keine 's und 's, denn diese Sache mit den Links, die ist die andere Seite der Medaille. Wenn künftig nur darüber berichtet werden darf, was der Musikindustrie, der ganzen IT-Branche oder nur Apple genehm ist, dann kann jeder Mist, der gerade kübelwagenweise als "easy entertainment" oder "konvergente Lösung" auf der CeBIT ausgebracht wird, nicht kritisch beäugt, berochen und besprochen werden. Nehmen wir nur das Buzzword dieser CeBIT: ganzheitlich. Die ganzheitliche Lösung, das ganzheitlich angedachte Projekt oder der auf vielen Ständen geplapperten "ganzheitliche, serviceorientierte Betrachtung der Informationsverarbeitung" stinkt aus allen Hohlräumen. Wer hinter dem geblähten Quatsch nach den Details fragt, kommt ganz schnell zu dem Punkt, an dem ein Betriebsgeheimniss leider, leider dazu führt, dass man keine genaue Auskunft geben kann. Denn jede Auskunft kann ja, ganzheitlich gesehen, dazu führen, dass der Sozialismus in Zuffenhausen siegt. Was ist die Offenlegung eines Managergehaltes gegen die Offenlegung der ansteigenden Arbeitslosigkeit?

*** Was ist die Beschreibung eines Kopierschutzes gegen das Knacken eines Kopierschutzes gegen das Beschreiben des Knackens eines Kopierschutzes? Wenn es nach dem Willen der Industrie geht, ist alles auf gleicher Stufe angesidelt. Ich verlinke hier auf den Bericht des New Scientist über die veblüffend einfache Vorgehensweise eines jungen Deutschen, der nichts anderes will, als Linux auf seinem iPod zu installieren -- und stehe sofort im Verdacht, mit der erklärten Piezoelektronik ein Firmengeheimnis berichtet zu haben. Ist es da nicht viel schöner, vom "ganzheitlichen Ansatz" von Apple zu schwärmen, das seine Schutztruppen auf die Messe geschickt hat, Klone zu stoppen? Kurios wird es natürlich, wenn man schon den ganzheitlichen Schwachsinn ernst nimmt und an ein ganz groß aufgezogenes Projekt glaubt, bei dem Steve Jobs der Moses von Sony ist.

*** Ich gestehe, dass mich die Attacken auf die Informationsfreiheit mehr berühren als der Bärentanz um die Softwarepatente, der in dieser Form nicht die Idiotie dieser Patentrichtlinie zeigt, sondern eine groteske Lektion in Sachen europäischer Zusammenarbeit, ähem, der Ganzheitlichkeit ist. Und wenn ich die Sache noch ganzheitlicher sehe und weit, weit über den Tellerrand der norddeutschen Tiefebene (ok, schlechte Metapher) hinaus schaue, dann komme ich zum Tode von George Atkinson, dem Erfinder der Videotheken, der der Nachwelt mit dem Satz erhalten bleiben wird, dass er einzig bereut, die Idee nicht patentieren zu können. Gestorben ist auch der große jüdische Wissenschaftler Hans Bethe, der die Quantenphysik erweiterte. Bethe gehört zu den Querdenkern seit der Zeit, in der er in der großen Debatte der Atomphysiker um Teller und Oppenheim immer dafür plädierte, das Wort vor die Waffen zu stellen. Er starb drei Tage vor dem Festtag, an dem er eine Auszeichnung als Philosoph erhalten sollte.

*** Wer wie ich den Lateinunterricht altdeutscher Schule aussitzen musste, wird seinen Tacitus inständig hassen, in dessen Germania unsere Vorfahren angeblich auf der Bärenhaut herumlagen und oft mehr tranken, als sie vertragen konnten. Doch wir Germanen sind ganz anders! Zum Rückblick auf den Weltfrauentag hier das Original aus Kapitel 15: "Wenn die Germanen einmal nicht Krieg führen, so liegen sie der Jagd ob. Häufiger verbringen sie ihre freie Zeit mit Nichtstun, mit Schlafen, Essen und Trinken. Gerade die Tapfersten und Kriegerischsten leben in träger Ruhe dahin. Die Sorge für Haus und Herd sowie die Bestellung des Ackers bleibt den Frauen, den Greisen und überhaupt allen Schwachen überlassen, während die Herren selbst faulenzen." Ja, die Frauen machen bei uns die ganze Arbeit und darum sind sie in Deutschland hart, aber gerecht ins Visier genommen worden. Darum sei hier der Originaltext von Tacita von der Zentralen Klo Marketing GmbH zitiert: "Frauen sind nicht aufzuhalten. So durchstoßen sie nicht nur allmählich die Glasdecken der Vorstandsetagen, auch beim illegalen Brennen von Filmen ist das weibliche Geschlecht auf dem Vormarsch." Preisfrage: Wie durchstößt man eigentlich die Glasdecken der Vorstandsetage? Die Antwort von Sixt war als Werbung in vielen Tageszeitungen geschaltet und wurde vom Handelsblatt eingefangen: Ohne Einparkhilfe.

Was wird.

Nicht nur klerikale Würdenträger wissen es schon seit Jahren: Wenn es etwas gibt, was Petrus besonders hasst, dann ist das die CeBIT. Den Beweis tritt der himmlische Wetterverantwortliche jedes Jahr wieder aufs Neue an, indem er Hannover eine Woche lang teuflisches Wetter beschert. Eingeborene haben für die unvorhersehbaren Witterungsbedingungen einen Namen: CeBIT-Wetter. Das ist wie Aprilwetter, aber auf eine Woche beschränkt und dafür doppelt so heftig. CeBIT-Wetter kann sonnig sein, stürmisch verregnet, verhagelt oder sogar eingeschneit. Gelegentlich wechselt die Witterung täglich, oft stündlich. Petrus mag die CeBIT hassen, Influenza liebt sie dagegen. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass hier die Hühnergrippe entstand. Die Väter des Killervirus waren internationale Besucher, die auf der Suche nach einer Killerapplikation nach Hannover gefunden hatten. Dort trafen Viren aus aller Welt auf einer CeBIT aufeinander und verbandelten sich zu einem gemeinsamen Schädling, um dann zum Ausbrüten in den fernen Osten zu verreisen. Wo aber Killerviren erst ihren Weg zurück in die Heimat finden müssen, da ist es nur dem ein Wohlergehen, der sein Immunsystem mit Vitamin C, Gingko-Präparaten und gesunder Ernährung aufrecht erhält: Nur wenige entgehen der berüchtigten CeBIT-Erkältung, die nach der Messe die halbe IT-Branche in ihrem Bann hält. Und da alles, was war, ja doch auf der CeBIT fröhliche Urständ feierte (nicht zuletzt auf einer, so viel Lob muss sein, gelungenen Party eines Verlags, der dieser Kolumne die allwöchentliche Plattform bietet), ist das, was wird, in der IT-Branche erst einmal ein kränkelndes Pausieren. Und das, wo doch so viel Aufbruch ist wie nie, oder, genauer gesagt, so viel Aufbruch wie jedes Jahr anlässlich der CeBIT, jedoch der Kater der vielen weniger gelungenen Partys dann doch die Branche einholt.

So sei es denn: Genug gefeiert, zurück auf den harten Boden der Tatsachen, auf den uns all die Totalitarismen und kontrollsüchtigen Machtphantasien der Branche auch schon während der CeBIT vorbereiteten. Denn die Hölle, das sind die anderen. In der ganzheitlich geschlossenen Gesellschaft der CeBIT geht der Wahnsinn morgen erst noch einmal weiter, wenn die Lösungsarchitektur auf CD unter dem gemeinen Volk verteilt wird, das gemeinhin nur AOL-CDs am Ausgang der Geiz'n'Geil-Märkte gewohnt ist. Ob es neben Unterschichtfernsehen auch eine Unterschicht-IT gibt? Jedenfalls geht es voran, auch wenn die Datenschützer Bedenken haben und die Informatiker Bauchschmerzen, ja, es geht voran mit einem Projekt, nach dem die ganze IT-Branche lechzt und hechelt. Vom Lesegrerät über den Connector, von der Praxis- oder Kliniksoftware bis zum Buchhaltungsprogramm, bis zum Tablet PC für die Weißkittel muss angeschafft werden, was das Zeug hält. Schließlich ist die elektronische Gesundheitskarte eine ganzheitliche Reform.

Zwei weitere Ereignisse müssen gemeldet werden, weil es tatsächlich, trotz Killerviren und Party-Kater, ein Leben nach der CeBIT gibt. Im Polderland startet eine Konferenz, die sich Gedanken über die Wissensökonomie der Zukunft macht. Und im fernen San Diego grübeln die Amerikaner über die Technologien, die Zukunft sind, doch bald Standards heißen. Mein fast letzter Link in dieser böigen hannoveraner Nacht gilt der schwer gescholtenen Dänenpartei. Wie sagte schon Steve Ballmer? "Mein Ziel ist es, die ganze Welt Dänisch zu machen." Lad det smage! Skal!

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/57457
« Letzte Änderung: 13 März, 2005, 07:10 von SiLencer »

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #12 am: 20 März, 2005, 03:50 »
Was war.

*** War was in Hannover? Der Kontakthof CeBIT hat geschlossen, die heißen Go-Go-Tänzerinnen bei Tiger Telematics haben sich wieder angezogen, die UFOs über dem Messegelände sind verschwunden, der Schrott ist flottgemacht. Ja, die Hannoveraner sind wieder unter sich und können sich unbefangen "unter dem Schwanz" verabreden, ohne dass jemand eine Schweinigelei befürchtet. Liebe allerorten, Friede der norddeutschen Tiefebene. Dem reitenden Landesvater sein treues Volk freut sich auf den Frühling: "Stell dir vor, es gibt einen Platz, an dem deine große Liebe nur einen Mausklick entfernt ist", Abort, Retry, Ignore?

*** So frühlingshaft gestimmt erinnert man sich gerne an Etwas Anderes!!!, was da kam, an die Gestalt des Kommenden, an den Freien Jazz. Gestern vor 75 Jahren (oder auch 10 Tage früher, wer weiß das schon genau) erblickte der Mann das Licht der Welt, der mit seinem Plastik-Altsaxophon noch jeden Club leerspielen konnte und, belacht von vielen Zeitgenossen, die Wohlmeinenden ratlos zurücklies. Ornette Coleman aber zeigte mit seinem harmolodischen Jazz tatsächlich die Dinge, die da kommen sollten: Und heute lacht niemand mehr, auch wenn mancher noch schreiend die Flucht ergreifen mag angesichts der freien, improvisierten Musik. Andere aber schlendern derweil ganz gemütlich durch Monk's Casino, das Alexander von Schlippenbach, auf den Schultern von Giganten wie Coleman stehend, wieder eröffnet hat. Freie Musik ist wie Freie Software: Nicht alle mögen sie, leider, aber ein bisschen etwas zur Freiheit der Menschen und damit zum Frieden, ja, ein bisschen etwas kann sie dazu schon beitragen.

*** Also wirklich Friede? Nicht einmal Hannover hat so etwas zu bieten, die Stadt von Schmalstieg und Hamann, die immer noch darüber grübelt, was mit dem Grab von Hans-Jürgen Krahl passieren soll. Die Stadt, in der der 80-jährige von Oertzen partout nicht seine 60-jährige Mitgliedschaft in der SPD feiern möchte. Ein schönes großes Fest sollte es für den Linken werden, der aus reiner Liebe zu seiner Partei den Radikalenerlass gegen Peter Brückner in aller Härte durchzog. Wie sollte es auch Frieden geben in der norddeutschen Tiefebene mit ihrem nördlichen Randbezirk namens Schleswig Holstein, in dem sich im Kieler Landtag die SPD von der Macht zu verabschieden beginnt -- und dies auch noch mit verbalen Entgleisungen vom Schlage "Dolchstoß" als Angriff auf die Demokratie verkaufen will. Die großen Reden aber hält heutzutage der Superhorst mit "Die Ordnung der Freiheit" und die große Koalition beschützt uns vor der skandinavischen Seuche. Traut gehen sie zusammen, die großen Parteien, in Hysterie vereint, bar jedes Verstandes. Wer Parallelen ziehen will, der findet sie bei A2ll, der Software der Hartz IV-Reform. Nach wie vor kann diese Software keine Sanktionen berechnen, genau wie die große Politik völlig unfähig ist, Sanktionen bei den so genannten Arbeitgebern auch nur anzudenken. Der Rest ist abrutschendes Zwischenschichtenfernsehen.

*** Es gibt Menschen, die mögen keinen Kapitalismus. Das ist einfach so. Es gibt auch Menschen, die mögen keine Kolumnen, weil die Kindergartenstruktur der Texte weit unter ihrem Niveau liegt. Es sind grundkranke Kolumnistenhirne oder eben sauschlechte Kolumnen-Algorithmen, die Kapitalismus + Friede zusammenreimen und auf den Irakkrieg kommen. Ja, vor zwei Jahren begann der großartige Sieg der Freiheit. Zum Geburtstag werden wissenschaftliche Studien veröffentlicht, dass dabei unter anderem die Pressefreiheit lädiert wurde, aber nur ein bisschen. Besonders die Kindergartenlogik, dass hinter dem Krieg handfeste Öl-Interessen liegen, musste mit Scheren aus den Köpfen geschnitten werden. Selbst eingebettete Journalisten hantierten wohl mit ihren Wissens-Förmchen in unverantwortlicher Manier, ihre Texte mussten bearbeitet werden.

*** Der Krieg für den Sieg der Freiheit wird bekanntlich geführt, weil es den islamischen Terrorismus gibt, der die westliche Welt bedroht. Darum bekommen alle Menschen außer den Terroristen bald biometrische Daten auf Chips in die Ausweise geklebt, die sie als ehrliche Haut ausweisen. Das funktioniert zwar nicht immer -- jeder Gitarrenspieler kennt mittlerweile den Ärger wegen "abgeschliffener Fingerkuppen" bei der Einreise in die USA --, aber es ist ja eine dynamische Technologie. Das ist jedoch nur der Anfang: Wenn es stimmt, dass die Religion eine Frage der Gene ist, dann brauchen wir eine DNA-Bank all derer, die ihren Hang zum Islam in den Chromosomen tragen. Die Annahme ist irrwitzig? Aber bitte nicht doch, wir haben es auch hier mit einer ungemein dynamischen Technologie zu tun. Die Götter mögen verrückt sein, doch die Gene lügen nicht.

*** Außerdem müssen Daten auf Vorrat gespeichert werden, nicht 180 Tage, nicht 12 Monate und nicht 36 Monate lang, sondern noch viel länger. Und das nicht nur, damit Apple im Bedarfsfall herausbekommt, wer denn da das schöne iTunes-DRM umgehen möchte. Nehmen wir statt solch profaner Software-Lücken, die manch Programmierer ganz geschickt ausnutzt, manch US-Kollege aber nur durch einen Einbruch bei Apple erklärbar findet, lieber den Fall des Autors Rolf Hochhuth ("Turing", "Der Stellvertreter"), der im Alter von 79 Jahren einen dummen Satz über den Holocaust-Leugner David Irving gesagt und sich später für diesen Satz entschuldigt hat. Im nächsten Jahr sollten bei zwei Verlagen zum 80. von Hochhuth Festschriften erscheinen, doch nun kennt man keine Gnade mehr. Angeblich haben sich die jüdischen Autoren bei DVA und dtv entrüstet gezeigt. Komisch nur, dass keiner dieser Entrüstungsjuden gefunden werden kann, kein Telefonat, keine Protest-SMS, keine Mail an die Verleger oder Herausgeber. Mit richtiger Vorratsdatenspeicherung wäre das nicht passiert. Oder haben wir es hier wieder einmal mit den beliebten deutschen Phantomjuden zu tun, die schon der CDU-Kriegskasse Gelder vererbten? Wer die Denunziation liebt, muss den Denunzianten ehren dürfen.

*** Der Sieg der Freiheit und die Ordnung der Freiheit haben natürlich Konsequenzen. In Baden-Württemberg hatte in dieser Woche das letzte Landesparlament für das putzige Kerlchen namens 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag abgestimmt. Damit ist er bundesweit in Kraft getreten. Freuen wir uns über das "größte Data-Mining" der deutschen Geschichte, wenn die GEZ ab dem 1. April endlich die eingekauften 85 Millionen Adressen mit dem eigenen Bestand von 40,6 Millionen zahlenden Teilnehmern abgleichen kann. Diese Ordnung der Freiheit war bislang nicht möglich, weil Datenschützer schwere Bedenken hatten, die von den Parlamentariern per Abstimmung nun ausgehebelt wurden. Wer nur eine bescheidene Hebung auf 17,03 Euro zugesteht, muss der Behörde anscheinend im Gegenzug die Chance geben, 20 Millionen "Erstbriefe" aufs Postamt zu schleppen, damit die 1-Euro-Jobber der GEZ Arbeit bekommen. Superhorst war in seiner Rede tief beeindruckt von der Antwort eines Arbeiters auf Cape Canaveral, der von Superjohn F. Kennedy gefragt, was denn sein Job sei, geantwortet haben soll: "Einen Menschen auf den Mond bringen". In diesem Sinne ist es klar, dass es unser aller Job sein muss, einen Menschen datenfest zu machen. Aufschwung durch Überwachung! So ist das halt in einem Land, in dem die Durchökonomisierung der Gesellschaft als oberstes Ziel vom Bundes-Köhler vorgegeben wird, in einem Land, in dem Menschen nur noch als Arbeitsplätze vorkommen. "It's the economy, stupid!" war der Schlachtruf, mit dem einst Clinton seine Wahlen gewann. Vielleicht sollte man gegen die modernen Wahlkämpfer besser ein "Es ist das Leben, Du Hirni!" ins Feld führen, damit auch nach einem Jobgipfel nicht vergessen wird, dass die Wirtschaft den Menschen zu dienen hat. Ein System, das dies nicht gewährleisten kann, verliert seine Existenzberechtigung. Möglicherweise ist dies die einzige wirkliche Lehre, die man aus dem verdienten Ende des real existierenden Sozialismus ziehen kann.

Was wird.

Wird es was in Salt Lake City? Über 6000 Hirne werden ab Montag in Utahs Hauptstadt zusammenkommen, wenn Novells Hausmesse Brainshare beginnt. Erstmals sollen sich in der Mormonenstadt mehr Linux-Techniker als Netware-Techniker versammeln, heißt es. Ob sie sich weinend in den Armen liegen oder gegenseitig über Sicherheitslücken lästern, ist noch ungewiss. Gewiss ist einzig, glaubt man US-Kollegen, dass ausgerechnet zur wichtigsten Veranstaltung der Cheftechniker Alan Nugent seinen Abgang verkünden wird. Hinzu kommt, glaubt man englischen Kollegen, dass Novell auf der CeBIT einen empfindlichen Dämpfer hat hinnehmen müssen. Weil Suse von Novell aufgekauft wurde und Novell keine deutsche Firma ist, sollen 30 bis 40 Behörden von Suse Linux auf die viel europäischere Debian-Distribution umgestellt haben. Ob die Behauptungen der Credativ-Entwickler stimmen, ist nicht einfach zu ermitteln, da genaue Angaben zu den Behörden fehlen, die den Behördendesktop dieser Firma einsetzen. Vielleicht fehlt einfach nur die richtige Behörde. Das richtige Maß wird ja auch noch gesucht. Ein typisch englischer Witz über Erfahrungen mit geschlossener Software darf einfach nicht fehlen.

Für alle, die an diesem Wochenende grübeln müssen, noch ein aufmunternder fetter Link. Some bonehead emailed me the code that makes my soul.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/57726

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #13 am: 27 März, 2005, 10:21 »
Was war.

*** Die ganze Welt ist Bühne,
Und alle Frau'n und Männer bloße Spieler.
Sie treten auf und gehen wieder ab.

So schrieb einst der große Shakespeare in "Wie es euch gefällt". Wie es weitergeht, das Stück, kann man bei Novell nachlesen: "Was Shakespeare nicht erahnen konnte, ist, dass vierhundert Jahre nach seinen Zeilen die Macht der Identität viel weiter reicht, als das, was Frauen und Männer verkörpern. Auf der IT-Bühne sind alle Einzelheiten einer Firma Spieler, die auf- und wieder abtreten -- von den Diensten über die Geräte bis zu den Endanwendern --, ist die Technik Teil des großen Welttheaters, bei dem alle Spieler identifiziert werden müssen, wenn sie die Szene betreten und wieder verlassen. Das Identifizieren auf der großen IT-Bühne ist überlebenswichtig, denn die Alternative ist das Chaos." Mit diesem White Paper über die Vision einer Identity Driven Company zeigt uns Novell, dass literarische Fähigkeiten nie schaden können, da muss man gar nicht den Ehrgeiz haben, dem Dichter der Technik, der vor hundert Jahren starb, nachfolgen zu wollen. Denn gemahnt uns nicht allein der Nicht-Auftritt von Apple-Motorolas Mobil-Musikquetsche an Hamlet? Sein oder Nichtsein, dass ist der Fünfer im Schweinderl.

*** Nun sind wir alle bloße Spieler, einige unter uns aber tolle Spieler der Extraklasse. Nehmen wir nur Larry Ellison und seine Art, SAP in letzter Minute auszustechen. Dafür erntete er zwar schlechte Haltungsnoten bei den Analysten, die den Kaufpreis für überhöht halten, aber die Bewunderung der Finanzjournalisten bei der FTD. Auf zartestem Lachsrosa wird Ellison der Hof gemacht und dem biederen Henning Kagermann die deutsche Sachlichkeit angekreidet. Nun ist auch Finanzjounralisten literarischer Geschmack nicht abzustreiten und so haben sie denn für ihre Story "Oracle-Larry vs. SAP-Henning" anleihen bei Alberto Moravia gemacht: "Ich und er" heißt die Geschichte vom schwanzgesteuerten kleinen dicken Frederico, der eigentlich Höheres will, aber immer wieder unterliegt und ihm die Hose öffnen muss. Kein Vergleich zu Ellison natürlich, der einen SAP-Mastbruch bei einer Regatta mit den Worten kommentierte, SAP-Mann Hasso Plattner habe einfach keine ...

*** Ähem, das hier ist ein einfacher Nachrichtenticker. Das sei all den vielen Lesern gesagt, die diese Woche den Hinweis auf eine Geschichte einschickten, die als schlechtes Remake einer gediegenen Recherche für Aufsehen sorgte. Hunde, wollt ihr ewig bellen? Die phänotypische Beschreibung der Heiseforen wäre da schon der passendere Kommentar. Es ist halt ein Kreuz mit technischen Nachrichten, die diese IT-Bühne betreten und wieder abgehen, ohne dass es irgendjemand wichtig findet, wenn ein Hersteller für Schwimmreifen zunehmende Flutkatastrophen für die Zukunft voraussagt, um den Kommentar eines anderen Lesers zu paraphrasieren: Das ist dann jedenfalls der seriöse Journalismus schwarzer Schafe in den Grauzonen des Medienbetriebes. Mehr ist zu diesem Thema leider nicht zu sagen, oder? Soll doch jeder selbst entscheiden, ob Spiegel Online nur Grau ist für ihn oder das Grauen schlechthin, das nicht einmal Fudzilla bekämpfen kann.

*** Einen Auftritt der Extraklasse hatte in dieser Woche zweifelsohne Google (Company Vision: Nichts Böses Tun) mit einem seinem Statement zur weltanschaulichen Neutralität angesichts der Verlinkung rechtsradikaler Propaganda in den deutschen Google News. Während Google in den USA für seine US-News verlauten ließ, dass Hass keinen Platz auf Google hat, hat Hass immerhin einen Anzeigenplatz. Auch beim Sex soll man wohl auf günstige Rassismen achten.

*** Heute vor 160 Jahren wurde Wilhelm Conrad Röntgen geboren. Er entdeckte die X-Strahlen, die später gegen seinen Willen in Röntgenstrahlen umbenannt wurden -- zumindest hierzulande, im angelsächischen Raum heißen sie nach wie vor x-rays. Mit "Über eine neue Art von Strahlen" gewann er den Nobelpreis für eine Entdeckung, die er zur Ehre Deutschlands patentieren lassen sollte. Er verweigerte dies, damit möglichst viele Röntgenapparate gebaut werden konnten. Auf Röntgen geht der Ausspruch zurück, dass sich die Seele nicht röntgen lässt, der Spruch, der in den seltsamen amerikanischen Passionspielen um Terri Schiavo wieder aufgetaucht ist. Eine Seele ist mit Computertomografie nicht zu erkennen, donnern die Prediger in österlicher Stimmung. Derweil nutzt George Bush die Stimmung, um das amerikanische Verfassungsgefüge weiter zu demontieren. So heißt es in der Süddeutschen Zeitung: "Die strategische Brillianz, mit der er auf Kosten Terri Schiavos die Unabhängigkeit von Justiz und Bundesstaaten schwächte, macht diesen Schachzug zu einer der größten innenpolitischen Leistungen seiner Karriere."

*** Die Welt ist Bühne, auf der viele Spieler auftreten, abtreten und wieder auftreten und schließlich vom Auftreten nicht mehr ablassen können. Wenn Shakespeare von Novell in Beschlag genommen wird, ist es nur fair, die SCO Group zu erwähnen, die seit längerem von Shakespeare kommentiert wird. "Es beuge sich des Knies gelenke Angel, wo Kriecherei Gewinn bringt": In der vergangenen Woche trat ihr oberster Verteidiger David Boies im amerikanischen Fernsehen bei David Letterman auf, einem älteren Harald-Schmidt-Verschnitt, und verkündete, dass Niederlagen seine intensivsten Erfahrungen gewesen seien. Vielleicht steht seine intensivste Erfahrung mit dem Kunden SCO noch bevor, der sich in ein günstiges Pauschalarrangement geflüchtet hat und sparen muss. Selbst für Gerichtsdokumente reicht das Geld nicht, die besorgt sich SCO lieber bei den Freiwilligen von Groklaw. Auch wenn Gerichtsdokumente öffentliche Schriftstücke sind, ist das ein eigenwilliger Zug von SCO. Derweil hat die rührige Alexis de Toqueville Institution ein neues Buch angekündigt, obwohl das alte Werk über das gestohlene Linux immer noch nicht ausgeliefert ist. Copyright Left soll es heißen. Applaus, Applaus -- die Spannung im Theater steigt.

*** Doch verlassen wir für diese Woche erst einmal die Bretter, die nicht nur die IT-Welt bedeuten -- aber mit einem Shakespeareschen   Seufzer:
All dessen müd lechz' ich nach Ruh im Tod;
Seht hin! Verdienst zum Bettelmann geboren,
Und hohles Nichts, das prangt in Gold und Rot,
Und reinste Treue Schlechtem zugeschworen,
Und hohe Würde, die den Falschen schmückt,
Und jungfräuliche Tugend roh geschändet,
Und große Leistung schnöd' herabgedrückt,
Und Kraft durch weichlich Herrschertum verschwendet,
Und Wissen mundtot, durch die Macht verpönt,
Und Torheit, die den Schein der Weisheit borgt,
Und Einfalt als Einfältigkeit verhöhnt,
Und wie das Gute Bösem stehts gehorcht,
All dessen müde wünscht' ich, tot zu sein,
Blieb, wenn ich sterbe, nicht der Freund allein.

Ja, ich hab' es satt, das fundamentalistische Horrortheater -- in der Politik ebenso wie in den Religionskriegen der IT-Protagonisten. Ich hab' sie so satt, die Schmierenkomödien der IT-Branche. Ich hab' sie satt, die Boulevard-Grotesken der Musikindustrie. Immerhin, jenseits der verlassenen Bretter, die zum Glück eben nicht die Welt bedeuten, wird der Blick wieder etwas freier. Und man sieht Menschen wie Pierre Boulez, der zwar durch seine Arbeit an Patrice Chéraus "Jahrhundert-Ring" und erst recht in jüngster Zeit durch Christoph Schlingensiefs "Parsifal" einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, davor aber schon lange Protagonist sowohl der abstrakten Revolution in der Musik als auch der musikalischen Emanzipation von Elektronik und Computer war. "Boulez hat die Forderung, dass die Revolution auch geträumt werden müsse, immer wieder dahingehend radikalisiert, dass die Träume ihrerseits stets erneut zu revolutionieren seien", schrieb Wolfgang Rihm in einem Gruß für Boulez, der gestern seinen 80. Geburtstag feierte. Es existiert noch Hoffnung, selbst wenn auch die Revolutionäre in der Musik immer älter werden.

Was wird.

Ganz am Ende sind wir natürlich noch nicht, auch wenn das mit dem älter werden so eine Sache ist. Eine der schlimmsten Geschichten, die das Leben bereithält, hat einstmals Harry Rowohlt aufgezeichnet, als er versuchte, eben den Christopher zu treffen, um den herum vor vielen Jahren die Schnurren von Pu und Ferkel, vom gestümen Tieger und vom schwer depressiven I-Ah erzählt und den im Kreise wandernden Heffalumps, entwickelt und geschrieben wurden. Zeitlebens musste dieser Christopher damit leben, aus dem wunderbaren Tausendmorgenwald verstoßen zu sein, in dessen Mitte für immer ein kleiner junge und sein Bär sitzen sollten, bis er von einem Übersetzer mit sehr geringem Verstand aufgestöbert wurde. Kurz darauf starb Christopher Milne. Uns blieben die bärigen Texte von Pooh' s Corner, zusammen mit der Erkenntnis, dass Dosen bald die Waldherrschaft übernehmen werden, wegen der Klirr-Lompf-Greräusche. Dies hat natürlich nicht der große Brummer Harry Rowohlt geschrieben, dem heute zum 60. die größten Ostereier mit dem besten irischen Malt-Whiskey gefüllt sein mögen. "Ich werde immer älter, das Publikum immer jünger. Das wird der Sache irgendwann ein Ende setzen", meinte er bei einer Lesung -- und hinterließ die Hoffnung, dass dieses Irgendwann doch noch lange braucht. Rowohlt erzählt dieser Tage offensichtlich gerne die Geschichte, dass unter anderem der Schnürboden Schuld daran sei, dass die "Meinungen und Deinungen eines Bären von geringem Verstand" nicht mehr erscheinen -- der Redigierer der Kolumne änderte es auf Grund von Unkenntnis des Wortes in Schürboden, von dem er allerdings ebenfalls kaum wissen konnte, was das denn nun sein sollte. So enden die größten Kolumnen mit einem Wehklagen: " Weil ich sie selbst mit wachsendem Unmut gelesen und gedacht habe, wenn man sie nicht mal selbst geschrieben hat, kann ich kaum verlangen, dass man sie mit einigem Gewinn oder Genuss lesen kann, wenn sie schon mir nicht gefallen." Der größte lebende Kolumnist ist deswegen schon der größte, weil er erkannte, was eine wahre große Kolumne ausmacht: Zufall und Blödheit! Möge also immer jemand wie Sarah Vaughan, die heute eigentlich ebenfalls Geburtstag gehabt hätte, ein Ständchen parat haben: What a difference a day made ... Prost!

Also hoffen wir, trotz zunehmenden Alters, mit einem guten Malt in der Hand doch noch auf Revolutionen und Träume? Revolutionen haben in diesen Tagen jedoch anscheinend nur in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion eine Chance, und Träume, ja, das war einmal, könnte man meinen, nicht nur angesichts nadelgestreifter Außenamtsspontis. Aber was solls, fallen wir nicht in Shakespearsche Verzweiflung, dafür bleibt heute wenig Zeit: Die Sommerzeit kommt. Viele halten sie für eine deutsche Erfindung, weil das kaiserliche Deutschland die Einführung dieser Zeit am 6. April 1916 verfügte und am 30. April 1916 realisierte. An diesem Tag begannen Wagners Meistersinger an der Berliner Oper eine Stunde früher und stolz war der Kaiser, dass sein Land das erste Land war, das einen Zeitsprung wagte. Tasächlich versuchte es Benjamin Franklin als erster, im Jahre 1784 den Franzosen die Sommerzeit schmackhaft zu machen. Er berechnete, dass allein die Stadt Paris 200 Millionen Dollar pro Jahr an Kerzen sparen könnte, wenn sie die Sommerzeit einführt. Für die notorischen Pariser Langschläfer sollten Kanonen zum Aufstehen abgefeuert werden. Daran scheiterte der Vorschlag. In Deutschland wurde die Sommerzeit am Ende des 1. Weltkrieges abgeschafft und erst wieder am 1. April 1940 eingeführt. Zur Ausweitung der Produktion kriegswichtiger Güter führte auf Gegnerseite England 1941 sogar die doppelte Sommerzeit ein, Der ursprüngliche Gedanke von Franklin, dass mehr Menschen mehr gesundes Sonnenlicht genießen und somit die Volksgesundheit steigt, ist heute durch krude Theorien vom angeblichen Energiesparen ersetzt worden. Na dann: Träumt schön, alle zusammen.

Quelle : www.heise.de

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #14 am: 03 April, 2005, 06:06 »
Was war.

*** Ich mag keine Aprilscherze, selbst dann nicht, wenn Windows auf dem Mac verrückt spielt und Hurd dann doch endlich kommt. Das war gar kein Aprilscherz? Ach, das Problem kennen auch andere, und trotzdem: Ich mag keine Aprilscherze, schließlich, gelangt man über Kalauer hinweg, werden die meisten Scherze über kurz oder lang zur bitteren Wahrheit, wird das bisschen Wahrheit in der Berichterstattung ein einziger Scherz a la Tom Kummer: ein jämmerlicher Zellhaufen, ein trockener Juhnke.

*** Einen Aprilscherz habe ich aber doch und er ist von besonders ausgesuchter Plattheit: Der Tod ist ein gutes Geschäft. Terri Schiavo ist tot, die Mail-Daten von ca. 10.000 Unterstützern hat ihre Familie an die Spam-Firma Response Unlimited verkauft, die sie jetzt weiter vermietet, natürlich nur für seriöse Kampagnen gegen Abtreiber und Gottlose oder für die schrecklich armen Menschen in Nigeria. Zur Situation dieser Familie, aus der Terri kam, muss man mit David Cooper schreiben: Natürlich sind Menschen Schweine. Belassen wir an dieser Stelle einmal die Moral bei den Mineralien und schauen auf das ganz besondere Wachkoma der Medien im Fall Schiavo . Bis hin zur schrecklich alternativen TAZ sind alle Nachrichten zum Fall Schiavo mit Fotos geschmückt, die ihre Mutter und ihren Vater zeigen. Ignoriert wird der Wunsch des Ehemanns, keine, absolut gar keine Bilder zu zeigen. Die einfachsten Fakten werden sowieso souverän ignoriert, weil Verhungern und Verdursten einfach griffiger ist als die Dehydration. Nur logisch, dass es Morddrohungen von Pro-Life-Aktivisten gibt. Wie hieß es noch gleich in der Zeitung, hinter der immer ein besonders kluger Kopf steckt? "Auch ein Mord ist ein Stück Leben."

*** Noch immer Lust auf Aprilscherze? Bitte, hier ist noch einer: Am 1. April vor 30 Jahren erschien die Reportage des Journalisten William Weston, der im Jahre 1999 eine Reise durch das Land Ökotopia, bestehend aus den aus der USA ausgetretenen Bundesstaaten Washington, Oregon und Nordkalifornien. Ja, Ernest Callenbachs Ökotopia wurde besonders in Deutschland so gern gelesen, dass das Buch sogar Einfluss auf die Gründung der Grünen hatte. Wer vor 25 Jahren wie Ministerin Künast stolze/r BesitzerIn eines Wendenpasses war, hatte diesen natürlich in das Buch geklebt. Ein feines Andenken, so ganz anders als der Feinstaub, der unweigerlich nach einem Kontakt mit dem sattsam bekannten PR-Genie Moritz Hunzinger hängen bleibt. Doch zurück nach Seattle, der Heimatstadt von Ernest Callenbach und Bill Gates. Haben wir es nicht bei dem einsamen barfüßigen Denker in der Waldhütte mit einem echten Fan von Ökotopien zu tun? Oder vielleicht doch mit einem leicht verfrühten Aprilscherz? In der Abgeschiedenheit und Stille seiner Kartause ersann das Genie den Internet Explorer. Aha. Früher, als Microsoft noch eine kleine Firma war und noch nicht von Hunzinger beraten wurde, sprach Gates offener über seine Auszeit, die er mit seiner Freundin Ann Winblad auf einem Boot verbrachte: "Lesen und ..."

*** Mit ganzseitigen Anzeigen in den Wochenendzeitungen sucht der Mautbetreiber Toll Collect (Slogan "Wir sind unterwegs") nach Mitarbeitern für alle möglichen Positionen im Rahmen des anstehenden Change Managements der OBU zur Version 2.0. Neben dem sicheren Umgang mit Windows und Linux, neben besonders ausgeprägten MS-Office-Kenntnissen ist die Höhentauglichkeit nachzuweisen. Hier kann man trefflich spekulieren, ob die Anforderungen für die Enforcement-Brücken an den Autobahnen gilt oder für die in lichten Höhen schwebenden Politiker, die luftige Argumente zum Besten geben. Obwohl es derzeit technisch nicht möglich ist, Bundesstraßen zu bemauten, versprechen Politiker im Feinstaubtaumel spätestens im Sommer Bundesstraßen mit Maut zu belegen. Vielleicht werden sie von Wissenschaftlern inspiriert, die Einbahnstraßen fordern, damit der Dreck aus der Stadt hinausgeweht wird. Persönlich votiere ich für das ebenso sinnlose Sonntagsfahrverbot, weil es die Abrufe dieser kleinen Wochenschau fördert und Zugriffszahlen in schwindelerregender Höhe aus mir einen reichen Mann machen.

*** Ein freier reicher Journalist, das klingt fast so unwahrscheinlich wie ein Analyst, der mit seinem Ferrari-Laptop brumm, brumm rufend die Wahrheit über SCO erzählt. Ja, SCO, das ist die Firma. die in ihrem neuesten Geschäftsgedicht erklärt: "Our future success depends to a significant extent on the continued service and coordination of our management team, particularly Darl C. McBride, our President and Chief Executive Officer." So hängt der gesamte Erfolg am schönen Darl, während der Misserfolg (-1.739.000,00 Dollar) den bösen, bösen Hackern geschuldet ist, die dauernd die Website von SCO bombardieren und damit verhindern, dass die Firma Geschäfte machen kann. So bricht zusammen, was offensichtlich von Anfang an als großer Bluff geplant war, IBM in die Ecke zu treiben. Shakespeares Hexen kommen zum Zuge, auch wenn es heute nur fontane Reimkost gibt:

Ich komme
Ich mit
Ich nenn euch die Zahl
Ich nenn euch die Namen
Und ich die Qual.

*** Schweigen wir über den Echo 2005: Macht man sich dich ernsthaft Sorgen, ja, tatsächlich Sorgen um eine Musikindustrie und den Geisteszustand ihrer Manager, die von Ertragswende sprechen und dann mit Retorten-Schabracken, zu neuen Rock-Hoffnungsträgern hochgejubelten Jung-Popern und ein paar Vorzeige-Alt-Stars reüssieren wollen. Offensichtlich muss man, geht es um Musik, sich wirklich in extremen Nischen tummeln oder ganz weit in die Vergangenheit zurückgreifen: Like a Rolling Stone von Bob Dylan ist von Rolling Stone gerade zum besten Song aller Zeiten erklärt worden. Das überrascht nicht unbedingt, es ist wie bei den Online-Casinos, die Abbas The Winner Takes It All zum besten Song aller Zeiten kürten, vor Marilyn Monroes One Silver Dollar. Nein, hier wird nicht schon wieder der nächste Wettbewerb um den besten Song ausgerufen, der zum Sonntag erklingen soll. In der Nacht würde sicher Stallman gewählt, tagsüber kommen dann die Cash-Trash-Songs mit den Besuchern, die WWWW immer so schön doof finden, komplett mit Klingeltönen. Meinerseits wird Hard for the Money aufgelegt, natürlich von Diana Spring.

Was wird.

Wann und vor allem wer der neue Papst wird, das könnte spannend werden. Der alte jedenfalls, mittlerweile bereits als Karol der Große apostrophiert, ist tot, und die Meute überschlägt sich, als wäre der letzte Sozialist, äh, Katholik gestorben. Aber vielleicht war er das wirklich, der letzte Katholik (abgesehen natürlich von Joseph Ratzinger, seines Zeichens Chef der mittlerweile Kongregation für die Glaubenslehre genannten Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition). Als letzter Katholik setzte Johannes Paul II. nicht nur mit dem moralischen Anspruch auf Frieden und Freiheit gegen allen Zeitgeist überraschende Wegmarken. Er setzte auch die Reinheit der katholischen Ideologie und die Geschlossenheit ihres Regelsystems gegen die Beliebigkeit manch liberaler, sogar ins esoterische abdriftender Strömungen, die sich aus den mystischen Gedankenwelten von Regionen und Völkern jeweils das gerade passend Erscheinende und Bequeme heraussuchen. Was immer man davon halten mag: Wenigstens zeugt es von einer gewissen Konsequenz in einer Zeit, in der sich zu nadelgestreiften Außenministern mutierte Ex-Spontis Vorwürfe von Hunzinger über getürkte Parteispenden gefallen lassen müssen, Politik-Patriarchen Versprechen gegenüber anonymen Geldgebern über das Recht stellen dürfen und Kanzler aus einer ehemals sozialistischem Freiheitsbestreben verpflichteten Partei sich ohne Bedenken gegen Waffenbeschränkungen für ein freiheitsunterdrückendes Regime einsetzen. Die Konsequenz eines katholischen Ideologen, die, akzeptiert man denn das dahinterstehende System, auf den ersten Blick trotz aller damit einhergehenden Verwerfungen sympathisch erscheint, gefällt allerdings dummerweise denjenigen, die sich noch nie damit abfinden konnten, dass es in der Welt nicht nur Schwarz oder Weiß, nicht nur Gut und Böse, nicht nur Ja und Nein, also nicht nur These und Negation, sondern auch die Negation der Negation oder Synthese gibt. Die katholische Konsequenz eines Karol Wojtyla gefällt denen, die keine Autonomie des Subjekts kennen: "Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen", konstatierte Theodor W. Adorno kurz und trocken. Ausgerechnet Johannes Paul II. aber demonstrierte möglicherweise gegen die eigene Gefolgschaft in seiner katholischen Konsequenz auch Autonomie.

Erwähnte ich eben unser aller Politik-Patriarchen? Ach, wie isses doch schön: Landauf, landab wird der 75. Geburtstag von Kampfelefant Helmut Kohl in den Gazetten gefeiert, der heute in Oggersheim begangen wird. Am 11. und 12. April folgt sogar ein Kohl-Kongress. Da will diese kleine Wochenvorschau nicht hintanstehen und feiert mit diesem seinem Zitat über die Leistungen in diesem unserem Land (Indula): "Keine Volkswirtschaft hätte die deutsche Einigung so gut geschafft wie die deutsche."

Im Banne der 2006er Weltmeisterschaft Indula hat Deutschland seine Hooligans nicht mehr lieb. Da der Export nach Slowenien nicht geklappt hat, müssen die Tickets ganz besonders Hooligan-fest gesichert werden, etwa mit den RFID-Chips. 3,2 Millionen dieser Chips kommen von Philips, das damit die große Chance hat, der Technik einen gewaltigen Imageschub zu bescheren. Dank der klugen Chips werden es datenbankgestützte unvergessliche Spiele werden, für jeden registrierten Zuschauer. Den Krittlern und Mäklern, die am heutigen Sonntag in Bielefeld auch noch über die Kulturflatrate reden wollen, sei mit Picabia nachgerufen: Der Ball ist rund, damit er denken kann!

Einen Aprilscherz hab ich noch, passend zur Telemed 2005, die in dieser Woche in Berlin stattfindet. Der Scherz kam in dieser Woche von einem "Innenexperten" der SPD, der in der elektronischen Gesundheitskarte ein Schlüsselinstrument für die Abwehr terroristischer Angriffe erspäht hat. Wahrscheinlich liegen den geheimen Diensten Erkenntnisse über vorgeschriebene medizinische Vorsorgeuntersuchungen für Schwarze Witwen und ihre männlichen Pendants vor. Wenn die Gesundheitskarte mit dem leisesten Verdacht ausgegeben wird, dass mit ihr Data Mining im großen Stil betrieben wird, dann ist sie den ganzen Aufwand nicht wert, ob mit oder ohne aufgedrucktem Terroristen-Fahndungsfoto. Dass ein SPD-Politiker dem gesundheitsreformerischen Schmuckstück der SPD-Politik im Alleingang den Garaus macht, das ist doch einen kräftigen Schluck wert. Prost!

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/58185

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