Deutschland kämpft mit Eis und Schnee. Auf den Straßen gab es Hunderte Unfälle, die Ostsee ist in weiten Teilen zugefroren, auf Hiddensee werden die Lebensmittel knapp. Und Diebe hinterlassen verräterische Spuren auf dem weißen Untergrund - und werden geschnappt.
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Klirrende Kälte beherrscht weiterhin große Teile Europas. In der Nacht zu Montag gab es in ganz Deutschland Schneeschauer - auch dort, wo es zwischenzeitlich getaut hatte, war es wieder weiß. "In weiten Teilen des Landes liegt inzwischen eine geschlossene Schneedecke", sagte Andreas Wagner von Meteomedia SPIEGEL ONLINE.
So seien auf dem Brocken am Montag insgesamt 1,12 Meter Schnee gemessen worden, im Erzgebirge mehr als 50 Zentimeter und in Norddeutschland 20 bis 30. In Köln seien es 11, in Bochum 20 und in Berlin 30 Zentimeter gewesen.
Schnee und Eis führten erneut zu zahlreichen Unfällen und starken Verkehrsbehinderungen. Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen zählte die Polizei allein in der Nacht rund 500 Unfälle. Insgesamt wurden dabei 43 Menschen verletzt, sieben davon schwer, wie das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste mitteilte. Der entstandene Sachschaden wurde auf 1,3 Millionen Euro geschätzt. Zahlreiche Straßen mussten wegen der Glätte gesperrt werden.
Auch in Rheinland-Pfalz gab es Sperrungen, Staus und Unfälle. Mehrere Bundesstraßen waren teilweise wegen Glätte und Schneeverwehungen gesperrt, Lastwagen hatten sich quergestellt und mussten geborgen werden.
Bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn 3 nahe Regensburg kamen zwei Männer ums Leben. Sie rasten mit einem Kleinbus auf einen Lastwagen, der wegen plötzlich eingetretenen starken Schneefalls an einer Steigung seine Geschwindigkeit verringert hatte.
In Bayern starb am Sonntag ein Zehnjähriger. Ein Verwandter hatte ihn am Samstag mit dem Traktor auf einem Strohsack durch den Schnee im oberpfälzischen Berg gezogen und ihn mit dem Sack gegen einen Pfosten geschleudert. Einen Tag später erlag der Junge seinen Verletzungen.
In Schleswig-Holstein machte ein Mann eine grausige Entdeckung: Er fand seine Mutter tot in einem zugefrorenen Tümpel in der Nähe von Neumünster. Laut Polizei hatte der Hund der Frau bei der Leiche ausgeharrt und bellend auf sie aufmerksam gemacht. Hinweise auf ein Verbrechen gab es zunächst nicht.
Zwei Räuber wurden derweil mit Hilfe des Schnees überführt. Die Männer hatten am Samstag die Post-Filiale in Niederbachem bei Bonn überfallen und Bargeld erbeutet. Eine Fahndung blieb zunächst erfolglos. Eine 62-Jährige bemerkte jedoch am Sonntag Schuhspuren im Schnee, die zu einem Gartenhäuschen führten. Die herbeigerufene Polizei fand dort einen 19-Jährigen, eine 20-Jährige - und die Beute.
Hiddensee seit Freitag vom Festland abgeschnitten
In mehreren Bundesländern gab es weiterhin Behinderungen im öffentlichen Nahverkehr und auf Bahnstrecken. Nach Angaben der Deutschen Bahn blieben in Mecklenburg-Vorpommern mehrere Zugstrecken gesperrt. In Rostock, einer der am stärksten vom neuen Wintereinbruch betroffenen Städte, gab es am Morgen in vielen Stadtteilen kein Durchkommen. Öffentliche Gebäude, darunter Schulen, waren mit Autos nicht erreichbar, Busse und Straßenbahnen fuhren nur sporadisch.
Auf der Ostseeinsel Hiddensee, die seit Freitag vom Festland abgeschnitten ist, werden die ersten Lebensmittel knapp. Brot, Eier, Kartoffeln sowie frisches Obst und Gemüse seien ausverkauft, sagte der Leiter des Edeka-Ladens in Vitte. Ein Spezialschiff soll nun Essen nach Hiddensee bringen, vorsorglich wurde auch eine Versorgung aus der Luft beantragt. Nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist das Eis zwischen Rügen und Hiddensee inzwischen 24 Zentimeter stark. Ein Eisbrecher wurde in Fahrt gesetzt.
In der nördlichen Ostsee seien sämtliche Spezialschiffe aus Finnland und Schweden im Einsatz, um Fahrrinnen freizubrechen, teilten die zuständigen Stellen in Helsinki und Stockholm am Montag mit.
Andernorts boten zugefrorene Gewässer weiter Freizeitspaß: Auf den schmalen und flachen Kanälen im Spreewald bei Berlin - Fließe genannt - waren die Menschen mit Schlittschuhen unterwegs. Wirte hatten am Ufer Imbissstände und Gulaschkanonen aufgebaut.
"Es ist absolut kein Salz mehr auf dem Markt"
Um die letzten Salzreserven zu schonen, streckt die Hamburger Stadtreinigung das Streusalz jetzt mit Sand. "Wir mischen 25 Prozent Salz in den Sand", sagte der Sprecher der Stadtreinigung, Reinhard Fiedler. Der Sand habe abstumpfende Wirkung. Der Salzberg in den 12.000 Tonnen fassenden Lagerhallen war am Vormittag auf nur noch 700 Tonnen zusammengeschmolzen. Nachschub ist erst für die kommende Woche zu erwarten. Zwei Schiffe seien auf dem Weg, andere Bezugsquellen seien nicht in Sicht. "Es ist absolut kein Salz mehr auf dem Markt", so Fiedler.
Doch der Winter geht weiter: In der Nacht schneit es laut Meteomedia vor allem in Ost- und Süddeutschland. Im Westen bleibe es trocken, aber so kalt, dass mit gefrierender Nässe zu rechnen sei.
Am Dienstag zieht dann das Tiefdruckgebiet "Miriam" heran und wird mit etwas milderer Luft vom Atlantik auf die Kaltfront prallen. "Das gibt ergiebige Niederschläge", sagt Wagner. In der Westhälfte werde es in Regen übergehen, im Osten und Süden Deutschlands werde aber "noch einmal kräftig" Schnee fallen. Auch frische der Wind auf, wodurch es in einigen Regionen wieder zu Schneeverwehungen kommen könne. "Es geht noch einmal richtig zur Sache morgen", so der Meteorologe.
Quelle : www.spiegel.de